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BMG Modellprojekte Band 8 - Kuratorium Deutsche Altershilfe

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42<br />

Personalfragen und -kalkulation<br />

Leitgedanken Normalität und<br />

Dezentralisierung<br />

Menschen bewohnen Häuser. Häuser bewohnen<br />

aber auch Menschen. Ob die Gebäude bei ihren<br />

Bewohnerinnen und Bewohnern besonderen<br />

Stress oder gar Angst verursachen oder ob sie zu<br />

deren Wohlergehen beitragen, ergibt sich daraus,<br />

inwieweit sich diese Häuser in Planung und<br />

Ausführung einschließlich Standortwahl auf die<br />

Bedürfnisse ihrer Bewohner einstellen können.<br />

Hausgemeinschaften verstehen sich als quartiernahe<br />

Wohnangebote für pflegebedürftige<br />

und/oder verwirrte ältere Menschen. Dieser Nähe<br />

zum angestammten Wohnquartier des Bewohners<br />

kommt eine besondere Bedeutung zu. So<br />

werden Besuche von Nachbarn und Freunden<br />

erleichtert. Die geplanten, aber auch ungeplanten<br />

Kontakte zum früheren Lebensumfeld<br />

sichern nach dem Umzug letztendlich in der<br />

Hausgemeinschaft ein Stück „Normalität“. Familienangehörige,<br />

Freunde, Nachbarn sind in Hausgemeinschaften<br />

gern gesehene Gäste, die sich<br />

dort einbringen können und sollten.<br />

Obwohl das Wohnen im Vordergrund steht,<br />

handelt es sich bei den Hausgemeinschaften in<br />

erster Linie um zugelassene vollstationäre und<br />

pflegesatzfinanzierte Einrichtungen. In diesen<br />

Heimen orientieren sich alle Aktivitäten im Versorgungs-,<br />

Betreuungs- und Pflegebereich an der<br />

spezifischen Lebenswelt und an der individuellen<br />

Biografie sowie an der aktuellen Situation jedes<br />

einzelnen Bewohners. So bietet eine Hausgemeinschaft<br />

im Gegensatz zu einer traditionellen<br />

Pflegeeinrichtung seinen Bewohnerinnen und<br />

Bewohnern ein hohes Maß an Wohn- und<br />

Lebensqualität. Sie räumt den pflegebedürftigen<br />

älteren Menschen ausdrücklich – auch bei intensiver<br />

Pflegebedürftigkeit, auch bei schwereren<br />

Demenzerkrankungen – eine möglichst große<br />

Selbstständigkeit und Mitbestimmungsmöglichkeit<br />

ein.<br />

Ein derart anspruchsvolles Konzept ist nur<br />

unter ganz bestimmten Voraussetzungen realisierbar.<br />

Die mit dieser besonderen Betreuungsform<br />

verbundenen Pflegesätze, also die Kosten<br />

für Unterkunft und Verpflegung sowie die nicht<br />

geförderten Investitionskosten, dürfen einen vertretbaren,<br />

sprich marktgerechten Rahmen nicht<br />

überschreiten. Ein entscheidender Faktor bei der<br />

Planung und Umsetzung von Hausgemeinschaften<br />

ist ein schlüssiges Betreuungs- und Personal-<br />

konzept. Mit einer solchen Konzeption steht und<br />

fällt eine Hausgemeinschaft. Nur mit ihr kann sie<br />

sowohl unter Qualitätsgesichtspunkten als auch<br />

unter wirtschaftlichen Aspekten mit den traditionellen<br />

Angeboten der Altenhilfe konkurrieren.<br />

Analog zur Architektur und Raumplanung<br />

(siehe Kapitel 1) muss auch beim Personal und bei<br />

den Funktionsabläufen eine Dezentralisierung<br />

konsequent umgesetzt werden. Zentrale Anstalts-<br />

und Versorgungsstrukturen und das ihnen<br />

zugeordnete Personal, vordringlich Zentralküche<br />

und Zentralwäscherei mit seinen Hauswirtschaftskräften,<br />

werden statt an bewohnerfernen<br />

zentralisierten Standorten anteilig den einzelnen<br />

Hausgemeinschaften zugeordnet.<br />

Durch diese Umverteilung der Ressourcen in<br />

die einzelnen Einheiten hinein wird ein doppelt<br />

wirksamer positiver Effekt erzielt, ohne dass<br />

zusätzliche Kosten entstehen:<br />

1. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die unter<br />

Umständen fernab der Bewohner ihren Aufgaben<br />

nachgehen, werden in die unmittelbare<br />

Nähe der Bewohner gebracht. Dies hat zur Folge,<br />

dass ihre Tätigkeiten und Dienstleistungen<br />

im persönlichen Umfeld derjenigen stattfinden,<br />

auf die sie sich letztendlich beziehen.<br />

2. Zudem entsteht – für alle Beteiligten unmittelbar<br />

sinnlich erfahrbar – ein einigermaßen normaler<br />

Alltag mit vertrauten Gesichtern und mit<br />

eigenen Rhythmen. Die Bewohnerschaft hat<br />

dank einer Fülle von belebenden, sinnstiftenden<br />

Abläufen und Verrichtungen innerhalb der<br />

Hausgemeinschaft viele Anknüpfungspunkte<br />

zu aktiver Teilnahme oder zumindest zu rezeptiver<br />

Teilhabe am Geschehen.<br />

Es ist der Lebensalltag der Bewohnerinnen<br />

und Bewohner, und sie empfinden ihn auch authentisch<br />

als den ihren. Hieraus erwächst gleichsam<br />

automatisch ein nach zwei Seiten hin ablaufender<br />

weicher „Kontrollmechanismus“: Bewohner<br />

geben den Mitarbeitern informell Feed-back,<br />

und umgekehrt das Personal der Bewohnerschaft.<br />

Da mit den Tätigkeiten und Funktionen<br />

immer auch Personal verbunden ist, hat dies zur<br />

Folge, daß Menschen in die Nähe des Bewohners<br />

gelangen. Gleichsam zwangsläufig (die Hausarbeit<br />

muss ja gemacht werden) ist so ständig<br />

jemand in der Hausgemeinschaft anwesend. Diese<br />

Person wird über ihre eigentliche berufliche<br />

Aufgabe hinaus natürlich auch mit den Bewohnern<br />

kommunizieren. So erhalten die Bewohner

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