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Das Handwerk im Nationalsozialismus - Handwerkskammer ...

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Reutlinger Kammer – unter der Devise »Hilfe<br />

zur Selbsthilfe« – umfasst schwerpunktmäßig<br />

die Beratung <strong>im</strong> betriebswirtschaftlichen<br />

Bereich, der beruflichen Aus- und<br />

Fortbildung, dem Aufbau einer handwerklichen<br />

Selbstverwaltungsorganisation sowie<br />

die Hilfestellung bei der Ausrüstung<br />

der DDR-<strong>Handwerk</strong>sbetriebe.<br />

Bereits Anfang 1990 reist Kammerpräsident<br />

Günther Hecht in den <strong>Handwerk</strong>skammerbezirk<br />

Dresden, um erste Kontakte<br />

zu <strong>Handwerk</strong>smeistern und <strong>Handwerk</strong>svertretern<br />

zu knüpfen. Es wird ein großer Bedarf<br />

an Informationen deutlich, den die<br />

Reutlinger Kammer durch Einladungen zu<br />

Schulungen zu decken versucht. Erste Seminare<br />

finden <strong>im</strong> April 1990 in Reutlingen<br />

und Tübingen statt. In Anlehnung an bisher<br />

schon durchgeführte Existenzgründungslehrgänge<br />

wird versucht, vor allem die Defizite<br />

<strong>im</strong> Bereich Unternehmensführung, Betriebswirtschaft<br />

und soziale Marktwirtschaft<br />

zu lindern. Dabei wird auch der<br />

persönliche Kontakt mit Obermeistern, Betriebsinhabern<br />

und Innungsvertretern hergestellt.<br />

Zuvor schon, <strong>im</strong> Februar und März 1990,<br />

unterstützt die Kammer ähnliche Aktivitäten<br />

in Thüringen und Sachsen. Diese sind<br />

zum Teil gekoppelt mit Aktionen der Städte<br />

Albstadt und Reutlingen sowie des Landkreises<br />

Reutlingen. Schwerpunkt ist der<br />

Landkreis Pirna, wo <strong>im</strong> Februar 1990 eine<br />

Reutlinger Delegation, u. a. mit Hauptgeschäftsführer<br />

Haaß, weilt. Be<strong>im</strong> Gegenbesuch<br />

<strong>im</strong> März 1990 können 18 <strong>Handwerk</strong>svertretern<br />

aus dem Raum Pirna erste<br />

Informationen über Betriebswirtschaft, Betriebsorganisation<br />

sowie handwerksrelevante<br />

Themen vermittelt werden.<br />

100 Jahre <strong>Handwerk</strong>skammer Reutlingen<br />

Auf diesen Erfahrungen aufbauend wird<br />

ebenfalls 1990 ein Kooperationsvertrag zwischen<br />

dem baden-württembergischen <strong>Handwerk</strong>skammertag<br />

und dem sächsischen<br />

<strong>Handwerk</strong> abgeschlossen. In der Folge finden<br />

weitere Schulungsmaßnahmen statt,<br />

zunächst oft in Reutlingen und Tübingen,<br />

später vermehrt vor Ort. Allein zwischen<br />

März und Juni 1990 werden sieben Seminare<br />

<strong>im</strong> Kreis Pirna und in Dresden durchgeführt,<br />

die von 321 Teilnehmern besucht<br />

werden.<br />

Ein weiterer Schwerpunkt wird in Kooperation<br />

mit dem Landkreis Reutlingen gesetzt:<br />

Die Schaffung eines Systems der<br />

beruflichen Aus- und Weiterbildung nach<br />

bundesdeutschem Muster. Ein besonderes<br />

Anliegen der Reutlinger Kammer ist es dabei,<br />

den <strong>Handwerk</strong>svertretern aus der noch<br />

bestehenden DDR das bewährte System<br />

der dualen Berufsausbildung zu erläutern<br />

und darauf zu achten, dass be<strong>im</strong> Neuaufbau<br />

des Berufsschulwesens in den neuen<br />

Bundesländern der Kooperation zwischen<br />

Schulaufsicht (Land), Schulträger (Kreis)<br />

und den <strong>Handwerk</strong>skammern besondere<br />

Beachtung geschenkt wird.<br />

Auch bei der Gründung von Unternehmensverbänden<br />

in Ungarn und der damaligen<br />

Tschechoslowakei wirkt die Kammer<br />

beratend mit. Zehn junge <strong>Handwerk</strong>er aus<br />

Litauen absolvieren <strong>im</strong> BTZ ein vierwöchiges<br />

Praktikum. Damit und mit vielen weiteren<br />

Aktivitäten stellt die Kammer unter<br />

Beweis, dass sie die grundlegenden politischen<br />

Umwälzungen in Europa seit 1989<br />

aktiv mitgestalten will – <strong>im</strong> Interesse des<br />

Zusammenwachsens mit Berufskollegen in<br />

Ost und West.<br />

Auf dem Weg nach Europa<br />

»Ein <strong>Handwerk</strong> – Eine St<strong>im</strong>me!«:<br />

Die Wiedervereinigung des deutschen<br />

<strong>Handwerk</strong>s<br />

Lange vor der politischen Einheit praktizieren<br />

<strong>Handwerk</strong>er in Ost und West (hier mit <strong>Handwerk</strong>spräsident<br />

Heribert Späth und ZDH-Generalsekretär<br />

Hanns-Eberhard Schleyer an der<br />

Spitze) die Zusammenarbeit über die deutschdeutsche<br />

Grenze hinweg. Schon am 30. Mai<br />

1990 treten die damals 15 <strong>Handwerk</strong>skammern<br />

der DDR dem ZDH bei, ihnen folgen <strong>im</strong> Juni die<br />

Fachverbände des DDR-<strong>Handwerk</strong>s. <strong>Das</strong> gemeinsame<br />

Manifest wird am 21. Juni 1990 in<br />

Zwickau verkündet: »Ein <strong>Handwerk</strong> – Eine St<strong>im</strong>me!«<br />

Aller staatlichen Willkür zum Trotz hatten die<br />

ostdeutschen <strong>Handwerk</strong>sbetriebe über 40 Jahre<br />

hinweg die traditionellen Werte des <strong>Handwerk</strong>s<br />

weitergetragen. Die »Wende <strong>im</strong> <strong>Handwerk</strong>«<br />

geht derart schwungvoll vonstatten, dass sie<br />

zur treibenden Kraft des Umschwungs wird. In<br />

einer überwältigenden Welle der Solidarität gehen<br />

<strong>Handwerk</strong>er aus Ost und West aufeinander<br />

zu. Am 27. Juli 1990 wird die <strong>Handwerk</strong>sordnung<br />

auf das Gebiet der DDR übertragen.<br />

1993 wird die <strong>Handwerk</strong>sordnung vom Deutschen<br />

Bundestag in 64 Positionen geändert. Damit<br />

reagiert das <strong>Handwerk</strong> aus eigener Kraft und<br />

ohne politischen Druck auf die technischen,<br />

wirtschaftlichen, strukturellen und gesellschaftlichen<br />

Entwicklungen. Neu ist: wer bereits ein<br />

<strong>Handwerk</strong> betreibt, kann jetzt auch Arbeiten in<br />

anderen <strong>Handwerk</strong>en ausführen, wenn sie das<br />

Angebot ergänzen.<br />

Mit der novellierten <strong>Handwerk</strong>sordnung wird<br />

auch die Rechtsstellung der Arbeitnehmer verbessert.<br />

ZDH, DGB und Kolping setzen sich dafür<br />

ein, dass jetzt nicht nur Gesellen, sondern auch<br />

Arbeitnehmer mit abgeschlossener Berufsausbildung<br />

wahlberechtigt für Ausschüsse und Organe<br />

der <strong>Handwerk</strong>skammern sind. Die deutsche<br />

Staatsangehörigkeit ist nicht länger Voraussetzung<br />

für die Wahl in die Gremien.<br />

Die vorerst letzte Novelle der <strong>Handwerk</strong>sordnung<br />

tritt 1998 in Kraft. Aus 127 <strong>Handwerk</strong>sberufen<br />

werden 94, die handwerksähnlichen Gewerbe<br />

erhöhen sich auf 57. Für ein <strong>Handwerk</strong><br />

können mehrere Ausbildungsordnungen erlassen<br />

werden, d. h. es gibt insgesamt <strong>im</strong> <strong>Handwerk</strong><br />

mehr Ausbildungsmöglichkeiten.<br />

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