BMG Modellprojekte Band 8 - Kuratorium Deutsche Altershilfe
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12<br />
Einleitung<br />
Die Grundzüge<br />
einer Hausgemeinschaft<br />
Eine Hausgemeinschaft im hier verstandenen Sinne<br />
umfasst im Kern eine in einem gemeinsamen<br />
Haushalt lebende überschaubare soziale Gruppe<br />
von bis zu acht älteren pflegebedürftigen Personen.<br />
Jeder aus der Bewohnergruppe hat innerhalb<br />
der geräumigen, selbstverständlich barrierefreien<br />
Wohnung ein eigenes in sich geschlossenes<br />
Zimmer oder ein kleines Appartement mit kleiner<br />
Diele und je eigenem Duschbad und WC. Diese<br />
„eigenen vier Wände“ garantieren jedem einzelnen<br />
seine Privatsphäre mit Rückzugsmöglichkeiten.<br />
Die Privaträume sind um eine große, für<br />
einen achtköpfigen Haushalt ausgelegte Wohnküche<br />
beziehungsweise einen großzügigen Gemeinschafts-Wohn-/Essbereich<br />
mit einer offenen<br />
Küche als Mittelpunkt gruppiert. Dort spielt sich<br />
für alle aktiv mitzugestalten oder zumindest miterlebbar<br />
das alltägliche Leben der Hausgemeinschaft<br />
ab (Kochen, Essen, informelle Kontakte)<br />
mit all seinen lebendigen, das gesamte Sinnesspektrum<br />
ansprechenden Reizen (Gerüche,<br />
Küchengeräusche, Stimmengewirr). Der Ofen im<br />
Sinne einer wärmenden Feuerstelle ist das Zentrum.<br />
„Wirtschaftsräume müssen in der erforderlichen<br />
Zahl lichen und Größe Zahl vorhanden und Größe sein, vorhanden soweit die sein, Versorgung<br />
nicht soweit durch die Versorgung Betriebe außerhalb nicht durch des Betriebe Heimes<br />
sichergestellt außerhalb ist.” des Heimes sichergestellt ist.”<br />
Heimmindestbauverordnung, § 11.<br />
Als weitere Gemeinschaftsfläche kommt im<br />
Idealfall ein geschützter Außenbereich in Form<br />
einer Terrasse, eines Gartens oder begrünten<br />
Innenhofs hinzu. In jeder Hausgemeinschaft ist<br />
tagsüber eine Bezugsperson präsent, die als Präsenzmitarbeiterin<br />
oder als Alltagsassistentin in<br />
der Rolle einer Hausfrau beziehungsweise eines<br />
Hausmannes tätig ist. Die Bezugsperson übernimmt<br />
Verrichtungen wie Essenszubereitung und<br />
Wäschewaschen, Ankleidungshilfen, Stimulation<br />
und Motivation bis hin zu Kontaktpflege innerhalb<br />
der Gemeinschaft und nach außen (Ärzte,<br />
Angehörige etc.). Das sind diejenigen Aktivitäten,<br />
die im Rahmen der häuslichen Pflege gemeinhin<br />
von einem Angehörigen oder manchmal arbeitsteilig<br />
von mehreren Personen ebenfalls zu übernehmen<br />
wären. Pflegefachkräfte werden ambulant<br />
oder stationär je nach Bedarf für pflegerische<br />
Aufgaben hinzugezogen. Eine Nachtbereitschaft<br />
macht die personelle Präsenz einer Bezugsperson<br />
zum Rund-um-die-Uhr-Angebot.<br />
Die derart beschaffene Hausgemeinschaft versteht<br />
sich als gemeindenahes Wohnangebot mit<br />
dezent aus dem Hintergrund gesteuerter, individuell<br />
bemessener, tatsächlich benötigter Pflege.<br />
Die Hausgemeinschaft ist in sich autonom, versorgt<br />
sich also hauswirtschaftlich weitgehend<br />
selbst. Sie kann sich jedoch räumlich, teils auch<br />
organisatorisch mit anderen Hausgemeinschaften<br />
vernetzen – bis hin zu einem Netzwerk über<br />
mehrere Stadtteile hinweg –, und sie kann einen<br />
Verbund mit ambulanten Diensten beziehungsweise<br />
mit räumlich integrierten Dienstleistungszentren<br />
eingehen. Wie auch letztlich die einzelne<br />
Hausgemeinschaft oder das Ensemble mehrerer<br />
Hausgemeinschaften konstruiert sein mögen,<br />
immer steht im Mittelpunkt des Bestrebens die<br />
Autonomie des älteren Menschen und der möglichst<br />
weitgehende Erhalt seiner Kompetenz für<br />
die eigenen Belange. Sowohl die Architektur als<br />
auch die konzeptionellen „Maßnahmen“ für<br />
Schutz und Geborgenheit der älteren Menschen<br />
dürfen die Normalität des alltäglichen Lebens und<br />
Wohnens nicht deformieren oder gar zerstören.<br />
Notwendig werdende Pflegeaktivitäten dürfen<br />
die Individualität und Zuständigkeit der Bewohner<br />
für sich selbst sowie die Lebensqualität am<br />
Wohnort nicht aushebeln. Ein behutsames, an<br />
humanen Maßstäben ausgerichtetes Pflegekonzept<br />
hat sich vielmehr auszurichten nach dem<br />
Grundsatz: So viel Selbstständigkeit wie möglich,<br />
so viel Pflege und Hilfe wie nötig.<br />
An der Schwelle zur neuen<br />
Generation von Pflegeheimen<br />
Auch wenn die Entwicklung im Pflegeheimbau,<br />
wie dargestellt, weg von konventionellen Pflegeheimen<br />
auf Hausgemeinschaften als vierter Pflegeheimgeneration<br />
zuläuft, bedeutet das nicht,<br />
dass die Ablösung der dritten durch die vierte<br />
Generation heute bereits gänzlich vollzogen ist.<br />
De facto steht der Umbruch noch bevor, und es<br />
bedarf heute noch beträchtlichen Mutes und Pioniergeistes<br />
und durchweg eines langen Atems,<br />
um den Bau eines Pflegeheims nach dem Hausgemeinschaftsmodell<br />
mit seiner erheblich reduzierten<br />
beziehungsweise völlig fehlenden Zentralität<br />
durchzusetzen.