Neues vom Antisemitismus: Zustände in Deutschland
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meisten wäre es e<strong>in</strong>e Unterstellung, würde man sie e<strong>in</strong>er (gewollten oder ungewollten)<br />
Gleichsetzung bezichtigen.<br />
In dieser grundsätzlichen Sicht zum <strong>Antisemitismus</strong> s<strong>in</strong>d Rechtsextremisten <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>er komfortableren Situation als etwa noch vor zehn Jahren. Und sie nutzen sehr<br />
aufmerksam jede Gelegenheit, die sich bietet, zur Herstellung e<strong>in</strong>er (sche<strong>in</strong>baren)<br />
Übere<strong>in</strong>stimmung mit demokratischen Kräften.<br />
Nur e<strong>in</strong>ige Stichworte: Solidarität mit antiamerikanischen Demonstrationen<br />
gegen den ersten und später den zweiten Irak-Krieg; die Aufforderung an die neukonstituierte<br />
Partei DIE LINKE, e<strong>in</strong>e antikapitalistische »Querfront« aufzubauen<br />
(mit Verweis auf die Brüder Strasser); Bildung e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen Front im<br />
Kampf gegen die Weltbedrohung des Islams (geme<strong>in</strong>t ist eigentlich der Islamismus);<br />
Unterstützung der verbreiteten Sicht, dass der Kampf gegen den <strong>Antisemitismus</strong><br />
angesichts e<strong>in</strong>er zunehmenden Islamophobie <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> nicht mehr so<br />
wichtig sei usw.<br />
Zu den problematischsten und deshalb wesentlich deutlicher zu problematisierenden<br />
antisemitischen Ersche<strong>in</strong>ungen <strong>in</strong> der sogenannten Mitte der Gesellschaft<br />
<strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> rechne ich <strong>in</strong> der Gegenwart den gedanken- oder bedenklosen Gebrauch<br />
e<strong>in</strong>es der ältesten antisemitischen Klischees, des Vergleichs »der Juden«<br />
mit Ungeziefer aller Art. E<strong>in</strong> weiteres, längeres Zitat aus e<strong>in</strong>em sehr lesenswerten<br />
Buch: »An vielen Tierarten (wie Blutegel, Heuschrecke, Raubbiene, Raupe,<br />
Sp<strong>in</strong>ne, Wurm). Gefährlichen Krankheiten (wie Pest, Cholera, Krebs) und <strong>in</strong> – zumeist<br />
unspezifischen – Pflanzenbildern (Riesenschmarotzergewächs, Schmarotzerpflanze,<br />
Wucherpflanze) werden im 19. Jahrhundert bis zur Nazi-Zeit Motive<br />
des Anklammerns, E<strong>in</strong>bohrens, Festsetzens, E<strong>in</strong>nistens, Festrankens, des Aussaugens,<br />
Zerfressens, Zersetzens, Erstickens, Überwucherns, der raschen Vermehrung,<br />
unkontrollierbaren Ausbreitung, des wuchernden Wachstums, aber auch die<br />
zu ergreifenden ›Gegenmaßnahmen‹ des Unschädlichmachens, Entfernens, Ausschneidens,<br />
Vertilgens <strong>in</strong> drastischer Anschaulichkeit entfaltet. Als entscheidende<br />
Entwicklung der Bildlichkeit seit Beg<strong>in</strong>n der Emanzipationszeit ist dabei weniger<br />
die qualitative Ausdifferenzierung der traditionellen spätmittelalterlichen und<br />
frühneuzeitlichen Ungeziefer-, Unkraut- und Krankheitsmetaphern <strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelmotiven<br />
bzw. umfangreichen ›Metaphernfeldern‹ oder ihre quantitative Zunahme anzusehen<br />
als vielmehr ihre ›logische‹ Fortführung <strong>in</strong> der Verknüpfung mit anderen<br />
Metaphernfeldern wie ›Sterben‹ und ›Verwesung‹ bzw. ›Heilung‹ oder ›Säuberung‹.<br />
(...) An dieser Stelle sei er<strong>in</strong>nert, dass massiver Ungezieferbefall von<br />
›Kammerjägern‹ u. a. durch ›Vergasen‹ bekämpft wird, dass ›Gärtner‹ wucherndes<br />
Unkraut ›mit Stumpf und Stiel‹ ausreißen und ›Ärzte‹ mit seuchenhygienischen<br />
Maßnahmen (›Isolierung‹) bei ansteckenden, mit unterschiedlichen chirurgischen<br />
E<strong>in</strong>griffen (›Amputation‹, ›Herausschneiden‹) bei Tumorkrankheiten<br />
reagieren. Die Geschichte zeigt, dass die Aberkennung der Menschenwürde mit<br />
impliziten Tötungsappellen verbunden ist: Im Dritten Reich sollte der ›zersetzende<br />
jüdische Krebs‹ aus dem ›Fleisch des deutschen Volkskörpers‹ herausge-<br />
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