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Neues vom Antisemitismus: Zustände in Deutschland

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mith<strong>in</strong> für viele auch ke<strong>in</strong>e Zukunft. Wer kann, der flieht <strong>in</strong> den Westen. Zurück<br />

bleiben Alte und m<strong>in</strong>der Qualifizierte. Me<strong>in</strong>e Beschreibung ist holzschnittartig.<br />

Aber sie beschreibt e<strong>in</strong> reales Problem, das weder durch die Polizei noch durch<br />

die Justiz gelöst werden kann.<br />

Viele Menschen fühlen sich entwürdigt, zunehmend auch <strong>in</strong> westlichen Regionen.<br />

Sie fühlen sich machtlos gegenüber den Verhältnissen. Sie wollen sich erheben.<br />

Und sie erheben sich gegen andere, <strong>in</strong>dem sie diese erniedrigen. Das ist ke<strong>in</strong>e<br />

Rechtfertigung. Aber das ist e<strong>in</strong>e offene Andockstelle, die zum Beispiel von der<br />

NPD oder von rechtsextremistischen Kameradschaften offensiv genutzt wird.<br />

6. Nun komme ich noch e<strong>in</strong>mal auf den aktuellen Vorfall <strong>in</strong> Mügeln zurück. Er ist<br />

nämlich durchaus typisch und das auf zwei Ebenen. Ich beg<strong>in</strong>ne mit der lokalen<br />

Ebene. Der Bürgermeister wiegelte sofort ab. Rechtsextremismus gebe es <strong>in</strong> Mügeln<br />

nicht, schon gar ke<strong>in</strong>en organisierten, auch ke<strong>in</strong>e Ausländerfe<strong>in</strong>dlichkeit. Zur<br />

Er<strong>in</strong>nerung: 50 Teilnehmer e<strong>in</strong>es Volksfestes hatten plötzlich acht Inder gejagt.<br />

Ich kannte Mügeln bis dah<strong>in</strong> nicht. Also machte ich mich kundig. Nach e<strong>in</strong>er<br />

halben Stunde wusste ich: Vor wenigen Jahren gab es <strong>in</strong> Mügeln e<strong>in</strong>en Jugendclub,<br />

den Rechtsextreme für sich als »national-befreite Zone« reklamiert hatten.<br />

Die NPD wurde zuletzt von fast zehn Prozent aller Wähler gewählt. Und im Ort<br />

ist noch immer e<strong>in</strong> Versandhandel registriert, der unter anderem CDs mit fremdenfe<strong>in</strong>dlicher<br />

Hass-Musik vertreibt.<br />

E<strong>in</strong> Bürgermeister, der das nicht wahrhaben will, ist wirklich auf dem rechten<br />

Auge bl<strong>in</strong>d. Aber das Problem liegt wiederum tiefer. Offensichtlich gibt es wirklich<br />

ke<strong>in</strong>e organisierte rechtsextreme Szene, die das Pogrom von Mügeln vorbereitet<br />

hat. Die nationale Volksseele hatte sich unorganisiert Luft gemacht. Das ist<br />

viel schlimmer. Und der örtliche Bürgermeister f<strong>in</strong>det noch immer, er und se<strong>in</strong><br />

Mügeln würden diffamiert.<br />

7. Nun zur zweiten Ebene, die der Bundespolitik. Sie reagierte nicht besser, sondern<br />

nach erprobtem Muster. Erst schwappte die Empörung hoch. Dann folgten<br />

wechselseitig parteipolitische Schuldzuweisungen. Wie zu erwarten, wurde debattiert,<br />

ob das Thema Rechtsextremismus besser beim Familienm<strong>in</strong>isterium oder<br />

beim Innenressort aufgehoben sei. Und dann folgte der Seitwärtsschritt: Nun<br />

müsse die NPD endlich verboten werden.<br />

Die Bundesebene reagierte also ke<strong>in</strong>en Deut besser als die Politik vor Ort.<br />

Auch die Medien agierten wie gewohnt. Sie wallten auf, und nach e<strong>in</strong>er Woche<br />

war alles wieder weg, raus aus den Schlagzeilen und raus aus dem S<strong>in</strong>n. Damit<br />

b<strong>in</strong> ich bei me<strong>in</strong>er dritten These: Rechtsextremismus, Rassismus und <strong>Antisemitismus</strong><br />

werden noch immer vorwiegend als Vorfall behandelt, nicht aber als permanente<br />

Herausforderung.<br />

Wieder nehme ich alle Initiativen, Bündnisse und Organisationen aus dieser<br />

Kritik heraus, die sich alltäglich rechtsextremistischen Strategien und Praktiken<br />

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