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JM 4 APRIL<br />
2016<br />
Arbeitsrecht<br />
Arbeitsrechtliche Sonderwege im bezahlten Fußball? (Teil 2*)<br />
VRiBAG a.D. Klaus Bepler<br />
C. Rechtsfolgen einer Nichtbeschäftigung „im Rampenlicht“<br />
Das Urteil des ArbG Mainz behandelt einen zweiten Streitgegenstand,<br />
der in den Urteilsbesprechungen, soweit ersichtlich,<br />
keine Rolle gespielt hat, obwohl auch er eine besondere<br />
Rechtsfrage des Sportarbeitsrechts aufwirft. Heinz<br />
Müller, der bis zum Aufbrechen seiner Verletzung in der<br />
ersten Halbzeit des 11. Spieltages der Spielzeit 2013/2014<br />
in zehn von elf Spielen der 1. Bundesligamannschaft eingesetzt<br />
worden war, war – offenbar nach dem Ausheilen<br />
seiner Verletzung – ab dem 17. Spieltag dem Trainings- und<br />
Spielbetrieb der 2. Mannschaft des TSV Mainz 05 zugewiesen<br />
worden. Sie spielt in der 3. Liga gegen Vereine wie den<br />
FC Viktoria Köln und die SG Sonnenhof Großaspach. Dadurch<br />
waren für ihn im Verhältnis zu einem Einsatz in der<br />
1. Bundesligamannschaft jedenfalls möglicherweise Prämien<br />
in Höhe von 261.000 € ausgefallen, die er im Klagewege<br />
geltend gemacht hat.<br />
Das Arbeitsgericht hat diesen Teil der Klage abgewiesen.<br />
Es hat dies im Wesentlichen damit begründet, der Kläger<br />
hätte selbst dann keinen Anspruch auf einen konkreten,<br />
Punkteprämien auslösenden Einstand im Spielbetrieb<br />
der 1. Mannschaft gehabt, wenn er einen allgemeinen<br />
Anspruch auf Teilnahme an deren Trainings- und Spielbetrieb<br />
habe. Für einen Anspruch des Klägers aus § 162<br />
Abs. 1 BGB habe dieser den ihm obliegenden Beweis nicht<br />
geführt, dass die legitimen, vielfältigen Gründe, an denen<br />
der Trainer seine sportliche Entscheidung ausrichten dürfe,<br />
widerlegt seien, und dass eine persönliche Animosität der<br />
entscheidende Gesichtspunkt gewesen sei.<br />
Diese Begründung mag tragfähig sein, wenn man davon<br />
ausgeht, der Spieler stehe in einem Arbeitsverhältnis auf<br />
unbestimmte Zeit, in dem er eine fortdauernde, in ihrem<br />
Bestand geschützte Existenzgrundlage hat. Konkrete Einwände<br />
gegen diesen Teil des Urteils könnte man auch nur<br />
dann erheben, wenn man den zugrunde liegenden Lebenssachverhalt<br />
und den Inhalt der Beweisaufnahme umfassend<br />
hätte zur Kenntnis nehmen können. Dieser zweite Teil<br />
der angesprochenen Entscheidung bietet aber zumindest<br />
dann Anlass zu einigen ergänzenden sportarbeitsrechtlichen<br />
Erwägungen, wenn man davon ausgeht, dass die<br />
Arbeitsverträge mit Lizenzspielern unter den genannten<br />
Bedingungen wirksam befristet sind.<br />
I. Der modifizierte Beschäftigungsanspruch der<br />
Lizenzfußballer<br />
Jeder Arbeitnehmer hat grds. einen Rechtsanspruch auf<br />
arbeitsvertragsgemäße tatsächliche Beschäftigung. Dieser<br />
Anspruch ist ursprünglich für den künstlerischen Bereich<br />
entwickelt worden 1 und vorrangig auf ideelle Gründe aus<br />
dem Bereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gestützt<br />
worden. 2 Er ist aber heute allgemein anerkannt und gilt sogar<br />
verstärkt, wenn auch das berufliche Fortkommen oder<br />
das Arbeitsentgelt von der tatsächlichen Beschäftigung im<br />
Arbeitsverhältnis abhängig ist.<br />
Damit ist noch wenig für die Antwort auf die Frage gewonnen,<br />
inwieweit dieser allgemeine Beschäftigungsanspruch<br />
auch einen Rechtsanspruch des einzelnen Lizenzspielers<br />
auf einen einen Prämienanspruch auslösenden Einsatz in<br />
einem konkreten Wettkampfspiel der 1. Mannschaft umfasst.<br />
Das BAG hat diese Frage nur selten behandelt und<br />
mit Hinweis auf die Besonderheiten des Berufsbildes eines<br />
Lizenzspielers verneint. 3 Die Teilnahme an Pflichtspielen<br />
stelle sich für den Lizenzspieler nur als eine rechtlich nicht<br />
geschützte Chance dar, mit der die im Wesentlichen unbegrenzte<br />
Freiheit der Vereinsverantwortlichen korrespondiere,<br />
über den Einsatz des Spielers zu entscheiden.<br />
An anderer Stelle wurde schon vor einiger Zeit ausführlich<br />
begründet, 4 dass diese Rechtsauffassung zu weitgehend<br />
ist und einseitig den Interessen der Vereine entspricht. Die<br />
für den Verein ohne Weiteres erkennbare Interessenlage<br />
des Lizenzspielers bei Vertragsschluss schließt es regelmäßig<br />
aus, dem Verein das Recht zu geben, willkürlich<br />
* Fortführung des in jM 2016, 105 ff. veröffentlichten Beitrags.<br />
1 Vgl. hierzu die umfangreichen Nachweise bei Bepler in: Bepler<br />
(Hrsg.), Sportler, Arbeit und Statuten, Herbert Fenn zum 65. Geburtstag,<br />
S. 43, 62.<br />
2 BAG, Urt. v. 10.11.1955 - 2 AZR 591/54 - AP BGB § 611 Beschäftigungspflicht<br />
Nr. 2; BAG, Urt. v. 27.02.1985 - GS 1/84 - NZA 1985, 702.<br />
3 BAG, Urt. v. 22.08.1984 - 5 AZR 539/81 - AP BGB § 616 Nr. 65; im<br />
Ergebnis ebenso BAG, Urt. v. 19.01.2000 - 5 AZR 637/98 - NZA 2000,<br />
771.<br />
4 Bepler in: Bepler (Hrsg.), Sportler, Arbeit und Statuten, Herbert Fenn<br />
zum 65. Geburtstag, S. 43, 69 ff.<br />
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