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JM 4 APRIL<br />
2016<br />
sodann zunächst durch unanfechtbaren Beschluss über<br />
die Zulässigkeit der Individualanträge. Hierbei wäre insbesondere<br />
die Gleichartigkeit der Ansprüche im Vergleich<br />
zu dem von dem Verbraucherverband ausgewählten Musterfall<br />
zu prüfen. Zur weiteren Steigerung der Prozessökonomie<br />
urteilte das Gericht schließlich in einer einzigen<br />
Entscheidung über die Begründetheit sämtlicher Einzelforderungen.<br />
Um die Berechnung der Individualschäden<br />
entscheidend zu simplifizieren, könnten die berechtigten<br />
Anspruchssteller im Wege der Schadensschätzung<br />
in Schadensgruppen eingeteilt werden. Zur Vermeidung<br />
einer überlangen Verfahrensdauer sowie juristisch-administrativer<br />
Hindernisse wird zudem eine Entscheidung im<br />
schriftlichen Verfahren vorgeschlagen. Damit die geschädigten<br />
Verbraucher ihrer Ansprüche nicht verlustig gehen,<br />
wäre schließlich eine Regelung zur Verjährungshemmung<br />
für die Dauer des Kollektivverfahrens vorzusehen.<br />
E. Fazit<br />
Bereits zum jetzigen Zeitpunkt verfügt die deutsche Kartelldeliktsrechtsdogmatik<br />
über sämtliche Voraussetzungen<br />
der Geltendmachung sowohl direkter als auch indirekter<br />
Schäden, die Unternehmen aber auch Verbrauchern im Fall<br />
wettbewerbswidriger Absprachen entstehen können. Vermittels<br />
der vorgeschlagenen Änderungen des Gesetzes gegen<br />
Wettbewerbsbeschränkungen ließe sich in der Zukunft<br />
zudem eine Steigerung der Durchsetzungseffektivität erzielen.<br />
Gelänge es der Bundesrepublik Deutschland, auf diese<br />
Weise eine konkurrenzfähige Regelung vorzulegen, ginge<br />
dies nicht nur mit einer Steigerung der Attraktivität des<br />
eigenen Gerichtsstandortes einher. Auch wünschenswerte<br />
„Nachahmereffekte“ in jenen Mitgliedstaaten der EU, die<br />
sich die deutschen Regelungen bei der – auch materiellrechtlichen<br />
– Umsetzung der Richtlinie 2014/104/EU zu<br />
eigen machen, scheinen nicht ausgeschlossen.<br />
Die Rechtsprechung zur Unwirksamkeit von Eheverträgen<br />
RA und FA für Familienrecht, Notar Dr. K.-Peter Horndasch<br />
Die Vertragsgestaltung im Familienrecht ist nicht nur<br />
für den Notar von Bedeutung; sie ist auch für den beratenden<br />
Rechtsanwalt entscheidend, da er es ist, der bei<br />
notarieller Beurkundung einer unter seiner Mitwirkung<br />
gefundenen Vereinbarung zwischen Eheleuten für die<br />
Richtigkeit, Vollständigkeit, Unzweideutigkeit und die<br />
Angemessenheit der Formulierungen haftet. Der Notar<br />
haftet nur dann, wenn keine anderweitige Ersatzmöglichkeit<br />
gegeben ist, § 19 Abs. 1 Satz 2 BNotO, sog. Subsidiaritätsprinzip.<br />
Wer zu unwirksamen, weil sittenwidrigen Vertragsgestaltungen<br />
im Familienrecht beiträgt, wird für die Folgen zu<br />
haften haben. Umso wichtiger ist es für den beratenden<br />
Rechtsanwalt, nicht nur die Regeln zur Vertragsgestaltung<br />
zu kennen, sondern darüber hinaus zu wissen, wo die Grenzen<br />
der Gestaltungsmöglichkeiten eines Ehevertrages oder<br />
einer Scheidungsfolgenvereinbarung liegen.<br />
A. Die Vertragsgestaltung im Familienrecht<br />
Gegenstand einer Vertragsgestaltung im Familienrecht sind<br />
insbesondere<br />
• Eheverträge,<br />
• Getrenntlebens- und Scheidungsfolgenvereinbarungen,<br />
• sonstige Vorsorgeverträge.<br />
I. Ehevertrag<br />
Nach § 1408 Abs. 1 BGB können Ehegatten ihre güterrechtlichen<br />
Verhältnisse durch Vertrag (Ehevertrag) regeln.<br />
Es ist aber allgemein anerkannt, dass auch andere Vereinbarungen<br />
zwischen Eheleuten getroffen werden können<br />
(Grundsatz der Privatautonomie). Ein rein „güterrechtliches“<br />
Verständnis des Ehevertrages wäre unzutreffend.<br />
Nicht jede Regelung vermögensrechtlicher Verhältnisse im<br />
Rahmen einer Ehe muss „güterrechtlich“ sein und bedarf<br />
demgemäß der Form eines Ehevertrages, wie bspw. der<br />
Kauf einer Immobilie durch Ehegatten – teilweise – aus<br />
Ersparnissen eines Beteiligten und entsprechende Vereinbarung<br />
über die Folgen. Vor allem aber ist der Regelungsinhalt<br />
eines Ehevertrages nicht auf Vereinbarungen zum<br />
Güterrecht beschränkt.<br />
Der Begriff ist in einem weiteren Sinne zu verstehen als<br />
Vereinbarungen im Hinblick auf eine bestehende oder zukünftige<br />
Ehe, die allgemeine Ehewirkungen, das Güterrecht<br />
und/oder die Folgen einer etwaigen Scheidung.<br />
Der Abschluss eines Ehevertrages setzt aber keine bestehende<br />
Ehe voraus, ebenso wenig ein Verlöbnis 1 der zukünf-<br />
1 So aber Brambring, Ehevertrag und Vermögenszuordnung unter Ehegatten,<br />
in seiner Definition, Rn. 6.<br />
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