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Die Monatszeitschrift<br />

„Ein Ehevertrag kann sich in einer Gesamtwürdigung nur<br />

dann als sittenwidrig und daher als insgesamt nichtig erweisen,<br />

wenn konkrete Feststellungen zu einer unterlegenen<br />

Verhandlungsposition des benachteiligten Ehegatten<br />

getroffen worden sind. Allein aus der Unausgewogenheit<br />

des Vertragsinhaltes ergibt sich die Sittenwidrigkeit des gesamten<br />

Ehevertrages regelmäßig noch nicht.“<br />

Kommt aber zur Unausgewogenheit hinzu, dass zum Zeitpunkt<br />

der Beurkundung bspw. eine Krankheitssituation vorgelegen<br />

hat, die zu einem großen persönlichen Druck der<br />

belasteten Partei führte, ist die Sittenwidrigkeit zu bejahen. 57<br />

Eine bevorstehende Operation indiziert eine solche Drucksituation<br />

jedoch nicht. 58<br />

Die Feststellungen zur unterlegenen Verhandlungsposition,<br />

zu einer Situation bei Beurkundung des Ehevertrages, die<br />

durch intellektuelle Unterlegenheit, Abhängigkeit oder eine<br />

Notsituation ohne zumutbaren Ausweg zu Lasten eines<br />

Ehegatten 59 geprägt war, korrespondieren mit der Belehrung<br />

durch den beurkundenden Notar.<br />

Zwar ist nach der Rechtsprechung des BGH nicht schon<br />

deshalb eine subjektive Imparität zu verneinen, weil der<br />

Notar ordnungsgemäß belehrt hat. 60 Der Verfahrensablauf<br />

kann jedoch dazu führen, dass eine subjektive Imparität zu<br />

verneinen ist.<br />

Dies ist dann der Fall, wenn sich der betroffene Ehegatte<br />

etwa lange und mit Vorbesprechungen bei dem Notar über<br />

die Regelungen Gedanken machen und sie für sich abwägen<br />

konnte. Ergibt sich Entsprechendes aus den Hinweisen<br />

zu den Belehrungen des Notars in der Urkunde, wird man<br />

regelmäßig nach der Rechtsprechung des BGH eine subjektive<br />

Imparität und deshalb eine Sittenwidrigkeit des Vertrages<br />

verneinen müssen. 61<br />

Neben umfangreichen Belehrungen können auch lange<br />

andauernde Verhandlungen dazu führen, eine subjektive<br />

Imparität zu verneinen.<br />

So hat der BGH 62 das Vorliegen einer subjektiven Imparität<br />

trotz erheblicher entsprechender objektiver Anhaltspunkte<br />

im Vertrag verneint, weil die Beteiligten monatelang unter<br />

Einschaltung beratender Rechtsanwälte mit Entwurf und Gegenentwurf<br />

über den Inhalt der Urkunde verhandelt hatten. 63<br />

Umgekehrt kann die fehlende Übersendung eines Vertragsentwurfs<br />

64 etwa wegen Überrumpelung 65 für subjektive<br />

Imparität sprechen. Dies wird in der Praxis aber eher die<br />

Ausnahme sein.<br />

IV. Fazit<br />

Eheverträge werden nach der Entwicklung der Rechtsprechung<br />

in Richtung größerer Vertragsfreiheit zukünftig<br />

weniger leicht angreifbar sein, auch wenn der Grundsatz<br />

gleichmäßigen Profitierens am Ergebnis einer Ehe nicht<br />

eingehalten wird. Das Prinzip der Halbteilung ist nicht<br />

Maßstab der Inhaltskontrolle einer Vereinbarung. 66<br />

In der Praxis wird es selten möglich sein, überzeugend<br />

eine für die Annahme der Unwirksamkeit eines Ehevertrages<br />

notwendige „subjektive Imparität“ darzulegen.<br />

Es wird deshalb in vielen Fällen darauf ankommen, im<br />

Wege der Ausübungskontrolle bei Trennung und Scheidung<br />

einer Ehe die ehebedingten Nachteile des betroffenen<br />

Ehegatten so konkret und exakt wie möglich<br />

darzulegen, um die „Schieflage“ zumindest insoweit zu<br />

korrigieren.<br />

57 So bei Alkoholkrankheit, vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 25.10.2005 - 11 UF<br />

424/04 mit zustimmender Anmerkung Bergschneider.<br />

58 OLG Brandenburg, Beschl. v. 28.07.2002 - 9 WF 25/02.<br />

59 BGH, Urt. v. 31.10.2012 - XII ZR 129/10.<br />

60 BGH, Urt. v. 09.07.2008 - XII ZR 6/07.<br />

61 BGH, Urt. v. 09.07.2008 - XII ZR 6/07 m. Anm. Bergschneider; BGH,<br />

Urt. v. 31.10.2012 - XII ZR 129/10.<br />

62 BGH, Beschl. v. 29.01.2014 - XII ZB 303/13; Münch, Ehebezogene<br />

Rechtsgeschäfte, Rn. 768 ff.<br />

63 Vgl. dazu Bergschneider, FamRZ 2014, 727.<br />

64 OLG Dresden, Beschl. v. 27.03.2006 - 23 UF 0107/06, 23 UF 107/06.<br />

65 OLG Hamm, Beschl. v. 20.12.2012 - II-11 UF 180/12, 11 UF 180/12.<br />

66 BGH, Urt. v. 05.11.2008 - XII ZR 157/06.<br />

Hintergrundmusik in Zahnarztpraxen<br />

BGH, Urt. v. 18.06.2015 - I ZR 14/14<br />

Prof. Dr. Hannes Ludyga<br />

A. Problemstellung<br />

Der für das Urheberrecht zuständige 1. Zivilsenat des BGH<br />

entschied mit Urteil vom 18.06.2015 die für die Praxis bedeutende<br />

Frage, ob die Wiedergabe von Hintergrundmusik<br />

im Wartezimmer einer Zahnarztpraxis öffentlich i.S.v. § 15<br />

Abs. 3 UrhG ist. Die derzeitige Fassung von § 15 Abs. 3 UrhG<br />

beruht auf der Umsetzung der RL 2001/29/EG zur Informationsgesellschaft.<br />

1 Die Wiedergabe ist nach der Definition<br />

gem. § 15 Abs. 3 Satz 1 UrhG öffentlich, wenn sie für eine<br />

Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist.<br />

1 Dreier/Schulze, UrhG, 5. Aufl. 2015, § 15 Rn. 37.<br />

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