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Das Handwerk im Nationalsozialismus - Handwerkskammer ...

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Auf dem Weg nach Europa<br />

Verstaatlichung des <strong>Handwerk</strong>s<br />

<strong>Das</strong> <strong>Handwerk</strong> in der Deutschen Demokratischen Republik<br />

Während die <strong>Handwerk</strong>er <strong>im</strong> Westen<br />

Deutschlands mit einer demokratischen<br />

<strong>Handwerk</strong>sordnung rechnen können, werden<br />

in der DDR die historischen Strukturen<br />

des <strong>Handwerk</strong>s systematisch ausgehebelt.<br />

Reiner Hohn scheint das am 9. August 1950<br />

von der provisorischen Volkskammer erlassene<br />

»Gesetz zur Förderung des <strong>Handwerk</strong>s«.<br />

<strong>Das</strong> <strong>Handwerk</strong> wird auf Kleinbetriebe<br />

beschränkt: »In den <strong>Handwerk</strong>s- und<br />

Kleinindustriebetrieben dürfen nicht mehr<br />

als zehn Personen beschäftigt werden«.<br />

Außerdem wird der Große Befähigungsnachweis<br />

stark eingeschränkt. Die Meisterprüfung<br />

berechtigt nicht mehr ohne weiteres<br />

zur selbstständigen Ausübung eines<br />

<strong>Handwerk</strong>sberufs, sondern ist nur noch<br />

Voraussetzung für die Erteilung einer entsprechenden<br />

Genehmigung. Mit enorm<br />

hoher Besteuerung, strengen Vorschriften<br />

für Preiskalkulation und Materialeinkäufe<br />

wird jeglicher privatwirtschaftlicher Initiative<br />

ein Riegel vorgeschoben.<br />

Die Aufgaben der <strong>Handwerk</strong>skammern<br />

werden stark eingeschränkt. Die Lehrlingsausbildung<br />

und die Abnahme der Gesellenund<br />

Meisterprüfungen wird mit der »Verordnung<br />

über die Umbildung der Vertretungen<br />

des <strong>Handwerk</strong>s« vom 20. August 1953 unter<br />

die Kontrolle des Volksbildungsministeriums<br />

gestellt.<br />

Der Druck auf das <strong>Handwerk</strong>, sich in<br />

Produktionsgemeinschaften zusammenzuschließen,<br />

wird <strong>im</strong>mer größer. Mit der<br />

Verordnung über die Produktionsgemeinschaften<br />

des <strong>Handwerk</strong>s (PGH) vom 18. Au-<br />

gust 1955 werden die noch privatwirtschaftlich<br />

arbeitenden <strong>Handwerk</strong>er vor die<br />

schlichte Wahl gestellt, zu Lohnempfängern<br />

des Staates zu werden, oder durch systematischen<br />

Ausschluss von Aufträgen und<br />

Materiallieferungen in den sicheren Ruin<br />

getrieben zu gehen. Wie stark der Druck auf<br />

das Privathandwerk ist (für das Betriebsgenehmigungen<br />

aus »volkswirtschaftlichen<br />

Gründen« übrigens jederzeit widerrufen<br />

oder verweigert werden können), zeigt die<br />

Gehe<strong>im</strong>anweisung des Ostberliner Oberbürgermeisters<br />

Ebert vom Januar 1956:<br />

»..., dass es zu den selbstverständlichen<br />

Pflichten aller Organe der Staatsmacht (...)<br />

gehört, Aufträge (...) grundsätzlich nur<br />

volkseigenen und genossenschaftlichen<br />

Betrieben zu erteilen.«<br />

Bis 1960 steigt die Zahl der PGH von 75<br />

auf 3.878. Fast 75.000 private <strong>Handwerk</strong>sbetriebe<br />

geben auf. Über 8.500 <strong>Handwerk</strong>smeister<br />

fliehen bis 1960 in den Westen.<br />

Der Verfall und Mangel wegen fehlender<br />

<strong>Handwerk</strong>sarbeit wird von der Bevölkerung<br />

– teils in Leserbriefen – heftig kritisiert. Mit<br />

Erfolg: bis 1972 wird die Verstaatlichung<br />

des <strong>Handwerk</strong>s nur halbherzig betrieben.<br />

Dann aber werden rund 8.000 PGH in<br />

»Volkseigene Betriebe« (VEB) umfunktioniert.<br />

Die <strong>Handwerk</strong>skammern werden vollkommen<br />

der SED-Wirtschaftspolitik untergeordnet,<br />

ihre Aufgaben auf die Führung<br />

der <strong>Handwerk</strong>srolle, der Gewerberolle oder<br />

auch des Verzeichnisses der PGH beschränkt.<br />

Bei der Meisterprüfung wirken<br />

sie nur noch mit.<br />

Die Wende <strong>im</strong> DDR-<strong>Handwerk</strong> bezeichnet der<br />

Politbüro-Beschluss vom 12. Februar 1976.<br />

Durch Erteilung der Gewerbegenehmigungen<br />

soll die Zahl der Betriebe erweitert und<br />

die Ausbildung von Lehrlingen besonders<br />

gefördert werden. Selbst Erich Honecker<br />

bekennt sich 1977 gegenüber dem Zentralkomitee<br />

der SED zum »unentbehrlichen<br />

<strong>Handwerk</strong>«.<br />

Schon vor der Wiedervereinigung stehen<br />

die Reutlinger <strong>Handwerk</strong>er den Kollegen<br />

mit Rat und Tat zur Seite<br />

Die Wiedervereinigung 1990 wird vom <strong>Handwerk</strong><br />

der Region mit großer Begeisterung<br />

aufgenommen. Noch vor dem endgültigen<br />

staatlichen Zusammenschluss macht es sich<br />

die Reutlinger Kammer zur Aufgabe, über<br />

die noch trennenden Grenzen hinweg den<br />

<strong>Handwerk</strong>ern in der DDR mit Rat und Tat zur<br />

Seite zu stehen. Besonders Hauptgeschäftsführer<br />

Roland Haaß macht sich dieses<br />

Tätigkeitsfeld zum persönlichen Anliegen.<br />

Schon bei der Herbstvollversammlung<br />

1989 des DHKT in Reutlingen spricht sich<br />

die <strong>Handwerk</strong>sorganisation für eine wirkungsvolle<br />

Unterstützung von <strong>Handwerk</strong><br />

und Mittelstand in der DDR aus. Dieser Entscheidung<br />

liegt die Überzeugung zu Grunde,<br />

dass der politische, wirtschaftliche und<br />

gesellschaftliche Wandel in der DDR auf<br />

Dauer nur gelingt, wenn ein breites Fundament<br />

aus Klein- und Mittelbetrieben aufgebaut<br />

werden kann. <strong>Das</strong> Engagement der<br />

112 100 Jahre <strong>Handwerk</strong>skammer Reutlingen

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