14.07.2017 Aufrufe

Zeit für Reform von Ellen G. White

Vor fünfhundert Jahren, eine Zeit der Reform war ausgebrochen. Die Aufmerksamkeit aller Parteien richtete sich nun auf die Versammlung der deutschen Länder, die kurz nach Karls Thronbesteigung in Worms tagte. Wichtige politische Fragen und Belange sollten auf diesem Reichstag erörtert werden; zum erstenmal sollten die deutschen Fürsten ihrem jugendlichen Monarchen auf einer Ratsversammlung begegnen. Aus allen deutschen Landen hatten sich die Würdenträger der Kirche und des Reiches eingefunden. Der weltliche Adel, gewaltig und eifersüchtig auf seine Erbrechte bedacht; Kirchenfürsten, stolz in dem Bewußtsein ihrer Überlegenheit an Rang und Macht; höfische Ritter und ihr bewaffnetes Gefolge; Gesandte aus fremden und fernen Ländern — alle versammelten sich in Worms. Und auf dieser großartigen Versammlung erregte die Sache des sächsischen Reformators die größte Aufmerksamkeit.

Vor fünfhundert Jahren, eine Zeit der Reform war ausgebrochen. Die Aufmerksamkeit aller Parteien richtete sich nun auf die Versammlung der deutschen Länder, die kurz nach Karls Thronbesteigung in Worms tagte. Wichtige politische Fragen und Belange sollten auf diesem Reichstag erörtert werden; zum erstenmal sollten die deutschen Fürsten ihrem jugendlichen Monarchen auf einer Ratsversammlung begegnen. Aus allen deutschen Landen hatten sich die Würdenträger der Kirche und des Reiches eingefunden. Der weltliche Adel, gewaltig und eifersüchtig auf seine Erbrechte bedacht; Kirchenfürsten, stolz in dem Bewußtsein ihrer Überlegenheit an Rang und Macht; höfische Ritter und ihr bewaffnetes Gefolge; Gesandte aus fremden und fernen Ländern — alle versammelten sich in Worms. Und auf dieser großartigen Versammlung erregte die Sache des sächsischen Reformators die größte Aufmerksamkeit.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Zeit</strong> <strong>für</strong> <strong>Reform</strong><br />

Brust schlug und der andere mit solcher Wucht auf den Mund, daß das Blut sofort hervorströmte, so fühlte<br />

ich doch nicht mehr Schmerz <strong>von</strong> beiden Schlägen, als wenn sie mich mit einem Strohhalm berührt hätten.“<br />

Die Methodisten jener <strong>Zeit</strong> — das Volk und auch die Prediger — ertrugen Spott und Verfolgung<br />

sowohl <strong>von</strong> Kirchengliedern als auch <strong>von</strong> den offenbar Gottlosen, die sich durch die falschen Darstellungen<br />

jener anstacheln ließen. Sie wurden vor Gerichte gestellt, die freilich nur dem Namen nach als solche<br />

angesprochen werden konnten; denn Gerechtigkeit fand sich selten in den Gerichtshöfen jener <strong>Zeit</strong>. Oft<br />

wurden die Gläubigen <strong>von</strong> ihren Verfolgern gepeinigt. Der Mob ging <strong>von</strong> Haus zu Haus, zerstörte<br />

Hausgeräte und Güter, plünderte, was ihm gefiel, und mißhandelte in brutaler Weise Männer, Frauen und<br />

Kinder. Durch öffentliche Bekanntmachungen wurden alle, die sich am Einwerfen <strong>von</strong> Fenstern und am<br />

Plündern der Häuser der Methodisten zu beteiligen wünschten, aufgefordert, sich zu gegebener Stunde an<br />

einem bestimmten Ort zu versammeln. Diese offene Verletzung menschlicher wie auch göttlicher Gesetze<br />

ließ man ungetadelt zu. Man verfolgte planmäßig die Menschen, deren einziger Fehler es war, daß sie<br />

versuchten, den Fuß des Sünders vom Pfad des Verderbens auf den Weg der Heiligkeit zu lenken.<br />

John Wesley sagte über die Anschuldigungen gegen ihn und seine Gefährten: „Manche machen<br />

geltend, daß die Lehren dieser Männer falsch, irrig, schwärmerisch, daß sie neu und bis kürzlich unbekannt<br />

gewesen und daß sie Quäkerismus, Schwärmerei und Papsttum seien. Diese ganze Behauptung ist bereits an<br />

der Wurzel abgehauen worden, da ausführlich gezeigt wurde, daß jeder Zweig dieser Lehre die deutliche<br />

Lehre der Heiligen Schrift ist, wie sie <strong>von</strong> unserer eigenen Kirche ausgelegt wird, und die deshalb nicht<br />

falsch oder irrtümlich sein kann, vorausgesetzt, daß die Heilige Schrift wahr ist ... Andere geben vor: ‚Ihre<br />

Lehre ist zu streng, sie machen den Weg zum Himmel zu schmal‘. Und dies ist in Wahrheit der ursprüngliche<br />

Einwand (der eine <strong>Zeit</strong>lang der einzige war), und liegt heimlich tausend andern zugrunde, die in<br />

verschiedener Gestalt erscheinen. Aber machen sie den Weg himmelwärts schmaler als unser Herr und seine<br />

Apostel ihn machten? Ist ihre Lehre strenger als die der Bibel? Betrachtet nur einige deutliche Bibelstellen:<br />

‚Du sollst Gott, deinen Herrn, lieben <strong>von</strong> ganzem Herzen, <strong>von</strong> ganzer Seele, <strong>von</strong> allen Kräften und <strong>von</strong><br />

ganzem Gemüte.‘ ‚Die Menschen müssen Rechenschaft geben am Jüngsten Gericht <strong>von</strong> einem jeglichen<br />

unnützen Wort, das sie geredet haben.‘ ‚Ihr esset nun oder trinket oder was ihr tut, so tut es alles zu Gottes<br />

Ehre.‘ Lukas 10,27; Matthäus 12,36; 1.Korinther 10,31.<br />

Wenn ihre Lehre strenger ist als dies, so sind sie zu tadeln; ihr seid aber in eurem Gewissen überzeugt,<br />

daß dem nicht so ist. Und wer kann um ein Jota weniger genau sein, ohne das Wort Gottes zu verdrehen?<br />

Kann irgendein Haushalter des Geheimnisses Gottes treu erfunden werden, wenn er irgendeinen Teil jenes<br />

heiligen Unterpfandes verändert? Nein, er kann nichts umstoßen; er kann nichts gelinder machen; er ist<br />

gezwungen, allen Menschen zu erklären: Ich darf die Heilige Schrift nicht zu eurem Geschmack<br />

herabwürdigen. Ihr müßt euch nach ihr richten oder auf ewig zugrunde gehen. Dies gibt allerdings<br />

Veranlassung zu dem volkstümlichen Geschrei: die Lieblosigkeit dieser Menschen! Lieblos sind sie? In<br />

welcher Beziehung? Speisen sie nicht die Hungrigen und kleiden die Nackten? Ja, aber das ist nicht die<br />

Sache; diesbezüglich mangelt es ihnen nicht; aber sie sind lieblos im Urteil; sie denken, es könne niemand<br />

gerettet werden außer jenen, die auf dem <strong>von</strong> ihnen vorgeschriebenen Weg gehen.“<br />

156

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!