18.01.2016 Aufrufe

Burschenschaftliche Blätter 2014 - 4

  • Keine Tags gefunden...

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Schwerpunkt<br />

Die Burschenturner<br />

<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

Von Bruno Burchhart<br />

Zweifellos beeinflußte Friedrich Ludwig<br />

Jahn mit seinen Ideen sowohl die von<br />

ihm, am 19. Juni 1811 auf der Berliner<br />

Hasenheide, begründete Turnbewegung<br />

als auch die etwas später, am 12. Juni<br />

1815 in Jena ins Leben gerufene Burschenschaft.<br />

Für Turnwesen und Burschenschaft war<br />

eine Erneuerung der patriotischen Gesinnung<br />

ein wesentliches Anliegen. Da viele<br />

Studenten, damals Burschen genannt, das<br />

Turnen für wichtig erachteten, zum Teil sogar<br />

aus der Turnbewegung hervorgingen,<br />

übten sie dies auch während ihres Studiums<br />

aus. So bürgerte sich schon damals die Bezeichnung<br />

Burschenturner ein. Diese Verbindung<br />

hat sich bis heute in vielfältigster<br />

Art bewährt.<br />

Jahn hatte auf mannigfache Art seine Ideen<br />

erarbeitet und verbreitet. Wichtig war ihm<br />

in der Zeit der napoleonischen Fremdherrschaft<br />

nicht nur die Erringung der Freiheit<br />

seines Volkes. Besonderen Wert legte er<br />

auf die Heranbildung seiner Mitbürger zu<br />

selbstbewußten, geistig und körperlich<br />

tüchtigen Angehörigen des deutschen<br />

Volkes. In Wort und Tat hat er das dann zur<br />

Durchführung gebracht. In den Satzungen<br />

des, während der trüben Tage der Besatzung<br />

gegründeten Geheimbundes „ Deutscher<br />

Bund“ hatte Jahn schon festgehalten:<br />

„Zweck ist die Erhaltung des deutschen<br />

Volkes, Neubelebung der Deutschheit, Hinwirkung<br />

zur Einheit unsres zersplitterten<br />

Volkes“. Daraus reifte in ihm einerseits die<br />

Das von Georg Friedrich Kersting 1815 in Öl auf<br />

Leinwand gemalte Bild „Auf Vorposten“ zeigt<br />

Theodor Körner, Karl Friedrich Friesen und Heinrich<br />

Hartmann als Lützower Jäger.<br />

Idee, das allgemeine Turnen auch als Erziehungsmoment<br />

zu entwickeln, andererseits<br />

entwarf er mit seinem Mitstreiter Friedrich<br />

Friesen einen weiteren Plan. Niedergelegt<br />

ist dieser in der Denkschrift von 1810:<br />

„Ordnung und Einrichtung der deutschen<br />

Burschenschaften“.<br />

Mit ungeheurer, heute fast unvorstellbarer<br />

Begeisterung wurden von der Studentenschaft<br />

die damals wahrhaft revolutionären<br />

Ideen aufgenommen und weitergetragen,<br />

heutzutage bestenfalls vergleichbar mit<br />

den zerstörerischen 1968er Ideen. Jahn<br />

und Friesen aber riefen zur Erneuerung auf:<br />

Die Burschen-Studenten sollten sich – und<br />

das war neu – „frei und mit gleichem Recht<br />

zum deutschen Manne bilden, dessen heiligste<br />

Pflicht es ist, dereinst im bürgerlichen<br />

Leben für Volk und Vaterland kräftig zu wirken“.<br />

Dem sogenannten Pennalismus (der<br />

Jüngste hatte den Älteren Diener zu sein)<br />

und der streng landsmannschaftlichen Einordnung<br />

(Umgang ausschließlich mit den<br />

nächsten Landsleuten, zum Beispiel Sachsen,<br />

Bayern, usw.) wurde entgegengesetzt,<br />

daß „auf jedem Hochschulort nur eine einzige<br />

Studentenvertretung sein soll, eben<br />

die Burschenschaft. Beim Burschenleben in<br />

Freiheit und ohne Ständebeschränkung<br />

(damals Adel, Klerus, Bürger) müssen das<br />

deutsche Volk und das Sittengesetz über<br />

allem stehen“.<br />

Revolutionäre Geister<br />

Alle diese, für die kleinstaatlich zerrissenen<br />

deutschen Lande hochpolitischen Inhalte<br />

mußten deren Herrschern als Kampfansage<br />

erscheinen: Studenten-Einheit, oder gar<br />

der Gedanke an ein gemeinsames deutsches<br />

Volk würden ja zu einer Schmälerung<br />

ihres Einflusses führen. Die Denkschrift fand<br />

jedenfalls eine rasend schnelle Verbreitung<br />

an den Universitäten, wo sich nationale<br />

Freiheitsbewegungen zu entwickeln begannen.<br />

Auch Hochschullehrer verbreiteten<br />

solch nationale Ideen: Fichte mit den<br />

berühmten „Reden an die deutsche Nation“,<br />

Arndt mit seinen Vorlesungen, Luden<br />

mit seinen Schriften, wo er festhielt, daß es<br />

das „erste Streben jeden Volkes sein muß,<br />

seine Selbständigkeit zu erhalten, damit<br />

ihm nicht fremdes Volkes fremder Sinn aufgezwungen<br />

wird“: Moderner könnte man<br />

kaum formulieren!<br />

Der Durchsetzung dieser Ideen standen<br />

aber zunächst die Kriegsverläufe entgegen,<br />

war doch Napoleon nach der Rußland-Niederlage<br />

wieder zurück. Zur Abwehr wurden<br />

nicht nur die Fürsten-Armeen mobilisiert,<br />

sondern erstmals auch eine gesamtdeutsche<br />

Truppe, das Lützow’sche Freikorps:<br />

Burschenturner Hans Ferdinand Maßmann<br />

(1797–1874).<br />

Turner und Studenten aus allen deutschen<br />

Landen strömten herbei, vaterländisches<br />

Gedankengut wurde weitergetragen (Jahn<br />

war als Stellvertretende Kommandant<br />

ebenfalls dabei), das Schwarz-Rot-Gold der<br />

Lützower war Symbol dafür.<br />

Nach Besiegung des Fremdherrschers in<br />

den „Befreiungskriegen“ (hpts. Völkerschlacht<br />

bei Leipzig 18. Oktober 1813)<br />

wurde in den Hörsälen der Ruf nach vaterländisch-reformatorischen<br />

Bewegungen<br />

und Einrichtung einer „Burschenschaft“ immer<br />

lauter. Und jetzt wurde Jahn’s Idee umgesetzt:<br />

Sechs Tage vor Napoleons Waterloo<br />

kam es am 12. Juni 1815 in Jena zur<br />

Gründung der ersten Burschenschaft!<br />

Die Jahn-Jünger und Burschenturner, der<br />

Mediziner Wilhelm Kaffenberger und der<br />

Theologe Johann Heinrichs, beide alte Lützower,<br />

entwarfen eine „Verfassung der Jenaischen<br />

Burschenschaft“. Jahn’s Gedankengänge<br />

sind in dem 38-Seiten-Werk<br />

deutlich erkennbar, vor allem der vaterländische<br />

Geist, der auch im Wahlspruch<br />

„Freiheit, Ehre, Vaterland“ zum Ausdruck<br />

gebracht wurde. In dem Regelwerk werden<br />

alle möglichen Studentenbräuche, Wahlen<br />

und Studentenziele behandelt und festgehalten:<br />

„Zwar hat die Natur uns Deutsche in<br />

einzelne Stämme geteilt, aber ein gemeinsamer<br />

Geist soll alle Deutschen beleben,<br />

auch auf den Universitäten“. Wie der Burschenturner<br />

Robert Wesselhoeft berichtet,<br />

spielte das Turnen ebenso wie wissenschaftliche<br />

Studien und Sittenreinheit zur<br />

eigenen Ausbildung eine große Rolle:<br />

Heft 4 - <strong>2014</strong> 121

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!