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Die Monatszeitschrift<br />

Zum anderen verkennt das Gericht die Voraussetzungen für<br />

einen Drittschutz der Norm, wie sie vom BGH entwickelt<br />

worden sind. 8<br />

Maßgebend für einen Drittschutz ist der Schutzzweck, dem<br />

die Amtspflicht nach den sie begründenden und umreißenden<br />

Vorschriften und nach der besonderen Natur des Amtsgeschäfts<br />

dienen soll. 9 Generell ist zu konstatieren, dass<br />

eine Amtspflicht nur dann drittschützende Wirkung i.S.d.<br />

§ 839 BGB entfaltet, wenn sie gerade im Interesse einzelner<br />

Staatsbürger oder einer individualisierten Personengruppe<br />

zu erfüllen ist und nicht lediglich der Aufrechterhaltung der<br />

öffentlichen Ordnung und dem Schutz des Allgemeininteresses<br />

des Gemeinwesens dient. 10 Erforderlich ist, dass die<br />

Amtspflicht einerseits gerade das verletzte Rechtsgut und<br />

gerade (zumindest) auch dessen Inhaber schützen soll. 11<br />

Nach allgemeiner Auffassung ist eine Drittbezogenheit in<br />

dreierlei Hinsicht erforderlich: Die Amtspflicht muss überhaupt<br />

Drittwirkung haben, der Geschädigte muss dem zu<br />

schützenden Personenkreis angehören und das konkret<br />

betroffene Interesse muss durch die Amtspflicht geschützt<br />

werden. 12<br />

Dass die Amtspflicht vorliegend überhaupt Drittwirkung hat,<br />

wird auch vom OLG Dresden nicht in Abrede gestellt. Der<br />

persönliche Schutzbereich ist eröffnet, wenn der Zweck der<br />

Vorschrift zumindest auch die Wahrnehmung der Interessen<br />

des Einzelnen ist, wenn eine besondere Beziehung zwischen<br />

der verletzten Amtspflicht und dem geschädigten Dritten<br />

besteht 13 in dem Sinn, dass dessen Belange nach Zweck<br />

und rechtlicher Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt<br />

und gefördert werden sollen und er zu einem erkennbar<br />

abgegrenzten Personenkreis gehört, auf dessen Interessen<br />

in qualifizierter und individualisierter Weise Rücksicht zu<br />

nehmen ist 14 . Hierfür ist die unmittelbare Beteiligung am<br />

Amtsgeschäft allerdings ebenso wenig notwendige Voraussetzung<br />

wie ein Rechtsanspruch des Betroffenen auf die<br />

streitgegenständliche Amtshandlung. 15 Wenn in den Gesetzesmaterialien<br />

16 davon die Rede ist, dass durch die Regelung<br />

den Eltern ermöglicht werden soll, Beruf und Familie besser<br />

zu vereinbaren, dann wird durch die Regelung des Gesetzes<br />

zumindest auch der Zweck verfolgt, die Interessen der<br />

Eltern zu schützen und diesen im Falle der Gewährung des<br />

Kita-Platzes die berufliche Tätigkeit neben der Erziehung des<br />

Kindes zu ermöglichen. Ebenso soll – ganz grundsätzlich –<br />

den Eltern, dabei insbesondere den Frauen, die faktische<br />

Wahl ermöglicht werden, wie sie die Betreuung ihres Kindes<br />

im Einzelnen gestalten. 17 Dieses gesetzgeberische Ziel hat<br />

gesetzessystematisch auch in den Fördergrundsätzen nach<br />

§ 22 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII Eingang gefunden. Daraus folgt,<br />

dass durch die Amtspflicht auch Rechtsgüter und Interessen<br />

der Eltern geschützt werden sollen. Dass die Eltern in den abgegrenzten<br />

individualisierten Personenkreis gehören, kann<br />

daneben auch daraus geschlossen werden, dass sie in aller<br />

Regel die Ansprüche nach den entsprechenden Vorschriften<br />

als gesetzliche Vertreter durchsetzen.<br />

Darüber hinaus kann richtiger Ansicht nach auch eine mittelbare<br />

Betroffenheit eines nicht am Amtsgeschäft Beteiligten<br />

ausreichen, wenn die Interessen des Dritten nach der<br />

besonderen Natur des Amtsgeschäfts durch dieses berührt<br />

werden. 18 Zumindest diese mittelbare Betroffenheit ist vorliegend<br />

anzunehmen, da die Nicht-Zurverfügungstellung<br />

eines Kita-Platzes nach der Natur dieses Amtsgeschäfts<br />

zwingend in die Interessen der gesetzlich vertretungsberechtigten<br />

Eltern eingreifen muss und die Nichtförderung<br />

des Kindes damit auch dem Fördergrundsatz nach § 22<br />

Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII widerspricht.<br />

Mayer hat zudem mit einem anderen Begründungsansatz<br />

nachgewiesen, dass der Drittschutz der Amtspflicht auch<br />

für die Erziehungsberechtigten gilt, die in das durch § 24<br />

Abs. 2 SGB VIII begründete öffentlich-rechtliche Schuldverhältnis<br />

einbezogen seien, da auch deren Interessen an einer<br />

Vereinbarkeit von Beruf und Familie gesetzlich geschützt<br />

seien, wie § 22 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII belege. 19 Die vom BGH<br />

geforderte besondere Beziehung zwischen geschützter<br />

Amtspflicht und den geschädigten Erziehungsberechtigten<br />

liegt daher auch nach dieser Ansicht vor. 20<br />

E. Ausblick<br />

Das Oberlandesgericht hat die Revision zugelassen. Sie ist<br />

mittlerweile anhängig. 21 Es bleibt zu hoffen, dass der BGH<br />

in letzter Instanz im Sinne der Familien entscheiden wird.<br />

Jede andere Entscheidung würde das vom OLG Dresden als<br />

gesetzgeberisches Ziel in den Vordergrund gestellte „Kindeswohl“<br />

in der Konsequenz letztlich konterkarieren.<br />

8 Z.B. BGH, Urt. v. 08.11.2012 - III ZR 293/11.<br />

9 BGH, Urt. v. 26.01.1989 - III ZR 194/87 - BGHZ 106, 323 ff. (331).<br />

10 Zimmerling in: jurisPK-BGB, § 839 Rn. 94.<br />

11 Zimmerling in: jurisPK-BGB, § 839 Rn. 94 m.w.N.<br />

12 Zimmerling in: jurisPK-BGB, § 839 Rn. 96.<br />

13 BGH, Urt. v. 08.11.2012 - III ZR 293/11.<br />

14 Sprau in: Palandt, § 839 Rn. 44.<br />

15 So mit Recht Rixen, NZFam 2015, 919.<br />

16 BT-Drs. 16/9299 und 16/10173.<br />

17 BT-Drs. 16/9299, S. 12.<br />

18 Zimmerling in: jurisPK-BGB, § 839 Rn. 98.<br />

19 Mayer, VerwA 2013, 381 und 382 (zum kausalen Schaden im Rahmen<br />

des Amtshaftungsanspruchs).<br />

20 Mayer, VerwA 2013, 381.<br />

21 Beim BGH unter Az.: III ZR 302/15.<br />

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