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Das Handwerk im Nationalsozialismus - Handwerkskammer ...

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1921:<br />

Der Reutlinger Syndikus<br />

Hermann wird zum<br />

Generalsekretär des<br />

Deutschen <strong>Handwerk</strong>s<br />

berufen.<br />

Die We<strong>im</strong>arer Republik<br />

Positiv vermerkt <strong>im</strong> Bericht der Reutlinger<br />

Kammer für 1927 und 1928: der starke Ausbau<br />

der Verkehrswege wirkt sich günstig für<br />

das <strong>Handwerk</strong> aus. Der Aufschwung des<br />

Handels wird nicht mehr nur bedrohlich gesehen;<br />

durch die Anpassung an die »Anforderungen<br />

der Zeit«, d. h. durch eine moderne<br />

Ausstattung von Verkaufsräumen oder<br />

verstärkte Reklame, geht mancher Auftrag<br />

an das <strong>Handwerk</strong>. Unter dem Strich kommt<br />

die Kammer aber zum Fazit, dass es dem<br />

<strong>Handwerk</strong> nicht so gut geht, wie es angesichts<br />

der gesamten Wirtschaftslage hätte<br />

der Fall sein müssen: »Im allgemeinen kann<br />

man feststellen, dass die etwas bessere Beschäftigung<br />

des <strong>Handwerk</strong>s nicht zu einer<br />

entsprechenden Steigerung des Geschäftsertrages<br />

geführt hat.«<br />

Die Liste der Gründe ist lang: Schwarzarbeit,<br />

Einkauf in weit entfernten Orten und<br />

nicht bei den örtlichen <strong>Handwerk</strong>ern, Konkurrenz<br />

durch Konsumvereine, Mängel in der<br />

Vergabe öffentlicher Aufträge und kommunale<br />

Regiebetriebe, Gefängnisarbeit, hohe<br />

Rohstoff- und Produktionskosten, die 1926<br />

neugeordnete Gewerbesteuer wird als sehr<br />

bedrückend empfunden, höhere Löhne, hohe<br />

Zinsen und mangelnde Zahlungsmoral<br />

privater und öffentlicher Auftraggeber.<br />

Die 1926 vom Reichstag veranlasste<br />

reichsweite Betriebserhebung ergibt für den<br />

Bezirk der <strong>Handwerk</strong>skammer Reutlingen:<br />

bei rund 600.000 Einwohnern der 17 Oberämter,<br />

die den Bezirk bilden (mit einer<br />

Gesamtfläche von 4.775 qkm) gibt es am<br />

1. Oktober 1927 insgesamt 21.681 <strong>Handwerk</strong>sbetriebe;<br />

sie beschäftigen 18.713 Gesellen,<br />

7.773 Lehrlinge und 542 Angestellte,<br />

insgesamt rund 40.000 Menschen. Im<br />

Kammerbezirk gibt es vor allem kleine und<br />

kleinste <strong>Handwerk</strong>sbetriebe.<br />

Im reichsweiten Vergleich der Beschäftigten<br />

pro Betrieb liegt der Kammerbezirk weit unter<br />

dem Durchschnitt. 1926 werden reichsweit<br />

1,3 Millionen selbständige <strong>Handwerk</strong>er<br />

mit 2,4 Millionen Beschäftigten gezählt.<br />

Aber: 17.232 der Betriebe <strong>im</strong> Kammerbezirk<br />

beschäftigen keinen Gesellen. 2.445 Betriebe<br />

haben einen Gesellen, 1.207 zwei bis<br />

drei und 311 vier bis fünf Gesellen. Die vier<br />

Betriebe, die mehr als 50 Gesellen beschäftigen,<br />

können das Gesamtbild nicht mehr<br />

grundlegend ändern.<br />

<strong>Das</strong> Bekleidungsgewerbe ist mit 4.792 Betrieben<br />

am weitesten verbreitet, gefolgt vom<br />

Holz verarbeitenden Gewerbe mit 4.330 und<br />

vom Baugewerbe mit 4.220 Betrieben. Ebenfalls<br />

stark: das Nahrungsmittelhandwerk mit<br />

3.418 und das Metall verarbeitende mit 3.054.<br />

Die Tendenz zu »modernen« <strong>Handwerk</strong>en<br />

und effizienteren Betriebsgrößen zeichnet<br />

sich erst in Ansätzen ab. Beispiel Elektroinstallateure:<br />

Im Oberamtsbezirk Balingen<br />

gibt es 18 Betriebe mit 76 Gesellen und<br />

Arbeitern und 23 Lehrlingen; <strong>im</strong> Oberamtsbezirk<br />

Nagold zwei Betriebe mit zwei Gesellen<br />

und <strong>im</strong> Reutlinger Oberamt zehn Betriebe<br />

mit 14 Gesellen und 16 Lehrlingen. 1926<br />

arbeiten insgesamt 135 Elektroinstallateure<br />

<strong>im</strong> Kammerbezirk – ein Wachstumsberuf mit<br />

316 Gesellen und 120 Lehrlingen.<br />

Ein Beispiel in anderer Richtung: die Korbmacher.<br />

Im Balinger Oberamt arbeiten fünf,<br />

ohne Gesellen und mit nur zwei Lehrlingen,<br />

<strong>im</strong> Nagolder Oberamt acht mit insgesamt einem<br />

Gesellen und keinem Lehrling und in<br />

Reutlingen schließlich zwölf Korbmacher mit<br />

insgesamt einem Gesellen und einem Lehrling.<br />

Insgesamt gehen <strong>im</strong> Kammerbezirk<br />

noch 164 Korbmacher ihrem Beruf nach,<br />

unterstützt von 26 Gesellen und 16 Lehrlingen<br />

– eine aussterbende Profession.<br />

48 100 Jahre <strong>Handwerk</strong>skammer Reutlingen

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