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Burschenschaftliche Blätter 2014 - 4

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Aus dem burschenschaftlichen Leben<br />

sogenannten Naturzustand, frei von gesellschaftlichen<br />

Bindungen, dem Pufendorf<br />

eine unveräußerliche Würde zuerkannte,<br />

die sich allein aus der Natur des Menschen<br />

ergeben sollte, da dieser die Gabe der Vernunft<br />

und des freien Willens besaß und sich<br />

– anders als die anderen Lebewesen – ein<br />

Urteil über „gut“ und „böse“ bilden<br />

konnte. Jeder sollte aber den anderen in<br />

gleicher Weise ansehen und behandeln. Im<br />

sogenannten „status naturalis“ bestand<br />

zwar eine natürliche Freiheit, dennoch war<br />

der Mensch in diesem Zustand hilflos, daher<br />

war der Staat als ordnende Institution<br />

erforderlich. Darauf aufbauend entwickelte<br />

Christian Thomasius (1655–1728) ein<br />

Staatsverständnis zur Stärkung der Souveränität<br />

des Landesfürsten. Dieser sollte die<br />

Glückseligkeit des einzelnen regeln, die individuellen<br />

und die gesellschaftlichen Interessen<br />

sollten dabei berücksichtigt, aber<br />

ausgeglichen werden. Das Naturrecht<br />

wurde bei ihm zur Frage der inneren Vernunft,<br />

das positive Recht war bindend und<br />

das natürliche Recht galt als Gewissensverpflichtung.<br />

Somit schwächte Thomasius<br />

auch wieder die Bindungskraft des Naturrechts.<br />

Christian Wolff (1679–1754), frühester<br />

Verfechter des modernen freiheitlichen<br />

Rechtsstaats, dennoch Kritiker einer modernen<br />

Demokratie unter Mitwirkung des<br />

aus seiner Sicht noch zu unreifen Volkes, ermöglichte<br />

dennoch erstmals eine ausführliche<br />

und nahtlos ineinandergreifende systematische<br />

Darstellung von Freiheitsrechten,<br />

wodurch er auch auf die nordamerikanischen<br />

Menschenrechtserklärungen einwirkte.<br />

Das deutsche Naturrecht war zwar<br />

nicht revolutionär, aber staatswandelnd.<br />

Anschließend waren Verbindungen zu Kant<br />

erklärbar.<br />

Nach der Auflösung des Heiligen Römischen<br />

Reiches Deutscher Nation im Jahr<br />

1806, in dem vor allem zwei Großmächte,<br />

<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

Der damalige 3. Nationalratspräsident Martin Graf bei seiner Begrüßungsan -<br />

sprache.<br />

Parlamentsdirektion/Bildagentur Zolles KG/<br />

Mike Ranz<br />

nämlich Habsburg<br />

und Preußen, miteinander<br />

rivalisiert<br />

hatten, kam es zur<br />

weit verbreiteten<br />

Fürstenwillkür in<br />

den einzelnen<br />

Kleinstaaten, vergleichbar<br />

mit einem<br />

Flickenteppich, den<br />

seit 1815 bis 1866<br />

in Frankfurt am<br />

Main die Bundesversammlung<br />

des<br />

Deutschen Bundes<br />

zusammenhielt. Der<br />

Deutsche Bund war<br />

kein Parlament im<br />

modernen Sinn,<br />

sondern ein Gesandtengremium<br />

von 39 souveränen<br />

Bundesstaaten, zu<br />

denen auch die vier<br />

Freien Städte<br />

gehörten. In einigen<br />

dieser Einzelstaaten<br />

fanden damals<br />

schon die ersten<br />

Diskussionen<br />

um eine Modernisierung<br />

der Verfassung<br />

unter besonderer<br />

Berücksichtigung<br />

von Grundrechten<br />

statt, so im<br />

damaligen Herzogtum<br />

Nassau (heute<br />

zum Bundesland<br />

Hessen gehörend). Freiherr vom Stein<br />

(1757–1831) als einer der ersten Wortführer<br />

hatte damals großen Anteil am Zustandekommen<br />

dieser Verfassung, und er wurde<br />

unterstützt von jungen Leuten, die sich entweder<br />

zu den damaligen „Deutschen Gesellschaften“,<br />

zum Hoffmann’schen Bund<br />

sowie zu den ersten Burschenschaften beziehungsweise<br />

zu den „Gießener<br />

Schwarzen“ bekannten. Deren Hauptvertreter,<br />

die Brüder August Adolf und Karl<br />

Follen, nahmen weitestgehend Einfluß auf<br />

die Verfassungsentwicklung, vor allem in<br />

Nassau und in Hessen-Darmstadt. Sie fühlten<br />

sich wie die Anhänger der am 12. Juni<br />

1815 in Jena gegründeten Deutschen Burschenschaft<br />

ganz dem freiheitlichen Geist<br />

verpflichtet. Die Burschenschafter waren<br />

beeinflußt durch die Spätfolgen der Französischen<br />

Revolution und die daraus resultierende<br />

Rechts- und Verfassungsentwicklung,<br />

forderten die nationale Einheit<br />

Deutschlands, die Beseitigung von Partikularismus<br />

und Selbstherrlichkeit der Souveräne,<br />

die Partizipation des Volkes und die<br />

sogenannte „Preßfreiheit“. Das waren alles<br />

Optionen, die später, in den Jahren<br />

1848/49, in den Mittelpunkt rückten.<br />

Die Dinghofer-Medaille.<br />

Parlamentsdirektion/Bildagentur Zolles KG/Mike Ranz<br />

1817 jährte sich zum 300. Mal das Reformationsfest,<br />

was die Jenaischen Studenten<br />

dazu veranlaßte, die Wartburg zum Schauplatz<br />

des ersten deutschen Nationalfestes<br />

zu wählen. Der eigentliche Grund war jedoch<br />

der vierte Jahrestag der Leipziger<br />

Völkerschlacht, daher die Festlegung auf<br />

Heft 4 - <strong>2014</strong> 131

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