Das Handwerk im Nationalsozialismus - Handwerkskammer ...
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Auf dem Weg nach Auf dem Europa<br />
Weg nach Europa<br />
1955 – 1966: Die <strong>Handwerk</strong>skammer wird<br />
zum Dienstleister<br />
Die Nachkriegskrise ist überwunden – zumindest<br />
dokumentieren dies diverse Geschäftsberichte<br />
jener Zeit. Doch das heißt<br />
nicht, dass das <strong>Handwerk</strong> keine Sorgen<br />
mehr hat. Der Geschäftsbericht für 1955 bis<br />
1957 etwa hat zum Generalthema die Nachwuchsausbildung.<br />
<strong>Das</strong> <strong>Handwerk</strong> leidet<br />
schwer unter Nachwuchsmangel, bei allem<br />
wirtschaftlichen Erfolg sei deshalb die Zukunft<br />
gefährdet. Die schon Ende der 40er Jahre<br />
angekündigten »schwachen« Jahrgänge<br />
verringern die Zahl der Schulabgänger.<br />
1955 machen 9.742 Jugendliche <strong>im</strong> Kammerbezirk<br />
eine <strong>Handwerk</strong>slehre, zwei Jahre<br />
später nur noch 7.805. Davon streben die<br />
meisten in Metallberufe, <strong>im</strong>mer weniger in<br />
den Baubereich.<br />
Die in Krisenzeiten so sehr begehrten<br />
Nahrungsmittelberufe sind kaum gefragt.<br />
1955 gibt es 425 Bäckerlehrlinge, zwei Jahre<br />
später nur 252. Ähnlich sieht es bei den<br />
Metzgern, bei Herrenschneidern (116 bzw.<br />
70), Schuhmachern (77 bzw. 44) und Wagnern<br />
(21 bzw. 8) aus. Im Trend liegen Berufe<br />
wie Elektromechaniker, Installateure oder<br />
Radio- und Fernsehelektriker (721 Lehrlinge).<br />
Auch Landmaschinenhandwerker (76) und<br />
Kfz-Mechaniker haben mehr Auszubildende<br />
(651).<br />
Um der drohenden Nachwuchskatastrophe<br />
entgegenzuwirken, untern<strong>im</strong>mt die Kammer<br />
große Anstrengungen. Sie sucht den<br />
engen Kontakt zu Meistern, Eltern, Schule<br />
und Arbeitsverwaltung, macht sich Gedanken<br />
über die Qualität der Ausbildung. Nach<br />
wie vor sieht das <strong>Handwerk</strong> die Berufsausbildung<br />
nicht nur als rein fachliche Veranstaltung,<br />
sondern als Kombination von<br />
100 Jahre <strong>Handwerk</strong>skammer Reutlingen<br />
beruflicher Bildung und erziehender Le-<br />
bensphase. Aber nicht jeder alteingesessene<br />
Meister kann den Zeichen der Zeit folgen<br />
und den kritischer werdenden Jugendlichen<br />
ein verständnisvoller Begleiter sein.<br />
Daher wird in der von der Kammer 1953<br />
geänderten Meisterprüfung der Erziehung<br />
mehr Raum gegeben. So soll der Tatsache<br />
Rechnung getragen werden, dass, so die<br />
Erkenntnis des <strong>Handwerk</strong>s, zwischen seelischer<br />
und körperlicher Reife der jungen<br />
Menschen eine <strong>im</strong>mer größer werdende<br />
Lücke klafft, was zu »seelischer Unausgeglichenheit«<br />
führe. <strong>Das</strong> müsse der Meister<br />
wissen, um dem Jugendlichen Halt zu sein,<br />
ihm Selbstwert zu verleihen und aus seiner<br />
jugendlichen Verschlossenheit herauszuholen.<br />
»Neue Technologien und<br />
Nachwuchsmangel müssen<br />
buchstäblich »gemeistert« werden«<br />
Die Weiterbildung wird <strong>im</strong>mer stärker gefördert.<br />
Zahlreiche Zusatz- und Vorbereitungskurse<br />
werden von Kammer, Gewerbeförderung<br />
und Innungen angeboten. Dabei<br />
stehen nicht nur fachliche Aspekte auf der<br />
Tagesordnung, sondern auch politische.<br />
Beispiel: Auf dem Programm der Lehrlingsausbildungswoche<br />
in Inzigkofen steht für<br />
Dienstag, 14. Januar 1958, 14:00 Uhr: »Bolschewistische<br />
Herausforderung«. Die großen<br />
politischen Fragen beschäftigen eben<br />
auch das <strong>Handwerk</strong>.<br />
Im neuen Bezirk der <strong>Handwerk</strong>skammer<br />
Reutlingen – nach Gründung des neuen<br />
Bundeslandes Baden-Württemberg (Südweststaat)<br />
wird zunächst der frühere Bezirk<br />
1956:<br />
Die Hermann-Eberhardt-<br />
Stiftung wird nach<br />
Ausscheiden des<br />
Namensgebers aus der<br />
<strong>Handwerk</strong>skammer<br />
Reutlingen ins Leben<br />
gerufen; aus ihr gehen<br />
jährlich 2000 Mark an<br />
verdiente Obermeister.<br />
21. Februar 1957:<br />
Bundestag verabschiedet<br />
Gesetz zur Bekämpfung<br />
der Schwarzarbeit.<br />
25. März 1957:<br />
Frankreich, Italien,<br />
Belgien, Niederlande,<br />
Luxemburg und die<br />
Bundesrepublik<br />
Deutschland schließen<br />
EWG-Vertrag.<br />
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