medium gas | 2010.2 - VNG Verbundnetz Gas AG
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sie würde er sich keinen Meter bewegen. Druck-<br />
differenz oder Delta p nennen das die Techniker.<br />
Mit rund ein bis drei Metern pro Sekunde bewegt<br />
er sich danach idealerweise fort. Nur dann kann<br />
er verwertbare Analysen machen.<br />
Molche treten in einer Vielzahl von Formen, Mate-<br />
rialien und Kombinationen auf. So gibt es verschie-<br />
denste Molchtypen für beinahe jede Anforderung –<br />
vom Reinigungs-, Geometrie- oder Dichtmolch<br />
bis hin zum intelligenten Molch für Inspektions-<br />
aufgaben. Letzterer kam auch auf der FGL 28 zum<br />
Einsatz. Seine Aufgabe: Den Zustand der Leitung<br />
erfassen, dabei unter anderem die Dicke<br />
der Rohrwand messen. Da-<br />
für ist er vollge-<br />
stopft mit aller-<br />
lei Messtechnik.<br />
Zunächst baut<br />
der Molch ein<br />
starkes Magnet-<br />
feld parallel zur<br />
Rohrwand auf. Mit seinen Fühlern (Sensoren)<br />
registriert er danach Abweichungen der in der<br />
Rohrwand eingebrachten Magnetflusslinien.<br />
An Stellen mit geringerer Wanddicke ändert sich<br />
das Magnetfeld (sogenanntes Magnetstreu-<br />
flussverfahren). Die Daten speichert er, sie wer-<br />
den später ausgelesen und am Rechner ausge-<br />
wertet.<br />
Gut 20 Kilometer hat der Inspektionsmolch seit<br />
den frühen Morgenstunden zurückgelegt, gegen<br />
Mittag melden Detektoren am Boden seine An-<br />
kunft in Sichtweite zum Kraftwerk Lippendorf.<br />
Jetzt geht plötzlich alles ganz schnell. Armaturen<br />
werden geöffnet, um dem Molch die Einfahrt in<br />
die Molchschleuse zu gewähren. Sobald er rein-<br />
gerutscht ist, werden hinter ihm die Armaturen<br />
wieder geschlossen. Eine Stunde muss der Molch<br />
jetzt in der Schleuse warten, nicht weil er von der<br />
Fahrt so erschöpft ist, sondern weil Bestimmungen<br />
des Explosionsschutzes dies vorschreiben. Die<br />
Mitarbeiter von <strong>VNG</strong> und Vorwerk nutzen die<br />
Zeit, um die Schleuse endgültig zu entspannen.<br />
Dazu wird das <strong>Gas</strong> ausgeblasen, anschließend<br />
wird die Schleuse mit Stickstoff gespült. Dieses<br />
Prozedere ist wichtig, damit beim Öffnen der<br />
Schleuse ein <strong>gas</strong>freier und damit ungefährlicher<br />
Raum vorhanden ist.<br />
<strong>medium</strong> <strong>gas</strong> | <strong>2010.2</strong><br />
Warum macht man eine Inspektionsmolchung überhaupt?<br />
Inspektionsmolchungen sind ein Bestandteil des Pipeline Integrity Management Sys-<br />
tems (kurz PIMS), mit dem <strong>VNG</strong> und ONTRAS die Sicherheit von Leitungen und Anlagen<br />
gewährleisten. Eine Molchung ist zwar gesetzlich nicht vorgeschrieben, durch sie erhält<br />
man jedoch genaue Aussagen über den Zustand von Leitungen. Im Ergebnis einer Zu-<br />
standsbewertung werden die Molchzyklen pro Leitung festgelegt. Allerdings gelten rund<br />
die Hälfte des 7000-Kilometer-Netzes von ONTRAS als nicht molchbar. Molchungen sind<br />
ein hochkomplexes und kostenintensives Verfahren, allerdings ist ihr Aufwand um ein<br />
Vielfaches geringer als der Leitungsneubau.<br />
Nachdem der 60-Minuten-Countdown abgelaufen<br />
ist, wird die Tür der Molchschleuse geöffnet. Bis auf<br />
zwei im weißen Plastikoverall gekleidete Herren<br />
halten alle auf der Baustelle Abstand. Der Grund<br />
für die Zurückhaltung fließt auch augenblick-<br />
lich heraus: eine schwarze, klebrige Masse aus<br />
früheren Stadt<strong>gas</strong>zeiten, die der Molch auf seiner<br />
Fahrt durch die Leitung vor sich hergeschoben<br />
hat. „Damit müssen wir ganz besonders aufpas-<br />
sen“, erklärt Alexander Ziehe, „denn die Masse<br />
darf nicht ins Erdreich gelangen.“ So schädlich<br />
sie für die Umwelt ist, so schwer würde sie sich<br />
auch wieder von der Kleidung lösen. Deshalb ist<br />
Schutzkleidung ein unbedingtes Muss.<br />
Ein Großteil dieser Stoffe ist fünf Minuten später<br />
in einen Auffangbehälter abgeflossen. Mit einem<br />
Seilgewinde wird der Molch jetzt langsam aus sei-<br />
ner Gefangenschaft in der Schleuse befreit. Wenig<br />
später liegt der vier Meter und 850 Kilogramm<br />
schwere Koloss auf einem Schlitten, über und<br />
über von schwarzer Masse verklebt. Jetzt wird der<br />
Molch auf einen LKW gehoben und zur Spezialrei-<br />
nigung gebracht. Mindestens drei Stunden wird<br />
das dauern, bis er wieder auf Hochglanz poliert<br />
ist. Erst dann kann das Speicherelement mit den<br />
Analysedaten ausgelesen werden.<br />
Mittlerweile steht das Molch-Team um <strong>VNG</strong> seit<br />
mehr als sechs Stunden in der Kälte. Zumindest<br />
ist jetzt aber ein Ende des Arbeitstages absehbar.<br />
Während die Freude über die geglückte Molchung<br />
noch groß ist, beginnen Arbeiter bereits wieder<br />
mit den Abbauarbeiten für die mobile Schleuse,<br />
die nur eigens für die Molchung der FGL 28 ange-<br />
baut wurden. Sie wird an anderer Stelle wieder<br />
zum Einsatz kommen, um einen Molch in die<br />
Erd<strong>gas</strong>leitung einzubringen oder ihn wieder he-<br />
rauszuholen. Dann aber hoffentlich bei wärmeren<br />
Temperaturen.<br />
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