14.07.2017 Aufrufe

Zeit für Reform von Ellen G. White

Vor fünfhundert Jahren, eine Zeit der Reform war ausgebrochen. Die Aufmerksamkeit aller Parteien richtete sich nun auf die Versammlung der deutschen Länder, die kurz nach Karls Thronbesteigung in Worms tagte. Wichtige politische Fragen und Belange sollten auf diesem Reichstag erörtert werden; zum erstenmal sollten die deutschen Fürsten ihrem jugendlichen Monarchen auf einer Ratsversammlung begegnen. Aus allen deutschen Landen hatten sich die Würdenträger der Kirche und des Reiches eingefunden. Der weltliche Adel, gewaltig und eifersüchtig auf seine Erbrechte bedacht; Kirchenfürsten, stolz in dem Bewußtsein ihrer Überlegenheit an Rang und Macht; höfische Ritter und ihr bewaffnetes Gefolge; Gesandte aus fremden und fernen Ländern — alle versammelten sich in Worms. Und auf dieser großartigen Versammlung erregte die Sache des sächsischen Reformators die größte Aufmerksamkeit.

Vor fünfhundert Jahren, eine Zeit der Reform war ausgebrochen. Die Aufmerksamkeit aller Parteien richtete sich nun auf die Versammlung der deutschen Länder, die kurz nach Karls Thronbesteigung in Worms tagte. Wichtige politische Fragen und Belange sollten auf diesem Reichstag erörtert werden; zum erstenmal sollten die deutschen Fürsten ihrem jugendlichen Monarchen auf einer Ratsversammlung begegnen. Aus allen deutschen Landen hatten sich die Würdenträger der Kirche und des Reiches eingefunden. Der weltliche Adel, gewaltig und eifersüchtig auf seine Erbrechte bedacht; Kirchenfürsten, stolz in dem Bewußtsein ihrer Überlegenheit an Rang und Macht; höfische Ritter und ihr bewaffnetes Gefolge; Gesandte aus fremden und fernen Ländern — alle versammelten sich in Worms. Und auf dieser großartigen Versammlung erregte die Sache des sächsischen Reformators die größte Aufmerksamkeit.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Zeit</strong> <strong>für</strong> <strong>Reform</strong><br />

Solche Wahrheiten verkündete der furchtlose <strong>Reform</strong>ator unter Lebensgefahr vor den Ohren seiner<br />

Regentin. Mit dem gleichen unerschrockenen Mut hielt er an seinem Vorhaben fest und betete und kämpfte<br />

<strong>für</strong> den Herrn so lange, bis Schottland vom Papsttum frei war.<br />

In England wurde durch die Einführung des Protestantismus als Staatsreligion die Verfolgung zwar<br />

vermindert, aber nicht völlig zum Stillstand gebracht. Während man vielen Lehren Roms absagte, blieben<br />

nicht wenige seiner Gebräuche erhalten. Die oberste Autorität des Papstes wurde verworfen, aber an seiner<br />

Stelle wurde der Landesherr als Haupt der Kirche eingesetzt. Der Gottesdienst wich noch immer erheblich<br />

<strong>von</strong> der Reinheit und Einfachheit des Evangeliums ab. Der große Grundsatz religiöser Freiheit wurde noch<br />

nicht verstanden. Wenn auch die schrecklichen Grausamkeiten, die Rom gegen die Ketzerei angewandt hatte,<br />

<strong>von</strong> protestantischen Herrschern nur selten ausgeübt wurden, so anerkannte man doch nicht das Recht eines<br />

jeden einzelnen, Gott nach seinem eigenen Gewissen zu verehren. Von allen wurde verlangt, die Lehren<br />

anzunehmen und die gottesdienstlichen Formen zu beachten, welche die Staatskirche vorschrieb.<br />

Andersdenkende waren mehr oder weniger der Verfolgung ausgesetzt. Jahrhundertelang blieben diese<br />

Methoden bestehen.<br />

Im 17.Jahrhundert wurden Tausende <strong>von</strong> Predigern aus ihren Ämtern vertrieben. Dem Volk war es bei<br />

Androhung schwerer Geldbußen, <strong>von</strong> Gefängnis und Verbannung untersagt, irgendwelche religiöse<br />

Versammlungen zu besuchen, die die Kirche nicht genehmigt hatte. Jene treuen Seelen, die sich nicht<br />

enthalten konnten, zur Anbetung Gottes zusammenzukommen, waren genötigt, sich in dunklen Gassen, in<br />

finsteren Bodenkammern und zu gewissen Jahreszeiten mitternachts in den Wäldern zu versammeln. In den<br />

schützenden Tiefen des Waldes, dem <strong>von</strong> Gott selbst erbauten Tempel, kamen jene zerstreuten und<br />

verfolgten Kinder des Herrn zusammen, um in Gebet und Lobpreis ihre Herzen auszuschütten. Aber<br />

ungeachtet all ihrer Vorsichtsmaßregeln mußten viele um ihres Glaubens willen leiden. Die Gefängnisse<br />

waren überfüllt, Familien wurden getrennt, und viele Menschen aus dem Lande vertrieben. Doch Gott hielt<br />

zu seinem Volk, und die Verfolgung vermochte dessen Zeugnis nicht zum Schweigen zu bringen. Viele<br />

lenkten ihre Schritte nach Amerika, wo sie den Grundstein zu der bürgerlichen und religiösen Freiheit legten,<br />

die das Bollwerk und der Ruhm jenes Landes gewesen ist.<br />

Auch hier diente wie in den Tagen der Apostel die Verfolgung der Förderung des Evangeliums. In<br />

einem abscheulichen, mit Verworfenen und Verbrechern belegten Kerker schien John Bunyan Himmelsluft<br />

zu atmen. Er schrieb dort sein wunderbares Gleichnis <strong>von</strong> der Reise des Pilgers aus dem Lande des<br />

Verderbens nach der Himmelsstadt. Länger als zweihundert Jahre sprach jene Stimme des Gefangenen zu<br />

Bedford mit durchdringender Macht zu den Herzen der Menschen. Bunyans „Pilgerreise“ und<br />

„Überschwengliche Gnade <strong>für</strong> den größten der Sünder“ haben manchen irrenden Fuß auf den Weg des<br />

Lebens geleitet.<br />

Baxter, Flavel, Alleine und andere talentvolle, gebildete Männer mit tiefer christlicher Erfahrung<br />

erhoben sich zu kühner Verteidigung des Glaubens, „der einmal den Heiligen übergeben ist“. Judas 3. Das<br />

Werk, das diese <strong>von</strong> den Herrschern dieser Welt verfemten und geächteten Männer vollbrachten, kann<br />

niemals untergehen. Flavels „Brunnquell des Lebens“ und „Wirkung der Gnade“ haben Tausende gelehrt,<br />

151

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!