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JM 4 APRIL<br />
2016<br />
III. Zusammenfassung und Ausblick<br />
Veranlasst durch aktuelle Ereignisse wurde hier nur ein kleiner<br />
Ausschnitt der Fragen aus dem Bereich des berufsmäßig<br />
ausgeübten Mannschaftssports Fußball angesprochen, für<br />
die sich die Frage nach einem Sonderweg im Arbeitsrecht<br />
stellt. Die Ursachen dafür, dass sich diese Fragen stellen,<br />
sind vielfältig. Hier waren nur einige Besonderheiten anzusprechen:<br />
Ein diese Form der Berufsausübung besonders<br />
prägendes Leistungsprinzips; die außerordentlich hohe Vergütung;<br />
eine mit der Praxis des allgemeinen Arbeitsrechts<br />
im Widerspruch stehende, hier aber im ganz Wesentlichen<br />
unangefochtene arbeitsvertragliche Üblichkeit; und – am<br />
Rande – ein international vernetzter und von supranational<br />
gesetzten Regeln abhängiger Arbeitsmarkt. Manch anderes<br />
mag hinzukommen. 5<br />
Wegen der eingangs angesprochenen Befristungsproblematik<br />
ist auf die Möglichkeit hingewiesen worden, hier mit Hilfe<br />
von Tarifverträgen eine größere Flexibilität zu erreichen. 6<br />
Diese Möglichkeit würde angesichts der tarifwilligen und<br />
wohl auch tariffähigen Spielergewerkschaft Vereinigung<br />
der Vertragsfußballspieler (VdV) zumindest in Betracht kommen.<br />
Diese Spielergewerkschaft existiert seit 1987 und hat<br />
nach eigenen Angaben mehr als 1.300 Mitglieder. Bislang<br />
haben der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und die Deutsche<br />
Fußball Liga (DFL) zwar wohl noch nicht den Schritt getan,<br />
sich als Arbeitgeberverband zu konstituieren oder eine derartige<br />
Unterorganisation auszugliedern, sodass derzeit nur<br />
Haustarifverträge mit den einzelnen Vereinen oder deren<br />
Trägerunternehmen möglich sein dürften. Die Gründung eines<br />
oder mehrerer Arbeitgeberverbände dürfte aber keine<br />
rechtlich unüberwindbaren Schwierigkeiten bereiten.<br />
Die Tariföffnungen im Befristungsrecht allein werden den<br />
Bedürfnissen im Sportarbeitsrecht vermutlich nicht genügen.<br />
Aufgrund der für Tarifverträge geltenden Angemessenheitsvermutung<br />
würden aber möglicherweise auch von<br />
Tarifvertragsparteien installierte besondere Sachgründe für<br />
eine Befristung im Profifußball einer gerichtlichen Kontrolle<br />
leichter standhalten. Dies dürfte insbesondere dann naheliegen,<br />
wenn solche Regelungen Teil eines in sich abgewogenen<br />
tariflichen Regelungspakets sind.<br />
Eine noch weitergehende rechtliche Berücksichtigung<br />
besonderer Umstände, wie es sie nur im Berufssport in<br />
Mannschaftssportarten gibt, könnte sich ergeben, wenn<br />
der Gesetzgeber die in § 101 Abs. 2 ArbGG abschließend<br />
aufgezählten Möglichkeiten für den Abschluss tarifvertraglicher<br />
Einzelschiedsvereinbarungen 7 („Bühnenkünstler,<br />
Filmschaffende oder Artisten“) entsprechend erweiterte<br />
und die Tarifvertragsparteien für den Profifußball hiervon<br />
Gebrauch machten. Eine Erweiterung „Bühnenkünstler,<br />
Filmschaffende, Artisten und Berufssportler in Mannschaftssportarten“<br />
(oder: „im Fußballsport“) hätte zwar<br />
nicht die besondere Legitimation durch die grundgesetzlich<br />
geschützte Kunstfreiheit des Art. 5 Abs. 3 GG. Eine solche<br />
Regelung würde aber für eine weitere Form höchst atypischer<br />
Berufsausübung im Hochverdienerbereich, für die in<br />
anderen Zusammenhängen immer wieder die Arbeitsverhältnisse<br />
der Bühnenkünstler vergleichend herangezogen<br />
werden, eine besondere, die Erkenntnis und Berücksichtigung<br />
spezieller Interessenlagen eröffnende Rechtsfindung<br />
durch Spezialisten ermöglichen. 8 Eine Kontrolle durch die<br />
Gerichte für Arbeitssachen wäre dadurch nicht gänzlich<br />
ausgeschlossen (§ 110 Abs. 1 ArbGG).<br />
D. Mindestlohn für Vertragsfußballer<br />
Abschließend nur ein kurzer Hinweis auf eine Rechtsfrage<br />
am anderen Ende der Skala des bezahlten Fußballs, bei den<br />
Vertragsfußballern oder „Vertragsamateuren“.<br />
Ausweislich einer Pressemitteilung des Deutschen Olympischen<br />
Sportbundes hat die Bundesministerin für Arbeit und<br />
Soziales bei einem Gespräch am 13.02.2015 „klargestellt,<br />
dass Amateur-Vertragsspieler und andere ehrenamtlich<br />
Engagierte nicht unter die Mindestlohnregelung fallen“.<br />
Bei den sog. Vertragsamateuren im Fußball handelt es sich<br />
nach der Pressemitteilung um Mitglieder in Vereinen, die<br />
eine geringe Bezahlung für ihre Spieltätigkeit erhalten, in<br />
der Regel als Minijobber. Die Ministerin führte dazu aus:<br />
„Das zeitliche und persönliche Engagement dieser Spieler<br />
zeigt eindeutig, dass nicht die finanzielle Gegenleistung,<br />
sondern die Förderung des Vereins und der Spaß am Sport<br />
im Vordergrund stehen. Für diese Vertragsspieler ist daher<br />
auch dann kein Mindestlohn zu zahlen, wenn sie mit einem<br />
Minijob ausgestattet sind“. 9<br />
5 Wegen der sich aus dem besonderen Refinanzierungsbedarf der<br />
großen Klubs ergebenden, auch arbeitsrechtlichen Problemen für<br />
das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Berufssportler vgl. Bepler in<br />
Nolte (Hrsg.), Neue Bedrohungen für die Persönlichkeitsrechte von<br />
Sportlern, S. 9.<br />
6 Heink/Hemmeter, SpuRt 2015, 192; allgemeiner hierzu schon Klose/<br />
Zimmermann, Tarifvertrag als Regelungsinstrument: Perspektive für<br />
den deutschen Sport, in Bepler (Hrsg.), Sportler, Arbeit und Statuten,<br />
Herbert Fenn zum 65. Geburtstag, 2000, S. 137.<br />
7 Für bürgerliche Streitigkeiten aus einem Arbeitsverhältnis in den<br />
bestimmten im Gesetz aufgeführten Berufsfeldern wird den Tarifvertragsparteien<br />
die Möglichkeit an die Hand gegeben, die Arbeitsgerichtsbarkeit<br />
– grds. – auszuschließen.<br />
8 Verf. dankt für eine in diese Richtung gehende mündliche Anregung<br />
Herrn stud. iur. Alexander Koch, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.<br />
9 Bei dem Gespräch ging es auch um in den Vereinen gegen geringes<br />
Entgelt tätige Übungsleiter und Platzwarte, für die wohl auch gesagt<br />
wurde, sie unterfielen dem MiLoG nicht. Hierzu soll vorliegend nicht<br />
Stellung genommen werden.<br />
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