BMG Modellprojekte Band 8 - Kuratorium Deutsche Altershilfe
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Personalfragen und -kalkulation<br />
Leitgedanken Normalität und<br />
Dezentralisierung<br />
Menschen bewohnen Häuser. Häuser bewohnen<br />
aber auch Menschen. Ob die Gebäude bei ihren<br />
Bewohnerinnen und Bewohnern besonderen<br />
Stress oder gar Angst verursachen oder ob sie zu<br />
deren Wohlergehen beitragen, ergibt sich daraus,<br />
inwieweit sich diese Häuser in Planung und<br />
Ausführung einschließlich Standortwahl auf die<br />
Bedürfnisse ihrer Bewohner einstellen können.<br />
Hausgemeinschaften verstehen sich als quartiernahe<br />
Wohnangebote für pflegebedürftige<br />
und/oder verwirrte ältere Menschen. Dieser Nähe<br />
zum angestammten Wohnquartier des Bewohners<br />
kommt eine besondere Bedeutung zu. So<br />
werden Besuche von Nachbarn und Freunden<br />
erleichtert. Die geplanten, aber auch ungeplanten<br />
Kontakte zum früheren Lebensumfeld<br />
sichern nach dem Umzug letztendlich in der<br />
Hausgemeinschaft ein Stück „Normalität“. Familienangehörige,<br />
Freunde, Nachbarn sind in Hausgemeinschaften<br />
gern gesehene Gäste, die sich<br />
dort einbringen können und sollten.<br />
Obwohl das Wohnen im Vordergrund steht,<br />
handelt es sich bei den Hausgemeinschaften in<br />
erster Linie um zugelassene vollstationäre und<br />
pflegesatzfinanzierte Einrichtungen. In diesen<br />
Heimen orientieren sich alle Aktivitäten im Versorgungs-,<br />
Betreuungs- und Pflegebereich an der<br />
spezifischen Lebenswelt und an der individuellen<br />
Biografie sowie an der aktuellen Situation jedes<br />
einzelnen Bewohners. So bietet eine Hausgemeinschaft<br />
im Gegensatz zu einer traditionellen<br />
Pflegeeinrichtung seinen Bewohnerinnen und<br />
Bewohnern ein hohes Maß an Wohn- und<br />
Lebensqualität. Sie räumt den pflegebedürftigen<br />
älteren Menschen ausdrücklich – auch bei intensiver<br />
Pflegebedürftigkeit, auch bei schwereren<br />
Demenzerkrankungen – eine möglichst große<br />
Selbstständigkeit und Mitbestimmungsmöglichkeit<br />
ein.<br />
Ein derart anspruchsvolles Konzept ist nur<br />
unter ganz bestimmten Voraussetzungen realisierbar.<br />
Die mit dieser besonderen Betreuungsform<br />
verbundenen Pflegesätze, also die Kosten<br />
für Unterkunft und Verpflegung sowie die nicht<br />
geförderten Investitionskosten, dürfen einen vertretbaren,<br />
sprich marktgerechten Rahmen nicht<br />
überschreiten. Ein entscheidender Faktor bei der<br />
Planung und Umsetzung von Hausgemeinschaften<br />
ist ein schlüssiges Betreuungs- und Personal-<br />
konzept. Mit einer solchen Konzeption steht und<br />
fällt eine Hausgemeinschaft. Nur mit ihr kann sie<br />
sowohl unter Qualitätsgesichtspunkten als auch<br />
unter wirtschaftlichen Aspekten mit den traditionellen<br />
Angeboten der Altenhilfe konkurrieren.<br />
Analog zur Architektur und Raumplanung<br />
(siehe Kapitel 1) muss auch beim Personal und bei<br />
den Funktionsabläufen eine Dezentralisierung<br />
konsequent umgesetzt werden. Zentrale Anstalts-<br />
und Versorgungsstrukturen und das ihnen<br />
zugeordnete Personal, vordringlich Zentralküche<br />
und Zentralwäscherei mit seinen Hauswirtschaftskräften,<br />
werden statt an bewohnerfernen<br />
zentralisierten Standorten anteilig den einzelnen<br />
Hausgemeinschaften zugeordnet.<br />
Durch diese Umverteilung der Ressourcen in<br />
die einzelnen Einheiten hinein wird ein doppelt<br />
wirksamer positiver Effekt erzielt, ohne dass<br />
zusätzliche Kosten entstehen:<br />
1. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die unter<br />
Umständen fernab der Bewohner ihren Aufgaben<br />
nachgehen, werden in die unmittelbare<br />
Nähe der Bewohner gebracht. Dies hat zur Folge,<br />
dass ihre Tätigkeiten und Dienstleistungen<br />
im persönlichen Umfeld derjenigen stattfinden,<br />
auf die sie sich letztendlich beziehen.<br />
2. Zudem entsteht – für alle Beteiligten unmittelbar<br />
sinnlich erfahrbar – ein einigermaßen normaler<br />
Alltag mit vertrauten Gesichtern und mit<br />
eigenen Rhythmen. Die Bewohnerschaft hat<br />
dank einer Fülle von belebenden, sinnstiftenden<br />
Abläufen und Verrichtungen innerhalb der<br />
Hausgemeinschaft viele Anknüpfungspunkte<br />
zu aktiver Teilnahme oder zumindest zu rezeptiver<br />
Teilhabe am Geschehen.<br />
Es ist der Lebensalltag der Bewohnerinnen<br />
und Bewohner, und sie empfinden ihn auch authentisch<br />
als den ihren. Hieraus erwächst gleichsam<br />
automatisch ein nach zwei Seiten hin ablaufender<br />
weicher „Kontrollmechanismus“: Bewohner<br />
geben den Mitarbeitern informell Feed-back,<br />
und umgekehrt das Personal der Bewohnerschaft.<br />
Da mit den Tätigkeiten und Funktionen<br />
immer auch Personal verbunden ist, hat dies zur<br />
Folge, daß Menschen in die Nähe des Bewohners<br />
gelangen. Gleichsam zwangsläufig (die Hausarbeit<br />
muss ja gemacht werden) ist so ständig<br />
jemand in der Hausgemeinschaft anwesend. Diese<br />
Person wird über ihre eigentliche berufliche<br />
Aufgabe hinaus natürlich auch mit den Bewohnern<br />
kommunizieren. So erhalten die Bewohner