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Empfehlungen zur kalkulierten parenteralen Initialtherapie ...

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<strong>Empfehlungen</strong> <strong>zur</strong> <strong>kalkulierten</strong> <strong>parenteralen</strong> <strong>Initialtherapie</strong> bakterieller Erkrankungen bei Erwachsenen – Update 2010<br />

verzögerte (1 – 72 Stunden) und<br />

späte (> 72 Stunden) Reaktionen<br />

unterschieden [18]. Nach der Einteilung<br />

von Gell und Coombs [9]<br />

werden vier immunpathologische<br />

Reaktionen unterschieden: IgE-vermittelter<br />

Typ I (Anaphylaxie), IgG-<br />

oder IgM-vermittelter Typ II (zytotoxisch,<br />

zytolytisch), durch lösliche<br />

Immun-Komplexe vermittelter Typ<br />

III (Immun-Komplex-Krankheit) und<br />

T-Lymphozyten-vermittelter Typ IV<br />

(verzögerte bzw. T-Zell-abhängige<br />

Hypersensitivität). Zusätzlich gibt<br />

es sonstige „idiopathische“ Typen<br />

unbekannter Pathogenese (u. a.<br />

makulopapuläre Eruptionen, Stevens-Johnson-Syndrom,<br />

exfoliative<br />

Dermatitis) [24].<br />

9. Fehl- und Unterernährung sowie bei<br />

Exsikkose<br />

n Dosierung nach Nierenclearance<br />

und physiologischen Parametern<br />

reduzieren.<br />

10. Multiresistenz-Induktion oder -Selektion<br />

(Kollateralschäden)<br />

n Riskante Antibiotika bei einseitigem<br />

Einsatz: Cephalosporine, Fluorchinolone,<br />

Carbapeneme.<br />

11. Seltene Nebenwirkungen mit hohem<br />

Morbiditätsrisiko<br />

n Riskante Antibiotika: Fluorchinolone<br />

(Achillessehnenruptur), Linezolid<br />

(Serotoninsyndrom) bei gleichzeitiger<br />

Einnahme von selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern<br />

(SSRI), Monoaminooxidase-(MAO)<br />

Hemmern, speziellen Antidepressiva,<br />

Valproinsäure, Tryptophan,<br />

Lithiumsalzen, Ritonavir [27].<br />

Beurteilung der Nierenfunktion<br />

im Alter<br />

Der durchschnittliche renale Blutfluss verringert<br />

sich um etwa 10 % pro Alters-<br />

Dekade von 600 ml/min pro 1,73 m 2 in der<br />

4. Dekade auf etwa 300 ml/min pro 1,73<br />

m 2 in der 9. Dekade. Parallel dazu verringert<br />

sich die glomeruläre Filtrationsrate um<br />

rund 10 % pro Dekade. Da gleichzeitig die<br />

Creatinin-Produktion in Abhängigkeit vom<br />

progredienten Verlust an Muskelmasse<br />

im Alter sinkt, bleibt der Serum-Creatinin-Spiegel<br />

konstant. Creatinin-Spiegel<br />

im oberen Normbereich weisen daher auf<br />

eine bereits bestehende Nierenfunktionseinschränkung<br />

hin, ein Creatinin-Anstieg<br />

ist bei der Entscheidung über Antibiotika-<br />

Dosierungen besonders kritisch zu berücksichtigen.<br />

Viele Labore geben die glomeruläre<br />

Filtrationsrate (GFR) auf der Basis<br />

einer Berechnung nach der MDRD-Formel<br />

(MDRD = Modification of Diet in Renal<br />

Disease Study) an. Diese Formel wurde<br />

im Rahmen der MDRD-Studie allerdings<br />

nicht bei Personen über 70 Jahre validiert.<br />

Auch die alternative Formel nach Cockcroft-Gault<br />

zeigt erhebliche Limitationen<br />

der GFR-Berechnung in Abhängigkeit vom<br />

Alter und bei großen Abweichungen des<br />

Körpergewichtes auf. In vergleichenden<br />

Untersuchungen zeigten die GFR-Abschätzungen<br />

auf der Basis eines 24-Stunden-<br />

Sammelurins die besten Resultate, wenn<br />

auch mit einer Tendenz <strong>zur</strong> Überschätzung.<br />

In der Praxis bestehen jedoch erhebliche<br />

Einschränkungen der Methode durch<br />

Sammelfehler. Eine weitere Alternative ist<br />

die Cystatin-C-Bestimmung, die sich durch<br />

Unabhängigkeit von Alter und Muskelmasse<br />

auszeichnet. Am zuverlässigsten<br />

scheint diese Methode im Bereich einer<br />

beginnenden Nierenfunktionseinschränkung<br />

zu sein, bei der sich noch keine Erhöhungen<br />

des Creatinins zeigen. Insgesamt<br />

weisen sämtliche Bestimmungsmethoden<br />

der Nierenfunktion bei alten Menschen<br />

deutliche Limitationen auf. Eine Überschätzung<br />

der glomerulären Filtrationsrate<br />

sollte deshalb durch einen <strong>zur</strong>ückhaltenden<br />

Gebrauch potenziell nephrotoxischer<br />

Substanzen kompensiert werden [30].<br />

Antibiotika-Resistenzen im<br />

Alter<br />

Sämtliche Faktoren, die mit dem Risiko von<br />

Besiedlung oder Infektion durch multiresistente<br />

Erreger assoziiert sind, gewinnen im<br />

Alter eine zunehmende Bedeutung. Multimorbidität<br />

und spezifische Komorbiditäten<br />

wie Diabetes mellitus oder COPD, antibiotische<br />

Vortherapien, vorbestehende Krankenhausaufenthalte,<br />

Versorgung in Pflegeheimen,<br />

Rehabilitationseinrichtungen und<br />

sonstigen tertiären Versorgungsstrukturen,<br />

Träger invasiver „devices“ wie enterale<br />

Ernährungssonden, zentrale Venenverweilkatheter,<br />

Trachealkanülen und Harnwegskatheter,<br />

andere ambulante nosokomiale<br />

Risiken wie Dialyse, Versorgung<br />

chronischer Ulzera oder sonstige Pflegebedürftigkeiten<br />

und vorbestehende Kolonisationen<br />

kumulieren mit steigendem Alter.<br />

Das Risiko für Multiresistenz stellt im Falle<br />

einer Infektion besondere Anforderungen<br />

an die Verordnung einer adäquaten antibiotischen<br />

Therapie, sei es durch die Wahl<br />

eines geeigneten Breitspektrum-Antibiotikums<br />

oder durch eine geeignete Kombinationsstrategie.<br />

Bei einer inadäquaten<br />

Therapie besteht die Gefahr eines verlängerten<br />

Krankenhausaufenthaltes, von<br />

erhöhten Kosten und im schlimmsten Fall<br />

einer erhöhten Krankenhausletalität [5,<br />

16].<br />

Zusammenfassung<br />

Grundsätzlich kann der Einsatz von Antibiotika<br />

bei älteren Patienten nach den gleichen<br />

Prinzipien wie bei jüngeren erfolgen.<br />

Es gibt kein Antibiotikum, welches grundsätzlich<br />

als inadäquat für ältere Menschen<br />

angesehen werden muss.<br />

Die Auswahl und die Dosierung von<br />

Antibiotika müssen allerdings den generellen<br />

medizinischen Problemen des hohen<br />

Alters in Verbindung mit den physiologischen<br />

Veränderungen angepasst werden.<br />

Dabei spielt das in den letzten Jahren<br />

gestiegene Risiko durch resistente<br />

und multiresistente Infektionserreger im<br />

Kontext multipler Krankenhausaufenthalte<br />

und antibiotischer Vortherapien eine<br />

zunehmende Rolle.<br />

Aufgrund des häufigeren Auftretens<br />

und der potenziell gravierenden Konsequenzen<br />

von Antibiotika-Nebenwirkungen<br />

(unerwünschten Arzneimittelwirkungen,<br />

UAW) bei älteren im Vergleich zu jüngeren<br />

Patienten sind folgende Schritte <strong>zur</strong> Optimierung<br />

essentiell: Strenge Entscheidung<br />

über die Indikation an sich, Wahl des besten<br />

Antibiotikums auch unter Berücksichtigung<br />

seltener, dafür aber im Alter bedrohlicher<br />

Nebenwirkungen, Festlegung der<br />

richtigen Dosis, des Dosierungsintervalls<br />

und der Dauer entsprechend dem physiologischen<br />

Status des Patienten sowie<br />

Monitoring von Effektivität und Toxizität<br />

<strong>zur</strong> frühen Erkennung erwarteter und<br />

unerwarteter Nebenwirkungen. <strong>Empfehlungen</strong><br />

müssen die besonderen Bedingungen<br />

der antibiotischen Therapie bei alten<br />

Patienten reflektieren.<br />

Literatur<br />

1. Arzneiverordnungsreport (AVR). Paffrath<br />

U und Schwabe D (Hrsg.). Berlin:<br />

Springer Verlag; 2005.<br />

2. Beers MH. Explicit criteria for determining<br />

potentially inappropriate medication<br />

use by the elderly. An update.<br />

Arch Intern Med 1997;157:1531-6.<br />

3. Beers MH, Ouslander JG, Rollingher I,<br />

Reuben DB, et al. Explicit criteria for<br />

determining inappropriate medication<br />

use in nursing home residents. UCLA<br />

Division of Geriatric Medicine. Arch<br />

Intern Med 1991;151:1825-32.<br />

4. Beijer HJ, de Blaey CJ. Hospitalisations<br />

caused by adverse drug reactions (ADR):<br />

Metaanalysis of observational studies,<br />

Pharm World Sci 2002;24:46-54.<br />

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