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Das Handwerk im Nationalsozialismus - Handwerkskammer ...

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als erwartet. Macht aber nichts. Denn da ist<br />

Ruth Z<strong>im</strong>mermann. Die begrüßt Besucher mit<br />

einem offenen Lächeln und sagt: »Kommen<br />

Sie rein, wir haben ein offenes Haus.« Und<br />

während Hündin Nelly abwechseln am Bauch<br />

gekrault werden oder mit dem zerbissenen<br />

Tennisball spielen will, klappert Ruth Z<strong>im</strong>mermann<br />

in der Küche, kocht Kaffee, legt<br />

frisch gewaschene Handtücher zusammen<br />

und erzählt. Von dem offenen Haus. Von den<br />

vielen jungen Leuten, die hier arbeiten, lernen<br />

und <strong>im</strong> Garten sitzen. Von den vielen<br />

Sprachen, die dann das Klingen des Hammers<br />

in der Schmiede unterbrechen. Englisch<br />

sprechen sie und Japanisch. Finnisch und<br />

Französisch. Manchmal, lacht Ruth Z<strong>im</strong>mermann,<br />

manchmal ist es eine Diskussion mit<br />

Händen und Füssen. Die aber nie unverständlich<br />

ist. Denn <strong>im</strong>mer, erklärt die quirlige<br />

Frau, sind da die Hände, die Formen schaffen.<br />

Formen mit einer ganz eigenen Sprache.<br />

Aber einer Sprache, die keine Wörterbücher<br />

braucht. »Wir haben hier so viel, das erzählen<br />

kann«, sagt Ruth Z<strong>im</strong>mermann und ihre<br />

Hand mit dem eben zusammengelegten<br />

Handtuch zeigt nach draußen in den Garten.<br />

»Man muss nur hinsehen, jedes Mal so, als<br />

ob man ein Blatt, eine Blume zum ersten Mal<br />

sieht.« Ihre Augen blitzen, als sie das sagt.<br />

Denn Ruth Z<strong>im</strong>mermann sagt damit mehr, als<br />

ihre Liebe und ihre Achtung zur Natur. Ruth<br />

Z<strong>im</strong>mermann sagt damit die Liebe und die<br />

Achtung zu ihrem Mann. <strong>Das</strong> gegenseitige<br />

Verständnis. Gewachsen sicher auch aus<br />

Wurzeln einer langen Ehe. Und aus dem gemeinsamen<br />

Wirken, dem gemeinsamen Verständnis<br />

für die Arbeit mit Form und Funktion.<br />

Und als sie das sagt, klappert die Haustür.<br />

Paul Z<strong>im</strong>mermann kommt nach Hause.<br />

Wer jetzt einen großen, polternden Mann<br />

100 Jahre <strong>Handwerk</strong>skammer Reutlingen<br />

Anhang<br />

erwartet, einen, wie man ihn sich eben so<br />

vorstellt als Schmied, der am Amboss steht<br />

und dem harten Eisen eine neue Form gibt,<br />

der wird stutzig. Eher schmächtig ist Paul<br />

Z<strong>im</strong>mermann. Mit blitzenden Augen und<br />

grauem Bart. Mit ruhiger St<strong>im</strong>me und mit<br />

einer Sprache, die man nicht in einer<br />

Schmiedewerkstatt erwartet. Eher <strong>im</strong> Hörsaal<br />

einer Universität. Denn was Paul Z<strong>im</strong>mermann<br />

über seine Arbeit sagt, das könnte<br />

genau so gut von einem Professor der<br />

Philosophie stammen – einem Philosophen<br />

freilich, der mit beiden Beinen <strong>im</strong> Leben<br />

steht. Einem, der nicht abhebt. Denn obwohl<br />

die Tore und Grabzeichen, die Kerzenständer<br />

und Denkmale, die Paul Z<strong>im</strong>mermann<br />

macht Kunstwerke sind, wurzelt das<br />

Selbstverständnis des Schmieds doch <strong>im</strong><br />

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