M 4
1p0A3Ay
1p0A3Ay
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Die Monatszeitschrift<br />
Es ist durchaus zweifelhaft, ob diese Ausführungen der<br />
Ministerin sachlich zutreffen. 10 Sie sind jedenfalls nicht<br />
rechtlich verbindlich. Sie schaffen aber zumindest zunächst<br />
für die betroffenen Vereine eine gewisse tatsächliche Beruhigung,<br />
was die Kontrolle und Durchsetzung des Gesetzes<br />
nach §§ 14 ff. MiLoG durch nachgeordnete Behörden angeht.<br />
Ein Anspruch der Vertragsspieler auf den gesetzlichen<br />
Mindestlohn wird aber durch die Aussage der Ministerin<br />
nicht ausgeschlossen.<br />
Die Ministerin hat mit ihren Ausführungen an den Begriff<br />
der Ehrenamtlichkeit nach § 22 Abs. 3 MiLoG angeknüpft,<br />
wie er im Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales<br />
niedergelegt wurde. 11 Danach ist von einer ehrenamtlichen<br />
Tätigkeit immer dann auszugehen, wenn sie nicht von der<br />
Erwartung einer adäquaten finanziellen Gegenleistung,<br />
sondern von dem Willen geprägt ist, sich für das Gemeinwohl<br />
einzusetzen. Der Ausschussbericht spricht ausdrücklich<br />
auch Amateur- und Vertragsspieler an, die nicht unter<br />
den Arbeitnehmerbegriff des Gesetzes fielen, wenn ihre ehrenamtliche<br />
sportliche Betätigung und nicht die finanzielle<br />
Gegenleistung für ihre Tätigkeit im Vordergrund stehe. Auch<br />
diese Rechtsausführungen sind nicht rechtlich verbindlich,<br />
auch wenn sie die subjektiven Vorstellungen der Abgeordneten<br />
wiedergeben, die das Gesetz letztlich verabschiedet<br />
haben. Denn das Gesetz selbst bestimmt den Begriff der<br />
ehrenamtlichen Tätigkeit nicht näher. Es gibt auch keinen<br />
Anhaltspunkt dafür, dass der für die Anwendbarkeit des<br />
MiLoG entscheidende Gegenbegriff der Tätigkeit als Arbeitnehmer<br />
durch das Gesetz im vorliegenden Zusammenhang<br />
modifiziert werden sollte.<br />
Dafür, dass Vertragsspieler, die typischerweise eine monatliche<br />
Vergütung zwischen 250 und 450 € erhalten, Arbeitnehmer<br />
im allgemeinen Sinne sind, spricht zumindest der<br />
achtseitige Mustervertrag für Vertragsspieler in unteren<br />
Spielklassen, der von den Mitgliedsverbänden des DFB im<br />
Internet zur Verfügung gestellt wird. Dort heißt es z.B.:<br />
„§ 1<br />
…<br />
3. Der Spieler verpflichtet sich, an allen Spielen und Lehrgängen,<br />
am Training – sei es allgemein vorgesehen oder<br />
sei es besonders angeordnet –, an allen Spielerbesprechungen<br />
und sonstigen, der Spiel- und Wettkampfvorbereitung<br />
dienenden Veranstaltungen teilzunehmen. Dies gilt auch,<br />
wenn ein Mitwirken als Spieler oder Ersatzspieler nicht in<br />
Betracht kommt.<br />
4. Er verpflichtet sich zudem, während seiner Tätigkeit für<br />
den Verein (Spiele, Training, Reisen) auf Wunsch des Vereins<br />
ausschließlich die zur Verfügung gestellten Vertragsprodukte<br />
des Ausrüsters zu tragen. …“<br />
In dem Vertragsformular ist u.a. weiter vorgesehen, dass der<br />
Spieler dem Verein die Verwertung seiner Persönlichkeitsrechte<br />
gestattet, soweit sein Vertragsverhältnis als Spieler<br />
betroffen ist, dass der Trainer die trainingsfreie Zeit mit Rücksicht<br />
auf den Spielplan bestimmt, dass der Vertrag, der auch<br />
die Möglichkeit von zusätzlichen Einsatzprämien vorsieht,<br />
befristet abgeschlossen wird und es unter bestimmten Bedingungen<br />
ein außerordentliches Kündigungsrecht gibt.<br />
Dass für den Vertragsspieler bei der Erfüllung eines solchen<br />
Vertrages in der Regel der Spaß am Sport und die Förderung<br />
des Gemeinwohls oder zumindest der ideellen Ziele des<br />
Vereins im Vordergrund stehen, demgegenüber die finanzielle<br />
Gegenleistung für die Sportausübung keine wesentliche<br />
Rolle spielt, kann nicht angenommen werden. 12 Realistischer<br />
ist die Annahme, dass der Spieler, wenn er nur als<br />
Minijobber tätig ist, seinen Spaß am Sport auslebt und seine<br />
hier gegebenen Fähigkeiten nutzt, um seine Einkommenssituation<br />
in einem Teilzeitarbeitsverhältnis zu verbessern.<br />
Es kann in diesem Zusammenhang nur empfohlen werden,<br />
das angebotene Vertragsformular von arbeitsverhältnistypischen<br />
Pflichten und sonstigen Vertragsklauseln zu befreien,<br />
bevor man es nutzt, will man einigermaßen plausibel<br />
eine ehrenamtliche Tätigkeit – mit dem ganz vorrangigen<br />
Ziel, die für die Ausübung einer Mannschaftssportart unerlässliche<br />
Verlässlichkeit der Teilnahme sicherzustellen –<br />
vertraglich abbilden.<br />
10 A.A. z.B. Walker, SpuRt 2015, 94 ff.<br />
11 BT-Drs. 18/2010 (neu), S. 15.<br />
12 Hierzu im Einzelnen und überzeugend Walker, SpuRt 2015, 94 ff.<br />
Reichweite der Bindung des Berufungsgerichts<br />
nach Zurückverweisung<br />
LArbG Hamm, Urt. v. 22.01.2015 - 17 Sa<br />
1617/14<br />
RA Dr. Wulf Gravenhorst<br />
A. Problemstellung<br />
Wie weit reicht die Bindungswirkung gem. § 563 Abs. 2<br />
ZPO, wenn das Revisionsgericht nach Auffassung des Berufungsgerichts<br />
die entscheidungserhebliche Kündigungserklärung<br />
trotz Fehlens einer verletzten „Rechtsnorm“ i.S.v.<br />
§ 546 ZPO selbst ausgelegt und überdies versäumt hat,<br />
seine von einem anderen Senat abweichende Rechtsauffassung<br />
dem Großen Senat vorzulegen?<br />
154