62 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature Kunst & Kultur I Die Narrative Figuration im Werk von Heinz Knoke Heinz Knoke (1922–1991), Siesta, 1971 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34
<strong>medium</strong> <strong>gas</strong> | <strong>2010.2</strong> „... gute Kunst ist in jedem Fall diejenige, über die man mit allen Versuchen, etwas zu sagen, niemals Befriedigendes wird sagen können ...“ Von Bodo Pientka, Buchautor und Kunstsammler Dieser Satz von Francis Ponge (1899–1988) re- sümiert nicht allein die Begegnung mit dem Werk von Heinz Knoke, es ist auch eine Bemerkung, die in diesem Falle auf den Künstler selbst zu- trifft. Bei der intensiven Beschäftigung mit seiner künstlerischen Tätigkeit ist der Lebenshabitus des Kunstschaffenden aber nicht losgelöst von seinem Werk zu denken. Heinz Knoke, Jahrgang 1922, war ein Einzelgänger. Das Glück des Künstlers, seine schöpferische Arbeit im Gleichklang mit den Strömungen der internati- onalen Kunstszene voranzutreiben, ist ihm nicht zuteil geworden. Er hat die Position seiner Kunst gewissermaßen im Windschatten dessen, was man Kunstszene nennt, markiert. Unbeeindruckt von zumeist gegenläufigen Tendenzen zeitgenössischer Kunst entstand so ein Werk, das in all seinen Schattierungen ein zentrales Thema anvisiert: Im Zentrum der künstlerischen Arbeit Heinz Knokes steht der Mensch. Knoke hat sich in allen Phasen seiner künstlerischen Entwicklung immer aufs Neue mit der menschlichen Figur auseinandergesetzt. Doch es ist die hohe künstlerische Qualität dieser Arbeiten, die in seinen Bildern, Zeichnungen und Graphiken gleichrangig auffällt. Ausgangspunkt der Kunst Heinz Knokes ist die Figuration. Die Physiognomien der Körper, in denen sich Haltungen menschlicher Existenz nachzeichnen, stehen im Blickpunkt. Das Spek- trum der Protagonisten, die Knoke dabei ins Spiel bringt, ist breit gefächert. Es reicht vom Boxer, vom Athlet über den gebeutelten Geschäftsmann oder Akteur im Zwielicht bis hin zu Figuren, die der Mythologie entlehnt sind. In der Darstellung eines Athleten ebenso wie in der Vorstellung einer mythologischen Szene gelingt es Knoke, Figuren unseres Zeitalters ins Bild zu bannen, Figuren, die auf dem schmalen Grat der Geschichte unseres Jahrhunderts balancieren. Aus den Verzerrungen der Körper spricht die Beschädigung des Lebens, die sich in die Körper eingezeichnet hat. So deklinieren Knokes Bilder die Menschen im Spannungsfeld von heroischer Tat und erbärmlicher Vergänglichkeit. Abgeschattet im Halbdunkel von heller Aktion und traumatischem Schlaf, erscheinen sie als Sinnbilder menschlicher Existenz im 20. Jahrhundert. Dargestellt ist oft die kämpferische Position der einzelgängerischen Individualität, die sich in den Bildern Knokes mit gesteigerter Vehemenz Ausdruck verleiht. Das künstlerische Vokabular der kalkulierten, erzäh- lerischen Figuration in seinen Werken spricht aus Knokes Leben. Immer ist die expressive Dichte der künstlerischen Gestaltung erstes Kriterium, bleibt die realistische Darstellung der angelehnten Figuration treu. In der retrospektivischen Betrachtung der künst- lerischen Entwicklung Heinz Knokes steht seine Auseinandersetzung mit graphischen Techniken ganz vorn. Knoke widmete sich großangelegten Mappenwerken, deren Sujets geschichtlicher oder mythologischer Natur sind. Figuration, Linie und Kontur sind das beherrschende Charakteristikum dieser Arbeiten, in denen die graphische Vorge- hensweise Knokes deutlich wird. Ausgehend von Studienreisen in den Vorderen Orient, auf denen sich Knoke intensiv mit der Kunst der Assyrer beschäftigt hat, entstand 1965 die 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 63