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Zeit für Reform von Ellen G. White

Vor fünfhundert Jahren, eine Zeit der Reform war ausgebrochen. Die Aufmerksamkeit aller Parteien richtete sich nun auf die Versammlung der deutschen Länder, die kurz nach Karls Thronbesteigung in Worms tagte. Wichtige politische Fragen und Belange sollten auf diesem Reichstag erörtert werden; zum erstenmal sollten die deutschen Fürsten ihrem jugendlichen Monarchen auf einer Ratsversammlung begegnen. Aus allen deutschen Landen hatten sich die Würdenträger der Kirche und des Reiches eingefunden. Der weltliche Adel, gewaltig und eifersüchtig auf seine Erbrechte bedacht; Kirchenfürsten, stolz in dem Bewußtsein ihrer Überlegenheit an Rang und Macht; höfische Ritter und ihr bewaffnetes Gefolge; Gesandte aus fremden und fernen Ländern — alle versammelten sich in Worms. Und auf dieser großartigen Versammlung erregte die Sache des sächsischen Reformators die größte Aufmerksamkeit.

Vor fünfhundert Jahren, eine Zeit der Reform war ausgebrochen. Die Aufmerksamkeit aller Parteien richtete sich nun auf die Versammlung der deutschen Länder, die kurz nach Karls Thronbesteigung in Worms tagte. Wichtige politische Fragen und Belange sollten auf diesem Reichstag erörtert werden; zum erstenmal sollten die deutschen Fürsten ihrem jugendlichen Monarchen auf einer Ratsversammlung begegnen. Aus allen deutschen Landen hatten sich die Würdenträger der Kirche und des Reiches eingefunden. Der weltliche Adel, gewaltig und eifersüchtig auf seine Erbrechte bedacht; Kirchenfürsten, stolz in dem Bewußtsein ihrer Überlegenheit an Rang und Macht; höfische Ritter und ihr bewaffnetes Gefolge; Gesandte aus fremden und fernen Ländern — alle versammelten sich in Worms. Und auf dieser großartigen Versammlung erregte die Sache des sächsischen Reformators die größte Aufmerksamkeit.

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<strong>Zeit</strong> <strong>für</strong> <strong>Reform</strong><br />

Johnson, An Introduction to Medieval Europe, 300-1500, 377-380; I. v. Döllinger, Das Papsttum 40ff.,<br />

München, 1892; Die Religion in Geschichte und Gegenwart, Bd. II, 1928, Sp. 1438.1439; Heussi,<br />

Kompendium der Kirchengeschichte 205, § 73b, 1913.<br />

Anm 009: Marienverehrung — (Seite 58)<br />

Die Heimat der Marienverehrung ist der Orient. Dort ist der Glaube an die „Ewige<br />

Jungfrau“ entstanden; dort entwickelte sich auch ein Brauchtum, das die Verehrung Marias in die Liturgie<br />

mit einbezog. „Die weitere Entfaltung der Mariologie hängt mit der Entwicklung des christologischen<br />

Dogmas zusammen. Der entscheidende Wendepunkt ist hier das Konzil <strong>von</strong> Ephesus im Jahre 431. Auf ihm<br />

wurde die Lehre des Nestorius [Patriarch <strong>von</strong> Konstantinopel], Maria sei die ‚Christusgebärerin‘, zugunsten<br />

der Lehre des Cyrill [Patriarch <strong>von</strong> Alexandrien] <strong>von</strong> Maria, der ‚Gottesgebärerin‘, verdammt. Dadurch<br />

sollte zunächst das Bekenntnis zu der ewigen Gottheit Jesu Christi sichergestellt werden ... Jedenfalls war<br />

damit zugleich eine gewaltige Steigerung der Ehre Mariens verbunden.<br />

Maria wird zur ‚Gottesmutter‘.“ (Loewenich, Der moderne Katholizismus, 1955, 225.)<br />

Im Mittelalter erfuhr die Marienverehrung eine weitere Steigerung. Maria wird zur Hohen Frau, zur<br />

Madonna. Der Volksfrömmigkeit wird sie immer vertrauter als „Unsere liebe Frau“. Als Jungfrau und<br />

Königin ist sie zugleich das Ideal echter Mütterlichkeit. Das Volk rief Maria als Helferin nicht nur in<br />

geistlichen, sondern auch in weltlichen Nöten an. Die verbreitetste Gebetsform war das Ave Maria, das mit<br />

dem Vaterunser eng verknüpft wurde. Die beliebteste Form dieses Mariengebetes wurde der Rosenkranz,<br />

bei dem „die Gottesmutter in enger Verbindung mit der Heilsgeschichte betrachtet wird“.<br />

„Als Förderer der Mariologie erscheinen Bernhard <strong>von</strong> Clairvaux und Thomas <strong>von</strong> Aquin. Bernhard<br />

verkündigt: Wer den Sohn <strong>für</strong>chtet, nehme seine Zuflucht zu Maria! In seiner berühmten Auslegung deutete<br />

er das Hohelied auf das Verhältnis <strong>von</strong> Christus zu Maria. Bei Thomas ist Maria das Symbol der Kirche.<br />

Diese Anschauung hat sich in der Gegenwart als ungemein wichtig erwiesen. In der Tat versteht man die<br />

neuere Mariologie nur, wenn man bedenkt, daß in Maria die Personifikation der Kirche verehrt wird ... Wenn<br />

die Kirche Maria zur Sündlosen, zur Gnadenmittlerin, zur Himmelskönigin erhebt, so spricht sie damit ihr<br />

eigenes Selbstbewußtsein aus.“<br />

(Loewenich, Der moderne Katholizismus 228f.) Zwei Dogmen lenken den Blick in besonderer Weise<br />

auf die Marienverehrung. Das erste, am 8.12.1854 <strong>von</strong> Pius IX. proklamiert, verkündete die unbefleckte<br />

Empfängnis Mariä; das zweite, die leibliche Aufnahme Mariens in den Himmel, wurde am 1.11.1950 <strong>von</strong><br />

Pius XII. verkündet. Das Bedeutsame dieser beiden Dogmen ist, daß sie in der Heiligen Schrift keinerlei<br />

Rückhalt haben, sie können sich lediglich auf die Tradition berufen. Das Dogma <strong>von</strong> der unbefleckten<br />

Empfängnis verkündigt die völlige Sündlosigkeit Marias. Es wird als eine Offenbarung Gottes gewertet;<br />

seine Nichtannahme bedeutet den Verlust der Seligkeit und den Ausschluß aus der Kirche.<br />

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