Jahresbericht 2011 12,48 MB - Wirtschaftsrat der CDU e.V.
Jahresbericht 2011 12,48 MB - Wirtschaftsrat der CDU e.V.
Jahresbericht 2011 12,48 MB - Wirtschaftsrat der CDU e.V.
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Nachgefragt<br />
<strong>Jahresbericht</strong> <strong>2011</strong> des <strong>Wirtschaftsrat</strong>es <strong>der</strong> <strong>CDU</strong> e.V.<br />
Neue Strategien<br />
entwickeln<br />
Prof. Dr. Kurt J. Lauk, Präsident des <strong>Wirtschaftsrat</strong>es<br />
Die Staatsschuldenkrise hat die Bundesregierung<br />
<strong>2011</strong> in Atem gehalten. Die Probleme sind noch<br />
nicht gelöst. Aber sind wir auf dem richtigen Weg?<br />
Wir müssen Europa ganz entschieden wollen, aber<br />
wir müssen Europa auch neu denken. Die gegenwärtige<br />
institutionelle und vertragliche Aufstellung <strong>der</strong><br />
Europäischen Union ist nicht zukunftsfähig. Dies<br />
zeigt die Staatsschuldenkrise, die Europa fest im<br />
Griff hat. Die Unterzeichnung des Fiskalpakts war ein<br />
ers ter wichtiger Schritt. Aber er reicht nicht aus.<br />
Welche Weichen gilt es denn für ein stabiles, wirtschaftlich<br />
starkes Europa zu stellen?<br />
Wir brauchen einen neuen Integrationsschub <strong>der</strong><br />
Europäischen Union mit einheitlichen Eckpunkten in<br />
<strong>der</strong> Sozialpolitik, etwa einem einheitlichen Renteneintrittsalter,<br />
und einer koordinierten Bemessungsgrundlage<br />
in <strong>der</strong> Einkommensteuer. Überfällig ist<br />
auch eine transparente, EU-weit geltende Banken-<br />
und Finanzmarktregulierung. Für mehr Wachstum<br />
muss zudem ein neuer Anlauf zu einem wirklich offenen<br />
EU-Dienstleistungsmarkt gemacht werden.<br />
Der erste Aufschlag zu einer Servicerichtlinie ist im<br />
Europäischen Parlament fast vollständig verwässert<br />
worden. Um diese Herkulesaufgaben zu bewältigen,<br />
hat Europa jedoch höchstens drei Jahre Zeit. Länger<br />
wird die Europäische Zentralbank ihre massiven Interventionen<br />
an den Finanzmärkten nicht aufrecht<br />
erhalten können.<br />
Nach Fukushima hat die schwarz-gelbe Koalition<br />
die dritte Energiewende in elf Jahren beschlossen.<br />
Was erwarten Sie von <strong>der</strong> Politik, damit Deutschland<br />
Industriestandort bleibt?<br />
Die Energiewende steht kurz vor dem Scheitern. Alle<br />
Punkte, die <strong>der</strong> <strong>Wirtschaftsrat</strong> gefor<strong>der</strong>t hat, wie<br />
etwa eine hohe Versorgungssicherheit, keine Strompreis<br />
anstiege für Industrie und Verbraucher, schneller<br />
Ausbau von Netzen und Speicherkapazitäten sind<br />
nicht umgesetzt worden. Entgegen ihren Versprechungen<br />
hat die Bundesregierung ihre eigenen<br />
Vorgaben bislang nicht erfüllt. An<strong>der</strong>e Verbände, die<br />
8<br />
die Energiewende zunächst begrüßt haben, warnen<br />
mittlerweile vor erhöhten Kosten wie es <strong>der</strong> <strong>Wirtschaftsrat</strong><br />
von Anfang an getan hat. Auch die<br />
intellektuelle Schlüssigkeit fehlt: Jüngste ADAC-<br />
Unters uchungen belegen, dass Elektroautos für den<br />
Klimaschutz gegenüber sparsamen Benzin-, Diesel-<br />
o<strong>der</strong> Gasfahrzeugen fast keinen Vorteil bringen.<br />
Obwohl <strong>der</strong> Ausbau <strong>der</strong> Infrastruktur nicht in erfor<strong>der</strong>lichem<br />
Maße vorankommt, werden weitere Kernkraftwerke<br />
abgeschaltet, ohne dass die Infrastruktur<br />
vorhanden ist, den Strom aus erneuerbaren Energien<br />
an die Orte des Verbrauchs zu transportieren. Stattdessen<br />
nimmt Deutschland wie<strong>der</strong> zunehmend<br />
Kohle kraft werke in Betrieb und importiert Atomstrom.<br />
Dies ist an Absurdität nicht zu überbieten.<br />
Und dann riskiert Europa auch noch einen Handelskrieg<br />
mit den USA und China, weil die EU seit 20<strong>12</strong><br />
auch den Luftverkehr mit in den Emissionshandel<br />
einbezieht. Realität muss endlich wie<strong>der</strong> über Ideologie<br />
siegen.<br />
Mit <strong>der</strong> Haushaltskonsolidierung rückt auch <strong>der</strong><br />
Län<strong>der</strong>finanzausgleich in den Fokus. Ist seine Ausgestaltung<br />
noch zeitgemäß?<br />
In Deutschland kommt es 2019 zum Umbruch: Bis<br />
dahin müssen die Län<strong>der</strong> ihre strukturellen Haushaltsdefizite<br />
komplett abbauen und es ist Schluss<br />
mit dem Solidarpakt II für den Aufbau Ost. Zeitgleich<br />
läuft <strong>der</strong> Län<strong>der</strong>finanzausgleich aus. Damit ergibt<br />
sich die Chance, das Umverteilungssystem mo<strong>der</strong>ner<br />
und effizienter zu gestalten. Seine jetzige Ausgestaltung<br />
ist schlicht nicht mehr zeitgemäß, die Wirkung<br />
eher kontraproduktiv. Eine Reform kann nur gut sein<br />
für Bürger und Unternehmen. Mit <strong>der</strong> Neuregelung<br />
müssen unbedingt die Anreize für Nehmerlän<strong>der</strong><br />
ihre Finanzkraft und für Geberlän<strong>der</strong> ihre Steuereinnahmekraft<br />
zu stärken verbessert werden. Entscheidend<br />
wird sein, das heute zu hohe Ausgleichsniveau<br />
zu senken sowie Län<strong>der</strong>n und Kommunen mehr Einnahmenautonomie<br />
zu verschaffen. Generell muss<br />
die Neuregelung einfacher, plausibler und marktwirtschaftlicher<br />
ausfallen.<br />
NACHGEFRAGt