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Burschenschaftliche Blätter 2014 - 4

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<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

Viva Chile!<br />

Auf Anraten eines befreundeten Verbandsbruders<br />

der Burschenschaft Araucania<br />

Santiago de Chile und der Burschenschaft<br />

Cheruscia Dresden entschloß<br />

ich mich, im vergangenen Jahr meine Bewerbung<br />

für das Chile-Stipendium des<br />

BCB einzusenden, die auch prompt positiv<br />

beantwortet wurde. Als Gastburschenschaft<br />

war natürlich die Araucania<br />

als größte und älteste der Chilenischen<br />

Burschenschaften vorne mit im Rennen<br />

und die persönliche Bekanntschaft mit<br />

dem Araucano Francisco Bahamonde<br />

Birke („Ghollum“) tat ihr übriges. Gesagt,<br />

getan – mit großem Gepäck (unter anderem<br />

Skiausrüstung und Wanderstiefel)<br />

und einem Spanisch-Schnellkurs entstieg<br />

ich im März der Copa-Airlines Maschine<br />

und betrat das erste Mal in meinem Leben<br />

chilenischen Boden.<br />

Da sich mein Kurs-Spanisch direkt nach der<br />

Ankunft als völlig wirkungs- und nutzlos<br />

entpuppte, war ich sehr erleichtert, daß die<br />

Araucania zu meiner Ankunft ein kleines<br />

Vorauskommando zum Flughafen gesandt<br />

hatte. Die beiden Verbandsbrüder sprachen<br />

Deutsch als Muttersprache und so war<br />

ich zu Beginn positiv vom Deutschniveau<br />

„der Chilenen“ überrascht. Wie sich später<br />

herausstellte, sind nicht alle Verbandsbrüder<br />

so firm in der deutschen Sprache wie<br />

die beiden besagten Araucanen. Nach etwas<br />

unterkühlter Ankunft im Araucanenhaus<br />

und der ersten Nacht in einem ordentlichen<br />

Bett nach längerem Flug wurde ich<br />

freundlich aber reserviert den Verbandsbrüdern<br />

vorgestellt. Schnell wurde mir klar,<br />

daß die Sprachbarriere weniger ein reell<br />

vorhandenes (alle Aktiven der Araucanen<br />

sprechen ein gut verständliches Deutsch)<br />

als soziales Phänomen ist. Wenn eben<br />

abends im Kabuff „Chucha la wea!“ ertönt,<br />

nützt es einem wenig um eine kurze Übersetzung<br />

zu bitten. Glücklicherweise brauchten<br />

wir uns nur ein wenig zu beschnuppern<br />

und nach wenigen Wochen fühlte ich mich<br />

bereits pudelwohl bei „meinen“ Chilenen.<br />

Auch die Sprachbarriere sollte nicht von<br />

Dauer sein, eine weibliche chilenische Bekanntschaft,<br />

die glücklicherweise kein<br />

Deutsch und wenig Englisch sprach, lehrte<br />

mich mehr Spanisch (Si po!), als es drei<br />

Wochen Spanischkurs wohl je vermocht<br />

hätten.<br />

Aus dem burschenschaftlichen Leben<br />

Schnell wurde mir klar, daß hier in Chile das<br />

freie Wort wirklich noch gilt. Die Bandbreite<br />

vertretener politischer Meinungen in der<br />

Araucania war für mich faszinierend. Vom<br />

überzeugten Kommunisten bis zum beinharten<br />

Nationalisten waren alle Spektren<br />

politischer Meinungsbildung vertreten. Der<br />

Grundsatz, ein „Bund frei denkender Männer“<br />

zu sein, wird hier wirklich mit Inhalt gefüllt<br />

und bleibt keine Phrase. Davon überzeugt,<br />

als Stipendiat auch etwas für mein<br />

Stipendium tun zu müssen, begann ich bald<br />

mit der Vorbereitung und Durchführung<br />

mehrere Deutschkurse bei den verschiedenen<br />

Burschen- und Mädchenschaften hier<br />

in Chile. Die Lernbereitschaft und Wißbegierigkeit<br />

der Teilnehmer überraschte mich<br />

und ich hoffe, andere Stipendiaten nach<br />

mir werden diese fruchtbare Arbeit fortsetzen.<br />

Auch die Reiselust wurde gestillt, abseits<br />

ausgetretener „Gringo“-Pfade erkundete<br />

ich Argentinien, Paraguay und Bolivien. Besonders<br />

dankbar bin ich aber über drei<br />

großartig verbrachte Wochen im Süden auf<br />

dem Hof der Familie Marchant. Dort habe<br />

ich vielleicht mehr über Chile, seine Geschichte<br />

und seine Menschen gelernt, als es<br />

mir sonst möglich gewesen wäre.<br />

Ich scheide mit mehr als einem weinenden<br />

Auge und vielen guten Freunden im<br />

Gepäck.<br />

Viva Chile!<br />

Heil BCB!<br />

Jörg Sobo lew -<br />

ski<br />

(Gothia Berlin<br />

2010)<br />

X. Bielefelder Ideenwerkstatt zum Thema<br />

Energiewende<br />

„Die Energiewende – Jahrhundertprojekt<br />

zwischen Notwendigkeit, Hysterie und<br />

Machbarkeit“ lautet der Arbeitstitel der<br />

X. Bielefelder Ideenwerkstatt. Am Samstag,<br />

25. Oktober beleuchtete der ehemalige<br />

„ZDF-Wetterfrosch“ Dr. Wolfgang<br />

Thüne, der emeritierte Bielefelder Universitätsprofessor<br />

Dr. Joachim Radkau,<br />

Professor Dr. Lutz Hofmann von der Universität<br />

Hannover sowie Markus Brall das<br />

Themenfeld aus verschiedenen Blickwinkeln.<br />

Nach einer kurzen Einführung durch den Aktivensprecher,<br />

der vor allem auf<br />

(umwelt)rechtliche Probleme einging, startete<br />

Verbandsbruder Brall, Mitglied der Burschenschaft<br />

Normannia-Nibelungen zu Bielefeld,<br />

mit seinem Vortrag. Als Projektentwickler<br />

bei der EFI Wind GmbH begleitet er<br />

den Prozeß von der Planung bis zur Realisierung<br />

einer Windkraftanlage. Wie komplex<br />

die Errichtung einer Windkraftanlage in der<br />

Praxis ist, dürfte viele Zuhörer überrascht<br />

haben: Von den ersten Planungsschritten<br />

bis zur Fertigstellung dauert es mindestens<br />

vier Jahre. Doch nicht nur die Standortsuche,<br />

die baurechtlichen Vorgaben und die<br />

technische Umsetzung stellen große Herausforderungen<br />

dar – um die produzierte<br />

Energie auch dem Endkunden effektiv zur<br />

Verfügung stellen zu können, fehlen in<br />

Deutschland Stromtrassen. Zudem stammen<br />

viele Überlandleitungen zumeist noch<br />

aus den 1950er und 1960er Jahren. Zwar<br />

gibt es für die Windkraftanlagenbetreiber<br />

einen gesetzlichen Anspruch an den Anschluß<br />

an das Stromnetz – der kann jedoch<br />

auch mehrere Kilometer weit von der Anlage<br />

weg sein. Brall weist darauf hin, daß die<br />

politisch gewollte Energiewende ein<br />

Schnellschuß der Regierung war. Im Bereich<br />

der Energieversorgung habe die Politik 20<br />

Jahre Entwicklung verschlafen. Die Mehrkosten<br />

haben nun die Verbraucher zu tragen.<br />

Der Historiker Prof. Dr. Joachim Radkau referierte<br />

über die Kernenergie-Kontroverse<br />

und was man daraus beim Umgang mit der<br />

Energiewende lernen könne. Radkau, einst<br />

selbst Anhänger der Kernenergie, vermittelte<br />

einen geschichtlichen Blick auf die<br />

Bewertung der Kernenergie. So gab es in<br />

den 50er und 60er Jahren ein durchaus positives<br />

Bild in der Gesellschaft zur Kernkraft.<br />

Kritik daran kam komischerweise vor<br />

allem aus der RWE-Konzernspitze. Der<br />

emeritierte Professor der Universität Bielefeld<br />

beschrieb im folgenden, wie sich die<br />

gesellschaftlichen Positionen zur Atomkraft<br />

wandelten. Dabei gab Radkau den Teilnehmern<br />

auch einige amüsante Anekdoten<br />

zum besten. Er verwies aber darauf, daß<br />

bei der Energiepolitik – wie in jedem politischen<br />

Bereich – die jeweiligen Experten<br />

auch meist Lobbyisten für eine Sache sind.<br />

Dieses Problem gelte es zu beachten,<br />

früher wie heute. Denn auch die anscheinend<br />

objektive Wahrheit sei häufig Interessen-gebunden,<br />

des weiteren können sich<br />

auch „Wahrheiten“ als vergänglich<br />

erweisen. Anschließend folgte noch eine<br />

144 Heft 4 - <strong>2014</strong>

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