Burschenschaftliche Blätter 2014 - 4
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Rezensionen<br />
Sieben Reiter<br />
Der Verlag Antaios erweitert sein Programm<br />
vom Kulturabbildenden zum Kulturschaffenden.<br />
Die „Edition Nordost“ besticht<br />
mit einer Reihe wichtiger belletristischer<br />
Schriften.<br />
Jean Raspails Werk Sept cavaliers quittèrent<br />
la ville au crépuscule par la porte de<br />
l’Ouest qui n’était plus gardée erscheint<br />
nun erstmals in deutscher Übersetzung: „Er<br />
erkennt, daß er nichts mehr ist und daß das,<br />
was er gewesen war, und das, dem er gedient<br />
hatte, von nun an nicht mehr existiert.“<br />
Wie eine nüchterne Bestandsaufnahme<br />
wirkt er, dieser Satz. Wie die Selbsterkenntnis<br />
eines Rechten. Er drückt die<br />
Realität in bedrückender Deutlichkeit aus<br />
und dennoch bedeutet er keine Aufgabe,<br />
keine Kapitulation vor dem Unvermeidlichen,<br />
sondern ist der Eingang der nötigen<br />
Aggressivität.<br />
Das alte und das neue Europa<br />
Jean Raspail zeichnet ein düsteres Europa.<br />
Nicht mehr das schöne, liebliche Bild der<br />
vom stiergestaltigen Zeus entführten Anmutigen,<br />
die einst die Welt betört und mit<br />
ungnädiger Grausamkeit untertan gemacht<br />
hat. Europa ist nunmehr ein Ort der Anarchie,<br />
des Bösen, der Unsitte, des Häßlichen.<br />
Sämtliche Ordnung nicht nur auf den<br />
Kopf gestellt, sondern nicht-existent. Drogen,<br />
Krankheiten, Verrohung: keiner widersteht.<br />
Es sind die Angst und die fette Trägheit<br />
der Zufriedenen, die den Nährboden<br />
für dieses für jeden Geist und jedes Pathos<br />
tödliche Klima schaffen.<br />
Es ist also ein Europa, wie wir es zunehmend<br />
selbst kennen. Die Grenzen verschwimmen.<br />
Schon die Namenswahl der<br />
Reiter mutet an, wie eine Reise durch das<br />
alte Europa: von Pickendorff, van Beck, Venier,<br />
Tankred, Bazin du Bourg, Abai, Wassili.<br />
„Leicht das Herz und die Seele frei, kalt funkelnd<br />
wie Kristall, gerüstet für das, was sie<br />
erwartete. Der Markgraf hatte befohlen –<br />
sie marschierten. So einfach war das“, beschreibt<br />
der Bischof Van Beck den Auszug<br />
der Sieben aus der Stadt.<br />
Die Stadt selbst: ein Trümmerhaufen. Allein<br />
der Markgraf, umgeben von den Treusten,<br />
residiert und herrscht in der Burg über<br />
nichts. Sein letzter Befehl: reitet, um Gottes<br />
willen, reitet und findet, was ihr sucht!<br />
Sucht das Warum! Diese Frage zu beantworten,<br />
ziehen die Sieben aus, wissend, auf<br />
ewig vom Markgrafen zu scheiden, ohne<br />
Aussicht auf Rückkehr. Und er ohne Aussicht<br />
auf Antwort.<br />
Zurück zur Stärke, zum Mut des<br />
Zuversichtlichen<br />
Sie ziehen durch das Land, dasselbe Bild<br />
überall vor Augen, ein Bild der Schande.<br />
Und unbändigen Haß. Und bald ist klar,<br />
daß jeder die grundlegende Frage selbst<br />
beantworten muß. Es gibt diesen einen<br />
Jean Raspail: Sieben Reiter verließen<br />
die Stadt. Edition Nordost 2013, 248<br />
Seiten, ISBN-13: 978-3-944422-01-5,<br />
22,00 Euro.<br />
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
Weg aus der Krise nicht. Intrige und<br />
Gefahr sind ständige Wegbegleiter. Es<br />
gilt nur nicht aufzugeben. Zwischenzeitlich<br />
schwindet die Gruppe. Sie schrumpft<br />
Mann um Mann in der Aussichtslosigkeit.<br />
Sie sucht ihren Weg vor der Verzweiflung.<br />
„Sie müssen aus ihren Dörfern heraus, die<br />
Waffe in der Hand, ihr Territorium ausdehnen,<br />
es mit eiserner Faust unterwerfen,<br />
nach dem Recht des Eroberers, ohne<br />
Gnade für die Feinde, zuallererst um der eigenen<br />
Leute willen, dann aus Treue zum<br />
Herrscher, aus freier Entscheidung, weil die<br />
Pflicht es verlangt – und für die Beute.“<br />
Zurück zur Stärke, zum Mut des Zuversichtlichen,<br />
zur Kühnheit des Freien. Das ist der<br />
Weg.<br />
Laßt Raspail in die Herzen!<br />
Zu zweit sind sie, von Pickendorff und Bazin<br />
du Bourg, angekommen an der Grenze, Sephareé.<br />
Und sie finden nicht das gesuchte.<br />
Und plötzlich: ein Treffen im überfüllten<br />
Zug. Bazin du Bourg verkauft Versicherungen,<br />
von Pickendorff schreibt. Sie sind jeder<br />
ein assimilierter Teil.<br />
„Auf der Schwelle zur Ewigkeit darf<br />
man wohl verzweifelt sein.“ Nein!, schreit<br />
Raspail. Kein Flehen zu Gott, keine Verzweiflung.<br />
„Ob Gott existiert oder nicht,<br />
man stöbert ihn nicht auf, um mit ihm<br />
einen Handel zu machen: Gib dich zu<br />
erkennen, tritt heraus aus dem Gewölk,<br />
es geht um meinen Glauben! Das gehört<br />
sich nicht. Das ist ohne Haltung, ohne<br />
Stolz.“ Wo ist der Stolz? Wie kann verändert<br />
werden, was uns mißfällt? Laßt Raspail<br />
in die Herzen. Auch wenn das Haß bedeutet.<br />
„Der Haß entfesselt Kräfte. Angesichts der<br />
Zeiten, die auf uns zukommen, kann ich Ihnen<br />
nur, mit allem Respekt, nahelegen, sich<br />
reichlich damit zu versehen.“<br />
Arndt Novak (Danubia München <strong>2014</strong>)<br />
Heft 4 - <strong>2014</strong> 153