Essay Die Sonde hat den Vorteil der guten Bilanzierung von Kalorien und Flüssigkeitsmenge, die Dauer der Nahrungsaufnahme ist kurz, es können Medikamente über die Sonde verabreicht werden, aber es fehlt die persönliche Zuneigung und Begleitung beim Essen, es fehlt die soziale und persönliche Bindung zu dem Menschen, der z.B. füttern müsste, gemeinsames Essen hat schließlich auch eine soziale Funktion, es fehlt der angenehme Geschmack, der das Wasser im Munde zusammenlaufen lässt, es fehlt die Vorfreude auf das Essen, es fehlt der Duft aus der Küche, der freudig den Magen schon auf das Essen vorbereitet. Zweifellos ist die Anlage einer Magensonde ein wesentlicher therapeutischer Fortschritt. Doch sollte die Indikation zur operativen Anlage dieser Sonde strenger gestellt werden. Personalmangel und Pflegeerleichterung in den Altersheimen gehören nicht zu den Indikationen. Im Hospiz haben natürlich die Gäste auch oft Magensonden oder werden anderweitig z.B. durch Infusionen künstlich ernährt. Hier ist die Situation aber völlig anders, das Denken über die Notwendigkeit der Sonde hat sich geändert, die Indikationsstellung ist eine andere. Früher war man der Meinung, die Sondenernährung könne auch in dieser Situation Hospiz die Lebenserwartung verlängern, das emotionale Wohlbefinden erhalten und die körperliche Schwäche bessern. Diese Annahmen sind zwischenzeitlich eindeutig widerlegt worden. Die Minderung der Aufnahme von Nahrung und Flüssigkeit ist ein Teil des natürlichen Sterbeprozesses, Durst und Hungergefühl haben hier eine völlig andere Wertigkeit. Außerdem ist hier zu beachten, ob bezüglich der künstlichen Ernährung in einer Patientenverfügung konkrete Aussagen gemacht worden sind. Der Patient muss eingewilligt haben, die Anlage einer Magensonde ist ein ärztlicher Eingriff in die Integrität des Körpers und das Legen einer Sonde stellt in diesem Zusammenhang eine lebensverlängernde Maßnahme dar, die ausdrüc<strong>kl</strong>ich vom Patienten verlangt worden sein muss, andernfalls handelt es sich um ein Rechtsvergehen, das heißt, wenn der Wunsch des Patienten nicht ausdrüc<strong>kl</strong>ich berücksichtigt worden ist. Im Hospiz bestehen diesbezüglich praktisch nie Probleme beim Einstellen der künstlichen Ernährung, es wird immer mit den Angehörigen und mit dem Gast, so weit er selber noch aktiv an der Entscheidung teilnehmen kann, besprochen. Hunger- und Durstgefühl sind in der Sterbephase immer schwer zu beurteilen, gute Pflege, Mundpflege, Befeuchten der Zunge sind oft besser als 500 Kalorien durch die Sonde. Wenn der Gast im Hospiz das Essen und Trinken verweigert, signalisiert er nicht unbedingt dadurch, dass er nicht mehr leben möchte, allerdings ist der Umkehrschluss, also die Verabfolgung einer Zwangsernährung, ebenso problematisch. Das Legen einer Magensonde ist immer schwierig, die Entscheidung muss immer personen- und situationsbezogen getroffen werden. Es gibt sicher zahlreiche, logisch nachvollziehbare Begründungen für das Anlegen einer Magensonde, wenn krankheitsbedingt der normale Schluckakt nicht mehr möglich ist. Es kann aber auch durchaus einmal möglich sein, dass die Magensonde wieder entfernt werden kann, wenn sich die ursächliche Krankheit gebessert hat, wenn z.B. der Patient nach dem Schlaganfall das Schlucken wieder gelernt hat. Die Magensonde war also in diesem Falle sehr hilfreich gewesen. Das sogenannte Wachkoma ist eine unerlässliche Indikation für eine Magensonde. Das Wachkoma ist eine schwere Funktionsstörung des Gehirns, wo z.B. bei einem Unfall große Anteile des Gehirns zerstört worden sind. Der Patient ist scheinbar wach, liegt mit offenen Augen da, der Blick ist starr geradeaus oder gleitet hin und her ohne Fixationspunkt. Anfassen, Ansprechen, Vorhalten von Gegenständen bleiben ohne Reaktion, es sind keine Flucht- oder Abwehrreaktionen zu provozieren. Vegetative Elementarfunktionen sind erhalten, dazu gehört z.B. der Schluckreflex (nicht immer), dennoch ist die Nahrungsverwertung erheblich gemindert, sodass die Kranken bald hochgradig abmagern und dementsprechend künstlich ernährt werden müssen. Dieser Zustand kann über sehr viele Jahre anhalten, der Kranke kann aber aus seinem Wachkoma erwachen, wobei dann immer erhebliche Defizite bleiben, der Patient ist dauerhaft schwerst hirngeschädigt. Nach den Grundsätzen der Bundesärztekammer ist ein Wachkomapatient zwar ein nicht einwilligungsfähiger, aber auch kein sterbender Patient und muss nach den Grundsätzen der medizinischen Ethik mittels einer Magensonde ernährt werden. Ein schwieriges Problem ist der Demenzkranke und die Magensonde. Alle vorhandenen Studien bezüglich der künstlichen Ernährung bei fortgeschrittener Demenz haben keine Hinweise dafür gegeben, dass die durch diese Maßnahme angestrebten Therapieziele erreicht werde können. Es zeigen sich keine Hinweise auf eine Lebensverlängerung, eine Verbesserung des Ernährungszustandes, Verbesserung der Lebensqualität, Verbesserung der Wundheilung von Geschwüren durch aufliegen. Daher wurde schon vor Jahren der Leitsatz ausgesprochen: das Missverhältnis zwischen Vorteilen und Nachteilen der künstlichen Ernährung begründet die Empfehlung, dass künstliche Ernährung bei Patienten mit fortgeschrittener Demenz nicht angewendet werden soll. Es sind nur wenige Situationen angesprochen worden, in denen es um die Frage der Sinnhaftigkeit der Anlage einer Magensonde ging. Eigentlich kann man keine Regeln oder Gebrauchsanweisungen aufstellen, es wird immer viele Unabwägbarkeiten geben. Ist es eine medizinisch sinnvolle und angemessene Maßnahme, geht es um eine Therapiebegrenzung, geht es um Lebensqualität oder etwa um Sterbehilfe? Viele unbewusste Wertungen schwingen mit. Vorabge<strong>kl</strong>ärt werden müssen die naturwissenschaftlichen Aspekte, die Vorsituation muss ge<strong>kl</strong>ärt werden, die gegenwärtige Befindlichkeit und besonders die Zielsetzung. Die Selbstbestimmung darf nicht außer acht gelassen werden (Frage der Patientenverfügung). Entscheidung für oder gegen eine Sonde wird immer schwierig bleiben. Es ist nur zu hoffen, dass hier das Wohl des Patienten das einzige Kriterium bleiben wird. 62 25 Jahre durchblick 4/<strong>2011</strong>
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