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Neues vom Antisemitismus: Zustände in Deutschland

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) Die »Deutsche Freischar« und die konfessionellen Bünde<br />

Die Mehrzahl der Bünde und ihrer Mitglieder 4 sah <strong>in</strong> dem »neuen Adel«, der bei<br />

den Völkischen qua Rassenaufzucht erreicht werden sollte, eher e<strong>in</strong>e geistige und<br />

ästhetische Qualität, die durch Erziehung <strong>in</strong> den Bünden erreicht werden sollte.<br />

Der Begriff des Adels war weit verbreitet, mystisch-verklärt hatte er se<strong>in</strong>en Bezugspunkt<br />

<strong>in</strong> Vorstellungen von e<strong>in</strong>er verschütteten Vorzeit, die unter dem Titel<br />

»<strong>Neues</strong> Reich« wieder zum Leben erweckt werden sollte. 5 Hier war umstritten,<br />

welche Rolle das Blut zu spielen hätte. Während die e<strong>in</strong>en assimilierten Juden<br />

durchaus zugestanden, auch Teil dieses neuen Adels werden zu können, bestanden<br />

die anderen auf e<strong>in</strong>em Volkstum, das auf dem Blut basiere. Die Juden sollten wieder<br />

zu eigenem Volkstum zurückf<strong>in</strong>den, sich also eben nicht assimilieren, weil nur<br />

unverfälschte Völker mit- und nebene<strong>in</strong>ander leben könnten. Ziel war die Trennung<br />

von Deutschen und Juden, nicht aber die »Entfernung« letzterer, wie Hitler<br />

se<strong>in</strong>e Vernichtungsphantasien euphemistisch umschrieb. Auch setzte man eher auf<br />

die E<strong>in</strong>sicht <strong>in</strong> die Notwendigkeit dieser Trennung und darauf, dass auch die jüdischen<br />

Jugendlichen Bünde zur Selbsterziehung im S<strong>in</strong>ne ihres eigenen Volkstums<br />

gründen würden. 6<br />

c) Die jungkonservativen Bünde (Jungnationaler Bund, Großdeutscher Bund)<br />

Die jungkonservativen Bünde standen <strong>in</strong> ihrer Positionierung eher den kulturellästhetischen<br />

Bünden nahe. 7 Jedoch wurde hier das eigene Volk höher bewertet als<br />

<strong>in</strong>sbesondere die slawischen Völker – wenn auch nicht rassisch begründet, sondern<br />

mit e<strong>in</strong>er »geistigen Höherwertigkeit«. Mit ihrer Forderung nach e<strong>in</strong>er deutschen<br />

Vormachtstellung <strong>in</strong> Europa dokumentierten sie gleichwohl e<strong>in</strong>e »Herrenrassen-Mentalität«,<br />

die für Anschlussfähigkeit an die Nationalsozialisten sorgte,<br />

deren nationalrevolutionärem Flügel sie sich nahe sahen.<br />

4 In der Deutschen Freischar waren 1929 ca. 12.000 Jugendliche Mitglied, sie war damit der größte und politisch<br />

pluralste Bund.<br />

5 Erwähnt zum Beispiel im »Weißen Ritter«, der Zeitschrift des gleichnamigen Bundes, der sich bereits 1919 gegründet<br />

hatte und wohl als »erster Bund neuen Typs« bezeichnet werden kann, bevor sich die Idee des Bundes<br />

verbreitete. Die eigentliche Zeit der Bünde begann 1923.<br />

6 Was z. T. ebenfalls aus bürgerlichen Kreisen kommende jüdische Jugendliche auch taten, vor allem im Zuge der<br />

Entstehung e<strong>in</strong>es zionistisch orientierten jüdischen Vere<strong>in</strong>slebens im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts, besonders<br />

<strong>in</strong> der Weimarer Republik. Ironischerweise waren die entsprechenden jüdischen Bünde mit ihren Siedlungsprojekten<br />

im damaligen Paläst<strong>in</strong>a wesentlich erfolgreicher als etwa der Bund Artam <strong>in</strong> Ostpreußen und Schlesien.<br />

7 Auch hier e<strong>in</strong> paar Zahlen: Der legendäre Jungnationale Bund – Bund deutscher Jugend hatte ebenfalls Ende der<br />

20er ca. 7 000 Mitglieder. Insgesamt dürften diesem Spektrum nicht viel mehr Mitglieder zuzurechnen se<strong>in</strong>, da<br />

andere Bünde wie der »Großdeutsche Bund« vor allem als Abspaltungen des Junabu entstanden. Nach kurzzeitiger<br />

Fusion mit der Deutschen Freischar zu Pf<strong>in</strong>gsten 1930 (im Angesicht der erstarkenden HJ), von der nach kurzer<br />

Zeit wieder die Trennung erfolgte, nannte man sich »Freischar junger Nation«.<br />

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