2011-04_kl
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Philosophisches<br />
Bezeichnung des Schubladendenkens! Von Ereignissen und<br />
Erlebnissen werden nur Schnipsel gespeichert.<br />
In jungen Jahren findet sich häufig ein Ersatz für erlittene<br />
Verluste, im Alter sind es dann die Ersatzteile für<br />
Zähne, Haare und Gelenke. Die Verluste beginnen bei der<br />
überwiegenden Zahl der Menschen mit den Milchzähnen,<br />
enden, wenn man Pech hat, mit dem Verlust des Verstandes,<br />
spätestens aber mit dem Ableben. Alles Verlieren dazwischen<br />
reiht sich auf, wie an einer kürzeren oder längeren<br />
Perlenschnur. Angeblich kann ich alles, was mir widerfährt,<br />
in einer Weise fühlen, formen, verwandeln und nutzen, so<br />
dass ich davon profitiere, egal ob es sich um Verluste ideeller<br />
oder materieller Natur handelt. Was ein Verlust ist und<br />
was er für den Einzelnen bedeutet, stellt sich unterschiedlich<br />
dar.<br />
Robert Schumann hat ein<br />
Stück komponiert mit dem Titel:<br />
„Erster Verlust“. Es geht um<br />
ein Vögelchen seiner Tochter. Er<br />
fütterte es mit Grieß<strong>kl</strong>ößchen und<br />
das hat dem Vögelchen den Garaus<br />
gemacht.<br />
Kurt Biedenkopf empfand den<br />
Verlust von Karl-May-Büchern,<br />
die er auf der Flucht zurüc<strong>kl</strong>assen<br />
musste, als das bis dahin größte<br />
Missgeschick. Das war 1992.<br />
Jens Peter Jakobsen führt aus:<br />
„Der Glaube an einen lenkenden<br />
strafenden Gott ist die letzte Illusion<br />
der Menschheit, wenn auch<br />
die verloren geht, dann ist er <strong>kl</strong>üger<br />
geworden, aber auch reicher,<br />
glüc<strong>kl</strong>icher“?<br />
„Freunde, ich habe einen Tag<br />
verloren“, <strong>kl</strong>agt Titus, nachdem<br />
er einen Tag lang nichts Denkwürdiges<br />
vollbracht hatte.<br />
„Meistens lehrt uns erst der<br />
Verlust über den Wert der Dinge.“<br />
(Schopenhauer)<br />
„Während wir durchs Leben<br />
gehen, halten wir nach dem fehlenden<br />
Teil unseres Ichs Ausschau.<br />
Manchmal haben wir Glück und<br />
erkennen in jemand anderen unser<br />
verloren gegangenes Stück<br />
Selbst.“ (Paulo Coelho)<br />
„Wo ist die Weisheit, die wir im<br />
Wissen und das Wissen, welches<br />
wir in der Information verloren<br />
haben?“, fragt T. S. Eliotz.<br />
„Dinge hinausschieben, damit<br />
bestiehlt man die Gegenwart“.<br />
(Seneca)<br />
„Nichts riskieren heißt, einen nicht abschätzbaren Verlust<br />
hinzunehmen“. (Theo Lehmann)<br />
„Wie viel geht nicht auf so langem Weg verloren, Gesundheit,<br />
Kraft, selbst Neigung und Fähigkeit, Einfaches<br />
zu genießen, dessen Duft am leichtesten verflüchtigt, eben<br />
weil er der Feinste ist.“ (Alexander von Villers)<br />
Allem die Krone auf setzt Nietzsche: „Es gibt Verluste,<br />
welche der Seele eine Erhabenheit mitteilen, bei der sie sich<br />
des Jammerns enthält und sich, wie unter hohen, schwarzen<br />
Zypressen, schweigend ergeht.“<br />
Fest steht, ohne Kompensation, Verwandlung und Sublimierung<br />
ist die menschliche Existenz nicht auszuhalten.<br />
Erika Krumm<br />
4/<strong>2011</strong> 25 Jahre durchblick 43