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Zeit für Reform von Ellen G. White

Vor fünfhundert Jahren, eine Zeit der Reform war ausgebrochen. Die Aufmerksamkeit aller Parteien richtete sich nun auf die Versammlung der deutschen Länder, die kurz nach Karls Thronbesteigung in Worms tagte. Wichtige politische Fragen und Belange sollten auf diesem Reichstag erörtert werden; zum erstenmal sollten die deutschen Fürsten ihrem jugendlichen Monarchen auf einer Ratsversammlung begegnen. Aus allen deutschen Landen hatten sich die Würdenträger der Kirche und des Reiches eingefunden. Der weltliche Adel, gewaltig und eifersüchtig auf seine Erbrechte bedacht; Kirchenfürsten, stolz in dem Bewußtsein ihrer Überlegenheit an Rang und Macht; höfische Ritter und ihr bewaffnetes Gefolge; Gesandte aus fremden und fernen Ländern — alle versammelten sich in Worms. Und auf dieser großartigen Versammlung erregte die Sache des sächsischen Reformators die größte Aufmerksamkeit.

Vor fünfhundert Jahren, eine Zeit der Reform war ausgebrochen. Die Aufmerksamkeit aller Parteien richtete sich nun auf die Versammlung der deutschen Länder, die kurz nach Karls Thronbesteigung in Worms tagte. Wichtige politische Fragen und Belange sollten auf diesem Reichstag erörtert werden; zum erstenmal sollten die deutschen Fürsten ihrem jugendlichen Monarchen auf einer Ratsversammlung begegnen. Aus allen deutschen Landen hatten sich die Würdenträger der Kirche und des Reiches eingefunden. Der weltliche Adel, gewaltig und eifersüchtig auf seine Erbrechte bedacht; Kirchenfürsten, stolz in dem Bewußtsein ihrer Überlegenheit an Rang und Macht; höfische Ritter und ihr bewaffnetes Gefolge; Gesandte aus fremden und fernen Ländern — alle versammelten sich in Worms. Und auf dieser großartigen Versammlung erregte die Sache des sächsischen Reformators die größte Aufmerksamkeit.

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<strong>Zeit</strong> <strong>für</strong> <strong>Reform</strong><br />

Zuflucht (Siehe Anm. 013) genommen. In den Tagen der Oberherrschaft Roms gab es Folterwerkzeuge, mit<br />

denen es die Annahme seiner Lehren erzwang. Es gab den Scheiterhaufen <strong>für</strong> die, die dem Anspruch Roms<br />

nicht nachgeben wollten. Blutbäder wurden in einem solchen Umfang verübt, der erst im<br />

Jüngsten Gericht offenbar werden wird. Würdenträger der Kirche ersannen, beeinflußt <strong>von</strong> dem Geist<br />

Satans, Mittel, die die größtmöglichen Qualen verursachten, ohne doch dabei ihr Opfer zu töten. In vielen<br />

Fällen wurde dieses teuflische Verfahren bis zur äußersten Grenze des <strong>für</strong> Menschen noch Erträglichen<br />

wiederholt, bis die Natur den Kampf aufgab und der Leidende den Tod als angenehme Befreiung begrüßte.<br />

So gestaltete sich das Schicksal der Gegner Roms. Für seine Anhänger hatte es das Zuchtmittel der Geißel,<br />

des Hungers und der körperlichen Kasteiung in jeder nur denkbaren, das Herz kränkenden Form. Um sich<br />

die Gunst des Himmels zu sichern, verletzten die Büßenden die Gebote Gottes, indem sie die Naturgesetze<br />

übertraten. Sie wurden gelehrt, das Band zu zerschneiden, das Er eingesetzt hatte, um des Menschen<br />

irdischen Aufenthalt zu segnen und zu erheitern. Die Friedhöfe bergen Millionen <strong>von</strong> Opfern, die ihr Leben<br />

mit fruchtlosen Bemühungen verbrachten, ihre natürlichen Neigungen zu unterdrücken und jeden Gedanken<br />

und jedes Mitgefühl <strong>für</strong> ihre Mitmenschen — als beleidigend <strong>für</strong> Gott — zurückzudrängen.<br />

Wir können aus dem Leben Christi keine Beispiele anführen, daß Männer und Frauen sich in Klöster<br />

einschließen sollen, um sich auf den Himmel vorzubereiten. Er hat nie gelehrt, daß Liebe und Mitgefühl<br />

unterdrückt werden müssen. Das Herz des Heilandes floß <strong>von</strong> Liebe über. Je mehr sich der Mensch der<br />

sittlichen Vollkommenheit nähert, desto schärfer sind seine Empfindungen, desto genauer nimmt er die<br />

Sünde wahr, und desto mehr fühlt er mit den Leidenden. Der Papst behauptet zwar, der Stellvertreter Christi<br />

zu sein; aber wie hält sein Tun einen Vergleich aus mit dem unseres Heilandes? Hat Christus jemals<br />

Menschen dem Gefängnis oder der Folter überliefert, weil sie ihm als dem König des Himmels keine<br />

Huldigung erwiesen? Hat er seine Stimme erhoben, um die zum Tode zu verurteilen, die ihn nicht<br />

annahmen? Als die Bewohner eines samaritischen Dorfes seiner nicht achteten, entrüstete sich der Apostel<br />

Johannes und sagte: „Herr, willst du, so wollen wir sagen, daß Feuer vom Himmel falle und verzehre sie,<br />

wie Elia tat!“ Jesus blickte mitleidig auf den Jünger; dessen Härte tadelnd, sagte er: „Der Menschen Sohn<br />

ist nicht gekommen, der Menschen Seelen zu verderben, sondern zu erhalten.“ Lukas 9,54,56. Wie<br />

grundverschieden <strong>von</strong> der durch Christus bekundeten Haltung ist die seines angeblichen Stellvertreters!<br />

Die römische Kirche bietet heute der Welt ein äußeres Bild der Sauberkeit, indem sie über ihren<br />

Bericht schrecklicher Grausamkeit einen Mantel <strong>von</strong> Entschuldigungen breitet. Sie hat sich wohl in<br />

christliche Gewänder gehüllt; in ihrem Wesen jedoch ist sie unverändert. Jeder Grundsatz des Papsttums,<br />

der in vergangenen Jahrhunderten Geltung hatte, ist auch heute noch gültig. Die in finstersten <strong>Zeit</strong>en<br />

erlassenen Verordnungen und Lehren werden noch immer aufrechterhalten. Es täusche sich niemand! Das<br />

Papsttum, dem die Protestanten jetzt die Anerkennung nicht versagen wollen, ist das gleiche, (Siehe Anm.<br />

056) das zur <strong>Zeit</strong> der <strong>Reform</strong>ation die Welt beherrschte, als Männer Gottes unter Einsatz ihres Lebens<br />

aufstanden, um die Bosheit der römischen-katholischen Kirche bloßzustellen. Es besitzt den gleichen Stolz,<br />

die gleiche hochmütige Anmaßung, die es sich über Könige und Fürsten erheben ließ und die die Vorrechte<br />

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