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Die Monatszeitschrift<br />
Damit werden aber auch Alleinerziehende nicht etwa durch<br />
das Ehegattensplitting benachteiligt. Sie leben gerade in<br />
keiner Erwerbsgemeinschaft, deren Schutz das Splitting dienen<br />
könnte. Man kann freilich fragen, ob es Aufgabe der<br />
Gemeinschaft der Steuerzahler ist, faktische Nachteile der<br />
Entscheidung für die Lebensform „Alleinerziehend“ durch<br />
monetäre Leistungen in Gestalt von Steuervergünstigungen<br />
auszugleichen. Die ggf. zu kompensierende faktische<br />
Schlechterstellung ist aber keine Konsequenz des Splittings.<br />
Insoweit wäre primär zu konkretisieren, durch welche monetären<br />
Lasten jenseits des Kindesexistenzminimums, das via<br />
Kinderfreibeträge / Kindergeld berücksichtigt ist, Alleinerziehende<br />
mehr belastet sind als erziehende Eltern. Es geht hier<br />
wohl um eine persönliche Einschränkung der individuellen<br />
Entfaltungsfreiheit, die aus der Alleinzuständigkeit für das<br />
Kind resultiert. Monetär abbildbar ist dies unter Umständen<br />
durch gesteigerte Fremdbetreuungskosten, die aber – wie<br />
auch bei Eltern – nach tatsächlichem Anfall und je nach<br />
beruflicher oder privater Veranlassung als erwerbs- oder<br />
existenzsichernder Aufwand berücksichtigt werden sollten.<br />
Neben einem erwerbs- und aufwandsunabhängigen Betreuungsbedarf<br />
als Teil des familiären Existenzminimums 13<br />
sollte es eine von diesem Bedarf unabhängige Kategorie des<br />
erwerbsbedingten Betreuungsaufwands geben. Aufwendungen<br />
für Fremdbetreuung während der Arbeitszeit sollten in<br />
der tatsächlich entstehenden Höhe als Werbungskosten (§ 9<br />
EStG) abziehbar sein. Nur die volle Abziehbarkeit des beruflichen<br />
Mehraufwands trägt dem Ziel der Vereinbarkeit von<br />
Berufstätigkeit und Familie hinreichend Rechnung. Darüber<br />
hinaus bietet die Abziehbarkeit erwerbsbedingten Betreuungsaufwands<br />
als Werbungskosten die Möglichkeit, durch<br />
Kinderbetreuungskosten entstandene Verluste mit positiven<br />
Einkünften späterer Jahre zu verrechnen. Von dieser Möglichkeit<br />
profitieren insbesondere auch Alleinerziehende. 14<br />
Aus Verfassungsgründen (Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1<br />
GG) geboten ist der Abzug von erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten<br />
insoweit, als die finanzielle Leistungsfähigkeit<br />
der Eltern durch erwerbsbedingten Betreuungsaufwand<br />
tatsächlich gemindert ist. Als zwangsläufige Aufwendungen<br />
müssen gerade erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten<br />
in realitätsgerechter Höhe steuerlich abziehbar sein. 15 In<br />
der Einzelausgestaltung kann der Gesetzgeber typisierend<br />
erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten der Höhe nach<br />
begrenzen; 16 sie um eine zumutbare Eigenbelastung –<br />
vergleichbar § 33 Abs. 1 EStG – zu kürzen, wäre dagegen<br />
verfassungswidrig. 17 Im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit<br />
kann der Gesetzgeber freilich wählen, ob er erwerbsbedingte<br />
Kinderbetreuungskosten „wegen ihrer Veranlassung durch<br />
die Erwerbstätigkeit [der Eltern] den Werbungskosten und<br />
Betriebsausgaben zuordnet oder durch eine spezielle Norm<br />
[…] die private (Mit-)Veranlassung – die elterliche Entscheidung<br />
für Kinder, die eine Betreuung erst erforderlich macht<br />
– systematisch in den Vordergrund stellt“. 18<br />
Der Betreuungsfreibetrag einerseits (§ 32 Abs. 6 EStG),<br />
der den allgemeinen kindesbedingten Betreuungsbedarf<br />
wiedergibt, und die erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten<br />
andererseits stellen unterschiedliche, voneinander<br />
unabhängige Kategorien dar. 19 Jenseits des Abzugs von erwerbsbedingten<br />
Kinderbetreuungskosten wäre der Abzug<br />
erwerbsunabhängiger Kinderbetreuungskosten als Sonderausgaben<br />
(§ 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG) nicht erforderlich, da diese<br />
Kosten bereits als vom allgemeinen Betreuungsfreibetrag<br />
(§ 32 Abs. 6 EStG) umfasst angesehen werden können. Der<br />
Umstand aber, dass Alleinerziehende unter Umständen vom<br />
anderen Elternteil keine faktische, ggf. auch mentale Unterstützung<br />
haben, führt eher zu einer psychischen Belastung,<br />
die aber im Steuersystem im Bereich der Sonderausgaben<br />
oder der außergewöhnlichen Belastungen zu verorten ist.<br />
Insoweit ist der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende gem.<br />
§ 24b EStG, der rückwirkend zum 01.01.2015 um 600 € auf<br />
1.908 € angehoben wurde und nunmehr nach der Kinderzahl<br />
gestaffelt ist, 20 nicht zu beanstanden.<br />
Jenseits dessen könnte man freilich überlegen, das Splitting<br />
ersatzlos entfallen zu lassen und jedes Individuum im<br />
Sinne einer reinen Individualbesteuerung gleich zu behandeln.<br />
Bei einer Individualbesteuerung der Ehegatten müssten<br />
jedoch die ehelichen Unterhaltsverpflichtungen steuerrechtlich<br />
abgebildet werden. Das steuerliche Ergebnis<br />
würde sich dann kaum vom geltenden Recht unterscheiden.<br />
Entsprechend der hälftigen Aufteilung des Ehegatteneinkommens<br />
nach unterhaltsrechtlichen Gesichtspunkten<br />
wären die – die subjektive Leistungsfähigkeit mindernden –<br />
Unterhaltsverpflichtungen jeweils hälftig zu berücksichtigen.<br />
Das Einkommen des einkommensstärkeren Ehegatten<br />
und das des einkommensschwächeren würden addiert und<br />
auf beide gleich verteilt. Soweit bei sehr hohen Einkommen<br />
angesichts einer unterhaltsrechtlichen Sättigungsgrenze<br />
keine hälftige Aufteilung mehr erfolgt, wäre eine höhenmäßige<br />
Begrenzung des aus dem Ehegattensplitting resultierenden<br />
steuerlichen Vorteils möglich.<br />
13 BVerfG, Beschl. v. 10.11.1998 - 2 BvR 1057/91, 1226/91, 980/91 -<br />
BVerfGE 99, 216, 235; vgl. dazu §§ 31, 32 EStG.<br />
14 Vgl. BT-Drs. 17/6122, S. 4.<br />
15 BVerfG, Beschl. v. 16.03.2005 - 2 BvL 7/00 - BVerfGE 112, 268, 282.<br />
16 BFH, Urt. v. 05.07.2012 - III R 80/09 - BFHE 238, 76, 83 mit Verweis<br />
auf BFH, Urt. v. 09.02.2012 - III R 67/09 - BFHE 237, 39.<br />
17 BVerfG, Urt. v. 16.03.2005 - 2 BvL 7/00 - BVerfGE 112, 268, 280 f.<br />
18 BVerfG, Urt. v. 16.03.2005 - 2 BvL 7/00 - BVerfGE 112, 268, 281 f.<br />
19 Bei unangemessenem Aufwand gilt § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG.<br />
20 Der Entlastungsbetrag steigt für das zweite und jedes weitere zu berücksichtigende<br />
Kind zusätzlich um 240 € jährlich (sog. Erhöhungsbetrag<br />
n.F.).<br />
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