Teil II - Homepage fir HR 2. Version 16.8.2004 - MultiMania
Teil II - Homepage fir HR 2. Version 16.8.2004 - MultiMania
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1<br />
Meconopsis betonicifolia –Der himmelblaue Scheinmohn<br />
Lieblingsblume des Autors.<br />
<strong>Teil</strong> <strong>II</strong> der<br />
<strong>Homepage</strong> und Autobiographie<br />
von<br />
Regenwetter Albert und<br />
Heng I.<br />
Von<br />
Zolver.
Vorwort<br />
2<br />
Nachdem die Biographie von Albert Regenwetter als Vorarbeit nahezu<br />
komplett abgeschlossen ist und bereits ins Netz gesetzt werden konnte, wird<br />
hier der Versuch gemacht weitere Geschichten und zwar aus dem Schaffen<br />
und Leben dessen <strong>2.</strong> Sohnes zu veröffentlichen. Wie bereits eingangs zu<br />
lesen, hat dieser Sohn sich den Pseudonamen „Graf Heng I. von Zolver“<br />
zugelegt. Geschrieben und veröffentlicht hat er auch unter dem Pseudonym<br />
Henri Reger, eRHa, HaeR, <strong>HR</strong>, Rhinantus und manche andere: zum<br />
Beispiel unter dem Zeichen seines Totems „Flappeche Bier“..<br />
Was jetzt in Annäherung an eine Autobiografie folgt, möchte der Autor wo<br />
nur möglich als literarische Betätigung (an)erkannt sehen.<br />
*<br />
Es stehen zur Wahl:<br />
Entweder als Ouvertüre oder als Intermezzo zu lesen.<br />
Die meisten meiner Veröffentlichungen erfolgten in der Luxemburger<br />
Tagespresse, besonders in der kulturellen Beilage vom Luxemburger Wort,<br />
„die Warte“. In deren beiden veröffentlichen Anthologien wurden meine<br />
Beiträge berücksichtigt. Das erfolgte mit einem Prosabeitrag im Jahrbuch<br />
1958, und vorher bereits im Jahrbuch 1957 mit einer kurzen eigenen<br />
Biographie, gefolgt von einigen Gedichten. In „nos cahiers“ erschien 2001<br />
ein Beitrag zum Luxemburger Schrifttum mit dem Titel „Inke Dätsch – Eng<br />
Märechespaschtéit, farcéiert mat Wourechten“. Man wird auch in diesen<br />
Seiten ein Hörspiel finden, das ich mit dem bekannten Differdinger Musik-<br />
Dirigenten Camille Roilgen gemeinsam in einem Literatur – Hörspiel-<br />
Wettbewerb veröffentlicht hatte, was aber nie gesendet wurde. Dies war<br />
eine gemeinsame Arbeit mit meinem Kollegen Josy Moutschen aus<br />
Differdingen. Der Titel lautet: Melusina. Es behandelt die Geschichte von<br />
Graf Siegfried von Luxemburg und der schönen Melusina.<br />
Andere Schriften erschienen in Broschüren und Vereinszeitschriften. Die<br />
Vereinszeitschrift der AAT – Garten- und Teichfreunde Luxemburgs,<br />
gestaltete ich auch zum grössten <strong>Teil</strong> in ca. 70 Nummern mit eigenen Fotos<br />
von 1983 bis zum Jahr 2000. Zwei meiner Reiseberichte in englische Gärten<br />
nebst Bildern wurden in der Gartenpraxis (Ulmer) publiziert. Für den<br />
Ulmerverlag übersetzte ich das Buch „Mein Wassergarten“ ins<br />
Französische. Briefe an die Redaktion, von denen aber einige aus mir<br />
unbekannten Gründen nicht abgedruckt wurden und die ich hier aber<br />
veröffentlichen möchte um zu zeigen, dass auch nicht alle Briefe der<br />
Redaktion willkommen sind, oder den Vorstellungen der Redaktion<br />
entsprechen. Vier deutsche Theaterstücke übersetzte ich ins
Luxemburgische und machte dabei eine Anpassung an einheimische<br />
Bedürfnisse. Sie wurden landesweit aufgeführt und werden immer noch<br />
gefragt.<br />
3<br />
Mit meinem Kollegen Moutschen Josy beteiligte ich mich an einem Kursus<br />
für Dramaturgie, besonders Filmdramaturgie. Wir hatten die Absicht einen<br />
Roman für einen Film zu produzieren. Der Roman „Don José“ den ich in<br />
Angriff nahm blieb nach kurzer Zeit im Ansatz stecken und liegt als<br />
„inachevé“ in meinen Akten.<br />
Besonders stolz aber war ich auf meine Veröffentlichungen in „Jeune Poésie<br />
Européenne“. Die 1. Nummer erschien im Januar 1960. Diese Zeitschrift<br />
wurde von Suzel Etienne geleitet und sicherlich auch finanziert.<br />
In der Dezembernummer 1960 von Jeune Poésie Européenne erschienen<br />
nachfolgend 3 meiner Gedichte die bis dahin unveröffentlicht waren.<br />
Ich habe ihn besiegt,<br />
der mir den Mund verschloss,<br />
der meine glimmernden Kohlen in die Nacht gejagt<br />
der trübe Schleier vor meine reinen Sterne schob,<br />
der meine Sonnenblumen abgeknickt.<br />
Ich habe ihn besiegt,<br />
der die Sprossen meiner Leiter zerschmettert<br />
der die blauen Segel meines Bootes zerfetzt,<br />
der mein Spiegelbild im stillen See entstellt,<br />
der meine Spur im Wüstensand verdarb<br />
der meinen Aar der Schwingen beraubt.<br />
Ich habe ihn besiegt!<br />
Aber es war kein Sturm,<br />
kein Wind<br />
auch keine Luft.<br />
Es war nur heisser fremder Atem.<br />
Ich habe ihn besiegt.<br />
Dieses Gedicht entstand nach einer längeren Zeit des Schweigens und der<br />
Resignation. Mein Schweigen wurde bewirkt durch menschliche<br />
Unzulänglichkeiten, die mir im Umgang mit Gleichgesinnten viel zu<br />
schaffen machten. Die beiden anderen Gedichte entstanden anlässlich der<br />
damals bevorstehenden Feiertage.<br />
Negro Spiritual
4<br />
Schweigen!<br />
Süchtige Blicke flackern empor<br />
Sprühen zum Schein<br />
Flammen zum Licht<br />
Bis sie ein Schrei<br />
Zum Feuer entfacht.<br />
„Jesus!“<br />
Kehlen weiten sich mit Wucht<br />
Lippen wölben sich in Hast<br />
Dass aus der bedrängten Bucht<br />
Schnellt das Boot mit schwerer Last.<br />
„Jesus!“<br />
Schwankend strebt es durch die Brandung<br />
Krängt am letzten Riff vorbei<br />
Kommt im Sturme zur Entbindung<br />
Macht sich von den Ketten frei.<br />
„Jesus!“<br />
„Save our boat!”<br />
“Save our boat!”<br />
“Save our crew!”<br />
*<br />
Stille<br />
Stille.<br />
Schneebedeckte Laube<br />
Liegt im Glanz der Sterne:<br />
Fülle.<br />
Odem<br />
Heiliger Erwartung<br />
Webet Silberfäden<br />
Wiegt Erinnerung<br />
Göttlicher<br />
Geburt.<br />
Weihrauch<br />
Quellende Freude
5<br />
Dringt mit sanftem Klingen<br />
Tröpfelnd in das Herz.<br />
Stille.<br />
Posaunen der Freude<br />
Der glorreichen Liebe<br />
Durchzittern im Schalle<br />
Den englischen Gruss.<br />
Glockengeläute<br />
Freude<br />
Fülle.<br />
Liegt im Glanz der Sterne<br />
Schneebedeckter Laube<br />
Stille?<br />
Am 24. April 1961 schrieb Suzel Etienne folgenden schmerzhaften Brief an<br />
alle Redaktionsmitglieder, zu denen die damalig besten jungen<br />
Luxemburger Schriftsteller gehörten:<br />
Cher Monsieur,<br />
J’ai le grand regret de vous faire savoir que la revue « Jeune Poésie<br />
Européenne » cessera provisoirement, de paraître, le nombre des abonnés<br />
pour l’année 1961 ne permettant pas de couvrir les frais<br />
d’impression………<br />
*<br />
Vor kurzem habe ich meinen italienischen Freund Walter Nesti, der lange in<br />
meiner Nachbarschaft in Differdingen gewohnt hatte, über Internet wieder<br />
gefunden. Er war auch ein Mitarbeiter in dieser Zeitschrift. Seit über<br />
dreissig Jahren habe ich nichts mehr von ihm vernommen da er in seine<br />
Heimatstadt in Italien zurückgekehrt war. Seine Internetadresse lautet<br />
Walter Nesti. Er hat in dieser Zeit verschiedene Schriften publiziert.<br />
Spontan bot er sich an meine französischen Gedichte ins Italienische zu<br />
übertragen. Hier ein Resultat dieses freundlichen Angebotes.<br />
C'est l'heure<br />
Vous, les vilains de cette terre,<br />
Faites soigner les ulcères<br />
De vos âmes qui crachent la misère,<br />
C'est l'heure.<br />
Regardez ces mains qui clament vers le ciel,<br />
Ces coeurs qui se noient dans le fiel,
6<br />
Dans la vase de votre fosse de Daniel.<br />
C'est l'heure.<br />
Où notre vengeance vous fera trembler<br />
Sur les flots du sanglot, où sans pitié<br />
La barque de votre règne sera submergée.<br />
C'est l'heure.<br />
Où la tumeur de votre gloriole<br />
S'écrasera dans la fiole<br />
De votre majesté frivole.<br />
C'est l'heure.<br />
Vous, les vilains de cette terre,<br />
Entendez la prière de vos frères<br />
Qui vous haïssent de la haine d'un enfer.<br />
C'est l'heure.<br />
Résignez-vous, et au fond de nos coeurs<br />
L'angoisse et le pardon vous assurent une faveur;<br />
Sinon, les clameurs s'obstinent dans la révolte, car<br />
C'est l'heure.<br />
H. Reger<br />
*<br />
E’ l’ora<br />
di Henri Regenwetter – Traduzione dal francese di Walter Nesti<br />
Potenti bastardi della terra<br />
è l’ora di curare le piaghe<br />
delle vostre anime<br />
che sputano miseria<br />
è l’ora di contemplare le mani<br />
che si levano al cielo<br />
i cuori che annegano nel fiele<br />
nel fango della fossa di Daniele<br />
è l’ora in cui<br />
nel singulto dei flutti
7<br />
tremerete per nostra vendetta<br />
che impietosamente affonderà la barca<br />
del vostro regno<br />
Die Symphonie kann beginnen<br />
Meine Kindheit<br />
è l’ora in cui<br />
il tumore della vostra gloriola<br />
vi scoppierà nella testa<br />
della vostra vana arroganza<br />
è l’ora potenti bastardi della terra<br />
d’ascoltare le preghiere dei fratelli<br />
che v’odiano d’odio infernale<br />
è l’ora della vostra rassegnazione<br />
e allora nel fondo dei nostri cuori<br />
angoscia e perdono<br />
garantiranno un trattamento di favore<br />
poiché altrimenti il tumulto<br />
sfocerà in rivolta.<br />
*<br />
Eine Autobiographie beginnt normalerweise mit der Geburt der<br />
Hauptperson. Dazu ist im <strong>Teil</strong> I dieser <strong>Homepage</strong> bereits die Bemerkung<br />
gefallen, dass der erste Wind, vortrefflich als Petinger Wind bezeichnet,<br />
dem „Grafen Heng I. von Zolver“ gehörig um die Nase blies, noch bevor er<br />
sich überhaupt berechtigt fühlte diesen ehrwürdigen Titel zu tragen.<br />
Petinger Wind hat in lokaler Sicht eine ganz spezielle Bedeutung. Dazu fällt<br />
mir nur die Bezeichnung Hoffart ein, die anscheinend in einer Ortschaft wo<br />
viele Eisenbahner wohnen zu einer gewissen artspezifischen Kuriosität<br />
gewesen zu sein scheint. Ich möchte dazu aber sofort aufklärend bemerken,<br />
dass meine Familie mit mir nicht in Petingen, sondern in Rodingen wohnte<br />
und dass deshalb die mir scheinbar auch anhaftende Hoffart nicht in<br />
vollkommene Eitelkeit ausartete. Manch einer wird trotzdem bereits mit<br />
jenem Finger (den die Meisten auch benutzen, um gemütlich in der eigenen<br />
Nase zu stochern) jetzt auf mich zeigen und meine <strong>Homepage</strong> als ein<br />
Produkt doch vorhandener Eitelkeit entlarven wollen. Das schert mich sehr<br />
wenig und ist keinesfalls (m)ein Problem. Ich habe in meinem Leben immer<br />
wieder die Erfahrung machen müssen, dass meistens diejenigen die am<br />
wenigsten auf zu weisen hatten, am meisten neidig reagierten.
8<br />
Ausserdem schreibe ich weil dies mir gefällt und mir Spass macht. Ich habe<br />
keinesfalls Ambitionen von Schriftgelehrten begutachtet zu werden. Meine<br />
Leser sollen aus dem Volk stammen, einfach, gutgelaunt und<br />
aufnahmebereit für merkwürdige Ereignisse und verständlich formulierte<br />
Gedanken.<br />
Ich kam also in Petingen zur Welt, nur weil man mich als Zangengeburt ins<br />
Auge gefasst hatte und meine Mutter nur deswegen vorsichtshalber ins<br />
Spital eingeliefert wurde. Hiermit begannen allerdings alle Schwierigkeiten<br />
die ich später mit meiner Mutter oder vielleicht richtiger beschrieben, die<br />
Sie ihrerseits auch fürderhin mit mir hatte.<br />
Das Haus in welchem wir wohnten findet man heute noch in stark<br />
verändertem Zustand, gegenüber dem Hüttenkasino des Stahlwerkes:<br />
Minière et Métallurgie de Rodange, abgekürzt mit MMR bezeichnet. In der<br />
Dreiländerecke Frankreich, Belgien und Luxemburg geht es sprachlich hoch<br />
zu. Es ist auch nicht übertrieben sofort zu sagen, dass die Luxemburger<br />
überhaupt grammatikalisch gesehen besser französisch sprechen, besonders<br />
aber korrekter schreiben als die meisten Franzosen. Neben Luxemburgisch<br />
und Französisch verstehen und sprechen in diesem Dorf auch alle Leute<br />
sehr gut Deutsch. Diese Sprachenvielfalt führte natürlich zu einer Menge<br />
Eigentümlichkeiten wovon ich hier einige Kostproben geben will.<br />
Rodingen ist die deutsche Bezeichnung von Rodange. Réideng, wäre<br />
eigentlich eine echt luxemburgische Bezeichnung für diese Ortschaft<br />
gewesen; doch gebrauchte man eigenartigerweise diesen Namen nur für den<br />
Ortsteil Nidderréideng, nicht aber für den Ortskern selber, den man rundum<br />
den Bahnhof findet. Kam das durch die Verwechslungsmöglichkeit mit<br />
einer nahebei liegenden Ortschaft, die bereits Réideng hiess? Diese befindet<br />
sich etwa 10 km weit entfernt in östlicher Richtung, in Frankreich, aber hart<br />
an der Grenze und zu allem Überfluss trägt sie auch heute noch den<br />
luxemburgischen Namen „Déitsch Réideng“. Dort gab es früher ein<br />
herrschaftliches Schloss und rundherum reichlich Wasser, so dass man auch<br />
annehmen kann, dass sich hier schon sehr früh Siedlungen befanden. Die<br />
Ortschaft spielte im Mittelalter eine aussergewöhnliche Rolle. Dort wurde<br />
lange Zeit die Gerichtsbarkeit ausgeübt. Der Galgen stand auf dem heutigen<br />
nebenan liegenden „Galjebierg“ und in Réideng befand sich bereits eine<br />
Kirche wohin sich auch die Leute aus Beles und Zolver, sogar aus<br />
Ehlerange, in die Messe begaben. Es wäre also interessant der Vermutung<br />
nach zu gehen, ob es sich möglicherweise auch um diese Wohnstädte<br />
handeln könnte, die im ersten bekannten schriftlichen Schenkungsakt von<br />
Zolver erwähnt wurde, als „villam iuxta castellum celobrium“. Diese kurze<br />
Erläuterung erlaubte ich mir nur zur geografischen Positionierung die im<br />
ersten <strong>Teil</strong> bereits bildlich dargestellt wurde.
9<br />
Nicht weit vom Ortskern von Rodange, nahe der im Tal der Cronière (zu<br />
Deutsch Rohrbach) liegenden Grenzstadt Lasauvage befindet sich eine<br />
kleine aber anheimelnde und heute noch viel besuchte Siedlung.<br />
Geschrieben wird sie „Fonds de Gras“. Man findet sie sogar im Internet.<br />
Das Lesen dieses Namens aber bereitet manchem Intellektuellen, besonders<br />
den Reportern unserer Radio- und TV-Sendern, Kopfzerbrechen, denn wie<br />
ich auch weiter unten noch erläutern werde, spielt vermeintliche<br />
Besserwisserei eine Rolle bei der Annahme es würde sich bei diesem<br />
Namen um eine Französische Bezeichnung handeln. Daher sprechen sie<br />
diesen Ortsnamen falsch aus und zwar wie bei „foie gras“, also ohne das „s“<br />
zu betonen. Nur die Erklärung dass es sich um das ehemalige Besitztum der<br />
Familie Gras handelte, die mit scharfem „s“ ausgesprochen wird, verhilft<br />
zum besseren Verständnis. Die Familie Gras besass auch Erzgruben in der<br />
Nähe und auf einer topografischen Karte findet man auch die Bezeichnung<br />
„Graskopp“ was unverwechselbar an Gras und Weideland erinnert.<br />
Es ist eben eine Eigenart dieser Grenzbewohner sich ohne Probleme im<br />
Zweisprachenmix zu verständigen. So suchte ich einmal vergebens die<br />
Dachluke durch welche seine Eulen ein und ausfliegen könnten, als einer<br />
meiner Familienangehörigen mich in seinem Garten fragte: „Hues de meng<br />
Eilen gesin?“ Wenn ich diese Eilen aber anders schreibe, dann versteht man<br />
besser was er meinte: „Ailen sind Knoblauch, denn im Französischen<br />
bezeichnet man Knoblach mit ail, was phonetisch identisch ist mit „Eil“ zu<br />
Deutsch die Eule.<br />
Unsere Familie war also in Rodange kurz vor meiner Geburt in das Haus<br />
mit der Nummer 33 eingezogen. Mein Vater, der Zollbeamte war, wurde<br />
nämlich dienstlich von Niederkorn nach Rodingen versetzt, was für seine<br />
finanzielle Lage mit einem Vorteil verbunden war, wie das so immer<br />
praktiziert wurde, indem man die Versetzungen mit Vorteilen in<br />
Verbindung brachte, um sie schmackhafter zu machen. In Niederkorn<br />
mussten meine Eltern sogar wegen Geldmangels einmal die Tageszeitung<br />
für längere Zeit abbestellen, nur weil die Zollverwaltung und die<br />
Staatskasse es aber doch nicht so gut mit ihren Beamten meinten, wie die<br />
Regierung dies vorgab indem sie sich als christlich sozial zu bekennen<br />
pflegte. Wahrscheinlich betraf diese Einstellung nur die Gehälter der oberen<br />
Schicht!<br />
Der Start ins Familienleben meiner Eltern begann sogar auf Matratzen, die<br />
ebenerdig in der Mietwohnung lagen, weil das benötigte Geld für den Kauf<br />
eines Bettes eben nicht auf zu bringen war.<br />
Hinter dem oben erwähnten Kasino, in Richtung Norden, beginnt das lang<br />
gestreckte Gelände des Stahl- und Walzwerkes von Rodingen, das sich bis<br />
an die französische Grenze erstreckt, wo auch die Schlackenmühle für<br />
Thomasmehldünger und die „Fonderie“, lies Giesserei zu finden waren. Das
10<br />
Werk entwickelte sich also entlang der belgischen, bis an die französische<br />
Grenze, wo die Chiers, oder zu Deutsch die Korn, noch heute als Grenzbach<br />
zu verstehen ist.<br />
Hier möchte ich eine weitere Sprach orientierte Klammer öffnen, die mich<br />
seit meinem Denkvermögen immer wieder beschäftigt hat, und worin es<br />
wiederum um die Schreibweise oder Aussprache der Namen von zwei<br />
Ortschaften geht.<br />
Der Bach „Korn“ nennt man auf Luxemburgisch „Koar“ oder „Kuer“ und<br />
auf französisch Chiers. Dieser Name wurde abgeleitet von dem lateinischen<br />
„Chara“. Meines Wissens ist dieser lateinische Stamm erhalten geblieben in<br />
dem Ortschaftsnamen Bascharage, an welcher die Korn vorbei fliesst. An<br />
der Quelle (dem Kuerspronk) nennt sich die Ortschaft Oberkorn und etwas<br />
weiter Bach abwärts befindet sich die Ortschaft Niederkorn, womit die<br />
Verzwicktheit der Namengebung zunimmt, denn Bascharage besteht aus<br />
(Bas/ Nieder und chara/Korn) was eigentlich auch soviel wie Niederkorn<br />
bedeutet, hal aber nur im Französischen, denn der deutsche Name derselben<br />
Ortschaft ist Niederkerschen!<br />
Bis an den heutigen Tag wo ich diesem Phänomen ein wenig auf den Grund<br />
gehe und ihn öffentlich beleuchten kann, zeigen wenigstens mir die<br />
zuständigen Behörden mit welchem Intelligenzfaktor deren Beamten<br />
eingestuft werden können, besonders in punkte topografische Kartierung.<br />
Da steht der Turm von Pisa noch schiefer als bisher. Anstelle den beiden<br />
erst genannten Ortschaften ihren original deutschen und geografischen<br />
Namen zu belassen, und ihn auch in französischen Texten mit „k“ zu<br />
gebrauchen und zu schreiben, gab man sich extrem chauvinistisch<br />
französisch und unterdrückte einfach das angeblich exklusive deutsche k,<br />
mit dem Hinweis, dass es ein „k“ in der französischen Sprache überhaupt<br />
nicht gäbe. Es ging also darum dieses „k“ durch ein französisches „c“ zu<br />
ersetzen, sodass man heute noch an vielen öffentlichen Stadtschildern die<br />
falsch geschriebenen Ortsnamen Obercorn, und Niedercorn, lesen kann.<br />
Dummerweise war und ist das geistige Niveau dieser Leute, die unbedingt<br />
ihre eher geile Neigung zum Französischen manifestieren wollten, komplett<br />
daneben. Nur ein Quäntchen Verstand hätte gereicht um sich zu<br />
vergewissern, dass es im Französischen wohl den Buchstaben „k“ gibt, den<br />
die Académie française im Littré als „onzième lettre de l’alphabet“<br />
bezeichnet, und der sich in vielen Wörtern wieder findet, wie in „kanguroo“,<br />
„kantisme“, „kaolin“, „kilomètre“ sowie „kleptomanie“ und „kyste“ um<br />
nur einige zu erwähnen. Niemand kam auf eine andere mögliche Idee um<br />
die Übersetzungen Haute-Chiers oder Chiers-Basse ein zu führen, was<br />
absolut in Ordnung gewesen wäre. Damit sei dieses öffentliche Bekenntnis<br />
von geistiger Unvollkommenheit eigentlich abgehackt. Die meisten
Aushängeschilder der leider noch immer nicht korrigierten Geistesblitze<br />
befinden sich auch noch immer im Gebrauch.<br />
11<br />
Doch nun zurück zur Chiers in Rodange, wie sie auch dort geläufig genannt<br />
wurde. Sie war und ist heute noch zum grössten <strong>Teil</strong> am erwähnten<br />
Abschnitt eher eine Abwasserkloake, als ein Bach. Sie fliesst nämlich<br />
zwischen zwei Hüttenwerken und nimmt deren Abwässer auf. Wenn ich<br />
bedenke, dass es bereits Pläne gab die Mosel bis hierher zu kanalisieren und<br />
dass hierfür schon einige Bauwerke errichtet wurden, dann kann ich aus der<br />
Sicht von heute nur noch den Kopf schütteln.<br />
Nebenflüsse der Korn, die hier aus Belgien kommend einmünden, wie die<br />
meist nur knietiefe Messancy, sind dagegen noch mehr oder weniger<br />
saubere Fischgewässer, in und an denen wir Jungen sehr oft auftauchten.<br />
Besonders rundum den „Pont Noir“, gelegen zwischen Athus und<br />
Messancy, war unser Aktionsradius. Dies war ein herrlicher Bachabschnitt<br />
der vom Rangierbahnhof von Athus überdeckt ist, aber von den Anrainern<br />
über eine längere Passerelle durchquert werden kann. Hier besorgte ich mir<br />
die Kleinfische, die bereits damals in Bütten oder anderen Behältern<br />
schwammen, die für mich in unserm Garten aufgestellt waren. Es waren<br />
dies Ellritzen, Bitterlinge, Stichlinge und auch die berühmten Goujons<br />
(Groppen), welche die Einheimischen mit der Essgabel fingen, die sie an<br />
eine Rute befestigt hatten Die am Boden und unter Steinen versteckt<br />
lebenden Kleinfische wurden mit der Gabel regelrecht aufgespiesst.. Was<br />
mich dabei am meisten schockte, war der anschliessende Verzehr des rohen<br />
Fisches. Dies ebenfalls zu versuchen habe ich mir nie getraut. Man durfte<br />
sie eigentlich nur schlucken, wenn sich deren Kopf nach vorne im Mund<br />
befand, denn die seitlich und nach oben abstehenden Dornen hätten sich<br />
unweigerlich irgendwo auf dem Weg in den Magen eingebohrt. Nicht dass<br />
ich mich ekelte, aber zusehen wie der kleine aber noch zappelnde Fisch im<br />
Mund verschwindet und dann hinuntergewürgt wird, das bewegte mich<br />
zutiefst. Heute zweifele ich jedoch wieder ob ich nicht doch noch immer mit<br />
einem Bären auf dem Rücken herumlaufe und man die Fische, wie bei<br />
einem Zaubertrick, die Zuschauer täuschend, nur scheinbar mit<br />
schmatzendem Mund verschwinden liess.<br />
Es gibt wahrscheinlich nur wenige Meter an diesem Bachabschnitt, die ich<br />
nicht barfuss durchwatet habe. Das mir vertraute Gelände erstreckte sich<br />
über nahezu einen Kilometer, vom Zentrum der Grenzortschaft Athus bis<br />
hinter den Bahnhof in Athus.<br />
Meine erste wissenschaftliche Entdeckung machte ich eigentlich mit diesen<br />
Kleinfischen. Die Zinkwanne, und auch andere Behälter, die draussen in der<br />
Sonne standen, konnten unter dem im Freien angebrachten Wasserhahn<br />
immer wieder mit Frischwasser versorgt werden. Ein umgestülpter<br />
Blumentopf, und einige Steine erlaubten den Fischen sich zu verstecken.
12<br />
Puppen oder Eier von Ameisen aus dem Garten, Stubenfliegen und Stücke<br />
von Regenwürmern gehörten zum täglichen Speiseplan, der mir bis zum<br />
Winter zur Verfügung stand. Dann konnte ich folgende Beobachtung<br />
machen. Da das Wasser nur etwas 0,40 m tief war, froren die Fische<br />
manchmal über Wochen komplett ein, doch staunte ich weil die Fische<br />
dabei keinesfalls eingingen. Nein, sie bewegten sich langsam, wie im<br />
Zeitraffer Tempo, dauernd hin und her und erzeugten so um sich selber eine<br />
eisfreie Zone. Sie lebten sozusagen auf Sparflamme. Ich erklärte mir dieses<br />
Phänomen aber auch indem ich annahm, dass die schleimige Haut der Tiere<br />
ebenso dazu beitragen konnte rundum sich selber das Wasser vor dem<br />
Gefrieren zu bewahren. Erst später, als ich ein Auto besass, brachte ich<br />
dieses Verhalten mit dem bekannten Antigel in Verbindung. Inzwischen ist<br />
diese Fähigkeit der Fische und mancher anderer Meerestiere, besonders bei<br />
Meeressäugern wissenschaftlich belegt. Ob bei meinen Beobachtungen<br />
ebenfalls Glykoproteinen mit im Spiel waren, wie das bekannter Weise bei<br />
den Fischen im Polarmeer der Fall ist, wäre wohl eine interessante Studie<br />
für einen Doktoranden.<br />
Kehren wir jedoch noch einmal zurück zum Eisenhüttenwerk und zu<br />
Ereignissen die sich, chronologisch gesehen, sehr früh in meinem Leben<br />
abgespielt haben.<br />
Zauberhaftes Licht- und Schattenspiel<br />
Nachts belebte der Widerschein von Millionen von sprühenden Funken der<br />
Konverter, die hell tapezierte Wand, rechts neben meinem Kinderbett, das<br />
im Schlafzimmer meiner Eltern stand. Wie auf einer Kinoleinwand tanzten<br />
und tobten dort tausende Phantome, Geister, Kobolde und Gespenster der<br />
Licht- und Schattenwelt. Das Kinderbett im Schlafzimmer meiner Eltern<br />
war provisorisch und nur eine weitere Vorsichtsmassnahme geworden weil<br />
ich bereits einige Monate nach der Geburt eine doppelte Lungenentzündung<br />
mit mehr als 41° Celsius Fieber erwischte und meine Eltern sich ständig<br />
Sorgen machten um meinen Gesundheitszustand, den sie besonders auch in<br />
der Nacht überwachen wollten.<br />
Die Erinnerung an diese herrliche, zauberhaften Licht- und Schattenspiele,<br />
des Funken sprühenden Sydney Thomas Stahlwerkes, in der Sicht etwas<br />
abgeschirmt von einigen Tannen, ist tief in den Windungen meines Gehirns<br />
eingeprägt. Die vier mächtigen Tannen, so werden sie im Volksmund<br />
genannt, sind eigentlich Fichten, die damals beim Eingang des Parks<br />
wuchsen, wippten im leichtesten Windstoss hin und her und hauchten den<br />
über mein Bett hinweg geworfenen Schatten Seelen ein. Jedes Mal, beim<br />
Anblick von flackerndem Licht- und Schatten erinnere ich mich an dieses<br />
schmucke Kinderbett, mit der beidseitig hölzernen Reling die nachts<br />
geschlossen wurde, damit ich nicht aus dem Bett fallen konnte. Besonders<br />
bezaubernd und anheimelnd schaute sich dieses eindrucksvolle
13<br />
Schattenspiel an, wenn ein sanfter Wind durch die Fichten wehte. Doch bei<br />
Sturmwind huschten die Schatten ungestüm hin und her. Es schien, wenn<br />
ich es heute mit meinem geistigen Auge betrachte, als ob die<br />
Apokalyptischen Reiter immer wieder erneut vorbei galoppierten.<br />
Wahrscheinlich haben sich damals mein Sehsinn und meine<br />
Vorstellungskraft dermassen erweitert und verfeinert, dass ich heute immer<br />
wieder feststellen muss, wie sehr sich mein Wahrnehmungs- und<br />
Beobachtungsvermögen von dem anderer Menschen differenziert.<br />
Durch dieses gratis ablaufende, nahezu alltägliche Lichtspiel brauchten<br />
meine Eltern auch selten elektrisches Licht anzuzünden, wenn sie zu Bett<br />
gingen.<br />
Das Heimathaus<br />
Unser Haus war eher ein herrschaftliches Wohnhaus, worüber meine Eltern<br />
sehr stolz waren. Es war etwas in einem nahezu unsichtbaren Hügelchen,<br />
zurückgelegen von der Strasse gebaut worden und kaum 10 Jahre alt. Die<br />
Kellerräume waren ebenerdig vorne und nahezu völlig im Erdreich an der<br />
Rückseite des Hauses, so dass in ihnen nahezu völlige Dunkelheit herrschte<br />
und die schmale Luke kaum Licht in den Keller warf. Nur die schwarze<br />
Katze Micky machte davon Gebrauch. Hier fand ihr Wechsel aus dem und<br />
ins Haus statt, wenn nicht gerade das Küchenfenster oder eine Tür offen<br />
stand. Über dem zweiten Stockwerk mit den Schlafzimmern, befand sich<br />
noch eine bewohnbare Mansarde. Dann ging es noch eine Holzstiege höher<br />
bis unter das spitz zugeschnittene Dach in welchem ein kleiner eigentlich<br />
nur dekorativer Turm eingebaut war. Hier hatten die Tauben des Nachbarn<br />
ihr Klo eingerichtet. Mit einigen unterschiedlich langen und<br />
zusammengebundenen Eisenstangen, die der Nachbar über ein langes Seil in<br />
Bewegung und dabei zum Klirren bringen konnte, wurden die Tauben direkt<br />
an ihrem Sitzplatz mit Radau erschreckt, aber mit der Zeit gewöhnten diese<br />
sich an das Geräusch am Kamin und wir uns an ihren Mist auf der<br />
Haustreppe, wobei uns das Geräusch der Eisenstangen immer mehr störte.<br />
Im Innern war das Treppenhaus bis zum Speicher offen und ganz aus Holz<br />
gebaut. Nirgends gab es Betonböden. Alle Zimmer waren nahezu 4 Meter<br />
hoch. Mein Vater war ein Hüne. Wenn er gut gelaunt war, lies er uns Buben<br />
(mein Bruder, er wurde zwar François gerufen hiess aber offiziell Albert,<br />
war 4 Jahre älter als ich) einen nach dem anderen auf seinen Schultern<br />
turnen und sogar oben stehend konnten wir nicht bis an die Zimmerdecke<br />
reichen.<br />
Der grosse Doppelkeller war also auf dem Niveau der Strasse. Er konnte<br />
fast nicht ohne eingeschaltetes Licht betreten werden. Ich hatte immer<br />
Angst allein hinab zu steigen um Kohlen oder Briketts für die Ofen zu<br />
holen. Nur den stinkenden Käse, Fromage de Herve, den mein Vater<br />
während des Krieges in seinen beiden Koffern und in rauen Mengen mit
14<br />
nach Hause brachte, konnte ich ohne Licht finden, ich brauchte nur die<br />
Quelle des Duftes an zu steuern. Aber auch die Kartoffeln, die in die Küche<br />
getragen wurden, gehörten zur alltäglichen Pflichtarbeit und waren am<br />
starken Erdgeruch zu finden. Dass man auch von der Strasse her ebenerdig<br />
in den Keller gelangte, war ein beachtlicher Vorteil zumal wenn eine neue<br />
Ladung Kohlen, Briketts oder Holz angeliefert wurde. Die Briketts und das<br />
noch ungespaltene Holz wurden Raum sparend wie Ziegelsteine gestapelt,<br />
was stets die Aufgabe von uns Jungen war. Wenn Holz gebraucht wurde,<br />
durften wir dies sogar selber spalten. Das Beil war immer griffbereit in<br />
einem mächtigen Holzbock eingeschlagen. Es handelte sich bei diesen<br />
Holzscheiten um leicht spaltbare, unbrauchbar gewordene und auf Mass zu<br />
geschnittene Grubenstützen. Die Grubenarbeiter hatten eine Ration von<br />
Holz gratis zur Verfügung und je näher der Winter kam konnte man sie<br />
tagtäglich von der Arbeit nach Hause gehen sehen mit einem meterlangen<br />
Scheit Holz, in welches ein Keil als Griff getrieben war. So konnte man es<br />
besser auf der Schulter tragen und mit einer Hand festhalten. Es sei hier<br />
zusätzlich notiert, dass sich direkt angrenzend an die Ortschaft geologisch<br />
gesehen, das Plateau de Brie ausbreitet, das weit ins Französische reicht und<br />
bekannt ist durch sein ergiebiges Eisenerzvorkommen. Die Minette, wie das<br />
Eisenerz genannt wird, konnte man zuerst nur über Stollen abbauen, später<br />
aber auch im Tagebau. Die vielen kraterähnlichen Löcher oben auf dem<br />
Plateau rührten her von eingestürzten oder zum Einsturz gebrachten Stollen.<br />
Eine Traumlandschaft für spielende Linder, die keine Gefahr kannten, denn<br />
weitere Einsturze waren häufig, doch glücklicherweise kann ich mich nicht<br />
erinnern, dass irgend einem dort ein Leid zugestossen sei.<br />
Die Westseite unseres Hauses war an ein viel kleineres Nachbarhaus<br />
angebaut. Alle Zwischenwände waren nahezu schalldicht, doch konnte man<br />
noch gut vernehmen, wenn auf der anderen Seite etwas besonderes los was,<br />
das heisst wenn es dort etwas lauter her ging als normal. Auf unserm<br />
Parterre befanden sich 2 Eingangstüren. In der Mitte der einen an der<br />
Vorderfront, befand sich ein kleines Fenster, das man öffnen konnte. Die<br />
Franzosen bezeichnen solch ein Fenster wie auch das heute als „Spion“<br />
bekannte Guckloch mit „Vasistdas“, was in überzogenem Chauvinismus der<br />
sich in Sachen Sprache unfehlbar gebenden Académie Française aber mit<br />
einem „V“ geschrieben wurde, obschon es abgeleitet ist von „Was ist<br />
das?“. Diese Tür war sehr praktisch zum Betreten der kleinen Balkon-<br />
Terrasse die wir auf der Strassenseite benutzen. Dort stand unsere<br />
gemütliche Bank recht bequem und luftig im Schatten. Bei guter Witterung<br />
wurde sie sehr oft benutzt. Das erlaubte uns alles zu überblicken, was sich<br />
vor unserm Haus abspielte. Hier wurden alle Familienfotos geknipst, denn<br />
mein Vater war ein leidenschaftlicher Fotograf, der seine Glasplatten noch<br />
selber im Dunkel -Keller entwickelte. Ein kleiner Vorgarten im Hang war<br />
mit Strauchrosen und Farnen begrünt nebst einem Fliederbusch dessen<br />
Blüten mein Vater immer abschnitt um sie meiner Mutter zu<br />
Dekorationszwecken zu überreichen. Nur hatte die Tür wegen des seltenen
Benutzens die fatale Eigenschaft am Boden zu klemmen. Diese Bremse<br />
konnte nur mit etwas Kraftaufwand überwunden werden.<br />
15<br />
Die andere Haustür öffnete sich ebenfalls ins Treppenhaus, aber als<br />
Nebeneingang an der östlichen Giebelseite. Sie wurde am meisten benutzt.<br />
Hier befand sich auch der Zugang zum Garten. Rollladen vorne am Haus<br />
und Klappladen auf der Hinterseite dienten der Sicherheit. Jeden Abend<br />
wurden die beiden länglichen, bis an die Klinken herab reichenden Fenster,<br />
der Giebeltür mit Stahlplatten abgesichert und mit einem breiten Flacheisen<br />
zusätzlich verriegelt. Diese manuelle Absicherungsmethode anzubringen<br />
und wieder zu entfernen, war ein tagtägliches Pensum von uns Buben.<br />
Damit man diese bereits damals notwendigen Sicherheitsvorkehrungen<br />
verstehen kann betone ich, dass wir an der Westgrenze des Luxemburger<br />
Landes wohnten und wenn man nach Frankreich über die Grenze ging, wo<br />
sich nur ein eher symbolischer Schlagbaum als Absperrung befand, war man<br />
wohl im Land der Franzosen, aber zu sehen waren meistens nur<br />
herumlungernde Algerier, Marokkaner und Tunesier die alle arbeitslos zu<br />
sein schienen. Einheimische Franzosen waren wenige zu erkennen. Dazu<br />
war meine Mutter eine überaus ängstliche Person der es auch nicht leicht<br />
fiel viele Nächte ohne Schutz des Mannes zu sein, während dieser seinen<br />
Nachdienst ausübte.<br />
In die Gute Stube unseres Hauses kam man vom Hausgang her durch eine<br />
riesige Doppeltür, die selten geöffnet wurde, besonders aber dann wenn ein<br />
grosser Putztag bevorstand oder im Sommer wenn Kühlung per<br />
organisiertem Durchzug erreicht werden sollte. An diese grosse Doppeltür<br />
angelehnt stand auch das Fahrrad meines Vaters, wenn er zuhause war. Dies<br />
war von der englischen Marke Raleigh und recht solide, was dem Anspruch<br />
meines gewichtigen Vaters entsprach. Sogar der Gepäckträger war sehr<br />
stabil und wurde oft von uns benutzt um eine kurze Strecke als Aufsitzer<br />
mit dem Vater zu fahren. Rücktritt als Bremse, und eine kleine Übersetzung<br />
waren besondere Gadgets, die auch wir schnell zu nutzen wussten. Meine<br />
Mutter mag dieses Aufspringen auf den Gepäckträger nicht so sehr weil sie<br />
öfters danach Risse in unseren Hosen zu nähen hatte.<br />
Die gute Stube wurde nur selten benutzt. Es roch in ihr immer apart muffig<br />
und übertrieben säuberlich nach Bohnerwachs, den wir Buben nicht nur auf<br />
den Holzboden auftrugen, sondern von der Mutter auch besonders an den<br />
Möbel gebraucht wurde, welche anschliessend poliert werden mussten. Auf<br />
der grossen Fensterbank standen einige Asparaguspflanzen, aber auch<br />
Pflanzen die man im Volksmunde Zungen der Schwiegermutter nennt.<br />
(Schwéiermamms Zongen). Die Bezeichnung kam wahrscheinlich daher<br />
weil die Blattränder der Pflanzen messerscharf sind und man sich gerne die<br />
Finger daran verletzte, wenn man die Blätter vom Staub befreite. Nur zu<br />
feierlichen Anlässen wurde dort alles schön hergerichtet. Dort befanden sich
16<br />
um einen runden, aber weit ausziehbaren Tisch, 6 recht komfortable mit<br />
schwarzem Leder überzogene Holzstühle. Sie waren auf dem Sitz und am<br />
Rückenstück sehr dekorativ mit Kupfer- oder Messingnägel beschlagen. Es<br />
befand sich in diesem Zimmer ebenfalls eine Liege auf welcher wir<br />
manchmal herumturnen durften und wo mein Vater seine Siesta hielt. Es<br />
kam aber auch vor, dass wir uns dorthin zurückzogen, wenn wir uns<br />
schämten oder mit unserm kindlichen Leid allein sein wollten. Das lästigste<br />
an diesem Zimmer war das peinliche Staubwischen und das anschliessende<br />
Bohnern. Daran war das Hüttenwerk schuld, das sehr feinen Staub<br />
produzierte, welcher durch alle Fugen und Ritzen ins Haus eindrang. Unter<br />
dieser Liege (chaise - longue genannt) wurde der grosse hölzerne Kasten<br />
mit dem Staubsauger mitsamt Accessoires aufbewahrt. Den Staubsauger<br />
benannten wir nach seiner Marke Electrolux. Der „Lux“ musste nahezu<br />
jeden Tag in Gebrauch kommen, das verlangte die peinlich praktizierte<br />
Sauberkeit in unserer Familie. Die Tätigkeit mit diesem saugenden<br />
Ungetüm auf Gleitschienen hatten wir mit dem Tätigkeitswort „luxen“<br />
belegt. Dieses grösste aller Zimmer war also das Prunkstück, das<br />
Aushängeschild unseres Hauses. Kindtaufe, Kommunion, Weihnachten und<br />
einige Familienbesuche hatten dort Vorrecht.<br />
Der Architekt des Hauses muss entweder besoffen gewesen sein als er den<br />
Plan erstellte, oder aber er war ein absoluter Dummkopf, denn<br />
wahrscheinlich erst als der Rohbau fertig gestellt war merkte man, dass kein<br />
WC vorgesehen war. Man wusste alsdann keine bessere Lösung als einen<br />
<strong>Teil</strong> des grossen Esszimmers hierfür ab zu trennen. Da man die<br />
Seitenmauern des WC aber nicht bis unter die Decke hochgezogen hatte,<br />
befand sich nachher in der Ecke der schönen Stube eine Art grosser<br />
eingebauter eckiger Kasten, den man später als Schrank tarnte, indem<br />
ungeübte Anstreicher auf die blanken Gipswände so etwas ähnliches wie<br />
Holzpanelen aufmalten, sowie simulierte Türen eines Bücherschranks. Das<br />
wäre noch eine annehmbare Lösung gewesen, aber nur eine Täuschung fürs<br />
Auge. Wenn nicht gerade dann wenn hoher Besuch aufkreuzte, man beim<br />
Festessen besonders gut hat vernehmen können wenn und wie lange jemand<br />
pinkelte, wer und in welchem Ton dieser Winde von sich gab. Sogar das<br />
Rascheln der abgerissenen Zeitung war durch die dünne Trennwand<br />
erschreckend gut vernehmbar. Auch das anschliessende Ziehen des<br />
Wasserkastens, der hoch oben an der Seitenwand angebracht war, konnte<br />
akustisch nicht unterdrückt werden. Unsere Eltern hatten uns eingebläut<br />
niemals das WC zu benutzen, wenn die geladenen Gäste beim Festessen zu<br />
Tische sassen. Im Notfall verschwanden wir in unserm Garten und pinkelten<br />
gegen den Kaninchenschuppen. Das hatten wir auch lieber, da konnten wir<br />
wenigstens die Vorhaut unseres Wasserspeiers wie eine Blase mit Urin<br />
füllen und damit versuchen Rekorde im Weitpinkeln zu erstellen indem wir<br />
kräftig auf die pralle Blase drückten und versuchten den heraustretenden<br />
Strahl so dünn wie nur möglich zu halten. Meistens zielten wir auf den<br />
Starenkasten, der unter der Dachrinne des Kaninchenstalles aufgehängt war.
17<br />
In dieser Sportsparte zirkulierten übrigens die skurrilsten Gerüchte von<br />
Männern, denen es sogar gelungen sei auf diese Weise manche der<br />
damaligen Gaslaternen in der Strasse zum Erlöschen zu bringen. Erst später<br />
wurde es auch uns bewusst, dass dies kaum möglich war, da das<br />
Gasflämmchen der Strassenlaternen rundherum mit einer Glasscheibe<br />
absolut winddicht und somit auch vor einem gezielten Urinstrahl geschützt<br />
war.<br />
Ein Wort zur Beschneidung aller männlichen Geburten<br />
Spätestens hier fällt mir noch etwas ein, was mich in meinem späteren<br />
Leben sehr beschäftigt hat. Als Bube lernten wir schnell was Onanieren<br />
war, doch hatten wir da eher minder wissenschaftliche Bezeichnungen<br />
dafür. Was mich später beschäftigte, das war die Beschneidung durch<br />
welche während des Krieges die Juden schneller identifiziert werden<br />
konnten. Als mein Sohn zur Welt kam wurde keine automatische<br />
Beschneidung vorgenommen, obschon das bereits eine übliche, meines<br />
Erachtens aber äusserst unseriöse Handlungsweise der Ärzte war und<br />
vielerorts noch ist. Ich war lange der Meinung diese Praxis hätte sich erst in<br />
unsern Industriegebieten verbreitet, weil eben durch die Beschneidung aller<br />
männlicher Nachkommen man möglicherweise vermeiden könne, dass ein<br />
jüdisches Kind schnell als solches identifiziert werden kann. Die<br />
Erläuterungen die uns aber zu diesem Problem gemacht wurden entsprachen<br />
keinesfalls der Realität. Beschneidung ist in den seltensten Fällen eine<br />
hygienische Vorsorgemassnahme. Die einzigen positiven Seiten lagen eher<br />
bei einem zusätzlichen und willkommenen Verdienst der Ärzte. Es ist<br />
deshalb auch äusserst fraglich warum man eigentlichen einen Arzt, der<br />
unaufgefordert Jungen beschneidet, nicht wegen Körperverletzung vor den<br />
Kadi bringen kann. Negativ ist jedenfalls auch zu beurteilen der Umstand,<br />
dass die nervliche Empfindlichkeit der Eichel unbedingt nachlässt, dass man<br />
auf fremder Toilette sitzend sehr schnell Krankheitskeime auf die Eichel<br />
übertragen kann, die ansonsten durch eine Vorhaut eher geschützt bleibt.<br />
Natürlich war es auch eine Art Prävention die von welchen Gutgläubigen<br />
auch immer gefordert, um der Onanie Einhalt zu gebieten. Auf jeden Fall<br />
bin ich heute noch froh darüber, dass mir jene schreckliche Verstümmelung<br />
erspart geblieben ist. Dies hat sich erwiesenermassen seit dem weit<br />
spritzenden Wasserstrahl in frühester Jugend bis heute ins Alter keinesfalls<br />
nachteilig erwiesen. Ich finde es auch absolut unsinnig dieses eher an<br />
Verbrechen an der Menschheit grenzende Thema zu tabuisieren. Meine<br />
Erinnerung ist noch frisch wenn ich daran denke wie meine Frau, die genau<br />
wusste was es mit der Vorhaut auf sich hat, unserm befreundeten Arzt, der<br />
unsern Sohn zur Welt brachte eine Woche nach der Geburt sagte: „Wenn<br />
Du den Bub beschnitten hättest, dann hätte ich Dir den Hals umgedreht!“<br />
Das Treppenhaus
18<br />
Zurück zum Treppenhaus, dessen Holzstiegen und auch das Geländer uns<br />
Beiden lange Zeit als Rutschbahnen dienten. Von hier konnte man gerade<br />
aus in die Küche gelangen. Das Geländer war zwar beliebt als Rutschbahn,<br />
war aber viel zu steil, ergo zu schnell und führte meistens zu Verletzungen.<br />
Wenn man sich aber auf einen Teppich setzte, den man mit beiden Händen<br />
zwischen den Beinen festhielt, dann waren die Holztreppen zwar eine<br />
holprige Angelegenheit, doch recht lange beim Rutschen beliebt, zumal<br />
wenn die Witterung uns zwang im Haus zu bleiben.<br />
Die Küche war recht geräumig, mit einen schwarzem Abwaschbecken das<br />
aus einem Schieferblock gehauen war. Der Abfluss befand sich unterm<br />
Küchenfenster, der durch die Aussenmauer in die Kanalisationsröhre führte,<br />
die sich unter dem Kellerboden befand. Ausserdem befand sich in der<br />
Küche eine grosse Kochmaschine von der Marke Küppersbusch mit<br />
seitlichem Warmwasserkessel, und Backofen. Auch gab es damals bereits<br />
einen als Luxus bezeichneten Gasherd mit 2 Brennern. Von der Decke<br />
herunter hing eine Leuchte mit Porzellanschirm. Man konnte sie in der<br />
Höhe verstellen, was am Abend beim Lesen besonders günstig war. Die<br />
Abgas- oder Kaminröhre war mit Silberbronze gestrichen und war erst unter<br />
Decke an den Kamin angeschlossen. Diese lange Ofenröhre gab zusätzliche<br />
Wärme an das hohe Zimmer ab.<br />
Gehen wir aus der Küche in die normale und auch sehr gemütliche Stube.<br />
Dort ratterte manchmal tagelang die Nähmaschine meiner Mutter. Es war<br />
eine Singer mit Fussbetrieb. Auch lauschten wir dort gerne Radio. Wir<br />
hatten einen Telefunken und der stand in Augenhöhe auf einem Schrank.<br />
Besonders gerne hörten wir uns Hörspiele an, die bei Radio Beromünster<br />
auf Kurzwellen gesendet wurden, aber auch im Krieg wurde dieses Radio in<br />
Betrieb genommen. UKW Empfang gab es damals noch nicht. Es kam erst<br />
viel später. Im Krieg wurde nur mit der leisesten Lautstärke gehört.<br />
Besonders die Ankündigung der BBC - London mit ihrem dumdumdumdum<br />
hatte viel und merkwürdige Resonanz und musste absolut unterdrückt<br />
werden, damit kein Nachbar aufmerksam werden konnte. Mein Vater<br />
machte sich öfters die Mühe (wenn er zuhause war), und brachte den<br />
Apparat ins Elternbett, wo er dann unterm Bettzeug den „Feindsender“<br />
abhörte. Obschon man dies vor uns Buben verschweigen wollte, wussten<br />
wir genau was vor sich ging. Ich kann mich erinnern, dass ich meiner<br />
Mutter einmal anlässlich einer Tracht Prügel, damit gedroht hatte ich würde<br />
den Leuten erzählen, dass mein Vater den Engländer höre. Das hatte einen<br />
gewaltigen Schock ausgelöst. Ich glaube schon dass eine für mich<br />
vorteilhafte und auch nachhaltige Wirkung nicht ausgeblieben ist. Die<br />
gewählte Sendestation wurde stets schnellstens wieder gewechselt, denn<br />
genau das war es was die uns besuchenden Spitzel immer wieder ergründen<br />
wollten. Auch in Rodingen gab es die so genannten gefährlichen<br />
Nazianhänger, die zu allem fähig waren. Einige von diesen<br />
„Landesverrätern“, besonders jene die manchen, ihnen ungenehme Bürger,
19<br />
bei der SS angezeigt hatten, wurden von der Rodinger Volksjustiz gelyncht,<br />
als die „ewig siegreichen Truppen“ mit einem „strategischen Rückzug“, aus<br />
dem Luxemburger Land vertrieben waren. Doch aus dieser Zeit noch<br />
einiges später.<br />
In den beiden Wohnstuben gab es mehrarmige Deckenleuchten die einzeln<br />
oder global geschaltet werden konnten. Ein Feuer wurde in der<br />
Kochmaschine und bei kalter Witterung in der alltäglich gebrauchten<br />
Wohnstube unterhalten wo sich ein gewichtiger, gusseiserner Dauerbrenner<br />
mit ein er nahezu zwei Meter langen Ofenröhre befand. Die Marke hiess<br />
Oranier. Diese Ofenröhre diente weniger als Dekor, war dagegen eine<br />
exzellente und zusätzliche Wärmespende. In der besten Stube stand ein<br />
ähnlicher Dauerbrenner, ebenfalls mit langer Ofenpfeife. Dieser Ofen wurde<br />
aber nur selten unter Feuer genommen, so dass die Tür die sich zwischen<br />
den beiden Stuben befand zur Kältebrücke wurde, besonders im Winter.<br />
Wenn in diesem Ofen ein Feuer angezündet wurde, gab es zuerst eine<br />
höllisch beissende Dampfentwicklung, weil der Kamin kalt war und es<br />
etwas dauerte bis sich der Aufwind in Gang setzte. In Erkenntnis der<br />
Sachlage hat mein Vater dann immer als Vorbereitung etliche Zeitungen in<br />
der Ofenröhre verbrand bis der Aufwind mächtig zu heulen anfing. Wurde<br />
die Zwischentür zur Grossen Stube geöffnet, verflüchtete sich die gesamte<br />
Hitze von Küche und der „Kleinen“ Stube in die unbeheizte „Grosse“ Stube,<br />
was aber auch ein Vorteil hatte wenn einmal schnell aufgeheizt werden<br />
musste. Diese „Grosse“ Stube trug im täglichen Sprachumgang die<br />
Bezeichnung „Salle à manger“.<br />
Auf dem ersten Stock befanden sich drei Zimmer, davon zwei vom<br />
Treppenhaus aus zu erreichen. Ein grosses Fenster das viel Licht ins<br />
Treppenhaus schüttete, konnte man nur öffnen, wenn man auf einen Stuhl<br />
stieg um bis an den Griff zu reichen. Die Treppe war in zwei geteilt und<br />
ging in einem Zwischenabsatz nach oben. Bei diesem Absatz befand sich<br />
ein Fenster, das man nicht öffnen konnte und nur etwa 0,20 m über dem<br />
Treppenabsatz und etwa 0,60 m hoch war. Vor diesem kleinen Fenster lagen<br />
wir oft auf dem Bauch um ungesehen das Geschehen auf der Strasse zu<br />
überschauen. Von aussen waschen konnte man dieses Fenster nur wenn man<br />
auf der Terrasse auf eine Leiter stieg, was sehr umständlich und<br />
ausschliesslich eine Angelegenheit von uns Burschen war. In etwa 1,80 m<br />
Höhe begann dann das 2 grosse Doppelfenster, welches man zwar von<br />
Innen öffnen und beidseitig putzen konnte, aber nur indem man wiederum<br />
eine Leiter zu Hilfe nahm.<br />
Das Elternschlafzimmer, mit einer in drei <strong>Teil</strong>e geteilten Fensterwand, lag<br />
zur Strasse hin. Das Kinderschlafzimmer hatte ein Fenster auf der Südseite<br />
von wo man den kleinen Garten überblicken konnte und auf den geräumigen<br />
einstöckigen, daher recht geräumigen Kaninchenschuppen sah. Im dritten<br />
Zimmer, vom Elternzimmer aus zu erreichen und das auch ein Fenster auf
20<br />
den Hinterhof besass, befand sich neben einem Waschbecken, eine<br />
mannslange Badewanne aus weis lackiertem Zink, ein Gasofen zur<br />
Wasseraufbereitung mit eingebauter Dusche, sowie ein guter Ofen, der<br />
schnell Hitze von sich gab, wenn er in Anspruch genommen wurde. Das<br />
geschah in der Regel jeden Samstag, dann war nämlich Waschtag. Dies war<br />
also bereits eine recht luxuriöse Ausstattung, was „vor dem Krieg“ nur<br />
wenige Häuser auf zu weisen hatten. Meine Eltern waren besonders stolz<br />
auf diese Dienstwohnung, die mein Vater aber keinesfalls gratis benutzen<br />
durfte. Dabei muss ich in Erinnerung rufen dass mein Vater eine Uniform<br />
trug. Er war Douanier, also Zollbeamte, im Volksmund mit<br />
„Heckeschösser“ bezeichnet, im Dienste des Staates und sein Verdienst war<br />
recht mager, was wir ständig zu hören bekamen. Die Dienstkleider bezog er<br />
von einer „Organisation“ die sich „Kleidermasse“ nannte. Seine Stiefel oder<br />
Schuhe mit Ledergamaschen mussten manchmal herhalten, wenn ich mich<br />
zuhause verkleidete und meine Eltern zum Lachen bringen wollte. Dann<br />
zog ich auch den bis auf den Boden ragenden Uniformrock über und setzte<br />
die steife Kappe auf, unter welcher ich mich kaum noch orientieren konnte.<br />
Sogar den 5cm breiten Lederriemen mit Anhang, Gummiknüppel<br />
(matraque) und Revolver legte ich mir zweimal um den Bauch gewickelt,<br />
als Panzgurt um und stakste so, allen Zuschauern imponierend, durch die<br />
Küche.<br />
Mein „grosser“ Bruder hatte wahrscheinlich wenig Verständnis für solchen<br />
Schabernack. Jedenfalls kann ich mich nicht erinnern dass er zu den<br />
amüsierten Zuschauern gehörte.<br />
Feuersbrunst<br />
Er wollte sich auf intelligentere Art und Weise hervortun. So kam es dass<br />
an einem Samstag, dem Reinigungstag für alle, wir die Kopf- und<br />
Körperwäsche bereits über uns hatten ergehen lassen. Das war eine<br />
Beschäftigung meiner Mutter. Ich erinnere mich noch sehr genau, dass sie<br />
sich immer wieder etwas verärgert gab, wenn sie an unserm<br />
Geschlechtsorgan herum einseifte und schrubbte und dieses Organ sich zu<br />
unserm eigenen Erstaunen versteifte und aufrichtete. Sie war so gutgläubig<br />
zu meinen dieses Phänomen liesse sich einfach auf Befehl an und abstellen,<br />
wenn sie sagte: „Nujé, dach“.<br />
Doch zurück nun zur viel bedeutsameren Feuersbrunst. Also wir waren mit<br />
einem Spiel beschäftigt in der kleinen Stube. Zu diesem Zeitpunkt befanden<br />
sich die beiden Eltern oben allein im Badezimmer.<br />
Es war so um die Weihnachtszeit. In dieser kleinen Stube hatte mein Vater<br />
bereits einen festlich geschmückten Weihnachtsbaum errichtet, der fast bis<br />
an die Decke reichte und daneben lagen auch Funken sprühende<br />
Leuchtkörper (Spéitzmännercher). Wir beide amüsierten uns wie immer,
21<br />
wenn wir ohne Aufsicht waren, meist entgegen der Regeln die unsere<br />
Mutter mündlich verfasst hatte. Als mein Bruder unsere schwarze Katze<br />
Micki fangen wollte, um sie wie üblich zu ärgern, kam er auf den<br />
Gedanken ihr einmal ein solch Funken sprühendes Ungetüm vor die Nase zu<br />
halten. Er wusste wo die Streichhölzer lagen und hatte schnell so ein Ding<br />
angezündet. Die Katze machte sich sofort davon, konnte aber nirgends<br />
anders hinflüchten als unter dem langen Woll-Vorhang hindurch auf das<br />
schmale Fensterbrett. Mein Bruder verfolgte sie hartnäckig mit dem Feuer<br />
speienden Ding und geriet damit verhängnisvoll in die Maschen des<br />
Vorhangs, der sofort Feuer fing.<br />
Ich kann mich noch gut erinnern dass ich spontan in den Hausgang rannte<br />
und so laut wie ich konnte um Hilfe schrie: „Höllef, höllef, Feier! Feier!“.<br />
Mein Vater nahm sich nicht einmal die Zeit etwas anzuziehen. Er kam<br />
halbnackt die beiden Treppenstücke herunter gedonnert, riss das<br />
Doppelfenster auf, stiess die beiden Klappladen auf und riss in grosser Hast<br />
sämtliche Gardinen von der Mauer um sie brennend hinaus in den Garten zu<br />
werfen. Das war äusserst heldenhaft. Zum Glück waren nachher die Tapeten<br />
nur schwarz gesengt, die Decke aber bereits auf dem Punkt in Flammen zu<br />
geraten. Wenn diese ebenfalls Feuer gefangen hätte, wäre keine Rettung<br />
mehr für unser Haus möglich gewesen, denn die Decken sowie das ganze<br />
Treppenhaus bestanden nur aus Holzbalken, die mit Holzlatten und Friesen<br />
verkleidet und mit Gips beworfen waren.<br />
Ich weiss nur noch, dass mein Vater fast am ganzen Körper schmerzliche<br />
Brandwunden abbekommen hatte, an denen er noch jahrelang laborierte.<br />
Unsere Katzenmutter Micky hatte sich selbstverständlich irgendwohin<br />
verkrümelt und kam erst einige Tage später wieder zum Fressen. Dieses<br />
Feuer und besonders die tollkühne Leistung unseres Vaters, hatten uns<br />
Buben mächtig beeindruckt. Ich kann mich nicht erinnern, ob es damals<br />
Schelte oder sogar Hiebe gegeben hat. Ich glaube, es waren aber nur Worte<br />
der Warnung, solche gefährliche Spiele weiterhin absolut zu meiden.<br />
Der kleine Gemüsegarten<br />
Man konnte noch gerade so die Beete überblicken, wenn man durchs<br />
Küchenfenster in den Garten schaute. Öfters suchten wir den kürzesten Weg<br />
durch dieses Fenster um nach draussen und in den Garten zu gelangen.<br />
Jeder von uns beiden hatte es auch einmal gewagt vom Badezimmerfenster<br />
(ein Stockwerk höher) aus in den Garten zu springen, was allerdings wir<br />
selber daraufhin nicht mehr noch einmal als Leistung einstuften. Die<br />
Gemüsebeete, einiges Spalierobst, sowie die Blumenbeete besorgte mein<br />
Vater. Mich interessierten hauptsächlich die Ameisen, die über den<br />
geschotterten Gartenpfad von einem Beet ins andere wanderten. Wir
22<br />
mussten höllisch aufpassen, weil die Beete mit umgestülpten aber leeren<br />
Flaschen umrandet waren. Sie wurden später durch Ziegelsteine ersetzt. Um<br />
die Ameisen beobachten zu können besorgte ich mir eine alte Decke und<br />
legte mich glatt auf den Boden. Nur so konnte ich dem lustigen und emsigen<br />
Treiben ohne zu ermüden zusehen. Mich verblüffte diese gesellschaftliche<br />
Ordnung, die ohne ersichtliches Kommando reibungslos von statten ging.<br />
Mit einigen eingesammelt Ameisenpuppen fütterte ich meine Fische. Ich<br />
habe mich immer gefragt warum in unserm Haus immer so leidenschaftlich<br />
herum kommandiert wurde, wenn es in einem Ameisestaat doch scheinbar<br />
alles so geräuschlos ablief.<br />
Ich kann mich noch sehr gut erinnern, dass wir damals ein Starenhaus<br />
hatten, welches auch bewohnt war. Ich habe es an anderer Stelle bereits<br />
anlässlich unserer sportlichen (!) Aktivitäten erwähnt. Seit den<br />
Kriegsereignissen habe ich im Süden des Landes keine Stare mehr gesehen,<br />
gewiss weil dort das Nahrungsangebot von saftigen Beeren nicht dasselbe<br />
ist wie in den Weinbergen unserer Mosellandschaft. Man würde sie heute<br />
mit Emigranten vergleichen können und auch so bezeichnen.<br />
Mein Bruder konnte mich manchmal bis zur Weissglut ärgern. Da ich ihn<br />
aber nicht durch Schnelligkeit einholen konnte und dabei seine stärkeren<br />
Fäuste auch meiden wollte, ergriff ich manchmal irgendetwas um dieses an<br />
seinen Kopf zu schmeissen. So kam es auch dass ich gerade wieder einen<br />
Stock gefunden hatte als wir (nicht von ungefähr) rund um das Beet vor dem<br />
Küchenfenster rannten. Doch bevor mein gezieltes Geschoss ihn treffen<br />
konnte sprang er zur Seite und der Stock landete hinter ihm in der<br />
klirrenden Fensterscheibe. Da wurde es mir erst klar, dass man sich viele<br />
allzu spontane und unüberlegte Handlungen besser vorher durch den Kopf<br />
gehen lassen soll, um nachher erst die eventuell daraus resultierenden<br />
Folgen zu ergründen. Mein Bruder hatte mich absichtlich in diese Stellung<br />
gelockt und ich war prompt darauf herein gefallen.<br />
Die Erziehungsmethode meiner Mutter war einfallslos, stur und aus<br />
heutiger Sicht sogar des Menschen unwürdig.<br />
Das Wort Hiebe oder sogar Schläge, muss ich gebrauchen, wenn ich die<br />
Erziehungsmethode meiner Mutter unter die Lupe nehme. Der breite<br />
Riemen, also der Panzgurt meines Vaters, war schnell zur Hand wenn die<br />
Mutter, besonders mich züchtigen wollte. Mit diesem Riemen gab es Hiebe<br />
auf den blossen Beinspeck, dass ich mich krümmte und fast in den<br />
Erdboden verkriechen wollte vor Schmerzen. In ihrer Unfähigkeit uns<br />
Buben mit friedlichen Mitteln zu erziehen, kannte sie nur diesen Riemen<br />
und ich bekam einen heiligen Respekt davor. Sie liess mich in ihrer<br />
auftretenden Schwäche auch wissen, dass ich ein unerwünschtes Kind<br />
gewesen wäre und man mich besser hätte ertränken sollen bei der Geburt.
23<br />
Das ging soweit, dass ich meiner Mutter überhaupt nicht mehr traute und<br />
der Gedanke mich immer wieder verfolgte, meine Mutter wolle mich<br />
wirklich umbringen. Sie schien mich zu hassen. Was aber nur so schien,<br />
denn sie konnte auch Freude bereiten und sehr lustig sein. Sie war eben eine<br />
ungebildete und schwächliche Frau, die in komplizierten Fällen schnell<br />
verzweifelte. Sehr oft überkam mich dieser absurde Gedanke sie wolle mich<br />
umbringen, wenn ich nicht das essen wollte was mir nicht schmeckte, weil<br />
Zweifel mich peinigten ob mein Essen nicht doch vergiftet sei. Ich bin heute<br />
noch immer der Meinung, dass die Wohlstandsgesellschaft es absolut<br />
unterlassen hat und noch immer unterlässt den Eltern verständlich bei zu<br />
bringen wie man Kinder erziehen soll. Dabei hat sich bei der heutigen<br />
Generation vieles verändert. Man ist einsichtiger geworden. Aber es gibt sie<br />
noch immer die sturen sadistischen Väter oder Mütter, deren oberster<br />
Wunsch nur in der eigenen Befriedigung liegt und deshalb werden die<br />
Kinder mit extremen Dummheiten des alltäglichen Lebens gequält. Kein<br />
Wunder wenn dadurch jede friedliebende Anhänglichkeit verloren geht.<br />
Es genügt heute einen Führerschein aufzuweisen, aber keinen Beweis<br />
braucht man in der Hand zu haben, dass man sich vor der Ehe als zukünftige<br />
Eltern und Ehepartner entsprechend hat bilden lassen. Meine eigene<br />
Ehevorbereitung reduzierte sich diesbezüglich auf ein lächerliches Gefasel,<br />
vorgetragen von Leuten die Einführung anboten aber glatt keine Ahnung<br />
hatten wie eine fachgerechte Erziehung erfolgen soll.<br />
Qualvolle Erziehungsmethode die man nie vergessen kann.<br />
Dummerweise musste mein Bruder mich bald bei solchen Züchtigungen<br />
festhalten damit die Tracht Prügel auch ausreichend ausfiel, die ich<br />
selbstverständlich nicht länger freiwillig über mich ergehen liess. Dadurch<br />
verbesserten sich meine kollegialen Beziehungen zu meinem Bruder<br />
keineswegs. An ein Fortlaufen war in erster Zeit noch nicht zu denken.<br />
Natürlich fand ich mit zunehmender unmenschlicher Behandlungsmethode<br />
einige Notlösungen um dieser schrecklichen Tortur zu entrinnen. Manchmal<br />
wünschte ich mir auf der Stelle zu sterben, allein um mich zu rächen, denn<br />
ich ahnte dass allein nur noch das meine Mutter überhaupt schocken könnte.<br />
Nur dann würde sie aufhören gnadenlos auf mich los zu dreschen. Anstatt<br />
dass man mich noch öfter zur Strafe ins dunkle Verlies, im Keller oder in<br />
den dunklen Raum unter der Speichertreppe einsperrte, rannte ich alsbald<br />
selber die Treppen hoch in die Speicherräume, wo ich mich selber von<br />
Innen einsperrte, zu allem bereit, sogar über das Dach den Fluchtweg zu<br />
erweitern um diesen furchtbaren Züchtigungen zu entrinnen. Auch auf die<br />
Androhung meines Bruders und meiner Mutter hin, man würde die Tür<br />
aufbrechen, gab ich nicht mehr nach und beharrte darauf dass man mich in<br />
Frieden lassen soll. Wenn dann bei meiner Mutter nach kurzer Zeit sich das<br />
aufgestaute Adrenalin wieder verflüchtigt hatte und die spontane<br />
Angriffswelle meiner Angreifer abgeebbt schien, verliess ich meine sichere
Zufluchtstätte. Die Schlüssel zu den Speicheräumen hatte ich<br />
selbstverständlich und aus strategischen Gründen selber versteckt.<br />
24<br />
Mein Vater dagegen hatte selten Anlass sich mir gegenüber kritisch zu<br />
äussern, so kam es dass meine Mutter ihm sogar flehentlich verboten hatte<br />
mich auch nur anzurühren, denn das hätte mich das Leben gekostet. Er<br />
kannte seine Kräfte nicht und konnte sich kaum beherrschen, wenn er<br />
aufgeregt war. Einmal hatte er durch meine ungezügelten Rückäusserungen<br />
voller Wut zum Schlag ausgeholt, als ich mich gerade zwischen den Panelen<br />
der Stubentür aufhielt. Beim Ausholen zum Schlag traf seine Faust die<br />
Holzverkleidung die sich krachend von unten bis oben zu einem gähnenden<br />
Spalt auf tat. Zum Glück konnte ich vorher noch ausweichen. Manchmal<br />
wurde ich viel leichter gestraft indem ich nichts zum Essen erhielt oder man<br />
mir keine Spielzeit mit den Kameraden einräumte. Wo meine Mutter den<br />
Reserve-Käse und die Reserve-Butter aufbewahrte, war unschwer zu<br />
ergründen und mein Selbsterhaltungstrieb wurde bei Aufklärung einer<br />
heimlichen Selbstbedienung selbstverständlich mit einer weiteren Strafe<br />
gewürdigt. Spielkameraden konnte ich leider nur wenige aufbauen, denn ich<br />
musste immer in der Nähe meines Bruders bleiben. Dabei erlebte ich aber<br />
dass dieser Mensch nach meinen Begriffen sehr oft unbegreifliche<br />
Überlegungen anstellte. So kam es manchmal vor, dass ich meinem Bruder<br />
zur Hilfe eilte, wenn er im Streit lag und ein Anderer ihn verprügelte.<br />
Sobald es sich aber herausstellte, dass dieser Angreifer sich meiner Hiebe<br />
nicht mehr erwehren konnte, dann erfasste mein Bruder die Gelegenheit um<br />
sich urplötzlich gegen mich zu wenden und dann war es an mir um ab zu<br />
hauen. Auch das verbesserte meine genetischen Verbindungen zu meinem<br />
Bruder keinesfalls. Übrigens alle Spielsachen die im Hause waren, wie auch<br />
die meisten Kleidungsstücke gehörten zuerst ihm, dann erst musste ich mir<br />
die Gunst erkämpfen auch etwas Spielzeug mein Eigen nennen zu können.<br />
Auf dem Dreirad aber durfte ich in unserm kleinen Hof selten fahren, denn<br />
es war auf den abschüssigen Platten kaum möglich kurz vor der Treppe zu<br />
stoppen. Tretroller oder einfache Roller, Schlittschuhe oder Schlitten gab es<br />
nicht. Wir gebrauchten solche luxuriösen, oder besser gesagt wie meine<br />
Mutter meinte, gefährlichen Spielzeuge nur auf Pump. Wir bettelten so<br />
lange bei manch stolzem Besitzer solcher Spielsachen, bis dieser dann<br />
grossmütig zu kurzem Gebrauch einwilligte. Nur auf einem alten<br />
vierrädrigen Kinderwagen konnte ich sogar im dunklen Keller meine<br />
Runden drehen. Dabei lag ich auf dem Rücken auf dem niedrig gestellten<br />
Sitz und strampelte mich mit den Füssen mit grossem Erfolg, aber nur<br />
rückwärts rollend, voran.<br />
Die Schlittschuhe.<br />
Einmal hatte es tief gefroren. Es lag etwas Schnee und schnell wussten wir<br />
Schulkinder wo die besten Eispisten oder Schlittenstrecken zu finden waren.
25<br />
Natürlich waren wir immer vor Ort und lauerten darauf um auf den<br />
Spielgeräten anderer mitgenommen zu werden. Die grosse<br />
Wasseransammlung der Auen nahe der Schlackenhalde bei Rodingen war so<br />
eine vortreffliche Stelle für Schlittschuhfahrer. Es kamen solche die bereits<br />
Pirouetten drehen konnten, oder einen doppelten Lutz sprangen, aber es gab<br />
auch die erbärmlichen Anderen. Nach langem Feilschen erbarmte sich ein<br />
Schulkollege meiner Bitten und ich fixierte mir seine Schlittschuhe.<br />
Natürlich stand auch ich recht wacklig auf den Beinen, als man mich<br />
anstiess, damit ich eine kleine Strecke gleiten sollte, zum Probieren. Zuerst<br />
war es meine Sorge zwar mit Mühe aber aufrecht stehen zu bleiben, dann<br />
aber als ich in die Richtung blickte in welcher ich mein Können fortsetzen<br />
sollte, wurde mir plötzlich klar, dass ich überhaupt keinen Sinn hatte wie<br />
man sich zu einer Kehrtwendung anstellen sollte. Mir dämmerte es sehr<br />
schnell dass ich im Begriff stand mich immer mehr dem Rand der<br />
Schlackenhalde zu nähern, wo ich auch schon blankes, also nicht gefrorenes<br />
Wasser erblickte. Ich hatte mir kaum die missliche Lage vor Augen geführt<br />
als ich auch schon einsackte und als ich mich bereits am Ersaufen sah, stand<br />
ich plötzlich bis über den Nabel im Wasser und bis nahe an die Knie im<br />
Schlamm.<br />
Ich konnte mich recht mühsam heraus arbeiten, indem ich mich auf die<br />
Schlackenhalde zu bewegte. Dort verspürte ich auch schnell, warum das<br />
Wasser hier nicht gefroren war. Die frisch ausgegossenen Schlacken hatten<br />
noch Wärme gespeichert so dass sich am Fusse der Halde nur offenes<br />
Wasser befand. Als ich wie Poseidon aus dem Schlamm auftauchte konnte<br />
ich nur höhnisches Gelächter hinter mir vernehmen. Ich musste warten bis<br />
jemand mit dem Schlüssel herbei kam um die Schlittschuhe zu lösen, doch<br />
ans nachhause gehen, wollte ich keinesfalls denken, denn da hätte der<br />
Panzgurt wieder Tanzstunden hervorgerufen. Ich wagte mich also so nahe<br />
wie nur möglich an eine frische Schlackenbombe um mich daran zu<br />
trocknen. Dampf stieg auf, als die nassen Beinkleider immer näher an die<br />
unsichtbare Glut kamen. Meine Vorstellung schien zu funktionieren. Ich<br />
zog auch Schuhe und Strümpfe aus und dann sogar noch die Hose um diese<br />
erstens noch vom meisten Schlamm zu befreien dann aber besonders um sie<br />
zu trocknen. In der Nachbarschaft dieser ungewöhnlichen Heizquelle konnte<br />
ich mich barfuss und nur in Unterhosen unbeschadet von der herrschenden<br />
Kälte aufhalten. Als ich nach Hause ging, war alles schön trocken, aber<br />
kaum war ich eingetreten, wo meine Mutter mich bereits erwartete, da ging<br />
das Geschrei bereits los. Zuerst machte sie mir Vorwürfe warum ich so<br />
fürchterlich nach Gas stinken würde und als ich ihr alles brühwarm darlegte<br />
bemühte sie sich doch fürsorglich um mir eine reinigende Dusche zu<br />
verpassen und frische Kleider. Die Freude allein, dass nichts Schlimmes<br />
passiert war, konnte sie auch bewegen Verständnis zu zeigen für die<br />
Seitensprünge ihrer Buben, deren Hilfe im Haushalt sie sicherlich auch so<br />
langsam zu schätzen begann. Später erfuhr ich erst dass man sich bei diesen
26<br />
Schlackenbomben, die noch massig Gase abgaben, regelrecht hätte vergasen<br />
können.<br />
Natürlich ärgerte ich meine Mutter immer öfter mit neuer Ausgelassenheit.<br />
Das hatte manchmal aber auch unerwartete Folgen. Sie wusste sich dann<br />
nicht zu wehren und begann laut zu schreien und über mich zu schimpfen.<br />
Manchmal war sie so gereizt und überfordert, dann fiel sie wie in einen<br />
Wahnsinnszustand, wobei sie öfters einen Lachkrampf erlitt und eine Art<br />
Veiztanz aufführte. Bei solchen Zuständen lies sie mich besonders wissen<br />
dass ich eigentlich unerwünscht gewesen wäre und man mich wie schon<br />
erwähnt, bei der Geburt besser ertränkt hätte, so wie mein Vater es immer<br />
mit den jungen Katzen machte, die unerwünscht waren. Aus respektvollen<br />
Gründen, denn heute überblicke ich mit Abstand die damaligen Situationen,<br />
belasse ich es bei diesem Beispiel, wie meine Mutter ihre rhetorischen<br />
Beziehungen zu mir immer subtiler verfeinerte und unüberlegt zuspitzte.<br />
Dann tat mir alles wieder leid, doch ich konnte nicht ergründen warum man<br />
nur mir immer so aufsässig werden konnte.<br />
Diese schlechten Beziehungen waren auch die Gründe warum ich nach der<br />
Schulzeit fast nie sofort nach Hause ging und zuerst in den Wiesengrund<br />
abbog, wo neben dem Baskettballfeld der kleine Bach mich dann stundelang<br />
in seinen Bann zog. Ich lebte dort in einer paradiesischen Welt, kannte<br />
Libellen, Steckmücken, Wasserkäfer und Schnecken, sowie alles was sich<br />
im Wasser und am Ufer bewegte. Selbstverständlich habe ich immer Schuhe<br />
und Strümpfe ausgezogen und da die Natur mich damals schon mehr<br />
faszinierte als das zuhause, geschah es bei gutem Wetter fast regelmässig,<br />
dass meine Mutter sich auf den Weg machte um mich dort mit allem Drum<br />
und Dran abzuholen. Schuhe und Strümpfe waren trotz aller<br />
Vorsichtmassnahmen meist versaut und manchmal noch andere Sachen,<br />
wenn mein Darmverschluss den Anstrengungen, diese peniblen Geschäfte<br />
der Natur zu unterdrücken, nicht nachkam.<br />
Ich kann mich erinnern, dass ich nach dem Schultag nahezu niemals etwas<br />
richtig für den nächsten Tag gelernt habe, vielleicht nur die Fragen und<br />
Antworten im Katechismus. Ich begriff schnell die Zusammenhänge,<br />
schrieb immer recht schön und fleissig meine Aufgaben, zählte aber ohne<br />
alles auswendig zu lernen zu den 6 Besten von 21 Schülern in unserer<br />
Klasse.<br />
Ich werde Chorknabe oder Messdiener.<br />
Da meine Mutter, wie auch mein Vater tiefgläubige Menschen waren,<br />
glaubten sie dass ich als Messdiener meinen angeblich äusserst bewegten<br />
Lebenswandel ändern würde. Das kann ich natürlich nicht bescheinigen, nur<br />
musste ich feststellen, dass sich die Kluft in mir zwischen feinen Manieren<br />
und Ausreisserdasein nur noch weiter auftat. Anstatt einen Umweg um die
27<br />
ganze Kirche herum zu machen, kletterte ich stets über den Zaun um<br />
schneller in die Sakristei zu gelangen. Dieses Stahlgitter befand sich oben<br />
auf einer 2 Meter hohen Mauer. Er war oben mit spitzen, lanzenförmigen<br />
Enden versehen. Prompt wurde diese Abkürzung meines alltäglichen Weges<br />
zu meinem Problem. Eines Tages rutschte ich oben auf dem Geländer aus<br />
und geriet mit dem Hintern in eine dieser platt gehämmerten Eisenspitzen.<br />
Meine Mutter, die eine ausgezeichnete Näherin war, nahezu professionell<br />
eingerichtet, denn sie arbeitete sehr viel für fremde Leute, scherte sich nicht<br />
so sehr um das Loch in meiner Arschbacke, als um die kaputte Hose. Beide<br />
Risse mussten genäht werden.<br />
Wenn man mich also einmal nackt auf dem Bauch liegend auffindet, dann<br />
erkennt man mich an dieser Narbe in der unteren hinteren rechten<br />
Sitzfläche. Das ist aber nicht das einzige Loch das ich mir in meine<br />
Kinderzeit zuzog. Auch unter dem rechten Arm befindet sich ein Wundmal<br />
herrührend ebenfalls von den Eisenspitzen eines anderen Zaunes, der mich<br />
vor dem Kirschenklauen abhalten sollte. Der Arzt hatte meiner Mutter<br />
damals angedeutet besagte Spitze wäre bis nahe an die Lunge<br />
vorgedrungen, was ich aber niemals geglaubt habe. Auch trat ich einmal so<br />
unglücklich auf den abgebrochenen Bodenteil einer kaputten Literflasche<br />
dass mir das herausragende winklig abgebrochene Sockelende untern Enkel<br />
eine tiefe Wunde schnitt.<br />
Wenn ich mich zurückbesinne, muss ich selbstüberheblich feststellen, dass<br />
ich in den meisten Dingen des Alltags immer besser war als all die andern.<br />
So erklomm ich schnell den Posten als erster Messdiener und das brachte<br />
mir die sonderbare Ehre ein bei der Firmungsfeier den Bischofsstab<br />
während der Zeremonie zu halten. Dabei habe ich mich anständig gequält,<br />
weil ich nicht bei dieser Gelegenheit erforschen konnte ob dieser<br />
anscheinend aus purem Gold bestehende Zauberstab zerbrechen würde,<br />
wenn ich ihn ganz unabsichtlich fallen liesse.<br />
Sogar im Angesicht des Todes gingen mir die verrücktesten meist<br />
unchristliche Gedanken durch den Kopf, besonders weil es meine Pflicht<br />
war die Priester bei ihren Krankenbesuchen zu begleiten, wenn es um die<br />
letzte Ölspende ging. Genau diese Dienstleistungen an sterbenden oder<br />
dahin siechenden Menschen, ermöglichten mir einen Einblick nicht nur in<br />
das mir erfolglos scheinende Treiben des Geistlichen. Ich war gewohnt<br />
meine Taten immer von Erfolg gekrönt zu sehen manchmal auch spüren zu<br />
bekommen. Auch die Art und Weise wie andere Familien lebten fesselte<br />
meine Betrachtungen und ich muss gestehen dass ich in keiner der<br />
besuchten Häuser lieber gewohnt hätte als in dem eigenen. Meine<br />
Einstellung zur Religion hat sich dabei so intensiv geprägt, dass ich später<br />
noch einmal auf meine Eindrücke und mein diesbezügliches Studium<br />
zurückkommen werde.
28<br />
Baden Powell und seine Erziehungsmethode.<br />
Noch immer klingt in meinen Ohren der Lehrsatz: Scoutismus ist eine (auf<br />
religiöser Basis aufgebauten – dies war ein Zusatz bei den katholischen<br />
Pfadfindern – denn Powell war kein gläubiger Mensch) Erziehungsmethode<br />
die den Körper und Geist harmonisch entwickelt.<br />
Mein Bruder war schon vor dem Krieg bei den Pfadfindern als Mitglied<br />
eingeschrieben. Natürlich wollte ich auch schnellstens hin und so geschah<br />
es, dass ich bereits 1939 in die Wölflinge aufgenommen wurde. Das waren<br />
herrliche Stunden, wenn wir am Sonntag nach der Vesper in einem<br />
gespensterhaft, verdunkelten Raum eines baufällig scheinenden Gebäudes,<br />
selbst gemalte Motionfilme zu sehen bekamen. Diese waren vom grossen<br />
Chef Paul Colette eigenhändig auf Zelluloïd gemalt worden. Ich kann mich<br />
noch an einen recht spassigen endlosen Streifen erinnern der das neue<br />
Fussballfeld der „Chiers“ in Rodange zeigte, mitten in einem Spiel. Oben<br />
auf dem Dach der Tribüne sass „Podesta“ und schwenkte die Beine über den<br />
Köpfen der Zuschauer. Wer dieser dicke Podesta war, kann ich mich heute<br />
nicht mehr erinnern, möglicherweise der Architekt oder der Erbauer des<br />
Stadions. Es kann sich aber auch um einen gewichtigen Sponsoren<br />
gehandelt haben. In diesem endlos drehenden Filmstreifen wird der dicke<br />
Podesta von einem Steilpass derart knallhart gegen den Bauch getroffen<br />
dass er umkippt. Dann sieht man wieder ein Stück des Spiels, wiederum<br />
Podesta auf dem Dach und den Ball, der ihn trifft. Lachsalven waren<br />
natürlich die Folge und wir Wölflinge konnten nicht genug davon<br />
bekommen.<br />
Damals begannen die Strassen lebensgefährlich zu werden.<br />
Wieder einmal hatte ich fast vor lauter Beweglichkeit mein Leben lassen<br />
müssen, als mein Bruder mit seinen Freunden mit der Bahn nach Limpach<br />
zum Zelten fahren sollte. Ich wollte unbedingt bei der Abfahrt zugegen sein<br />
und rannte was ich konnte über die Strasse in Richtung Bahnhof. Damals<br />
herrschte noch überhaupt kein Autoverkehr, aber gerade in diesem<br />
Augenblick als ich über die Strasse huschte, kreischten schon die Bremsen<br />
eines Citroën, die Limousinen die wie Sportswagen ganz nahe am Boden<br />
lagen. Der Wagen brauchte immerhin 100 Meter bevor er zum Stillstand<br />
kam und selbstverständlich hatten alle Zuschauer auch festgestellt, dass ich<br />
der Anlass dieser Vollbremsung war. Mein Bruder der wahrscheinlich vom<br />
Bahnhof her den Vorfall beobachtet hatte, kam kreidebleich daher gerannt<br />
als ein Menschenauflauf sich zu bilden begann. Der Fahrer war<br />
ausgestiegen. Ebenfalls fassungslos zitternd wie ich. Er gab sich als<br />
französischen Arzt zu erkennen und meinte, dass er sich in einem<br />
Geschwindigkeitsrausch befunden habe. Mich treffe keine Schuld. Es war<br />
seine erste Ausfahrt, was man auch an der unwahrscheinlich langen<br />
Bremsspur feststellen konnte. Natürlich konnte meine Mutter sich nicht<br />
anders von der aufgestauten Nervosität befreien als mich in Anwesenheit
29<br />
vieler Gaffer wieder einmal ordentlich zu verhauen. Ich habe nie verstanden<br />
was ich dabei verschuldet hatte. Der Arzt hatte ja selber zugegeben, dass er<br />
einem Raserrausch verfallen war, doch meine Mutter konnte kaum den<br />
Raser verhauen. Erst etwas später änderte sich die Einstellung meiner<br />
Mutter, als alle Nachbarn den rasenden Arzt als schuldig erklärten. Von<br />
Entschuldigung aber war keine Spur zu hören. Die Erinnerung an solche<br />
Spots in meinem Leben bleibt natürlich ewig erhalten.<br />
Der friedliche Park.<br />
Spielplätze befanden sich genug im Park des Hüttenkasinos. Meine Eltern<br />
gingen da aus und ein. Der Junge aus diesem Kasino war ein gleichaltriger<br />
Freund meines Bruders und durchtrieben, wie magerer Speck voll<br />
Fettstreifen. Eines Tages, wir waren gerade recht schick angezogen um<br />
abzureisen, da gaben wir unserer Mutter zu verstehen, wir würden<br />
inzwischen im Park noch etwas gemütlich spazieren gehen. Ich war damals<br />
noch zu klein zu dem was jetzt geschah. Aber der Junge aus dem Kasino<br />
stachelte meinen Bruder an, über den Wasserhahn zu springen der etwa 1<br />
Meter hoch aus der grossen Rasenfläche ragte und wo man bei Bedarf die<br />
Bewässerungsanlage anschloss. Damit wir Buben den Hahn nicht ständig<br />
aufdrehten um mit dem Wasser zu spielen, hatte man das obere kreisrunde<br />
Ventil entfernt, sodass nur noch das Gewinde hervorstand, worauf man das<br />
Ventilrad befestigen konnte. Mein Bruder war ein aussergewöhnlich<br />
ehrgeiziger Mensch und wollte sich nicht sagen lassen, dass er diese Höhe<br />
nicht bezwingen könne und so spitzte sich zu, was fatalerweise uns immer<br />
wieder verfolgte, Pech! Er nahm einen Anlauf, sprang und prompt blieb er<br />
mit der etwas völligen, aber sehr schönen Hose am Stutzen hängen und riss<br />
sich den ganzen Hinterteil, Gott sei Dank nur von der Hose auf, so dass wie<br />
man zu sagen pflegte, Paris und ganz Versailles zum Vorschein kamen.<br />
Ein andermal wollte der Sohn der Kasinoleute uns seine Tüchtigkeit<br />
vorführen indem er mit der Sense arbeitete (es sollte eine freundliche Tat<br />
sein weil das gemähte Gras für unsere Kaninchen gedacht war) und prompt<br />
endete diese Vorführung sehr schnell. Mein Bruder wurde mit der spitzen<br />
Sense ins Bein geschnitten, was glücklicherweise nur schrecklich blutete,<br />
aber keine anderen Folgen hatte.<br />
Dann wieder geisterten wir mit dem Sohn des Hauses durch die Räume des<br />
Hüttenkasinos, wo sich auch ein grosser Festsaal, sogar mit einer Festbühne<br />
befand. In der Mitte dieses Saales stand ein aus edlen Hölzern gefertigter<br />
Billardtisch, an welchem man an der Seite mit einem im Holzrahmen<br />
eingebauten Zähler die Lochtreffer notierte. Ich musste zusehen wie mein<br />
Bruder und Mars (wie wir ihn kurz nannten, er hiess Marcel) mit den<br />
Queues hantierten und erschreckte mich ebenso wie diese als einer von<br />
ihnen die grüne Lauffläche des Billardtisches durchstossen hatte, wo<br />
alsdann ein gut sichtbares rechtwinkliges Loch entstanden war. Zu unserm
30<br />
totalen Schreck näherten sich die Stimmen von möglichen Besuchern. Es<br />
blieb uns kein anderer Ausweg. Wir stiegen hastig zum Fenster aus und<br />
liessen uns draussen über das Gestell der Kletterrosen nach unten. Niemand<br />
hat je erfahren, wer die Missetäter gewesen waren. Nur Schrammen von den<br />
Kletterrosen erinnerten uns noch lange an diese eigentlich feige Flucht. Man<br />
vermutete natürlich einen Täter in den Reihen der hausinternen Spieler zu<br />
finden. Die Reparaturkosten konnten sicherlich nicht an eine richtige<br />
Adresse gelangen und so wurden sie notgedrungen in den Konten der<br />
Gesellschaft wahrscheinlich als Nebenausgabe verbucht.<br />
Mein Vater, der Pfarrer Ley, sowie mein Schullehrer Gengler spielten sehr<br />
oft gemeinsam mit dem Hausherrn des Kasinos namens Rodesch Karten,<br />
meistens Whist. Und das gegen Einsatz von Geld. Das machte den Reiz aus,<br />
aber der Einsatz war keinesfalls hoch. Wenn schönes Wetter war fand dies<br />
im Freien statt. Das war sehr idyllisch. Dazu hatten sie einen besonderen<br />
grünen Kartenspieltisch mit kleinen Schubladen, in welchen die Jetons<br />
aufbewahrt wurden, sowie auch die verschiedenen Karten- und andere<br />
Spiele, wie z.B. Schach. Dieser Spieltisch wurde auf die grüne Wiese<br />
gestellt und die Stühle rundherum.<br />
Natürlich, wie bereits angedeutet, kannten wir und ich besonders nahezu<br />
alle Räume im Kasino, sowie auch alle Bäume im Park. Als leb- und gewiss<br />
auch herzhaftes Kind war ich gerne geduldet. Ich bin auf den Bäumen<br />
herumgeklettert ohne dass der „Jhang“ der die Gärtnerarbeiten besorgte<br />
etwas gegen mein Treiben hatte. Oben in manchen Bäumen hatten wir<br />
verschiedene Horste gebaut, die aber meist nur mit primitiven Mitteln<br />
zusammengehalten wurden. Der Jhang und ich waren eigentlich gute<br />
Freunde. Von ihm habe ich allerdings auch gelernt wie man knallig furzt.<br />
Übrigens war der Garagenbesitzer nebenan in dieser Hinsicht ebenfalls kein<br />
gutes Vorbild. Wenn er auf dem Flachdach seiner Garage ein Bein etwas<br />
komisch empor hob, wussten alle, die ihn dort oben beobachteten, dass er<br />
ein ungestörtes Furzkonzert veranstaltete.<br />
Leider konnten Jhang und ich nicht miteinander spielen. Er musste sich um<br />
die grossen Gemüsebeete, die Schweine, die Kaninchen und das Geflügel<br />
kümmern die das Material hergaben für die täglichen Speisen der<br />
Dauergäste von der Hütte. Er pflegte überhaupt alle Anlagen, Beete, Hecken<br />
und besonders die Blumenbeete zur vollen Zufriedenheit der<br />
Werksdirektion und des Hausmeisters.<br />
St. Nikolaustag<br />
Diesem Jhang aber gelang es mich und meinen Bruder einige Jahre lang zu<br />
überlisten. Er trat nämlich zur Begeisterung meiner Eltern, gemeinsam mit<br />
dem viel älteren, bereits erwachsenen Fräulein Renée aus dem Kasino bei<br />
uns auf und dies auf Bestellung meiner Eltern, als Engel und St. Nikolaus.
31<br />
Da er seine Ausrüstung über die Hüttendirektion bezogen hatte und in<br />
manch anderen Häusern der Ingenieure und Direktoren auftrat, besonders<br />
der Hüttenbosse, nutzte er diese Gelegenheit und die schöne Kleidung um<br />
auch uns Jungen zu beglücken. Das hat aber nicht lange gedauert. Jhang, er<br />
stammte aus Messancy, im nahen Belgien, liebte den Schnaps. In Belgien<br />
war der Schnapshandel streng geregelt und so kam es, dass damals die<br />
bereits grüne Grenze kein Hindernis war, wenn ein Belgier sich in<br />
Luxemburg mit dem benötigten Schnaps verproviantieren wollte. Damals<br />
wurde Schnaps in rauen Mengen geschmuggelt. Und als es wieder einmal so<br />
weit war, dass Jhang und die Renée in ihrer schmucken Kleidung als St.<br />
Nikolaus und Engel uns Buben Angst oder Respekt einjagen sollten, da<br />
zeigte sich bereits meine hoch entwickelte Beobachtungsgabe. Kaum hatte<br />
er sich vor mir aufgepflanzt mit seinem Sack über den Rücken und einigen<br />
Ruten unter dem Arm, da durchdrang auch schon der mir bekannte<br />
Schnapsgeruch meine Nasenlöcher und fuhr mir bis hoch hinauf an die<br />
Geruchsnerven. Ich bemerkte daraufhin kaum beeindruckt, kurz und<br />
respektlos: „t’ass de Jhang!“ Damit hatte der Spuk sofort ein Ende. Die<br />
beiden drehten sich schnellstens um und verschwanden in der tiefschwarzen<br />
Nacht. Es gab ab sofort für uns beide keinen Nikolaus und keine Engel<br />
mehr.<br />
Zu unserm Glück aber blieb der Beschenkungstrieb unserer Eltern erhalten<br />
und so konnten wir lange noch diesen unvergesslichen Tag geniessen, an<br />
welchem die kurze schmerzlose Episode meiner Detektivarbeit immer<br />
wieder aufgefrischt wurde.<br />
Überfall der Deutschen Armee<br />
Bereits 1939, als die Jahrhundertfeier in der Hauptstadt Luxemburg über die<br />
Bühne ging, an welche ich mich noch recht gut erinnere, besonders an das<br />
Feuerwerk, war der Furcht erregende Name Krieg in aller Munde. Unsere<br />
Familie war zu diesen Feierlichkeiten nach Luxemburg gereist und wir<br />
durften bei den Geschwistern unserer Mutter und der Grossmutter essen und<br />
schlafen.<br />
Um uns in Rodingen ein Bild machen zu können wie die Franzosen sich auf<br />
den Empfang der deutschen Truppen vorbereiteten, ging der sonntägliche<br />
Spaziergang meistens auf die Anhöhe der „Maus“, wo sich die beiden so<br />
genannten „Rote und Weisse Höfe“ befanden. Auf der anderen Seite der<br />
Strasse wucherte dichtes Gestrüpp und da hindurch verlief auch die<br />
französische Grenze. Hier hatten die Spahis Schützengräben ausgehoben<br />
und seit einiger Zeit ihre Stellungen bezogen. Man nannte sie so weil<br />
niemand die richtige Bedeutung dieser aus dem Persischen stammenden<br />
Bezeichnung kannte. Dort nannte man alle Reiter Spahi. Bei den Franzosen<br />
gebrauchte man aber die Bezeichnung Spahis für die im Norden Afrikas<br />
herangebildeten Militärs der Kavallerie, die als eine Art Miliz eingesetzt
32<br />
wurden. Es ist mir nicht so recht klar welche Seite ich als Gaffer bezeichnen<br />
soll. Auf jeden Fall wirkten die in feinen Sonntagskleidern dort<br />
vorbeispazierenden Einheimischen auf die Soldaten ebenso exotisch, wie<br />
die betrunkenen Soldaten im Schützengraben auf die Spaziergänger. Um<br />
noch exotischer zu wirken schwenkten diese massenweise ihre Flasche mit<br />
dem tagtäglich zur Ration gehörenden Pinard*). Vielleicht erinnert sich ein<br />
Leser an dieses Lied der Besoffenen, das von Marc Leclerc stammt.<br />
Ode au pinard<br />
Salut ! Pinard de l'intendance,<br />
Qu'as d'trop peu ou goût de rien,<br />
Sauf les jours où t'aurais tendance<br />
A puer l'phénol ou bien l'purin.<br />
Y'a même des fois qu'tu sens l'pétrole,<br />
T'es trouble, t'es louche et t'es vaseux,<br />
Tu vaux pas mieux qu'ta sœur la gnole.<br />
C'est sûr comme un et un font deux,<br />
Qu'les riz-pain-sel y vous mélangent<br />
Avec l'eau d'une mare à canards ;<br />
Mais qu'y fair', la soif vous démange.<br />
Manche wollten uns beeindrucken indem sie das Bajonett quer zwischen die<br />
Zähne nahmen. Die Wirkung dieser Bilder blieb nicht aus und jedermann<br />
stellte sich vor wie die Invasoren bei einem solch gruseligen Anblick<br />
schnell die Flucht ergreifen würden. Manch einer aber war der Überzeugung<br />
dass diese Manifestationen nur zum Schutz gegen die eigene Angst<br />
stattfanden. Nur zu gut konnten die Grenzbewohner sich an die<br />
schrecklichen Kriegsdenkmäler (1914-1918) in Verdun erinnern, die<br />
jedenfalls nicht weit von hier entfernt zu sehen sind und bereits von vielen<br />
Luxemburgern besucht worden waren. So auch von uns. Da konnte man<br />
sehen wie grausam Kriege sein können und dass es unverständlicherweise<br />
meistens nur unendlich viele Verlierer gibt die den Ausgang wie er auch<br />
immer sein wird, niemals erleben. Retten kann sich meistens nur derjenige<br />
der weit vom Schuss ist, der über Geld und Relationen verfügt.<br />
Es ging auf Ostern zu.<br />
Damals war ich noch nicht einmal 8 Jahre alt. Man erzählte uns die Glocken<br />
seien nach Rom gepilgert und wir Buben müssten an deren Stelle in den<br />
Strassen den Einwohnern mit Rasseln und Klappern die Gebetsstunden<br />
anzeigen. Das war recht mühsam, so früh am Morgen auf zu stehen, doch es<br />
machte Spass. Wir hielten die drei Tage durch, weil ja recht bald darauf an<br />
jeder Haustür gesammelt wurde. Das war ein wichtiges Element dieser<br />
Aktivität und wir klibberten damals keinesfalls für andere oder höher<br />
gestellten Leute, sondern es war abgemacht, dass alles als deren Verdienst<br />
gerecht unter den „Klibberjungen“ zu verteilen. Geld, hart gekochte Eier,
33<br />
mit und ohne Farben, Obst, wobei es sich meist um Restbestände von<br />
knaddrigen, welken Äpfeln handelte, Schokolade und Bonbons. Doch an<br />
diesem Tag geschah etwas recht Merkwürdiges. Nicht einmal hundert Meter<br />
von da wo wir unsere Sammelaktion begonnen hatten, befand sich ein<br />
Wirtshaus. Der Inhaber war uns nur als Herr Leonard bekannt. An diesem<br />
Tag hatte er noch am späten Morgen die Rollläden seiner beiden grossen<br />
Fenster nicht hochgezogen. Auch hatte er bereits eine kräftige Alkoholfahne<br />
als er uns bat in die ins Dämmerlicht gebadete Wirtsstube zu kommen, wo<br />
er zusätzliches Licht anzündete. Dann räumte er alle Schränke aus und füllte<br />
unsere Säcke mit Zigaretten, Zigarren. Streichhölzer, sowie eine Menge<br />
dieser dreieckigen Tüten voller „Eco“ - Tabak. Uns wuchsen Stielaugen<br />
dabei und dann erwischte er die beiden Zapfhähne und füllte alle Gläser die<br />
da standen mit Bier. Er liess das Bier einfach laufen bis dass die Hähne nach<br />
Luft schnaubten. Wir verstanden nichts mehr. Für uns stand die Welt<br />
regelrecht Kopf nicht nur weil das Bier das wir zum ersten Mal kosten<br />
konnten, uns sofort in die Birnen stieg. Dann luden wir die grossen Humpen<br />
alle in Körbe und stiegen hinter Herrn Leonard einhergehend, hinab auf die<br />
Kegelbahn. Herr Leonard machte es uns vor. Wer konnte mit einem<br />
Humpen die Kegel treffen? In kürzester Zeit war die Kegelbahn ein grosser<br />
Scherbenhaufen und Herr Leonard schleppte immer mehr Gläser und<br />
Flaschen, sogar gefüllte herbei. Rotwein, Weisswein floss in Strömen. So<br />
eine Schlacht hatten wir noch nie geschlagen und als Herr Leonard auf<br />
einmal in Tränen ausbrach und uns wieder auf die Strasse begleitete, da<br />
ahnte aber auch niemand von uns warum, wieso und weshalb dieses<br />
zerstörerische Theater geschehen war.<br />
Erfahren haben wir es erst richtig als wir älter waren. Herr Leonard war<br />
Jude. Bevor er sein Hab und Gut zurücklassen musste, denn er wollte vor<br />
der Invasion der Deutschen fliehen, hatte er mit uns Buben seine Wut am<br />
eigenen Hausrat ausgelassen damit seine Nachfolger nur noch ein<br />
Trümmerfeld vorfinden sollten.<br />
An dem Tag war es sehr spät, ja bereits gegen Mittag als wir mit dem<br />
<strong>Teil</strong>en fertig waren, denn niemand wagte es in so einem besäuselten<br />
Zustand nach Hause zu gehen. Doch dieser Zauber war schnell<br />
Gesprächstoff des ganzen Dorfes geworden und dauerte noch einige Tage<br />
an. Aber ich kann mich erinnern, dass man sich zwar heftig über das<br />
Benehmen von Herrn Leonard aufgeregt hat, weil er uns Alkohol zu trinken<br />
gegeben hatte, doch unsere Eltern befanden sich in dem Dilemma einerseits<br />
Mitleid für Herrn Leonard auf zu bringen auf der anderen Seite ihm aber<br />
eine gewisse Verantwortungslosigkeit zu unterstellen. Es wundert mich<br />
heute noch dass da nicht mehr Proteste in Richtung Wirt ausgesprochen<br />
wurden. Wahrscheinlich weil unsere Väter gratis mit Tabak und Zigaretten<br />
aus der Sammelaktion bedient wurden.
34<br />
Herr Leonard setzte sich in seinen Wagen und flüchtete über die belgische<br />
Grenze, wahrscheinlich mit der Absicht sich in Richtung England<br />
abzusetzen. Später erzählte man uns, dass er nicht sehr weit gekommen sei<br />
und bereits unterwegs in Belgien von den Deutschen erwischt und später<br />
erschossen oder im KZ umgekommen sei.<br />
Luxemburg wird von den Deutschen überfallen.<br />
Als mein Vater am 10. Mai 1940 von seinem Dienst an der Zollschranke an<br />
der luxemburgisch-französischen Grenze zurückkam, war sein Gesicht<br />
bleich wie ein Leichentuch. An unserm Haus war bereits ein <strong>Teil</strong> der<br />
Wehrmacht, meist Kradfahrer und Späher, vorbei gebraust. Er musste also<br />
zwischen den Fronten durch. So fuhr er über Umwege auf seinem Fahrrad,<br />
die Uniformjacke über die Lenkstange gehängt, als vor ihm ein Hund<br />
krepierte, getroffen von einem Schuss oder durch einen Splitter. Mein Vater<br />
und auch wir waren überaus glücklich, dass er heil zwischen den Fronten<br />
durchgekommen war. Von diesen letzten Minuten in ihrem Lande, die er<br />
mit der ins Ausland flüchtenden Grossherzogin Charlotte und ihrem<br />
Begleitpersonal verbrachte, kann man in dessen eigene <strong>Version</strong> weiter oben<br />
in diesen Seiten lesen.<br />
Die deutsche Armee war also bereits bis an die französische Grenze<br />
vorgestossen, indem sie einfach unser kleines Land überfallen und besetzt<br />
hatte.<br />
Alle Rodinger warteten gespannt auf die Reaktion der Franzosen, die in<br />
anderen Ortschaften des Südens unseres Landes anscheinend sehr heftig<br />
gewesen sein soll. Niemand fühlte sich mehr sicher, wusste aber nicht wie<br />
man aus dem Mittelpunkt des Geschehens kommen konnte. In der<br />
Garageneinfahrt etwas gegenüber unserem Hause, hatten die Deutschen eine<br />
riesige nahezu 4 Meter lange Kanone geparkt und das sollte seine Folgen<br />
haben. Da mein Vater sich bereits ausgemalt hatte, dass es recht bald zum<br />
Beschuss kommen würde, hatte er wohlweislich ein eisernes Bett und<br />
Decken herunter aufs Parterre geschleppt, wo wir uns für die kommende<br />
Nacht einrichteten.<br />
Die Dunkelheit brach herein. Plötzlich krachte es im Hinterhof unseres<br />
Hauses. Obschon die Fensterladen geschlossen waren, konnte man die<br />
Blitze eines Einschlags hell aufleuchten sehen. Dann musste es schnell<br />
gehen. Wir rannten in den Keller und ich kann mich noch erinnern, dass<br />
zwischen den Gebeten die laut und inbrünstig heruntergeleiert wurden, es<br />
über uns im Haus noch manche Einschläge gab. Wir schätzen diese später<br />
auf sieben Granaten, deren Splitter wir später fanden. Es war uns als ob wir<br />
die Zielscheibe der Franzosen geworden seien. Unser Nachbar erhielt noch<br />
viel mehr Einschläge. Die Geschosse galten alle der schweren Kanone die
35<br />
am Abend zuvor, unserm Haus gegenüber, abgestellt war. Der Beschuss war<br />
aber absolut unsinnig, und schien auch recht bald als das erkannt worden zu<br />
sein, denn es dauerte eigentlich nur kurze Zeit. Nur ein Volltreffer in die<br />
Garage blieb uns durch sein ungeheures Krachen speziell in Erinnerung.<br />
Dieser einzige Treffer war durch einen flachen Kanonen- oder<br />
Artillerieschuss direkt aus der Maginotlinie herüber gekommen und hatte<br />
horizontal gesehen drei Mauern der Garage durchbrochen. Die Kanone aber<br />
war klugerweise bereits vor dem Beginn des Beschusses anderswohin<br />
gebracht worden. Leider hatte es etwas gedauert bis die ganz sicher in Zivil<br />
herumlaufenden Dorfspione diese Information an die schussfreudigen und<br />
die Luxemburger Neutralität ebenfalls verletzenden Franzosen weiter<br />
geleitet hatten.<br />
Ich habe heute eigentlich in Erinnerung, dass ich zwar mit gebetet habe, das<br />
Ganze mir aber kaum Angst eingejagt hat. Es war nur ein weiteres Erlebnis,<br />
das ich komischerweise keinesfalls als gefährlich verspürte. Nur mein<br />
Bruder schrie im Dunkeln, er hätte einen Splitter abbekommen.<br />
Als vor Morgengrauen die Schiesserei aufgehört hatte vernahmen wir<br />
plötzlich eine Stimme von oben aus der Küche herunter. „Lebt ihr noch?“<br />
Es war unser Nachbar. Er war durch die entstandene Bresche in der Mauer,<br />
wo sich einst das Küchenfenster befand, eingestiegen.<br />
Wir wagten uns über den direkten Weg den Kellerausgang, hinaus auf die<br />
Strasse. Meine Eltern untersuchten meinen Bruder, wo denn der<br />
vermeintliche Splitter stecke. Auf unerklärliche Weise hatte sich ein<br />
Holzspan von circa 20 cm Länge schnurgerade zwischen Arm und<br />
Hemdsärmel eingenistet. Niemand konnte sich jedoch diesen eigenartigen<br />
Vorfall erklären. Persönlich jedoch zweifelte ich nicht daran dass mein<br />
Bruder sich diesen Span möglicherweise in Ungedanken selber unters Hemd<br />
geschoben hatte.<br />
Wir zogen sofort zu unserm zweiten Nachbarn um, in dessen<br />
gewölbeartigen Kellerräumen waren wir sicherer, denn zuerst dachten wir<br />
unser Haus könnte zusammenstürzen. Ich war aber dabei als man die<br />
Schäden in Augenschein nahm. Wir konnten uns beruhigen. Nahezu die<br />
halbe Wand unseres Schlafzimmers zum Garten hin, war zerstört und ein<br />
grosses Loch klaffte da wo vorher unser Bett sich befand. Die kluge<br />
Vorsehung unseres Vaters hatte uns beiden ganz gewiss das Leben gerettet.<br />
Als wir uns von der Innenseite näherten sahen wir erst richtig was sich<br />
abgespielt hatte. Zuerst hatten einige Granaten eine Öffnung in die mit roten<br />
Ziegeln gebaute Wand gesprengt, dann erst explodierten die nachfolgenden<br />
Geschosse wahrscheinlich auf dem Bett. Sämtliche Möbel waren total<br />
zerstört und in der Decke klaffte ebenfalls ein riesiges Loch. Wir konnten
36<br />
von Glück sprechen, dass bei diesen Explosionen kein Feuer ausgebrochen<br />
war.<br />
Das Hausdach unseres ersten Nachbarn hing kopflastig schräg über die<br />
Strassenseite. Dort waren wahrscheinlich noch mehr Granaten<br />
eingeschlagen als bei uns. Auf jeden Fall waren wir froh dass die<br />
Durchschlagskraft dieser Granaten eigentlich sehr gering war,<br />
möglicherweise handelte es sich nur um Mörsergranaten. La Force de<br />
frappe de la Grande Nation entpuppte sich eindeutig als pure<br />
Schaumschlägerei.<br />
Die Wirkung der einzelnen Geschosse würde ich heute einstufen wie einen<br />
Schlag mit einem Paket ungekochter Spaghetti auf den Kopf eines Feindes.<br />
Bis dahin waren die Deutschen uns zwar keinesfalls gleichgültig aber jetzt<br />
erst wurde uns klar dass diese die Schuld an unserm Unglück trugen und<br />
dies minderte keinesfalls den bei uns aufkommenden Hass.<br />
Evakuation<br />
Ich war damals noch keine 8 Jahre alt. Niemand von uns war ausgeschlafen<br />
mich aber überfiel wahrscheinlich zuerst der Schlaf, als wir einen Tag später<br />
mit dem Zug ausser Reichweite der Schusszonen gebracht wurden, denn<br />
man hörte immer wieder Gewehrschüsse oder Maschinengewehrsalven. An<br />
ein Wohnen in diesem zerschossenen Hause war nicht zu denken. Das war<br />
aber nicht die alleinige Ursache der Evakuation. Der ganze Süden des<br />
Landes musste aus der Zone eventueller Kampfhandlungen mit den<br />
Franzosen an der Maginotlinie. Viele Luxemburger entschlossen sich in den<br />
Süden Frankreich zu fliehen, die anderen wurden im Ösling und an der<br />
Mosel untergebracht. Nahezu die halbe Landesbevölkerung musste ihr<br />
zuhause verlassen. Einige Erinnerungen an diese Zeit hat mein Vater jedoch<br />
selber niedergeschrieben.<br />
Wir Buben freuten uns mächtig als wir zu Verwandten aufs Land kamen.<br />
Dort mussten wir zwar zur Schule gehen aber in Heffingen waren wenig<br />
einheimische Kinder und so hatten wir in unserer Schulklasse meistens nur<br />
evakuierte Kinder in einem Saal und diese über alle Schulklassen verteilt.<br />
Zuerst wurden wir beim Paten meines Vaters einquartiert. Er war ein<br />
einfacher Dorfbauer, bei dem wir auch prima verpflegt wurden, doch hatte<br />
das Rote Kreuz schnell eine Verpflegungsstelle eingerichtet, wo viele dort<br />
Evakuierte alsdann jeden Tag eine anständige Ration Buttermilch, Brot,<br />
Suppe und so weiter abholen konnten. Damals begann der Zauber bereits<br />
mit den Tickets, die man abgeben musste um eine Essens Ration zu<br />
erhalten. Da lernten wir eigentlich die wahre Mentalität vieler Menschen<br />
kennen, die auf Kosten anderer sich immer wieder Vorteile verschaffen<br />
wollten und sich mehr als nur einmal in die Schlange stellten, bis die<br />
unvermeidlichen Essengutscheine wieder Ordnung geschafft haben.
Nur eines möchte ich hier einfügen, was mir auch bereits sehr früh einen<br />
unvergesslichen Eindruck verschaffte, wie unanständig sich Menschen<br />
benehmen können.<br />
37<br />
Ich war damals mit meinem Vater einmal nach Rodingen gefahren von wo<br />
er aus unserm Haus notwendige Klamotten. Linnentücher und anderes<br />
Bettzeug und sonstiges Geschirr aus unserm Haus abholen wollte. Er hatte<br />
vom Roten Kreuz dazu eine spezielle Erlaubnis erhalten. Es war klar dass<br />
unser Heimathaus für jedermann offen stand und so entdeckte ich bei<br />
meinem Rundgang durch die Zimmer, auf dem eisernen Bett, in welchem<br />
ich am Abend vor den Explosionen schlafen sollte, den Mist eines<br />
menschlichen Dreckbocks der sich mit seinem ganz speziellen Duft im<br />
Zimmer wahrnehmbar machte. Mein Vater nahm sich ungeniert der Sache<br />
an und meinte dazu, dass dies kaum von einem deutschen Soldaten<br />
herrühren dürfte. Er tippte darauf, dass es sich um die Exkremente eines<br />
Rachesüchtigen handeln könnte, den er sicherlich einmal beim Schmuggeln<br />
erwischt hatte. Mein Vater hatte auch recht gehabt die Schränke keinesfalls<br />
mit den Schlüsseln zu verschliessen, um Diebstahl zu verhindern.<br />
Absichtlich hatte er sogar sämtliche Schranktüren etwas offen stehen lassen<br />
damit die Möbel wenigstens vor Vandalismus verschont blieben.<br />
Möglicherweise erweckten die offen stehenden Türen auch, dass bereits<br />
andere vorher die Schränke nach wertvollen Gegenständen durchsucht<br />
hatten.<br />
Der Schmuggler.<br />
Manchmal erzählte mein Vater was bei seinem Dienst passierte. Wie er den<br />
Schmugglern auf die Schliche kam und welche Methode die Zöllner<br />
entwickelt hatten um die Schmuggler zu entlarven. Das schien alles recht<br />
lustig und spannend zu sein. Meistens aber waren auch rein menschliche<br />
Gemeinheiten im Spiel. Dann erwähnte er auch dass sie öfters bereits<br />
telefonisch aus dem Ausland informiert wurden, wann ungefähr ein<br />
Lastwagen beladen mit Schmuggelware vorbei kommen würde. Da hatte<br />
vielleicht einer bereits seine Ware geladen und war ohne zu zahlen<br />
abgefahren. Sofort rächte sich der Geprellte indem er den Schmuggler<br />
anzeigte. So kam es dass mein Vater in den Reifen von Kraftfahrzeugen die<br />
unentdeckt bei ihm vorbei wollten, Kaffee entdeckte. In doppelten Böden<br />
vom Lkw waren es Lenkstangen, Pedalen und Felgen von Fahrrädern,<br />
goldene Uhren und sonstigen Schmuck in Verstecken unter der Motorhaube<br />
oder dem Armaturenbrett. Einmal aber musste er in Zivil hinaus, ohne<br />
Waffe. Er hatte den Auftrag einen belgischen Grenzgänger zu stellen. Ein<br />
Hüttenarbeiter der jeden Tag nach Frankreich zur Arbeit ging und dabei die<br />
luxemburgische Grenze überquerte. Der Mann war meinem Vater<br />
wohlbekannt weil es fast jeden Tag zu einem kleinen Plausch kam, wenn<br />
der Kumpel die Grenze passierte und zur Arbeit ging oder von dieser wieder
38<br />
nach Hause. Dabei benutzte er meistens Feldwege und die kannte mein<br />
Vater besonders gut, weil er nicht nur am Grenzübergang Dienst verrichtete<br />
sondern auch Felddienst besonders entlang der Landesgrenze.<br />
Als mein Vater an diesem Tag am späten Nachmittag wieder nach Hause<br />
kam, sah man ihm an, dass es sehr anstrengend gewesen sein musste. Meine<br />
Mutter hatte ganz besonders ein Auge für die Reaktionen die sich im<br />
Gesicht und im Benehmen meines Vaters wieder spiegelten. Er war<br />
aussergewöhnlich bleich, das fiel sogar uns auf. Dann berichtete er, dass er<br />
den Schmuggler genau da wo er ihn vermutet hatte, stellen konnte. Dieser<br />
aber habe ohne Hast, aber zu allem entschlossen, seinen Ballen Kaffee den<br />
er auf dem Rücken trug, niedergesetzt. Dann zog er einen Revolver und<br />
richtete diesen drohend auf meinen Vater: „Lieber Albert, wenn du noch<br />
einmal lebend zu deiner Frau und deine beiden Kinder zurückkehren willst,<br />
dann lass mich in Ruhe weiter gehen.“<br />
Es war meinem Vater bewusst, dass er auf der Verliererseite stand und<br />
deshalb willigte er sofort ein, nicht ohne aber den Gegenüber zu warnen:<br />
„Mein lieber Freund, du kannst ruhig weiter diesen Kaffee nach Hause<br />
schleppen. Es wird dein letzter sein. Tötest du mich, dann hast du zusätzlich<br />
einen Mord auf dem Gewissen, denn jedermann weiss wer du bist. Dann<br />
endest du für den Rest deines Lebens im Knast und du wirst bis zum Ende<br />
deines Lebens keine innere Ruhe mehr finden. Leider hast du dir auch nicht<br />
überlegt, dass du morgen wieder für dich und deine Familie zur Arbeit<br />
gehen musst. Wenn du dann bei mir an der Grenze vorbeikommst, muss ich<br />
dich verhaften lassen. Dummerweise hast du damit auch deinen Arbeitsplatz<br />
aufs Spiel gesetzt.“<br />
Auch dieser Schmuggler war von einem Neider, oder Spitzel angezeigt und<br />
vorher angemeldet worden.<br />
Wieder in Lebensgefahr.<br />
Die Zeit während der Evakuation in Heffingen war eigentlich sehr schön<br />
Auf dem Lande konnte man so erlebnisreich spielen, zumal unsere<br />
Bekannten eine riesige Holzwarenhandlung nebst Sägewerk besassen. Léon<br />
hiess nicht so mit dem Familiennamen, war aber ein Wagner, denn er stellte<br />
professionell Karrenräder her, sogar grosse mit einem Eisenreifen<br />
rundherum und da schauten wir ihm gerne zu bei der Arbeit in der Sägerei,<br />
beim Zuschlagen mit dem dicken Hammer, beim Schmieden der Radreifen,<br />
oder beim Bearbeiten der Radnaben. Dann spielten wir in den meterhohen<br />
Haufen von Sägemehl und Holzspänen. Es waren auch Kühe im Stall die<br />
gemolken wurden, das Eiersammeln bei den Hühnern, die frei herum liefen<br />
war wie ein alltägliches Osterfest. Die Hühner legten ihre Eier wo es ihnen<br />
gerade am gemütlichten schien. Und dazu grunzten mehrer Schweine im<br />
Stall die ebenfalls jeden Tag ins Schweinegatter gelassen wurden. Da
39<br />
wurde immer wieder Wasser vom Brunnen hineinlaufen lassen, damit sich<br />
die Schweine in der Suhle recht wohl fühlten. Man unterliess es keinesfalls<br />
uns die geschmacklichen Vorteile bei so einer Schweinehaltung zum<br />
Genuss an zu bieten. Rohfleisch wurde selten verzehrt, doch hatten<br />
verschiedene Metzger die Marktlücke schnell erkannt und boten jede<br />
Woche in ihrem schnell umgebauten Lieferwagen Frischfleisch, Wurst und<br />
Käse sowie sonstige eher städtische Esswaren an, wodurch sich der<br />
Speiseplan merklich erweitern liess. Unsere Mutter machte sich nützlich in<br />
der Küche, was aber bei der verschrobenen „Gued“ nicht selbstverständlich<br />
war, denn das bedeutete Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines<br />
Hauses mit festgefahrenen Sitten und Bräuchen. Die Arbeit meiner Mutter<br />
in der Nähstube war allerdings höchst willkommen, denn auf einem Hof<br />
gibt es immer wieder unreparierte Kleidungs- oder Wäschestücke. Mein<br />
Vater half bei der Grummet- und Heuernte, wenn er dienstfrei war und<br />
zugegen sein konnte.<br />
Eines Tages bot meine Mutter ihre Kochkunst an, die sie zum <strong>Teil</strong> von<br />
meinem Vater gelernt hatte. Sie hatte Gemüsesuppe mit geriebenen<br />
Kartoffelpfannkuchen vorgesehen. Erstaunlicherweise kannte die<br />
Bauernfrau so etwas Exotisches überhaupt nicht, wahrscheinlich weil es<br />
etwas Arbeit macht. Knurrend und etwas unwirsch meinte sie, was das<br />
denn für ein Frass werden würde.<br />
Als natürlich die Suppe vom Pätter mit grossem Genuss, sowie auch von<br />
uns geschlürft wurde und die „Gromperekichelcher“ schnell in der Runde<br />
gereicht wurden, da trat die „Gued“ hinter sich um das neue Zeug doch zu<br />
probieren. Ihr Kommentar zirkulierte lange in der Familie „Er schmeckt gar<br />
nicht schlecht, dieser Dreck!“<br />
An schönen Tagen spazierten wir durch den „Schwengsbösch“ hinab an die<br />
Weisse Ernz, in Richtung Fischbach wo der Oberförster Peitsch wohnte. Er<br />
war Förster am Hof und von der Armee her ein guter Bekannter meines<br />
Vaters. Als wir wieder einmal mit ihm rundum die herrlichen Fischteiche<br />
gewandert waren, überfiel mich eine unheimliche Hitze und ich wurde so<br />
matt, dass man mich aufs Sofa legen musste. Ich schien offensichtlich<br />
Fieber zu haben, und das beim blossen Anblick meiner Wangen. Ein Arzt<br />
wurde über Telefon bestellt und kam per Auto dorthin, was wir als ganz<br />
besonders luxuriös ansahen. Der Arzt konnte ja nicht ahnen welche Person<br />
in diesem hoch angesehenen Hause krank war. Er hatte bei mir schnell eine<br />
Blutvergiftung diagnostiziert. Sie war hervorgerufen worden durch einen<br />
Unfall den ich tags zuvor hatte als ich beim hinunter Rennen vom<br />
Wasserbehälter am Ortseingang von Heffingen nicht schnell genug bremsen<br />
konnte und ich mir beim Rutschen über die frisch geteerte Strasse tiefe<br />
Schürfwunden an meinem linken Oberbein zugezogen hatte. Es ging da aber<br />
noch die Rede von der Möglichkeit eines Starrkrampfes, was den baldigen<br />
Tod bedeutet hätte. Glücklicherweise überlebte ich auch diesen Angriff von
unliebsamen Mikroben auf mein Leben und konnte mich nach einigen<br />
Tagen wieder normal bewegen.<br />
Deportation des Vaters.<br />
40<br />
Bewaffnete Staatsbeamte konnten die Deutschen in unserm besetzten Land<br />
keineswegs gebrauchen. Ohne die notwendige Indoktrinierung hätten diese<br />
für das Reich gefährlich werden können. Damit begann die Leidenszeit, die<br />
mein Vater besonders in seinen oben aufgeführten Memoiren ausführlich<br />
behandelt.<br />
Vorbei war die schöne kameradschaftliche Zeit mit ihm zusammen. Vorbei<br />
die wunderbaren Familien-Spaziergänge in freier Natur, die ausführlichen<br />
Erläuterungen die er uns immer wieder geben konnte, wenn wir den Namen<br />
eines Tieres oder einer Pflanze kennen wollten. Besonders glücklich war er<br />
als sein Freund Hertges ihm ein für ihn und seinen besonderen Wissensdurst<br />
(in Punkto Botanik) stillendes Buch schenkte: „ Die Flora der Heimat“ das<br />
Dr. Edm. J. Klein, Professor der Botanik am Grossherzoglichen Gymnasium<br />
in Diekirch, im Jahr 1897 geschrieben hatte. Und genau der hundertste<br />
Jahrestag seit Erscheinen dieses Buch veranlasste mich 1997 in<br />
Zusammenarbeit mit Nicolas Rollinger diese Flora neu zu editieren. Nicolas<br />
Rollinger war ein hoch talentiertes und aufopferungsbereites<br />
Vorstandsmitglied der von mir gegründeten AAT (siehe im Internet). Er<br />
besorgte das Layout. Ich hatte mir persönlich ganz besonders die<br />
unzeitgemäss gewordene Nomenklatur der Pflanzen vorgenommen. Viele<br />
Namen entsprachen nicht mehr dem aktuellen Wissensstand. Sie musste<br />
allesamt geprüft werden. Ich versuchte auch die luxemburgischen also<br />
volkstümlichen Namen, insofern bekannt, zu ergänzen. Eine Neuausgabe<br />
dieser Flora ist übrigens seit kurzer Zeit in Bearbeitung.<br />
Ich habe meinen Vater immer geliebt, nahezu angebetet. Er war ein<br />
herzensguter Freund, auch zum Schmusen bereit und nicht nur mir ein<br />
leibliches Vorbild von Fröhlichkeit und ausstaffiert mit einem genialen<br />
Gedächtnis. So konnte er stundenlang Gedichte zitierten, wie das “Lied von<br />
der Glocke“, den „Zauberlehrling“ oder der „Taucher“ und besonders<br />
Auszüge aus der luxemburgischen Literatur. Den kompletten Rénert von<br />
Michel Rodange wusste er zu deklamieren und beherrschte dabei auch noch<br />
die verschiedenen dort verwendeten Landesdialekte. Natürlich hatte sein<br />
Wandererleben ihn dabei begünstigt. Leider konnten wir nie an den<br />
manchmal Tage dauernden Radtouren teilnehmen, die er mit seinen<br />
Freunden, dem Lehrer und dem Pfarrer durch unser schönes Land gemacht<br />
hat. Er kannte sich ausgezeichnet aus in der Geografie des<br />
Grossherzogtums. Strassen und Schleichwege waren ihm bekannt, worüber<br />
man nur staunen konnte. Ganz besonders aufmerksam hörten wir auch<br />
seiner sonoren Bassisten Stimme zu, wenn er seine eigenhändig zusammen<br />
gestellten Potpourris mit über 40 verschiedenen Melodien (siehe <strong>Teil</strong> I)
vortrug. Nicht nur deutsche Lieder waren ihm geläufig auch die besten<br />
Texte aus luxemburgischen Theater-, Revue- und Operettenstücken. Kein<br />
Wunder, dass er im Kirchenchor beliebt war und ihm oblag es auch<br />
verschiedene Psalme in der Vesper vor zu tragen. Besonders lag ihm der<br />
Vesper Psalm 116<br />
„Laudate Dominum omnes gentes<br />
Laudate eum omnes populi<br />
Quoniam con<strong>fir</strong>mata est super nos misericordia ejus<br />
Et veritas Domini manet in aeternum<br />
41<br />
Er trug den Psalm mit ganz besonderer Inbrunst von der Empore aus vor,<br />
mit oder ohne Orgelbegleitung. Er wurde sogar in manchen Vereinigungen<br />
Vortragsredner zu religiösen wie auch ethischen oder philosophischen<br />
Themen. Auch war er für seine Zeit bereits ein aussergewöhnlich vielseitig<br />
aufgeschlossener Mensch mit einem hohen literarisch orientierten<br />
Wissensstandard. In seiner Hausbibliothek konnte ich bereits in einer<br />
grossen Auswahl an Weltliteratur stöbern. Die Bücher hatte er als Mitglied<br />
der Deutschen Buchgemeinschaft erworben. Meistens Klassiker und<br />
hervorragende Romane. Dreizehnlinden von Friedrich Wilhelm Weber war<br />
ihm eine Quelle für Zitate. Besonders gerne zitierte er:<br />
Wonnig ist's, in Frühlingstagen<br />
Nach dem Wanderstab zu greifen<br />
Und, den Blumenstrauß am Hute,<br />
Gottes Garten zu durchschweifen.<br />
Man kann sich jetzt vielleicht gut vorstellen wie gesellig er war. Er war<br />
ausserdem ein ausgezeichneter Koch und schmähte keinesfalls gute Bissen<br />
und in seinem Keller, so kann ich mich erinnern, befand sich meistens ein<br />
Fässchen Rotwein, an dem er selber immer wieder für den Festtisch zapfte.<br />
Seine Lebensfreude und besonders seine ungebeugte Frömmigkeit<br />
begleiteten und stärkten ihn, in dem schwierigen Leben. Es war wie eine<br />
Überlebenspille, an welcher er zu zehren begann wenn Schwierigkeiten sich<br />
über seinem Kopf häuften.<br />
Nun sollte dies alles auf einen Schlag vorbei sein. Der Abschied meines<br />
Vaters hatte nicht wenige Auswirkungen auf mein weiteres Leben. Bevor er<br />
zum ersten Mal wegging sagte er zu meinem Bruder. „Hilf du der Mutter<br />
und pass gut auf deinen Bruder auf, damit der nicht aus der Reihe tanzt.“<br />
Das war natürlich Wind auf die Mühle meines Bruders, der sich immer<br />
mehr, nicht als Beschützer aber eher als Bewacher vorkam. Damit war<br />
sicherlich unbeabsichtigt und durch falsche Interpretation, das Kriegbeil<br />
zwischen uns beiden ausgegraben worden.<br />
Mein Vater hatte noch kurz vor seiner Abreise für einige Jahre ein Stück<br />
Ackerland mit andern Freunden gemeinsam gepachtet. 7 Ar Ackerland
42<br />
standen uns persönlich zur Verfügung und diese befanden sich etwa 2 Km<br />
weit weg von unserm Wohnhaus. Ein Bauer hatte das ganze Feld, was einst<br />
eine Wiese war, umgepflügt und dort sollten jetzt Kartoffeln, Bohnen,<br />
Karotten und noch vieles andere gepflanzt werden.<br />
Gartenarbeiten und Kaninchen im Stall<br />
Meine Mutter hatte ein schweres Gebrechen. Bei einem Oberschenkelbruch<br />
der sich noch vor ihrer Heirat ereignet hatte, wurde sie ärztlich nie richtig<br />
versorgt, besonders auch weil ihre Schwestern immer von Simulierung<br />
sprachen und es so weit kam, dass der Knochenbruch schlecht heilte. Sie<br />
konnte nie mehr normal gehen und musste immer daher humpeln. Ihr war es<br />
unmöglich dieses frische Ackerland zu bestellen.<br />
Dazu hatten wir auch noch ein halbes Dutzend Kaninchen im Stall, die<br />
keinesfalls in Kriegszeiten aufgegeben werden konnten und so begann man<br />
eine ungewöhnliche Last auf uns zwei Buben abzuladen, die keinesfalls von<br />
Butter war.<br />
Natürlich waren wir beide am Anfang hell begeistert um behilflich zu sein,<br />
um eine neue Beschäftigung zu haben. Da wir aber den Rat der Mutter<br />
unbedingt brauchten, setzten wir diese in den beim Nachbarn ausgeliehenen<br />
vierrädrigen Karren und brachten sie über die Landstrasse bis in diesen<br />
riesigen Garten, wo sie dann genau überwachen und beurteilen konnte wie<br />
und was gearbeitet werden sollte. Gute und fachliche Ratschläge holten wir<br />
bei erfahrenen Gärtnern und befreundeten Nachbarn, die uns beiden Jungen<br />
bedauerten, aber auch in jeder Lage meiner Mutter behilflich waren. Da<br />
unser ehemaliger Nachbar vor den Deutschen nach Frankreich geflohen<br />
war, stand dieses Haus leer und es wurde requiriert, als Wohnung für einen<br />
deutschen Zöllner, der fortan auf dem Bahnhof in Rodange Dienst machen<br />
sollte. Das hatte zum direkten Vorteil, dass wir nicht zur gleichen Zeit<br />
unsere Dienstwohnung für ihn räumen mussten.<br />
Die Beziehungen zu diesen neuen Nachbarn waren anfangs natürlicherweise<br />
äusserst zurückhaltend, ja kalt. Doch mit der Zeit wurden wir uns immer<br />
mehr bewusst dass ja auch sie von zu Hause fort und in die Fremde mussten<br />
und keinesfalls mit den Nazis kollaborieren wollten. Die Parole lautete,<br />
nicht auffallen, denn man wusste welches Schicksal bereits manchen ereilt<br />
hatte. Mitleid kam bei unsern Nachbarn auf und meine Mutter begann dies<br />
zu spüren und lies langsam ihr hartnäckiges Meiden von Begegnungen<br />
versanden.<br />
Hausarbeiten und kein Ende<br />
Das Gebrechen meiner Mutter hatte seine Auswirkungen auch auf uns<br />
beide. Mein Bruder und ich mussten ihr recht viel beistehen, besonders bei
43<br />
den Haushaltsarbeiten. Da waren die allwöchentlichen Waschtage. Es<br />
machte noch Spass das Feuer unter dem Waschkessel anzuzünden und zu<br />
bedienen. Auch standen wir neben unserer Mutter am grossen Waschtisch<br />
und schrubbten, besonders Strümpfe oder Pullover. Unsere Mutter hatte<br />
schnell herausgefunden dass genau diese Wollsachen, die mit viel Schaum<br />
gewaschen wurden unsere Hilfe stimulierten. Dann kam natürlich auch<br />
manch grosses Stück, wie die Linnentücher in unsere Hände. Wir hatten 2<br />
grosse Waschtröge zum Wässern der Wäsche. Der eine diente zum Bläuen<br />
der weissen Wäsche, das andere zum Spülen. Wir mussten uns schon schön<br />
anstrengen um diese mit Wasser voll gesogenen Wäschestücke über den<br />
Beckenrand zu ziehen. Dann wurde gewringt und langsam zeigte sich dass<br />
wir bereits begannen stärker zu werden als unsere Mutter.<br />
Im kleinen Garten hatten wir Wäscheleinen und zum Trocknen der Wäsche<br />
musste die Wäsche in grossen Körben nach oben und dann in den Garten<br />
gebracht werden. An die Leine reichten wir noch nicht aber der Mutter ein<br />
Wäschestück nach dem andern reichen, das gehörte zum Pensum.<br />
Es kam auch manchmal vor, dass einem von uns beiden die ganze Wäsche<br />
aufgehalst wurde, weil es der Mutter unmöglich war sich in den Keller zu<br />
bewegen. Wir haben diese Zeit mit Bravour durch gestanden. Erst als ich<br />
etwa 16 Jahre alt war, erhielten wir die erste elektrische Waschmaschine mit<br />
Wringer. Der alte Ofen diente zwar noch manchmal wenn<br />
Zwetschgenkonfitüre gekocht wurde, wo wir Buben uns beim Rühren<br />
gegenseitig ablösten. Auch das Einmachen von Sauerkraut und Einwecken<br />
von Bohnen wurde trotz der Abwesenheit meines Vaters nicht abgesetzt.<br />
Ein 80 Liter Fass war Standardmass für das Sauerkraut und bereits die<br />
Vorfreude auf einen Sauerkrautschmaus speziell mit Leberklössen,<br />
gekochter Mettwurst, Lyoner und Senf trieb uns an, das Schroten des selbst<br />
kultivierten Kohls mit Lust zu vollziehen. Die Bohnen wurden in<br />
Glasbokale eingeweckt. oder klein geschnitten in Flaschen gefüllt und<br />
ebenfalls eingeweckt. Dasselbe geschah auch mit Obst.<br />
Kartoffeln schälen, Schuhe putzen, die hölzerne Treppen sowie Stube mit<br />
Metallspänen säubern, waren ebenfalls gängige Arbeiten die wir zu<br />
verrichten hatten. Auch das alltägliche Säubern der Kochmaschine, das<br />
Spülen oder das Abtrocknen, mitsamt dem Wegräumen des Essgeschirrs,<br />
gehörten zu unseren alltäglichen Beschäftigungen. Meiner Mutter waren all<br />
unsere Spielkollegen fremde und potentielle Verführer. Sie trauten keinem<br />
und war immer nur darauf bedacht uns vor verdorbenen Einflüssen zu<br />
bewahren. Wir hatten nur wenige Familien, die uns so nahe befreundet<br />
waren, dass ein oder zweimal im Jahr wir gemeinsam ein Festessen<br />
veranstalteten. Bei uns gab es alsdann das bekannte Sauerkraut, bei den<br />
andern Bekannten waren Schalentiere eine Spezialität doch mussten diese<br />
damals noch immer vor dem Kochen von Unrat und den aufsitzenden<br />
Ablagerungen gereinigt werden. Heute wissen wir auch welchen Blödsinn
44<br />
wir immer wieder veranstalteten um mit einem silbernen Löffel, besonders<br />
vor dem Verzehr von Pilzen, die mein Vater gesammelt hatte, zu testen ob<br />
sich nichts Giftiges im Essen befand. Das geschah auch ganz besonders vor<br />
dem Verzehr von Miesmuscheln.<br />
Die Gartenarbeit war uns keinesfalls fremd aber besonders wenn Grünfutter<br />
für die Kaninchen benötigt war, dann mussten wir raus. Meistens zog nur<br />
einer allein davon, mit einem beim Nachbarn ausgeliehenen Handwagen<br />
und einer Handsichel. Die Wiese auf welcher wir „krauden“ konnten lag<br />
mindestens 1 km weg von unserm Hause. Mitleidige Menschen erlaubten<br />
uns dann auf ihrem Besitz alles Gras zu besorgen, sogar das Heu, das wir<br />
für den Winter hereinbringen mussten. Einer der Nachbarn hatte mehrere<br />
Dutzend Stallhasen. Er war ein erfahrener Kaninchenzüchter. Wir konnten<br />
zwar zuschauen, wenn er eines unserer Kaninchen bei den Bock liess, haben<br />
aber nie so richtig verstanden was da vor sich ging, wahrscheinlich weil<br />
Kaninchen dieses Geschäft in Sekundenschnelle erledigen. Ihnen waren<br />
Quickies kein Begriff, sie verstanden jedoch die notwendigen Spielregeln<br />
und praktizierten sie perfekt. Herr Weisgerber allein, so hiess der Mann,<br />
schlachtete unsere Kaninchen, wenn dieses notwendig war. Als Lohn<br />
konnte er den Pelz behalten. Es zog lange Zeit vorher noch immer ein<br />
Scherenschleifer durch die Strassen, der dann auch mit markanter Stimme<br />
rief „Pelzä, Pelzä“. Der schliff auch Messer und reparierte Regenschirme.<br />
Das notwendige Handwerkszeug hatte er auf seine fahrbare Schmiede<br />
montiert, die er auf einem Stellbock transportierte. Wenn er weiter fuhr<br />
nahm er den Riemen von dem grossen Rad, das er über ein Tretpedal antrieb<br />
und dann schob er den ganzen Kram auf diesem Rad rollend vor sich her.<br />
Der Nachbar bereitete die Pelze (seine Vorfahren müssen schon was davon<br />
verstanden nahmen, woher sonst hätte er den Namen Weiss Gerber) selber<br />
über einen Drahtbügel bis sie fast wie Leder aussahen. Er bot sich auch<br />
jedes Mal an, wenn es galt eine grössere Grasfläche abzumähen. Das Gras<br />
wenden, aufladen und heim karren oblag uns beiden. Wir taten es ohne<br />
Murren, denn wir hatten reelles Mitleid mit dem Gebrechen unserer Mutter.<br />
Es muss im Jahr 1944 gewesen sein, als wir im Hochsommer gegen Abend<br />
gerade dachten die täglichen Pflichten wären zu Ende, da erschien völlig<br />
ausser Atem ein Bekannter bei meiner Mutter: „Das Heu in der Wiese<br />
müssen Sie sofort heimholen, denn es wird ein Gewitter geben, sonst ist die<br />
ganze Arbeit futsch.“<br />
Die Deutschen Besatzer hatten aber ein Verbot erlassen, dass die Kinder am<br />
späten Abend nicht auf die Strasse durften und verboten war es auch Kinder<br />
mit solch schweren Arbeiten zu beschäftigen.<br />
Doch mussten wir an den Wintervorrat für die Kaninchen denken und so<br />
machten wir beide uns allen Geboten und Verboten zum Trotz mit dem 4
45<br />
Rad Wagen auf den Weg. Kaum waren wir in der uns zugeschriebenen<br />
Wiese angekommen, da begannen die Leute aus der Nachbarschaft eiligst<br />
uns zu helfen, denn die drohenden Gewitterwolken zeigten sich bereits über<br />
der nahen französischen Grenze. Unser Wagen wurde etwa 3 Meter hoch<br />
beschichtet und alles Material mit Seilen festgebunden. Wir liefen fast über<br />
die Hauptstrasse nach Hause, wenigstens wo es bergab ging. Etwa hundert<br />
Meter von unserm Haus entfernt hielt uns jedoch einer der SS-Leute, die in<br />
der Nachbarschaft wohnten an. Er notierte unsere Namen. Wir konnten dann<br />
schnell nach Hause und drückten gerade noch rechtzeitig den Wagen<br />
mitsamt Heu in den Kellerraum hinein, als draussen ein lang andauernder<br />
Wolkenbruch mit gewaltigem Platzregen niederging. Natürlich waren wir<br />
stolz auf unsere Glanzleistung, aber als wir der Mutter die Begegnung mit<br />
der SS berichteten, da begann die verängstigte Frau sich sofort grosse<br />
Sorgen zu machen. Was sollten die Folgen sein?<br />
Am andern Morgen klingelte bereits sehr früh ein SS- Mann an unserer<br />
Haustür. Er kam mit einem Vorladungsbefehl für meine Mutter. Sie müsse<br />
zur Kommandantur kommen um sich dort zu rechtfertigen. An diesem Tag<br />
wurde das Mittagessen nicht mit der üblichen Sorgfalt zubereitet. Meine<br />
Mutter entschloss sich kurzerhand der Nachbarin die ganze Sache an zu<br />
vertrauen. Dabei ging es natürlich nicht ohne Weinkrämpfe ab und die<br />
Nachbarin war offensichtlich recht betroffen, dass ihre Landsleute so mit<br />
uns Luxemburgern umsprangen. Sie entschloss sich kurzerhand und machte<br />
sich sofort auf den Weg um ihren Ehemann, der am Bahnhof Dienst<br />
verrichtete, davon in Kenntnis zu setzen, damit er sich als Fürsprecher<br />
einsetzen sollte. Er tat es und das mit Erfolg. Ab diesem Tag veränderten<br />
sich die Beziehungen zu unsern deutschen Nachbarn schlagartig, denn<br />
bereits am Nachmittag klingelte der Nachbar höchstpersönlich an der<br />
Haustür um meiner Mutter mitzuteilen, dass die Vorladung zu den Akten<br />
gelegt worden sei. Er hatte sich persönlich eingesetzt um im SS-Büro, das<br />
sich neben dem Bahnhofsgebäude befand, die recht beschwerliche Situation<br />
in unserer Familie zu erklären. Von diesem Tag an bekam „Heidi“, der<br />
Nachbarhund, der bisher auf tiefstem Rang der Freundschaft eingestufte<br />
Fox Terrier, manchmal auch einen Knochen dargereicht, was dessen<br />
Gereiztheit uns gegenüber wiederum entsprechend milderte.<br />
Als Musiker habe ich mich versucht<br />
In dieser Zeit liess sich mein Bruder als Musiker in der Rodinger Harmonie<br />
einschreiben. Stolz kam er nach Hause und zeigte seine silbern blinkende<br />
Boehmklarinette. Das ist eine so genannte Jupiter-Klarinette, die sich<br />
besonders eignet für Anfänger und sehr robusten Ansprüchen standhalten<br />
kann. Die Klarinette war nicht aus Grenadillholz wie die üblichen<br />
Klarinetten. Dies ist eine Art rotes Ebenholz – und so lautet auch der Name<br />
verschiedener Nutzhölzer, besonders Holz der westindischen Pflanzen Inga<br />
vera, oder Brya eberus, die zum Bau von Blasinstrumenten dienen. Diese
46<br />
Klarinette war dagegen komplett metallisch. Das was eine Seltenheit. Als<br />
er dann meiner Mutter noch erklärte, dass das gleiche Instrument noch<br />
einmal zur Verfügung stehe und es eigentlich eine gute Gelegenheit wäre<br />
dass mein Bruder und ich gemeinsam dieses exotisch anmutende Instrument<br />
erlernen sollten, war auch mein musikalisches Schicksal schnell besiegelt.<br />
Ich kann mich noch gut daran erinnern wie gut, oder eher schlecht ich das<br />
Instrument in den Proben beherrschte und wie ich an meinem ersten<br />
öffentlichen Konzert teilnahm. Es fand statt in der französischen<br />
Grenzortschaft Longwy und zwar auf dem Kiosk in dem herrlichen Park der<br />
Ortschaft. Der damalige Dirigent, Herr Bohneberger, kannte meinen Vater<br />
sehr gut, weil beide gemeinsam beim Militär waren. Mein Bruder und ich<br />
aber viel weniger, hatten angeblich hohes Interesse an diesem Instrument,<br />
das uns neben den alltäglichen Pflichten noch viele Etüden und Proben<br />
abverlangte die bald zeigten, dass wir beide keine begabten Musiker waren,<br />
besonders aber nicht genug Zeit aufbringen konnten für die unbedingt<br />
notwendigen Etüden.. Dazu hoffte man, dass ich obschon 4 Jahre jünger als<br />
mein Bruder, mit seinem Fortschritt mithalten konnte. Das einzige was mir<br />
Vorteile verschaffte war, dass ich bereits schnell Noten lesen konnte und<br />
fleissig die immer wieder zurückkehrende Solfegien - Melodien noch heute<br />
im Kopf habe, do,si,la,sol,mi.<br />
Tatwaffe, ein Instrument<br />
Es war in der Woche als ich mich auf meine erste Kommunion einstellen<br />
sollte. Die Musikprobe sollte keinesfalls ausfallen. Doch irgendeine<br />
Gereiztheit musste sich in meinem Innern zusammen brauen, denn während<br />
der Probe bekam ich plötzlich Streit mit einem anderen jungen Musiker, der<br />
eine Tuba als Instrument besass. Dass man aber ein solches Instrument auch<br />
als Waffe benutzen konnte erfuhr ich bei dem aufkommenden Gerangel und<br />
so geschah es, dass das metallene Instrument mir plötzlich gegen die Stirne<br />
fuhr, wobei mir schien rundum um mich Sterne tänzeln zu sehen. Natürlich<br />
weinte ich überm Nachhausegehen. Meine Mutter war stark verärgert<br />
besonders weil sie mich bereits sah, als Kommunionkind mit einem dicken<br />
blauen Augen und geschwollener Stirn. Ohne lange zu zögern wusste sie<br />
schnell wo der Junge namens Buisse wohnte und allsogleich nahm sie mich<br />
mit der Hand und humpelte mit mir sag und schreibe immerhin mehr als<br />
einen Kilometer weit um sich bei den Eltern des Rowdy zu beschweren.<br />
Völlig ausser Atem standen wir plötzlich vor der Tür seiner Eltern. Die<br />
Mutter öffnete und zu ihrem Unglück sprach diese Frau Französisch, was<br />
meine Mutter zwar verstand aber nicht gut sprechen konnte. Meine Mutter<br />
liess natürlich eine mächtige Tirade los, aber die Frau liess sich kaum<br />
erweichen. Sie antwortete forsch und knapp: „Si votre fils venait d’offenser<br />
mon fils alors je ne puis pas m’y mêler. Madame Regenwetter, je ne puis<br />
rien faire pour vous. Au revoir. »
47<br />
So was nennt man abblocken. Wie begossene Pudel traten meine Mutter und<br />
ich den Rückweg an. Doch am Tag der Feier, hatte sich die Beule gelegt.<br />
Nur ein wenig Azurblau blieb hartnäckig an meiner Stirne, was aber<br />
niemandem ernsthaft auffiel und so erkundigte sich auch niemand was<br />
wirklich geschehen war.<br />
Arbeit als Depositär<br />
Unser Nachbar war ein Depositär, das heisst er verkaufte Getränke, also<br />
selbst eingefülltes Bier, das in Fässern verschiedenen Kalibers direkt von<br />
der Brauerei angeliefert wurde. Sonderbarerweise war der Rollefax, so<br />
nannten wir denjenigen der das Bier in Fässern anlieferte, ein Stiefbruder<br />
von meinem Vater, aber der Taufpate von meinem Bruder. Er war in der<br />
Familie nur als „Franz, de Rollefax“ bekannt. Er lieferte das Bier direkt von<br />
der Brauerei, die sich in der Vorstadt von Luxemburg befand, die über 20<br />
km entfernt lag. Die Zugpferde waren belgische Brabanter mit kleinem<br />
Kopf auf mächtigem Hals. Sie hatten auch kräftige Schultern, die uns weit<br />
über den Kopf reichten. Gutmütig aber riesig stark um den schweren Wagen<br />
mit den vollen Bierfässern aus Luxemburg bis nach Rodingen zu ziehen.<br />
Wenn es kühl draussen war, dann dampften sie vor Anstrengung. Franz<br />
hatte meinem Bruder zu dessen Ersten Kommunion eine Taschenuhr<br />
geschenkt. Nähere Freundschaft wurde mit ihm nicht gepflegt. Zusätzlich<br />
sei bemerkt dass mir damals auch schon bekannt war wie ein Ardennerpferd<br />
aussieht. Auch das Ardennerpferd ist ein belgisches Zugpferd, aber man<br />
konnte es seltener auf den Strassen sehen. Ich lernte diese Rasse kennen bei<br />
den vielen Spaziergängen oben auf dem Berg bei den beiden Gehöften<br />
„Roter und Weisser Hof“.<br />
Der Nachbar verkaufte aber auch Limonadensaft oder Orangensirup. Er<br />
belieferte seine Kundschaft, meistens Wirtshäuser, mit einem kleinen<br />
Lastkraftwagen, der während des Krieges auf Holzkohlenfeuerung<br />
umgestellt war. Selbstverständlich ging mein Bruder und ich bei unserm<br />
Nachbarn ein und aus. Nur zu gerne hätten wir mehr Limonade getrunken.<br />
Vom Bier nicht zu sprechen und so kam es wie es kommen musste. Eines<br />
Tages und dabei spreche ich nur von mir allein, war ich zum<br />
Flaschenputzer, zum Limonaden- und Bierflaschenfüller avanciert. Man<br />
band mir eine bis zum Boden reichende lederne Schürze um, weil da enorm<br />
viel Nasses im Spiel war, steckte mich in ein paar Stiefel, die mir viel zu<br />
gross waren. Ich musste auf einem Holzsockel arbeiten um die zu<br />
säubernden Flaschen mit dem Hals nach unten auf Düsen und Bürsten einer<br />
komplizierten Maschine stellen zu können. Sie verschwanden dann mit viel<br />
Geknatter auf dem drehenden Karussell hinter einem Lederschutz, um recht<br />
bald wieder zum Vorschein zu kommen. Flaschen zur Säuberung einfüllen<br />
und die gesäuberten Flaschen herausnehmen, kontrollieren und in Kästen<br />
aufstapeln wurde recht bald zu einer Fertigkeit, die nicht so einen genauen<br />
Tastenschlag erforderte wie das Musikinstrument. Die ganze Maschinerie
48<br />
wurde elektrisch über Kurbelwellen angetrieben. Oben unter der Decke<br />
drehte sich die lange Welle mit den Antriebsrädern, von wo aus bis herunter<br />
zu den laufenden Maschinen lange Lederriemen die Geräte ankurbelten.<br />
Riemen ‚rauf, Riemen ‚runter, so wurde geschaltet. Die Antriebswelle lief<br />
dabei immer gleichmässig weiter.<br />
Nach getaner Arbeit erhielt ich natürlich immer zum Dank und als Entgelt<br />
eine Literflasche voll frisch sprudelnder Limonade, die aber erst am<br />
Sonntag auf den Tisch kam. Was aber noch interessanter zu bemerken ist,<br />
war der Umstand, dass ich mit dem Nachbarn in seinem Klapperkasten<br />
mitfahren durfte, wenn er seine Kunden besuchte, die auch in umliegenden<br />
Ortschaften zu finden waren. So lernte ich auch die Nachbarortschaften<br />
kennen und er lieferte sogar bis nach Lasauvage, was für mich bereits nahe<br />
am Ende der Welt, meiner Welt lag. Unterwegs durfte ich dann natürlich<br />
auf- und abladen und meine persönliche Flasche Limo anzapfen.<br />
´Arbeit als Milchmann<br />
Wenn ich mir das heute so überlege hätte ich eigentlich Geschäftsmann<br />
werden sollen, denn bald hatte ich einen weiteren Beruf erlernt. Jeden Tag<br />
kam der Milchmann an unserm Haus vorbei. Er hatte verschiedene Arten<br />
von Milch, blaue und fette, sogar Buttermilch. Ich habe nie richtig<br />
verstanden warum die blaue Milch auch weiss war, genau wie die fette. Nur<br />
eines hatte meinen Fleiss gepackt. Der Milchmann meinte dass ich<br />
eigentlich die richtige Hilfe für ihn sei. Ich weiss nicht mehr im Detail wie<br />
es dazu kam, dass ich mitten im Winter begann mit ihm Milch aus zu<br />
fahren, von Tür zu Tür. Ich läutete mit der grossen Glocke die am Wagen<br />
hing, strickte bei einem längeren Aufenthalt den Maulesel an Hausgeländer<br />
oder Pforten an und servierte alsdann wie ein professioneller, aber<br />
keineswegs wie ein Geschäftsmann, denn mein Gebieter musste mich öfters<br />
zurecht weisen, weil ich die „Schoppen“ viel zu schräg hielt und dadurch<br />
immer etwas mehr als das richtige Mass ausgegeben wurde. Das wurde<br />
noch komplizierter als sich beim Frost nicht nur an der eiskalten Kanne in<br />
der rechten sondern auch an dem Schoppen in der linken Hand bereits<br />
Eiskristalle bildeten. Dazu meinten manche Käufer der Händler hätte sicher<br />
Wasser zugegeben, denn Milch könnte nicht gefrieren. Dabei entging es mir<br />
nicht, dass das ganz sicher eine Möglichkeit gewesen wäre die<br />
Geschäftsresultate zu verbessern.<br />
Natürlich wurde am Abend abgerechnet und ich bekam einige Groschen ab,<br />
aber das wusste ich zu steigern, als ich mir immer die blinkenden<br />
Kupfermünzen herausklaubte, die ich alsdann behalten durfte. Sie dienten<br />
mir, denn beim Münzenwerfen waren sie besser zu erkennen. Es dauerte<br />
nicht lange dann wusste meine Klientel dass ich diese Kupfermünzen für<br />
meinen Gebrauch behalten durfte und meine Einnahmen nahmen von Tag<br />
zu Tag zug. Die Reaktion blieb nicht aus. Der Milchmann hatte schnell
49<br />
begriffen wie meine Geschäfte liefen und meinte, dass wir nicht mehr so<br />
weiter machen könnten. Trotzdem habe ich ihn sogar ersetzt als man mich<br />
eines Tages wissen liess der Chef liege im Bett und sei krank. Ich musste<br />
die ganze Tour allein machen. Und ich habe es einige Tage lang geschafft.<br />
Manchmal liess das Zaumtier auch etwas fallen, oder ich musste ihm den<br />
Hafersack vorbinden und diese Arbeiten wurden so langsam zur Routine.<br />
Der Mist wurde schön säuberlich mit Besen und Schippe aufgelesen.<br />
Meistens waren Abnehmer sofort zur Stelle, denn einen so billigen Mist<br />
fand man in einer Ortschaft wie Rodingen nicht jeden Tag und noch gar<br />
nicht auf der Hauptstrasse. Heute wünschte ich mir dass jeder Dreckskerl,<br />
der seinen Unrat einfach auf die Strasse wirft, verurteilt wird während einer<br />
bestimmten Zeitdauer die weggeworfenen Sauereien anderer Leute ein zu<br />
sammeln.<br />
Beim Nachlesen erinnere ich mich an einen oft zitierten Kalauer meines<br />
Vaters: „Manchmal lässt das Pferd auch etwas fallen und dann sagen die<br />
Leute, das bringt Glück!“<br />
Pimpfen und Hitlerjugend<br />
Inzwischen sprach man davon, dass mein Bruder ebenfalls zwecks<br />
Umschulung auf die Burg Staleck bei Bacharach am Rhein müsse, wenn<br />
und das war das Kruziale dabei, ich nicht sofort mich bei den Pimpfen<br />
einschreiben liess, was die Vorstufe der Hitlerjugend war. Doch zuerst<br />
noch wurde ich wegen meiner Intelligenz, in die Hauptschule nach Petingen<br />
versetzt, was den Horizont meiner Phantasien noch beträchtlich erweitern<br />
sollte.<br />
Mister und Misses Pig waren die ersten englischen Vokabeln die ich lernte<br />
und die Klebestunden mit dem mir bis dahin unbekannten Klebstoff UHU<br />
beim „Pechmetti“, hatten wohl etwas Schönes an sich, denn manchmal<br />
mussten wir mit der ganzen Klasse auf den Hiersberg nahe Petingen ziehen<br />
um dort dabei zu sein, wenn Herr Thill seinen eigenhändig gebastelten<br />
Rhönflieger hochzog. Dieser flog dann manchmal kilometerweit, sogar über<br />
den Wald hinweg bis ins Belgische und dann musste immer eine kleine<br />
Schar der Schüler hinterher rennen um dieses Leichtflugzeug wieder zurück<br />
zu bringen. Manchmal aber endete der Ausflug mit einer Bruchlandung<br />
gleich nach dem Start, so ähnlich wie die Gebrüder Wright dies auch fertig<br />
gebracht haben. Dem Biologieprofessoren Schmit verdankte ich recht viel<br />
meiner damaligen Kenntnisse auf diesem Gebiet, zum Beispiel wie man<br />
Schmetterlingsraupen beobachtet wenn sie sich ver- oder entpuppen. Das<br />
alles wurde zuhause experimentiert. Er hatte anscheinend eine Neigung zum<br />
Deutschtum, was ihm nach dem Krieg immer wieder vorgeworfen wurde.
50<br />
Wenn Fliegeralarm war, mussten wir meistens in die Kellerräume der<br />
Hauptschule, wenn dies aber kurz vor Mittag geschah, dann machten wir<br />
uns aus dem Staub und meistens legte ich mit einigen Freunden den Weg bis<br />
nach Rodingen zu Fuss zurück und dies wie wir gelernt hatten, über die<br />
kürzeste Strecke zwischen zwei Punkten und das ist eine Gerade, in unserm<br />
Fall war es die Eisenbahn.<br />
Manchmal lockten uns auch die bereits nett und lieb gewordenen Mädchen<br />
und dann machten wir gemeinsam einen Spaziergang ins „Paradies“ auf<br />
dem Prinzenberg, ein märchenhafter Lärchenwald nahebei, oder aber wenn<br />
es regnete, wagten wir uns in die offen stehenden und selten benutzten<br />
Unterstände, in denen es stock dunkel war und wo wir uns dann hindurch<br />
tasteten bis zum anderen Ausgang. In manchen dieser Unterstände hatten<br />
Anlieger Sitzgelegenheiten gestellt und die wurden dann auch von uns<br />
genutzt. Die meisten aber wurden als öffentliche Aborte missbraucht.<br />
Wieder gefährliches Spiel<br />
Mit unserm Leben hatten wir aber einmal gespielt, als wir uns im<br />
Unterstand der SS in Rodingen umsahen, die neben dem Unterstand in der<br />
Gendarmerie wohnte. Warum liess man auch die Tür zum Bunker offen<br />
stehen? Auch diese Leute hatten sich dort häuslich eingerichtet mit alten<br />
Sofas, Matratzen, Stühlen usw. Als aber eines Tages dicker Qualm aus den<br />
Luftschächten stieg, mussten wir natürlich zum Verhör, weil wir verdächtig<br />
nahebei wohnten, aber merkwürdigerweise wusste niemand von uns dass da<br />
ein Brand ausgebrochen war. Manche hatten uns wohl gesehen, aber<br />
glücklicherweise nicht erkannt, als wir durch den Wiesengrund, über die<br />
Eisenbahn zum Schein in Richtung Belgien davon gelaufen sind, um dann<br />
im grossen Bogen von einer ganz anderen Seite an den Ort des Geschehens<br />
zurück zu kommen. Später hörten wir selbstverständlich, dass man in Athus,<br />
im nahen Belgien, nach den Brandstiftern suchte. Man meinte sogar die<br />
belgische Untergrundbewegung „Armée blanche“ sei im Spiel gewesen.<br />
Schnell gereizt<br />
Mein Familienname war natürlich immer Gegenstand des Spottes gewesen.<br />
Kehrreime wie Regenwetter, Blitzkadetter, oder Regenwetter,<br />
Donnerwetter, Blitz schlägt ein, warfen ständig meine friedliebende<br />
Gemütlichkeit über den Haufen. In der Hauptschule war so ein<br />
halbwüchsiger Gartenzwerg, der mich eines Tages bis zur Weissglut<br />
aufheizte. In der Pause rannte ich hinter ihm her, rundum den Klassensaal,<br />
aber er war immer schneller um die Bänke herum, bis ich zu einer<br />
Holzschachtel griff und ihn warnte er solle aufhören mich zu beleidigen. Er<br />
aber benahm sich wie eine blutrünstige Bremse, oder eine Stech- oder<br />
Schmeissfliege und wurde immer lästiger. Ich täuschte einen Schuss vor, er<br />
verschwand sich duckend hinter der Bankreihe und genau in dem
51<br />
Augenblick, den ich bereits vorausgeahnt hatte dass er wieder auftauchen<br />
würde, traf ihn die Holzschachtel die ich mit voller Wucht geschossen hatte,<br />
überm linken Auge. Blut spritzte über die Bank und dazu kam nach der<br />
Pause die Klasse wieder ins Zimmer, was sofort einen richtigen Rummel<br />
entfesselte.<br />
Natürlich erzählte ich meiner Mutter schonungslos was geschehen war,<br />
denn ich ahnte bereits dass die Geschichte die üblichen Unannehmlichkeiten<br />
bereiten würde. Prompt wurde sie vor den deutschen Direktor<br />
„Quietschisaur“ geladen und ich musste mit ihr ins Büro kommen. Natürlich<br />
erklärte ich ausführlich was vorgefallen war, aber niemand wollte sich<br />
meines Leidens annehmen. Ich kann mich nur noch erinnern dass der<br />
Direktor zu meiner Mutter sagte. „Der Junge ist ein Rohling. Wenn er so<br />
weiter macht müssen wir ihn von der Schule nehmen.“ Dummerweise<br />
gehörte diese Aussage fürderhin auch zum Repertoire meiner Mutter, was<br />
ich ihr nicht verzeihen konnte.<br />
Im Erziehungslager<br />
Die Einheimischen bezeichneten es als Volksverdummung, doch die<br />
Okkupanten sprachen von Volksertüchtigung, Volkserziehung. Im Rahmen<br />
dieser Aktion kam ich mit der kompletten Schulklasse von der Hauptschule<br />
aus in ein Heim nach Capellen. Es war eine herrschaftliche Villa, mit<br />
grossem Bering, Park und Weiher.<br />
Es wäre langweilig auf die Schulung im grossen Festsaal einzugehen. Hier<br />
filtriere ich Randerscheinungen, die typisch Deutsch waren. Was die Pillen<br />
bewirkten, die man uns alle Tage in verschiedenen Formen und Farben<br />
verabreichte, das entzieht sich meiner Kenntnis. Die einen schluckten sie die<br />
andern taten nur so als ob und warfen ihre Ration ins Klo.<br />
Es gab eine gemeinsame Küche, einige Luxemburger Erzieher, aber auch<br />
Deutsche, besonders der Kapo beherrschte martialisch alle Bewohner. Er<br />
trug auch tagtäglich eine Uniform. Unter seiner Befehlsgewalt befand sich<br />
ein junger Mann aus dem Nachbardorf.<br />
Was wir dort lernen sollten war wie man auf Befehl gehorchen soll. Das<br />
geschah beim Sammeln im Hof, beim Sammeln zum Essen, beim Sammeln<br />
zum Studium oder beim Sammeln zum Sport.<br />
Während der Wintersaison war es sehr kalt dort und es lag Schnee. Wir<br />
wurden abgehärtet und liefen barfuss von dieser Villa aus bis zum<br />
Fussballfeld das sich in Richtung Steinfort, oberhalb Windhof befand,<br />
spielten dort kurz mit dem Ball und liefen dann wieder über die<br />
schneebedeckte Strasse zurück. Das war schon ein hartes Stück Arbeit und<br />
nichts für Kinder mit labiler Gesundheit. Die Wirkungen blieben nicht aus
52<br />
und so kam es dass wir alle zusammen mit Durchfall geplagt wurden.<br />
Wenige hatten das Glück das Klo aufsuchen zu können. Die meisten<br />
hockten sich draussen über ein Loch das sie in den Schnee gestossen hatten<br />
und so konnte man nahezu die ganze Belegschaft mit herunter gelassener<br />
Hose rundum die Villa nicht nur hocken sehen, sondern wie sie sich auch<br />
über das Darmgrimmen beklagten. Papier hatten wenige und so musste der<br />
Schnee herhalten, was ganz natürlich eine erbärmliche Sauerei ergab. Pablo<br />
Picasso hätte seine Freude gehabt beim Anblick vom Fenster herab auf<br />
diese Kreation in Scheiss und Weiss. Dem war den Aufpassern aber nicht<br />
so, denn die Strafen folgten auf der Stelle. Drill, und immer wieder in den<br />
Schnee fallen lassen.<br />
Fast jeden Abend gab es Krach auf den Zimmern, in welchen wir<br />
zweistöckig gelagert waren mit etwa 30 Schlafplätzen in eisernen Betten.<br />
Jeder musste seinen Spind militärisch einrichten und militärisch ging es<br />
auch her mit der Sauberkeit der Bekleidung und der Schuhe. Eine<br />
Pimpfenuniform war aber noch recht einfach zu pflegen. Doch zur Ruhe<br />
kamen wir immer erst sehr spät, nachdem man uns nahezu jeden Abend<br />
einen Hexensabbat aufbrummte. Dabei wurde die ganze Bude bestraft und<br />
es wurde im Spiel festgestellt wer der Schnellste im Bett, unter dem Bett,<br />
den Spind ausgeräumt oder wieder eingeräumt hatte, im Nachthemd oder in<br />
der Uniform da stand. Dieser Radau dauerte so lange bis der Letzte aller<br />
Spiele erkannt war und dieser erhielt dann eine saftige Strafe für alle.<br />
Wohlverstanden, wer der erste bei so einem Zauber fertig war konnte sich<br />
ins Bett legen und wurde nicht mehr belästigt.<br />
Eines Tages nahm der Sturmbannführer mich bei den Ohren und befahl mir<br />
sofort zu einem Frisör zu gehen, weil ich offensichtlich nicht mehr gut<br />
sehen könne. Das war ganz früh am Morgen und ein Frisör befand sich nur<br />
in Steinfort. Um mir jede Möglichkeit zu nehmen mir irgendwo von<br />
jemanden die Haare schneiden zu lassen, musste ich als Beleg dass ich<br />
wirklich in Steinfort war, dort beim Ortsgruppenleiter vorstellig werden, um<br />
mir eine diesbezügliche Bescheinigung abzuholen.<br />
Es war bereits Frühjahr geworden und der Schnee war weg. Das Wetter war<br />
gut und so machte ich mich zu Fuss auf den Weg nach Steinfort. Ich war<br />
aber kaum 1 Km in Richtung Steinfort marschiert, da hielt der Briefträger,<br />
der mit dem Fahrrad unterwegs war, neben mir an und er fragte: „Wohin<br />
gehst du denn?“ Ich trug ihm meinen Auftrag vor und der gute Mann ärgerte<br />
sich über diesen unmenschlichen Auftrag und meinte: „Ich habe soeben<br />
meine Tournee beendet. Komm mit zurück bis zum letzten Haus, dort stelle<br />
ich das Fahrrad ab und dann kannst du dich dessen bedienen, um nach<br />
Steinfort zu gelangen.“<br />
Nach einer halben Stunde war ich beim Frisör in Steinfort, liess meine<br />
Haare sehr kurz schneiden, um nicht gleich wieder in Zugzwang zu geraten,
53<br />
kaufte von meinem äusserst spärlichen Taschengeld meiner Mutter noch ein<br />
Haarnetz als Andenken, suchte alsdann noch den Ortsgruppenleiter auf um<br />
meine Bescheinigung zu erhalten und machte mich wieder zurück nach<br />
Capellen. Dort traf ich gegen Mittag ein. Ich stellte das Fahrrad wieder beim<br />
Ortseingang gegen den Giebel des letzten Hauses und begab mich<br />
schnellstens in Esszimmer, denn alle waren bereits bei Tisch und ich hatte<br />
einen riesigen Hunger.<br />
Als ich in den Essraum eintrat schrie der Sturmbannführer mich an: „<br />
Raus!“ Ich wusste zwar nicht warum, ging aber wieder hinaus, und klopfte<br />
vorsichtshalber an die Tür bei meinem zweiten Versuch noch etwas vom<br />
Essen zu erhaschen. Wiederum schrie er mich an: „Wer sind sie, wir kennen<br />
sie nicht.“ Als ich aber völlig erschreckt und sicherlich auch zitternd vor<br />
Aufregung dort stand meinte er: „Ah, jetzt sehe ich erst wer sie sind. Man<br />
hat ihnen die Haare also geschnitten, wo ist die Bescheinigung die sie<br />
abgeben sollen.“ Erst nach dieser Szene eines regelrechten Affentheaters<br />
durfte ich mich an meinen Platz setzen und verschlang regelrecht gierig<br />
einige Teller vom Eintopf des Tages. Von diesem lieben Briefträger erfuhr<br />
ich nichts mehr. Sollte er jedoch zufälligerweise diese Zeilen lesen, dann<br />
bedanke ich mich nachträglich für diese mir zuvorkommende<br />
Hilfsbereitschaft. Dieser Gestus einem fremden Jungen ein Fahrrad<br />
auszuleihen und dabei noch Gefahr laufen in Scherereien zu geraten, das<br />
durfte ich nimmer mehr vergessen.<br />
Eines Tages fiel uns allen ein nicht gewohnter aber stark riechender<br />
Moschusduft auf, der sich im ganzen Haus verbreitet hatte. Wir ahnten<br />
sofort dass da etwas auf dem Gebiet der Sexualität geschehen war. Wir<br />
konnten auch an der knallroten Gesichtfarbe des Kapos erkennen dass er<br />
darin verwickelt war, zumal der Geruch von ihm ausging und ihn umhüllte<br />
wie eine Stinkbombe. Wir waren uns bei der Deutung dieses Geruches also<br />
ziemlich einig. Er hatte gerade irgendwo im Heizungsraum oder sogar auf<br />
seinem Schreibpult eines der Dienstmädchen gerammelt, oder<br />
möglicherweise sogar vergewaltigt.<br />
Wir lernten auch mit Luftgewehr und Kleinkaliber schiessen. Wir mussten<br />
mit dem Luftgewehr nicht nur auf kleine Zielscheiben sondern auch auf<br />
Vögel zielen. Die beiden Bannführer schossen mit dem Kleinkaliber auf die<br />
hoch in der Luft kreisenden „Hühnerdiebe“. Sogar schoss der<br />
Sturmbannführer eine Schleiereule im Park. Ein Kollege und ich sollten<br />
dem toten Tier solange die Flügel gespreizt halten, bis völlige Erstarrung<br />
eingetreten sei. Es zeichnete sich aber recht bald ab, dass diese Operation<br />
weit in die Nacht hinein dauern würde und dabei wurden wir Zeuge von<br />
einem unerwarteten Vorfall.<br />
Wir standen neben dem überdimensionalen Schreibpult, worauf die Eule<br />
ausgelegt war. Die Rollladen des Büros waren nur zum <strong>Teil</strong> herunter
54<br />
gelassen und die Bannführer sassen mit den Kleinkalibergewehren hinter<br />
dem geöffneten Fenster im Dunkeln und beobachteten wie draussen immer<br />
wieder verdächtige Personen am Hausgitter vorbei patrullierten. Wir<br />
merkten, dass sich eine gewisse Angst bei den Herren breit machte. Auf<br />
einmal ergriff einer das Telefon und sprach mit seinem Gegenüber über den<br />
Vorfall. Etwa zehn Minuten später knatterten einige Motorradfahrer mit<br />
Beifahrerkasten herbei und der Spuk hatte sofort ein Ende. Wahrscheinlich<br />
war eine Polizeistreife als Verstärkung herbeigerufen worden.<br />
Wenn wir nicht im Freien mit dem Luftgewehr üben konnten, dann<br />
exerzierten wir im Lehrsaal. Da befand sich ein recht grosser Kamin. Über<br />
dem Kamin ein überdimensionales Bildnis von Adolf Hitler in SA-Uniform.<br />
Die kleine Zielscheibe die kaum 20cm x 20cm gross war stand vor diesem<br />
Bildnis, auf dem Kaminsims. Einige Schüsse trafen selbstverständlich das<br />
Bildnis, was nicht ohne Konsequenzen blieb und mich persönlich hätte es<br />
ebenfalls erwischen können. Ich kann nur sagen ich hatte eine sehr ruhige<br />
und sichere Hand. Ich traf meistens das Zentrum der Scheibe. Doch eines<br />
Tages wurde von Spiegelschiessen gesprochen und wir wurden gefragt wer<br />
denn wisse was Spiegelschiessen sei. Damals bereits hatte ich mehrere<br />
Bücher von Karl May gelesen und darin war einmal die Rede von so einem<br />
Schuss. Ich kündigte mein Wissen an und musste erzählen was ich gelesen<br />
hatte, doch dabei blieb es nicht. Man zwang mich vor dem Standbild also<br />
vor dem Hitler einen Spiegelschuss auf die Scheibe ab zu geben. Sich<br />
weigern war völlig zwecklos, das verstärkte noch den Zwang und so kam es<br />
dass ich noch aushandeln wollte, dass nicht mir die Verantwortung eines<br />
Bildschusses zugeschrieben werden könnte, doch auch dieser Fluchtweg<br />
wurde verbaut. Ich musste mit dem Spiegel zielen und schiessen und wie<br />
durch ein Wunder traf ich die Scheibe gerade noch so, dass die kleine<br />
Bleikugel ins Innere des Kastens fiel. Natürlich wurde ich darauf hin von<br />
den Kollegen als Old Shatterhand gefeiert aber ich muss bekennen wie leid<br />
es mir getan hat mein Wissen kund zu tun. Es war mir eine Lehre für mein<br />
zukünftiges Leben dass man seine Fähigkeiten nicht immer preisgeben soll.<br />
Ähnliches Theater in Schloss Schönfels<br />
Auch in Schönfels waren wir während unserer Lernzeit in der Hauptschule.<br />
Dort standen wir aber nicht unter deutschem Kommando. Unsere Lehrer<br />
hatten uns dorthin begleitet und wir erhielten dort auch Besuch von Leuten,<br />
die von sich behaupteten sie wären Radiästhesisten. Zu diesen Leuten<br />
gehörte der damals bestens bekannte Pendel Meyer, dem man sofort von der<br />
Nase ablesen konnte, dass er ein Scharlatan war. Mit seiner Uhr pendelte<br />
und fand er auch angeblich unterirdische Fluchtwege die von der Burg<br />
Schönfels nach oben in die Sandsteinfelsen führen sollten, wo sich zwar<br />
auch Klüfte befanden, die sich aber leicht erklären liessen. Bis heute wurden<br />
keine unterirdischen Gänge in Schönfels gefunden, obwohl es sehr nahe<br />
gelegen hätte wenn solche Tunnels existiert hätten. Ich habe diesen
55<br />
armseligen Don Quixote später im Leben noch öfters in Aktion gesehen,<br />
aber niemals hat es sich herausgestellt, dass seine Entdeckungen auf<br />
irgendwelcher Realität fussten. Heute bin vollends überzeugt dass es<br />
vielleicht möglich sein kann, dass solche spiritistischen Eigenschaften in<br />
einem Menschen vorhanden sind. Doch solch hochsensiblen Menschen<br />
dürften es weltweit nicht mehr als eine Handvoll geben. Die vielen<br />
gemeinsamen Teste die ich verfolgen konnte, ergaben immer wieder, dass<br />
diese Leute zwar von ihren angeblichen Fähigkeiten überzeugt waren, sie<br />
aber immer und zwar auch immer genau diametral entgegengesetzt deuteten<br />
als alle anderen Spiritisten, womit sie sich stets und in allen Tests bei der<br />
gleichen Arbeit, alle selber widersprochen und damit auch widerlegt haben.<br />
Dummerweise glaubt niemand diesem auf kontrollierten Experimenten<br />
aufgebauten Sachverhalt der nachvollziehbar ist, doch einzelne<br />
Scheinerfolge werden von gutgläubigen Leuten eher als Realität und als<br />
selbstverständlich verstanden<br />
Bei dieser Schulung in Schönfels wurde die ganze Klasse regelrecht von der<br />
Öffentlichkeit und vom Besuch der Familie in Klausur genommen, weil ein<br />
Fall von Diphtherie aufgetreten war.<br />
Wie man uns aber immer wieder hinters Licht geführt hat, das dürfte doch<br />
schon manchen Leser interessieren. Es wurde dort ebenfalls mit unsern<br />
Mägen experimentiert. Da gab es eines Tages Haferbrei, der wurde aus<br />
einem riesigen Hafen auf die Teller serviert und das schleimige Zeug roch<br />
bereits so scheusslich, dass niemand Appetit darauf hatte. Als wir aber in<br />
den Essraum hineingestürmt waren, war es keinem entgangen, dass auf<br />
einem Regal schöne verzierte und dabei noch überdimensionierte Schüsseln<br />
standen, bis zum Rand gefüllt mit einer nach Blaubeeren aussehenden<br />
Puddingmasse.<br />
Viele weigerten sich den Haferbrei zu essen und wollten nur das Blaubeeren<br />
Dessert zu sich nehmen. Doch man liess uns wissen, dass nur derjenige der<br />
Haferbrei gegessen habe, als Belohnung sozusagen auch vom Dessert etwas<br />
abbekommen kann. Das klang überzeugend, war es aber nicht, denn<br />
diejenigen die bereits soweit vorgeprescht waren und sich die<br />
Dessertschüssel vorgesetzt hatten, begannen das vermeintlich wohlbekannte<br />
Zeug zu schlürfen, doch schon kotzten sie über die Tische. Das löste eine<br />
Generalkotzrunde der ganzen Klasse aus. Wir rannten nach draussen, bis<br />
hinunter zur Mamer. Unterwegs immerzu nur kotzend und wieder kotzend<br />
weil man andere eben sah, die im Begriff standen zu kotzen. Die in allen<br />
Köpfen so wohlschmeckenden Blaubeeren waren nur eine Wunschspeise.<br />
Es handelte sich stattdessen um die schwarzen Beeren vom Holunder, die<br />
jedem von uns als Dessert unbekannt waren. Noch einige Tage danach<br />
revoltierten manche Mägen und manch einer dachte gerne zurück an die<br />
gute Hausmannskost von zuhause. Ich bin mir sicher dass heute noch alle
56<br />
Leidensgenossen sich an diese Episode im Schloss von Schönfels erinnern<br />
und kaum einmal wieder Holundergelee gegessen haben.<br />
Damals war Sport auch notwendig.<br />
Eine andere Episode aus diesem Krieg kommt mir in Erinnerung. Die<br />
sportliche Erziehung wurde gross geschrieben. So robbten wir eines Tages<br />
über das Fussballfeld der Chiers und unser Ertüchtigungslehrer schoss dabei<br />
mit einem gewichtigen Medizinball auf uns. Wenn jemand getroffen wurde,<br />
dann musste er aufstehen und ein Lied singen. Das Horst Wessellied stand<br />
damals in der Auswahl und da es mich auch traf, wollte ich dieses nicht<br />
singen, weil ich nur die Spottversion kannte: „Die Fahne hoch, die Hosen<br />
dicht beschissen, SA marschiert mit ziemlich feuchten Schritt…..“. Mich<br />
traf der Ball also auch und meine <strong>2.</strong> Wahl fiel auf das Lied „Panzer rollen in<br />
Afrika vor.“ Leider kannte ich nur die Melodie, aber die Worte waren mir<br />
unbekannt und weil ich mich energisch widersetzte, wurde mir aufgetragen<br />
dass ich das Lied am andern Tag dem SS-Hauptmann persönlich in seinem<br />
Büro auf der Hütte vortragen sollte.<br />
Zuhause angekommen erfuhr meine Mutter sofort von meiner Strafe. Sie<br />
konnte mir aber nicht weiterhelfen und so musste die Frau Nachbarin<br />
herhalten um mir den Text auf zu schreiben. Ich lernte und lernte.<br />
Über die Schelde, die Maas und den Rhein<br />
Stiessen die Panzer nach Frankreich hinein<br />
Husaren des Führers im schwarzen Gewand<br />
So haben sie Frankreich im Sturm überrannt!<br />
Es rasseln die Ketten, es dröhnt der Motor<br />
Panzer rollen in Afrika vor.<br />
Als am nächsten Tag die Stunde geschlagen hatte wo ich vortragen sollte,<br />
da geschah etwas völlig Unerwartetes. Ich kam reibungslos voran bis ins<br />
Büro des Obersten SS, der Oswald hiess. Auf seine Frage hin was ich denn<br />
ausgefressen hätte, meldete ich ihm, dass ich ihm ein Lied vortragen müsse.<br />
Kaum hatte ich die ersten Silben vorgesungen und war bis zu der Passage<br />
gekommen „Panzer rollen in Afrika vor.“ da schrie der SS - Mann mich an.<br />
„Raus, raus hier! Ab heute ist es verboten dieses Lied zu singen.“ Ich hatte<br />
natürlich absolut keine Ahnung was da vor sich ging, meine Mutter konnte<br />
mir auch nicht helfen, dagegen dann aber die Nachbarin, die uns aufklärte,<br />
dass die Invasion der Engländer in Afrika in eine verheerende Phase für das<br />
Afrikakorps kam. Damit kann dieser Tag rückwirkend historisch genau an<br />
ein Datum gebunden werden. Die Schlacht um El Alamein begann am 23.<br />
Oktober 1942 und kostete mindestens 100.000 deutschen Soldaten das<br />
Leben. Es war also an einem Samstag, den 24. Oktober 1942 an dem ich<br />
vorsingen sollte.
57<br />
Das Sterben in Afrika wäre noch viel schrecklicher gewesen, hätte<br />
Feldmarschall Rommel nicht vorher sich auf die Seite der Soldaten gestellt<br />
und gegen den Beschluss von Hitler gehandelt und aus menschlichen<br />
Gründen kapitulierte. Er wollte keinesfalls seine Armee sinnlos in den<br />
sicheren Tod schicken.<br />
Später konnte ich dann auch den Wut auslösenden Text verstehen Der<br />
Zusammenhang war einfach. Der SS-Mann hatte begriffen dass dieses Lied<br />
zum Gespött aller deutschen Menschen sein könnte.<br />
Ich lerne schwimmen<br />
Panzer des Führers ihr Briten habt Acht!<br />
Die sind zu eurer Vernichtung erdacht<br />
Sie fürchten vor Tod und<br />
Vor Teufel sich nicht!<br />
An ihnen der britische Hochmut zerbricht!<br />
Es rasseln die Ketten usw.<br />
Panzer rollen in Afrika vor!<br />
Als während des Krieges in Rodingen das Schwimmbad gebaut wird, da<br />
freuten sich natürlich alle Jugendlichen. Niemand aber jubiliert als die<br />
ersten Badenden ins eiskalte Wasser der Maragole tauchten, so hiess der<br />
Bach, welcher die Schwimmbecken speiste. Dieses Wasser kommt als<br />
Quelle und als Tiefen - Entwässerungswasser aus den Gruben rundum<br />
Rodange. Heute ist es im Begriff an zeitgemässe Bedingungen angepasst zu<br />
werden und die Instandsetzungen dauerten nahezu lebenslänglich, da es<br />
eigentlich ein Projekt war, welches über die Knie gebrochen wurde. Ich war<br />
natürlich einer der ersten der ins Bad wollte und ich fand auch Wege, wie<br />
man sich ohne zu zahlen Zutritt verschaffte.<br />
Dort lernte ich schwimmen. Das Schwimmbad hatte neben einem tiefen<br />
Becken, entlang der linken Seite einen Streifen der etwa nur 1,20 tief war.<br />
Dort übte ich und hatte meine eigene Methode. Mit einem Fuss ständig auf<br />
dem Boden, stiess ich mich ab und mit den anderen Gliedmassen machte ich<br />
Schwimmbewegungen. Natürlich kam ich gut voran aber es dauerte lange<br />
bis das Wasser mich duldete, denn immer wieder befiel mich die Angst ich<br />
könnte ertrinken, denn das war eines der ersten Unfälle, die sich dort<br />
ereigneten. Die Person konnte noch gerettet werden, doch das Angstgefühl<br />
lag wie Blei in meinen Knochen und verhinderte ein freies Schwimmen.<br />
Natürlich war ich im Prahlen viel tüchtiger. Ich konnte sogar sehr gut<br />
schwimmen wenn es ums Prahlen ging, doch immer wieder forderten die<br />
Kollegen mich heraus im tiefen Becken zu zeigen was ich wirklich könne.<br />
Eines Tages jedoch war die Angst gewichen und ich traute mich über Eck<br />
ins grosse Bassin. Nach einigen Tagen erweiterte ich meinen Aktionswinkel
58<br />
und beherrschte das Wasser immer besser. In Petingen gab es auch ein<br />
Schwimmbad das leider nur etwa einen Meter tief war, das Wasser war dort<br />
zwar viel wärmer, aber es zog uns nicht mehr dorthin, weil es dort meistens<br />
von Badenden überfüllt war. Dann kam das Springbrett an die Reihe, von<br />
wo ich natürlich so ins Wasser sprang, dass ich nahezu im<br />
Nichtschwimmerbecken landete. Von den unzüchtigen Ereignissen in den<br />
Kabinen, die mich wieder in andere Dimensionen des Lebens katapultierten<br />
will ich hier nicht berichten. Ich habe es miterlebt, war oft dabei, aber es hat<br />
mich nach heutigen Erkenntnissen niemals so beschäftigt wie viele andere.<br />
Aber man sollte sich bewusst sein, dass solche Anstalten nicht nur für<br />
sportliche Engel geschaffen sind.<br />
Mein Bruder hatte sich bereits frei geschwommen und er hänselte mich stets<br />
und forderte mich eines Tages heraus doch ein Stück Holz das im tiefen<br />
Becken schwamm ans Ufer zu bringen. Als ich das Holz ergriff, verlor ich<br />
sofort das Gleichgewicht und tauchte unter noch bevor ich nach Luft<br />
schnappen konnte. Mein Bruder sprang sofort ins Wasser, um mir zu helfen<br />
und mit einigem Wasserschlucken endete dieses Experiment. Doch es ging<br />
jeden Tag besser und noch bevor die Saison zu Ende war, hatte auch ich<br />
mich freigeschwommen. Ich war sogar so weit fortgeschritten, dass ich den<br />
weissen Teller, den der Bademeister an der tiefsten Stelle versenkte, wieder<br />
nach oben bringen konnte. Das sehr trübe Wasser war dort sicherlich mehr<br />
als 3 Meter tief.<br />
Auch vom hohen Sprungbrett mit dem Kopf voran ins Wasser springen,<br />
beherrschte ich bald sehr gut. Aber ganz besonders trainierte ich das<br />
Tauchen und anschliessend lange unter Wasser bleiben, was mein Vater<br />
bereits mit uns in der Badewanne experimentiert hatte. Wir sollten mit<br />
offenen Augen sehen welches Geldstück er in die Wanne hat fallen lassen.<br />
Das hat uns ermöglicht zu lernen unter Wasser mit offenen Augen zu<br />
schwimmen. Ich brachte es auch später fertig, wenn es galt im salzhaltigen<br />
Meereswasser die Fische zu beobachten. Leider hatte ich einmal das<br />
Unglück die Dreckansammlung im Meer zu sehen, die an der Spanischen<br />
Mittelmeerküste vorherrscht. Dort hatten Grundwellen die Abfallberge vor<br />
der Küste gründlich aufgewühlt und der Unterwasseranblick des<br />
schwimmenden Unrates der an die Küste getrieben wurde, war schrecklich,<br />
ja fürchterlich Ekel erregend. Damals habe ich mir geschworen nie mehr im<br />
Meer zu baden. Übrigens, mein Vater war während seiner Laufbahn als<br />
Soldat, auch eine Zeit lang Bademeister der Soldaten, im Schwimmbad das<br />
sich nahe der Kaserne, unter der hohen Brücke in Luxemburg-Stadt Grund<br />
befand.<br />
Bomber und Fliegeralarm.<br />
Bald lernten wir auch die Flugzeuge der Amerikaner, Briten und Franzosen<br />
kennen. Besonders die Spit<strong>fir</strong>e und auch die schweren Halifax - Bomber, die
59<br />
nahezu jeden Tag im Geschwader über uns hinweg flogen und silberne<br />
Streifen am Himmel zeichneten. Man nannte sie die fliegenden Festungen.<br />
Dann und wann hörten wir von einem Flugzeugabsturz oder von einem<br />
Abschuss, und es war uns nicht zu weit viele Kilometer zu laufen um so ein<br />
zerschmettertes Flugzeug in Augenschein zu nehmen. So einen<br />
abgeschossenen Jäger konnten wir im benachbarten Aubange näher in<br />
Augenschein nehmen. Den abgestürzten Bomber, in der Nähe von Limpach,<br />
habe ich nie gesehen. Die Bomber flogen so hoch, dass sie nicht von der<br />
rundum die Hütte aufgebauten Flak getroffen werden konnten. Das<br />
beeindruckte uns sehr, denn auch wir waren immer sehr erpicht zu hören<br />
und zu sehen, wie man den verhassten Deutschen heim ins Reich leuchtete<br />
und wie sie auf der ganzen Linie immer erfolgloser wurden. Die<br />
zerschlagene Armee begann eines Tages an unserer Haustür vorbei zu<br />
ziehen, heimwärts. Nach dem Motte „vorwärts Kameraden, wir müssen<br />
zurück“.<br />
In den letzten Tagen vor der Befreiung füllten sich auf einmal die<br />
Longwyerstrasse kilometerweit, das eine Mal mit Schafen, das andere Mal<br />
mit Rindern, die als Verpflegung hinter dem Tross hergetrieben wurden.<br />
Selbstverständlich verschwand da manches Schaf hinter dem Vorgartenzaun<br />
und wurde hinter das Haus getrieben.<br />
Dann traten die geschundenen und verletzten Soldaten auf, die den<br />
Anschluss an den Tross aufgegeben hatten und sich nur noch mühsam dahin<br />
schleppten. Das erinnerte mich an eine Passage des Gedichtes vom Kaiser<br />
Rotbart…. „Sie blieben bald ein gutes Stück, hinter dem Heereszug<br />
zurück“. Auf Fahrrädern ohne Pneu, nur so auf den Felgen daher kommend,<br />
radelten sie der noch fernen Heimat, oder dem Verderben entgegen. Bei<br />
einem Halt solcher Elendsfiguren konnte ich sehen wie notdürftig das<br />
Fussvolk ausgerüstet war. Nur zerschlissene Schuhsohlen waren an die<br />
blutunterlaufenen Füsse gebunden. Mancher Luxemburger erbarmte sich<br />
dieser armseligen Männern und reichte ihnen aus menschlicher<br />
Barmherzigkeit Leinenfetzen um die Verbände zu erneuern. Aber dies<br />
konnte niemals für alle reichen. Auch manche Wasserflaschen wurden<br />
wieder aufgefüllt. Erstaunlicherweise kam Mitleid auf.<br />
Der Tag der Befreiung.<br />
Noch immer zogen kleine Gruppen von Nachzügler an unserm Haus vorbei<br />
als es sich herumsprach die ersten Amerikaner seien bereits mit unserm<br />
Grossherzog in Petingen angekommen. Um nicht eingekesselt zu werden<br />
waren die noch vorbei ziehenden Soldaten gezwungen sich südlicher zu<br />
bewegen, doch dabei mussten sie näher an die französische Grenze.<br />
Folgender Text finden wir in der Geschichte von Petingen wieder.
60<br />
Am 9. September 1944 war es dann soweit. Aufgeschreckt durch den<br />
imminenten Vormarsch der Amerikaner verließen Gustav Simon und die<br />
Nazis das Land zum zweiten Mal. Am selben Tage überschritten die ersten<br />
amerikanischen Truppen bei Petingen die Luxemburger Grenze. Nahe<br />
Bertrange kam es zu einem Panzergefecht, wobei die deutsche Nachhut sich<br />
zurückziehen musste. Am 10. September 1944 wurde Luxemburg-Stadt<br />
befreit. Die Freude in der Bevölkerung war groß. Stürmisch wurden die<br />
amerikanischen Soldaten, sowie Prinz Félix und Erbgroßherzog Jean, die<br />
mitgekommen waren, gefeiert.<br />
Noch während in der Gegend von Petingen geschossen wurde, waren wir<br />
Buben bereits unterwegs um die Amerikaner und ihre Panzer auf der Strasse<br />
von Athus nach Petingen zu sehen. In den Strassengräben fast bei jedem der<br />
riesigen Strassenbäume, lagen tote deutsche Soldaten und viel kaputtes<br />
Kriegsmaterial. Beim Anblick eines toten Deutschen, dem nur noch der<br />
halbe Schädel geblieben war und dessen Gehirn zerfetzt im Strassengraben<br />
lag, erfasste mich jedoch das Grauen und ich rannte wieder nach Hause.<br />
Dabei kam ich am Hause des Pferdeschmieds in Petingen vorbei, wo eine<br />
kaputte Pak lag, neben dem toten Bedienungspersonal, das noch nicht<br />
weggeräumt war.<br />
So habe ich mein zwölftes Lebensjahr glücklich und noch lebend erreicht.<br />
Dann etwas später im September lancierte von Rundstedt die<br />
Ardennenoffensive, die von den Amerikanern als „The Bulge“ bezeichnet<br />
wurde. Damals prasselten so viele neue Eindrücke und Lebenserfahrungen<br />
auf mich herein, dass ich mich heute kaum an alle aussergewöhnlichen<br />
Ereignisse erinnern kann.<br />
Kontakt mit den Amis<br />
Lange Autoschlangen, Panzerkolonnen, Jeeps und sonstiges schweres<br />
Kriegsgerät rollte fast jeden Tag im Stopp and Go durch unsere Strasse. Ein<br />
Ereignis, dessen ich mich heute noch schäme fand statt auf dem Trittbrett<br />
eines Militär Lastwagens, der von zwei Militärs mit schwarzer Hautfarbe<br />
gefahren wurde. Die Autos standen oft im Stau. Natürlich nutzen wir diese<br />
Augenblicke um furchtlos auf das Trittbrett zu steigen und mit den Amis zu<br />
sprechen. Die wenigen Worte die wir beherrschten reichten zwar aus um<br />
uns einigermassen verständlich zu machen und was nicht mit Sprechen<br />
gelang wurde in der Sprache der Taubstummen erläutert. Chewing Gum war<br />
wahrscheinlich das erste Wort das wir perfekt beherrschten. Was war das<br />
doch eine begehrte Ware!! Sie hat sich bis heute gehalten. Leider wurde sie<br />
zum Markenzeichen der heutigen Jugend. Besonders im gebrauchten<br />
Zustand werden sie zum Ausdruck der unserer Jugend inne wohnenden
61<br />
Ästhetik. Es gibt kaum noch öffentliche Plätze die von dem ausgespuckten<br />
Unrat verschont bleiben.<br />
Schokolade folgte an zweiter Stelle. Einer der mir sehr sympathisch<br />
gewordenen Schwarzen Freunde zeigte mir eine Menge Taschentricks mit<br />
Spielkarten. Ich war dermassen verblüfft dass ich ihm meine Begeisterung<br />
ausdrücken wollte und so kam es dass ich mich unsterblich blamierte. Ich<br />
klopfte meinem neu gewonnenen Freund auf die Schulter und meinte ganz<br />
stolz in meinem kindlichen englisch: „You are an ass.“<br />
Natürlich kam der Amerikaner damit nicht so richtig zurecht, konnte aber<br />
ganz sicher aus meiner Mimik lesen, dass ich etwas Vortreffliches und<br />
Lobenswertes sagen wollte. Noch heute ärgere ich mich über dieses<br />
Missgeschick, denn in unserm Sprachgebrauch bedeutet ein As zu sein, dass<br />
man wie bei den Spielkarten das Atout ist. Im amerikanischen aber mit<br />
zwei ss geschrieben, bedeutet dieses Wort der Superlative soviel wie Esel<br />
oder Dummkopf, kann sogar soviel wie Arsch sein.<br />
Erst viel später in meinem Leben erfuhr ich, dass man nicht überall mit dem<br />
Kopf nickt um Ja zu sagen, Es gibt Länder in denen dasselbe Kopfnicken<br />
genau das Gegenteil bedeutet, nämlich Nein. Einige Tibeterstämme<br />
begrüssen ankommende Fremde indem sie Ihnen die Zunge herausstrecken.<br />
Bei diesem Volk bedeutet dies Freundschaft und nicht das was wir unter<br />
herausgestreckter Zunge verstehen.<br />
Zu unserer grossen Überraschung wurde eine Einheit nahe unserer<br />
Wohnung in einem Tanzlokal einquartiert. Es handelte sich um eine<br />
technische Abteilung die gleich hinter der Front Reparaturarbeiten an den<br />
Vehikel ausführte. Natürlich hatten wir bald mit mehreren Soldaten<br />
Freundschaft geschlossen. Und als man von der Bevölkerung aus begann<br />
den Soldaten die notwendige Kleiderwäsche zu machen, da lagen wir<br />
natürlich unserer Mutter ständig auf dem Wecker und drängten sie ebenfalls<br />
solche Gefälligkeiten zu machen zumal die Arbeit mit Viktualien belohnt<br />
wurde. Nachdem meine Mutter endlich nach langem Drängen unsererseits<br />
eingewilligt hatte, konnten wir die Marinesäcke von zwei lieb gewonnenen<br />
Amis mit nach Hause schleppen. Der eine hiess Paul F. Northam der aus<br />
Union im Staate Michigan stammte und der Name des anderen glaube ich<br />
mich zu erinnern. Er dürfte Ben Pershing geheissen haben und ich entsinne<br />
mich auch noch sehr genau, dass er ein Mitarbeiter von Walt Disney war<br />
und mit unwahrscheinlicher Fertigkeit uns die lustigsten Personnagen aus<br />
den Filmen von Walt Disney zeichnete. Wie gross war aber die<br />
Überraschung erst als ein gewisser Shoemaker sich plötzlich zu uns gesellte<br />
und mit uns in unserer Landessprache zu sprechen begann. Er selbst dachte<br />
er wäre noch immer in Frankreich, war aber hoch erfreut jetzt bereits mit<br />
Luxemburgern sprechen zu können und bald hatten wir mit Hilfe von<br />
Bekannten herausgefunden wo und in welcher Ortschaft nahe Verwandte
von ihm wohnten. Leider war dies im Ösling, wo eben die Rundstedt<br />
Offensive begonnen hatte.<br />
62<br />
Als dieser unerwartete Vorstoss der Deutschen über den Norden unseres<br />
Landes zog, da mussten die Einwohner aller Ortschaften fliehen und so<br />
geschah die Evakuierung in umgekehrter Richtung als bei Kriegsbeginn. In<br />
unser Haus nahmen wir weitläufige Familienangehörige aus Schieren und<br />
aus Echternach auf, solange bis eine leer stehende Wohnung eines<br />
flüchtigen Luxemburger Mitläufers frei gegeben wurde. Der Bäcker aus<br />
Schieren hatte natürlich reichlich Mehl, Butter und Margarine mitgebracht<br />
sowie auch eine Unmenge von Zigaretten aus seinem Geschäft. Eine<br />
Zigarettenmarke die heute nicht mehr bekannt ist: „Cachet bleu“. Weil die<br />
Zigaretten und überhaupt der Tabak rationiert waren hatte man schnell mit<br />
der Zigarettenmarke einen Kalauer in Umlauf gebracht: „Cachet donnez<br />
moi“.<br />
Als das Militär dann auch noch die Schulen und sogar das alte Spital<br />
belegen musste, wurde natürlich auch unsere Schulausbildung kräftig<br />
gestört und ich musste ab sofort nahe der belgischen Grenze in einem<br />
Privathaus zur Schule gehen.<br />
Die Amerikaner hatten ihre Feldküche einige Häuser neben dem unsrigen,<br />
in einem Wirtshaus mit Tanzsaal eingerichtet. Dort wurden die Mahlzeiten<br />
wie in einem Hotel zubereitet und da hatten wir bald wieder unsere Hände<br />
voll im Spiel. Die Säcke gefüllt mit gemahlenem Kaffee der im heissen<br />
Wasser gebrüht wurde, gab nach dem Essen der Mannschaft eine reiche<br />
Ausbeute frei. Dieser noch nicht komplett ausgelaugte Kaffeesatz wurde auf<br />
schwarzen Tortenpfannen aus Blech im Küchenherd getrocknet und an die<br />
Nachbarschaft verteilt. Anscheinend ein wahrer Genuss den wir nicht prüfen<br />
konnten, denn wir Buben durften noch nicht ran an diese Spezialität. Wir<br />
tranken nur aufbereitete Chicorée von der Marke Kornfrank. Übrigens kann<br />
ich hier einfügen, dass diese Kaffeeersatzmarke schöne Bilder von der<br />
Olympiade aus dem Jahr 1936 als Sammelobjekte anbot. Mein Bruder hatte<br />
im Laufe der Zeit das komplette Album zusammen gesammelt oder<br />
getauscht.<br />
Die Milchdosen, die anhand von zwei gezielten Schlägen mit einem<br />
Fleischerbeil geöffnet und dann in eine grosse Wanne geleert wurden,<br />
enthielten immer noch Restmilch. Das war normal, denn die beiden Löcher<br />
befanden sich nicht immer nahe am Rande der Büchse und so blieb fast<br />
immer ein Rest, zumal es eine ziemlich doofe Arbeit war diese Büchsen zu<br />
entleeren und zwar indem man in jeder Hand eine hielt. Es geschah auch<br />
dass dabei eine Büchse schneller leer wurde, dann rangierte der<br />
Diensthabende dennoch beide Büchsen gleichzeitig, schön geordnet in die<br />
ehemalige Sammelverpackung, die sich alsdann sofort und leicht nach<br />
Hause tragen lies. Auch diese Milchkisten wurde also nach Hause geschafft
63<br />
und mit dem herrlichen Weissmehl, was ebenfalls anfiel zu Torten, Kuchen<br />
oder Kleines Gebäck verarbeitet. Sogar Teichreste, sowie Dutzende von<br />
bereits aufgeklopften Eiern schleppten wir nach Hause und unsere Mutter<br />
wurde nicht fertig all diese Waren zu verarbeiten, also fand sich bald die<br />
ganze Nachbarschaft in unserm Kellerraum ein um an den ergatterten<br />
nahezu paradiesischen Genüssen teil zu nehmen. Auch andere Esswaren,<br />
sowie übrig gebliebenes Obst und Gemüse fanden den gleichen Weg in<br />
unsere Verteilerstätte.<br />
Unsere Mutter forschte währenddessen in ihrem Umkreis, ob sie sich als<br />
Wäschemacherin anbieten dürfe oder nicht, da sie glaubte sie käme dadurch<br />
in Verruf, weil mein Vater nicht zuhause war. Doch bis Weihnachten hatten<br />
wir es geschafft. Wir schleppten Wäschesäcke herbei und wieder zurück.<br />
Die beiden Amerikaner wurden alsdann zum festlichen Weihnachtsmahl<br />
eingeladen. Natürlich hatten sie sofort eingewilligt und die Taktik meiner<br />
Mutter beruhte darauf, dass es eben zwei Soldaten sein sollten. In ihrer<br />
Naivität dachte sie der eine würde schon auf den anderen aufpassen, damit<br />
die Kirche im Dorf bliebe und draussen keinesfalls der Eindruck entstehen<br />
konnte da wäre etwas, für den Dorfklatsch.<br />
Mein Bruder beherrschte die englische Sprache etwas besser als ich und<br />
Paul Northam konnte auch manchen uns nicht bekannten Ausdruck aus dem<br />
Deutschen verstehen oder selber zum Ausdruck bringen. Es wurde für die<br />
Amerikaner ein festlicher Abend in häuslichem Kreis, endlich wieder<br />
einmal auf sauberem Keramikteller Hausmannskost zu geniessen. Natürlich<br />
hatten sie manche Geschenke mitgebracht. Ich kann nur sagen, dass sich<br />
eine rege Freundschaft entwickelte. Doch der Winter war hart und diese<br />
Kompanie, obschon nur als Reparaturkolonne vorgesehen, musste plötzlich<br />
auch zur Entlastungen der Kämpfer in Bastogne eingesetzt werden und es<br />
fiel uns Jungen ganz besonders auf, wenn die Zurückkommenden aschgrau<br />
im Gesicht und nahezu sprachlos und zu keinem unserer Spässe aufgelegt<br />
waren. Manche Schlafstelle im grossen Tanzsaal blieb dann leer. Entweder<br />
war der Besitzer umgekommen oder in ärztlicher Behandlung.<br />
Als die Rundstedtoffensive zusammengebrochen war kam der Tag an dem<br />
wir Abschied nehmen mussten. Diese Kompanie rückte hinter der Frontlinie<br />
weiter, hinein nach Deutschland. Und so kam es, dass wir lange nichts mehr<br />
von unserm Amerikaner gehört und gesehen haben. Inzwischen hatten wir<br />
aber andere Hoflieferanten gefunden und auch deren Wäschesäcke<br />
schleppten wir hin und her.<br />
Doch nachdem mein Vater wieder zuhause angekommen war, da<br />
überraschte uns Paul Northam einmal und besuchte uns. Mein Vater konnte<br />
noch vieles in englischer Sprache artikulieren, da er ja bereits im Krieg<br />
1914-1918 mit den Amerikanern zusammen gelebt hatte.
64<br />
Lange nachdem der Krieg vorüber war erhielten wir Korrespondenz von<br />
Paul Northam und auch von Ben Pershing. Sie hatten alle beide den Krieg<br />
überlebt. Die Verbindung zu beiden Amerikanern reduzierte sich auf<br />
alljährliche Neujahrgrüsse doch im Mai 1990 meldete sich Paul, dass er<br />
nach Luxemburg kommen wolle um hier seine alten Freunde wieder zu<br />
finden. Auch die Eltern von meinem Kollegen Alois Schoos aus Rodingen<br />
hatten Paul manchmal zum Essen eingeladen und so wollte er auch<br />
unbedingt wieder bei dieser Familie vorbeischauen.<br />
Das Wiedersehen musste gefeiert werden, aber auch manchen Ort, den Paul<br />
während des Krieges gesehen hatte, wollte er wieder einmal besuchen. So<br />
fuhren wir auch nach Bastogne um das Mardasson zu sehen, das Denkmal<br />
an die Gefallenen dieses unmenschlichen Krieges. Auch sahen wir uns den<br />
Film an. Lois, die Frau von Paul, war entsetzt beim Anblick dieser<br />
schrecklichen Bilder und meinte anschliessend: „Wenn ich gewusst hätte<br />
dass du in so einer Gefahr gelebt hättest, dann wäre ich vor Angst<br />
umgekommen“. Wir besuchten, auf Wunsch von Lois, auch die schöne<br />
Stadt Bruges, besonders weil diese ihr als Stadt bekannt war, wo man das<br />
Klöppeln erlernen und zusehen kann wie gearbeitet wird.<br />
Ein anderer Ort in unserm Land, den Paul unbedingt in Friedenszeiten sehen<br />
wollte, war Clerf. Dort zeigte er uns bis wohin er in der Rundstedtoffensive<br />
mit seinen Leuten vorgedrungen war und von aus die deutschen Truppen<br />
beschossen wurden.<br />
Es war der Wunsch gewesen von Paul Northam, nach dem Tode seiner Frau<br />
noch einmal unserer Familie zu begegnen. Anlässlich meiner Kanadareise<br />
hatten wir bereits gemeint ein Treffen möglich zu machen und zwar in<br />
Montreal. Daraus wurde aber leider nichts. Dann dachte er es sollte uns<br />
möglich werden anlässlich eines Besuches bei unserem Sohn, der in Illinois<br />
wohnt, einen Abstecher zu machen. In einem seiner letzten Briefe mahnte er<br />
uns nicht länger warten zu wollen, da er das Nahen seines Todes ahnte.<br />
Nach seinem Kurzbesuch in Luxemburg fuhren wir gemeinsam in meinem<br />
Wagen in die Schweiz, wo ich ihnen verschiedene interessante<br />
Reisevorschläge gemacht hatte und anschliessend haben sie dann auch<br />
Norwegen besucht. Seine Frau Lois starb am 7 Januar 1995. Paul Hertel,<br />
sein Enkelkind, der Lehrer für Zierpflanzenbau und Biologie in Indiana<br />
geworden ist, teilte mir im Februar 2000 mit, dass Paul F. Northam bereits<br />
im Juli 1999 an einer Grippe gestorben war und er jetzt erst in den Papieren<br />
seines Grossvaters unseren letzten Brief gefunden habe.<br />
Die Zeit mit den amerikanischen Besatzungstruppen in Rodingen brachte<br />
noch viele andere Kontakte und interessante Begegnungen. Nur eine eher<br />
spassige Episode aus dieser Zeit möchte ich hier noch hinzufügen.
Die Luftballons.<br />
65<br />
Ich komme zurück auf die Zeit kurz nach der Befreiung. Auf einem<br />
Nebengleis im Bahnhof zu Rodingen parkten amerikanische<br />
Truppentransportwagen. Anscheinend war kein Begleitpersonal dabei und<br />
gerade dieser Umstand veranlasste die Jugend jede Fahrerkabine zu<br />
inspizieren, denn wenn dort Kaugummi oder Schokolade zu finden war,<br />
dann betrachteten wird dieses nicht als Diebstahl, sondern als bereits<br />
erhaltenes Geschenk, weil wir nahezu sicher waren, dass die Besitzer uns<br />
doch diese Genüsse nicht vorenthalten würden.<br />
In einem Handschuhfach wurden wir jedoch fündig. Da lagen einige<br />
Schachteln in welchen wir schön säuberlich verpackt ein Material<br />
vorfanden, das wir bis dahin noch nie gesehen hatten. Bei näherer<br />
Betrachtung stellten wir fest, dass es Luftballons sein müssten und wir<br />
begannen diese also gleich auf zu blasen und fliegen zu lassen. Doch die<br />
Dinger stiegen nicht in die Luft sondern wurden vom Wind weggefegt. Da<br />
wir zu mehreren mit dem Aufblasen beschäftigt waren häuften sich auch<br />
bald die auf der Strasse von der Luft umher getriebenen Luftballons. Einige<br />
nahm ich mir selbstverständlich mit nach Haus. Als meine Mutter diese zu<br />
Gesicht bekam, veränderte sich dieses zusehends und nun erst merkten auch<br />
wir, dass da irgendetwas nicht stimmte. Wir wurden natürlich nicht durch<br />
unsere Mutter aufgeklärt, doch diese Aufklärung erfolgte bereits am<br />
nächsten Tag. Dann klärten uns die älteren Spielkollegen auf, dass wir es<br />
mit Preservativen zu tun und diese aufgeblasen hatten. Dabei wurde uns<br />
auch verständlich was es bedeutete, wenn die GS uns ausforschten oder den<br />
Mädchen zuriefen – zigzig with me, Mademoiselle -.. Die hygienischen<br />
Zusammenhänge jedoch wurden uns erst im Erwachsenenalter etwas<br />
verständlicher beigebracht.<br />
Unmenschlichkeit in der Luxemburger Zollverwaltung<br />
Wir hatten wohl genau verstanden warum die Deutschen unsern Vater in<br />
andere Länder abkommandierten. Nach Traben - Trarbach, Flensburg,<br />
Herbesthal und Loben in Polen. Als er aber alsdann überglücklich, gesund<br />
aber erschöpft nach seiner Odyssee über Odessa bei uns zu Hause ankam<br />
waren wir unbeschreiblich geschockt von der zusätzlichen unmenschlichen<br />
Behandlung die den Heimkehrern widerfuhr. Es war ein Hohn denn sie<br />
wurden nicht offiziell empfangen, wie dies bei den Heimkehrern aller<br />
anderen Nationen der Fall die in Marseille ankamen. Man muss sich die<br />
ungeheuerliche Enttäuschung vorstellen. Alle Heimkehrer werden herzlich<br />
mit Musik und stürmischer Begrüssung empfangen. Doch gab es keine<br />
Empfangsdelegation (obschon der Transport bei der Luxemburger<br />
Vertretung in Moskau verschiedentlich angekündigt worden war) weder<br />
von Seiten unseres Staates noch vom Roten Kreuz in Marseilles. Es gab<br />
auch keine Empfangsdelegation weder unseres Staates noch vom Roten
66<br />
Kreuz am Bahnhof Luxemburg und was uns so unermesslich gemein<br />
vorkam, war der Umstand, dass mein Vater nicht einmal schnurstracks nach<br />
Hause fahren durfte, als er in Luxemburg angekommen war. Er musste noch<br />
bevor er sehnsuchtsvoll zu seiner Familie nach Hause fahren durfte vorerst<br />
zur Hauptdienststelle in Luxemburg, und diese hatte noch schnell einen<br />
drauf zu setzen. Obschon jedermann wusste, dass eine Deportation für die<br />
ganze Familie unsäglich schmerzhaft war, dauerte es nicht lange und mein<br />
Vater musste sich wieder von seiner Familie trennen um oben im Ösling,<br />
und zwar in Lieler Zolldienst zu verrichten. Aber nach den moralischen oder<br />
ethischen Auswirkungen hat niemand gefragt und mein Vater, wie andere<br />
auch, war vom Militär aus gewohnt stillschweigend und blindlings auch den<br />
beschwerlichsten Befehlen zu gehorchen. Die Auswirkungen der Affäre<br />
Eiffes lagen der Obrigkeit wahrscheinlich noch immer in den Knochen. Von<br />
Menschenwürde keine Spur. (Mehr dazu in dem Bericht meines Vaters<br />
siehe oben).<br />
Natürlich wurde in den Schulstunden wenig gelernt und bevor auch ich, wie<br />
mein Bruder ins Lyzeum nach Luxemburg ging riet der Lehrer Michel<br />
Gengler meine Mutter ich sollte noch einmal die siebte Klasse absolvieren.<br />
Es war keinesfalls dass die Lyzeumskandidaten sitzen geblieben waren. Es<br />
war nur eine Vorsichtsmassnahme um die auf uns zukommenden<br />
schwierigeren Lernprozesse besser bewältigen zu können.<br />
Die erste Liebe.<br />
Sie hiess Jeanny und war Dienstmagd im kleinen Bistro an der Ecke unserer<br />
Strasse. Ich habe sie kennen gelernt weil ich mit dem deutschen<br />
Metzgergeselle der in der Metzgerei Wiltgen gegenüber eine kleine<br />
Freundschaft geschlossen hatte. Ich konnte beim Schlachten zusehen auch<br />
durfte ich einmal eine Kuh niederstrecken. Das bewegt mich heute noch,<br />
wenn ich an die Szene denke, wo das sterbende Rind mir in die Augen<br />
schaute, bevor es tot zusammenbrach. Was aber am interessantesten war,<br />
das war die Zubereitung der verschiedenen Wurstarten. Leberwurst und<br />
herzhaft gewürztes Hackfleisch besonders für die „Weinzossiss“ waren eine<br />
beliebte Ware. Der Paté wurde beim Bäcker nebenan im Backofen gebraten<br />
und wenn alles schön fertig war, dann kam das Probieren der frischen<br />
Waren. Der Bäckergeselle lieferte die frischen Brötchen. Das Fleisch aus<br />
unserer Produktion war eine herrliche Ergänzung. Ich half also eine zeitlang<br />
in dieser Metzgerei. Am Abend natürlich wenn die beiden Gesellen, der<br />
Metzger und der Bäcker ihre Freizeit hatten, dann gesellte ich mich zu ihnen<br />
und wir sassen dann zusammen mit Jeanny auf einer der niedrigen<br />
Fensterbänke des Bistros.<br />
Der Metzgergeselle wollte unbedingt mit Jeanny anbündeln, und so kam es<br />
dass ich alles was er ihr sagen wollte ins Französische übersetzen musste.<br />
Jeanny stammte nämlich aus dem benachbarten Messancy in Belgien. Das
67<br />
war manchmal nicht einfach und so kam es dass ich einmal ganz nahe neben<br />
ihr sass und sie sich absichtlich an mich drückte um mir zu zeigen dass sie<br />
nicht viel von dem hielt was dieser Germane ihr alles vorquasselte. Ihre<br />
mollige Wärme wurde noch erhöht weil sie ein Pulloverchen trug, das nur<br />
knapp bis unter den Busen reichte und von da an bis an ihr flatteriges Kleid<br />
wo intimer Kontakt mit weiblichem Fleisch möglich war. Als ich diesen<br />
Kontakt zum ersten Mal verspürte durchfuhr mich plötzlich ein so heisses<br />
Gefühl von Zuneigung, oder waren es rein erotische Reize, dass ich es fast<br />
für unfassbar hielt. Mein Organ streckte sich ebenfalls und durch den<br />
ganzen Körper zog eine elektrisierende Welle, die mich in eine andere Welt,<br />
in eine Welt der erotischen Träumerei versetzte. Ich nutzte natürlich die<br />
Gelegenheit um mit meinem Fingern diese nackte Stelle an ihrem Körper zu<br />
streicheln, was ihr keinesfalls unangenehm erschien und es liebevoll<br />
duldete.<br />
Ich hatte mich unsterblich verliebt. Darauf hin plante ich was ich alles mit<br />
ihr zusammen im weiteren Zusammenleben unternehmen werde und so kam<br />
es dass der Metzgergeselle heftig mit einem Ausbruch von Eifersucht<br />
reagierte. An einem Tag an dem er mir dann in der Metzgerei seine Wut<br />
zum Ausdruck brachte und er immer heftiger zu schreien begann (hier kann<br />
ich seine physische Bereitschaft nur noch verstärkt untermalen, weil er bei<br />
jedem Ochsen der geschlachtet wurde ein grosse Kelle warmen Blutes<br />
trank), sah ich mich in höchster Gefahr und rannte so schnell ich konnte<br />
durch das grosse Holztor hinaus. Ich hörte nur noch wie eines der<br />
Schlachtmesser welches er vorher in die Hand genommen hatte hinter mir<br />
sich tief ins Holz der Tür bohrte, die ich wohlweislich um meine<br />
Fluchtmöglichkeit zu erweitern, hinter mir zugeknallt hatte. Dieser<br />
Messerwurf hätte mich ganz gewiss nieder gestreckt. Natürlich erzählte ich<br />
zuhause von dem Vorfall. Natürlich in einer verschlimmerten <strong>Version</strong>, und<br />
ich weiss nicht welche Wege begangen wurden aber es dauerte nur einige<br />
Tage und der Geselle wurde aus der Metzgerei entfernt.<br />
Das Mädchen aber blieb und regte mich immer mehr auf. Beim Zubettgehen<br />
konnte ich durch das Giebelfenster unseres Hauses noch über die Dächer<br />
dorthin schauen wo das Licht in ihrer Dachkammer brannte. Ich fühlte mich<br />
wie magnetisch zu ihr hingezogen. Ich gedachte sogar über die Dächer zu<br />
steigen um zu ihr zu gelangen. Die nächtlichen Träume endeten fast<br />
allnächtlich mit einer Ejakulation, die keinesfalls einem Orgasmus<br />
gleichkommt wie ich ihn heute kenne. Es schien mir nur dass ungenutzter<br />
und angestauter Samenüberschuss sich von selber entleerte. Natürlich waren<br />
die damit verbundenen Träume höchst erotischer Art. Meine Mutter<br />
wunderte sich über die vielen Flecken in der Bettwäsche und dachte sicher<br />
ich würde onanieren, doch konnte sie sich bei ihren Elternberatungen ins<br />
Bild setzen lassen, was in meinem Körper ganz natürlich vor sich ging.
68<br />
Doch möchte ich zuerst zurück zu meinem Vater. Mit seiner Versetzung<br />
waren verschiedene Begleitumstände verbunden. Eine Verbesserung im<br />
Grad denke ich mich zu erinnern war jedoch damit verbunden. Das bedeutet<br />
aber wiederum, dass er nach diesem Interim im Ösling als Succursalist in<br />
Differdingen eingestellt wurde und die ganze Familie zusätzlich dorthin<br />
umziehen musste. Im Ösling konnte man Vater persönlich seine Schichten<br />
legen wie es ihm genehm war, was es ihm alsdann auch erlaubte periodisch<br />
mit dem Zug nach Hause zu kommen.<br />
Mein Vater „lag“ also damals in Lieler. Dazu ist die Erläuterung nützlich<br />
dass man immer wieder davon sprach der Kollege soundso liegt an diesem<br />
oder jenem Grenzabschnitt. Die Zöllner lagen also da wo sie arbeiteten und<br />
das war auch meistens wortwörtlich zu nehmen, denn um sich an einem<br />
Grenzabschnitt als Zollaufseher zu betätigen, wäre es absolut unsinnig<br />
gewesen dies ständig im Stehen zu tun, da man ihn sofort entdeckt hätte.<br />
Die Zöllner lagen also sehr oft bei ihrer Arbeit und ich kann eigentlich sehr<br />
gut nach vollziehen wie so eine Schicht abgelaufen ist, denn kaum hatte<br />
mein Vater ein gutes Kosthaus gefunden dann waren wir Buben auch in<br />
dem Haus willkommen. Besonders in den Schulferien konnten wir zu ihm<br />
und er nahm uns mit in den Dienst. Wir beiden Brüder waren aber nie<br />
gemeinsam mit ihm zusammen, so dass jeder ganz persönlich nachholen<br />
konnte, was ihm während den Kriegsjahren verwehrt blieb, nämlich die<br />
Nähe des liebenswürdigen Vaters. Seine Kenntnisse, seine Beobachtungen,<br />
seinen Zeitvertreib waren es Wert mit zu erleben. Ich ging sogar mit ihm auf<br />
Schicht und manchmal auch auf Nachtschicht. Dann nahmen wir Molly den<br />
Mischling aus Wolfshund x Strassenköter mit auf die Tour, die immerhin 8<br />
Stunden dauerte und 10-15 Km ausmachte. Molly war ein sehr folgsamer<br />
Hund, der nie Laut gab wenn ein Fremder sich in gebührender Distanz<br />
aufhielt. Er war aber auch so wachsam, dass er auch niemand näher als<br />
einige Meter an ihn heran liess. Wenn im Dorf die Jäger zur Sauhatz<br />
bliesen, musste Molly als unerschrockener Sauhund mit von der Partie sein.<br />
Er rannte mit so einer Todesverachtung auf die Sau oder den Keiler los, dass<br />
sofort die Fetzen von dessen Fell flogen. Besonders die Ohren der Schweine<br />
hatten es ihm angetan. Auch wenn er im hohen Bogen durch die Luft<br />
geschleudert wurde, wuchs er noch weiter über sich hinaus, doch manchmal<br />
mussten seine Wunden gepflegt werden. Wie unerschrocken er sich auf<br />
jedes Wild stürzte, zeigte er auch nachts wenn ein Igel in der Hecke<br />
raschelte. Dann dauerte es nicht lange und er apportierte das stachelige Tier<br />
im Maul, an dem man am helllichten Tag die Blutspuren erkennen konnte.<br />
Niemals hat er einen Igel tot gebissen. Wenn man ihm den Befehl gab, dann<br />
liess er auch sofort los, stand still und konnte seinen sich stauenden<br />
Jagdtrieb meisterhaft beherrschen.<br />
Bei den gemeinsamen Wanderungen entlang der Our vertiefte sich ganz<br />
natürlich meine Liebe zur Natur. Es ist aber auch die freundschaftliche<br />
Aufnahme, die meinem Vater in der Familie X zuteil wurde. Aber man
69<br />
sollte ständig auf der Hut sein, weil unwahrscheinlich schnell Missbrauch<br />
einer Freundschaft zustande kommt. Das junge Mädchen im Haus hatte ein<br />
Auge auf mich geworfen, doch ich hatte sie vom ersten Tag an als eine sehr<br />
gute Freundin eingestuft. Von Zuneigung konnte ich damals nichts<br />
entdecken.<br />
Im Haus wohnte ebenfalls ein kräftiger Junge dem mein Vater eines Tages<br />
sagte: „Ich muss dich leider warnen, denn es ist bekannt geworden, dass du<br />
dabei bist, wenn Kaffee geschmuggelt wird. Ich kann es nicht verhindern,<br />
dass man dich eines Tages schnappt.“<br />
Mein Vater hatte beobachtet dass andere Personen in ihrem Büro verkehrten<br />
und sich klug machten wann und wo die Zöllner Dienst hatten. Als der Tag<br />
gekommen war an dem der Zoll zuschlagen sollte, vermerkte mein Vater im<br />
Dienstbuch ganz andere, das heisst vorgetäuschte Schichten als jene die<br />
wirklich vorgesehen waren. Prompt fielen die Späher auf diese Finte herein<br />
und in jener Nacht erwischte man einige Burschen der Dorfjugend, die am<br />
illegalen Schmuggel beteiligt waren. Da mein Vater genau wusste, dass er<br />
alle Unannehmlichkeiten mit der Familie R. vermeiden musste, war er zur<br />
perfekten aber auch strategischen Täuschung zuhause geblieben. Die<br />
angeforderte Verstärkung nahm auch den Sohn des Kosthauses fest.<br />
Da Lieler und die ganze Umgegend mir sehr gut bekannt war durch die<br />
Wanderungen mit meinem Vater, lag es ganz nahe, dass dies ein<br />
unvergessliches Erlebnis blieb und gut war für wiederholte<br />
Campingsaufenthalte mit den Pfadfindern aus Oberkorn.<br />
Wir ziehen um nach Oberkorn<br />
Zwei Jahre hatte ich bereits Latein gebrummt und fuhr jeden Tag mit dem<br />
Zug in die Stadt. Ich studierte mich auf der Sixta im Athenäum von<br />
Luxemburg. „Die as aus o, die x und is, es in pari syllabis“ und so weiter<br />
hingen mir zum Hals heraus. Die Geschichte mit dem Mädchen Jeanny hatte<br />
mich so vollkommen verwirrt und ins geistige Abseits manövriert, dass sich<br />
für mich beachtliche Schwierigkeiten abzeichneten um die Klasse zu<br />
meistern. Bereits in den ersten Klassen dieser Schule konnte ich meine<br />
Begeisterung für Literatur mit Gedichten glänzend hervor streichen und<br />
ganz besonders meine Deklamationen von Gedichten und meine Aufsätze in<br />
Deutsch und Französisch wurden gut benotet. Dazu hatten wir leider einen<br />
so abstossenden Lateinlehrer dass mir jeder Spass an dieser Sprache der<br />
Gelehrten verging. Prüssen hiess der Mann der bei den Prüfungen nicht bei<br />
einer Nullbenotung stehen blieb sondern auch noch Minuspunkte rechnete<br />
und wer Minuspunkte hatte konnte sicher sein, dass dies von ihm als<br />
Doppelnull bewertet wurde, wenn die Durchschnittnummer errechnet<br />
wurde. Er war meines Erachtens kein normaler Mensch. Er war ein<br />
bestialisches Genie, unfähig etwas freundlicher mit uns Studenten um zu
70<br />
gehen. Wir hatten ihn bereits auf Septima in Latein und als er dann auf Sixta<br />
wiederum unser Lateinprofessor wurde, da hatte bereits die Mehrzahl der<br />
Klassenkameraden den ekligen Geschmack auf der Zunge von dessen<br />
widerwärtigen Erziehungsmethode. Nur ein Beispiel wird genügen um<br />
diesen brutalen Pädagogen zu kennzeichnen. Als er für die erste Stunde<br />
Latein auf Sixta in den Klassenraum stürmte, schrie er hitzköpfig und noch<br />
auf dem Weg zum Pult: „Na hab ich euch wieder…“ Er schlug sein Heft mit<br />
den Namen auf und rief sofort jemanden an die Tafel, der nicht einmal Zeit<br />
genug hatte um über die Frage nach zu denken, da hatte dieser Pädagoge<br />
ihm bereits eine Null ins Heft geschrieben. Aus heutiger Sicht hätte man<br />
einen solchen Sadisten bereits unwiderruflich in die Wüste geschickt.<br />
Ich muss jetzt doch noch einmal zurück zu dem Mädchen in das ich mich<br />
verknallt hatte. Es beschäftigte mich sehr mit ihr zu plaudern und eines<br />
Abends traute ich mir sie zu einem Spaziergang ein zu laden. Durch die<br />
noch belebte Strasse folgte sie mir in grosser Distanz. In einer Nebenstrasse<br />
die ins grüne Gelände führt, konnten wir uns jedoch zusammen tun und<br />
gemeinsam, Arm in Arm schlendern. Ich muss sagen dass ich all meine<br />
Sinne zusammenhielt und so blieb es nur beim glücklichen Zusammensein,<br />
wenigstens was meine Beurteilung anbelangt, denn diese Glückseligkeit war<br />
nicht von langer Dauer. Bereits einige Wochen später, als ich gerade aus der<br />
Vesper kam, brach für mich die Welt der Liebe zusammen. Da spazierte<br />
Jeanny mit einem belgischen uniformierten Militär, Arm in Arm an mir<br />
vorbei und lachte mich verächtlich an. Doch da geschah das grosse Wunder,<br />
das mich bei fast allen Rückschlägen in meinem Leben schnell wieder zur<br />
Realität zurückkommen lies. In Bruchteilen von Sekunden hatte ich die<br />
Situation in ihrer kompletten Tragweite erkannt und ich lobte mir diese<br />
Begegnung bei welcher mir die Augen geöffnet wurden. Es war mir vollauf<br />
bewusst geworden dass ich nur ein Spielball gewesen bin und daraufhin<br />
reagierte ich absolut hervorragend. Der in mir sich entwickelnde Sinn für<br />
die Realität liess mich alle Schwärmerei vergessen und damit war diese<br />
Episode für mich abgeschlossen. Die Prügel meiner Mutter musste ich ja<br />
auch auf diese Weise schnellstens vergessen. Auch das hat zu meinem Sinn<br />
für Realismus beigetragen. In weiteren Lebensabschnitten kam diese<br />
äusserst gesunde Qualität meiner Einstellung noch öfters zum Tragen und<br />
half mir über manche fatale Situation hinweg.<br />
Zukunftspläne<br />
Es war mein intimster Wunsch gewesen Förster zu werden. Herr Peitsch<br />
war dabei mein Vorbild und ich hatte mich vermeintlich gut ins Bild setzen<br />
lassen, welche Studien erfordert seien um mich um einen solchen Posten zu<br />
bewerben. Dummerweise stellte sich bei den vorausschauenden<br />
Berechnungen heraus, dass ich erst ein Jahr nach dem nächstens anfallenden<br />
Examen für Forstbeamte mit meiner Schule fertig sein konnte. Nach<br />
intensiver Beratung kam mir eigentlich der Umstand dieses Umzuges nach
71<br />
Oberkorn in dem Sinne entgegen dass ich jetzt nach Esch an der Alzette in<br />
die Schule fahren sollte und nicht den langen Umweg über Petingen oder<br />
den Bahnhof von Esch/Alzette. Jetzt konnte am Mittag nach Hause fahren<br />
zum Essen während ich in der Stadt Luxemburg jeden Mittag bis zu meiner<br />
Tante „Meisch“ in den Rollingergrund gehen musste. Natürlich geschah<br />
dies zu Fuss und ich hatte auch mein Essen dabei, das nur aufgewärmt<br />
werden musste. Meine Mutter präparierte also mein Essen am Abend zuvor<br />
und das über 2 Jahre lang.<br />
Jetzt bestand für mich die Möglichkeit von der Sixta Latein sofort auf die<br />
Quarta Modern zu wechseln, was mir erlaubte ein Schuljahr zu<br />
überspringen. Mir fehlten aber die vorhergehenden zwei Jahre<br />
Englischstudium. Diese mir fehlenden Jahre nachholen und zugleich mich<br />
für das Examen auf Quarta (heute abgeschafft) vorbereiten war natürlich<br />
eine verlockende aber unerhörte Herausforderung. Meine Eltern zeigten sich<br />
bereit mir Nachhilfestunden in Englisch zu bezahlen. Ich liess mich also<br />
darauf ein diese nahezu unüberwindlich scheinende Barriere zu bezwingen.<br />
Ich begann ganz nebenbei auch massenweise englische Artikel in all<br />
möglichen Zeitungen und Zeitschriften zu lesen, so zum Beispiel „The<br />
Listener“ eine Zeitung der BBC sowie „Life“ und andere. Meine<br />
Fortschritte waren merkwürdigerweise so gut, dass sich die ganze Familie<br />
darüber freuen konnte. Doch auch hier stiess ich auf einen mir keinesfalls<br />
wohl gesinnten Pädagogen, den man ausgeklammert hatte um mir<br />
Nachhilfestunde zu geben. Er war unser Englischprofessor. Bei einem<br />
Aufsatz benutzte ich einmal eine Redewendung nebst ganz speziellem Wort<br />
der Umgangssprache. Der Professor aber sah dies nicht mit demselben<br />
geistigen Auge so wie ich es verstanden hatte. Für mich hatte ich etwas<br />
Neues hinzu gelernt und wollte es auch sogleich praktisch anwenden. Er<br />
aber wetterte um mich herum als ob ich ein Verbrechen begangen hätte. Er<br />
hätte lange überlegen müssen um sich zu erinnern, dass er diese<br />
Ausdrucksweise irgendwo bereits einmal gelesen hatte und ich mir<br />
keinesfalls hätte erlauben dürfen diese Expression zu gebrauchen ohne<br />
dabei die Angabe zu machen, woher ich dieses Wort hätte. Ich hätte also die<br />
Quellenangabe für das Zitat machen sollen. Prompt brummte er mir für<br />
meine angebliche Niedertracht eigene vortreffliche Wortfindungen vor zu<br />
täuschen, eine Ungenügend auf. Ich konnte dabei aber den Mund nicht<br />
halten und erwiderte sehr aufgeregt, woher er denn seinen umfassenden<br />
Wortschatz habe und ob er auch bei jedem gebrauchten Wort erklären<br />
würde in welchem Lexikon oder Buch er seine englische Sprache gelernt<br />
habe. Das hätte ich allerdings nicht sagen dürfen, denn als das<br />
Passageexamen über die Bühne ging brummte er als Examinator mir ein<br />
mündliches Nachexamen im Englischen auf, dem ich aber glücklicherweise<br />
etwas Positives entgegen zu setzen hatte. Den Fleiss eines Strebers.<br />
Während den Ferien hatte ich genügend Zeit weitere Nachhilfestunde zu<br />
nutzen und da der nächste Examinator eine andere Person war, schaffte ich<br />
es reibungslos in die nächste Klasse vor zu rücken. Drei Jahre Englisch in
einem Jahr zu bewältigen war zwar ein gewagtes Unterfangen aber die<br />
Beweggründe zu dieser Leistung waren bekannt. Ich wollte unbedingt in<br />
die Forstverwaltung.<br />
72<br />
Kaum hatte ich das Resultat des Nachexamens erfahren, pilgerte ich<br />
wiederum zu den hohen Stellen der Verwaltung in Luxemburg um meine<br />
Leistung vorzutragen und um in Erfahrung zu bringen, ob die<br />
Aufnahmebedingungen noch immer die gleichen wären. Ich erklärte alsdann<br />
was ich geleistet hatte und kurz darauf sollte mich der Schlag treffen.<br />
Anstatt mir für den Erfolg zu gratulieren teilte man mir mit, dass ich da eine<br />
grosse Dummheit gemacht hätte und ich unbedingt ein Jahr auf der<br />
lateinischen Sektion hätte aufholen müssen. Staatsförster müssen das<br />
Latinum bestanden haben. Aus war der Traum einmal Förster zu werden,<br />
aus war die Lust am Pauken, aus war die konkrete Vorstellung eines<br />
zukünftigen Berufes. Ich stand vor dem totalen Zusammenbruch. Sogar<br />
mein Sinn für Realität zündete diesmal nicht. Die Flucht nach Kanada oder<br />
in die belgische Kolonie des Kongo begannen meine Gedanken immer mehr<br />
zu fesseln. Ich wollte diese mich umgebende Gesellschaft, die mir immer<br />
unfreundlicher, sogar feindlicher vorkam, ab sofort meiden. Aber die<br />
Ereignisse folgten sich Schlag auf Schlag.<br />
Kurz bevor wir nach Oberkorn umgezogen waren, hatten wir eine Einladung<br />
uns an der Doppelhochzeit von zwei Kindern der Schwester meiner Mutter<br />
im Rollingergrund teil zu nehmen. Ein Sohn heiratete ein Mädchen aus<br />
Differdingen. Es war die Schwester meiner Frau Leonie. Leonie war damals<br />
erst vierzehn als wir uns zum ersten Mal sahen. Erst später erfuhr ich, dass<br />
Sie bereits beim ersten Anblick meiner Wenigkeit in mich verknallt war.<br />
Es war mir zwar der erstaunte Anblick ihres glänzenden Gesichtes<br />
aufgefallen, doch bot sich kaum eine Möglichkeit eine Freundschaft auf zu<br />
bauen.<br />
Ich hatte mein siebzehntes Lebensjahr gerade erreicht als das Examen<br />
vorüber war. Zum Glück habe ich in Oberkorn, bei den Pfadfindern neue<br />
Freunde gefunden. Und das grosse Jamboree in Bad Ischl war in<br />
Vorbereitung. Mir wurde die Leitung der Pfadfindergruppe St.Etienne<br />
anvertraut neben dem obersten Chef. Ich wurde also als Scoutsmaster neben<br />
dem Sektionsmaster geführt.<br />
Es begann eine sehr turbulente Zeit mit den Pfadfindern. Pfadfinderlager in<br />
Lieler waren selbstverständlich, dann Pfadfinderlager in Altrier, ein anderes<br />
in Eischen, dann zu Ausgrabungen und Zeltlager auf den Titelberg. Im Saal<br />
unter der Kirche in Oberkorn war unser Heim. Es wurden Theaterabende<br />
organisiert, Lagerfeuer, Burgbrennen und in der Freizeit stand in dem Saal<br />
ein zusammen gezimmerter Tisch zur Verfügung, worauf wir Tischtennis<br />
spielten, bis tief in die Nacht hinein. Nachtwanderungen, Grosse Rallyes,<br />
Sternebeobachtungen, Wetterstationen und die Sammlung von
73<br />
Vogelnestern, Gehölzarten, Mineralien sowie Scherben von Römertöpfen<br />
und auch Spangen und Münzen nahmen an Umfang zu. Manchmal musste<br />
ich auch die ganz Kleinen unterhalten. Dies geschah meistens mit<br />
spannenden aus dem Stegreif improvisierten Seriengeschichten. Die<br />
Pfadfinder in Oberkorn hatten einen guten Zulauf und auch unser<br />
öffentliches Auftreten fand Anklang bei den Einwohnern. Besonderen<br />
Erfolg hatten unsere Theatervorstellungen und Lagerfeuer. Eines der mir am<br />
besten in Erinnerung gebliebenen Theaterstücke war: „Den Hupello“. Ich<br />
kann mich aber auch an lustige Theaterstücke erinnern und zwar an eines in<br />
welchem man mir einen Bart angeklebt hatte. Dabei musste ich ein<br />
doppeltes Butterbrot essen. Dummerweise hatten sich auf einmal einige<br />
Barthaare bei meinem Zubiss verfangen und da begannen die Lachsalven im<br />
Saal, die ich natürlich köstlich ausnutzte um zu improvisieren. Immer mehr<br />
Haare lösten sich vom künstlichen Bart und ich hatte immer mehr Mühe<br />
diese Haare nicht zu verschlucken und dabei gelangen mir, angetrieben von<br />
den Geheul der Zuschauer, die Situation weidlich zu verlängern. Ich sah in<br />
der ersten Stuhlreihe die Spielschulschwester Mathilde, die in einen<br />
Lachkrampf gefallen war und vor mir auf dem Saalboden lag, ohnmächtig<br />
sich innerlich gegen die lustige Abwicklung zu wehren. Noch Monate nach<br />
dieser lustigen Vorführung war die Szene den Leuten noch in Erinnerung<br />
und mir begegneten nur noch lächelnde Leute. Manche sprachen mich<br />
erneut darauf an und wollten wissen ob ich den Bart denn nun wohl<br />
abgeschluckt hatte. Denkste de!<br />
Ich begann mich wieder wohl zu fühlen, da ein moralischer Erfolg nach dem<br />
andern sich einstellte. Alsdann begann ich meine Tagebücher zu führen<br />
worin ich fast jeden Tag Notizen machte. Das Erlebnis mit einem Mädchen<br />
zusammen zu sein war jedoch ständig wach. Ich dachte manchmal an das<br />
Mädchen das ich bei der Hochzeit gesehen hatte, das zwar in der Nähe<br />
wohnte aber es entstand kein Kontakt.<br />
Als ich dann auch noch die Pfarrbibliothek zu leiten begann, wobei mir der<br />
Pfarrer nahezu Narrenfreiheit liess um neue Bücher einzukaufen, da wurde<br />
ich zum Bücherwurm und frass mich durch sämtliche Lagen der Literatur.<br />
Ich konnte den Lesern, und ihre Zahl nahm ständig zu, mehr oder weniger<br />
den Inhalt eines Buches vermitteln. Ich konnte bestens beraten und diese<br />
Beschäftigung machte mir gewaltigen Spass, zumal da auch immer wieder<br />
Mädchen in meinem Alter auftauchten, die nicht nur schön waren und bei<br />
mir erotische Zuneigung hervorriefen. Nur war ich ganz besonders auf<br />
meiner Hut um eine feste Freundschaft zu schliessen. Ein Mädchen aus<br />
Oberkorn das ich besonders nett und auch liebenswürdig fand, liess mich<br />
wissen, dass es ihr unmöglich sei mich eventuell zu heiraten. Den wahren<br />
Grund hierzu konnte ich nie erfahren, aber ich nehme an dass sie ein<br />
physische Behinderung hatte, was ihren Standpunkt erklären könnte. Ein<br />
anderes Mädchen war eine Schulkollegin. Manchmal wurde ich eingeladen<br />
um ihr beim verfassen ihrer Aufsätze zu helfen. Es war eine bessere
Freundschaft aber keinesfalls eine Liebschaft. Es stellte sich dann auch<br />
heraus dass sie während einer Stagezeit für ihren Beruf, in Antwerpen<br />
einem anderen Schulkollegen den Vorzug gegeben hatte.<br />
74<br />
Bei meinen täglichen Zugfahrten jedoch begegnete mir ein anderes<br />
Mädchen, dessen Ausstrahlung mich wiederum in seinen Bann zu ziehen<br />
wusste. Sie fand einen Platz nahezu auf allen Seiten meiner Tagebücher.<br />
Solange ich aber in der Schule war, wollte ich mich nicht mehr festlegen,<br />
denn ich hatte die absolut jedermanns Geist verwirrenden Auswirkungen<br />
einer Liebschaft kennen gelernt. Der stärkste Wille kann wahrscheinlich<br />
nicht gegen diesen Naturtrieb ankommen. Genau in dieser Verfassung kann<br />
ich kaum noch einen freien Willen des befallenen Opfers erkennen, es sei<br />
denn man lässt sich nicht von dieser Spinne umgarnen.<br />
Die Sehnsucht steigerte sich demzufolge bis an den Tag wo ich wusste dass<br />
ich die Matura bestanden und das Schuldiplom in der Tasche hatte. Da erst<br />
nahm ich mir vor sie anzusprechen, denn das übliche freundliche „Moien“<br />
und „Äddi“ sollten jetzt auf mehr Kontakt ausgeweitet werden.<br />
Während dieser Zeit begann ich meine ersten Gedichte zu publizieren. In<br />
der Schule war ich als Schauspieler bekannt und wer sich die Gunst von<br />
Marcel Reuland, dem bekannten Schriftsteller und auch mein Professor in<br />
französischer Sprache, zu erobern verstand der hatte wirklich einen guten<br />
Trumpf in der Hand.<br />
So wurde ich schnell beim Professorenpersonal bekannt. Meine Schriften<br />
wurden überall mit grösserer Aufmerksamkeit gelesen. Ich fühlte mich<br />
bereits höher eingeschätzt als andere Zeitgenossen.<br />
Bei Marcel Reuland hatte ich einen Stein im Brett. Eine der drolligsten<br />
Begebenheiten mit diesem Professor ereignete sich in der französischen<br />
Grammatikstunde. Er hatte eine Frage gestellt und rief meinen Hintermann<br />
Armand Ronkar auf, ihm eine Antwort zu geben. Die Antwort, die Armand<br />
gab, war dummerweise so falsch dass der gute Mann sofort von seinem<br />
Stuhl aufsprang und zielstreberisch sich auf Ronkar zu bewegte. Unterwegs<br />
rief er noch: „Monsieur Regenwetter, dites lui ce qu’il fallait répondre.“ Ich<br />
kam überhaupt nicht zum Antworten, da hatte er mir bereits eine kräftige<br />
Handschelle verpasst. Ich schaute ihn verdutzt an und dann entschuldigte er<br />
sich bei mir mit : « Enfin c’était pas pour vous, c’était pour Monsieur<br />
Ronkar.“<br />
Eines jedoch möchte ich hier noch niederschreiben, was mir während der<br />
Schulzeit viel Freude bereitet hatte. Marcel Reuland belebte eine zeitlang<br />
das Schulfest mit einem Theaterstück. Diesmal stand auf dem Programm.<br />
„Luxembourg for ever“. Ein Stück in Luxemburger Sprache, das sich<br />
anlässlich des Luxemburger Nationalfeiertages auf irgendeiner Farm in
75<br />
Amerika abspielte. Bei der nun beschriebenen Szene war ich als Nigger,<br />
komplett geschwärzt und mein Kollege als Indianer komplett in Rot<br />
aufgetreten. Das Maquillage besorgte unser damaliger Zeichenprofessor. Er<br />
hatte auch die Kanone aus Karton und Sperrholz gebastelt. Während der<br />
laufenden Feierlichkeiten sollten der Indianer und ich einen Kanonenschuss<br />
abfeuern. Bei den Übungen tränierten wir den Schuss nur symbolisch indem<br />
ich abzählen sollte, 1, 2, 3 und dann sollte der Schuss fallen und um diesem<br />
Vorgang etwas Realität zu verschaffen sollen wir beide uns vor Schreck<br />
hinfallen lassen. Marcel Reuland meinte bis zur Hauptvorstellung hätte er<br />
schon eine Lösung um den Schuss hinter der Bühne abzufeuern.<br />
Als wir am diesen festlichen Tag vor dem mit Studenten gefüllten Saal auf<br />
der Bühne standen und uns allen bereits der Schweiss und bei mir die<br />
Schwärze sowie beim Indianer die Röte über die Wange tropfte, da nahte<br />
auch schon dieser ominöse Augenblick des Schusses. Um synchron zu<br />
bleiben zählte ich ab und nach 3 liessen wir beide uns wie besprochen<br />
rückwärts auf den Boden fallen. Doch von einem Knall oder Schuss war<br />
nichts zu vernehmen. Es blieb zuerst stumm im Saal, doch als ich dann<br />
Geistes gegenwärtig meinte: „Hast du wieder vergessen das Pulver in die<br />
Kanone zu geben?“ Da brach das Geheul im Saal aus. Hinter der Bühne<br />
hörte ich nur die Stimme von Professor Reuland: „Gut so, weiter so, ich<br />
lade noch einmal. Noch einmal, noch einmal.“<br />
Es wurde also noch einmal geladen und dann als ich von hinter der Bühne<br />
die Stimme von Marcel Reuland hörte: „ Ich bin bereit, schiessen“, begann<br />
ich zu zählen: 1, 2, 3. Wer da einen donnernden Knall von hinter der Bühne<br />
erwartet hatte wurde gewaltig enttäuscht. Es hörte sich so an wie „pätsch“<br />
und das war’s. Die Studenten im Saal grölten. Das Stück blieb eine kurze<br />
Weile an diesem Punkt hängen, bevor wir auf der Bühne wieder die Sprache<br />
gefunden hatten.<br />
Als wir uns nachher erkundigten was da eigentlich gepätscht hätte, zeigte<br />
uns der Professor einen Revolver auf den man früher einen Stopfen steckte,<br />
der mit einer Schnur befestigt war. Bevor unser Regisseur persönlich<br />
losdrückt musste ein Gehilfe ihm einen blechernen Eimer vor das Rohr<br />
halten, damit mehr Resonanz entstehe.<br />
In den darauf folgenden Vorstellungen hatte man eine dicke Trommel<br />
aufgestellt womit man den Schuss imitierte, was einigermassen der Realität<br />
entsprach.<br />
Seit diesem Theaterstück war an mir etwas hängen geblieben. Ich war bei<br />
den Kollegen ab sofort der Nigger oder der Bob und das bis ans Ende<br />
meiner Schulzeit und bei manchen darüber hinaus.
76<br />
Auch Herr Hallé war von meinen sprachlichen Kenntnissen begeistert. Als<br />
ich später Sekretär bei den Amitiés Françaises und er ebenfalls im Vorstand<br />
war hat er mehrere Male erwähnt dass er einige meiner Aufgaben so gut<br />
gefunden hatte dass er sich eine Kopie mit nach Hause genommen hatte in<br />
sein persönliches Archiv.<br />
Verlassen wir wieder die Erinnerungen an diese Schuljahre, die in mir<br />
immer wieder schöne Stunden wach rufen um den weiteren Verlauf meiner<br />
männlichen Reife zu verfolgen.<br />
Als Kirchensänger<br />
Wie es sich für eine katholische Familie passte, musste jeder der singen<br />
konnte in den Kirchenchor. Gerade zu dieser Zeit liefen die Proben an für<br />
die Passionsfestspiele in Differdingen. Man hatte eine grossartige<br />
Mannschaft zusammengestellt um die Passionsspiele unter freiem Himmel<br />
aufführen zu können.<br />
Die Bühne war das hügelige Gelände neben dem Fussballfeld der Red Boys.<br />
Tausende von Zuschauern strömten aus allen Ecken des Landes herbei. Die<br />
Sitzplätze befanden sich auf dem Fussballfeld. Der Chor in welchem ich<br />
mitsingen durfte hatte, für die Zuschauer unsichtbar, unter der Szene seinen<br />
festen Platz. Mikrofone übertrugen die Spiele und den Gesang in perfektem<br />
Ton. Alles in allem ein aussergewöhnliches Ereignis.<br />
Was mich persönlich aber am meisten bewegte, das war der Hauptakteur.<br />
Jesus, gespielt von Jim Pletschette, einem einheimischen Grubenarbeiter,<br />
dem man nachsagte er wäre ein ungläubiger Atheist! Er spielte jedoch seine<br />
Roller so perfekt dass man sich diesen Widerspruch kaum vorstellen konnte.<br />
Er hielt ganz besonders darauf während der Geisselung nackt am Pfahl<br />
angebunden zu sein und regelrechte Geisselhiebe einsteckte um dabei die<br />
gewaltigen Schmerzen zum Ausdruck bringen zu können.<br />
Zurück zu einer auf Sparflamme gelegten Liebschaft<br />
Ich musste im Auftrag des Pfarrers von Oberkorn Hostien dort abholen,<br />
wohin auch sie sich zu begeben pflegte. Nachdem ich aus dem Zug<br />
gestiegen war, verzögerte ich meine Schritte, damit sie zu mir aufholen<br />
konnte. Ich drehte mich um. Sie ging einige Schritte hinter mir und schaute<br />
mich mit strahlendem Gesicht an. Ich war sehr aufgeregt als ich sie bat ob<br />
ich sie eine Strecke begleiten dürfte. Ich war mir voll bewusst, dass auch sie<br />
diesen Augenblick herbeigewünscht hatte, denn sie willigte sofort ein und<br />
unser erstes Gespräch behandelte zwar Banalitäten, doch legte ich bereits<br />
die nächsten Möglichkeiten fest wann und wo wir uns treffen würden. Dies<br />
alles geschah gegen 13.30 Uhr an einem Nachmittag. Als ich dann 2 Tage<br />
später von andern Freunden vernehmen musste, dass ich eine neue
77<br />
Bekanntschaft gemacht hatte, da geschah in meinem Innern etwas durchaus<br />
Merkwürdiges. Ich war so enttäuscht über diese Klatscherei die Sie geführt<br />
haben musste wobei die Zuneigung zu ihr wie plötzlich vollständig und auf<br />
einmal abgebrannt erschien. Dieser plötzliche Wandel in meinem<br />
Gefühlleben, ausgelöst durch die Erfahrung dass sie nicht einmal die<br />
intimsten Momente zwischen uns beiden für sich bewahren konnte, störte<br />
mich so gewaltig, dass die einstige, mehr als tiefe Zuneigung sich radikal<br />
wandelte bis zum sofortigen Verzicht auf diese Freundschaft. Das konnte<br />
ich nicht ertragen und was sich in etlichen Jahren in mir als heimliche Liebe<br />
aufgebaut hatte löste sich ungewöhnlich rasch auf wie eine Gewitterwolke<br />
am Sonnenhimmel. Aus, fertig. Wer nicht die geringste Neigung zu<br />
persönlichen oder privaten Beziehungen pflegt, um diese auch privat zu<br />
behandeln, dem konnte ich nicht für eine eventuell gemeinsame zukünftige<br />
Beziehung glauben schenken.<br />
Eigenartigerweise zerbrach dies keinesfalls mein Herz. Gewiss es war ein<br />
Schlag für mich. Ich steckte ihn wiederum weg, wie einst die Prügel meiner<br />
Mutter und ich hatte bereits einmal anderswo geschlussfolgert, dass diese<br />
Prügel mich zu dem gemacht haben, zu einem Menschen der<br />
aussergewöhnlich hart sein kann im Einstecken, zumal wenn der Horizont<br />
der Ausweichmöglichkeiten weit offen stand.<br />
Ein eher glücklich zu bezeichnende Umstand half mir noch schneller über<br />
all diese schwierigen Stunden und Tage hinweg zu kommen. Auch die<br />
immer grösser werdende persönliche Entfaltungsspanne trug natürlich dazu<br />
bei, durch neue Bekanntschaften, neue Erlebnisse und Aufbruch in neue<br />
Welten der persönlichen Lebensgestaltung trugen zusätzlich dazu bei, diese<br />
Beziehung schnell zu vergessen.<br />
Der glückliche Zustand bestand darin, dass unsere Familie von Oberkorn<br />
wieder wegziehen musste um dann auf Differdingen Fousbann eine<br />
Dienstwohnung zu beziehen.<br />
Doch bevor dieser Umzug stattfand, war der grosse Tag gekommen an dem<br />
ich teilnehmen durfte am 7. internationalen Jamboree in Bad Ischl und das<br />
in dem noch vom Militär besetzten Österreich. Das freute mich ganz<br />
besonders weil mein Bruder bereits an dem vorigen internationalen Treffen<br />
in Moisson teilnehmen konnte.<br />
Ich weiss nicht welcher stümperhafte Pädagoge mich in eine wildfremde<br />
Pfadfindergruppe schleuste, nur kann ich hier bezeugen, dass dies wohl<br />
keine so gute Idee war, denn ich fühlte mich keinesfalls zu diesen gehörend<br />
und machte mich sozusagen selbständig. Ich war wenig gebunden und
78<br />
konnte mich entfernen wann und wohin ich<br />
wollte. Doch an den gemeinsamen Fahrten auf den Feuerkogel und an der<br />
Schifffahrt auf dem Wolfgangsee nahm ich selbstverständlich teil.<br />
Ich traf im „Weissen Rössel“ den Korrespondenten der Associated Press,<br />
dem ich bereits im Camp begegnet war. Dort trug er eine<br />
Pfadfinderuniform. Heute war er in Zivil. Und auch er erkannte mich wieder<br />
und wir kamen sofort in ein freundschaftliches Gespräch: „Weist Du wer<br />
dort in der Veranda sitzt?“ so fragte er mich. Natürlich konnte ich es nicht<br />
wissen. „Das ist Ralph Benatzki, der Schöpfer des Singspiels „Im weißen<br />
Rössl“, möchtest Du einige Worte mit ihm sprechen?“ Natürlich war ich<br />
begeistert. Benatzky stammte aus Tschechien. Er verstarb 6 Jahre nach<br />
diesem Treffen (16.10.1957).<br />
„Das wäre eine herrliche Gelegenheit um von diesem weltbekannten Mann<br />
ein Autogramm zu bekommen“, antwortete ich. Schon war der Kollege<br />
unterwegs und durch die Glastür hinein in die Veranda. Ich sah wie er mit<br />
dem Komponisten sprach, wie dieser an ihm vorbei in meine Richtung<br />
schaute und mich zu ihm winkte. „Von wo kommen Sie denn, junger<br />
Freund.“ „Aus Luxemburg“. „Ah, dann sind wir ja Nachbarn.“ Das verwirte<br />
mich zwar im ersten Augenblick, aber ich hatte bereits mein Notizbüchlein<br />
zur Hand und bat um ein Autogramm. „In Erinnerung an das Weiße Rössl<br />
am Wolfgangsee.“ So schnell und so knapp war unsere Unterhaltung. Da<br />
der gute Mann noch andere Leute bei sich am Tisch sitzen hatte<br />
verabschiedeten wir beide uns schnell und kehrten zu unsern Getränken<br />
zurück. „Der Herr Benatzky wird wohl nicht wissen wo Luxemburg liegt,<br />
wenn er meint wir wären dann Nachbarn. Er ist lebte ja in der Schweiz und<br />
bestimmt hat er Luxemburg mit Lichtenstein verwechselt.“ „Du kannst<br />
Recht haben“ meinte mein neuer Freund.<br />
Ich musste mit der Truppe weiter.<br />
Die Maultrommel auf der Plakette sowie der zum Sprung ansetzenden<br />
Gemsbock sollten mich später noch etwas beschäftigen.
79<br />
Am Abend traf ich ihn wieder, meinen Pfadfinderfreund, diesmal hatte er<br />
wieder die Pfadfinderuniform an. Wir sassen in einem rauchgeschwängerten<br />
Lokal mit vielen Gästen. Neben mir eine Ungarin, auch in<br />
Pfadfinderuniform. Diese schien sich an mir zu interessieren oder mich<br />
einwickeln zu wollen. Mein Korrespondent zog mich am Armzipfel hinaus<br />
zur Toilette und meinte dort: “Lass deine Finger von dieser Göre, die jeden<br />
anmacht. Sie treibt ein gefährliches Spiel.“<br />
Darauf hin schaute ich eben mehr zur meinen Linken und sprach mit der<br />
korpulenten Kellnerin die sich etwas Ruhe zu gönnen schien und soeben<br />
dort Platz genommen hatte. Wie es sich herausstelle aber anscheinend auch<br />
um dem interessanten Gespräch zu zu hören oder hauptsächlich um mich<br />
anzumachen. Mir wurde auf einmal klar welche Rolle ein Mann in einer<br />
Welt zu spielen scheint, die durch den letzten Krieg arm geworden war an<br />
Männern und so umschwärmten die bedürftigen, ja eher sollte man sie als<br />
lustgetriebenen Weibsbilder bezeichnen, besonders die Jugendlichen und<br />
damit die männlichen Gäste aus aller Welt. Aus dem Radio erklang immer<br />
wieder das Lied dieses Camps: Brüder auf nun hört die Melodie. Österreich<br />
ruft zum 7. Jamboree.<br />
Ein Pfadfinderkollege aus Oberkorn trat kurz in dieses Lokal ein, schaute<br />
sich um und als er mich erblickte sagte er mir er hätte einen Fahrer mit<br />
Auto. Ob ich nicht gerne mit ihm nach Bad Ischl fahren würde. Ich hätte<br />
dies wohl gerne getan, wollte aber zurück in den Camp, um dort zu<br />
schlafen.<br />
Plötzlich begann ein unheimliches Gewitter los zu brechen und die<br />
Wassermassen die damals über das weit ausgebreitete Campingfeld mit<br />
Hügeln und Tälchen niedergingen, verwandelten alle Zufahrtwege in grosse<br />
Seeflächen und mein Versuch an diesem Abend in unser Lager zurück zu<br />
gehen musste ich vergessen. Ich hatte keine Taschenlampe bei mir, nur<br />
etwas Licht vom Zeltlager erleuchtete die Schlammlöcher durch welche ich<br />
hoch wollte. Ich hatte Schuhe und Strümpfe ausgezogen und als das Wasser<br />
mir bis an die Hosenbeine reichte gab ich mein Vorhaben auf und ging<br />
zurück in die Kneipe, wo ich mir in der Toilette die Beine vom Schlamm<br />
befreite und dann wieder Strümpfe und Schuhe anzog.<br />
Mein Korrespondent sass noch immer am gleichen rustikalen Tisch. Die<br />
Ungarin war verschwunden, nur die korpulente Kellnerin lachte mir bereits<br />
zu als ich mich zu ihr setzen wollte. Der Mann von der Associated Press<br />
erblickte mich auch und fragte sofort: „Bist du nicht mit nach Bad Ischl<br />
gefahren?“ Natürlich erklärte ich ihm mein Vorhaben, dass ich aber sehr<br />
gerne auch Bad Ischl kennen lernen möchte und sofort erhob er sich, nahm<br />
mich beim Arm und wir verabschiedeten uns.
80<br />
In seinem Wagen fuhren wir in die Stadt. Wir kehrten ein in einem Lokal,<br />
was eher eine Bar war, wo eine Jodlerin die bei der Radiostation<br />
Blauweissrot angestellt war, ihre Lieder zum Besten gab. Eine kleine<br />
Kapelle unterhielt die Anwesenden mit flotter Ländlermusik. PS. Es kann<br />
auch sein dass der Sender Rot weiss Blau geheissen hat. Es gibt ihn heut<br />
nicht mehr, es könnte aber sein, dass der heutige Sender „Grün-weiss“ ein<br />
Nachfolger geworden ist.<br />
So geschah es dass mein Kollege die Jodlerin sofort interviewte und wir<br />
beide uns dabei näher kennen lernten. Ein schottischer Pfadfinder im Kylt<br />
kam auf uns zu und wollte die Jodlerin ebenfalls kennen lernen. Da er kein<br />
Deutsch und sie kein Englisch sprechen konnten, musste ich mich als<br />
Dolmetscher anbieten. Der Wirt hatte schnell mitbekommen was sich da in<br />
sehr kurzer Zeit abspielte, weil die Jodlerin immer länger wartete bis sie<br />
wieder einen Jauchzer von sich gab. Er redete mich an und als er erfuhr dass<br />
ich Luxemburger sei, da ging er kurz weg und kam mit seiner Frau zurück,<br />
die irgendwie Verwandtschaft in Luxemburg zu haben schien und mit mir<br />
sprechen wollte, über das bereits mehrmals von ihr bereiste Land. Das hätte<br />
eigentlich nicht passieren dürfen. Auf der Stelle bot der Wirt mir freies<br />
Getränk an, wenn ich in seinem Lokal als Dolmetscher behilflich sein<br />
wollte, denn es verkehrten so viele Ausländer hier, mit denen es ihm schwer<br />
fiel sich zu verständigen, zumal wenn sie besondere Wünsche hatten. Ich<br />
willigte ein. Er veranlasste die Kapelle einen Tusch auf mich zu spielen und<br />
kurz darauf spielte man den „Hämmelsmarsch“ in der Annahme unsere<br />
Nationalhymne zu spielen. Das hatte man so eingeprobt um bei den vielen<br />
Ausländern Eindruck zu schinden. Zum Spass setzte ich mich auch in die<br />
Kapelle und spielte eine dieser tausendmal heruntergeleierten Etüden aus<br />
meiner Klarinettistenzeit, aus purer Protzerei. Auch das schindete Eindruck<br />
und so geschah es, dass ich als einen der Ihrigen betrachtet wurde. Natürlich<br />
begeisterte das alles die anwesenden Gäste. In einem Nebenraum wurde mir<br />
alsdann aufgetischt, natürlich gratis. Zum Glück gab es nicht dieselben<br />
gekochten Kartoffeln im Essig, die man uns am Feuerkogel serviert hatte.<br />
Ich kann vieles Probieren und verweigere selten Hausmanns Kost. Doch<br />
diese Kartoffeln im Essig bekam ich nicht weg. Heute esse sehr gerne diese<br />
platten Kartoffelscheiben, gedünstet in Zwiebel, Lorbeerblätter und ein<br />
Schuss Essig darüber.<br />
In diesem Nebenraum sassen und assen auch manche Einheimische. Diese<br />
wollten alles Mögliche über unser Land erfahren und dann das Gespräch auf<br />
die Politik bringen. Es wunderte mich als der Wirt mich sofort beim Arm<br />
nahm und mir anriet mich nur gar nicht in ein solches Gespräch ein zu<br />
mischen, denn hier sassen, frühere Nazis, Tiroler Separatisten, echte<br />
Österreicher und was noch alles von Meinungsvertreter möglich war. „Sonst<br />
wird es auf einmal hier Mord und Totschlag geben“, meinte der gutgelaunte<br />
Wirt!
81<br />
Ich war gewarnt. Natürlich war ich begeistert von den aparten<br />
Bekleidungsstücken, die von den Einheimischen als Volkstracht getragen<br />
wurden. Einer in der Runde hatte einen Tirolerhut mit Gamsbart und genau<br />
so einen Gamsbart wollte ich haben. Bald hatte ich das Gespräch in diese<br />
Richtung gebracht und man erzählte mir als verfehlter Förster im grossen<br />
Eifer, wie in diesem Land gewildert wird, welches Wild noch in den Bergen<br />
geschossen werden kann und dann begannen die Jagdleute sich ihrer<br />
Trophäen zu rühmen. Einen der mir scheinbaren Angeber, der meines<br />
Erachtens sich am meisten hervortat mit seinen gesammelten Gamsbärten,<br />
den nahm ich mir aufs Korn und meinte: „Ich glaube Sie übertreiben wohl<br />
mit all diesen Gamsbärten.“ Da hätte man hören sollen was auf einmal los<br />
war. „Mit soviel Gamsbärten könnten sie doch einem Pfadfinder einen<br />
Gefallen tun und ihm einen verkaufen, doch werde ich wohl das Geld dafür<br />
nicht aufbringen können.“ Diese Aussage hatte einen unerwarteten Erfolg.<br />
Aller Augen waren jetzt auf den Gehetzten gerichtet. Jedermann stachelte<br />
ihn an sich doch endlich erweichen zu lassen. Er geriet immer mehr in die<br />
Bedrängnis. Dann sprang er auf: „Bleib hier Cowboy, ich fahre jetzt nach<br />
Hause und werde dir meine Sammlung zeigen.“ Gesagt getan. Sein Kollege<br />
hatte ein Motorrad vor der Tür stehen. Beide schwangen sich hinauf und los<br />
ging die Fahrt. Als sie nach geraumer Zeit zurückkamen, ich hatte bereits<br />
vermutet, dass dies nicht mehr geschehen würde, hatte ich bereits wieder<br />
meine Dolmetscherrolle spielen müssen, zwischen dem Schotten und der<br />
Jodlerin. Die Jodlerin wollte unbedingt wissen was er denn unter dem Kylt<br />
trage. Ich ahnte bereits Skandalöses, doch der rothaarige Schotte scheute<br />
sich nicht, erhob sich von der hölzernen Bank und hob seinen karierten<br />
Rock hoch und zu sehen war eine bunt karierte Unterhose aus denen<br />
kräftige Oberschenkel hervorstanden. Nahezu das ganze Lokal war auf den<br />
Beinen um sich zu überzeugen, dass die üble Nachrede, alle Schotten<br />
würden keine Unterhosen unter dem Kylt tragen, überhaupt nicht stimmte.<br />
Die Jodlerin küsste ihren neuen Freund und schmetterte einen separaten<br />
Jodler a capella, der uns allen in den Ohren schallte. Auch meinem Freund<br />
mit dem Gamsbart waren die Stielaugen wieder zurückgestellt und er zog<br />
mich hinein in die Räumlichkeiten, die nur der einheimischen<br />
Stammklientel reserviert war. Dort zog er drei verschiedene Gamsbärte aus<br />
seinem Jagdbeutel und meinte etwa so ähnlich: „Do, such dir einen raus,<br />
d’kannst ihn behalten. Du kriegst ihn umsonst, weil du so’n extra feiner<br />
Karl bischt.“ Die einheimischen gratulierten ihm für seine heldenhafte Tat<br />
und das Geschenk, das er mir machte. Ich war natürlich überaus begeistert.<br />
Ich kam nicht aus dem Staunen heraus und als ich meinen Pfadfinderhut<br />
mit dem Gamsbart schmücken wollte, da war er mir dabei behilflich. Er<br />
müsse an den Riemen festgebunden werden, damit er nicht leicht verloren<br />
geht oder geklaut werden kann. Noch immer schmückt diese, meine Bad<br />
Ischler Jagdtrophäe, die ich soeben ergattert hatte, mein Pult in meinem<br />
Büro und wenn ich ihn etwas näher in Augenschein nehme, dann
schmücken ihn auch noch einige herrliche Gräser aus der Puszta Ungarns,<br />
die mein Freund mir geschenkt hatte.<br />
82<br />
In dem Lokal war wahrlich etwas los, aber je früher es gegen Morgen ging,<br />
je öfter fielen mir die Augen fast zu und erst gegen 4 Uhr in der Frühe<br />
brachte mich der Wirt mit seinem Wagen bis vor die Tore des inzwischen<br />
zum Schlammboree gewordenen Campingfeldes. Er ging auch mit diesem<br />
Beinamen in die Weltgeschichte ein.<br />
Den beiden Liebhabern musste ich meine Adresse geben, damit ich die<br />
geschriebenen Liebesbriefe übersetzt weiter leiten konnte. Ich muss<br />
gestehen, dass ich diese Verantwortung leichtfertig übernommen hatte, was<br />
sich aber als immer schwieriger herausstellte. Denn das was der<br />
draufgängerische Schotte seiner Jodlerin schrieb, war alles als nicht galant,<br />
wenigstens in meinen Augen, und so kam es wie es kommen konnte.<br />
Erstens ohnmächtig die eher schlüpfrigen Nuancen bedeutungsgerecht zu<br />
übersetzen und dann die meist, aus meiner Sicht jedenfalls belanglosen<br />
Alltagsbemerkungen z.B. wie das Wetter sei, oder die Temperaturen<br />
draussen, trieben mich verführerisch dazu meine eigenen Gedanken und<br />
Bemerkungen in eher romantischen Art, in die Briefe an die Jodlerin<br />
einzuschmuggeln, was auf die Dauer aber immer unhaltbarer wurde, wenn<br />
die Jodlerin dann auf diesen Wortlaut antwortete und der Schotte überhaupt<br />
keine Ahnung hatte wovon sie schreibe. Eine solche Kupplerei wollte ich<br />
mir jedenfalls nie mehr aufhalsen, soviel hatte ich bei diesem Experiment<br />
gelernt. Doch der clevere Schotte hatte sich zu einem Deutsch Studium<br />
hinreissen lassen und die Jodlerin ihrerseits versuchte sich in englischer<br />
Sprache, sodass auf einmal der Briefwechsel von Liebesbezeugungen über<br />
eine Zwischenstation in meinem Dolmetscherbüro nicht mehr erwünscht<br />
war. Ich habe nie erfahren welches Ende diese Liebschaft genommen hat.<br />
Als ich an diesem frühen Morgen vor den Toren des Camp stand und mich,<br />
barfuss den Schlamm durchwatend, zu meinem Zelt vor arbeitete überfiel<br />
mich eine solche Müdigkeit dass ich, ohne mich auszuziehen, wie ein Sack<br />
auf meinen Schlafsack fiel und einige Stunden später fast nicht wach wurde<br />
als allgemeines Wecken war. Natürlich konnte ich mich immer wieder<br />
herausreden und behaupten ich wäre so lange bei meiner eigenen Truppe<br />
gewesen, was bei dem schlechten Wetter schnell als bare Münze verstanden<br />
wurde.<br />
Einen gewaltigen Eindruck auf mich machten am Tag des grossen als<br />
Abschluss geltendes Lagerfeuer die zumeist schottischen Dudelsackpfeifer.<br />
Eine regelrechte Heerschar von Musikanten hatte sich unsichtbar hinter<br />
einem der grossen Hügel aufgestellt, die wellenförmig die ganze Zeltstadt<br />
umgaben. Dann begannen sie zu spielen, was einen mächtigen Radau<br />
machte, ohne dass man wusste aus welcher Richtung diese doch<br />
unbekannten Töne aus den prall gepressten Dudelsäcken kamen. Plötzlich
83<br />
wippten über den Kamm des grossen oben abgeflachten Hügels die flachen,<br />
in schottischen Mustern aufleuchtenden Kepi mit Zipfel, auf und ab. Ein<br />
Raunen ging durch die tausend köpfige Zuschauerreihen. Dann folgten im<br />
nahezu berauschenden Takt die Köpfe der in breiter Front<br />
aufmarschierenden Bläser und so wie sich das Gelände hinter dem Hügel<br />
zeigte, wippten alsbald die noch weitaus vielseitig bunten Oberkörper im<br />
Takt wobei die Trommler mächtig ins Zeug hauten. Die vordersten Reihen<br />
der Musikanten folgten bereits dem wieder abfallenden Gelände, so dass die<br />
nahezu über ihnen nachrückenden Schotten wie aus einem unterirdischen<br />
Topf zu quellen schienen. Das Bild und der Ton waren kaum an Dramatik<br />
zu überbieten. Der Eindruck war unbeschreiblich. Es war als ob eine Armee<br />
sich aufbäumte um in die Schlacht zu ziehen. Furcht erregend und<br />
Beklemmung ausstrahlend, imposant, überwältigend, majestätisch, starr wie<br />
eine sich vorwärts bewegende multikolorierte und immer höher werdende<br />
Felswand oder Dampfwalze, die nahezu gerade auf meinen Standort zu<br />
marschierte. Das Gruseln befiel mich. Eine totale Hühnerhaut belegte mich<br />
und obschon ich die Sache realistisch ansehen und beurteilen wollte, fühlte<br />
ich plötzlich wie auch in meinem Innern die Eingeweide im Takt zu<br />
vibrieren begannen und genau diese Erfahrung am eigenen Körper liess<br />
mich im späteren Leben sofort verstehen wie so eine musikalische<br />
Vibrationstherapie auf die einzelne Organe sich auswirken kann, damit<br />
diese aus einem schlafähnlichen und damit krankhaften Zustand zum<br />
erneuten Funktionieren wachgerüttelt werden. Das war ein grandioses<br />
Schauspiel das ich niemals vergessen werde. Ich hatte bei diesem Anblick<br />
und bei diesem höllischen Spektakel nicht allein das Empfinden, dass solch<br />
ein Aufmarsch vor einer Schlacht viele Feinde bereits in die Flucht schlug<br />
oder zum Entsetzen brachte und so diese ganz gewiss vor dem<br />
nachfolgenden Kampf bereits moralisch geschwächt waren.<br />
Ich lerne Motorradfahren<br />
Heini war ein Eisenbahner. Er war auch Fischer und Kaninchenzüchter.<br />
Seine Frau war sehr korpulent und Mutter eines Kinder. Heini hatte auch<br />
eine komplett aus Leder bestehende Kleidung, die er anzog um auf dem<br />
Motorrad zufahren.<br />
Eines Tages wollt er mir das Motorradfahren beibringen. Das geschah<br />
ausserhalb Oberkorn auf einem Feldweg der parallel zur Seilbahn bis in den<br />
Wiesengrund führte. Dort mündete er durch ein rostiges Tor in einen Pferch.<br />
Es war im Hochsommer. Die Grannen der Gerste begannen sich zu neigen<br />
und die Zeit der Mahd nahte. Heine hatte mich auf dem Sozius bis dahin<br />
gebracht wo der Feldweg begann. Dann setzte er mich auf den Fahrersitz,<br />
sich selbst auf den Beifahrersitz und beim Geknatter des laufenden Motors<br />
gab er mir seine Anweisungen. „Kupplung langsam kommen lassen und<br />
dann langsam Gas geben.“ Ich zögerte keinen Augenblick, denn Heini war
84<br />
ja bei mir. Denkste! Es musste daran gelegen haben das ich nichts von<br />
alledem langsam gemacht hatte, als ich mich fest an der Lenkstange<br />
anhalten musste, weil das Motorrad wie ein bockiger Esel vorne hoch ging<br />
und mit mir davon brauste. Heini blieb hinter mir auf der Strecke liegen.<br />
Das Gleichgewicht hatte sich bald eingestellt, doch wie und wo schalten,<br />
wie bremsen? All das hatte ich noch nicht erfahren. Es war wirklich ein<br />
gutes Gefühl so zu brausen, aber nicht weit vor mir bemerkte ich die<br />
geschlossenen Pferche. Absteigen, auf keinen Fall. Wenden, aber wie? Das<br />
Ende des Feldweges kam schneller näher als mir lieb war. Und weil ich<br />
auch nicht wusste wie man den Motor abstellen kann, rettete mich der<br />
gesunde Menschenverstand. Ich bog ab in die Gerste. Die Halme verneigten<br />
sich auf beiden Seiten als ob sie mir Ehre erweisen wollten. Indem ich also<br />
eine Schneise durch die Gerste zog war ich wieder in Fahrtrichtung zu<br />
meinem Retter. Als ich endlich in seiner Nähe war um die nächsten<br />
Handgriffe zu erlernen, musste ich noch über den Graben am Wegesrand.<br />
Und genau da wo ich es nicht erwartet hatte blieb das Motorrad stecken. Der<br />
Motor versagte die Dienste.<br />
Kurz danach aber war es so weit, dass Heini mir alle notwendigen Griffe<br />
beigebracht hatte und bald fuhren wir beide gemeinsam und ich war mächtig<br />
stolz auf mich.<br />
Nahe am Tode vorbei<br />
Im Herbst desselben Jahres lud Heini mich ein, mit ihm, auf seinem neuen<br />
Motorrad, eine Spritztour zu machen. Es war kurz bevor die Dämmerung<br />
hereinbrach als wir auf der alten Strasse bei Dippach bergab in Richtung<br />
Luxemburg fuhren. Am Strassenrand lagen bereits die ersten Blätter die von<br />
den hohen Bäumen gefallen waren und es begann auch noch zu nieseln. Auf<br />
der ganzen Strecke überhaupt kein Verkehr. Wir fuhren in der Mitte der<br />
Chaussee.<br />
Das neue Motorrad war beachtlich schneller als der alte Kasten und Heini<br />
streckte in seinem Übermut alle Viere in die Luft. Doch dies wurde uns zum<br />
Verhängnis. Es musste ein abgebrochener Ast gewesen sein, der auf der<br />
Strasse lag, der den freihändigen Fahrer aus dem Gleichgewicht gebracht<br />
hatte. Wir näherten uns gefährlich dem Strassenrand wo die nassen Blätter<br />
sich ins Geschehen einmischten und ehe wir uns umgesehen hatten war es<br />
passiert.<br />
Ich spürte wie ich über die nasse Wiese rollte und konnte mich aufrichten<br />
ohne dass ich etwas gebrochen hatte. Das Licht am Motorrad brannte noch,<br />
der Motor drehte noch und Heini kroch zu seinem Lieblings Spielzeug und<br />
drehte den Zündschlüssel. Die Lenkstange war gebrochen und im ersten<br />
Augenblick bestand keine Aussicht auf Hilfe. Wir sassen tatenlos am
85<br />
Strassenrand, salbaderten über den Unfall, waren froh dass nichts<br />
Schlimmeres passiert war, denn die Lenkstange war beim Streifen eines der<br />
Strassenbäume abgebrochen.<br />
Im Halbdunkel näherte sich ein Licht auf der Strasse. Es war ein einsamer<br />
Fahrradfahrer auf dem Heimweg. Heini stellte sich mitten in die Strasse um<br />
den Radfahrer anzuhalten, um ihn zu bitten uns Hilfe zu schicken, doch<br />
dieser wechselte sein gemütliches Kurbeltempo in einen plötzlichen Sprint<br />
und raste in völliger Panik an Heini vorbei.<br />
Wer bleibt schon in der Dämmerung vor einem wildfremden Menschen<br />
stehen, der breitspurig im Wege stand, wie Heini sich fast immer gab, wenn<br />
er etwas zu sagen hatte, und dazu in seiner dunklen Lederkleidung um Hilfe<br />
bettelte. Der Reflex war absolut normal und weit und breit war keine Seele<br />
zu sehen.<br />
Dass das Motorrad noch funktionsfähig war wussten wir, doch ohne eine<br />
Lenkstange war es unmöglich zu fahren. In der Not frisst der Teufel<br />
Stubenfliegen. Heini begann nach einen auf dem Boden liegenden Ast zu<br />
suchen, den er in die beiden offenen Röhren stecken konnte. Mit etwas<br />
Glück konnte er das Ganze zusammenhalten und gleich ging es im ersten<br />
Gang los und wenn auch spät, wir kamen jedenfalls nach Hause. Meiner<br />
Mutter war es gleich aufgefallen, dass meine amerikanische Weste auf dem<br />
Rücken komplett voller grüner und brauner Streifen war. Diese rührten von<br />
meinem Gleitflug über die Wiese, doch den Unfall beleuchten, das konnte<br />
ich meiner Mutter nicht antun. Ich gab vor wir hätten uns bei einem<br />
plötzlich einsetzenden Regenguss unter einen Baum geflüchtet und die<br />
Streifen würden sicherlich von der Rinde des Baumes herrühren. Die gute<br />
Frau schluckte diese banale aber zu meinem Glück für sie plausible<br />
Erklärung und damit hatte sich’s.<br />
Ich muss aber einen weiteren Unfall hier beschreiben den Heini etwas später<br />
mit seinem neuen Motor mit Beiwagen hatte, als er an die Maas zum<br />
Fischen fahren wollte. Im Beiwagen hatte seine gewichtige Frau Platz<br />
genommen und dazu das Kleinkind auf ihren Schoss.<br />
Die Fahrt führte durch kleine Dörfer, doch Heini hatte so einen<br />
Rennfimmel, dass er das Motorrad mit dem schweren Beipack nicht richtig<br />
in eine Kurve lenken konnte. Ihm war Glück im Unglück hold, denn das<br />
Gefährt rannte so ungestüm auf einen eisernen Lampenmast drauf, dass das<br />
Gestänge des Seitenkarrens vom Motorrad glatt abbrach und Heini<br />
geradewegs in einem Misthaufen landete. Der Karren mit seiner Frau und<br />
dem Kind aber rannte auf dem einzigen Rad in einen Bauernhof und<br />
geradewegs durch die offen stehende Tür des Hausganges, wo er sich<br />
zwischen den Wänden festklemmte.
86<br />
Besoffen<br />
Umzug<br />
Militärzeit<br />
Angestellt<br />
Probleme mit dem Fortschritt.<br />
Vorschlagwesen<br />
Erneut verliebt<br />
Neubau eines Hauses<br />
Heirat<br />
Das Leben wird organisiert<br />
Die Kinder<br />
Neubau eines eigenen Hauses<br />
Ferien<br />
Geldprobleme<br />
Zukauf einer Parzelle um Nachbarn auszuschliessen.<br />
Prosa<br />
BETRÖFFT DE<br />
„GÖLLENEN REGULUS“<br />
DE MIR IWERRESCHT ASS GIN<br />
AM HAUS VUN DER NATUR<br />
Den 5.1.2001 am Kader vum Neijoersdronk.<br />
Usproch vum Henri Regenwetter.<br />
Leiw Frënn!<br />
Fir t'eischt soen ech Iech emol alleguerten Merci <strong>fir</strong> di grouss Eier,<br />
mat der Dir mir haut hei eng grouss Fréd macht.
87<br />
Vun den Goldhinnerchen hun ech zwar och zwou lieweg Zorten bei<br />
mir hanner dem Haus, am Dännebösch. Munchmol orchestreieren<br />
sie am Trapp eng schein lieweg an och fuerweg Pipsshow.<br />
Haut heieren ech nemmen mei bis 1<strong>2.</strong>000 Hertz an duer<strong>fir</strong> muss ech<br />
mech mat hirer Show eleng zefridde gin. Dé göllenen hei, dé kann<br />
ech elo all Dâg kucken.<br />
Wann der erlâbt, soen ech e puer Wieder zu menger kurzer<br />
Biographie. Wât wâr, wât ass an wât nach ka kommen.<br />
Schon mat 7 Joer sich ech als Wöllefchen, virum Krich zu Rodange<br />
bei de Scouten mat eraus an t'Natur kom. Lampech bei der Schuller<br />
Gare, war eng wonnerbâr a romantesch Platz <strong>fir</strong> ze Campeieren, <strong>fir</strong><br />
an der freier Natur ze spillen. Schon do konnt ech allerhand Planzen<br />
an Deiere kennen leieren. T'Upassung un meng Liewenskomeroden<br />
huet do ugefangen.<br />
Ech hun verschidde Stadien passeiert an sin dann zu Uerwerkuer als<br />
Patrullechef, durno als Scoutsmaster emmer mei an t'Liewen, mat<br />
Mönschen - an an der Natur era gezu gin. Esou guer nach nodém<br />
ech eng fest Arbecht op der Schmelz hât, hun ech mech a menger<br />
Freizeit freiwölleg zu Uewerkuer agesât, bis meng Elteren mat eis op<br />
Zolver geplönnert sin.<br />
T'Natur mat hieren villen Facetten, hat mech grëndlech gepâkt. Vill<br />
Frënn, dénen et selwegt gangen ass, ware berét mat mir duerch<br />
Deck an Dönn ze goen. Zwé vun mengen beschten Scoutsfrenn sin<br />
direkt an de Canada ausgewandert an hun hiert, wahrscheinlech net<br />
nemmen Trapper - Liewen do gemacht.<br />
Ech wollt zwar och emmer fort an t'Welt, hun mech awer do<br />
zreckgehâlen, an sin 1965 vum Aquariumsclub Diskus vun<br />
Deifferdeng als Delegeierten genannt gin an der Federatioun vun<br />
den Aquarianer, FELAT genannt.<br />
Ech war doduerch mat derbei wei am Eisebunnerkasino zu<br />
Bouneweg t'NATURA gegrennt ass gin. Vun Ufank un gouwen et<br />
awer Schwieregkéten do, an ech hun schon démols net verstânen,<br />
<strong>fir</strong>wât do sech direkt en ongleckleche Spaltpilz entweckelt huet, dén<br />
menger Ménung no, der Entwecklung vum Naturschutz an eisem<br />
Land neischt genotzt huet.<br />
Ech war bâl an all Versammlung vun der NATURA derbei an hun<br />
eifreg matgeschafft, ouni mech je vir- oder opzedrängen. Au<br />
contraire, ech hun emmer "speziell" Arbechten zougeschouschtert
88<br />
kritt! Do hun ech och festgestallt, dat an eisem Land Allmeigleches<br />
geschützt sollt gin, nemmen et huet kén spezifesch un t'Amphibien,<br />
un t' Klengfösch an virun allem un t'Wasserplanzen geduecht. Kén<br />
huet sech esou richteg duer<strong>fir</strong> agesât, ganz einfach, well déi net esou<br />
populär waren a muncherén sech virun enger Mouk schuddert!<br />
Virun 28 Joer hun ech mir en Härz geholl an hun t'AAT am Kader vun<br />
der FELAT gegrönnt. AAT ass d'Ofkierzung vun eisem démolegen<br />
Vereinsnumm, Amis des Aquario- et Terrariophiles du Grand-Duché<br />
de Luxembourg. Mir wollten t'Frenn sin vun den Aquarianer an<br />
Terrarianer. Et hécht also net "den AAT ass och do" oder "bei der<br />
AAT ass et flott", mé richteg ass ze soen, ech sin Member vun den<br />
AAT. AAT ass also eng Mehrzahl! Dat niewebei!<br />
Mam Henri Rinnen, mam Josy Braun, an mam Théo Peffer hun ech<br />
Radio- an och Televisiounsemissiounen gemacht. Wuelgemirkt, all<br />
Emissioun ass op dem Pobeier virberét gin. T'Froen an t'Äntwerten,<br />
dorobber hun ech gehâlen, well ech mir gesôt hun et wir unsönneg<br />
déi kurz Zeit ze verplemperen, <strong>fir</strong> nemmen irgend eppes do ze<br />
schwadronneieren.<br />
Des Sendungen waren inhaltlech gudd duerchduecht a gefiddert vun<br />
eisem aktivem Naturschutz! Wei iwer t'Nozucht vum Bitterling, vun<br />
den Ellercher, vu Fräschen a Mouken, am Aquarium an am<br />
Terrarium hun mir am ganze Land eppes ugekurbelt wat senges<br />
gleichen gesicht huet. T'Kâlwasseraquaristik huet ugezun.<br />
Mir hun konsequent Fräschenzenk opgericht, wat ueschtert t'Land<br />
nogemacht ass gin!<br />
Bref, Dir könnt e bedeitenden Dél vu mengem Lieweslâf noliesen an<br />
der Jubiläumsbroschür vun den AAT, dei virun e puer Joer eraus<br />
kom ass. Sie ass nach ze kreien.<br />
Ech hât eng Suerg, well t'NATURA net esou vill égen Initiativen<br />
ergreifen konnt - et waren nemmen e weineg Privatmemberen<br />
ageschriwen déi esou Saachen hätte kenne machen - do hun mir an<br />
dem Club e puer Aktiviteiten <strong>fir</strong> NATURA mat organiseiert, an esou<br />
guer exékuteiert. Mir wollten mam gudde Beispill <strong>fir</strong> goen, an als<br />
Memberverénegung vun der NATURA - der Dachorganisatioun, och<br />
Aktiounen am Numm vun der NATURA machen. Ech erennere un eis<br />
Aktiviteit <strong>fir</strong> t'NATURA - PLAKETTE an der Aktioun MEI NATUR EM<br />
T'HAUS, un eisen Asatz beim Ministère du Tourisme, am Num vun<br />
der NATURA, an der Jury fun dem "Concours: Schien Dierfer a<br />
Stied" mat zemachen.
89<br />
Den Dag fum HAUS VUN DER NATUR ass kom. Ech sin mam René<br />
Schmit hei iwer den Terrain gangen an hun bedauert, dat mir net dei<br />
démoleg Ruin ganz ofgerappt hun. Nemmen e puer Hâsteng an der<br />
Fassade hun als Virwand gedenkt, <strong>fir</strong> den Denkmalschutz eraus ze<br />
fuerderen - an hun beim Neibau ronderem déi puer Steng onnetz<br />
Millioune kascht - déi anerwärts hätte gudd Uwendung könne fannen.<br />
Am Hannerkap awer war bei verschidden Leid kén ânere Gedanken,<br />
wéi eng Brems ze (er)fannen <strong>fir</strong> t'Expansion vum Camping a<br />
Sportkomplex a Richtung Roeser! Do<strong>fir</strong> waren also nemmen dei<br />
"bescht" Argumenter, also déi puer Hâsteng gudd, déi démols jo och<br />
gezun hun!<br />
Ech wollt versichen meng praktesch Bauerfahrung, hei mat eran ze<br />
brengen dei ech selwer als Bauhär hât (well ech bei mengem Haus<br />
Architekt an Bauléder war). Dat ké Keller an dest Haus hei gebaut<br />
ass gin, war net déi lescht wirklech onduerchduechten Arbecht. Et<br />
hätten mam kompletten Ofreissen, an och bei aner nofolgenden<br />
Projetsen, wou ech op reell Komplikatiounen higewisen hun, vill<br />
Milliounen kenne gespuert gin. Op en Hoer wâr och nach e Gappené<br />
an de Sand gesât gin!<br />
Ech hât meng Grönn vir net op t'deck Tromm ze schloen! An menger<br />
Entwecklungszeit hât ech am Ömgang mat der Jugend an iwerhapt<br />
mat menger Emwelt esou vill Mönschekenntnis opgebaut, dat ech<br />
mir emmer gesôt hun, kritiseier neischt wat's de net selwer besser<br />
mache kanns, an dann awer och mache wölls. Bretz dech net mat<br />
vermengtlechem Besserwössen, mé mam Bessermachen. Dat hun<br />
ech och an eisem Klub emmer erem esou gesot, an hun och drop<br />
gehâlen, dat én iwer eppes kann diskuteieren, awer selwer nie<br />
engem aner seng freiwëlleg Arbecht soll kritiseieren, wann én net<br />
berét ass et selwer besser ze machen.<br />
Den Erfolleg ass net ausbliwen, an mat enger groussarteger Equipe,<br />
konnte mir bis haut eise Mätsch machen. Nemmen et ass gangen<br />
wei et emmer gét. Wann én am Liewen Succès huet, dann verquesst<br />
dén én oder dén aneren dat net.<br />
Ech hun all dei Joeren villes vum Vereinsliewen op eist Privatliewen<br />
geprafft. Menger Frâ a mengen 3 Kanner, soen ech hei <strong>fir</strong> all hirt<br />
Verstéesdemech en öffentlechen Merci. Sie hun mech emmer<br />
ennerstötzt, net nemmen wann Nout um Mann oder un der Frâ wâr.<br />
Mat Studierésen, Sortien an Virtrég konnt bâl e richtege<br />
Familjebetrieb opgebaut gin, dén haut nach virbildlech a kräfteg an<br />
der Matarbecht hei am Haus, beim Fest vun der Natur, beim<br />
Kürbisfest, beim Baurendag weider liewt. T'Frendschaft an
90<br />
t'Kollegialiteit ass dat wonnerbarst wat én an engem Verein ka<br />
fannen, wa keng Quierkäpp Möscht bauen.<br />
Eppes war mir, an ass och Iech secher bewosst. Hei am Haus sin<br />
zwéerlé Zorte Leid aktiv.<br />
Op der enger Seit dei Leit déi t'Vereiner an der Richt hâlen, an<br />
domadden och t'Verénegung Haus vun der Natur. Sie schaffen ouni<br />
bezuelt ze gin, am Asatz <strong>fir</strong> t'Sach, <strong>fir</strong> den Natur an Emweltschutz.<br />
Op der anerer Seit sin déi, déi onbedingt zu Höllef hu missen geruff<br />
gin, an déi <strong>fir</strong> hier Arbecht bezuelt gin (iwregens léschten sie eng<br />
unbedengt bewonnernswert Arbecht, dat well ech besonnesch hei<br />
erfier streichen).<br />
De Beweis ass domadden erbruecht gin, dat mam Naturschutz och<br />
Geld ka verdengt gin, an dat war é grousse Schrött no <strong>fir</strong>.<br />
Zesummen konnten grouss Projetsen attakeiert gin an et konnten<br />
wirklech och Sousen derbei verdengt gin. Domadden konnten mir eis<br />
déi bezuelten Matarbechter léschten.<br />
Nemmen zenter eis Regierung och NATUR- an EMWELTSCHUTZ<br />
wöllt machen, gesin ech eis Verénegungen am Clinch mat dem<br />
Emweltminister, dén am Fong t'Härzstéck, de Leader soll sin vum<br />
NATUR- an EMWELTSCHUTZ hei am Land.<br />
A Wirklechkét ass en awer zu engem Klompfouss gin, well déi Hären<br />
et net emol färdeg brengen <strong>fir</strong> hier wertvollst a böllegst Matarbechter<br />
ordentlech ze bezuelen. Eng Verpflichtung dei si awer agange sin. Et<br />
ass dese Moment muscht Loft hei am Haus. T'Vertrauen an de<br />
Management aus dem Ministerium ass verluer gangen.<br />
Wann mer net iwer 80 Milliarden Reserven op de Keip leien hätten,<br />
an eis Regierung finanziell um leschte Lach geng peifen, da geng<br />
ech jo nach Munches verstoen.<br />
Milliounen awer gi vergammelt, an t'Gesetzer sin anscheinend net<br />
mei <strong>fir</strong> all Mönsch do. Wann én Privatmann senge Leit keng Pei méi<br />
ka gin, dann ass hien faillite.<br />
Ech erwähnen dat alles, well ech perseinlech vun dem ganzer Misère<br />
esou frustreiert sin, net nemmen iwer eise Klub eraus, ma dobei<br />
nach e wéineg ganz privat. Ech könnegen an eisem nächsten<br />
Heckefräsch meng Bedenken un, ob ech iwerhâpt nach eng Minut<br />
mei lang mat esou Leit soll zesummeschaffen, déi engem seng
91<br />
Matarbecht, zum Wuel vun eisem Land wéder richteg konsidereieren<br />
nach de Léschtungen entspriechend respekteieren!<br />
Wât notzen eis bretzeg Feieren am Joer vum Volontariat. Am Platz<br />
dat mir wertvoll Arbechte machen, verplemperen mir eis t'Liewen<br />
mam Streiden <strong>fir</strong> dem Staat seng Scholden bezuelen ze können, dei<br />
hien eis hei opgelueden huet. Dar résuméiert sech an engem Sâtz. A<br />
Platz ze animeiren, frustreiren se eis!<br />
Dat fannen ech eng onbeschreiwlech Gemenghét, déi hieresgleichen<br />
sicht.<br />
Als Präsident von den AAT hun ech ni en Huesepâd an d'<br />
Administratioune getreppelt. Mein Komitee war emmer der Ménung<br />
mir sollten mat eisen Léschtungen beweisen wat mer können, an ech<br />
mengen weinstens, dat mir dobei réusseiert hun, nemmen ob se<br />
wirklech unerkannt si gin, dat stét an engem anere Buch!<br />
Ech gesin awer nach verschidden aner Aspekter, déi net ze<br />
vernoleissegen sin. Hei am Haus hun sech verschidden<br />
Verénegungen zesomme font, <strong>fir</strong> zesummen an déi selwecht<br />
Richtung ze schaffen.<br />
Ech gesin dobei verschidden Zich, mat verschidden Lokomotiven<br />
enner Damp, déi zwar op enger gemeinsamer Spur, dem Natur- an<br />
Emweltschutz fueren. Et ass eng normal brétspureg Bunn, an do<br />
drop fueren déi verschidden Zich all an déi selwecht Richtung. Môl<br />
ass, oder wöllt dén én un der Spötz sin, môl ass, oder wöllt den<br />
âneren un der Spötz sin.<br />
Et get heibannen Lokomotivführer, déi keinten an engem Owend drei<br />
verschidde Cheminots-Kâpen opsëtzen. Fun dém âneren<br />
Zugpersonal, dât aus enger voiture an die âner sprengt, schwetzen<br />
ech emol net. Lenks a riets lâfen dann och nach Schmuelspuerbunnen.<br />
Alles wöllt an dei selwecht Richtung. Et könnt vir, dat én<br />
Zuch dem Zichelchen oder den Zichelchen dem Zug (méschtens am<br />
Kalennerprogramm) am Wé ass. Et sin awer bis elo schon vill gudd<br />
Weichen agebaut gin, an der Zesummenarbecht, besonnesch bei<br />
eise Fester.<br />
Wéinie fueren mir allegueren op engem enzege Gleis, mat engem<br />
globale Programm?<br />
Mir leiden scho lang un enger ganz beiser Zivilisatiouns Krankhét,<br />
dei och mat Schold un dénen villen Zichelcher ass!
92<br />
Am Allgemengen get gesôt, t'Leit gengen emmer mei egoistesch gin.<br />
Do gesin ech de Problem net esou direkt. Dat gesin ech nach als<br />
t'Natur am Mönsch un. Ech gesin de Problem vill mei an engem<br />
gefeierlechen esouguer béisartegen Individualismus zwöschen<br />
Rivalen. Des Rivalitéit ass geint t'Gesellschaftsliewen gericht.<br />
Jidderén huet et haut licht eleng duerch t'Liwen ze kommen, ouni<br />
Kollegialiteit, ouni Frendschaft, ouni Menscheleift, grad dât wat eis<br />
Generatioun, besonnech nach duerch de Krich geprägt, nach gefillt<br />
huet. Mir hun et noutwendeg fonnt, dat mer zesumme stin, <strong>fir</strong> mat<br />
dénen aner zesummen Léschtungen ze brengen, déi mer eleng net<br />
färdeg brengen. Wei oft schon hun ech geziddert, wann an enger<br />
Versammlung op emol Én ganz nervös explodeiert ass a gesôt huet<br />
"elo gin ech hém", oder "dir macht jo dach nie wéi ech et gär hätt".<br />
Dese schlömmen, oft och aus Neid entstânenen Individualismus ass<br />
t'Gefor <strong>fir</strong> eis Verénegungen, an ech färten mir kreien dese Problem<br />
vun der Wuelstandsgesellschaft nach esou bâl net an de Greff, well<br />
dén Enzelen sech net mei selwer kontrolleiert kritt, oder net wöllt, an<br />
mengt sech durchsetzen ze missen! Et gett leider Organistiounen,<br />
déi d'Onzefriddenhét aam Vollek priedegen an dofunnen liewen!<br />
Jidderén wéss alles besser, awer net jidderén wöllt oder ass kapabel<br />
alles selwer besser ze machen. Déi Méscht färten genau dât, wât se<br />
awer selwer praktizéieren. Kritik!<br />
An elo de Schrack an t'Zukunft.<br />
Wa mer scho bei der Kritik sin, dann well ech hei nach<br />
erfierstreichen, dat mir als AAT schon e Strapp am Clinch mam<br />
Ministère de l'Environnement sin. Mir fillen eis mat engem Subside<br />
vun 40.000 Frang an engem Ausgabebudget vun 1.000.000 Frang<br />
awer och guer net chaperonneiert vun desem Ministère! Trotzdém<br />
hun mir durch vill freiwellegen Asatz, an mat der Höllef vun ville<br />
gudde Memberen, eis Publikatiounen eraus kenne gin, déi bei eise<br />
Memberen och gudd ukom sin. Trotz "Kuele"mangel an eiser<br />
Lokomotiv, konnten mir am Weidendall en Botanesche Gaart uléen,<br />
dén am Ufank guer net esou grouss geplangt war. Iwer 1 Millioun<br />
Valeur ass schon dragestach gin! Do sollten nemmen déi<br />
geschützten Wasser- an Uferplanzen, Fösch an Amphibien nogezillt<br />
gin, verbonnen mat enger sozialer Aktioun.<br />
Haut stin mir, nom plötzlechen Stieffall vum Neckel Rollenger, do<br />
glad ewech am Rén an mir gin schon e ganzt Joer do stoe geloss,<br />
opschon mir schon esou vill der scheiner Wieder heieren hun vun all<br />
déne Leid déi ouni sech ze schummen, glad ewech mat<br />
gesplecktenen Zongen schwetzen. T'Önnerstetzung ass esou minim<br />
gelâf, dat mir haut zu der Iwerzégung kom sin, dat wann an den
93<br />
nächste Meint sech neischt am Weidendall dét, dann ass dem<br />
Rollinger Neckel sein Liewenswierk an eis Natuschutzarbecht a<br />
grousser Gefor. Wou bleiwt do t'Ennerstetzung vum Volontariat?<br />
Eng Réunioun, déi am Kader vun dem zukünftegen<br />
Naturschutzgebidd Mamerdall sollt stattfannen, mat dénen<br />
verschiddenen Instanzen, mam Emweltminister, mam Fieschter, mat<br />
denen 2 Gemengen Koplescht an Kehlen, mat der Caritas, mat dem<br />
Schoulpersonal vun dem Lycee Technique agricole vun Ettelbreck,<br />
ass an t'Wasser gefall (weinst dém kaum hiwelegen Sommet zu<br />
Nice) an ass bis dato nach net erem nei fixeiert gin.<br />
Ech geseich hei eng Chance, dei am Kader vun den Arbechten vum<br />
Haus vun der Natur eventuell keint studiert gin. Et soll én net<br />
vergiessen, dat sech am Mamerdall eppes dét. Wuelverstânen, elo<br />
ass et nach t'Arbecht vun engem Jangeli. Geschwenn awer fiert do<br />
den Zuch brétspureg fort, well et ass geplangt <strong>fir</strong> zu Schensels en<br />
"Centre d'Accueil" ze schaffen, an wann mir dât als AAT net eleng<br />
packen, da sin all Chancen vergin, da machen aner Leid dât, wat mir<br />
mat der Société des Naturalistes, mat dem Musée d'Histoire<br />
Naturelle an mat dem UICN onbedengt wollten zesumme machen,<br />
nämlech Planzen an Deieren, déi a Gefor sin, do nozillen! "Eng<br />
station de reproduction de plantes, de poissons et d'amphibies en<br />
péril". Dât gött elo als Zukunfts - Programm vun den Botanesche<br />
Gärt an Zesummenarbecht mat private Leit weltweit ugesin. Mir hun<br />
jo neischt Gleichwerteges hei am Land. An des émoleg Chance<br />
sollte mer net verpassen. Ech mengen t'Haus vun der Natur wär do<br />
och gefrot. Iwer ons Somelöschten an mam Kraidergaart zu<br />
Wanseler an mat eisen internationale Verbindungen, an wann<br />
t'Verénegungen zesumme stengen, dann hätte mir eng virtrefflech<br />
Viraussetzung do <strong>fir</strong> des Aufgab ze iwerhuelen.<br />
Grad de Botanesche Gaard am Weidendall bidd en<br />
aussergeweinlecht Potential, mat nach net erkannten Aktiviteits -<br />
Meiglechkéten op dem Gebidd vum Naturschutz. Naturbeobachtung.<br />
Bekäschtegung op der Platz. Iwernuechtungen zu Huelmes oder<br />
Schendels! Hien leit iwregens op Staatsterrain, a fuerdert mech<br />
eraus hei nach eng perseinlech Lanz ze briechen, meng Ménung<br />
derzou ze soen mat där ech guer net eleng do stin. Ech well dobei e<br />
weineg aus der Schoul schwetzen!<br />
Wei mir an eiser Verénegung ugefangen hun eis mei mat de Planzen<br />
ofzegin, hun mir eis och mat der ganzer Problematik ausernén<br />
gesât, an sin zu der Iwerzégung komm, dat nemmen mat engem<br />
zolitten Wössensbagage, net nemmen op dem Botanesche Gebidd,<br />
mé och an der Praxis op dem Terrain hei eppes ze leschte wir. Mat
94<br />
eise Memberen hun mir Joere lang bei eisen Studiefahrten<br />
Botanesch Gärt, Privatgärt, Parken. Gärtnereien an<br />
Naturschutzgebidder ueschtert t'ganz Welt besicht an hun Kontakter<br />
geknäppt. Ennerwé hun mir et geleiert eis vun simplisteschen<br />
Idiologien lass ze leisen, déi net réalistesch sin. An Amerika,<br />
Kanada, Irland, Schottland, England, Frankreich, Belgien, Holland,<br />
Deitschland, Schweiz, Tschechien, Polen an esou guer a China sin<br />
mer Gärd besiche gangen an hun eist Wössen onhémlech erweidert.<br />
Wössen ass eng Viraussetzung <strong>fir</strong> all gudd Arbecht. Mir hun<br />
Frëndschaften mat Wössenschaftler a Fachleit gekneppt, an eis<br />
Arbechten hun iwerall e groussen Uklang fonnt.....Eng<br />
Gaardegesellschaft aus Dänemark huet am Weidendall gesôt an an<br />
hirem Rapport geschriwen, dat mir do wirklech e Musterbetrieb<br />
hätten an der Zesummenarbecht vum Naturschutz mat Caritas<br />
Acceuil.<br />
Haut ass den Nowues an onsem Comité weltweit ennerwé, och <strong>fir</strong><br />
hiert botanescht Wössen ze erweideren! Den Emile Becker, den<br />
Marco Franzen, an den Gilbert Weber, dén sech no senger Pensioun<br />
als richtege Wöllplanzen Spezialist entweckelt huet. Mir hun<br />
Kontakter opgeholl mat auslännesche Botanesche Gärt, mat<br />
Verénegungen, déi an déi selwecht Richtung gin. Enzel Leit hun<br />
sech am prakteschen Naturschutz spezialiseiert, t'Madame Delphine<br />
Remiche, den Lanners Robert, dén e grengen Daum kritt huet, an<br />
dén bâl all Nozucht réusseiert, zemol bei de Farnen. Och den Robert<br />
Thorn ass nach onermiddlech derbei mat sengem bâl<br />
Universalwössen, a sengen Erfahrungen an gudde Rotschlei. Hien<br />
huet zum Beispiel de rarste Far hei am Land, den "Hymenophyllum<br />
tunbrigense" dén nemmen op enger enzeger Platz an engem Schloff<br />
am Möllerdall virkennt, schon iwer 30 Joer an senger Pfleg, an wann<br />
ech dat hei erwähnen, dann hécht dât, et ass wahrscheinlech kén<br />
aneren op der ganzer Welt dén déi Léschtung bis elo färdeg bruecht<br />
huet! Do ass en profund Afillungsvermögen an t'Liewensuspröch vun<br />
enger Planz erfuerdert. A Klammeren weisen ech iwregens dorobber<br />
hin, dat hien elo geschwenn en Update fun sengem Buch LES<br />
SALAMANDRES eraus ka gin. Ech selwer hun bis elo e puer 100<br />
Osmunda regalis, de Kineksfar, aus de Sporen nogezielt, déi elo a<br />
ville Gärd an net nemmen am Weidendall wuessen! Ze bemirken ass<br />
dat nemme méi 1 énzeg Platz an eiser Emwelt bekannt ass, wou en<br />
nach virkennt.<br />
Fir dei Leit déi eis Kenntnisse an Fähegkéten emmer nach<br />
önnerschätzen, well ech mech nach e weineg weider bretzen, dat<br />
geheiert jo zu enger kurzgefassten Autobiographie! Folgend<br />
Memberschaften hun ech opgeholl, 1955 bei der amerikanescher<br />
National Geographic Society a sin et nach emmer. Vun 1972 un sin
95<br />
ech Member vun der Société des Naturalistes a sin an démselwegte<br />
Joer Matarbechter fun der NATURA gin. 1979 war ech schon bei der<br />
englescher Alpine Garden Society ageschriwen. Dat selwegt Joer<br />
sin ech an de Beirôt vun der Gesellschaft der Staudenfreunde an<br />
Deitschland genannt gin, vun dér ech virun e puer Joer mam Karl<br />
Förster Preis geeiert gi sin, an elo kurz nach eng aner och Göllen<br />
Unerkennung kritt hun, <strong>fir</strong> geléscht Dingschter. 1981 sin ech Member<br />
gin vun der Royal Horticultural Society, déi matt iwer 260.000<br />
Memberen weltweit aktiv ass. 1983 bei der Pteridological - eng<br />
internatiol Farngesellschaft mat Sötz zu Kew, mat hirer rieseger<br />
Sporelöscht, dann an der englescher Iris Gesellschaft. Och an der<br />
Schweizer Staudengesellschaft sin ech Member. Nach en etlech<br />
aner Gesellschaften lossen ech ewech, déi awer all Afloss haten an<br />
nach hun op t'Qualiteit vun eisen prakteschen Naturschutz -<br />
Arbechten.<br />
Ech war nie nemme passive Member. Et ass keng Fachpublikatioun<br />
an England op de Mart kom, dei ech net kâf, a grendlech studeiert<br />
hun. Dat selwecht ass mat deitschen Planzenmonographien<br />
geschidd. Ech hun mat munchen Autoren an Editeuren perseinlech<br />
ze di gehât, an hun z.B. mam NCCPG, dem National Council for<br />
Conservation of Plants and Gardens, hei am Land en<br />
aussergeweinlechen Virtrag konnten organiseieren iwer hir Arbecht,<br />
déi eis emmer e Virbild bleiwt. Mir hun t'Biographien vun den Plant<br />
Hunter gelies, an <strong>fir</strong> t'Lescht nach dem David Douglas sein Lieweslâf.<br />
Hien ass bekannt <strong>fir</strong> t'Douglas-Dennen. Dei fantastesch<br />
Liewensgeschicht, ass émoleg schein a spannend vun eisem<br />
Letzeburger Remy Claire geschriwen gin, an franseischer Sproch.<br />
Den Douglas war én fun dénen ville Planthunter, déi net nemmen<br />
den Botanesche Gärt an Europa zegdausend nei Planzen am<br />
gedrechenten Zoustand <strong>fir</strong> den Herbarium mat hém bruecht huet.<br />
Och Sômen an lieweg Planzen waren derbei!<br />
T'Wössen iwer t'Planzewelt ass och an eisem Klub bei eisen<br />
Studierésen regelrecht explodeiert! Et muss én dann och esou<br />
Sache gelies hun, da kritt én dé richtegen Weit-, oder Duerchbleck,<br />
wou eis Planzen hierkommen an wât sech an der Realiteit ronderem<br />
eis ofspillt!<br />
Meng Bibliothek ass séier aus allen Neit gebascht an do hun ech bâl<br />
1000 Titelen hei an t'Haus an t'Bibliothek geschenkt!<br />
Vill Leit wössen schon, dât wât ech elo nach beiflecken! Ech geng et<br />
ewesch lossen, wann et net zur Explikatioun vun eiser<br />
Grondastellung geng beidroen.
96<br />
Ech wollt nach soen, dat an Metteleuropa während der Eiszeit glad<br />
neischt wuesse konnt, an datt awer och all Planzen dei mir haut<br />
kennen, agewandert musse sin, iwer t'Loft, an de Fiederen vun de<br />
Vullen, iwer t'Fösch (vun dénen all Joeren Dausenden aus dem<br />
Ausland importéiert an ausgesât gin), Landdeieren, mam Zuch un de<br />
Waggonen, un an och an de Schöffer, de Flieger, nach emmer vun<br />
Planthunter, zwar nach vill mei schnell an vill mei emfangreich, wei<br />
an der Zeit vun de Kreizzich, oder fun de Völkerwanderungen. Ech<br />
kann Iech verroden, dat mat de Bespriechungen vun ca 1000 Fach-<br />
Publikatiounen ech darf mengen dat ech au courant sin, wât sech<br />
ronderem eis dét.<br />
Ech hassen é Popwuert dat wei e Kriebsgeschwir wuchert, an all<br />
dénen Diskussiounen, wou eis Planzen hierkeimen. Do ass a<br />
munche Käpp nach eng grouss Bildungslück!<br />
Hätte mir keng Gärt gehât, da wären vill Planzen net do. Firun 500<br />
Joer war et nach net deck hei an Europa. Et bestin Löschten mat<br />
nemmen 200 oder 300 Planzen drop. Hätte mir keng Gärtner a<br />
Baueren gehât, da wären mir nach arm wéi Japp a gengen Honger<br />
leiden. Am Lâf vun den 500 vergangene Joer ass de Planzereichtum<br />
an Metteleuropa richteg durchenén geworf gin, a vill Leit wössen net<br />
emol, dat t'Sonneblummen aus Amerika kommen. Wat sin dann 2400<br />
registreiert Planzenzorten an eiser europäischer Flora? A wofunner<br />
bei eis jiddefalls keng énzeg aus égener Krâft, do ass! Mir kann kén<br />
nosoen ech geif spannen, wann ech deser Realiteit an t'An kucken!<br />
An de Blue Mountains vun North Carolina sin eleng mei Bâmarten<br />
wei a ganz Europa. Wat hun mir dach eng armeseileg Flora, well hei<br />
t'natirlech Biergbarrière quiesch von West no Ost verlafen an eng<br />
Brems duerstellen <strong>fir</strong> eng vill méi rasant Entwecklung an eiser Flora.<br />
Sie léft an Europa vill mei lues of wèi an Amerika wou t'Birger vun<br />
Süd no Nord lâfen an dohannen de Beweis scho lang erbruecht ass,<br />
dat déi zeg honnert mol méi Zorten vu Planzen do och alleguerten<br />
aus dem Süden eropgewandert sin, oder egal wéi dese Wé vill mei<br />
séier gemacht hun!!<br />
De Planzereichtum an Europa ass also nach emmer am Floss sech<br />
ze verenneren, sech ze erweideren. Mir kréien, wann t'Klima sech<br />
verännert, eng gewalteg Planzevielfalt, dei t'Evolutioun net eleng an<br />
der Planzewelt am Gang hält. Et ass onsenneg iwerhapt un eng<br />
statesch Situatioun an der europäischer Flora ze denken. T'Natur<br />
eleng suergt schon der<strong>fir</strong>.<br />
Leider huet t'Natur och Reckschlei. T'Liewenskonditiounen stemmen<br />
net mei iwerall <strong>fir</strong> spezialiseiert Planzen, awer et gett Leit, wei bei eis<br />
am Klub, déi hun hiert Wössen op dé Punkt bruecht, dén é muss
97<br />
eréchen <strong>fir</strong> ze wössen wéi én schwiereg Planzen nozillt! An enner<br />
wat<strong>fir</strong>engen Bedingungen se am beschten hei wuessen. Vun den<br />
Wöllplanzen huet all Land, bedengt duerch t'Sproch an duerch den<br />
Nationalismus seng égen Flora - Dokumentatioun, awer t'Planz ass<br />
beileiwe keng Letzeburgesch, oder eng Franseisch. Ech perseinlech<br />
benotze duer<strong>fir</strong> leiwer eng Europäesch Flora.<br />
Op dém Gebidd bestin nach vill onrealistesch Virstellungen. Haut<br />
wou mer gesin dat all Mensch en Individuum ass, esou sin mer elo<br />
geschwenn op dem Punkt ze wössen, dat och all énzel Planz, als en<br />
Individuum mat individuelle Merkmaler ze gesin an ze verstoen ass.<br />
Schon am Gaard kenne mer esou individuell Differenze feststellen<br />
bei eise Gemeisplanzen, dat ass den Evolutiouns Potential.<br />
Nei Egenschaften hun t'Botaniker elo mam genetesche Schlössel<br />
erkannt an eis Floren mussen komplett revideiert ze gin. Et ass och<br />
noutwendeg hei ze soen, dat och t'Flora vun de Kultur- a<br />
Gardeplanzen wössenschaftlech färdeg nidder geschriwen ass gin. 6<br />
bedeitend Bänn sin zu Cambridge, no an no erschengen. "A Manual<br />
for the identification of plants cultivated in Europe, both out-of doors<br />
and under glass". Ca. 25.000 Taxons gin dodran opgefeiert (also 10<br />
mol méi wéi an der europäescher Flora, die zum Dél och mat dran<br />
ass) an kén kann desen Schnellzug ophâlen! Des wössenschaftlech<br />
an bedeitend Flora stét eis elo privat zur Verfügung. Domadden<br />
eriwregt sech all wéider Diskussioun an deser Richtung.<br />
Verzeiht mer wann ech am Eifer elo bâl e Virtrag hei gehâlen hun,<br />
nemmen eppes wollt ech ganz kurz nach mat op de Wé gin. Wat den<br />
NCCPG mecht, <strong>fir</strong> och freier Kulturplanzen, an Gaardeplanzen, déi<br />
reng dekorativ oder zu kulinareschen Zwecker gezillt si gin, eiser<br />
Nowelt ze erhâlen, hun mir iwerholl, an mir hun domadden en<br />
Pensum ugepakt, den net eleng ze bewältegen ass. Mir mussen do<br />
zesumme stoen a Prioriteiten schâfen. Mir sinn elo schon 10 Joer am<br />
Weidendall am Gang. Wat mir ronderöm eis heieren hun waren net<br />
emmer komerodschaftlech Bemierkungen! Nemmen bei dér Arbecht<br />
ass neischt Klengkareiertes gefrot. Wössen, an nach emol vill<br />
Wössen an eng kloer Asicht an t'Matière.<br />
Et gött kén Zreck mei. A wann mir och elo eréicht an den éischten<br />
10.000 Joer no der leschter Eiszeit sin, an wann des<br />
Zwöscheneiszeit sech un t'Statistik hällt, dann dauert et nach 90.000<br />
Joer ir mer nés an déi nächst Eiszeit erakommen. Mir hun nach Villes<br />
virun eis. Vun Natur aus göt et also emmer mei warm! An villes wat<br />
haut als Fakt durgestallt gett, ass nach kontrovers diskutéiert, an<br />
nach lang net bewisen. Normal ass, das eis Emwelt an engem<br />
normalen Zyklus mei warm gett an och normal seng Planzenvielfalt
98<br />
dobei changeiert. Ech färten awer net, dat ech emol wösse muss,<br />
wei Palmen hei geplanzt gin, awer dei Zeit schengt net aus ze<br />
bleiwen! Kucke mer nemme wat mir an eise Kuelegrouwen vu<br />
Planzenofdreck fannen, vu Planzen déi an den vireschten<br />
Zwöscheneiszeiten hei gewues sin!<br />
Ech prognostizeieren gären, dat wann op émol all déi Milliarde Vullen<br />
déi bis elo op hierem Flug no Süden an erem zreck zousätzlech net<br />
mei vun de Lukullen, regelrecht gefriess gin, dann brauch én net<br />
Prophét ze sin <strong>fir</strong> dé Potential vun neien Planze Somen ze gesin dei<br />
dobei an hieren Fiederen aus dem Süden mat iwer déi kâl Bierger<br />
heihinner kommen an eis Flora nach gewalteg veränneren können.<br />
Dann huelen ech och nach déi Légiounen vun Globetrotter, déi all<br />
Joer, esouguer ongewollt aus der ganzer Welt, an hirem Gezei, un<br />
de Schong, an den Hoer, an selbstverständlech och lieweg an der<br />
Täsch, allmeiglech Planzen, Somen, Deieren, Bakterien an och Viren<br />
mat hém brengen. Dann gesin a verstin ech wat Realiteit ass.<br />
E Gleck, elo sin ech erem bei de Vullen ukom, déi ech brauch vir<br />
iwer den Göllenen Regulus, den Dréih zum Enn ze fannen.<br />
Ech wollt zum Schluss nach eppes soen zu Erer leiwer Unerkennung<br />
<strong>fir</strong> meng Arbecht, déi ech nie ouni all déi gudd a begéschtert Frenn<br />
färdeg bruecht hätt, an ganz besonnesch hinnen soen ech hei och e<br />
grousse Merci. Ech huelen gären des Eierung och an hierem Num an<br />
Empfank an délen meng Fréd mat hinnen.<br />
Haut heich geeiert mat engem Göllenen Regulus, göschter mat<br />
enger Göllener Unerkennung aus Deitschland, mar wollt ech<br />
eigentlech meng Demissioun gin, net well ech schon iwer 60, net<br />
allze goldeg Joer aktiv sin, mé well ech geint onverständlech<br />
Mössstänn protesteiere wollt.<br />
Ech hun no engem Auswé gesicht. Ech schloen hei <strong>fir</strong>, mir sollten eis<br />
Nim NATURFRENN ëmänneren an SPORTSFRENN. Da klengt eis<br />
Sproch mei attraktiv!<br />
Bei esou enger scheiner Neijoeschfeier ass et dann net ubruecht <strong>fir</strong><br />
am Brulli ze piddelen, dén sech an engem senge "Goal" ugesammelt<br />
huet.<br />
T'SPORTSLEID amuseieren eist Vollek jo - an dat ass et <strong>fir</strong>wât mir<br />
all Dâg vill Seiten doriwer liesen.<br />
E Göllenen Bulldoozer an t 'Gölle Motorsé sie vergin. Ech well déi net<br />
onbedengt spasseg Traditiou'n awer och bei deser Gelegenhét
99<br />
fortsetzen an ech wollt als zukünftige SPORTSFREND <strong>fir</strong> t'eischt<br />
verschiddenen Foulspiller eng kollektiv Giel Kart weisen.<br />
Wann ech mech elo vleicht eppes méi an den Eifer geried hätt, dann<br />
hätt ech gleich och déi Rout Kart weise können. Ech hun se bei mir!<br />
Déi versuergen ech mer dann <strong>fir</strong> an e puer Joer!<br />
Vielleicht verstin déi sportlech Hären des sportlech Sproch besser,<br />
well an dém Milieu brauch keng Verénegung sech t'Bén stompeg ze<br />
lâfen <strong>fir</strong> iwer Wasser bleiwen ze können.<br />
Also, Dir leif SPORTSFRËNN, bei deser Geléenhét wönschen ech<br />
Iech méi e schéint Joer, wéi dat wat hannerun eis leit. Ech soen Iech<br />
merci <strong>fir</strong> t'gedöllecht Nolauschteren.<br />
Henri Regenwetter
100<br />
ENG NUECHT ENNERT DEM BUEDEM<br />
vun H. Reger<br />
Ech erwechen. Wei drolech ass dat? Ech hun gedrémt meng Frâ steng<br />
niewent mir, erwecht mech an rost iwer mech: "Verschlof dach deng Zeit<br />
net. Den Editeur wart op dein Roman aus der Minière."<br />
Ech furen an t'Lucht a kucken ronderem mech. Et ass deischter, naass a<br />
kaal. Herrgott wou leien ech nëmmen? Ech stoussen mat der Stir widder<br />
eppes Hardes. Endlech elo sin ech am Bild. Ech hun fest geschlof gehât. Elo<br />
wéss ech Beschéd. Ech sin jo guer net dohém a mengem Bett. Ech sin jo<br />
ganz déif ennen an engem Stollen vun der Minière. Ech sëtzen mech elo<br />
mol riecht dohinner an denken no.<br />
Eigentlech war ech fuerchtbar domm, datt ech geschter owend hémlech<br />
eleng an der Minière bliwe sin.<br />
Ech wollt emol eng Keier wessen wât d'Angscht wir, ech wéss et elo. Ech<br />
hiewe mech a lauschteren. Ronderem ass et ganz roueg. Ech sin an der<br />
Nuecht ganz eleng duerch de Stollen geschratt, do sin ech op émol vun<br />
Middegkét entschlof.<br />
Ech wéss wirklech net aus wât <strong>fir</strong>enger Richtung ech kom sin. Et ass gezielt<br />
gin dat et Stollen get an dénen net mei geschaft get an dèi sech Stonne weit<br />
enner dem Buedem hinzeien. An dësen? Hien schengt schon op ville Platzen<br />
agefall an och zougeschott. Dësen ass secher och net mei a Betrieb.<br />
Wuer<strong>fir</strong> sin ech dann eigentlech hei am Deischteren?<br />
Ech hat dach eng Karbidsluecht bei mir. Ech wéss net, ech sin haut esou<br />
verkuerbelt. Ech freieren, mei Kierper ass wie geriedert. Ech hu mech haut<br />
bestömmt erkâlt. Ech muss fort vun hei, eraus!<br />
Ech taschten no mengem Gäppchen, machen den Wasserkrunn op a wöll<br />
t'Ficksfeier aus menger Täsch huelen. Awer wou ass et? Ech fannen et net.<br />
Soll ech et vleicht verluer hun? Da muss et alt ouni Luecht goen. Ech<br />
dreinen de Wasserkrinnchen erem seier zou. De Karbid zischt nach virun.<br />
Ech taschte mech weider. Eng kâl Angscht klemmt lanscht mech erop. Et<br />
muss dach elo scho geschaft gin. Wuer<strong>fir</strong> heieren ech et net? Uewen<br />
stoussen ech un Zacken an op der Seit och un nass a spatz Maueren. Elo ass<br />
se do, t'Angscht, wien wéss wou ech mech verirt hun, wien wéss et?
101<br />
De Buedem ennert menge Feiss hällt op. Ech jeitzen esou hart ech kann,<br />
greifen mat den Hänn an t'Lucht a fâlen, fâlen.<br />
Ech erwechen haut <strong>fir</strong> t'zwét. Oder ass et iwerhâpt de selwechten Dâg? Ech<br />
leien an engem proppere Bett. Ech gesin direkt dass ech an engem Zömmer<br />
vun engem Spidol sin. Ech hun alles weih. Ech mengen ech hun Feiwer.<br />
Roderöm mech stét alles wie an engem Schleier.<br />
Bei der Fönster stét t'Krankeschwester an hanteiert un eppes. Ech muss<br />
mech bewegt hun, well elo dréint sie sech ëm. Et ass eng schein, jonk a<br />
frendlech Schwester. Aha, elo lacht sie mir.<br />
"Gudde Muerjen Här Direkter."<br />
Ech verstin neischt. Nén dat elo verstin ech nu guer net, et ass komesch an<br />
ech frôt: "Wouhir dann Direkter?"<br />
Elo erschrecken ech ereicht richteg, meng Stömm klengt wie verraschtene<br />
Blech. Sie ass ganz hés an esou guer mir ganz friem.<br />
T'Schwester huet et vleicht net gemierkt. T'Dir ass opgangen an eran könnt<br />
e Mann an engem weisse Kiddel. Et wärt den Dokter sin. T'Schwester gét<br />
him entgeint.<br />
"Den Här Direkter ass erwächt".<br />
"Dat ass schein, Här Direkter Dumont."<br />
Hien kënnt bei mech a pakt meng Hand un. "Wou konnt dir nëmmen esou<br />
onvirsichteg sin. En Zoufall huet gerwollt, dass et esou gudd ausgangen ass,<br />
mir wossten jo net dat dir schon aus Bern erem wirt."<br />
Ech hun hien ganz verwonnert ugekuckt a sôt: "Dir irt iech, Doktor, ech sin<br />
dach net Direkter."<br />
Meng Stömm war schuddereg an d'Schwetzen ass mir schweier gefall.<br />
"Wat sidd dir dann aneschter, Här Dumont."<br />
"Ech héchen jo guer net Dumont."<br />
"Wei dann?"<br />
"Ma ech sin dach de Schrëftsteller Henri Reger."
102<br />
Do lachen die Zwein, dat et mech scho bâl rose gemach huet.<br />
"Ah sou Här Direkter, dir sitt also den Henri Reger? Den Autör fun dénen<br />
berühmten Abenteuer Romanen?"<br />
En ass erem éscht gin, fillt mein Bols, wenkt der Schwester mam Kapp a <strong>fir</strong>t<br />
<strong>fir</strong>un: "Da musse mir emol ganz roueg leie bleiwen Här Henri Reger. Dir<br />
kritt e klengt Berouegungsmettel an da schloft dir ganz lang an da kommt<br />
dir eröm ganz an d’Reih."<br />
En huet mir nach eng Keier mam Kapp gewenkt, an du ass en aus gangen.<br />
Ech wéss net, et wor esou eppes Droleches an senger Stemm. Ech konnt net<br />
begreifen wou<strong>fir</strong> ech e Berouegungsmettel sollt kreien. Ech wéss net mei<br />
wou mei Kapp mir stét.<br />
"Schwester, wéss meng Frâ eppes fun deser Geschicht hei?"<br />
D'Schwester ass rou't am Gesicht gin, an si sot hallef schei: "Awer Här<br />
Direkter, dir huet jo guer keng Frâ."<br />
Dat ass mir awer elo ze bonnt gin, t'ass mir schon esou lues op de Sous<br />
gangen.<br />
"Ma dir wösst dach dat ech den Schreftstelle Henri Reger sin!"<br />
Si ass erschreckt iwer meng Oprégung a pâkt mech ganz gemiddlech beim<br />
Arm a sét: "Entschöllegt, wann ech gelifft, Här Henri Reger!"<br />
D'war eng ganz flenk Persou'n. Ech hat guer net gemierkt dat sie t'Spretz<br />
schon an der Hand hat, an ouni dat ech mech konnt wieren, do hat sie mir se<br />
schon gesât.<br />
Sie ass ausgangen. Kurz drop sinn ech ganz verkuerbelt gin, an.....?<br />
Ech erwechen haut schon <strong>fir</strong> t'drëtt.<br />
Et ass owend. Ech sin eleng an mengem Zömmer, et ass ganz gemiddlech.<br />
Ech hun gudd geschlof gehat. Mei Kapp war erem kloer. Meng Peng huet<br />
och nogeloss. De Kapp an t'Hänn hun ech awer nach verbonnen, meng<br />
Wonnen konnten awer net schlöm sin well si hun mech net gepengecht. Elo<br />
sin zwein Hären era kom mat der Schwester. Dén én ass en âle Man mat<br />
groen Hoer, et ass wahrscheinlech den Direkter vum Spidol hei, dat anert<br />
ass den Dokter vun haut de Mueren. Den âlen Här bekuckt mech a lacht mer<br />
frendlech, durno récht hien mer d'Hand a sét: "A soss Här Direkter, si mer<br />
erem gesonnt a monter?"
"Mais".<br />
103<br />
Hien ennerbrecht mech a sét: "Dir kennt vun Gleck schwetzen dat et net mei<br />
schlëmm gangen ass."<br />
"Entschellegt, ech hun de Mueren ereicht gesot, dat Iech en Irtum ënnerlaf<br />
ass."<br />
"Wat <strong>fir</strong>én Irtum?"<br />
"Ech sin de Schrëftsteller Henri Reger!"<br />
"Gesidd dir Här Professor!"<br />
Elo wosst ech also, datt den Här e Professor wir. Dén huet sech op mei Bett<br />
gesat a sot ganz gemittelech: "Ma sot emol Här Dumont, wei kommt dir<br />
iwerhâpt op de Gedanken dir wirt den Henri Reger?"<br />
Ech sin emmer mei opgeregt gin.<br />
"Här Professor, ech wärt dach secher wössen wien ech sin!"<br />
"Natirlech! Ma wösst dir dann och wou dir fonnt gin sitt?"<br />
"Wahrscheinlech an irgend engem Lach, ganz ennen an der Minière."<br />
"Dat stemmt, ma wei sidd dir dann do eranner kom?"<br />
"Dat ass ganz einfach. Ech wéss net op Dir meng Romane kennt. Ech sin<br />
nämlech elo én am Gang ze schreiwen, dén sech an enger Minière ofspillt.<br />
An do hat ech de Wonsch eng Nuecht eleng doennen ze bleiwen."<br />
"A sou, ma wei sidd dir dann doeranner komm.?"<br />
"Ech wollt <strong>fir</strong> t'eischt den Här Direkter vun der Minière em Erlabnis froen,<br />
an do hun ech heieren dat hien an t'Ausland verrést wir. Do sin ech gewuer<br />
gin dat eng Zuel Studenten aus der Schweiz an t'Minière afuere wöllten. Ech<br />
hun zoufälleg an demselwegten Hotel gewunnt, hei an Esch, an du sin ech<br />
ouni bemierkt ze gin, mat der Gesellschaft an de Bierg gefur, well 48 Leit<br />
gemellt wore gin, an der nemmen 46 um Rendez-vous waren. Ganz önnen,<br />
hun ech mech dann vun den Studenten getrennt an hun mech an engem<br />
Seitestollen verstoppt. A well ech mer virstellen kann dat net nogezielt ass<br />
gin beim Rausfueren, konnt ech eng Nuecht am Bierg bleiwen."
104<br />
De Professer huet all dat wat ech him do erzielt hun ganz andächteg<br />
nogelauschtert:" Dat ass jo eng ganz drolech Geschicht. A wat <strong>fir</strong> engem<br />
Hotel huet dir da gewunnt?"<br />
"Am Hotel Cresto."<br />
De Professer wennt sech un den Dokter a sét: "Sot emol Colleg, ech liesen<br />
jo ganz sélen e Roman, awer mir kennt et <strong>fir</strong> wie wann ech schon irgendwou<br />
esou eppes gelies hätt."<br />
Ech hun gelacht. "T'ass richteg Här Professer, ech hun nämlech schon eng<br />
Keier eng ganz ähnlech Geschicht geschriwen. Sou kennt et dass mir aner<br />
heiensdo op de Gedanke kommen dât ze erliewen, wât mir schreiwe<br />
wöllen."<br />
De Professer ass erem éscht gin.<br />
"Dir bleiwt also derbei dat dir den Henri Reger sidd?"<br />
"Ma sëcher!"<br />
"Dat ass jo ganz einfach, mir froen emol am Hotel Cresto op dir do<br />
gewiescht sidd. Sie mussen iech jo dann kennen."<br />
"Ma ech bieden iech esou guer drem, datt ech emol net eischter dorunner<br />
geduecht hun."<br />
Den Dokter ass aus gangen, an de Professer huet mat der Schwester<br />
geschwat. Gleich drop koum den Dokter erem eran.<br />
"An? An? Wie ass et dann elo, hat ech dann elo recht?"<br />
"En Här Henri Reger ass nie am Hotel Cresto gewiescht. Hënnt huet<br />
nemmen e Marcel Schmit do gewunnt an hien huet sech bis elo nach net hei<br />
am Haus gewiesen."<br />
"Richteg, ech hat mech als Marcel Schmit an t'Friemebuch aschreiwe<br />
geloss. Dir musst dat gudd verstoen. Als Schreftsteller huet én net gären<br />
direkt t'Reporter um Pelz."<br />
"A sou, hm, tja, hm!"<br />
De Professer huet mech scharf ugekuckt an du huet hien mat der Schwester<br />
geschwat.
105<br />
"Mir mussem dem gudde Mann haut nach eng Pikür gin, dass e roueg<br />
schleift."<br />
Ech richten mech op an mengem Bett. "Ech wöll keng Pikür mei. Ech sin<br />
dach bei klorem Verstand an ganz gesond. Ech verlangen dat dir dat gléwt.<br />
Ech gesin dat dir et net macht."<br />
De Professor huet de Kapp gereselt.<br />
"Ert Behuelen weist dat dir net roueg sitt. Dir muss hënnt nach gudd<br />
schlofen."<br />
Ech hun direkt a seier iwerluecht a sôt: "Ech sin wirklech midd. Ech wärt<br />
schon schlofen."<br />
"Awuer an gudde Nuecht, bis mar dann."<br />
En huet der Schwester nach eppes zougepespert, an du sinn si ausgangen.<br />
Ech wollt net mei entschlof gin, an do<strong>fir</strong> hun ech beschloss ganz roueg ze<br />
bleiwen an dann geif ech fleicht mar de Mueren entloss. T'Schwester huet<br />
mer nach eppes ze iesse gin. Ech hat de geien Honger.<br />
Dei Sach huet awer esou lues ugefangen mir Spass ze machen. Firun der Dir<br />
hun ech Stömmen heieren. Ech hat mer virgeholl op alle Fall wakreg ze sin<br />
an och ze bleiwen.<br />
T'Schwester an de Professor sin era kom. Ech hun t'Aen zougemach, grat<br />
wie wann ech geng schlofen. Ech hun gefillt wie sech de Professor iwer<br />
mech gebeckt huet, an mei Bols gezielt huet. An du sot en: "Et schengt wie<br />
wann en awer frei vun Feiwer wir."<br />
T'Schwester sôt: "Wei kann nemmen esou eppes meiglech sin? Vleicht eng<br />
Gehirerschütterung?"<br />
T'Äntwert war gepespert: "Wann en ausgeschlof huet, ass en erëm an der<br />
Reih."<br />
En ass ausgangen an t'Schwester huet sech bei t'Fenster gesat. Ech wollt<br />
nëmmen keng Spretz kreien duer<strong>fir</strong> hun ech mech roueg verhâlen. Ewell<br />
alleguer hun se behâpt ech wir den Dumont. Gleichen ech dém fleicht? Ech<br />
hun ganz e weineg geschlof an der Nuecht, well ech t'Schwester beobachte<br />
wollt.<br />
Haut de Mueren sin t'Dokteren erem komm.<br />
"Erem gesonnt a monter?"
"Ganz"<br />
106<br />
"Ech mengen Dir könnt haut erem op Äre Büro goen."<br />
"Jo ech wöll um 10 Auer verrésen."<br />
"Verrésen, wouhinner dann?"<br />
"Op Capellen"<br />
"Wat huet dir dann nach zu Capellen ze erledegen?"<br />
"Ma ech hun do dach meng Villa!"<br />
Den Dokter pëspert: "Den Schrëftseller Henri Reger ass <strong>fir</strong>u kurzem op<br />
Capellen wunne gangen."<br />
"Allez hopp, sitt verstänneg, ech sin den Henri Reger."<br />
T'Dir ass opgangen, an e Mann ass era kom, dén fum Professer als<br />
Ingenieur begreist ass gin.<br />
"Gudde Muergen Här Dumont."<br />
"Wât hécht dat da schon erëm ?"<br />
"Wéi war et dann zu Bern. Ass alles an t'Rei gangen. Wat hutt Dir dann<br />
eigentlech am Bierg gemacht?"<br />
Dat doen ass mir scho bâl ze bonnt gin: "Dir leiw Hären, ech muss iech<br />
soen, dat dir iech irt. Ech wöll op der Platz hei entloss gin oder ech ruffen<br />
t'Poliss. Ech sin den Henri Reger. Ech kenne kén Dumont. Ech si gesond.<br />
Dir macht mir meng Nerve hei futti!"<br />
Ech hat vergiess dat t'Schwester am Zömmer war an ech wollt schon aus<br />
dem Bett sprangen. Di zwéin Dokteren hun mech festgehâlen, an den<br />
Ingenieur sôt ganz traureg: "Dén armen Här Dumont! Elo ass hien ganz<br />
duerenén!"<br />
Ganz roueg sôt ech: "Dir leiw Hären, esou komme mir net weider, ech kann<br />
jo net zougin dat ech ëmmech wär, dén ech guer net kennen. Et gett dach<br />
nach Mettel <strong>fir</strong> ze beweisen wien ech sin. Ech hun allerdings op des kleng<br />
Rés keng Pobeieren matgeholl. Faxt menger Frâ, déi wahrscheinlech elo<br />
nach zu Pareis am Hotel du Printemps ass, well sie huet meng Pobeier nach<br />
an hirer Posch. Sot hir sie soll direkt heihinner kommen. Dann faxt Dir op
107<br />
Bern <strong>fir</strong> mat dem richtegen Direkter ze schwätzen. Et ass schued dat ech kén<br />
Ofdrock vun mengem Daum hun <strong>fir</strong> mat sengem ze vergleichen!<br />
T'Hären hun emol komesch aus der Wäsch gekuckt an du sot den Ingenieur:<br />
"Ma esou en Ofdrock ass do. Dir wesst jo dass t'Poliss nobei ass an och an<br />
eiser Gesellschaft gin Fangerofdreck geholl, wann mir én astellen, <strong>fir</strong> dat<br />
mir t'Leid erem kännen, wann se verschott gin."<br />
Ech si rose gin a jeitzen: "Himmelbombenelement, ech sin jo niemols an är<br />
Gesellschaft agetratt."<br />
De Professor huet mech bâl gefriess wei hien och gejaut huet:" Wann dir net<br />
roeg sidd dann musse mir iech erem eng Pikür machen."<br />
"Ech si jo schon erem ganz roueg."<br />
Si woren zefridden. "Abbé gudd mir machen alles wat dir wöllt. Mir Faxen<br />
Ärer Fra, wei dir sot. Wellt dir ons verspriechen iech ganz roueg ze<br />
verhâlen."<br />
Ech hun gesin datt mir wieder neischt iwreg bleiwt a soen:" Menget wegen."<br />
E ganzen Dag ass eriwer gangen. Ech hun kén Wuert geschwât, an déi<br />
verschidden Schwesteren hun mech gudd serveiert. Endlech ass net eiweg.<br />
Do koumen déi zwéin Dokteren, an den Ingenieur eran an de Professor sot:<br />
"t'Madame Reger ass ukom."<br />
Mir fällt e Stén fum Härz: "Wou ass se dann?"<br />
T'Dir ass opgangen an eran könnt eng Frâ am Réskléd. Et war guer net mein<br />
Jeanny, awer eng schlank blond Persoun, mat engem éschte Gesicht.<br />
"Kennt dir dén Här hei?"<br />
"Dat do ass jo guer net meng Frâ, dat ass jo eng Hondsfriem!"<br />
"Sidd Dir t'Madame Reger?"<br />
"Jeanny Reger!"<br />
"Huet dir och Pobeieren bei iech?"<br />
"Wann ech gelifft." Sie weist hinnen de Pass. Et wor just dé selweschte den<br />
ech menger Fra virun enger Woch mache geloss hun. Ech hun en un dem<br />
grousse roude Fleck erkannt, well en op dem Stempelkösse geléen huet.
108<br />
Den Ingénieur liest: "Jeanny Reger, gebueren Weller, bestuet, gebuer den<br />
13.10.1972 zu Arel, wunnt bei Capellen, an der Villa Bel'Air.<br />
Ganz opgeregt sôt ech: "Darf ech déi Pobeieren gesin."<br />
"Wann ech gelifft", sét den éleren Här gereizt an e récht mir de Pass.<br />
"Dir Hären, hei ass eng Fälschung oder e Verbriechen virkom. Des Persoun<br />
ass guer net meng Fra."<br />
"Erlâbt iech awer keng Frechhéten." Ass t'Frâ lass gefuer. Awer de<br />
Professer huet hir eppes an t'O'er gepespert. Bestemmt sot en hier, dat ech<br />
verreckt wir. Ech konnt mir awer net mei höllefen wéi se soten: "Mir hun en<br />
Telegramm aus dem Schweizer Hotel kritt, dat dir virun 4 Dég do fort<br />
gefuer sitt. An nach mei, mir sin fun den Noper gewuer gin dat dir eng<br />
Stonn ir dir an t'Minière agefuer sidd nach dohém wart."<br />
De Professor ass dem Dokter an t'Ried gefall a frôt t'Frâ: "Wou ass den Här<br />
Henri Reger, dann momentan?"<br />
"Ma dohém an eiser Villa Bel Air zu Capellen."<br />
T'Kreiche koum mer bâl. "Wou ass den Ofdrock vun mengem Daum dann?"<br />
Den Ingenieur sôt:" Dén hun ech och komme geloss, nëmmen dé kenne mir<br />
net kontrolléiren, well dir ären Daum blesseiert hut."<br />
No enger klenger Iwerléung koum mir dann du e Gedanken. Ech sôt:" Darf<br />
ech mam Ingenieur eleng schwätzen?"<br />
"Jo, mir bleiwen awer hei banne." Sôt den Professer.<br />
Ech hun si awer esou weit kritt, dat sie ausgangen sin. Mir zwein waren<br />
ganz eleng. Ech wollt e Moment him virschloen dat dei Frâ hinnen soll soen<br />
wou ech mein Muttermal hätt, awer dann hätt ech mech missen ausdoen.<br />
Ech hun mech geneiert. "Här Ingenieur, ech schwieren, ech sin den Henri<br />
Reger. Gléft mer et dach!"<br />
Den Ingenieur war erfeiert, pâkt mech matt zwein Hänn fest un a sét:"<br />
Leiwen Här Dumont, kommt dach zou iech. Dir wösst dach dat mir iech<br />
brauchen. Mir können iech net verleieren."<br />
Ech hun agesin, dat mat dém neischt unzefänke war.<br />
"Losst mech emol eleng, ech wöll schlofen...."
109<br />
Hien ass ausgangen. Elo war ech emol richteg eleng. Ech iwerléen mir emol<br />
de Fall. Hei muss net nëmmen eng Ähnlechkét virleien, mais och irgend e<br />
Vebriechen. Mat Gewallt ass neischt ze machen. Ech hun décideiert <strong>fir</strong> des<br />
Nuecht nach richteg gudd ze schlofen an dann ze iwerléen.<br />
Wei ech erwächen do gesin ech dat ech an engem ganz aneren Zömmer sin.<br />
Trueljen virun der Fenster. Am Eck setzt e Wieschter am weisse Kiddel.<br />
Wei hien gesin huet dat ech erwecht sin, do ass en aus gangen an huet mir<br />
eppes z'Iesse bruecht. Ech hun giess an nogeduecht. Eng Stonn mei speit<br />
koum de Professer, mat engem Nervendokter eran.<br />
"Gudde Muergen, wei gét et dann hei? Wösst dir dann elo endlech wien dir<br />
sidd?"<br />
"A wé mengt dir dann dén ech wär?"<br />
"Ma den Här Direkter Dumont"<br />
"Da wärt ech dén jo alt sin, wann dir dat esou sot!"<br />
De Professer muss lachen. Hien äntwert erlieschtert; "Dott sei Dank, da sitt<br />
dir elo erem op der Keier!"<br />
"Ganz."<br />
"Wöllt dir dann elo eppes schaffen?"<br />
"Jo, ech wöll esou seier wéi méiglech an de Büro! Wat ass dann eigentlech<br />
lass? War ech krank? Wat <strong>fir</strong>én Dag hun mir dann eigentlech haut?"<br />
"Samschdeg, Här Dumont."<br />
"Dat ass awer drolech ech sin dach en Denschdeg hei ukom. Et ass mir grad<br />
wie wann ech déi ganzen Zeit gedrémt hätt."<br />
" Wât hudd der dann gedrémt?"<br />
"Ma ech hu gedrémt ech wir den Schreftstelle Henri Reger, der Deiwel huel<br />
déi Romaner." Sie hun alleguerte gelacht.<br />
"Darf ech opstoen?"<br />
"Ma gewëss!"<br />
"An och an de Büro goen?"
"Selbstverständlech!"<br />
110<br />
Elo ass et mer ereicht beigefall, dat ech mein Schaffkostüm ugedoen hat an<br />
dat déi aner Kléder nach am Hotel Cresto waren. Fänken ech elo awer erem<br />
un vom Hotel Cresto ze schwetzen, dann ass et erem aus.<br />
"A meng Sâchen?" Frot ech du ganz luesseg.<br />
"Äre Chauffeur kent elo gleich domadden, mir hun schon virgesuergt!"<br />
Dat war gudd, well ech wosst je guer net wou dé Büro wir, an dann wär ech<br />
erem eragefall. Zeng Minutte sin erem gangen du koum de Chauffeur.<br />
Ech hâr jo keng Ahung wei de Mann héche geng an hien huet mech och<br />
gemoschtert an du sot hien. "Awer Här Direkter, wat sidd dir changeiert, dir<br />
sidd jo op émol vill mei goereg gin!"<br />
Ech wollt de Mann ëmärbelen, hien ass den Eichten dén gezweifelt huet un<br />
sengem Direkter senger Echthét. Awer ech well fort fun hei. Wann et dann<br />
dach un der Dâglicht keim, dat ech den Direkter net sin, dann hätte se mir<br />
och nach net gegléwt dat ech den Henri Reger sin. Ech sot zum Chauffeur:<br />
"Ech war zimlech krank, méi léiwe Fritz." Ech hun drop gebaut dat hien<br />
esou geng héchen well an de Romaner d'Chauffeure bâl emmer Fritz<br />
héchen. Hien höllt mech awer erem an sét: "Gusti, Här Direkter. Nach<br />
emmer Gusti. De Fritz dat war mein Virgänger!"<br />
"Natirlech, Gusti."<br />
De Mann huet de Kapp geresselt: "Ech brengen iech dé brongen Kostum aus<br />
dem Büro, Här Direkter."<br />
"Merci Gusti, dât huet Dir gudd gemâcht."<br />
Elo hun ech awer bestëmmt e Verbriechen begangen, well ech hun de<br />
Costume ugedoen, grad wie wann et mein wir, an hien huet mir gepasst.<br />
De Gusti huet op geotemt:" Elo kännen ech iech erréicht erëm, Här<br />
Direkter." Nëmmen hien ass viru gefuer: "Wou ass dann Är göllen Auer?"<br />
Wat sollt ech äntwerten: "Déi wärt mir wuel gestuel gi sin oder se leit<br />
irgendwou an der Minière!"<br />
"An den Diamante Réng?"<br />
"Och gestuel."
111<br />
Hien gow emmer mei niddergeschloen: "An Äre portefeuille?"<br />
"Alles ass fort!"<br />
Et ass mir ëmmer mei witzeg gin, an ech hun mech ëmmer méi iwer sein<br />
verzweiwelt Gesicht gefrét.<br />
"Här Direkter, wat ass iech dann eigentlech geschitt?"<br />
"Eppes ganz droleches, Fritz."<br />
"Gusti, Här Direkter, nach emmer Gusti!"<br />
Ech hun hien net bekuckt an hien huet d'Dir op gemacht. Am Korridor huet<br />
den Här Professor op mech gewart an hien huet eis bis op t'Stross begléd.<br />
"Ech sin richteg fro dat dir erem aus dem Spidol eraus kennt goen."<br />
"Ech och".<br />
Ech kucken nach eng Keier zreck op dei vergittert Fensteren an dann fällt<br />
mir e Stén vum Härz.<br />
Op der Stross wollt de Gusti e puer Schreck hanner mir bleiwen. Dat gong<br />
jo net well ech jo net wosst bei wat <strong>fir</strong>én Auto ech sollt goen. Fortlâfen war<br />
hei nach onmeiglech.<br />
Ech hun ugefangen ze hippen.<br />
"Gusti, wann der mech wöllt steipen, ech kann nach net gudd goen."<br />
Ech muss agestoen wei fro' dat ech war, dat t'Leit -ech hu jo kén kannt- stoe<br />
bliwe sin an sie mir Moie gesôt hun.<br />
De Büro war eppes wonnerbares. Déi Ugestallt stungen Spaleier am Gank.<br />
An ech hun missen jidderengem t'Hand gin. En éleren Här ass mir entgeint<br />
kom, ech hu schon gefart hien hätt mech erkannt, nëmmen hien huet mir eng<br />
Mapp gerécht.<br />
"Hei ass t'Post, et sin Sâche derbei déi presséieren!"<br />
"Lost mech emol gemälleg drun goen. Kommt an 2 Stonnen erëm."<br />
Mein Sekretär, hien konnt nëmmen esou eppes sin, huet mech erschreckt<br />
gekuckt. Elo muss ech schon mein eischte Fehler gemach hun. Dén aneren<br />
Ech, dén huet fleicht alles ëmmer direkt erledegt. De Gusti huet mech awer
112<br />
aus der Patsch gerappt. Hien huet dem Sekretär an t'Ouer gepespert, dat ech<br />
et awer heieren hun. "Den Här Direkter ass nach beniwelt."<br />
"Här Direkter, hei ass och dén neien digitalen Telefon, den mer bestallt<br />
hâten, ir dir op Bern gefuer sidd."<br />
Si sin allebeid ausgangen an ech hun t'Dir zougemach. Et war ganz<br />
gemiddlech hei bannen. Um Dösch stung Asti Spumante, dén ech direkt<br />
eraus geschott an ugesât hun. Ech hun mir direkt och eng CD-Zigarr an de<br />
Bâk gestach. Fir t'éischt elo e Plang entwerfen, esou duecht ech, wéi ech hei<br />
eraus kommen. Mei Bleck fällt op dén neien Telefon. De Plang war séier<br />
färdeg. Mein Herz huet geklappt vun Oprégung. Ech huelen den Hörer erof.<br />
"Allo Zentral"<br />
"Hei ass t’Zentral, hei sin Techniker. Dir könnt direkt wielen Här Direkter.<br />
Alles ass schon ugeschloss."<br />
433299 drecken ech op de Knäppercher. Dat ass meng Haustelefonsnummer<br />
zu Capellen. Ech hun gezidderd an konnt den Hörer knaps hâlen.<br />
"Allo hei ass bei Henri Reger."<br />
Elo hat ech erreicht richtege Grond <strong>fir</strong> ze erfeieren. Firwât telefoneieren ech<br />
dann eigentlech op Capellen. Wat wollt ech dann do machen? Meng Frâ an<br />
ech sin op t'Rés gangen nodém mer déi nei Villa kâf an nach juste era<br />
geplönnert waren. No mengen Berechnungen hätt jo eigentlech kén därfen<br />
an der Villa sin. Vleicht war et awer och schon eis nei Botzfra déi meng Frâ<br />
vleicht schon engageiert hat. Ech huelen all mein Courage zesummen a<br />
froen: "Ass den Här Henri Reger dohém?"<br />
"Jo, wöllt Dir mat him schwetzen?"<br />
Ech kreien e Schock. „Waat gelift?"<br />
Drolech t'Médchen huet meng daddereg Stemm verstanen. Gleich drop<br />
heieren ech eng kräfteg Männerstömm.<br />
"Hei Reger!"<br />
"Hei och!"<br />
Et war mir esou bouffdeg erausgerutscht. Ech wosst dat et Blödsin war, wat<br />
ech elo gesot hun, awer et war ganz automatesch eraus kom. Radio an<br />
Spiritismus sin e Kannerspill gin. Ech schwetzen mat mir selwer um<br />
Telefon. Dé greisten Ableck vun der Menschhétsgeschicht. Meng Stömm
113<br />
ass mir friem, nujé wat <strong>fir</strong>e Mönsch kennt seng ége Stömm. Vun der anerer<br />
Seit kennt et ganz grob eriwer:<br />
"Wât hécht dât, hei och?"<br />
Ech sin der je esou rose gin a bröllen an den Telefon: "Hei ass Henri<br />
Reger."<br />
"Wât hécht dat, hei ass Henri Reger? Wien sidd dir? Wât wöllt dir fu mir?<br />
Et gött nemmen én Henri Reger, dat sinn ech, dé berühmten Schröftsteller<br />
Henri Reger! Färdeg!" Hien huet agehangen.<br />
Et war mir wei wann ech eng widder t'Bölls kritt hätt. Ech hu mech<br />
geschummt. Ech sin jo guer net den Henri Reger. Ech sin dach den Direkter<br />
Dumont. Sin ech geckeg, ech sin geckeg, elo sin ech richteg geckeg. Ech<br />
muss fort vun hei, nëmmen schnell fort vun hei. Ech drecken op t'Schell um<br />
Dösch. "Mein Auto! Ech muss an enger Stonn zu Metz sin." Op enger<br />
Enveloppe hat ech eng Adress gelies, <strong>fir</strong> all Fäll!<br />
"Gudd, gét an t'Rei Här Direkter."<br />
Ech hun an de Breiwer gebliedert dei um Dösch louchen,<br />
Amtsgeheimnisser. Op emol flitt t'Dir op an eran kénnt én ausser<br />
Otem...wien ass et?. Ech kommen haut de Mueren wirklech net aus dem<br />
Schreck eraus. Et sin ech selwer, esou weit ech mech vu Fotoen hir kennen.<br />
Nëmme e böschen mei jonk, eppes mei grouss an méi deck.<br />
"A wien sidd dir dann do? Wât macht dir an mengem Büro. Wei kommt dir<br />
iwerhapt hei eranner. Wât gét iech un an menge Breiwer ze stöberen?"<br />
E Moment wollt ech soen, ech hätt den neien Telefon just ausprobeiert. Ech<br />
sin do awer richteg rose gin.<br />
"Wéi kommt dir iwerhâpt hei era geschneit? Ech verbidde mir den Toun do.<br />
Ech lossen iech én Zock hei eraus geheien."<br />
Méiglecherweis huet hien op émol gemengt ech wir én neien aus dem<br />
Verwaltungsrôt, an do ass hien mei frendlech viru gefuer.<br />
"Wien sidd dir dann, wann ech froen darf?"<br />
Ech stinn op, der Deiwel huel den doten. Dat konnt ech schon der<br />
Gesellschaft net undin, well ech wor dach <strong>fir</strong> de Moment den Här Direkter<br />
Dumont. "Ech sin den Direkter Dumont!"<br />
"Wât, wien sidd dir?"
114<br />
Et huet mer erëm Fréd gemacht hien un der Nues ze zeien. Elo wollt ech<br />
alles erliewen.<br />
"Heiert dir do, wien sidd dir..."<br />
Ech fâlen him an t'Ried: "Beleidegt mech net. Wien sidd dir iwerhâpt?"<br />
Mein strengen Tounfall huet en nach mei durchenén bruecht.<br />
"Ma ech sin den Direkter Dumont!"<br />
Ech hun de Kapp gerëselt:"Dir sidd vleicht den Schröftsteller Henri Reger.<br />
Wei kënnt dir dann den Direkter Dumont sin, wann ech et sin?"<br />
Hien wollt op t'Dir lass. Ech war awer schon dertöschent<br />
"Woumadden kënnt dir da beweisen dat dir den Direkter Dumont sidd?"<br />
Hien huet op t'Schell gekuckt an du sôt en: "Well der wirklech mei Pass<br />
gesin?" Ech hun mech richt virun hien gestallt a hun rispostéiert: "Dât ass<br />
nëmmen eng Fatz Pobeier, nëmmen ech hun 6 Zeien, die geschwuer hun<br />
wien ech sin. De Professor, den Nervendokter, den Assistent am t'Schwöster<br />
am Spidol, eisen Ingénieur Hémes, an de Chauffeur Gusti!"<br />
Hie sturkt mech un, awer nemmen eng Sekund, an do fänkt hien un ze<br />
jeitzen, esou hârt ewei e kann: "Höllef, höllef e Vereckten!"<br />
D'Dir ass opgeflun an eran stiermt eng helle Wull Leit a bekucken eis zwein<br />
verwonnert. Mir hun eis wirklech geglach. An t'Leit hu gemengt am hellen<br />
Dag t'Männercher ze gesin:<br />
"Bannt dén do hien ass é Geckechen!"<br />
"Nén, fesselt dén do, hien ass verreckt. Mir huet den Nervendokter virun 2<br />
Stonnen bewiesen, dat ech gesond sin."<br />
Nodém se e weineg gezeckt hâten, hun se mech gepâckt an hun mech an<br />
t'Niewenzömmer geschléft, wou ech nach heieren hun wat den Direkter sôt.<br />
"Scheckt den Nervendokter mam bloe Wôn, an t'Police <strong>fir</strong> en of ze huelen."<br />
Ech war scho besser opgeluegt, well hei och Zigarre stungen. Op emol<br />
heieren ech eng Fraleitsstömm, déi vun mengem Jeanny: "Losst mech direkt<br />
eran!"
115<br />
"Den Direkter ass elo net ze spriechen!"<br />
"Fir mech ass en emmer ze spriechen, ech sin dach seng Frâ."<br />
"Seng Frâ??. Dir sidd...."<br />
"Natirlech, ech sin dach t'Madame Dumont."<br />
Ech sin fu Fréd am Zömmer ronderöm gesprongen wéi e Geck. Sie hat<br />
irgend wei alles duerchkuckt. Sie huet sech no der Situatioun gericht. Den<br />
Sekretär ass bei den Direkter gangen a sôt: "Eng Frâ ass dobaussen."<br />
"Ech sin elo net ze spriechen!"<br />
"Et ass Är Frâ!"<br />
"Meng Frâ?...Dir wösst dat ech net bestued sin, huet dir se net mei all?<br />
Weist mir die Frâ emol?"<br />
Elo muss den Knallefffet do sinn. Meng Frâ ass an sein Büro komm. Ech<br />
hun t'Dir e weineg opgemacht an hun gelûust a gelauschtert.<br />
"Henri!" sie stirzt sech op den Direkter.<br />
An dém Ableck koumen Männer iwer de Gank an gin an de Büro vum<br />
Direkter.<br />
"Wou ass dé Geckegen?"<br />
Ech hun t'Dir opgemacht an sin och an de Büro gangen. Hei ass en. Alles<br />
ass paff. Meng Frâ hängt sech ëm mein Hals, den Dokter an den Professor<br />
aus dem Spidol kucken mech an dann den Direkter. Ech sin déjenegen dén<br />
nach am rouegste bliwen ass. Ech gin op den Dokter duer: "Här Dokter, dir<br />
wöllt mech an t'Geckenhaus feieren, well ech elo gesot hun, ech wier<br />
den Här Dumont. Göschter huet dir mech agespart well ech behâpt hun ech<br />
wir den Henri Reger. Dir Här Dokter huet mech forceiert ze behâpten ech<br />
wir den Här Dumont. Wén sin ech dann elo eigentlech?"<br />
Fir t'eischt war alles roueg. Dokter a Professer waren verléen, de richtegen<br />
Dumont huet neischt verstanen, d'Beamten waren virwörtzeg, meng Frâ huet<br />
viraus gesin an ech war elo esou richteg frou iwer dei herrlech gedreinte<br />
Klatz.<br />
De Professer ass op mech durkom a sôt:"Wien sidd dir dann elo eigentlech<br />
richteg?"
116<br />
"Dât wéss ech leider selwer net mei. Bis göschter war ech iwerzécht de<br />
Schröftsteller Henri Reger ze sin. Dir huet mir awer kloer gemacht dat ech<br />
den Direkter Dumont wier."<br />
"Dann hun mir eis eben geirrt!"<br />
"Sôt dat nemmen net, dir Hären. Beweiser waren do wei t'Madame Jeanny<br />
Reger - ech hun menger Frâ en Zéche gin - mech net kannt huet an ech sie<br />
och net. Dat ass dach drolech dat sie sech mat hierem Pass ausweise konnt.<br />
Du hun ech awer vun hei an t'Villa Belair op Capellen telefoneiert, an do<br />
hun ech mam Schreftsteller Henri Reger perseinlech geschwât."<br />
Den Dokter ass nervös gin, an den Direkter Dumont sôt:"Do ass eppes<br />
aneschter derhannert. Vleicht e Verbriechen!"<br />
De Professor wollt et eraus fannen: "Könnt dir eis schwieren, dat dir den<br />
Henri Reger sidd?"<br />
Ech soen iech, dat ech scho selwer zweiwelen. Meng Frâ huet sech<br />
ageschallt. "Mei Verstand dén ass nach ganz kloer, ech kann schwieren dat<br />
ech Jeanny Reger sin an dât doen ass mein Mann!"<br />
"Pardon dir Hären, dös Frâ huet nach virun e puer Minute behâpt si wir dem<br />
Här Dumont seng Frâ." Ech hun bâl hârt gelacht.<br />
Si stungen alleguerten esou verdaddert do a wossten net aus an net an. Ech<br />
hun t'Jeanny mam Arm geholl a sôt:"Losst mer emol op Capellen<br />
telefoneieren."<br />
Do huet kén sech gemellt.<br />
"Dir musst iech geirrt hun" sot den Direkter. Nodém all déi di vierwötze<br />
kom waren eraus bugseiert waren ass et ganz gemiddlech gin. Dat ech<br />
selwer den Direkter, den Direkter ech, a meng Frâ, dem Direkter seng<br />
Frendin, oder mir dem Direkter seng Frenn wiren. Lauter verstänneg<br />
Sachen, die mir awer net verstânen hun.<br />
"Dir sidd ouni Erlabnis an t'Minière gefuer, an Dir huet iech weint Spionage<br />
schölleg gemacht, well dir hut an mengen Pobeieren um Büro gelies."<br />
"An Dir huet mech gehönnert op Capellen an meng Villa ze fueren, nom<br />
Richtegen zu kucken. Dir huet dénen Deiw, die menger Frâ a mir de Pass<br />
geklaut hun gehollef Zeit ze gewannen."<br />
No deser klenger, awer frendlecher Dispute sin mir an de Casino iesse<br />
gangen. Den Direkter an mir zwein sin gudd Frënn gin. Hien huet esou guer
117<br />
gesôt dat seng Gesellschaft <strong>fir</strong> de Schued geng opkommen dén bei dem<br />
spannende Krimi entstanen ass. De Gusti huet eis op Capellen gefouert.<br />
T'Villa war miserabel zougericht. T'Dire stungen iwer all op. T'Schief<br />
duerchwullt an t'Better verwullt. T'Perserteppecher an t'Sölwergeschirr<br />
waren verschwonnen. Ech wollt grad der Poliss telefoneieren, do war se<br />
schon do. Den én huet mech mam Coli geholl an én aner huet meng Frâ<br />
ewöscht. "Hun mer iesch elo!"<br />
Ech wollt mech wieren: "Ech verbidde mer...."<br />
"Roueg, mer wössen alles, den Här Henri Reger huet matdéle geloss dat<br />
während hien op der Rés wier, Deiw gengen an senger Villa hausen. Dir<br />
huet jo alles schein nonén gemacht." Wén hinnen telefoneiert hat konnt ech<br />
net erausfannen. Vleicht war et t'Schwester aus dem Spidol?<br />
Ech wollt nach eng Keier eppes soen, kruet awer t'Keier net: "Roueg, net<br />
gemault, matkommen, an den Auto mat hinnen, wann se net wöllen, dan<br />
Handschellen undin!"<br />
Mir sinn allebeid an den Auto gestouss gin an konnte ereischt zu Schrasseg<br />
erëm eraus.<br />
De Schluss vun der Geschicht ass langweileg. Fir dei déi virwötzeg sin<br />
schreiwen ech awer nach de Schluss. Mir hâten eis Villa dei ganz eleng an<br />
engem klengen Böschelchen leit, eréischt kâf. All eis Sachen hâte mir seier<br />
nemmen dohinner gefouert, well mir sin duerno e puer Wochen op eng Rés<br />
gangen déi mir gewonnen hâten. Kén huet eis do kannt. Op eiser Rés waren<br />
mir <strong>fir</strong> d'eischt zu Pareis wou mir am Hotel du Printemps gewunnt hun wéi<br />
ech en Spronk op Esch gemach hun, <strong>fir</strong> an dem Bierg ze bleiwen.<br />
Am Hotel hâten zwé Brigangen, eng Frâ an e Mann, die letzeburgesch<br />
geschwât hun, eis belauschtert an sie hun eis t'Päss geklaut an du sin si an<br />
eis Villa wunne gangen. Mir waren jo fort! An et huet kén sie kannt.<br />
Meng Frâ wor zu Versailles wei de Fax geschriwen ass gin. Dommerweis<br />
hat ech t'Faxnummer vun Capellen ugin an esou ass et kom dat dem Brigang<br />
seng Frâ sech als meng Frâ ausgin huet. Wéi ech aus dem Direkter sengem<br />
Büro ugeruff hun waren si grad am gang alles an hieren Plönnerwon ze<br />
pâken.<br />
Meng Frâ hât Angscht wei se neischt fun mir heieren huet an do ass se zu<br />
Esch eraus geklommen aus dem Pareisser Zuch an huet am Hotel Cresto an<br />
der Zeitung iwer mein Virfall an der Minière gelies.
wetter<br />
118<br />
Alles ass opgeklärt gin. Esou guer t'Deiw sin an der Belsch mat dem<br />
Plönnerwon gepëtzt gin.<br />
Göschter krut ech e Breif vum Direkter Dumont. En huet eis agelueden op<br />
Esch <strong>fir</strong> mat him an aller Rouh d'Minière ze besichen. Meng Frâ war<br />
begéschtert:" Ech well awer och emol gäre gesin wouss du dech erem<br />
gedriwen hues."<br />
Wann ech nach eng Keier eleng verrésen, lossen ech mir de Pass irgendwou<br />
a Spigelschreft hin tätoweieren, well ech wöll net nach eng Keier an de Fall<br />
kommen, wou ech net mei wess wien ech sin.<br />
Concours littéraire - nos cahiers - 2000<br />
Par e’mail à nos.cahiers@isp.lu<br />
Nos cahiers<br />
2, rue Christophe Plantin<br />
L-2988 Luxembourg<br />
De la part et avec les compliments de l‘auteur<br />
44, rue du Bois<br />
L-4421 SOLEUVRE<br />
Inke Dätsch.<br />
Eng Märechespaschteit, farceiert mat Wourechten.<br />
Den Här É Lef an den Här Zwé Lef waren trei Noper zenter eiwegen Zeiten. Si<br />
hun sech emmer gudd verdroen an villes matenén ennerholl. Egal wou eppes<br />
gezielt ass gin, sie waren emmer virop mat derbei.<br />
Wei <strong>fir</strong>u kurzem dén neien Duden, dén <strong>fir</strong> alles mei verstänneg ze schreiwen,<br />
onmossech Oprou bei de Schreiwer er<strong>fir</strong> geruff huet, hâten och dei zwein Hären<br />
sech én Exemplâr vun dësem wichtege Buch besuergt, <strong>fir</strong> mat der Welt mat virun<br />
ze goen. Sie wollten ”in” bleiwen. Den Här É Lef hât sech schon en etlech Dég<br />
zimlech deif an dât Studium gekneit. Vleicht ze deif?<br />
Et war op engem scheine Sonndeg Mueren, do ass den Här É Lef flang durch<br />
de Gaard gerannt, eriwer bei den Här Zwé Lef. Hien war ganz opgeregt, an huet<br />
mam neien Duden, dén roud Deckelen huet, an der Lucht geweitscht. Et hätt én<br />
gemengt hien hätt eng Fâkel an der Hand, wei én Olympionikki, um Wé <strong>fir</strong> op<br />
Sydney.
”Wéss Du dat mir diskrimineiert gin”, rifft hien dem Noper schon bei senger<br />
Terrassendir entgeint. D’Dir stung grouss op, <strong>fir</strong> kill Mueresloft an d’Haus ze<br />
lossen. Vun dobannen huet én klassesch Uergelmusek heieren. En Zéchen vun<br />
hirer musikalescher Bildung, mat där d’Leit an desem Haus gelieft hun. Ganz<br />
secher geingen se awer ofstreiden, dat se dât och no baussen weilten weisen.<br />
119<br />
”Elo hun ech eraus fonnt, dat mir zwein aus der Reih danzen!”<br />
”Ech kommen net richteg no” sét den Här Zwé Lef, dén nach an der Robe de<br />
Chambre war. Hien koum buerfeiss aus der Kichen an huet, iwerdéms en nach e<br />
Maufel ofschleckt, sech grad de Mond ofgebotzt.<br />
”Beroueg dech dach e weineg. Komm setz dech emol gemiddlech hei an de<br />
Schied, dann süffelen mer den Apéritif zesummen.”<br />
Si setzen sech an kamoud a frösch ugestrache Terrassestill. ”Ei, wât schein roud<br />
Pillemen, doranner sötzt é gudd möll,” mengt den Här É Lef.<br />
Den Här Zwé Lef wollt hien schon erëm huelen, an hien beleieren, et wäre<br />
‘Pimmelen’, an keng ‘Pillemen’. Hien kruet sech âwer nach um Bidong gerappt.<br />
Sein Noper wär schon opgedreint genug, huet e gemengt. Déi verschiddenarteg<br />
Ausdrocksweis koum net eleng doduerch well hier Elteren net aus der selwechter<br />
Geigend vum Land waren!<br />
D’Still, an den ronnen Dösch, waren an der Moudefuerw <strong>fir</strong> Gaardemiwelen<br />
gepinselt. Ultramarin blo! Esou blo dat é gudd huet miss kucken, <strong>fir</strong> zwou<br />
schwârz Boujellien ♣ ) ze gesin, dei driwer gelâf sin. Wuel verstanen, et ass bei<br />
dér bloer Fârw em d’Gaardekonscht gangen! Dât sollt kengesfalls én Zéchen no<br />
baussen sin, wât<strong>fir</strong>en Klibbchen se gestemmt hâten, bei de Chamberwahlen. Dei<br />
Zeiten waren eriwer, wou d’Leit nach drei Birken <strong>fir</strong>un d’Hausdir geplanzt hun, <strong>fir</strong><br />
op sech opmierksam ze machen, an ze weisen zu wém se gengen hâlen. Duerno<br />
sin Trauerwedden am Kläppchen an de Moud kom, bis d’Noper gemengt hun,<br />
d'Proprietären hätten de Bockel voller Schold, duer<strong>fir</strong> gengen se en Zéchen fun<br />
Trauer setzen. Sie hun dât âwer nëmmen weint déne ville Blieder gesôt, dei am<br />
Hierscht vum Wand bei hier Dir gejôt gin. Just elëng dât war et wât se am<br />
Hannerkapp hâten, well mat der Wourecht wieren se net ukom. Egal, dorobs hin<br />
sin keng Trauerwedden mei gesât gin.<br />
Nén, dât wollten dës Leit ganz secher net, sech iwerhapt nach zu irgend enger<br />
Farw bekennen, well hinnen esou eng gefierwten Mentaliteit scho lang geint de<br />
Strech gangen ass. Sie waren och mat hirem Noper derselwechter Ménung, <strong>fir</strong><br />
en ongeblimmelt Optrieden, well nëmmen esou d’Leit an der Gesellschaft net mei<br />
ausenâner divideiert gin, an sech och net mei geint énaner opsteppele lossen.<br />
Firdrun sin sie ongewollt zu fanatesche Streidereien verfeiert gin. Doduerch<br />
♣ ) Och nach Séjomessen, Séchmunnessen oder Pissmummessen genannt.
waren der och vill net mei frou mat dém Aneren. Hannerlöschteg gollt lang<br />
genuch wât t'Reimer schon ausgenotzt hun: divide et impera!<br />
d’Madame Zwé Lef huet ”e scheine gudde Moie” gewönscht. Sie war, wei eng<br />
Fé, an engem weissen, leftegen Négligé, an huet dénen zwein Hären énzock e<br />
Pernot fils an én Campari orange zerveiert, well sie hir Préférenzen zenter langer<br />
Zeit schon kannt huet. Sie selwer huet sech entschöllegt a sot d’Coiffeuse keim<br />
nach <strong>fir</strong> hier Bigoudien ze setzen, ir se gengen fort fueren. Wei dei Zwé geprosst,<br />
an dei eischt Schlippchen gekippt hâten, huet den Här Zwé Lef gefrot:<br />
”Wann ech elo richteg verstin, hues du den Duden schon am Fong studeiert an<br />
du hues dobei eppes opgelammelt. Ziel emol wât schon alles ugebrannt ass.”<br />
Den Här É Lef hât et schweier gelueden an huet deif Otem geholl: ”Ma da<br />
lauschter elo mol gudd no. Du an ech, mir Zwein danzen aus der Reih, mir gin op<br />
der ganzer Lin benodélgt.”<br />
”Wei ass dann dât, du mechs mer et jo schein spannend,” äntwert den Här Zwé<br />
Lef.<br />
”Ma heier der emol un, wât mir hönnt am Drâm agefall ass. Eis nächst Noper<br />
héchen Drei Zeng, Veier Zeng, Fof Zeng, Siech Zeng, Siewen Zeng, Uech Zeng<br />
an Non Zeng. Vun den Aristokraten der Neng, der Acht an der Siewen, an nach<br />
mei weit no uewen, schwetzen ech guer net. Den Zeng, an alleguerten dei no eis<br />
kommen si Famill mat him, an hun den Nonumm Zeng.”<br />
No enger kurzer, awer deiwer Otempaus ass e <strong>fir</strong>u gefuer: ”Wât hât ech hönnt<br />
eng Nuecht. En Alpdrâm soen ech der. Ech perseinlech schreiwen dât Wuert elo<br />
nëmme mei nach mat p wei bei Alpen, dât wirkt vill mei erdreckend wei mat b bei<br />
Album, dât nom neien Duden esou guer och nach richteg soll sin. Ech hun also,<br />
<strong>fir</strong> erem op meng Ried zreck ze kommen, vill ze vill an dém neien<br />
Schreiwallesrichtegduden studeiert. Den Doudschwéss ass mir op émol<br />
ausgangen, wei et mir opgefall ass, dat mir zwein Daboen eleng doremmer lafen,<br />
ouni dé wertvollen Familjennum Zeng.”<br />
”Dât ass jo allerhand. Dât ass mir mol nach nie opgefall”, äntwert du den Här<br />
Zwé Lef. ”Nëmmen ech froe mech <strong>fir</strong>wât huet dén neien Duden dât dann net<br />
geännert, wei se schon amgâng waren alles nei a mei richteg ze schreiwen oder<br />
ze vereinfachen?”<br />
Et war é Moment ganz roueg. Et huet kén eppes gesot. Sie hun allen zwein<br />
nogeduecht. Nëmmen dei lescht Täkt vun enger Toccata, waren am Radio nach<br />
ze heieren. Dei zwou schwârz Boujellien sin <strong>fir</strong>un iwer den bloen Dösch gelâf.<br />
Den Här Zwé Lef huet gemengt hien misst d' Situatioun entspânen a sôt: ”Oder si<br />
hun vleicht och dén neisten Geschäftstrick probeiert <strong>fir</strong> Reklam gemach ze<br />
120
kreien. Mach nämlech de Kritiker en decken, säftegen Ubass un de Krépchen, da<br />
gin se wei Bluddsöffer drop. Dér, dei mam Fanger op dech weisen, gët et der jo<br />
vill mei, wei dér dei eppes Guddes vun dir schreiwen, an dech luewen wëllen. Da<br />
schwetzt a schreiwt op émol d’ganz Welt vun Dir an Denger Famill. Kanns de<br />
dech nach erenneren, do war dach emol én, dén sech en Minimobil op d’Seit lée<br />
geloss huet. Wât gouf dât dach eng immens a gratis Reklam. E Gedéssems ouni<br />
Enn. Nie hätt hien dei selwer könne bezuelen. Esou guer d’Maori, am deifsten<br />
Hannerland vun Neuseeland, hun driwer geschwât!”<br />
”Ech gléwen net un dé Bobbes. Esou e Schwindel wir dach direkt opgeflunn!<br />
Dorems gét et jo âwer guer net an eisem Fall. Ech fille mech perseinlech zwar<br />
och fatzeg geelcht, an net manner op d’Seit geluegt. Mé ech hun elo t'Nues voll.<br />
Villes wât kromm an derniewt war, ass an dém neisten Duden riet gebeit gin.<br />
Esou guer den Här Stengel, dé Stâches, bis dohinner <strong>fir</strong> mat ‘e’ geschriwen,<br />
huet eng extra Wurscht gebrode kritt. Hien ass elo den Här Stängel gin, a get an<br />
Zukunft <strong>fir</strong> mat ‘ä’ geschriwen.”<br />
”Dât dârf dach net wouer sin!”, äntwert den Här Zwé Lef verwonnert. ”Ass dén da<br />
mei wei mir aner? Virwât hun se da grad him dei Extrawurscht gebroden?”<br />
”Hien huet einfach stramm drop gehâlen. Seng Virfueren wieren keng Steng<br />
gewiescht, mé Stangen, an dât ass geschriwe ginn, grad esou wei<br />
Bounestangen. Hien huet och schon an sengem neie Pass stoen, hie wier fun elo<br />
un den Här Stängel. Esouguer mein Computer huet dât schon bekäppt!”<br />
”Dât gött et dach net. Wât Sachen ziels du mer do,” äntwert den Här Zwé Lef. Et<br />
huet én un sengem Toun gemierkt dat hien schon e Bësselchen mei opgerégt gin<br />
ass. En ass viru gefuer: ”Ech war bis elo mat Dir éns, dat dei Borschten eis<br />
vleicht iwersinn hätten. Ma elo geif ech dach âwer bâl gäre behâpten sie hätten<br />
eis glad ewech ignoreiert. Dât wir, wei’s du séss, eng fauschtdeck<br />
Diskriminatioun. Nemme do ass secher neischt mei ze redetten.”<br />
Dén Här É Lef wollt nött, dat sein Nôper erem Wasser sollt ze zeien, an huet<br />
versicht en ze iwerzégen: ”Mengs de et wär wirklech neischt mei ze änneren?<br />
Doranner sin ech guernet denger Ménung. Haut gött jo geint, an <strong>fir</strong> alles<br />
protesteiert. Firwât sollten mir net och protesteieren. Wann én et net versicht,<br />
dann ass én es selwer schold, wann alles beim Âle bleiwt.”<br />
”A wuer wölls Du dann iwerhapt protesteiere goen? Fir esou eppes ass kén<br />
Affekot ze begéschteren. Et stin keng Sousen um Spill, an et ass zimlech<br />
schweier hei én ze fannen, dén <strong>fir</strong> eis dei richteg Ligen erfönnt an opdöscht, oder<br />
d’Paragrafen ömbeien kann. Et ass dach eng Kalamiteit dat esou guer<br />
vermengtlech intelligent Leit eischter eng Hatt voll Ligen gléwen, wei e Grapp voll<br />
Wourechten.”<br />
121
Den Här É Lef huet keng Rou gin, hien ass riecht drop lass gângen. ”Ech<br />
mengen mir sollen et nawell probeieren. Wann emol dobaussen fun eis geschwât<br />
get, da fannen mer bestemmt nach vill mei Onzefriddener, an da wärts de gesin,<br />
da gin mir schon gelauschtert. Mir missten emol eng Keier richteg op d’deck<br />
Tromm schloen! Vleicht d’Roud Breck, esou weit wei brét, a bis an den Dall erof,<br />
voll mat déne rouden Duden hänken. Da gengs de mol gesin, wât am Echerbierg<br />
é Gewulls an de Kornischonge lass gét. É Reporter geng dén aner nidder<br />
treppele <strong>fir</strong> mei no derbei ze sin. Nëmmen dât ass eng Utopie, vergiess dëse<br />
Râteschwanz erem seier! Dobei hu mir jo och keng Memberkârten <strong>fir</strong> ze<br />
verkâfen. Denk net mei drun! Ech froen mech elo nach just wou den Duden<br />
dohém, dât hécht wou hien eraus komm ass?”<br />
Den Här Zwé Lef moschtert hien mat engem zimlech schiefen A, a streckt sein<br />
Arm iwer den Dösch. Hien greift no dem roude Buch: ”Weini hues du dé Mûscht<br />
iwerhâpt kâf? Dât ass jo d'Amoss • ) vun dengem Misère, déns de mir hei<br />
opdöschs? Réch mir emol dât blöd Steck heihinner.”<br />
122<br />
Dei zwou schwârz Boujellien lâfen nach emmer iwer den blôen Dösch.<br />
Den Här Zwé Lef erwöscht d’Buch, dât sein Noper bis dohinner nach emmer fest<br />
an sengen schwéssegen Hänn hât. Et huet e ganz kurzen, jo âwer och nëmmen<br />
e Brochdél vun engem Moment geschengt, wei wann é Bouquet mat roude<br />
Rousen iwer dem bloen Dösch geng schwiewen. Dât war secher âwer nëmmen<br />
eng idyllesch Fatamorgana, an duer<strong>fir</strong> och erëm seier <strong>fir</strong> ze vergiessen. Den Här<br />
Zwé Lef sturkt op dei eischt Seit, a liest zimlech hârt a ganz patétesch, wât um<br />
rouden Deckel geschriwe stét: ”Duden. Die deutsche Rechtschreibung. Die<br />
neuen Regeln. Die neuen Schreibungen. Gültig für Deutschland, Österreich und<br />
die Schweiz.”<br />
D’Uegelmusek war um Ënn. De Speaker hât t'Pärdskurss aus der Walküre, vum<br />
Richard Wagner ugekönnegt, an die eischt Täkt hun schon <strong>fir</strong> scheinen Remmi<br />
Demmi gesuergt. Den Här Zwé Lef ass agedosch, an sôt wei en erem koum:<br />
”Ech hun déne Pärd den Hals ëmgedreint."<br />
Hien huet mam Nuesefanger op die eischt Seit gewisen, an ass viru gefuer: " Mé<br />
hei geseis de et jo erem, fun Lëtzebuerg ass keng Riets. Eist Land ass, alt erem<br />
an wei ëmmer vum Noper verstouss gin. Ké Wonner, eise Kulturminister huet<br />
secher gepennt, wei doriwer débatteiert ass gin. Dé schengt jo âwer och guer net<br />
an eiser Kultur dohém ze sin?”<br />
Den Här É Lef huet den Kulturminister e weineg besser kannt. Sein Papp war de<br />
Monni vun him sengem Edem senger Tatta. Hien wollt et net mat der Famill<br />
verdirwen an huet duer<strong>fir</strong> net esou streng jugeiert, wei hien sôt:<br />
• ) Aus dem franzeichen 'Amorce' ofgelét. Hei ass de Polfer, den Ausleiser vum Schoss gemengt.
”Oder hien war grad dén Ament am Ausland. Vleicht an Indien, <strong>fir</strong> Proffen ze<br />
rekruteieren, well se dér jo um Géssekneppchen net genuch hun. Et schengt wei<br />
wann d’Inder mei raffineiert wären, wei d’Jongen a Médercher hei am Land. Dei<br />
sollen jo elo och eng Green Card kreien, wei deiseit der Musel. Vleicht ass des<br />
Green Card en ausgezéchent Mëttel geint all dei blo, rout an schwarz Karten, dei<br />
bis elo jidder kluge Mönsch, den Ömstänn an der Noutwendegkét entspriechend,<br />
aus der Täsch zaubere konnt! Nëmmen wann mer schon reklameiere gin, wât<br />
soen, wei plädeieren mer dann? Hues du der dât schons iwerluegt? Mir musse<br />
dach kenne soen wât mer genau wöllen, wann mer schon net mei mat eisen Nim<br />
zefridde sin.”<br />
Op deser Plaz möscht sech den Erzieler, dén d’Personagen jo aus dem Ef Ef<br />
kannt huet, kurz an d’Geschicht mat an, <strong>fir</strong> eppes mei Verstéssdemech dran ze<br />
brengen, wât dénen zwé hiert Lëtzebuergescht ubelangt. Et darf én jo net<br />
vergiessen, dat hien (den Erzieler) zwar onsichtbar, âwer dach emmer am<br />
Hannergronn derbei ass, wei dât och an engem Krimi de Fall ass. Wann et op<br />
émol spannend a gefeierlech gött, da vergiessen d’Leit jo dommerweis emmer<br />
dat dei mat der Kamera, dei mam Geliets, den Régisseur an nach vill âner mei,<br />
jo och derbei sin. Esou lossen t’Leit sech glâd ewech gären veräppelen! An<br />
nawell färten se sech den Hönner aus der Box.<br />
Den Erzieler potert weider: ’Den Här Zwé Lef huet esou e Möschler vun<br />
Lëtzebuergesch geschwât. Seng Mamm war aus dem Gronn, an sein Papp vun<br />
doawen, aus dem Issleck. No der Schull huet hien lang op der Hadir, an duerno<br />
op der Arbed geschafft. Hien huet duer<strong>fir</strong> emol net brauchen t'Schmelz ze<br />
wiesselen. Do sin all Dâg Arbechter aus déne verschidden Geigenden vum Land<br />
zesumme kom, an jidderén huet <strong>fir</strong> eng kurz Zeitchen nach sein Patois, oder<br />
Jargon, dât héscht sein ‘Duerfakzon’ geschwât. Dât war âwer net <strong>fir</strong> rose lang. Et<br />
ass seier ugangen mat dem Gebabbels, dem babyloneschen<br />
Sprochenduerchenén. D’Dialekter aus dem ganze Land sin op der Schmelz, an<br />
och bei dénen dei an de Minett wunne gânge sin, no alle Régele vun der<br />
Konscht gemöscht an gemixt gin. Et ass also net nëmmen Stôl am Minett<br />
fabrizeiert gin. Do wâren, an fonktioneieren och nach emmer dei rengsten<br />
Kulturfabriken. Als sougenannt Nieweprodukt ass e Sprochemix fabrizeiert gin,<br />
woubei och eise Noper hier Sprôchen kräfteg mat gemöscht hun! Am Ufank hätt<br />
én könne schreiwen, ‘Di zwin ischt Jâr woar alles nasch wi dohoam’. Duerno hun<br />
se wei all Mönsch geschwât, an och geschriwen: ‘No den zwé eischte Joer wâr<br />
net mei alles wei dohém.’ Jidderengem sein hausmâcher Jargon ass wei an<br />
engem Sprochekonverter ageschmolt, an uschleissend mat all âneren Idiomen<br />
kompakt verwalzt gin. Eraus koum en Lëtzebuergescht, dat net mei op ze<br />
poleiren ass, an genau dât ass et wât d’Personagen hei schwätzen an och<br />
verstin.<br />
Domadden hât den Erzieler dem Här É Lef e bëschen Zeit geloss, <strong>fir</strong> schârf no ze<br />
denken, ir dén seng wuel iwerluechten an och duerchduechten Explikatioune<br />
konnt virdroen. Dén ass och op der Dôt lass gefuer.<br />
123
”Ma dât ass ganz einfach. Fir net mei aus der Reih ze danzen, wöll ech ”Én<br />
Zeng” héschen an du gengs den ”Zwé Zeng” gin. Eis direkt Noper, besonnesch<br />
den Drei Zeng an den Veier Zeng gengen dann net mei mat engem schiefen A<br />
op eis erof kucken, obschon mir emmer nach virun hinnen opgezielt gin. Ech wöll<br />
neischt Besseres âwer och neischt Mannerwerteges sin, wei meng Noper.”<br />
”Dât ass richteg” äntwert den Här Zwé Lef. ”Âwer Én Zeng, Zwé Zeng, klengt dât<br />
net e weineg komesch?”<br />
124<br />
Den Här É Lef war seier do, mat senger Äntwert.<br />
”Komesch? Wât hécht hei komesch? Et gött geint vill aner, nach bedeitend mei<br />
komesch Sachen protesteiert. Kuck, jidderén an eiser Reih ass Famill mat den<br />
Zeng. Mir zwein eleng sin Famill mat de Lef. Weit a brét fönns du âwer dén Num<br />
net mei, bei den Zuelebridder. Bei der Famill Zwan Zeg héchen d’Noper jo Én an<br />
Zwan Zeg oder Zwé an Zwan Zeg. Dann Én an Dresseg oder Zwé an Dresseg.<br />
Dât gét esou weider bis Én an Non Zeg an Zwé an Non Zeg. Ké wéss wou dei<br />
ausgefâle Lef hierkommen, an kén wéss wien se sin. ‘Lef’, wât ass dât da schon?<br />
D’Gebridder Grimm hun sech och net besonnesch ugestrengt an hierer<br />
Etymologie an 24 Bänn, soss keinte mer do noschloen wou d‘Lef hier kommen.<br />
Da fannen ech Zeng âwer villeg mei schein, an d’Kanner geroden net esou licht<br />
duerchenén. Kuck emol beim Rechnen, wei einfach wir et dach ze soen: Én Zeng<br />
an Én Zeng ass Zwé an Zwan Zeg, well Ént an Ént ass dach Zwé. Dât ass<br />
d'Logik! Hun ech recht oder ass et wouer?”<br />
Den Här Zwé Lef muss lachen iwer dém en äntwert: ”É Lef an É Lef ass bis elo<br />
och nach ëmmer Zwé an Zwan ‘Zeg’ gin. Nëmmen, grad dobei fällt mir op émol<br />
dé rengste Kuddelmuddel op, well eng Zuel mat ‘hannen Lef’ bei eng Zuel mat<br />
‘hannen Lef’ derbei gezielt, dach net eng Zuel mat ‘hannen Zeg’ ka gin. Kuck,<br />
t'Regel ass dach dat nëmmen eppes mat ‘hannen Zeng’ an nach eppes mat<br />
‘hannen Zeng’, zesummen gezielt get, eng Zuel mat ‘hannen Zeg’ erauskönnt!<br />
Dât liecht dach awer dém Dommsten an. Et mist dach och alles logesch<br />
duerchduecht sin. Mat där Ëmennerung do keinten awer dach nach ganz<br />
komesch Verwiesselungen virkommen.”<br />
Den Här É Lef ennerbrecht en: ”Wourunner denks du besonnech? Hues de iren<br />
eng <strong>fir</strong> ze lachen op der Pan?”<br />
Den Här Zwé Lef schmunzt a sét: ”Ma stell der emol <strong>fir</strong>, ech geng op<br />
d’Knippchen zu Arel goen, a stelle mech perseinlech do <strong>fir</strong>: ‘Zwé Lef’. Dann<br />
kanns de scho roueg matgoen <strong>fir</strong> ze gesin, dat dei mir direkt 2 Patt Leffe - Beier<br />
brengen. Wann dât keng Verwiesselung ass!”<br />
Hien wibbelt fu lachen, besonnech sein Bâkespeck. Den Här É Lef muss och<br />
lachen, hat âwer gleich Eng <strong>fir</strong> hannendrop.
”Dât wär jo awer och nach guer net esou derniwt. Ech wär scho behölleflech a<br />
geng gären én mat drenken. Nëmmen dât do hate mer och am Bistro zu<br />
Shanghai. Den Menn huet den Daum an d’Luecht gehâlen, zesummen mat dem<br />
Nuesen- an dem Möttelste Fanger, an huet ‘Pi tschou’ geruff. Dât war net<br />
geneitzt. ‘Pi tschou’ hécht Beier op Chinésech. Ma prompt kruet hien 7 Humpen<br />
serveiert, am Plaz vun dénen drei, dei hien wollt bestellen. Si hun eis âwer gudd<br />
geschmâcht.”<br />
125<br />
”A wei ass dann dât meiglech?” wöllt den Här Zwé Lef wössen.<br />
”Ma well a China villes chinesesch ass, an én Daum an der Luecht, dât bedeit<br />
net Ént, weis Du mengs, ma âwer Fönnef. A nach eppes, wanns du dé klengen<br />
Fanger eleng an d’Lucht hälls, hécht dât dats du dén da bass dén verluer huet,<br />
dén eng an d’Köscht kritt huet.”<br />
Den Här Zwé Lef huet iwerdéms nervös am Duden gebliedert. Hie rëselt de Kapp<br />
a mengt: ”Dât do ass âwer spassech.”<br />
Hien hällt kurz op mat bliederen, liest a sét: ”Ech hun elo d’Äntwert fonnt, op<br />
Deng Fro, wou den Duden dohém ass. Hien könnt aus dem Bibliographischen<br />
Institut & F.A. Brockhaus AD zu Mannheim, an wann ech hei richteg liesen, dann<br />
hun ech och nach e gudden Ophänker fonnt, <strong>fir</strong> nach besser reklameieren ze<br />
können.”<br />
Wei hien '&' gelies an betount huet ass esou guer dem Erzieler onkloer bliwen.<br />
”Dât ka mer jo nach schein gin, elo sin ech âwer gespânt wei én âle Präbbeli”,<br />
sét den Här É Lef.<br />
”Ma hei stét ausdrecklech geschriwen, dat den ‘Nachdruck, auch auszugsweise,<br />
verboten’ ass. Domadden hun se sech âwer ganz schein an d’Brenniesele<br />
gesât.”<br />
”Du bass haut âwer allerhand gudd drop. Ech kommen bâl net mei no.”<br />
”Ma dann iwerlé dach emol. Wann kén eppes aus dém gescheite Buch darf<br />
nodrecken, dann kann jo och kén dât Buch gebrauchen. Vleicht nëmmen <strong>fir</strong> mam<br />
Bleistefft ze schreiwen. Et darf jo kén eppes nodrecken, wei et an dém Buch stét!<br />
Dât stét schwarz op weiss hei gedreckt. Esou eppes Verecktes. Sin dei dann<br />
nach weis, <strong>fir</strong> iwerhapt esou eppes an de Verkâf ze gin. Et muss é jo richteg<br />
färten. Dât ass jo dé rengste Schwindel. Ech hun jo emmer gesot. Dât klengt<br />
Gedrecks, jé nodém wei én et liest, a fu wât e schwätzt, kann eng Knaschterei<br />
sin.”<br />
”Weis emol hier.”
Den Här É Lef kuckt op der bannenzecher Deckelseit a mengt iwerzécht:<br />
”Menger wärrech, du hues Recht, ma elo hun mir schon zwou zolid Tuten <strong>fir</strong> eis<br />
Reklamatiounen dran an ze pâken. Dât Buch ass 1. net <strong>fir</strong> Lëtzebuerger ze<br />
benotzen an <strong>2.</strong> et darf och nach kén e Wuert drecken, wât an desem Buch<br />
gedreckt stét! ”<br />
Hien huet e kurzen Ament iwerluegt ir e viru gefuer ass: ”Dât ass jo <strong>fir</strong> aus der<br />
Köscht ze sprangen. Elo ass och bei mir d’Hâptsicherung durchgebrannt. Elo<br />
fueren ech énzock mat reklameieren, op Mannheim.”<br />
Hien huet âwer nach én Ableck gezëckt a sôt: ”Mengs de nött, mir sollten nött<br />
âwer e Schoulmeschter froen, dat dén eis behölleflech ass. Oder vleicht e<br />
Schoulinspekter.”<br />
Den Här É Lef huet guer net gezëckt, wei hien geäntwert huet: ”Démno wou dei<br />
hier Tantièmen asäckelen, ass et meiglech dat sie mat dem Duden op guddem<br />
Fouss stin, an dann hun mir schon verluer ir mir emol richteg ugefangen hun<br />
mam Protesteieren. Wa schon, dann misst et âwer e Mathematiker sin. Oder<br />
nach besser wär e Philosoph. Dei sin ausgezéchent an der Logik. Sie kënnen vill<br />
mei scharf denken, an sech och vill mei geleiert ausdrecken. All Mönsch mengt<br />
sie hätten ëmmer Recht, well et muss én och gudd oppassen, dér Mettien ♠ ), dei<br />
mengen eppes vun der Sproch ze verstoen, lâfen der masseg doremmer.<br />
”Mengs de dann mir hätte besser énzock de Prozess ze machen, oder mengs de<br />
mir sollten nëmmen op Mannheim protesteiere fueren.?”<br />
”Wann ech mer dât esou richteg iwerléen, da geng ech nawel gären selwer émol<br />
op Mannheim fueren. Do war ech nach nett. Ech wir der<strong>fir</strong>, wa mer schon<br />
dergeint sin, dat mer emol als eischt mam Protesteieren probeieren.<br />
Prozesseieren könne mer nach durno. Solle mir dât dann elo môl uleieren?”<br />
”Mir ass et egal, ech sin décidéiert. Ech fueren stracks mat. Ech sin och der<br />
Ménung, dat mir önner dér Ongerechtegkét op ké Fall nach mei lang sollen<br />
leiden. Op émol ass Moss driwer gewuess, an eis Kanns Kanner droen eis et no,<br />
dat mir neischt ennerholl hun, esou lang wei et nach Zeit war. Da misste mir eis<br />
âwer schein schummen.”<br />
Iwrem Geschwätz hâten dei zwein hieren Apéritif hanner d'Kollisknäpp gekippt.<br />
Den Här Zwé Lef kuckt op d’Auer. ”Ma, ech sin haut de Metteg op d’Iessen<br />
agelueden. Ech mengen dât do léft eis elo och net mei fort. Et huet nach Zeit bis<br />
mar. Da kucken ech am Internet weini d’Zich fueren, wât d’Billetsen kaschten, an<br />
wou mir zu Mannheim önner Dag könne kommen.”<br />
126<br />
♠ ) ‚Mettien’ huet an desem Zesummenhank neischt mat Mettwurscht ze din.
”Ech kann dât jo och kucken, an emol duerch Mannheim surfen. Ech sin haut de<br />
Mëtteg heihém. Mir sin jo och am Internet. Ech mailen emol doremmer, an da<br />
kann ech Dir schon fleicht haut den owend munches möndlech downloaden.”<br />
Allen zwein waren Tonnen zefridden, an zimlech löschteg opgeluecht.<br />
”Ofgemacht”, sôt den Här É Lef.<br />
127<br />
”Ofgemét", sét den Här Zwé Lef, "an Gudden Peiti!”<br />
”Tsälwecht. Scheine Sonndeg nach. Passt önner Wé gudd och iech op!”<br />
Si réchen sech d’Hänn. Den Här É Lef seng Hand war nach emmer schwésseg.<br />
Hien ass, mam roude Duden enner dem Arm, duerch de Gard erem zreck an<br />
seng Villa gângen. Den Här Zwé Lef huet d’eidel Glieser vum Apéritif geholl, huet<br />
d’Dir vun der Terrass zougespart, an ass a sengem Bungalow verschwonnen.<br />
Dei zwou schwârz Boujellien sin nach emmer iwer den bloen Dösch gelâf. Et<br />
huet och net lang gedauert, do sin den Här an d’Madame Zwé Lef mam Auto<br />
erausgefuer.<br />
Geint der Nuecht, koumen se erem hém. Op der Stross schon huet én fun<br />
hinnen, wei mat engem Zauberstâf d’Garagepârt opgemât. Sein Noper den Här É<br />
Lef hât schon an senger Schlofkummer mat der Nues widder der Fönster<br />
gelauert. Hien ass gleich eriwer gedosch komm. Et ass em net seier genug<br />
gangen, an en huet, wei d’Halogen-Luchten ugange sin, schon op der Pelouse<br />
geruff:<br />
”Ech hun alles an der Rei. D’Billjéen ♥ ) <strong>fir</strong> den Zug, drei Zömmer an engem<br />
gudden Hotel, vis-à-vis fum Institut. ”Zum Neuen Duden” hécht en. An dei 4<br />
Hären, dei den Duden an d’Welt gesât hun, den Här Prof. Dr. Dr. h.c. Günther<br />
Drosdowski, den Dr. Wolfgang Müller, den Dr. Werner Scholze-Stubenrecht an<br />
och den Dr. Matthias Wermke hun mir versprach eis en Denschdeg de Mueren<br />
um 9 Auer ze empfänken. Sie gengen am Haff vum Institut op eis warden. Dobei<br />
sot én vun den Professeren, wei mir matenâner am Internet gechat hun, si<br />
gengen eise Problem gudd verstoen, an sie wiren souwiesou schon am Gang<br />
nach erem Ännerungen vun den Ännerungen ze präpareieren. Dei wiren schon<br />
an der praktescher Phase vun den Tester ukom. Ganz besonnesch hätten sie en<br />
A an zwein Oueren <strong>fir</strong> Zifferen an Zuelen, an sie gengen och mei dax op d’Stross<br />
goen, <strong>fir</strong> dem Vollek nach mei op de Mond ze kucken. Ass dât dan net schon e<br />
groussen Plus <strong>fir</strong> eis Sach? Dât geseit ganz a guer nött schlecht aus. Do léft<br />
dach schon eppes Positives!”<br />
♥ Hien hätt dât Wuert net wei den Här Zwé Lef geschriwen, dén nach bis virun senger Pensioun op der<br />
franseischer Grenz, net weit vum Märtesbierg gewunnt huet. Et hätt én och kaum dé feinen Ennerschéd an<br />
der Aussproch erausheieren, vleicht mat den Oueren vun engem Här Karajan. Gesin hätt én et âwer<br />
bestömmt op engem Sonogramm. Den Oszillograf hätt dén echt lëtzebuerger ‘j’ schein eraus moduleiert.
Den Här Zwé Lef wollt nach froen <strong>fir</strong>wât hien dann 3 Zömmeren réserveiert hätt,<br />
mé en ass guer net zu Wuert kom. Ofgesin dofunner, seng Erwârdungen sin lues<br />
a lues ömmer mei geklommen.<br />
”An elo hât ech bâl nach eppes Wichteges vergiess. Ech hun och nach dem Här<br />
‘Honnert’ telefoneiert. Ech kennen hien gudd. Et ass e feinen Här, dén a ville<br />
wertvolle Wieder dran ass. Ech hun him gesot dat mir op Mannheim gengen<br />
protesteieren fueren. Du gléws net wei frou hien wâr, well ech him duer<strong>fir</strong> ugeruff<br />
hun. Och hien wollt schon op Mannheim fueren, well sein Numm him scho lang<br />
net mei gét. Besonnesch, sot hien, wir et schrecklech ze heieren wann d’Kanner<br />
him genge noruffen: ‘Honnert, an d’Box gedonnert’! ”<br />
”Ma dât gléwen ech gären, dat hien d’Box scho schleiche voll huet! Elo verstin<br />
ech och, dann ass et och <strong>fir</strong> hien, wous du dât drett Zemmer réserveiert hues.”<br />
Den Här Zwé Lef hât domadden versicht emol erem eppes ze soen. Hien huet<br />
sech gewonnert, dat hien dé kurze Genoss hât. Hien wollt nach mei.<br />
Den Här É Lef ass him awer ze<strong>fir</strong> kom: ”Dât ass Klâss, dât ass häwi!” Hien reiwt<br />
sech genösseg d’Hänn. ”Ass dât dann net phantastesch, elo sin mer schon zu<br />
drëtt. A wéss de wei hien sech wöllt emdéfe lossen. Hien huet mir schon eppes<br />
verlaude geloss. Ë mengt ‘Zengzeng’ oder ‘Nengannon Zeg an Ént’ wire net<br />
schlecht. Nëmmen dât iwerlét hien sech nach mei gené am Zuch. Hien wöllt jo<br />
net d’ganz Mathematik op d’Kopp dreinen. Ech mengen et wier elo och Zeit <strong>fir</strong><br />
schlofen ze goen. Mach dei Gelömps prett, de Rescht besprieche mer am<br />
Zuch.”<br />
Den Här Zwé Lef wollt schon erem eppes soen. Ma den Här É Lef huet en net zu<br />
Wuert komme geloss. Hien hât, wei et schengt, âwer och nach guer net wölles <strong>fir</strong><br />
énzock an de Juck ze goen.<br />
”Ma mir fällt elo nach esou eppes ganz Blödes an, wât mech schon lang geuest<br />
huet. Dât ass e Wuert aus dem Här Grzimek sengem Deierebuch: ‘É Lefant’.”<br />
128<br />
Hien huet dât esou, wei bei der Zuel É Lef betount.<br />
”Kanns du der virstellen dat et Leit gött dei soen ‘hien huet Feiss wei én É<br />
Lefant‘, oder, ‘hien mecht aus enger Meck én É Lefant‘, oder ’hien huet É<br />
Lefantemaneieren‘. Dann hun ech och schon mei schlëmm Wieder heieren wei<br />
‘du É Lefantekouh‘ an och du ‘É Lefantekallef‘. Dât ass alles net flott <strong>fir</strong> no ze<br />
lauschteren. Do sinn mir É Lef schein matten dran. Dât ass reng<br />
Diskriminatioun.”<br />
Wann hien deck opgerégt, an e weineg aus dem Konzept gerôde ass, huet hien<br />
emmer mei distingeiert geparleiert, wei dei an der Chamber, <strong>fir</strong> d'faiblen ze
cacheieren. Sie sin no kurzer Zeit allebeid âwer schlofe gang, esou weit wei dât<br />
bei der ganzer Oprégung nach meiglech war!<br />
Um Meindeg muerend stungen se schon mat Zeiten op der Gare zu Lëtzebuerg.<br />
Kriddelech Leit hun fu Lâtscheburg geschwât, well én duerch d’Strosse lâtschen<br />
muss, <strong>fir</strong> dem Knätschgum an den Hondsdrecker aus de Feiss ze goen. Dat<br />
selwegt ass an der Prowënzhâptstaat nach ze verstoen. Do entsuergen t'Leit an<br />
d'Muppen, obschon hinnen scho lâng d'Zänn gewise gin, nach ëmmer<br />
routinegemeiss, also wei freier gewinnt, alles wât hinnen an de Muppen uewen<br />
oder ënnen entfällt, an t'Baach dei scho lâng ënner der Strôss léft.<br />
Dei zwein hun nach op den Här ‘Honnert’ gewârt. Dén koum a leschter Minutt um<br />
(net mam!) BTB vum Kriech-bierg. Den freieren Kirchbierg war och vun den<br />
Awunner selwer schon e gudde Strapp op Kriech-bierg emgedéwt gin. Dei hâten<br />
op émol d’Nues voll, an och deck d’Flemm, well do neischt, âwer och glat neischt<br />
mei gelâf ass.<br />
”Dât war elo âwer ganz schein löfteg um Bus-Trett-Bried ze kommen" sôt hien<br />
ausser Otem, "ma ech hätt keng aner Meiglechkét gewosst <strong>fir</strong> den Zug nach ze<br />
kreien.” An et gléwt secher kén, wei wouer dât wâr.<br />
Dei Drei hun sech én dém aneren hurteg virgestallt, sin nach mei seier op den<br />
Quai Nummer 11 gelâf, sin nach just an den Zuch <strong>fir</strong> op Treier gesprongen, a<br />
schon ass dé gefuer.<br />
”Dât wâr âwer knapps, sôt de Blech” mengt den Här ‘Honnert’, wei den neien<br />
Interregio aus der Gare eraus gefuer ass, a Richtung Kueblenz.<br />
Et huet emol kén hien gefrot <strong>fir</strong>wât en ‘sôt de Blech’ gesôt hât. Önnerwé hun dei<br />
Drei masseg matenâner an iwerenâner débateiert an sie hun sech emmer mei<br />
deif an e gringen a gielen Ierger eran diskuteiert.<br />
Op Mannheim koumen sie ereischt geint der Owend. Sie waren komplett op- an<br />
duerchgedreint, wei wann se sech en zolitten Joint verpasst hätten. Sie louchen<br />
mat Zeit flâch, net ënner mé op dem Diwi. Am Hotel ”Zum Neuen Duden” war<br />
keng Televisioun. An dem Tirang vu sengem Nuetsdösch huet âwer jidderén dén<br />
Neien Duden fonnt. Kén vun dénen Drei huet dât Steck ugereiert. Dât war <strong>fir</strong> sie<br />
keng Bibel mei!<br />
Wei se dén aneren Mueren, wou den Rendez-vous war, zesummen an den Haff<br />
vun dem Institut getreppelt sin, wâren do 4 erwuesse Männer, zwémol mat Glatz<br />
an zwémol mat groen Hoer, emkrést vun ‘zeg’ Kanner. D’Kanner sin am Krés<br />
ronderem gesprongen an hun derbei gesongen. Dei 4 Hären hun sech op emol<br />
matenâner emgedreint an hun eis 3 Häre gesin.<br />
”Die Luxemburger kommen, weitermachen!”<br />
129
Sie hun virun matgedanzt an och matgesongen, esou wei wann se nach seier<br />
eng ugefangen Arbecht weilte färdeg machen. Dei Drei sin emmer mei no kom,<br />
mat hierem immensen Ierger am Getreips, dén ennerwé, an och owes nach<br />
virum Schlofegoen un Dimensioun zougeholl, an an der Nuecht âwer och net dei<br />
Boun nogelôs hat. Sie hun gudd heieren wât d’Kanner am Krés gesongen hun,<br />
wei dei ronderöm d’Dr. Dr. Professeren mam honoris causa gedanzt sin. Dei<br />
geleiert Hären hun an derselwechter komescher Sproch mat gesongen, an hun<br />
ganz secher praktesch an spilles un hirem neisten Neien Duden geschafft.<br />
De Kanner hiert Sangen war wei Ofzieles. Wei dei Drei dât, esou guer<br />
matenâner, spatz kruten, huet et si och matenâner wei ë Blötz getraff.<br />
”Inke, zwinke, rinke, Finke, funke, Rabe, Schwabe, Dicke, dora, dätsch!”<br />
Minutten drop, soutzen dei drei geschockte Lëtzebuerger an engem Taxi <strong>fir</strong> op<br />
d’Gare vun Mannheim, an enzock op Hém lass. Sie waren bléch em d’Nues an<br />
sôten mat enâner: ”Bei dér rasanten Entwecklung, sin eis Chancen Null.”<br />
130<br />
Den Här Honnert mengt: ”Dir Hären, elo ass et gesch...itt!”<br />
Den Här Zwé Lef huet deif Otem geholl a sôt: ”E Gleck dat dén Duden do zu<br />
Lëtzebuerg net ze benotzen ass”.<br />
An den Här É Lef hannendrop: ”Ech ka mer net virstellen, dat ech an Zukunft soll<br />
Inke Dätsch héchen!”<br />
* * *<br />
Nowuert: Den Erzieler wollt, als Leier dei aus deser Geschicht ka gezu gin, och<br />
nach Eng uewen drop nélen.<br />
‘Fir de klengen Fanger gewiesen ze kreien ♦ ), wanns de protesteieren oder<br />
reklameieren gés, brauchs de net bis op Mannheim ze fueren. Zu Lëtzebuerg, do<br />
zielen d’Kanner grâd esou. Fir ze rechnen huelen se eng Maschin!’<br />
♦ ) Wât dât bedeit, ass nozeliesen op der Seit 6.
131<br />
De Siegfried an t’Melusina<br />
En Spill <strong>fir</strong> t’Gehéier<br />
Geschriwen <strong>fir</strong> den<br />
Prix Marcel Reuland 1960<br />
Ausgeschriwen vun RTL<br />
***<br />
Text<br />
Henri Regenwetter<br />
Musek<br />
Camille Roilgen<br />
Berodung<br />
Josy Moutschen<br />
N.B. Dräi aner Stëcker sin ugeholl gin.<br />
Dat heie Stëck nët.<br />
Et gouf och nie gesendt.<br />
PS. Hei hannendrun mein démolegen Kommentar<br />
zu dësëm Concours an dén ausgewielte Stecker.<br />
De Concours ass nie mei erneiert gin.
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152<br />
STUDIENREISEN UND STUDIENFA<strong>HR</strong>TEN<br />
Nahezu alle hier aufgeführten REISEN und FA<strong>HR</strong>TEN fanden statt<br />
unter meiner Leitung und Organisation. Dass diese Fahrten eine<br />
unübertroffene Wissensquelle darstellten kann nicht bestritten<br />
werden. Sie haben mein Leben und meinen Umgang mit Pflanzen<br />
komplett revolutioniert.<br />
Dieser <strong>Teil</strong> meiner Autobiografie wird laufend mit entsprechenden<br />
Bildern begleitet.<br />
30.9.73 - Studienfahrt in das Tropische Aquarium der Universität in<br />
Nancy – Aquariumsfreunde Diskus Differdingen.<br />
08.09.74 - Studienfahrt in den Zoo von Antwerpen mit Besichtigung<br />
der technischen Anlagen. Aquariumsfreunde Differdingen.<br />
23.06.75 - Erneute Studienfahrt ins Tropische Aquarium der<br />
Universität in Nancy, sowie Besichtigung der systematischen<br />
Pflanzensammlung neben dem Aquarium. Aquariumsfreunde<br />
Differdingen gemeinsam mit der damaligen AAT. (Amis des Aquario-<br />
et Terrariophiles du Luxembourg).<br />
Dann erfolgten nebst Wanderungen im eigenen Land unter dem<br />
Banner der „GRING SCHOUL“, organisierte Studienreisen im Namen<br />
von NATURA und AAT – Garten- und Teichfreunde Luxemburgs.<br />
STUDIENREISE 1981 6. Juni - 14. Juni - 24 <strong>Teil</strong>nehmer<br />
Voyages Emile Weber - Canach<br />
Sissinghurst - Coke’s Cottage - Borde Hill - Blenheim Palace - Oxford<br />
- Botanischer Garten von Kew - Great Comp - Hever Castle - Coton<br />
Manor - Coventry - Bressingham Gardens - Vann (Privatgarten mit<br />
Gartenteil von Jeckyll) - Wisley Gardens<br />
STUDIENREISE 1983 20. August - 27. August - 27 <strong>Teil</strong>nehmer<br />
Voyages Emile Weber - Canach<br />
Palmengarten in Frankfurt - Alpiner Garten der Gärtnerei CARL<br />
Joachim in Pforzheim - München - IGA - Weihenstephan -<br />
Sichtungsgarten - Zoo Hellabronn - Botanischer Garten von St.<br />
Gallen - Alpine Gärtnerei Sündermann in Lindau - Insel Mainau -<br />
Benwihr - Haut Chitelet - Botanischer Garten der Universität Nancy -<br />
STUDIENFA<strong>HR</strong>T 1984 23 Juni 1984 - 56 <strong>Teil</strong>nehmer<br />
Reisebüro Frisch<br />
Gärtnerei Jourdan Limal und Botanischer Garten in Lüttich
153<br />
STUDIENFA<strong>HR</strong>T 1985 24. Juni 1985 - 50 <strong>Teil</strong>nehmer<br />
Emile Weber - Canach<br />
Gärtnerei Jourdan in Limal und Botanischer Garten im Domaine de<br />
Bouchot in Meise<br />
STUDIENREISE 1985 16 Juli bis 28. Juli - - 45 <strong>Teil</strong>nehmer<br />
Emile Weber - Canach<br />
Great Dixter (Christopher Lloyd) - Wakehurst Place - Wisley Gardens<br />
- Nottingham - Newstead Abbey Japanischer Garten - Edinburgh (In<br />
einem Guesthouse) - Botanischer Garten von Edinburgh - Balmoral -<br />
Kildrummy Castle - Crathes Castle - Dundee - Empfang im<br />
Glamiscastle - VIPbesichtigung - Edzell Castle (Barockgarten) -<br />
Carnell Garden - Logan Botanic Garden - Loch Ness - Inverness -<br />
Subtropischer Garten in Inverewe - Lake District - Windermere -<br />
Seven Hall (Topiary) - Coventry - Empfang in Leamington Spa - Park<br />
- Windsor - Marlborough - White Horse - Bath - Wells - Hillier<br />
Arboretum -<br />
STUDIENFA<strong>HR</strong>T 1986 22 Juni - 23 Juni<br />
Demi-Cars - Keispelt<br />
Höhenpark Killesberg - Blühendes Barock im Park der Residenz in<br />
LUDWIGSBURG - WILHELMA Botanisch-zoologischer Garten - 75<br />
Jahre Odenwälder Pflanzenkulturen (Gärtnerei Kayser und Seibert).<br />
STUDIENFA<strong>HR</strong>T<br />
Jahrestagung der GDS in Mallnitz/Österreich. In dem schönen<br />
Städtchen haben die Mitglieder der alpinen Gruppe des GDS, neben<br />
der Kirche im Dorf, einen herrlichen alpinen Garten errichtet. Eine<br />
mustergültige selbstlose Arbeit, die der Verbreitung der Liebe zur<br />
Natur dienen soll..<br />
STUDEINEREISE 1987 18. Mai - 29. Mai 1987 - 45 <strong>Teil</strong>nehmer<br />
Emile Weber – Canach<br />
Batesman’s - Schloss Windsor - Savill Garden - Valley Garden -<br />
Chelsea Flowershow - Avebury Circle - Cheddar Gorge - Wells -<br />
Dartmore National Park - Tresco Abbey Garden - Land’s End -<br />
Trengwaington Garden - Stonehenge - Hillier Arboretum - Hampton<br />
Court - Leonardslee Garden - Führung durch die Universität von<br />
Cambridge - Botanischer Garten in Cambridge - Kew Gardens -<br />
Wisley - Sheffield Park - Gärten der Royal Horticultural Society -<br />
STUDIENFA<strong>HR</strong>T 1987 19. Juni - 21 Juni. - 6 <strong>Teil</strong>nehmer<br />
Jahrestagung der GDS in Dortmund - BUGA
154<br />
Romberg - Westfalenpark - Deutsches Rosarium - Privatgärten der<br />
Dortmunder Regional-Gruppe - Gärtnerei Georg Arends - Führung<br />
durch den Botanischen Garten der Universität Bochum.<br />
STUDIENREISE 1988 18.08 - 28.08 - 15 <strong>Teil</strong>nehmer<br />
Jahrestagung der GDS in CELLE -<br />
Hannover - Herrenhausen - Berggarten - Braunschweig -<br />
Botanischer Garten - Lüneburger Heide Lönsklause in Borstel -<br />
Heidegärtnerei Westerman in Bispingen - Vogelparadies Walsrode -<br />
Garten der Schmetterlinge in Friedrichsruh - Rosenschule Kordes -<br />
Kleinflottbeck (Botanischer Garten der Universität Hamburg) -<br />
Schloßgarten in Oldenburg (klassischer englischer Garten) - Bremen<br />
Botanischer Garten - Gärtnerei Karl Wachter - Gärtnerei Hagemann -<br />
Botanischer Garten in Köln.<br />
STUDIENFA<strong>HR</strong>T 1989 07.07. - 09.07 - 4 Personen<br />
Jahrestagung der GDS in Weinheim<br />
STUDIENFA<strong>HR</strong>T 1989 23.06 - 35 Personen<br />
Arboretum und Rosarium in Bokrijk<br />
STUDIENREISE 1989 15. Juli - 1. August- 42 <strong>Teil</strong>nehmer<br />
Emile Weber – Canach<br />
Rotterdam - Hull - University Botanical Garden in Hull - York -<br />
University Botanical Garden of Durham - Hadrians Wall - Edinburgh -<br />
Scone Palace (Earl of Mansfield) Pinetum - Royal Botanic Gardens<br />
in Edinburg - Balmoral - Besichtigung des Parks - Whisky Distillery<br />
Glenfiddish - Cruickshank Botanical Gardens (Aberdeen) - University<br />
Botanical Garden (Dundee) - University Botanical Garden (St.<br />
Andrews) - Younger Botanical Gardens - Glasgow - Glasgow Botanic<br />
Gardens - Liverpool (Kathedrale) - Holyhead - Irland - Dun<br />
Laoghaire - Dublin - Glasnevin Botanical Gardens - Malahide Castle<br />
Talbot Botanical Gardens - Mount Usher Gardens - Tullamore - Birr<br />
Castle - Galway - Killarnay - Connacht-Bucht - Garnish Island (Bantry<br />
Bay) Ilnacullingärten - Waterford (Kristallschleiferei) - J. F. Park in<br />
Wexford (Arboretum) - Tal y Cafn (Wales) Wanderung - Botanischer<br />
Garten von Bodnant - Portmeiron - Gwyllt Gardens - Besichtigung<br />
einer Schiefergrube - Harlow Car Gardens (Harrogate) - Arboretum<br />
Trompenburg in Rotterdam.<br />
STUDIENFA<strong>HR</strong>T 1989 1.10.89 - 18.10.89 - 6 <strong>Teil</strong>nehmer<br />
Privatautos -<br />
Herbstwanderungen in den Alpen des Wallis.<br />
STUDIENFA<strong>HR</strong>T 1990 16.6.90 - 20.6.90<br />
Jahrestagung der GDS in Luxemburg.
155<br />
350 <strong>Teil</strong>nehmer angemeldet<br />
Ausführlicher Bericht im AAT-INFO Nr. 27 - September 1990.<br />
STUDIENREISE 1991 04.05. - 20.05.90 - 43 <strong>Teil</strong>nehmer<br />
Voyages Siehl<br />
Ost - Kanada - Montreal - Botanischer Garten - Quebec - Kan-a-<br />
Mouche (Vollpension im kanadischen Urwald; wir wohnen in<br />
Blockhütten - Hydravion - Ottawa (Botanischer Garten) - North Bay<br />
(Sudbury) - Baie Georgienne - Midland - St. Marie des Hurons - Port<br />
Severn, - Toronto - Niagarafälle - 335 Meter hohes<br />
Drehturmrestaurant im 553 hohen Turm - Chinatown - Montreal -<br />
STUDIENFA<strong>HR</strong>T 1991 24.09 - 29.09 – 6 <strong>Teil</strong>nehmer<br />
Privatautos -<br />
Nationalpark in Zernez - Engadin - Graubünden - St. Moritz -<br />
Wanderungen im Kanton Wallis (Schweiz)<br />
STUDIENREISE 1992 21.05 - 06. 06 - 21 <strong>Teil</strong>nehmer<br />
Weber – Canach<br />
Scotney Castle - Brighton - Leonardslee Gardens - Knoll Gardens -<br />
Abbotsbury Gardens - Swannerie - Exbury Gardens - ISLE OF<br />
WIGHT - Privatgarten Harrison in Northcourt - Ventnor Botanical<br />
Garden - Cichester - Exeter - Castle Drogo - Wanderung durch die<br />
Lydford Gorge - St. Yves - Trellissick Garden - The Trebah Gardens -<br />
Tresco Abbey Gardens of der Insel Tresco - Trengwaington Gardens<br />
- Schloss Tintangel - Rosemoor Gardens - Bristol - The Tropical Bird<br />
Gardens mit der Clematis Sammlung - Badminton (Besichtigung<br />
unter der Führung von der Duchess of Beaufort). - Bath - Swansea -<br />
Clyne Gardens - Dyffryn Botanic Garden - Cardiff - Wisley Gardens<br />
der Royal Horticultural Society - Cliveden Gardens in Maidenhead -<br />
Hatfield House (Haus u. Gärten der Marquis und Marquise von<br />
Salisbury - Oxford - Oxford Botanic Garden - Hidcote Manor Garden<br />
- Stratford -upon-Avon (Shakespeare) - The Beth Chatto Gardens -<br />
STUDIENFA<strong>HR</strong>T 1992 25.6. 30.6. - 4 <strong>Teil</strong>nehmer<br />
Jahrestagung der GDS in Coburg - Privatauto –<br />
Bayreuth - Privatbesuch bei Fritz Köhlein in Bindlach- Coburg -<br />
Rennsteiggarten in Oberhof -<br />
Garten von Karl Wienke in Suhl (Autor des Buches “Mein<br />
Wassergarten” (Parey) - Garten Krekel - Garten L.Anschutz -<br />
Wildstaudengärtnerei Monika und Wolfgang Urban in Grub am Forst<br />
- Mietgarten Klaus Kaiser - Botanischer Garten in Hof - Privatbesuch<br />
beim Leiter des Gartens, Herrn Fuchs. - Privatgarten von Martel und<br />
Hermann Hald in Pfedelbach - Gärtnerei Simon in Marktheidenfeld -
156<br />
STUDIENFA<strong>HR</strong>T 1992 15.09-15.10 - 6 <strong>Teil</strong>nehmer (organisiert<br />
gemeinsam mit Marco Franzen)<br />
Nationalparke in Kalifornien, Nevada, Utah und Arizona<br />
San Francisco - Monterey Bay Aquarium - Stanford University -<br />
Muirwood National Park - Botanical Garden of San Francisco -<br />
Yosemite Village - Arch Rock - Yosemite Falls - Yosemite Park -<br />
Glacier Point - Mariposa Grove - Tioga Road - Tuolumne Meadows -<br />
Tioga Pass - Sequoia & Kings Canyon National park - Three Rivers -<br />
Giant Forest - Grant Grove / General Sherman & General Grant -<br />
Crystal Cave - Moro Rock - Mineral King - Eagle Lake Trail - Cedar<br />
Grove - Kings Canyon - River Trail - Death Valley - Stove Pipe Wells<br />
- Sand Dunes - Furnace Creek - Dantes View - Artists Drive -<br />
Badwater u.s.w. Shoshone - Las Vegas - Zion National Park -<br />
Springdale - Zion Canyon Scenic Drive - Virgin River - Kolob Canyon<br />
Road - Bryce Canon/Wanderung u. Mauleselritt - Navajo National<br />
Monument - Kayenta - Monument Valley - Betatakin - Keet Steel -<br />
Mexican Water - Canyon de Chelly National Monument - Hopi Indian<br />
Reservation - Hubbel Trading Post - Walpi First Mesa - Mishongnovi<br />
Second Mesa - Oraibi Kykotsmovi Third Mesa - Tuba City - Grand<br />
Canyon National Park - South Rim - Rafting auf dem<br />
Stillwater/abschnitt - Flug über den Canyon (unbedingt letzter Flug<br />
vor Sonnenuntergang buchen) - Jushua Tree National Park - Cotton<br />
Wood Visitor Center - Cholla Cactus Garden - Pinto Wye Junction -<br />
Jumbo Rocks - Keys View - Hidden Valley - Yoshua Tree Village -<br />
Los Angeles -<br />
STUDIENFA<strong>HR</strong>T 1993 03.06 - 13.06. - 4 <strong>Teil</strong>nehmer<br />
Jahrestagung der GDS in Bad Schmiedeberg verbunden mit<br />
Vorbereitungsfahrt der Studienreise nach Polen..<br />
Hannover - Herrenhausen - Berggarten - Magdeburg - Heidehotel in<br />
Lubast - Dubener Heide mit Pferdekutsche - Pretzsch -<br />
Elbdeichwanderung - Unter vielen Vorträgen heben wir jenen über<br />
den Schutz der Alleebäumen hervor - am 6.6. begann die<br />
Prospektionsfahrt durch Polen. Sie enthielt im Prinzip dieselben<br />
Ziele welche auch angefahren wurden anlässlich der definitiven<br />
Reise.<br />
STUDIENREISE 1993 21.08 - 07.09. - 46 <strong>Teil</strong>nehmer<br />
Kurban Tours Voyages Siehl - Kanada -<br />
Westkanada - Paris - Montreal - Calgary - Drumheller - Tyrell<br />
Museum /Saurier - Huttersekte - Kootenay National Park Banff -<br />
Vermillon Pass - Marble Canon - Paint Pots - Kootenay Viewpoint -<br />
Radium Hotsprings - Golden - Revelstoke - Giant Cedar (Thuja!)<br />
Yoho Park - Takakkaw Falls - Emerald Lake - Kananaskis - Lake<br />
Minnewanka - Lake Louis - Canon Johnston - Moraine Lake - Jasper<br />
- Athabasca Gletscher - Lac Maligne - Mount Robson Provincial Parc
157<br />
- Reaguard Falls - Wells Gray Provincial Park -Spahats Creek -<br />
Helmcken Falls (61m) - Clearwater - Kamloops - Croisière sur le Lac<br />
Okanagan - Visite d’une station de viticulture - Wanderung in der<br />
Osoyoo-Wüste - Cathedral Provincial Park - Manning Park - The<br />
Hope Slide - Fraser river - Vancouver - Vancouver Island - Victoria -<br />
Butchart Gardens - Toronto - Montreal - Paris Orly - Paris Orly ! -<br />
Luxemburg<br />
STUDIENFA<strong>HR</strong>T 1993 25.09. - 0<strong>2.</strong>10 - 16 <strong>Teil</strong>nehmer<br />
Leitung Irène und Nico Leners<br />
Bergwanderungen in GALTUR<br />
St. Anton - Tschafeln - Friedrichshafener Hütte - Zeinisjochhaus -<br />
Furka - Verbella - Samtal und Samtalhütte -Medrigalm - Ascherhütte<br />
- Bieltalbach - Silvretta-Stausee - Zeinisbach - Kopsee -<br />
Aus gesundheitlichen Gründen nicht teilgenommen<br />
STUDIENREISE 1994 07.05 - 21.05 - 23 <strong>Teil</strong>nehmer<br />
Polen - Leitung hatte der polnische Professor Kosmitzki<br />
Hannover - Herrenhausen - Braunschweig , Botanischer Garten -<br />
Potsdam - Gärtnerei Karl Förster - Schloss und Park Sanssouci -<br />
Park Charlottenburg - Berlin (Führung) - Botanischer Garten Berlin<br />
Dahlem - Posen - Wielkopolska - Palmiarnia in Posen - Nationalpark<br />
- Zerkower Schweiz - Kalisch - Gostyn - Bootsfahrt auf den Auen der<br />
Warte - Rogalin (Schloss und Museum) - Kloster Glogowko-Gostyn -<br />
Schloss Rokosowo - Schloss Kornik - Heimat-Museum Koszuty<br />
(Abendessen) - Pepowo (Pferdezucht) Kutschenfahrt , absoluter<br />
Höhepunkt (6 Stunden) - Besuch in Smolice bei Herrn Stanislas<br />
Schmidt (Botanisches Institut) - Brody - Gruben - Cottbus - Dresden -<br />
Weimar - Erfurt - Bad Homburg - Plamengarten in Frankfurt -<br />
STUDIENFA<strong>HR</strong>T 1994 23.06 - 22 <strong>Teil</strong>nehmer<br />
Botanischer Garten Haut Chitelet -<br />
STUDIENFA<strong>HR</strong>T 1994 09.09 11.09 - 4 Personen<br />
Jahrestagung der GDS in Konstanz am Bodensee -<br />
Separates Programm:<br />
Alpine Staudengärtnerei Sündermann - Lindau am Bodensee<br />
Alpenpflanzenspezialist Gärtnerei Eschmann in Emmen (Zürich) -<br />
Blumeninsel Mainau.<br />
STUDIENREISE 1994 10. 09. - 17.09 - 13 Personen<br />
Leitung Irène und Nico Leners<br />
Bergwanderung in Tirol<br />
Breitspitze - Niederelbehütte - Jamtalhütte - Wiesbadnerhütte -<br />
Leutkirchenhütte - Nicht teilgenommen.
158<br />
STUDIENFA<strong>HR</strong>T 1995 21.05 - 50 <strong>Teil</strong>nehmer<br />
Organisation gemeinsam mit Mady Molitor und Greenfingers<br />
Gemeinsam mit ICOMOS und Greenfingers -<br />
Parc de M. et Mme SIMON bei Temploux - Château de Flaville<br />
(vicomte et vicomtesse Olivier de Spoeberch) - Jagdschlösschen der<br />
Familie Henry Delwart (Russel Page) - Château de Crupet - Croisière<br />
sur la Meuse de Dinant vers le Château der Freyr -<br />
STUDIENFA<strong>HR</strong>T 1995 09.06 11.06 - 4 <strong>Teil</strong>nehmer<br />
Jahrestagung der GDS in Hildesheim<br />
Hildesheim - Privatgärten - Kayser - Gärtnerei und Imkerei Hauch<br />
(dort machten wir Bekanntschaft mit dem “Honigbaum” Euodia<br />
hupehensis. Wir heben dies ausdrücklich hervor, weil inzwischen<br />
mehrere Mitglieder den Versuch anstellen, diesen Baum in ihrem<br />
Garten zu haben.- Garten Elbrächter - Botanischer Garten in<br />
Braunschweig - Wassergarten Lange - Neuer Botanischer Garten der<br />
Universität in Marburg -<br />
STUDIENREISE 1995 09.08 - 0<strong>2.</strong>09 - mit 42 Einschreibungen<br />
ausgebucht<br />
Organisationsgruppe unter Leitung von mir, Marco Franzen und<br />
Roger Feipel.<br />
China / Luxemburg - Zürich - Beijing - Tian An Man - Verbotene Stadt<br />
- Sommerpalast - Himmelstempel - Lamatempel Yong He Gong -<br />
Grosse Mauer in Muttianyu - Tal der 13 Minggräber - Busfahrt nach<br />
Chengde - Sommerpalast (Kleine Potala) - Tempel des Ewigen<br />
Friedens - Peking Oper - Spital/Moxibustion und Massage - Flug<br />
nach Xian - Grosse Pagode der Wildgans (Foto) - Gesänge und<br />
Tänze der Dinastie Tang - Grosses Museum - Die Tönerne Armee -<br />
Flug nach Shanghai - Garten des Mandarin Yu - Tempel des<br />
Jadebuddha - Bund und Nankinstrasse - Nationalzirkus - Zugfahrt<br />
nach Changzou -Künstlermusiker/Gesänge und Musik - Suzhou -<br />
Gärten: Meister der Netze - Liu Yuan - Garten des einfachen<br />
Verwalters - Broderien - Seidenfabrik - Taotempel - Schifffahrt auf<br />
dem Kaiserkanal - Busfahrt nach Hangzhou - Westsee - Tempel<br />
Ling Yin - Tempel des General Yue Fei - Seidenmuseum -<br />
Teeplantage - Pagode des 6 Harmonien - Flug nach Guilin (60 km<br />
Flußfahrt) - Grotte der Rohrflöte - Flug nach Guanzhou - Denkmal<br />
des Artzes Sun Yat-sen - Tempel der Ahnen der Chenfamilie - der<br />
offene Markt - Zugfahrt und anschließend Busfahrt nach Hongkong<br />
Park und freie Besichtung - Taifun - Zürich<br />
Die Ereignisse vor Schluss dieser Fahrt, bei welchen ich aus<br />
Responsabilitätsgründen mich verantwortlich fühlte um einen<br />
sterbenskranken Reiseteilnehmer aus der Republik China nach
159<br />
Hongkong zu fliegen, veranlassten mich die Organisation von<br />
zukünftigen größeren Studienreisen ab zu geben.<br />
STUDIENREISE 1996 04.06. - 15.06. - 13 <strong>Teil</strong>nehmer<br />
Jahrestagung der GDS-Jahrestagung in Hamburg<br />
Hildesheim - Kiel - Botanischer Garten der<br />
Christian/Albrechts/Universität - Molfsee/Freilichtmuseum - Hamburg<br />
- Botanischer Garten Flottbeck - Staudengärtnerei Jürgen Peters -<br />
Arboretum Thiensen - Baumschule und Rhododendronzüchter<br />
Hachmann - Privatgarten des Medeziners Dr. Jürgens -<br />
Irisausstellung im Botanischen Garten - Puttgarden - Mons Klint -<br />
Lustschloß Liselund - Kopenhagen - Wasserschloß Frederiksborg -<br />
Schloss Fredensborg – Botanischer Garten in Kopenhagen -<br />
Roskilde - Lübeck - Botanischer Garten der Universität von Göttingen<br />
- Botanischer Garten der Philipps Universität in Marburg -<br />
Privatgarten Michael von Heydwolff - Heidelberg - Bonsai Zentrum -<br />
Gärtnerei German - Speyer<br />
STUDIENREISE 1997 03.07 - 10.07 - 11 <strong>Teil</strong>nehmer<br />
Jahrestagung der GDS in Würzburg<br />
Wilhelma Stuttgart - Botanischer Garten Würzburg - Veitshöchheim -<br />
Nürnberg - Fränkische Schweiz - Staudensichtungsgarten in<br />
Weihenstephan - München - Botanischer Garten - Zoo in Basel -<br />
Weinkellerei Hansi in Benwihr - Le Haut Koenigsbourg - Jardin<br />
Botanique de l’Université de Nancy.<br />
STUDIENREISE 1998 28.06. - 29.06 GDS-Tagung und<br />
anschließend<br />
1998 30.06 - 09.07 Schottlandfahrt – 45 <strong>Teil</strong>nehmer.<br />
Jahrestagung der GDS in Aachen.<br />
Weiterfahrt nach Schottland<br />
Ada-Hofman (Botanischer Wassergarten) - Trompenburg<br />
(Rotterdam) - Harlow Car - Little Spa - Branklyn Garden in Perth -<br />
Botanischer Garten der Universität Dundee - St. Andrews -<br />
Botanischer Garten in Edinburgh - Braemar - Balmoral - Craiglevar<br />
Castle - Crathes Castle - Aberdeen - Edzell castle - Glasgow - Ayr -<br />
Culzean castle - Logan Botanical Garden - Dumfries - Fort Williams -<br />
Loch Ness - Inverness - Inverewe - Carlisle - Knutsfort Tatton - Arley<br />
Hall Gardens - Het Loo – Aachen - Luxemburg.<br />
Studienreise – Mit dem eigenen Auto nach Schottland.<br />
Mittwoch, den 24. Mai bis Mittwoch, den 6. Juni 2000 inkl.
160<br />
4 Reiseteilnehmer.<br />
Programm: England – Wales - Schottlandfahrt<br />
Tag der Anfahrt - Mittwoch - 24. Mai –<br />
Fahrt nach Calais. Shuttleüberfahrt. Weiterfahrt KEW gardens<br />
B&B in Strathire, Haslemere Tel.: 0044 01428 642466 Fax: 0044<br />
1428 656 708<br />
Donnerstag - 25. Mai<br />
Fahrt nach London - Chelsea – Flowershow zurück nach Strathire<br />
Freitag - 26. Mai<br />
Fahrt über Windsor – White horses – Avebury – Bath (Mittag)<br />
Weiterfahrt nach Wales – Cardiff – Swansea –<br />
B&B The White House Hotel - Swansea Tel.: 44 1792 473856 Fax.:<br />
44 1792 455300<br />
National Botanic Garden of Wales –<br />
Samstag - 27. Mai<br />
Fahrt nach Powys Castle – Welshpool Powys –-<br />
B&B - The Lion Hotel, Harlech GWYNEDD Tel.: 0044 1766 780 731<br />
Besuch in Portmeiron<br />
Sonntag - 28. Mai<br />
Ness Botanic Gardens - University of Liverpool<br />
B& B - The Acer Hotel, Carlisle - Tel.: 0044 01228 531562 Fax:<br />
0044 1228 591005<br />
Montag - 29. Mai<br />
Castle Douglas – Castle Threaf<br />
Hotel KINGSMILL - CULCABROCK Road INVERNESS - Tel.:<br />
0044/1463-237166 Fax.: 0044/1463-225208<br />
Dienstag - 30. Mai<br />
Nordwestecke Schottland<br />
Mittwoch - 31. Mai<br />
Nordküste über die A9 nach Tain –<br />
Donnerstag – 1. Juni<br />
Fahrt an die Nordostküste.<br />
Freitag – <strong>2.</strong> Juni<br />
Fahrt nach Edinburgh<br />
B&B - Delta House J.H. Cuthbert – Tel. & Fax. 0044 131 6652107 .<br />
Samstag – 3. Juni<br />
Fahrt über die Ostküste südlich des Firth of Forth nach York<br />
B&B - Ivy House Farm - York Road - Kexby York Tel.: 44 1904<br />
489368<br />
Sonntag – 4. Juni<br />
Fahrt über Coventry – Oxford - Rosengarden St. Alban – Wisley<br />
B&B in Haslemere siehe oben.<br />
Montag - 5. Juni<br />
Wisley – Gardens Surrey<br />
B&B in Haslemere siehe oben<br />
Dienstag - 6. Juni
Isle of Wight – South<br />
B& B in Haslemere siehe oben<br />
Mittwoch - 7. Juni<br />
Shuttle - Calais – Luxembourg<br />
161<br />
Besuch beim Sohn Mike in Champaign – Illinois 2001<br />
Flug nach Champaign am 24. August 2001<br />
Rückflug Luxemburg am 7 Oktober 2001<br />
BRIEFE AN DIE REDAKTION<br />
Veröffentlichte und auch nicht veröffentlichte.<br />
Streik? (21.7.1998)<br />
Laut Duden “ist Streik die gemeinsame meist gewerkschaftlich<br />
organisierte Arbeitsniederlegung von Arbeitnehmern zur<br />
Durchsetzung bestimmter wirtschaftlicher, sozialer, arbeitsmäßiger<br />
Forderungen”.<br />
Hätten die Staatsbeamten aber, wie das bei einem Streik üblich ist,<br />
bloß ihre Arbeit niedergelegt, wäre dies wahrscheinlich niemandem<br />
aufgefallen und so mussten sie, fatalerweise um auf sich<br />
aufmerksam zu machen, zu verwerflichen Mitteln greifen. Sie<br />
mussten erreichen, dass andere bei ihrer tagtäglichen Arbeit um den<br />
Erwerb viel niedriger Löhne empfindlich gestört werden.<br />
Ausnahmsweise waren diese plötzlich übereifrigen Diener des<br />
Staates (oder des Volkes) heute Morgen bereits um 6.00 Uhr auf<br />
ihrem Streikposten. Normalerweise kann man froh sein, wenn man<br />
sie in ihrem Büro etwas nach 9.00 Uhr erreichen kann.<br />
Wie Gangster die in einer Bank Privatleute als Geisel nehmen um<br />
Geld zu erpressen, so schrecken diese vor Nichts zurück und<br />
nehmen das arbeitsame Volk als Geisel, blockieren den nationalen<br />
Verkehr, behindern nicht nur jene Leute die einer privaten<br />
Beschäftigung nachgehen, sondern verantwortungslos alle die in<br />
Aufopferung einem Beruf nachkommen wollen, sei es als<br />
Pflegehelfer oder Krankenschwestern, um nur einen Berufsstand<br />
hervorzuheben. ”Huet Dir se nach all an der Schiebel”?<br />
Mein Gott, das nennt sich Beamte, die für den Staat, für eine Nation<br />
arbeiten sollen.
162<br />
Ist unser Staat, sind unsere Medien bereits unwiderruflich erpressbar<br />
geworden? Diese Erpresseraktionen werden keinesfalls von der<br />
Polizei geahndet Im Gegenteil die Polizei und deren Vorgesetzte<br />
leisten zusätzliche Handlangerdienste, leiten den Verkehr vor den<br />
Blockaden einfach um und sind indirekt den Streikenden bei ihrer<br />
sträflichen Tat behilflich, sei es um blutige Zusammenstöße zu<br />
vermeiden, sei es in ihrem ureigenen Interesse.<br />
Es dürfte gut möglich sein, dass sogar die Tageszeitungen sich nicht<br />
mehr trauen so einen Leserbrief, aber die Stimme aus dem Volke,<br />
wie diesen zu veröffentlichen, weil die Folgen nicht abzusehen sind.<br />
Dürfen die Leidtragenden sich dies jedoch ohne Sprachorgan<br />
gefallen lassen? Die Medien vermeiden aus wohl bekannten<br />
Gründen, objektive und notwendigerweise vehemente Kritiken. Wo<br />
bleibt die Sensationspresse, denn Futter gibt es genug?<br />
Das ganze Spektakel ist ja globale Volksverdummung, wenn man<br />
bedenkt, dass ein Gewerkschaftsboss seine Gewerkschaft in aller<br />
Öffentlichkeit auf die Seite der Streikenden Beamten bringt,<br />
insgeheim aber den Flughafenlotsen verbietet zu streiken, weil er<br />
gerade an diesem Streiktag auf Findel landet!<br />
Dass der Streit der bereits seit einem Jahr um die absolut<br />
notwendige Rentenreform auf komplette Unverständlichkeit der<br />
Öffentlichkeit stößt, schert die raffgierigen und geltungsbedürftigen<br />
Anpeitscher wenig. Sie verteidigen ihre Pfründe die, einmal<br />
abgesehen davon ob diese ehrlicherweise für die geleistete Arbeit<br />
auch wirklich verdient sind und dabei 2 bis 3x die Renten eines<br />
vergleichbaren Beamten in anderen Sektoren übertreffen. Hier, nur<br />
hier hapert es an der sozialen Gerechtigkeit! Darüber hinaus werden<br />
diese Renten bislang noch aus Steuergeldern finanziert, die andere<br />
Leute bezahlen, denn in den Rentenkassen der Staatsbeamten<br />
herrscht gähnende Leere. Man wäre geneigt mit Lafontaine zu sagen<br />
“Eh bien, dansez maintenant!”.<br />
Komplette Anarchie ist das was solche menschenverachtende<br />
Streiks zur Folge haben können. Sie sind aus keiner Not, weder aus<br />
sozialer Ungerechtigkeit, noch aus wirtschaftlichem Bedürfnis<br />
entstanden. Kein Leistungsprinzip zwingt diese Leute sich mit soviel<br />
Dünkel an ihren Mitbürgern zu reiben. Was würden die G.- Bosse<br />
sagen, wenn man ihnen einmal so rein zufällig eine Fuhre Beton vor<br />
die eigene Haustür absetzen würde mit einem Schildchen versehen:<br />
Streikblokade?<br />
Ich möchte anonym bleiben, und das aus traurigen aber wohl<br />
bekannten Gründen.
Henri Regenwetter<br />
Zolver,<br />
163<br />
BTB och nach anescht. (26 05 1999)<br />
Perseinlech vertrieden ech keng privat an och kengen aner Leids<br />
Interessen bei desem Projet. Perseinlech hun ech mir awer eng égen<br />
Ménung gemacht. Hei ass se:<br />
Fir t’allereischt kucken ech die wichtegst Verkeiersplatzen an zwar<br />
nom Zärensytem vun der Auer.<br />
Op 9 - 11 Auer vun der Staater Gare aus gekuckt hun mir<br />
verschidden Punkte wou vill Verkeiersopkommen ka sin an stark<br />
Drockzeiten entstinn.<br />
Wat ech als interessant ugesin ass, dat bei menger Idi eng Onmass<br />
vun Verkeier ass der Staat eraus geholl ka gin, wat den BTB net<br />
kann an fleicht och net well!.<br />
Vun den Haptbunnen op dem Geessekneppchen, bei den Stadion<br />
Josy Barthel, dann op der âner Seit vum Rollengergonn dei<br />
verschidden Lyceen, dann bis op de Glacis an den Theater. Wien op<br />
de Geessekneppche wëllt klemmt an déi direkt Voiture schon aus<br />
den verschiddenen Himmelsrichtungen gesin!. Wien op de<br />
Lampertsbierg muss an déi direkt Voiture asw. Do sin vill<br />
Meiglechkeiten vir eng rationell Organisatioun gin!<br />
Ech klammeren gären den Stabiliteitsproblem vun der Rouder Breck<br />
domadden aus! Sie ass genug verschampeleiert!<br />
Op 1 Auer bis op 2 Auer hun mer dann den Kirchbierg,<br />
t’Ausstellungshallen, dann de Findel.<br />
Mein Virschlag gét dohinner von den Bunngleiser dei bestinn ze<br />
profiteieren an zwar vun der<br />
Peitenger Streck, vun der Areler Streck, dann vun der Nordstreck<br />
aus dem Uelzechtdall erop, dann vun der Treirer Streck an vun der<br />
Beteburger – Metzer Streck. Vleicht Uschloss nach zu Moutfort an<br />
nach do virgesin <strong>fir</strong> den Bunnuschloss direkt op Saarbecken ze<br />
realiseieren, wat jo duerchaus Zukunftsmusek ka sin!<br />
Wann mer de BTB baussend Hollerech un die 2 Strecken<br />
uschleissen an op de Geessekneppchen fueren an weider, wann et
164<br />
noutwendeg a meiglech ass bis bei den Stadion (dann hale mir<br />
t’Raudien aus der Staat), dann mat enger Breck iwer den<br />
Rollengergonn (virun 50 Joer sin schon am Rollengergronn Parzellen<br />
opkaf gin <strong>fir</strong> Pilliers ze setzen!!) op de Lampertsbierg an vun do erof<br />
op d‘ Dummeldenger Streck mat Ofzweigung erop op de Kirchbierg<br />
bei t’Halen an t’Parlamentsgebeier, dann weider en Uschloss bei<br />
Cents <strong>fir</strong> op de Findel an vun do aus weider op t’Gare.. Dann hun<br />
mir e Kréssverkeier ronderem t’Staat, den a beid Richtungen op<br />
villen wichtege Platzen ausschödde kann, dât grad an den<br />
Drockzeiten, ouni de Verkeier an der Staat ze belaschten! Esou guer<br />
kann och t‘ Gare immens entlascht gin well all die Leid dei iwer des<br />
Strecken an t’Staat eran wellen brauchen net mei bis op t’Gare ze<br />
fueren.<br />
Ech schecken e graffen Plang vun mengen Iwerléungen hei mat.<br />
Henri Regenwetter, Zolver.<br />
PS. Wann én äntwere wöllt, dan sot wanneg gelift derbei wém seng<br />
oder wat<strong>fir</strong> Interesse Dir vertrött! Well do sin mer jo elo am pickechen<br />
Drot gelannt!<br />
Häggis und Highlands in Zolver? 14.10.1999<br />
Zuerst einige Zeilen zur Aufklärung. Auf nahezu jeder schottischen<br />
Speisekarte findet man Häggis, der nur äusserlich etwas gemeinsam<br />
hat mit dem Saumagen in der Pfalz. Beide sind mit (nach<br />
Geheimrezepten hergestellten) Füllungen, das heisst schmackhaft<br />
staffierte Mägen. Sie gehören zu den kulinarischen Extravaganzen<br />
der jeweiligen Küche.<br />
Ich traf vor etlichen Jahren in Schottland einen “sehr rauhen” speziell<br />
nach Glenfiddish duftenden, und auf dem Dorfplatz Dudelsack<br />
pfeiffenden (?!) Kyltträger. Zu welchem Clan er gehörte interessierte<br />
mich damals noch wenig. In seinem Dudelsack aber musste ein<br />
erbarmungsloser Teufel “gepfiffen” haben. Deshalb lud ich ihn<br />
kurzum ein zu einem, mein Ohr balsamierenden Drink, Ich gab dabei<br />
freundlich an, von ihm erfahren zu wollen woher die Bezeichnung<br />
Häggis komme.<br />
Nach einem tiefen Blick ins Glas, legte er ganz jovial seine nicht<br />
mehr ganz zitterfreie Hand auf meinen Arm und begann zu erklären,<br />
indem er zuerst inbrünstig, ja fast theatralisch tief Atem holte und<br />
genüssig das von mir spendierte Bier ansetzte. Er musste ein<br />
wahrhaft guter Kenner der einheimischen Fauna sein. Die Häggis<br />
seien kleine, äusserst flinke Nagetiere, die in den Highlands sich
165<br />
wohl fühlen, erklärte er mir und versuchte mich mit einem<br />
vielsagenden, aber ehrlich scheinenden Blick zu überzeugen. Im<br />
Laufe der Evolution hätten sich die Häggis auf die sehr<br />
abwechslungsreiche und hügelige Landschaft (Highlands)<br />
spezialisiert. Häggis die nur bergauf rennen, hätten vorne kürzere<br />
Beine. Jene die nur bergab rennen...ich ergänzte ihn ... haben vorne<br />
längere Beine. Er winkte mit einem Finger zustimmend und<br />
schmunzelnd fuhr er fort: “Jene die nur am Hang aus dem Tal hinaus<br />
oder hinein rennen, haben zur besseren Stabilität entweder die<br />
beiden linken oder die beiden rechten Läufer kürzer....” Er kannte<br />
noch weitere, hoch spezialisierte Varianten, die er mir im<br />
anschliessenden Gespräch der Vollständigkeit halber, nicht<br />
verschwieg.<br />
Nach der kurzen Erläuterung zum nachfolgenden Text komme ich<br />
nun zu dieser ominösen Sache der Highlands und den Häggis in<br />
Zolver.<br />
Die zoologische Eigenart, der schnellen Anpassungsfähigkeit<br />
besagter Häggis, kam mir am letzten Sonntag urplötzlich wieder in<br />
Erinnerung, als ich mit meiner Frau Arm in Arm zum Wahlbüro<br />
schritt. Ich bekenne, dass besagte Bürgersteig - Strecke mir seit den<br />
umfassenden und bereits Äonen dauernden<br />
“Verschönerungsarbeiten” am Dorfkern, nicht mehr unter die Schuhe<br />
gekommen ist. Also, meine Frau und ich erreichten einen gewissen<br />
Punkt des soeben wieder einmal fertig gestellten Bürgersteigs, als<br />
ich mich zu ihr wandte um einige Worte mit ihr zu wechseln. Man<br />
kann sich nicht vorstellen wie verblüfft ich war, als auf einmal der<br />
Kopf meiner rechts neben mir gehenden Frau bis in die Höhe meiner<br />
Stirn herauf ragte. Im normalen Zustand bin ich etwas mehr als nur<br />
einen Kopf “höher” als sie. Ich traute meinen Augen nicht und<br />
begann sofort nach der Ursache dieses Phänomens zu forschen.<br />
Hatte ich da nicht bereits etwas in meinen unterschiedlich hoch<br />
aufsetzenden Füssen verspürt? Damit kam ich schnell zu des<br />
Rätsels Lösung. Ich begutachtete mir einmal genau den zur Strasse<br />
hin geneigten, ja unmässig abfallenden Bürgersteig, und schon<br />
schossen mir die Häggis in den Kopf.<br />
An dieser Baustelle wurde sicher mit einer Libelle gearbeitet, die<br />
vielleicht etwas gebrochen war und deren Ersatzglas man auch noch<br />
zu aller Unbill mit dem Boden einer Colaflasche verwechselt hatte.<br />
Wahrscheinlich hatte der Baumeister entweder etwas schief auf das<br />
eine oder zu tief in ein anderes Glas geschaut.<br />
Ich bedaure jedenfalls die Anwohner, besonders die Pensionäre des<br />
Altersheim, die über diese abschüssige Hanglage zur Busstation
166<br />
gehen und noch nicht von den wegweisenden Evolutionssprüngen<br />
der Häggis vernommen haben. Sie müssen sich in absehbarer Zeit,<br />
genau wie die Häggis in Schottland, den Highlands am Zolverknapp<br />
umgehend anpassen, noch bevor das erste Glatteis dieses Produkt<br />
höchster bautechnischer Kunst ganz besonders in die<br />
kunstentehrende Bedrängnis bringt, mit dem Hintern der Passanten<br />
unflätig in Kontakt zu kommen.<br />
Besichtigungen vor Ort sind absolut gratis.<br />
Henri Regenwetter<br />
Si tacuisses philosophus mansisses. 13.03.2000<br />
(wurde nicht gebracht, weil Bedenken vorlagen der Artikel stamme<br />
von der Redaktion).<br />
Durch Zufall wurde ich Zeuge der Diskussion im Forum vom letzten<br />
Sonntag. Da bemühte sich der Vertreter einer Glaubensgemeinschaft<br />
im Büsserkleid das historische Mea Culpa der Kirche ausführlich zu<br />
erläutern, um den geladenen Gästen Rede und Antwort zu stehen.<br />
Die Unausgewogenheit der Besetzung in der Diskussionsrunde aber<br />
erinnerte mich an eine englische Fuchsjagd.<br />
Die “Jäger” zeigten nicht den Deut einer Bereitschaft die<br />
Beteuerungen und Entschuldigungen des “Gejagten” für alle<br />
Vergehen der Vergangenheit, die im Namen einer<br />
Glaubensgemeinschaft geschahen, entgegen zu nehmen. Ein laut<br />
denkender Philosoph und der Präsident der Gesellschaft “Pour la<br />
libre conscience” entpuppten sich keinesfalls als objektive<br />
Gesprächspartner. Sie entlarvten sich selber mit populistischen<br />
Hetztiraden an die Adresse nicht nur des Vertreters einer anderen<br />
Gesinnung sondern an die Adresse jeder anders denken<br />
Gemeinschaft.<br />
Mit ausgeklügelten Manövern wurde die Drecksschleuder bedient<br />
von den beiden Vertretern der angeblichen “libre conscience”, was ja<br />
soviel wie Toleranz auf der ganzen Linie bedeutet. Mit<br />
unmanierlichen Zwischenrufen wurde gezielt geschossen. Eine Farce<br />
ersten Ranges. Alte Leichen wurden von ihnen ausgegraben und wer<br />
da geglaubt hatte der Aufbruch in eine sich wandelnde Gesellschaft,<br />
ins neuen Jahrtausend würde gekennzeichnet sein von<br />
Kompromissbereitschaft, von Toleranz und friedlichem<br />
Nebeneinander, der wurde eines Schlimmeren belehrt. Genau das<br />
was sie der Kirche (in Zukunft mehr Toleranz für Andersdenkende
167<br />
aus zu üben) nicht zu tun, vorwarfen, exerzierten die beiden<br />
Antagonisten: Populismus. Die beiden legten vor dem<br />
aufmerksamen, vorurteilsfreien Zuhörer ihre Masken ab und<br />
verkündeten genau das Gegenteil dessen was sie für sich selber in<br />
Anspruch nehmen und öffentlich als ihr ureigenes Bestreben<br />
vortäuschen.<br />
Die Situation des Mannes im Büssergewand degradierte zum “Rufer<br />
in einer Wüste”. Immer mehr wurde mir die Parallele zu einem<br />
Drama, das sich vor 2000 Jahren ereignet hat, in Erinnerung<br />
gerufen. Da sassen sie, die Philister, spiessbürgerlich, engstirnig,<br />
kompromisslos, erbärmliche Vertreter einer nicht unbedeutenden<br />
Volksschicht. Da argumentierten, urteilten und verurteilten sie<br />
selbstgerecht, genau wie vor 2000 Jahren, die Pharisäer.<br />
Bei diesem Forum kamen mir die Worte von Schiller in Erinnerung:<br />
“Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen<br />
Nachbarn nicht gefällt!”<br />
R.H.<br />
Mit freundlichen Grüssen.<br />
Henri Regenwetter.<br />
Ich bitte aus bestimmten Gründen den Namen nicht zu erwähnen,<br />
Der Gréngewald ist noch zu retten! 26 07 2000<br />
Nun erst recht plädiere ich persönlich, dass die kürzeste Trasse<br />
gewählt und auch jene Lösung studiert wird, die am wenigsten Natur<br />
verbraucht. Es handelt sich um die “Direttissima” durch das<br />
Alzettetal und zwar <strong>2.</strong>stöckig wie ich bereits vor einem Jahr<br />
vorgeschlagen hatte, in meinem Leserbrief an die Redaktion<br />
(Bringen wir es auf den Punkt). In der Schweiz habe ich diese<br />
elegante Lösung vor kurzem wieder gesehen, also ist es machbar.<br />
Zug / BSB / Autobahn 2-3 spurig unten und 2-3 spurig oben. In<br />
Amerika bin ich noch (bis 6 Spuren) übereinander gebaut, gefahren.<br />
In der Schweiz wurden die Seitenwände mit Kletterpflanzen begrünt<br />
und damit war die Autobahn nur mit geübtem Auge zu sehen.
168<br />
Wenn ich allein die Kosteneinsparungen bei den Infrastrukturen<br />
bedenke (Wasserabfuhr – Beleuchtung – Telefon – Zubringer? –<br />
Benzinverbrauch – Abgase – usw.), dann scheint diese Lösung auf<br />
Anhieb das Beste aller möglichen Übel zu sein!<br />
Die Lösung der Verkehrsfrage wurde von der vorherigen<br />
Regierungsmannschaft von hinten aufgesattelt und gezäumt. Anstatt<br />
die Umgehungsstrasse von Luxemburg Stadt als prioritär an zu<br />
sehen, wurde gewollt oder ungewollt die brutalste ja bereits<br />
unmögliche Situation heraufbeschworen.<br />
Versuch eines konstruktiven Diskussionsbeitrages. 26 07 2000<br />
Ich möchte noch einmal meine Überlegungen bei der Diskussion um<br />
die Ost- Westvariante zur Nordstrecke vortragen. Bereits in einem<br />
ausführlichen Brief an die Redaktion (Bringen wir es auf den Punkt)<br />
hatte ich die “Direttissima” angesprochen.<br />
Bei der neu entfachten Diskussion (sie fand bereits in einem<br />
Sommerloch statt!!) vermisse ich jetzt erst recht die Überlegung über<br />
die kürzeste Strecke nach zu denken die von Luxemburg nach<br />
Mersch führt. Die N7 ist 17 km lang. Die kürzeste Strecke zwischen 2<br />
Punkten ist bekanntlich eine Gerade, die etwa bei 15 km liegen<br />
dürfte, und das auf einer bereits verbauten Landschaftsstrecke!<br />
Im Klartext! Wenn man auf der gleichen Strecke wie die Eisenbahn,<br />
eine dreispurige und dazu zweistöckige Autobahn, mit einem<br />
zusätzlich modernisierten BTB- Netz baut, dann würden gegenüber<br />
allen andern Varianten eine Menge technische, finanzielle,<br />
fortschrittliche sowie auch ökonomische Vorteile entstehen, die nicht<br />
angezweifelt werden können.<br />
Wir haben in unserm Land das bedeutendste Stahlwerk der Welt,<br />
gewiss ein Atout bei solch einem Bauvorhaben. Wir haben in unserm<br />
Land bedeutende Betonwerke die eine schnelle Zulieferung von<br />
normbaren Beton - Fertigteilen gestatten. Ich sehe mal von der<br />
Beschäftigungsstrategie ab, die sich als Nebenprodukt an anderen<br />
nationalen Produktionsstätten auswirkt.<br />
Wir haben in unserm kleinen Land nur noch wenig naturbelassene<br />
Strecken. Warum weiter darauf bestehen eine Landschaft mit 4-6<br />
spurigen Autobahnen zu umzingeln, wenn sich schon die Reue über<br />
das beabsichtigte Vergehen an der Natur im Busen sammelt? Heute<br />
sind wir uns einig, dass man absolut sparsam mit dem<br />
Landschaftsverbau umgehen sollte! Diese Lösung wäre insgesamt<br />
die sparsamste! Ihr lieben Parteisprecher. Wo bleibt Eure Einstellung
169<br />
zur Nachhaltigkeit, von der Ihr uns vor den Wahlen so viel zu<br />
erzählen wusstet?<br />
Doppeldecker - Autobahnen sind keine Neuheit. Man findet sie in<br />
vielen Berg - Ländern, so der Schweiz und besonders auffallend<br />
rundum Los Angeles.<br />
Vom Kostenpunkt der notwendigen Infrastrukturen (sowie deren<br />
späteren Unterhalt) her wird man wohl jene der Ost- und<br />
Westvariante stark reduzieren können, denn diese werden an einem<br />
und demselben Bauwerk verlegt! Wasserabfluss, ein Problem bei<br />
beiden Varianten, wird sicher einfacher und billiger zu lösen sein –<br />
(nur einmal Oberflächenabwasser). Vom ästhetischen Standpunkt<br />
aus gesehen, habe ich in der Schweiz Autobahnwände komplett und<br />
sehr schön mit Kletterpflanzen begrünt gesehen. Eine wahrhaft<br />
maximale Anpassung an die Natur.<br />
Experten werden einer Direttissima wohl noch mehr Vorteile<br />
abringen. Ohne vom einmaligen Weichbild des Alzettetales zu<br />
sprechen, das mit etwas mehr Einsicht, Klugheit und Verstand<br />
erhalten werden kann.<br />
Henri Regenwetter.<br />
Un t’Madame Transportministerin. 27. Januar 2001<br />
Et ass schon e Strapp hier, do huet Dir op eng parlementaresch Ufro<br />
hin, adresseiert un Iech “Eng Kéier ze séier” agestanen dat Dir iech<br />
bis dohinner guer keng Rechenschaft ofgeluegt huet, op déi Plakate -<br />
Campagne (niewt de Strossen) déi jo schon Joere lang léft, <strong>fir</strong><br />
t’Automobilisten ze beleieren, och efficace ass.<br />
Bis elo kënne mer awer net emol den Uschein vun engem Erfolleg<br />
feststellen. An ass et och net e weineg schappech dat Dir iech<br />
bemeie musst <strong>fir</strong> festzestellen ob déi Plakaten iwerhapt eppes<br />
daachen. Dat misst dach eng logesch Folleg vun dénen Aktioune sin.<br />
Oder si mer do alt erem engem Automatismus verfall, dat alles<br />
„Bestens“ ass wât mer machen?<br />
Naiv, provokativ oder och vielleicht philosophesch Verkeierskonscht<br />
geheiert an en eidele Musee <strong>fir</strong> den Zeitgéscht. Ech hun nach ni en<br />
Autofuerer gesin, dén hannert der Plakat sech vun Erer Campagne
170<br />
beaflosse geloss huet, an seng Fuerweis geännert huet. Oder huet<br />
Dir dat schon an Uecht geholl? Är gudd gemengten Campagne sin<br />
glad ewech ouni Wierkung! Et gét net duer dat é soe kann et geng<br />
Eppes gemacht gin! Dat Eppes muss och Erfolleg hun. Wert huet et<br />
nëmmen <strong>fir</strong> all déi, déi dodrunner verdingen, nëmmen daat kann jo<br />
net den Hannergedanken vun Ärer Beleierungs - Campagne sin!<br />
Leieren sollen t’Chauffeuren ir se d’Erlabnes kreien op t’Stross lass<br />
geloss ze gin.<br />
An 10 Joer weit iwer 500 Doudeger, an vill mei wei 10000 Invaliden<br />
ass eng traureg Bilanz déi net aus den An verluer darf gin! Mé daat<br />
gött haut als selbstverständlech geschleckt. Déi kleng awer<br />
märderesch Kricher op der Stross gin leider weider an leien an Ären<br />
Hänn! Wann nëmmen e puer vun eisen Zaldoten am Asatz am<br />
Kosovo gestueren oder Kreppel gi wiren, da wär t’letzeburger Welt<br />
ze kleng. Dat ass t’onverschimt Wourecht!<br />
Huelt déi Sousen an stellt (wann der keng liewech „Verkeierspolizei“<br />
fannt) e puer maansgrouss uniformeiert Dummien op. Lost se hin an<br />
hier wibbelen an reckelen. Dir wärt gesin, dat déi Method wei<br />
Wonner wirkt, zemol wann och emol <strong>fir</strong> déi ganz schlau Rowdien an<br />
och Rowdinnen ofwiesselnd lieweg Männer, mam elektronesche Bic<br />
do stin!<br />
Kaft Eren Polizisten PC, déi sech matenaner verbanne lossen, well<br />
no engem Protokoll ass beim selwechten Delinquent mat Secherhét<br />
dén nächste Protokoll schon e puer Km weider virprogrammeiert, dat<br />
ass t’Praxis! An den USA ass dat doen scho lang. Ech sin e puer<br />
Meint do gefuer an war beandrockt iwer t’Disziplin op der Stross.<br />
Inspireiert iech bei hinnen. Dat ass efficace. Dir kritt och domadden<br />
eng Iwersiecht wien de Matbierger mam schlechte Beispill eppes<br />
virmescht oder provozeiert! Dat dingt och bei der Afeierung vum<br />
Punktesystem. T’Vollek leid jo onverständlecherweis dodrenner, dat<br />
wann aner mei seier fueren engem seng égen Nerven dat net<br />
verquessen. Da reiberen mer alt hannendrun, mat der<br />
Entschöllegung: “an déi Aaner” !<br />
A wann en Accident geschidd ass, an t’Justice huet de Schöllege<br />
festgestallt, da soll de Staat sech och mellen an nodréiglech e<br />
seftege Protokoll machen. Well de Staat vertrett t’Allgemenghét déi<br />
a Gefoer ass!<br />
Dat meng Idi mat den Dummien wirkt kann ech mat engem Beispiel<br />
beléen. Ech hun bei Foetz gesin wei en Automobilist op emol lues<br />
bei den rosarouden “drei-véierels” Strossendummi mam Fendel,
171<br />
gefuer ass. Hien ass esou guer eraus geklommen… awer ganz kurz<br />
nemmen!<br />
Ech wöll awer och nach e Wuert soen iwer de Fuertraining op der<br />
Piste zu Colmar-Bierg. Wéi bei all Aktiviteiten entstinn och Nodéler.<br />
Ech geng mengen dat et secher eng Hatt voll Absolventen gett, déi<br />
den Test gepackt hun, an sech elo zougin an duer<strong>fir</strong> mengen, sie<br />
wieren besser Fuerer wei den normalen Tutebatti dén mam Hutt op,<br />
schéin gemitterlech am Auto fiert.<br />
Dir Madame Minister, sidd eis reell wirksam Mossnahmen schölleg, a<br />
belidd Iech net selwer mat Alibiexperimenter! Dir sidd dénen<br />
Liewegen an verstännege Fuerer dât schölleg. Dir huet all déi bis elo<br />
inkrimineiert waren op Erer Seit an braucht net ze färten, déi normale<br />
Leid wärten niemols vun engem Polizeistaat schwätzen, wann Dir<br />
eppes <strong>fir</strong> hir Secherhét macht! Gewalt kann nemmen mat gleiche<br />
Möttelen begeint gin.....Dir gidd justement ausgelacht, wann der<br />
sôt.....“Lues, soss get et eng mat der Posch“!.<br />
E Papp dén eng gesond Famill a gesond Enkelkanner huet, déi sech<br />
iwer déi lamentabel Zoustänn irgeren!<br />
Henri Regenwetter<br />
BSE – Hysterie. (16.0<strong>2.</strong>2001<br />
Endlich hält da einer der überreagierenden Gesellschaft den Spiegel<br />
vors Gesicht. Mar. K. hat in seinem Leitartikel den blanken Nerv<br />
getroffen, doch wenige Leser werden wohl richtig abwägen können,<br />
wie haarsträubend krass die Abwegigkeit ist. Dieses, fast an<br />
Paranoia grenzende, gesellschaftliche Übel, ist bedenklich und kann<br />
absolut gefährlich werden für das Zusammenleben in der<br />
Gesellschaft. Sich ausschließlich in Schuldzuweisungen zu<br />
verkrampfen, kann in ein noch vielleicht besser einleuchtendes Licht<br />
gerückt werden. Ich möchte kurz hier den Gipfelpunkt dieser<br />
Perversion vor Augen führen.<br />
Obschon hierzulande (und auch in Deutschland) noch kein einziger<br />
von BSE- befallener Menschen bekannt und dazu auch noch kein<br />
einziger daran gestorben ist, hat diese Gesellschaft die Gelegenheit
172<br />
genutzt, um dummerweise sich selber um den Genuss vom geliebten<br />
Verzehr von Rindfleisch zu bringen. Das unrealistische Lamentieren<br />
erfolgt in den schlimmsten Tonarten und unverständlicherweise<br />
gegen die selbst produzierten und selbst zu verantwortenden<br />
Folgeerscheinungen. Es macht vermeintlich selbst befriedigenden<br />
Spaß, wie Don Quixote, gegen den mysteriösen Feind zu Felde<br />
ziehen zu können. Dabei wird die Situation aufgebläht, bis zu<br />
irrationalen Denkprozessen und Handlungen.<br />
In den Fällen aber, wo es keine simulierten, sondern reelle Tote oder<br />
Krüppel gibt, in denen man durch ein persönliches Fehlverhalten<br />
inkriminiert ist, nämlich im alltäglichen Verkehr auf der Strasse, da<br />
hüllt man sich in unverantwortliches Schweigen und verbleibt<br />
beharrlich in einem scheinbar unempfindlichen Mitmachen! Niemand<br />
will spontan sein Fahrzeug auf Kandare zäumen, um ab sofort sich<br />
konsequent an die Vorschriften im Straßenverkehr zu halten, um da<br />
gegen die reelle Gefahr anzugehen. Schizophrener geht’s nimmer.<br />
Henri Regenwetter<br />
Wir tanzen um den Rententisch. 1.4.2001<br />
In der Verfassung steht geschrieben, daß in unserm Staat alle<br />
Bürger gleichermaßen zu behandeln seien. Keine Diskriminierung<br />
einer Gesellschaftsgruppe! Wie ist es trotzdem möglich, daß auf der<br />
einen Seite die Privatbeamten in mühsamer Kleinarbeit viele<br />
Milliarden in einer gut durchdachten Rentenkasse<br />
zusammengetragen haben um anständige Renten zu erhalten, auf<br />
der anderen Seite die Staatsbeamten (wie die Grille in der Fabel)<br />
überhaupt erst spät begannen Beiträge zu zahlen, die<br />
augenscheinlich auch noch in keine Rentenkasse geflossen sind. Ist<br />
ein Fabelwunder geschehen, wenn die Ameise (Privatbeamte) sich<br />
vor der Rente der Grille wundern muß? Werden die Renten der<br />
Staatsbeamten wirklich aus Steuergeldern finanziert? Sieht man dies<br />
auch so am Rententisch, daß die Privatbeamten doppelt zur Kasse<br />
gebeten werden? Eine ehrlich gemeinte Antwort wäre erwünscht.<br />
Daß frappante Ungleichheit besteht, geht aus einem einfachen<br />
Beispiel hervor. Ein Arzt der bei den Privatbeamten seinen (Höchst)<br />
Beitrag bezahlt hat erhält nur 2/3 von jener Rente die der<br />
Gemeindebeamte bezieht.
173<br />
Will man tatsächlich im Teufelskreis tanzen, um die heutigen<br />
Beschäftigten mit jenen Beiträgen zu bezahlen, die durch eine auf<br />
etwa 750000 Einwohner aufgestockte Einwohnerzahl aufgebracht<br />
werden sollen. Deren Renten wiederum können ihrerseits auch nur<br />
noch durch eine auf 1.000.000 aufgestockte Einwohnerzahl bezahlt<br />
werden. Und wir tanzen immer nur so weiter im Teufelskreis um den<br />
Rententisch und werden keinen Deut klüger.<br />
Warum nicht durch konsequente Einsparungen das erreichen, was<br />
man nach Aufstockung der Bevölkerungszahl zusätzlich für sich<br />
aufdrängende Neuinvestitionen ausgeben muß. Das sind Ausgaben<br />
für Schulen, Geschäftshäuser, Industriezonen, Lyzeen, erweiterte<br />
Autobahnen. Diese Kosten, die durch den eventuellen Zuwachs der<br />
Population auf 750000 über uns hereinbrechen, und dazu die<br />
Lebensqualität aller Bewohner im höchsten Masse verschlechtern,<br />
gehen ganz sicher weit über die Beitragsmasse hinaus, die über den<br />
Populationszuwachs, den Rentenkassen zufließen müßte. Ich<br />
schlage deshalb vor all diese auszugebenden Milliarden in einen<br />
Rentenfonds zu stecken, anstelle sie zum Einbetonieren unseres<br />
Landes zu benutzen. Darüber sollte man jedenfalls nachdenken.<br />
Henri Regenwetter<br />
Strom sparen aber wie? Ein Vorschlag.<br />
(veröffentlicht am 7.4. 2001)<br />
Es gehört zu den Naturschutzaufgaben, auch auf das Stromsparen<br />
nicht nur hin zu weisen. Sicherheit und Lebensqualität spielen ganz<br />
besonders bei den Beleuchtungen in der Nacht eine Rolle.<br />
Lichtverschmutzung heißt das Schlagwort nach dem in Amerika<br />
geprägten Begriff „Light Pollution“. Diese Nachtbeleuchtungen haben<br />
ganz sicher eine Menge bisher noch nicht erforschte Nachtteile auch<br />
auf alle Lebewesen. Weltweit wird die weitere Entwicklung gebremst.<br />
Natürlich machen manche den Fehler immer wieder nur andere als<br />
die vorgeschlagenen Lösungen zu fordern, ohne mit einem<br />
„akzeptablen“ Variantenvorschlag aufzuwarten. Meistens liegt diese<br />
Variante bei Akzeptanz NULL. Solche Forderungen sind zwar<br />
marktschreierisch, sind bei Mitgliederwerbung erfolgreich, real<br />
gesehen aber glatt erfolglos und im Endeffekt für die ganze
174<br />
Gesellschaft ohne Vorteil. Es gibt vortreffliche Beispiele die ich aber<br />
hier nicht anführen will.<br />
Beim Stromsparen schaut man sofort auf die Großverbraucher.<br />
Hierzulande gehören zu diesen die Autobahnen. Ich kenne die<br />
bisher guten Gründe warum man Autobahnen beleuchtet. Im Falle<br />
eines Unfalles kann der nachfolgende Verkehr sich in Sichtweite auf<br />
das vor ihm liegende Gefahrengebiet einstellen. Weitere<br />
Karambolagen können vermieden werden und somit auch viel<br />
menschliches Leid.<br />
Es gibt nebenbei bemerkt, so viele Autofahrer die ihre<br />
Fahrzeuglichter nicht anzünden, wenn sie durch einen Tunnel fahren.<br />
Sie verstehen dummerweise nicht, dass es bei dieser Vorschrift<br />
absolut um Sicherheit, nicht aber um die eigenen Sichtverhältnisse<br />
geht.<br />
Die heutige Technik lässt aber bereits zu, dass man z. B. nach 2<strong>2.</strong>00<br />
Uhr oder erst nach Mitternacht streckenweise alle Lichter der<br />
Autobahn ausschaltet, was ja auch auf den Landstrassen der Fall ist,<br />
dort aber anders zu bewerten ist. Geschieht ein Unfall auf der<br />
unbeleuchteten Autobahn, kann ich mir vorstellen, dass an diesem<br />
Abschnitt, die bis zum Entstehen des Unfalls ausgeschalteten<br />
Straßenleuchten, automatisch über Sensoren eingeschaltet werden<br />
und auch bleiben so lange das bewegungslose Objekt vorhanden ist,<br />
was zusätzlich den nachfolgenden Verkehr bereits von weitem<br />
darauf hinweisen würde, dass man sich an der beleuchteten Stelle<br />
einer Unfallstelle nähert.<br />
Wer lässt sich seine technischen Lösungen patentieren?<br />
Es darf natürlich nicht sein, dass jetzt sofort, wie das bei der<br />
Wasserwirtschaft der Fall ist, wo man den Regennutzern vorhält, sie<br />
würden die Produktion und den Trinkwasserhaushalt ökonomisch<br />
ungünstig verändern, die Stromproduzenten auf die Barrikaden<br />
gehen und sich ärgern, weil nicht mehr soviel Strom verbraucht wird.<br />
Ich denke die Umwelt gehört allen Mitbürgern und auch allen<br />
Lebewesen, nicht nur den Aktionären.<br />
Henri Regenwetter
175<br />
Logik beim Rentendösch? (30 07 2001)<br />
Schon de Betonminister huet zu senger kurzer Zeit (é Gleck)<br />
gemengt eist Land keint 1,500.000 Awunner verkraften. Elo mengen<br />
t’Leit alleguerten (?) besonnesch dei rondöm den Rentendösch, mir<br />
missten bei 700000 usetzen. Mengen se da wirklech alleguerten dât?<br />
Elo ass endlech och é Schöllege fonnt gin, op dé ka geklappt gin,<br />
well et esou weit huet misse kommen. De Mann an t’ Frâe mat der<br />
klenge Renten sin Schold drun, well sie elo mat vill Gedéssems en<br />
etlech Grimmelen bei kreien. Duer<strong>fir</strong> mussen 300000<br />
Friemsprocheger an t’Land. Elo muss eist Land bradeiert gin. Dât<br />
ass Logik !<br />
Wien erklärt mir, <strong>fir</strong>wât t’Rentendöschler dât net schon <strong>fir</strong>um<br />
Rentendösch (an och virun de Wahlen) behâpt hun, well et jo eng<br />
Zort Leit an eisem Staat gött die nach emmer vill mei an hierer Rent<br />
kreien, an dât scho Joere lang. Bis elo huet nach kén sech getraut ze<br />
behaapten grad dei Hären wire schold, wa mer elo missten 300000<br />
Friemsprocheger (dât Wuert Auslänner ass schon ze vill vergraff) an<br />
t’Land lakkelen.<br />
Nedu Jean Claude, op de Standpunkt könnt et un!<br />
Henri Regenwetter<br />
Robbery (20.11.2002)<br />
Könnte als zeitgemäße Bezeichnung stehen für moderne<br />
Raubritterei.<br />
Die Reaktion auf einen Beitrag „Wie Banken unser Geld verdienen“<br />
war so positiv, dass ich mich stimuliert fühle weitere raubritterische<br />
Fälle hier anzuprangern.<br />
Fall 1.<br />
Seit Jahren erleichtert mich der Staat monatlich um Steuern! Nicht<br />
nur ich weiß dass ich jeden Monat mehr zahle als notwendig. Das<br />
weiß auch die zuständige Verwaltung. Um diesen Missstand<br />
nachträglich beheben zu können, verlangt man von mir eine<br />
rechtzeitige (!) Steuererklärung. Seit Jahren erfolgt diese prompt<br />
bereits im März, wenn ich im Besitz aller notwendigen Unterlagen<br />
bin. Im Jahr 2000 dauerte es bis November, im Jahr 2001 ebenfalls,<br />
solange und in diesem Jahr ist bis dato noch keine Rückzahlung<br />
erfolgt, wurde nicht einmal angekündigt. So gesehen arbeitet der<br />
Staat nahezu 2 Jahre mit meinem Geld, bevor er mir das<br />
zurückerstattet was mein ist, und mir quasi unrechtmäßig abverlangt
176<br />
wurde. Diesbezügliche Nachforschungen wurden jedes Mal<br />
abgewimmelt mit der stereotypen Antwort: „Ihre Steuerkarte ist noch<br />
immer nicht in unsern Händen. Sie müssen noch warten.“<br />
In diesem Jahr wollte ich diesem scheinbar unausrottbaren<br />
bürokratischen Missstand zuvorkommen. Ich erreichte, dass mir<br />
besagte Steuerkarte bereits vorlag bei der Abgabe meiner<br />
Steuerklärung. Ich dachte ich könnte damit die amtlichen<br />
Unzulänglichkeiten ausräumen. Außerdem bat ich beiliegend<br />
schriftlich um eine schnellere Bearbeitung. Denkste! Im Juli lieferte<br />
man mir am Telefon den Beweis dass meine Vermutung, mit einer<br />
stereotypen Ausrede abgespeist zu werden, mit der mir bereits<br />
bekannten Antwort: „Ihre Steuerkarte ist noch immer nicht<br />
eingetroffen.“!!! Auf meinen Hinweis hin, ich hätte bisher<br />
unverständlicherweise immer bis Ende des Jahres auf mein Geld<br />
warten müssen, erfolgte die schockierende Antwort: „Dann werden<br />
sie in diesem Jahr wohl auch bis Dezember auf die Rückzahlung<br />
warten müssen.“ Robbery - modernes Raubrittertum.<br />
Fall <strong>2.</strong><br />
Als die größte Firma in Luxemburg mich frühzeitig in die Rente<br />
entließ, wurde nicht nur mir für geleistete Dienste ein „generöser“<br />
Zuschuss zugesichert. Durch eine raffiniert ausgeklügelte und<br />
eingefädelte Klausel jedoch, fühlt besagte Firma sich seit langem<br />
nicht mehr verpflichtet diesen Zuschuss zu zahlen. Nun haben<br />
ehemalige Nutznießer endlich die Nase voll und den Mut gefasst um<br />
die Firma für dieses Tun vor Gericht zu zitieren. Am 19. November<br />
wurde dieser Fall vor Gericht in Esch und im Laufe des kommenden<br />
Jahres ebenfalls vor Gericht in Luxemburg behandelt. Unmut ist ein<br />
äußerst zahmer Ausdruck für das Gefühl was in einem hochkommt<br />
bei solch einem Kuhhandel. Robbery – modernes Raubrittertum!<br />
Fall 3<br />
Man erinnert sich, dass dieselbe Firma vor Jahren kurz vor dem<br />
finanziellen Bankrott stand. Ein eisiger Schrecken erfasste damals<br />
die Belegschaft und schnell hatte sich Solidarität gebildet, nicht nur<br />
bei der Belegschaft. Diese, sowie auch der Staat, nahmen eine<br />
enorme pekuniäre Belastung auf sich. Mit einer ungeheuren und<br />
länger andauernden Finanzspritze die sich aus diesem<br />
Solidaritätsakt ergab kam die Firma aus der morastigen Talsohle<br />
heraus. Längst verkündet sie wieder schwarze Zahlen und mausert<br />
sich an die Weltspitze. Aber dieser unehrbare Multi hat noch niemals<br />
daran gedacht die von ihren treuen Mitarbeitern finanzierten und<br />
einst so blutnotwendigen Geldspenden zurück zu zahlen. Undank ist<br />
eben der Welt Lohn. Ich kann dies hier nicht einfach, global der<br />
ganzen Firma ankreiden, das wäre zu simple. Ist es nicht angebracht<br />
die jeweilig inkriminierten Bosse nebst den damaligen Vertretern der<br />
Angestellten und Arbeiterschaft, einer höchst unanständigen
177<br />
Ehrlosigkeit zu bezichtigen, so als wären sie Raubritter oder deren<br />
Vasallen.<br />
Henri Regenwetter<br />
Orakel und Debakel 10 02 2003<br />
Seit Menschengedenken hat der „Homo sapiens“ viel eher der<br />
Wahrsagerei Glauben geschenkt als die vor offene Augen dargelegte<br />
Realität als solche erkannt. Die weltweiten Reaktionen zum aktuellen<br />
Irakproblem macht dies wiederum offensichtlich. Doch lassen Sie<br />
mich zwecks Erklärung meiner Ansicht etwas ausholen.<br />
In jahrelanger Öffentlichkeitsarbeit habe ich folgende Erfahrung<br />
machen können. Ich merkte schon früh- und rechtzeitig dass man<br />
grob gesehen die Volksmassen und auch deren Meinungen in 2<br />
Verhaltungsgruppen einteilen kann. Wohl selten findet man bei einer<br />
sportlichen Auseinandersetzung eine Meinungsgruppe die sich<br />
ausschließlich mit dem Schiedsrichter beschäftigt. Bereits vor dem<br />
Spiel sind die Meinungen in zwei Lager geteilt und das ist im<br />
alltäglichen Leben genau so.<br />
Da gibt es diejenigen die handfeste Ideen vortragen, egal ob diese<br />
gut oder schlecht zu bewerten sind, Es gibt dann auch diejenige<br />
Gruppe die schnell feststellt, dass die von den andern vorgetragene<br />
Idee nicht das eigene Denkprodukt ist. Diese schmähliche,<br />
erniedrigende Feststellung führt natürlich zu einer psychischen<br />
Reaktion. Ein unerfülltes Erfolgsdenken führt zur negativen<br />
Beurteilung, sogar bis zur Verurteilung der vorgetragenen Idee. Man<br />
braucht nur in den Medien zu lesen und zu hören wie Antagonismus<br />
in der Öffentlichkeit, besonders auffällig beim Sport und in der Politik<br />
geschürt wird.<br />
Kurz gesagt ich bin der Meinung, dass Frustration entsteht weil man<br />
nicht selber auf die so genannte Idee gekommen ist was (einem<br />
inneren Zwang gehorchend) dazu verleitet doch zu zeigen dass man<br />
zu einem ebenbürtigen Denk- oder besser gesagt Reaktionspotential<br />
fähig ist. Nur so kann der verärgerte „Verlierer“ bewusst oder<br />
unbewusst sich selber in ein wirkungsvolles Licht positionieren nach<br />
dem Prinzip: „Wenn ich jetzt Nein sage, kann ich immer noch<br />
weiterhin mitreden“. Und genau das geschieht tagaus tagein in<br />
unseren gesellschaftspolitischen Auseinandersetzungen. Das nennt<br />
man dann Politik!<br />
Bei einer wichtigen Entscheidung in einem Gremium machte ich mir<br />
das Wissen um diese auffällige Schwäche des Menschen zu Eigen
178<br />
und in Anbetracht einer vorhersehbaren scharfen Reaktion von<br />
einem Entscheidungsteilnehmer riskierte ich einmal den Coup und<br />
wagte genau das Gegenteil vorzuschlagen was ich mir gewünscht<br />
hätte dass es geschehe. Wohlweislich taktisch, machte ich aber so<br />
ganz nebenbei (als Anstoß sozusagen) auf meine gespielte<br />
Abneigung aufmerksam und vermerkte dass dies aber für mich keine<br />
gute Lösung sei. Wie erwartet trat genau das ein was ich<br />
vorhergesehen hatte. Meine eigene aber verheimlichte Einstellung<br />
wurde prompt als bessere Alternative diskutiert, was mir natürlich zur<br />
gewünschten Erfüllung meiner Vorstellung verhalf.<br />
Menschenkenntnis?<br />
Die Sache hatte natürlich ein Nachspiel, denn ich konnte mich nicht<br />
enthalten und musste einmal so richtig bekannt machen was sich in<br />
besagtem Gremium bei besagter Entscheidungssuche abgespielt<br />
hatte. Ich verriet meine angewandte Taktik. Prompt warf man mir ein<br />
dreckiges Spiel vor, worauf ich natürlich auf die ständigen ebenso<br />
dreckigen Antiideen aufmerksam machte und forderte die<br />
Antagonisten auf endlich doch einmal auch mit konkreten<br />
verwertbaren Ideen aufzuwarten.<br />
Genau diese rein natürlichen Verhaltungsweisen spielen sich<br />
augenblicklich ab in der weltweiten, bereits zum Selbstläufer<br />
gewordenen Massenentrüstung gegen einen eventuellen (bis zu<br />
diesem Zeitpunkt keinesfalls beschlossenen) Krieg. In Anbetracht der<br />
eigenen Unfähigkeit, der seit 12 Jahren grassierenden Ideenlosigkeit<br />
in der UNO eine wirkungsvolle Lösung in dieser Kriegsproblematik<br />
anbieten zu können, überwindet man die eigene Frustration und<br />
wendet sich vehement gegen einen ungenehm starken Gegner,<br />
dessen Reaktionen man keinesfalls zu befürchten hat. Damit ist man<br />
auch in der ersten Front dabei! Wohlgemerkt ich plädiere keinesfalls<br />
direkt für einen Krieg, denke aber zurück an den Diktator im<br />
Nachbarland dem man das Handwerk bereits hätte legen müssen als<br />
er mit der gewaltigsten, bisher nicht geahnten Rüstungsmaschinerie<br />
begann den verheerenden <strong>2.</strong> Weltkrieg vorzubereiten. Alle<br />
Warnungen, fußend auf Realität und Wahrheit wurden verdrängt und<br />
ersetzt durch blindes Vertrauen in prophetisch skandierte Parolen.<br />
Es wäre nie zur Katastrophe gekommen, wenn das Zögern und die<br />
Unentschlossenheit einem Diktator gegenüber nicht stattgefunden<br />
hätten. In der Irakfrage grassiert ebenso fatale Unwissenheit sowie<br />
Verdrängung der Realität.<br />
Ich möchte aber ausdrücklich hier hervorheben, dass ich persönlich<br />
die besondere Einstellung der Kirchen keinesfalls in dasselbe<br />
Verhaltensmuster einreihen möchte da diese immer wieder das
179<br />
Märtyrertum und den bekannten Schlag auf die Wange hinzunehmen<br />
bereit waren.<br />
Wenn aber gleichzeitig und weltweit die Linken zu den gleichen<br />
Protestaktionen aufrufen und schlimmste Wahrsagerei betreiben,<br />
indem sie warnen vor unmenschlichen Folgen (worin sie ja beste<br />
Erfahrung aufzuweisen haben) dann sollte man sich überlegen wer<br />
sich denn bei der grassierenden schwarzweiß Malerei auf der Seite<br />
der Guten befindet und wer zu den Bösen gehört. Diejenigen, die aus<br />
der Geschichte gelernt haben oder diejenigen die aus einfachem<br />
Opportunismus heraus geblendet sich gegen alles wenden was eine<br />
gewisse Ordnung in der Welt herbeiführen könnte. Niemand kommt<br />
auf die Idee wahr zu nehmen dass es im Irak hauptsächlich um die<br />
Befreiung eines geknechteten Volkes geht, so wie einst auch die<br />
Amerikaner uns Europäer in letzter Minute vor einen irren,<br />
unmenschlichen Diktator befreiten.<br />
Eine mich bedrückende Frage sei noch gestellt. Sind all diese<br />
Antagonisten wirklich so feine nette Leute für die sie sich ausgeben?<br />
Kann man ihnen die Ehrlichkeit auf dem Gesicht ablesen? Diesen<br />
Glauben habe ich längst verloren wenn ich mir erlaube zu beurteilen<br />
wie viele Manifestationen bisher nicht gelaufen sind gegen die vielen<br />
tausend Verkehrstoten auf unsern Strassen, die Drogentote, die<br />
Diebstähle, Mord und Totschlag, Betrug, Schwindlereien, Hehlereien,<br />
Kinderschändungen und noch viele mehr der alltäglich passierenden<br />
Übel- und Untaten. Leider verpufft gerade in dieser zuletzt<br />
aufgeführten Problematik den potentiellen Antagonisten der Wille des<br />
Manifestierens, in Anbetracht zwar starker aber unpersönlichen<br />
Gegnern.....zu denen sie meist selber gehören.<br />
Ein Sprichwort meint vortrefflich: „Du choc des idées jaillit la lumière“.<br />
Aber wenn eine Idee auf Ideenlosigkeit stößt, die aus purem<br />
Opportunismus oder Antagonismus entstanden ist, dann fliegen zwar<br />
Funken, wem aber wird dabei das wahre Licht aufgehen?<br />
Henri Regenwetter<br />
Wer Bäume nicht ehrt.....<br />
Eine nicht allzu ernst zu nehmende Zuschrift. (6.3.2002)<br />
Ich reihe mich als Fürsprecher ein in die Reihe der Weltverbesserer<br />
in diesem Forum für Leser, weil man Wehrlosen an den Stamm will.<br />
Straßenbäume sollen weg, so schrieb man hier des Öfteren, weil sie<br />
so manchem ‚geschickten’ Autofahrer, trotz angemessener
180<br />
Fahrweise im Wege stehen. Den Test im Slalom Fahren habe man<br />
bereits vorausschauend, vorbildlich und vorsorgend ‚con brio’<br />
bestanden. Sei aber unwirksam.<br />
Leider wird in den Wortgefechten nie genau definiert ob diejenigen<br />
Bäume gemeint sind die auf der linken Straßenseite stehen oder jene<br />
die auf der rechten Straßenseite wachsen. Ich höre den Aufschrei<br />
der potentiellen Antwortschreiber schon...dieser Gedanke sei doch<br />
komplett hirnrissig. Eben nicht! Man sollte schon differenzierter<br />
argumentieren, wozu ich mich ernsthaft bemühe.<br />
Bei allen bisher gelesenen und sicher auch ehrlich gemeinten<br />
Überlegungen hindern die absolut friedfertigen Bäume gleich viel.<br />
Woran, wird zwar nicht explizit erklärt, egal ob sie nun auf der<br />
rechten oder auf der linken Straßenseite wachsen. Man argumentiert<br />
auch keinesfalls aus rationellen Überlegungen heraus! Dabei ist das<br />
Hindern der Bäume ja nur ein passives Hindern. Bäume sind eben<br />
berechenbar, sie regen und bewegen sich ja kaum. Sie spielen nicht<br />
Verstecken. Sie tauchen nie urplötzlich auf, stehen schön in Reih<br />
und Glied. Sie rasen und überholen nicht unanständig. Sie wachsen<br />
nur da im Verantwortung bewusstem Abstand, weil einst Napoleon<br />
vorbildlich seine Truppen in deren Schatten marschieren lassen<br />
wollte. Sie spenden Schatten, markieren besonders im Winter den<br />
Straßenrand damit jeder den rechten Weg findet und nicht „über<br />
Bord“ gehen kann mit seinem Gefährt. Sie verhindern manchen Sturz<br />
in den Abgrund, auf die Eisenbahn oder in den See. Sie filtern die<br />
Abgase, bremsen den Sturm und blenden die gleißende Sonne ab.<br />
Oh, es gäbe noch mehr solche lebenserhaltende Vorteile auf zu<br />
zählen doch das führt in die Mühle der Zwiespältigen die Baum als<br />
Mörder sehen.<br />
Mich ärgert diese Attacke der Ängstlichen auf den absolut wehrlosen<br />
Begleiter des Menschen. Chateaubriand stand auf meiner Seite als<br />
er schrieb: Bäume gingen der Menschheit voraus, ihnen werden<br />
Wüsten folgen. Der Straßenbaum besonders, ist ein beispielhafter<br />
und durchaus berechenbarer Wegbegleiter des Homo sapiens.<br />
Bisher aber immer wieder übersehen von Betrachtern (mit<br />
unsichtbarem Schlitz im Ohr) sind jene unberechenbaren<br />
Verkehrsteilnehmer, die zwischen dem eigenen Gefährt und den<br />
Bäumen auf der linken Straßenseite zirkulieren. In der<br />
Umgangssprache werden sie als ´die Andern’ bezeichnet. Deren<br />
Wesensart ist keinesfalls friedlich, wehrlos und berechenbar. Doch<br />
diesen will man nicht an den Kragen, so liest sich jedenfalls die<br />
Betrachtungsweise. Wohlweislich geschieht dies, denn schließlich<br />
fährt man selber auch auf der linken Straßenseite, natürlich vom<br />
Verkehrsteilnehmer auf der anderen Seite aus gesehen. Man hält
181<br />
sich kaum an ungefährliche Abstände, wie das die Bäume tun. Die<br />
entgegen kommenden Autos mindern auch nicht Schneegestöber,<br />
sondern klatschen einem den Schneematsch quasi direkt ins<br />
Gesicht.<br />
Als potentieller Schlichter in dieser vermutlich unlösbaren<br />
Problematik mache ich folgende Überlegungen. Gegenverkehr hat<br />
demzufolge und reell gesehen etwas Gutes an sich. Der friedfertige<br />
Raser rennt statistisch gesehen seltener auf seiner linken Seite in<br />
einen Baum, weil da eben die entgegen kommenden Autos<br />
dazwischen sind und einem eventuellen Aufprall eine ganz andere<br />
Dimension verleihen. Die Bäume auf der linken Straßenseite sind<br />
also weitaus weniger gefährlich. Doch halt, ist dies nicht noch<br />
lebensgefährlicher? Besteht da nicht vielleicht doch die beste Lösung<br />
darin den Verkehr auf der linken Straßenseite gänzlich zu verbieten.<br />
(In England natürlich auf der rechten Seite). Wäre Einbahn auf<br />
Landstraßen die Lösung? Oder bleibt uns nur den Zeitpunkt ab zu<br />
warten an dem die Autos Stossstange an Stossstange fahren<br />
müssen, dann hört der ganze Spuk auf!<br />
PS.: Wahrscheinlich jedoch gibt es noch schlummernde Napoleons<br />
die alsbald aus der Versenkung auftauchen. Sie zaubern mit der<br />
rechten Hand aus gähnendem Jackett haufenweise Pläne für die<br />
dritte Spur. Schließlich haben ja die Versicherungen, Bau<strong>fir</strong>men<br />
sowie die Experten und Ärzte, Sanitätsdienst, Krankenhäuser und<br />
nicht zu guter Letzt auch die Polizei eine Daseinsberechtigung.<br />
Henri Regenwetter<br />
Dem Matzet Jäng an t’Logbuch 29 03 2002 (Wurde nicht<br />
veröffentlicht)<br />
Wei ech Dein Noruff an dem Wort gelies hun, do ass mir opgefall dat<br />
eppes ganz Wesentleches aus Dengem Lieweslâf net beschriwen<br />
ass gin Ech versichen dat hei nozehuelen.<br />
Wei ech 1948 op Uerwerkuer kom sin an bei de Scoutsgroupe<br />
St.Etienne den Posten als Gruppeschef iwerholl hun, do has Du 11<br />
Joer. Ech gesin mech nach bei Dengen Elteren dohém <strong>fir</strong> si ze<br />
iwerzégen, dat t’Scouten keng Reiberband wären an de Jong och net<br />
bei hinnen verduerwe geng gin.
182<br />
Du bass an eis Reihe kom an hues do e Bagage <strong>fir</strong> t’Liewen<br />
zesumme gedroen, den Dir ganz secher emmer erem gehollef huet<br />
bei villen Schicksalsschlei op de Bén ze bleiwen.<br />
Du bass Patrullechef gin an kruets den Num „flenk Gazell“ an Du<br />
hues dech erausgeschielt als en Mönsch dén <strong>fir</strong> all Facette vum<br />
Scoutismus an och vum komerodschaftlechen an och<br />
gesellschaftleche Liewen ze begeschtere war. Mir hun zesummen zu<br />
Uewerkuer enner der Kirch „gehaust“. Nuetspiller an<br />
Nuetswanderunge gemach, verbonnen mat Stäre kucken an<br />
Deierespueren liesen leieren, Schlofen eleng an dem Bösch, selwer<br />
eppes guddes <strong>fir</strong> sech kachen, oder ganz primitiv ausgerüst op dem<br />
Weekend campeieren gangen. Fotoe machen, Planze sammlen an<br />
Deieren dat waren e puer vun Dengen leiwsten Freizeitstonnen. Wat<br />
eng B.A. war, huet kén Dech brauchen ze froen. Du hues se stänneg<br />
virgeliewt. Démols konnst Du nach lâfen dat én sech huet misse<br />
wonneren wei schnells Du erem wars <strong>fir</strong> nemmen neischt ze<br />
verpassen. Eis Campsen waren all Joer en Erliewnes<br />
sonnergleichen. Um Tetelbierg hu mir zesummen verschidde<br />
reimesch Pötzer bis op de Fong ausgegruewen an den Nobbes,<br />
awer och den Usch waren immens Kollegen an emmer mat derbei.<br />
Sie zwein sin no deser wonnerbarer Pioneierzeit vun elauter<br />
Begéschterung an de Canada ausgewandert. Anerer aus eise<br />
Reihen hun, grad weis Du, bewiisen an fueren <strong>fir</strong>un mat<br />
perseinlechem Asatz sief et am Volontariat oder mat amtleche<br />
Chargen die se ugeholl hun am Dingscht vun der Gesellschaft..<br />
En markant Erliewnes dat mer zesummen hâten bleiwt an eiser<br />
Erennerung a soll beispillhaft weisen wei Deng Astellung an<br />
Höllefsberétschaft war. Mir hun eng 1. Klassrés am Möllerdall<br />
gemach. Eise Camp war op der Schanz an beim Scheissendömpel<br />
sollt jidderén sein égent warmt Möttegiessen brutschen. Ech soutz<br />
op engem Fiels iwer dem Scheissendömpel an hun no mengen<br />
Spaghettien gekuckt. Op émol heieren ech e märderescht Ruffen aus<br />
dem Bösch erop. Wei ech erof kucken, ass et mer schwarz virun den<br />
An gin. Ech gesin den Gast quiesch duerch de Bösch rennen, a<br />
herzbriechend jeitzen an hannenerun him en riesege schwarzen<br />
Damp. Fir eischt hun ech gemengt hien hätt Feier gefangen.<br />
Nemmen du hun ech ereischt richteg gesin dat dat kén Damp war<br />
mé Harespelen. Hien hât wahrscheinlech beim Holz sammelen an en<br />
Harespelsnascht getreppelt. Den Gast huet gejaut „Höllef, Bier, Bier,<br />
höllef“.<br />
Meng eischt Reaktioun war pur eng wonnerbar Intuition. „Laf an de<br />
Scheissendempel an t’Wasser.... jidderén höllt sein Scoutshut mat,<br />
mir kommen höllefen.“
183<br />
Mat eisen bréden groussen Scoutshitt bass och Du, den Nobbes an<br />
die aner op de Schwarm Harespelen lassgangen an mir hun se<br />
ausenaner gedriwen iwerdém mir och op den Scheissendempel<br />
lassgerannt sin <strong>fir</strong> dem Gast ze höllefen. Dén war an Töschenzeit<br />
schon bis iwer de Bauch am kâle Wasser an mir konnten du mat<br />
eisen Hitt den Harespelsschwarm verdreiwen. Du hues dichteg<br />
matgemacht <strong>fir</strong> dem Gast t’Liewen ze retten.<br />
Den Gast war iwerall vun den Harespelen gestach, besonnech beim<br />
Kolli vum Hiem, beim Usatz fun de kuerzen Ärm an just enner de<br />
Boxebén. Mei wie 70 Stech hun mir eraus geholl. Am Ufang hu mir<br />
nach de Fehler gemach an hun se teschent 2 Fangere geholl <strong>fir</strong> se<br />
eraus ze zeien. Dobei hu mer awer ereischt gemierkt dat an de<br />
Göftblosen nach Göft war an mir ereischt t’Injektioun gemach hun<br />
wei mir se wollten erauszeien. De Gast huet all Keier erbärmlech<br />
gejaut. Mir hun én dém âner eis Stech alleguerten gepleischtert an<br />
natirlech war de Rescht vun dém Dag nemmen nach mat kâlen<br />
Opschlei verbonnen. T’Touristen op der Breck wossten net wat<br />
geschitt war, bis op én dén eis geroden huet Zocker op t’Wonnen ze<br />
reiwen. A well én vun eis t’Salz mam Zocker verwiesselt hat <strong>fir</strong><br />
matzehuelen, hun mir dat Mëttel och direkt probeiert. T’Kalt Wasser<br />
huet wonnerbar verhönnert dat de Gast eis net an t’Gette gang ass<br />
vun all déne Stech.<br />
Owes soutzen mir zwar e weineg geschwollen awer schon erem<br />
monter zesumme beim Lagerfeier an hun alles durchdiskuteiert. Et<br />
ass kén hém gefuer. Dat hun mir och bei villen aneren Gelegenhéte<br />
gemach, iwer Religioun, Psychologie an iwer Natur, dem Baden<br />
Powell sei Liewenslâf. An dénen 8 Joer wou mir zu Uewerkuer<br />
zesumme konnte schaffen huet ganz secher Deng grouss<br />
Begéschterung derzou beigedroen, dat och die aner Scoutsbridder<br />
die wonnerbar Jongenzeit bis haut nach net vergies hun. Deng<br />
grouss Begéschterung ass op all Kollegen iwer gesprongen. Ech<br />
kann leider net beurtélen op dat haut och nach esou ass.<br />
Mir hun eis am Liewen sporadesch erem gesin an emmer erem hun<br />
ech musse feststellen, dats Du an Dengem Liewen nach vill mei<br />
schlemm Stëch hues missen aushâlen. Mais Du an Deng trei Frâ, Dir<br />
huet als beispillhaft a villseiteg engageiert Leit mat grousser<br />
Standfestegkét all Prouw bestanen. Ech betounen gären nach eng<br />
Keier, den Scoutismus war <strong>fir</strong> Iech dohém eng groussarteg Schoul <strong>fir</strong><br />
t’Liewen.<br />
Dein freiere Scoutsmaster.<br />
„Flappeche Bier“
184<br />
Wie Banken Geld verdienen. (1710.2002)<br />
Der Ausdruck „verdienen“ ist geläufig. Man denkt dabei an eine<br />
Entschädigung für geleistete Dienste, in Form von Lohn, Gehalt,<br />
Honorar oder dergleichen.<br />
Bei Geldüberweisungen bieten die Banken ihre Dienste an. Über<br />
Homebanking wollte ich neulich eine Rechnung im Ausland<br />
begleichen. Betrag 95 Euro. Nachdem die elektronische Anweisung<br />
gemailt war lies mich meine Bank 2 Tage später wissen, die<br />
Überweisung hätte nicht erfolgen können, weil meine Angaben<br />
unkorrekt oder nicht vollständig wären. Auf mein Konto erhielt ich<br />
eine Rückzahlung, aber nur in Höhe von 85,66 Euro. Ohne meine<br />
Einwilligung hatte die zwischengeschaltete ausländische Bank mir<br />
9,44 Euro abgezockt. Verdient hat sie meines Erachtens das Geld<br />
keinesfalls, denn die genaue Adresse des Geldempfängers war bei<br />
der Überweisung angegeben. Auch Angaben über die Bank des<br />
Empfängers. Es wäre also ein leichtes gewesen das Geld an den<br />
richtigen Mann zu bringen. Dann erst hätte man von einer<br />
Dienstleistung sprechen können.<br />
Meine Hausbank klärte mich auf. Die Bank im Ausland hätte sich<br />
selbst über mein Konto bedient.<br />
Ich hätte den Fall noch für normal gehalten, wenn die Bank im<br />
Ausland sich um ein solch hohes Honorar (elektronisch in<br />
Sekundenschnelle) verdient gemacht hätte. Geld verdienen kann<br />
man, wie jetzt zu erfahren ist, auch beim Nichtstun. Man braucht nur<br />
den Kunden wissen zu lassen: „Wir konnten den Auftrag nicht<br />
ausführen“. In dieser Bank hätte aber ganz sicher jemand zum<br />
Telefon greifen können um z.B. die richtigen Angaben an der<br />
angegebenen Empfangsadresse in Erfahrung zu bringen. Da dies<br />
aber nicht geschehen ist, kann ich diese neuartige Abzockmethode<br />
nur anprangern.<br />
Verdient gemacht hat sich die ausländische Bank also keinesfalls um<br />
diese 9,44 Euro. Verdient hat sie nur in den Bereich einer<br />
skrupellosen Handlung gestellt zu werden. Wenn solche Praktiken<br />
geläufig werden, dann werden in Zukunft noch viele Überweisungen
185<br />
einfach zum Absender zurückfließen, nicht bevor man sich mit einer<br />
entsprechenden Summe selber bedient hat. So einfach kann Geld<br />
verdient werden!<br />
Der Gedanke von Unredlichkeit wäre mir nicht gekommen, wenn ich<br />
nicht anschließend mit denselben Angaben meine Rechnung über<br />
die Postbank bezahlt hätte und zwar auch mit Homebanking und<br />
diesmal mit Erfolg.<br />
Henri Regenwetter<br />
.<br />
Steuerhydra (10 Januar 2003)<br />
Diese Bestie ist allgegenwärtig. Ihre Saugnäpfe sind bei Hinschauen<br />
zwar nicht sichtbar wohl aber empfindlich spürbar. Ihre Existenz in<br />
der Luxemburger Steuerlandschaft kann nicht geleugnet werden.<br />
Don Quixote, als untaugliches Vorbild, hat zwar vergebens versucht<br />
gegen Windmühlen anzurennen, doch in der griechischen Mythologie<br />
haben markante Helden es fertig gebracht der neunköpfigen Bestie<br />
den Kopf abzuhauen. Immer wieder aber geht es gegen den<br />
Übermächtigen. David gegen Goliath und heute wagt sich „Niemand“<br />
mit einem sehr spitzen Stift einem übermächtigen Polyphem das<br />
Auge auszustechen.<br />
Wenn der Staat Steuerschulden anhäuft gegenüber seinen Bürgern,<br />
dann ist dies nicht mehr ein Kavaliersdelikt sondern eine bereits seit<br />
Jahren andauernde, unverzeihliche soziale Ungerechtigkeit. Vor<br />
kurzem bekamen die Rentner noch einen Obolus zum<br />
Jahresschlussverkauf, doch bevor dieser Obolus in den Taschen der<br />
Empfänger landete, schröpfte der Staat bereits ungemein und<br />
gehörig ab. Hie im Rückstand um ausstehende Schulden<br />
zurückzuzahlen, dort beflissen diesen Schuldenberg noch zu<br />
vergrößern durch weiteres unrechtmäßig gewordenes Abschröpfen.<br />
Die Schulden des Staates an seiner Bevölkerung sind anscheinend<br />
bis in die Milliarden Euro gewachsen und wenn heute jemand klagt<br />
unsere Wirtschaft würde nicht mehr so recht funktionieren, dann<br />
sollte er einmal darüber nachdenken was mit diesem Geld<br />
geschehen wäre, wenn es rechtzeitig unter die Verbraucher<br />
gekommen wäre. Geschäftsleute denkt einmal darüber nach!
186<br />
Wer es aber wagt in eigener Person in den Kulissen dieses<br />
mächtigen Apparates zu forschen, wer denjenigen sucht ausfindig zu<br />
machen der die Verantwortung trägt, dass dieses Übel über uns<br />
hereingebrochen ist, dem wird kein Name offenbart. Alles Nobodies,<br />
Inkognito, Kannitverstaan.<br />
Dieses skandalöse Disfunktionnement, das sich keinesfalls hinter<br />
Gesetze verstecken kann, schreit zum Himmel. Mein Freund musste<br />
seinen Betrieb schließen, Mitarbeiter entlassen, weil einerseits die<br />
Steuer-Verwaltung (beinahe hätte ich Steuer-Vergewaltigung<br />
geschrieben) einfach so aus dem hohlen Bauch heraus geschätzte<br />
Mehrwertsteuern verlangte, auf der anderen Seite aber weder die<br />
meinem Freund geschuldeten Steuernachlässe zurückzahlte, noch<br />
auf dessen Schulden vergütete.<br />
Wie viele Leute werden zu Grab getragen ohne vorher noch selber in<br />
den Genuss ihrer zurückgezahlten Steuern zu kommen. So ergeht es<br />
den ehrlichen, den braven Leuten. Auf der anderen Seite aber<br />
schmunzeln diejenigen, die dem Staat ein Schnippchen geschlagen<br />
und ihre Steuerschulden einfach nicht bezahlt haben.<br />
Weltweit wird augenblicklich den Schurken nachgestellt. Was aber<br />
geschieht in Luxemburg?<br />
Nein, man kann nicht geduldig zusehen, wie die Gutmütigkeit vieler<br />
Bürger missbraucht wird. Es ist an der Zeit dass dieses System der<br />
Besteuerung geändert wird. Anstelle dass der Bürger im Voraus<br />
automatisch geschröpft wird, wäre es weitaus gerechter, wenn man<br />
es gar nicht auf eine Rückzahlung an den Bürger ankommen lässt,<br />
sondern erst nach Vorlage der Steuererklärung festlegt, was der<br />
hilflose Wicht dem Vater Staat anschließend noch zu entrichten hat.<br />
Damit würde die entstandene persönlich Last zu einer Last, die<br />
verteilt wird auf alle Staatsbürger und die mit perfekteren Mittel<br />
eingetrieben werden könnte. Ich schlage vor, dass man polizeilich<br />
und gerichtlich gegen das automatische Abzocken vorgeht,<br />
wenigstens solange wie die aufgelaufenen Schulden noch nicht<br />
getilgt sind!<br />
In Anbetracht der durch dieses Schreiben möglich gewordenen<br />
persönliche Unsicherheit unterschreibe ich diesen offenen Brief mit<br />
einem hellenischen Pseudonym, aber ich bin sicher dass die Liste<br />
derjenigen, die sich in ähnlicher Weise vom Staat geprellt fühlen<br />
einige Seiten dieser Zeitung füllen würde.<br />
Niemand.
187<br />
Pisa ass nach lâng keng Pizza. . ( 28.<strong>2.</strong>2003)<br />
Ech well hei guer kén pisacken. Och net de Spriecher vum Heierlei,<br />
wann ech hien op eng pisa - esch Defizienz opmierksam machen.<br />
Hien huet deser Dég gemengt t’Scouten an t’Guiden hätten hiert Fest<br />
zu Nei Haischen. Betount huet hien dât wéi wann en „aus dem<br />
Haischen“ wir oder presseiert mat enger Zeitung am Grapp geng<br />
iwer den Haff goen, bei dât Haischen. Dobei wossten opmierksam<br />
Nolauschterer secher dat t’Betounung op Nei sollt leien.<br />
Elementart Wössen ass besonnesch gefrot fu Leit die virun e Mikro<br />
vum elektronesche Wantergart geloss gin. „Kuckt emol bei eis eran“<br />
rôden sie eis, vergiessen awer dat mir mierken wann hieren Hummer<br />
de Kapp an net den Nôl trëfft. Sie hun och vergiess dat sie eigentlech<br />
do sin <strong>fir</strong> Norichten matzedélen. Hier perseinlech Usichten derzou,<br />
meiglecherweis emol net an hierem Gaard gewuess, sin guer net<br />
erwönscht an hänken nawel gäre schief, wie den Turm zu Pisa.<br />
Duerch desen aktuellen Ustouss muss ech nach beiflecken dat die<br />
Onmass vun „Pisaner Gesäng“ an den Medien én esou lues mief<br />
machen. Dem Ezra Pound seng „Cantos“ (zum Dél am Prisong zu<br />
Pisa geschriwen) sin <strong>fir</strong> muncherén gewëss besser ze verstoen.<br />
Hiren Auteur ass bâl 40 Joer dout. Sein Wierk e Klassiker.<br />
T’Pisastudie Nr.1 get dât nie, obschon sie sech mat Schoul - klassen<br />
beschäftegt. Opgepasst, et fonktionneiert wie bei der Evolutioun vun<br />
engem Virus. Pisa Nr. 2 ass nämlech schon am Gang herrlech an<br />
t’Knäpp ze dreiwen, secher <strong>fir</strong> elo ze weisen dat net grad alles wat<br />
mat Pisa Nr. 1 zesummen hängt, schief stét. Wahrscheinlech awer<br />
nemmen <strong>fir</strong> de Beweis ze erbrengen, dén schon emol als<br />
widderluecht erwisen ass. Mir zerrieden einfach alles an domadden<br />
gin mir endlech vleicht dér onendlecher awer peinlecher Diskussioun<br />
erem lass.<br />
Pisa huet e gesôt, a Pizza gouf e verstanen.<br />
Henri Regenwetter<br />
Hin- und her gerissen durch ungenügend Wissen (14.4.2003)<br />
Ich hoffe und wünsche es mir inständig, dass viele mitgelaufene<br />
Demonstranten jetzt auch wissen, dass 200.000 Familienangehörige<br />
im Irak in den 12 letzten Jahren wie vom Erdboden verschwunden<br />
sind und man viele von ihnen vielleicht noch lebend in den
188<br />
Gefängniszellen unter einer betonierten Strassendecke im<br />
Grundwasser des Tigris vermutet. Die Zahl der Opfer in diesem Krieg<br />
steht ganz sicher in keinem Vergleich zu den vorangegangenen viel<br />
tausendfachen Gräueltaten des Regimes. Ich hoffe, dass weitere<br />
ehemalige Demonstranten besonders die Studenten und ihre Lehrer,<br />
die das ernüchternde Pisaerdbeben erlebt und jetzt auch erfahren<br />
haben, dass Millionen Kurden aus Kirkuk und Mossul aus ihrer<br />
angestammten Heimat vertrieben wurden und seit Jahren viele von<br />
den Schergen Saddams verfolgt in Naturhöhlen und Erdlöchern<br />
vegetieren mussten. Erinnerungen an die Deportationen im letzten<br />
Weltkrieg werden wach. Tausende die sich gegen Saddam<br />
auflehnen wollten starben unter dessen reell existierenden<br />
Giftgaswolken. Ich hoffe dass spätestens jetzt unter den<br />
Nachdenklichen ein Besinnen stattfindet und manch einer muss sich<br />
heute die Frage gefallen lassen ob er heute, nach besserer Einsicht,<br />
noch immer bereit wäre zu demonstrieren für einen fortgeführten,<br />
vorgegaukelten und imaginären Frieden unter Saddams<br />
Schreckensherrschaft. Ungewollt wurde Saddam in der<br />
Schlussphase seines grausamen Treibens von so genannten<br />
friedliebenden Menschen aufgemuntert, sein grausames Spielchen<br />
gnadenlos weiter zu führen. Wie unermesslich schrecklich.<br />
Die einstigen Verbrecher an der irakischen Nation haben sich jetzt<br />
klammheimlich abgesetzt, sind untergetaucht und das irakische Volk<br />
musste absolut unnützerweise die Konsequenzen eines durch<br />
Saddam allein verschuldeten Waffenganges der einzigen Weltpolizei,<br />
die dazu imstande war, über sich ergehen lassen. Das Wohlergehen<br />
des Volkes war ihm und seiner Bande völlig schnuppe. Vergeblich<br />
ließ er auf jene zielen, die nicht auf die Befreier zielten.<br />
12 Jahre haben die UN diesem unseligen Drama tatenlos<br />
zugeschaut. Der 11 September jedoch hat die Menschheit in ihren<br />
Grundfesten erschüttert und aufgerüttelt. Wer hätte denn gewollt mit<br />
einem Protestgang zu bewirken, dass ein Überleben dieser<br />
Ausgeburt der Unmenschlichkeit noch hinaus gezögert werde. Die<br />
UNO ist ein zusammen gewürfelter Haufen von Politikern die macht-<br />
und tatenlos zuschauten wie das irakische Volk dahinsiechte,<br />
ausblutete. Diese Einstellung und ihre eigene Unfähigkeit wurden im<br />
jetzigen Augenblick wiederum unter Beweis gestellt. Es würde mich<br />
nicht wundern, wenn jetzt jede Hilfe von Seiten der<br />
Völkergemeinschaft UNO vom irakischen Volk trotzig abgelehnt<br />
würde, weil es sich allzu lange im Stich gelassen fühlte. Es wäre<br />
auch hoch interessant im Detail die persönlichen Interessen zu<br />
erfahren die jeder einzelne Vertreter in diesem höchsten Gremium<br />
vertritt und verteidigt. Um die Unfähigkeit der UNO zu beweisen
189<br />
verweise ich auf die vielen Dutzend weiterer Länder die weltweit<br />
noch den Drangsalen eines Krieges ausgesetzt sind.<br />
Die Berichterstattung hat uns manches bei- und in bittere Erinnerung<br />
an den letzten Weltkrieg gebracht. Bluff, Lügen, Unterstellungen,<br />
Verdrehungen der Tatsachen, falsche Anklagen, Grausamkeiten und<br />
immer wieder in Ermangelung von ungetricksten Berichten wurden<br />
Blutlachen, wie in Krimis mit schlechtem Geschmack, vor Augen<br />
geführt. Ob diese von Tieren oder von Menschen stammten wurde<br />
niemals hinterfragt, nur Tod und menschliches Elend suggeriert.<br />
Gefälschte Zeugenaussagen, die klassischen Eigenschaften einer<br />
unehrlichen Berichterstattung geprägt von Sensationslust und<br />
Gewaltschilderungen waren und sind noch immer an der<br />
Tagesordnung.<br />
Nachdem Saddams Berater Amir el Sadi (der mit einer deutschen<br />
Frau verheiratet ist und abwechselnd in Bagdad und in Hamburg<br />
lebte) sich in einem strategischen Schachzug den Siegermächten<br />
ergeben hat, ist man verleitet dessen Aussagen absoluten Glauben<br />
zu schenken, dass in Wirklichkeit keine Massenvernichtungswaffen<br />
(mehr?) im Irak zu finden sind. Das Gezeter wird jetzt erst recht<br />
weiter gehen, dass die Amerikaner diese Schreckenswaffen nur als<br />
Vorwand benutzt hätten um den Waffengang zu rechtfertigen. Um<br />
die menschlichen Schicksale kümmern sich dabei nur noch sehr<br />
wenige. Die ergreifenden Freudenschreie, die in Tränen<br />
ausbrechende Iraker weil sie nun endlich von diesem Moloch befreit<br />
sind, dürfte doch endlich zur realitätsbezogenen Besinnung führen,<br />
dass diese Wohltat an einem kulturell so hoch stehenden Volk,<br />
schon eine äußerst humane Berechtigung hatte. Die lang ersehnte<br />
Freiheit kann zwar nicht all die geschlagenen Wunden heilen, wird<br />
aber allen Irakern das wunderbare Gefühl geben endlich auch einmal<br />
unter demokratischen Verhältnissen für all mögliche Wünsche<br />
demonstrieren zu können und dass das Morden der eigenen<br />
Herrscher ein Ende gefunden hat.<br />
Die Berichterstattung im Fernsehen war eine Gewichtsklasse für<br />
sich. Wer zappen wollte und die verschiedenen Sprachen versteht,<br />
der hat ganz sicher, wie es auch mir passierte, manchmal daran<br />
gezweifelt von welchem Krieg auf den einzelnen Kanälen berichtet<br />
wurde. Jetzt wissen wir welche menschenverachtende<br />
Massenvernichtung in den letzten 20 Jahren unter der<br />
Regimeherrschaft Saddams stattgefunden hat. Auf welcher Seite<br />
die Lügner und Betrüger sitzen, konnte jeder Zuschauer mit eigenen<br />
Ohren ganz krass erfahren. Ich erinnere dabei an die theatralische<br />
Kriegsberichterstattung des irakischen Kommentators zur täglichen<br />
Lage.
190<br />
Erbärmlich tendenziös waren dabei leider die meisten persönliche,<br />
besserwisserische und stümperhaften, Kommentare mancher der<br />
europäischen Sprecher. In diesem Kontext haben die Sendungen in<br />
Luxemburger Sprache beispiellos dazu beigetragen ganz unobjektiv<br />
und bewusst in rhetorischer Hetze gegen die Amerikaner zu<br />
schwelgen. Man hat sogar den Versuch unternommen die jetzige<br />
Regierungsriege in Verruf zu bringen. Es war immer wieder<br />
erstaunlich die unwidersprechbaren Beilagen von diversen<br />
Sprechern zu vernehmen, wenn den Korrespondenten im Irak (wie<br />
oft geschehen) der Stoff ausgegangen war. Erfreuliche Ereignisse<br />
wurden zumeist in Wort und Bild unterdrückt und nicht auf allen<br />
Kanälen gesendet. Dann musste die Phantasie der Leute am<br />
Schaltpult herhalten um die Zuhörer zu berieseln mit bereits<br />
archivierten Bildern, mit übertriebenen rein persönlichen Füllsel, mit<br />
Dämonisierung der Soldaten, je nach moralischer Einstellung und<br />
ohne jedes Verantwortungsgefühl der Sprecher. Kein Wunder dass<br />
bedeutende Leute wie der nicht unumstrittene Peter Scholl Latour die<br />
deutsche Berichterstattung mit der in schlimmsten Zeiten verglich.<br />
Es ist tragisch feststellen zu müssen wie man geistig in ein ganz<br />
besonders simplistisches Denkschema gepresst werden sollte, in<br />
welchem die amerikanischen Soldaten für alles beschuldigt werden<br />
können. Wie einfach wäre es doch gewesen den Irak ohne Gefecht<br />
zu öffnen um den Soldaten widerstandslos die Möglichkeit zu geben<br />
die schier unrealisierbare Aufgabe eines Häufleins von Inspektoren<br />
schnellstens zu vollziehen. Dazu haben keine Demonstranten<br />
aufgerufen. Hat General Amir el Sadi dies je versucht???<br />
Ich erinnere an die vielen Tausend Deserteure, welche im letzten<br />
Weltkrieg trotz allgegenwärtiger Polizeimacht ein Versteck gefunden<br />
hatten in ganz Europa. Sogar deren nicht ungefährliche Ernährung<br />
und seelische Betreuung wurde nicht aufgedeckt!! Manche Politiker<br />
der EU waren aber unfähig diesen simplen vergleichenden<br />
Gedankengang zu vollziehen. Sie hätten sich dabei vorstellen<br />
können wie viel tausendfach einfacher es doch sei eventuelle<br />
chemische oder bakterielle Massenvernichtungswaffen im<br />
Wüstensand zu verstecken. Die Zukunft wird uns womöglich die<br />
wahre Sachlage vermitteln, warum man weltweit potentielles<br />
zusätzliches Leiden der Iraker in Kauf nehmen wollte.<br />
Ein Wort noch zu den Drei, die jetzt in St. Petersburg allen Ländern<br />
Europas zeigen wollten, dass für diese neue europäische Achse die<br />
Kleinstaaten Europas absolute Quantité négligeable sind. Mit einem<br />
Zynismus sondergleichen betonen diese drei Machthaber immer<br />
wieder, dass die UNO allein für den Wiederaufbau im Irak zuständig
191<br />
sei. Einer von ihnen aber widersetzt sich selber mit denselben<br />
markigen Worten noch immer den Wünschen derselben UNO für die<br />
er vorgibt ein zu treten und zwar in Tschechenien. Nachtigall ich hör<br />
dir tapsen. Da wird Augenwischerei auf höchster Ebene betrieben<br />
und es werden Geschäfte gewittert. Und wiederum zeigt es sich,<br />
dass diese UNO, wie auch die EU absolut unzuverlässig und fast<br />
immer handlungsunfähig sind. Sie müssen sich die Kritik gefallen<br />
lassen auch jetzt wiederum unvorbereitet gewesen zu sein um im<br />
Irak das Heft überhaupt noch nicht in die Hand genommen zu haben<br />
für die Nachkriegszeit. In allen Ecken war man überrascht und<br />
erstaunt über den schnellen und relativ harmlosen Verlauf dieser<br />
Polizeiaktion. Manchmal klang unterschwellig im ganz besonderen<br />
Unterton der Betrachtungen die Meinung durch als ob man den<br />
Amerikanern diesen schnellen Erfolg überhaupt nicht gönne. Wer<br />
erinnert sich dabei noch an den millionenfachen Exodus und die<br />
Hunderttausende von Toten und Verletzten, die von so genannten<br />
Experten mit Feuerzeichen an die Wand georakelt wurden. So einen<br />
kurzen Feldzug in 3 Wochen hätte keiner sich vorgestellt. Und das<br />
erklärt auch die Häme mancher Ansager. Weder politische noch<br />
ökonomische Hilfe von Seiten der UNO wurde vorsorglich<br />
bereitgestellt oder eingeleitet. Das spricht Bände und muss<br />
wahrscheinlich in aller Träg- und Zerstrittenheit erst durchdiskutiert<br />
werden, womöglich bei Kaviar, Trüffeln und deutschem Sekt! Schämt<br />
euch, ihr scheinheiligen Welt Verbesserer. Dieser Krieg hat mir das<br />
letzte Vertrauen in eure ganz sicher nur auf dem Papier existierende<br />
Repräsentativität genommen. Ich muss mir weiter zuhören wie die<br />
indoktrinierten Sprecher der jeweiligen Regierungen (wer hat ihnen<br />
bloß den Posten am Mikrofon beschaffen?) immer nur die Alliierten<br />
für alle Nebenerscheinungen dieses Befreiungskampfes<br />
verantwortlich machen. Wassermangel, Elektrizitätsmangel,<br />
Ordnungsmangel, Schuld an den Banditen die nicht vor<br />
Plünderungen zurückschrecken. Schuld am Ärztemangel, die vor den<br />
Invasoren geflohen sind. Macht nur weiter so mit den erbärmlichen<br />
Verteufelungen und Schuldzuweisungen. Die globale Anarchie wird<br />
uns möglicherweise dann recht bald einholen und wir werden<br />
alsdann schutzlos vom wahren Geist der so manipulierten und<br />
vermeintlichen friedliebenden Massen eingeholt.<br />
Henri Regenwetter<br />
Eine schöne Bescherung. 26 12 2003 (nicht veröffentlicht)<br />
Luxembourg per Hubschrauber. Alle Ortschaften des<br />
Grossherzogtums seien abgelichtet, das verspricht man. Wenn man
192<br />
aber dabei angibt es seien nur 470 Luftbilder zu sehen, dann müssen<br />
sich noch etliche Ortschaften in der Luft aufgelöst haben, denn es<br />
gibt in Luxemburg mindestens 100 weitere Ortsnamen, die hier nicht<br />
aufgeführt werden.<br />
Ja, das ist meine Weihnachtsbescherung, die ich kurz vor den<br />
Festtagen im Bücherladen selbst aussuchte. Es war das letzte<br />
Exemplar das ich erwischte, selbstverständlich noch schön im<br />
Celluloideinband, also keine Möglichkeit bietend den Inhalt zu<br />
bemustern. Ich musste den Blindflug wagen. Am <strong>2.</strong> Weihnachtstag<br />
also packte ich den Schmöker auf den Tisch und begann die Bilder<br />
von Rol Schleich und seinem Team zu bewundern. Hell begeistert<br />
musterte ich die ersten Bilder. Endlich, fast wie der liebe Gott,<br />
konnte ich gemächlich herabschauen auf all die Dörfer und Städte<br />
unseres Landes. Zu über 90% all dieser Ortschaften habe ich einen<br />
Bezug, bin schon mal vorbei gekommen, sei es bei Wanderungen,<br />
sei es bei Verwandtenbesuchen, bei der Ausübung meiner<br />
Vereinstätigkeiten, sei es in meiner Funktion als Juror bei dem<br />
nationalen Wettbewerb „Schein Dierfer a Stied“.<br />
Ich versenkte mich ins Detail. Da wohnten Verwandte, da Bekannte,<br />
dort schaute ich mir die ökologische Verschandelung - lies die<br />
planlose Zersiedelung - an, dort den Verlauf eines natürlichen<br />
Wasserlaufes und wieder auf einem anderen Bild die geplante<br />
Streckenführung der vorliegenden Strassenbauprojekten. Zu all<br />
diesen Betrachtungsmöglichkeiten muss ich bekennen, dass ich<br />
wirklich noch nie so intensiv alle, aber auch alle Bilder gründlich,<br />
auch unter die kritische Lupe genommen hatte.<br />
Meine totale Begeisterung für dieses Buch erlitt leider Schiffbruch als<br />
ich auf den letzten Seiten meinen Wohnort „Zolver“ suchte. Ich fand<br />
zwar ein Bild, leider aber war es das von Beles (Belvaux). Den<br />
„Zolver Knapp“, ein Eckpfeiler der Luxemburger Geschichte, bekam<br />
ich nicht zu Gesicht. Dabei verspricht das Buch keinesfalls mit<br />
Bescheidenheit, dass es alle Ortschaften des Grossherzogtums<br />
zeigt. Da wurde auf einmal mein Suchen gezielter, kritischer. Die<br />
Ortschaft Rodange (ich konnte das Haus meiner Kindheit nicht<br />
ausmachen) erscheint etwas fern im Nebel und vorne im Bild eine<br />
grosse Industriebrache, ohne Relevanz. Da vermisste ich den Fonds<br />
de Gras, den man immer noch falsch wie „foi gras“ betont, mit dem<br />
berühmten Titelberg auf dem ich einen <strong>Teil</strong> meiner Kindheit verbracht<br />
habe. Auch Kirchberg, mit speziell der Coque vermisse ich, Cents<br />
und gegenüber das Gebiet mit den Militärfriedhöfen, die<br />
Industriezone von Contern sowie Weimerskirch hätten ebenfalls<br />
besser vertreten sein können. Ob da überhaupt ein „Dreh“ buch mit<br />
Ansicht und Blickwinkelführung erstellt worden war?
193<br />
Vergeblich suchte ich die Partie vom Findel auf welchem der<br />
Golfplatz liegt, mit dem oberen <strong>Teil</strong> von Kirchberg. Ich hoffte<br />
ebenfalls einen Blick herab auf Berg und die Satellitenstationen<br />
werfen zu können. Wurde die Station aus strategischen Gründen…?<br />
So könnte man weiter fahren beim Niederschreiben von<br />
Verbesserungswürdigen Zutaten. Nun, ich habe meine Bescherung<br />
jetzt. Und was wäre wenn ich wie man es dem Leser versprochen<br />
hat, eine Vergrösserung von Zolver bestellen und daraufhin ein Foto<br />
von Beles erhalten würde?<br />
Trotzdem gratuliere ich für die Glanzleistung diese Initiative erfasst<br />
zu haben, die bisher eine Lücke in der geographischen Erfassung<br />
unseres Landes schliesst und zeigt, dass wir ein bewundernswertes<br />
Land als Heimat haben, das es unbedingt unter allen Aspekten zu<br />
schützen würdig ist. Im zweiten Anlauf lässt sich manches verfeinern!<br />
Henri Regenwetter<br />
Poesie<br />
Die Warte - Jahrbuch 1957 - Kleine Anthologie<br />
Auf Siegberath -<br />
Phantasie in vier Bildern.<br />
Küste<br />
Ebbe<br />
Sonne<br />
Wind.<br />
Ein Kiel ruhet tief im Sand.<br />
Der Fischer lehnt an des Bootes Wand.<br />
Zerschmettert das Ruder,<br />
Zersplittert der Mast,<br />
Zerfetzt alle Segel,<br />
So ließ es der Sturm zurück.<br />
Im Dünengras spielet ein leichter Wind.<br />
Die Möwen zieh'n stumm.<br />
Zwei Wolken am Himmel<br />
Eilen seltsam vom Meer über's Land.
194<br />
Am Horizont gleitet ein Schiff,<br />
Es streben die wuchtigen Maste,<br />
Die Segel gebläht, in das blaue Firmament.<br />
Über die Wellen<br />
Gleitet ein trauriger Blick,<br />
Dem sich gesellen<br />
Gedanken ans Meer und ans Glück.<br />
Bald rauschen die Wellen<br />
Und laden zum Tanz.<br />
Nur einmal hinaus noch<br />
In untüchtigem Boot<br />
Als trauriger Schiffer<br />
Ohne Ruder<br />
Ohne Mast<br />
Ohne Segel.<br />
Da regt sich die Flut.<br />
****<br />
Küste<br />
Sonne<br />
Wind.<br />
Näher rollen die Wellen,<br />
Wühlen nun steter im heißen Sand.<br />
Bald steigen sie höher empor,<br />
Lechzen am Boot,<br />
Umzittern den Kiel,<br />
Verleihend den Planken wild sprühenden Glanz.<br />
Schon funkeln die ehedem traurigen Augen<br />
Mit jeglicher Welle schlägt höher das Herz<br />
Und eisern Hände<br />
Verkrampft in die Loten<br />
Erwarten voll Sehnsucht<br />
Das Rauschen der Flut.<br />
Es bebt schon das Boot,<br />
Das Holz sauget gierig am nass,<br />
Das Wasser rauscht<br />
Es brauset die Flut<br />
Die Brandung tobt unter den Füssen dahin.<br />
Im Dünengras tanzen die Wellen.
195<br />
Die Möwen schrei'n,<br />
Ein erfreuender Schrei voller Sturm.<br />
Zwei Wolken steh'n seltsam über dem land.<br />
Siegberath<br />
Ohne Ruder<br />
Ohne Segel<br />
Ohne Mast,<br />
Schaukelt den einsamen Fischer ins Glück.<br />
****<br />
Meer<br />
Mondlicht<br />
Wind.<br />
Grundige Wellen.<br />
Wolken sich bälkend über dem Land.<br />
Als dunkeler Streifen<br />
Die Küste versunken im Meer.<br />
Die Finsternis steigt aus den Wassern.<br />
"Schneller der Wind<br />
Höher die See",<br />
Ergellen den Glanz seiner Augen.<br />
Die glücklicher strahlen auch<br />
Ohne Ruder<br />
Ohne Segel<br />
Ohne Mast,<br />
Auf Siegberath!<br />
Schon wiegt ihn das Meer<br />
In den betörenden Symphonien der Nacht.<br />
Sturm<br />
Peitschende Brecher<br />
Schlagen keck über die Loten,<br />
Es kränget und trimmet<br />
Es kracht in den Schotten,<br />
Der Fischer starrt glücklich hinaus.<br />
Die Faust am zerbrochenen Steuer,<br />
Lauscht wie ein Wiegenlied<br />
Den rollenden Donner,<br />
Sieht wie ein Feenbild<br />
Der Blitze gleißende Schnelle.<br />
Glücklich, zufrieden im wütenden Element<br />
Sehnsüchtig erflehend die Macht
196<br />
Des Gewitters,<br />
Des Sturmes,<br />
Der Nacht.<br />
****<br />
Der Tag bricht an.<br />
Küste<br />
Ebbe<br />
Sonne<br />
Wind.<br />
Die Siegberath zerschmettert im Sand.<br />
Kein Ruder<br />
Kein Mast<br />
Keine Segel.<br />
Kein Fischer lehnt an des Bootes Wand.<br />
So ließ es der Sturm zurück.<br />
Henri Regenwetter<br />
*<br />
Bambusrohr<br />
Vorbild<br />
Schatten spendest Du im Hain.<br />
Lispelnd, schwebend auf der Brise.<br />
Beugst graziös Dich noch im Sturm.<br />
Dienend selbst<br />
Nachdem erstarrt<br />
Des Lebens Saft.<br />
*<br />
Tritt ein.<br />
In den Garten mein.<br />
Labe Dich,<br />
Ergötze Dich<br />
Schaue, staune,<br />
Wundre Dich.<br />
Pflanzen wollen Freunde sein.
197<br />
Spendest Schatten einst im Hain,<br />
Lulltest uns beim Träumen ein<br />
Beugtest Dich dem stärksten Sturm.<br />
Menschen Hand liess Dich erstarren<br />
Nach dem Tod noch dienst ihm würdevoll.<br />
*<br />
Blauer Rittersporn<br />
Allzu kurz nur recken sich die blauen Pauker<br />
Solisten gleich, im Chor der farbenfrohen Bläser.<br />
Sie überragen aller Beete höchste Form.<br />
Allzu kurz nur sind mir dieser Muse Küsse<br />
Ich lausche, staune, wage kaum zu schwärmen<br />
Vom Glück, umarmt von deren blauen Woge.<br />
Aufstrebt sie bis hin zum Dach der Welten<br />
Sich schmiegend an azurne Ammen<br />
Lechzend der Wolken Nass, das ihre Dürste stillt.<br />
Allzu kurz nur trommeln mir die blauen Pauker<br />
Ihr Notenblatt zu rasch vergilbt.<br />
Die Noten tropfen,<br />
von Immen hoch geschwängert.<br />
Rhapsodie in Rittersporn.<br />
HaeR 18.7.99<br />
*<br />
Dem geschiedenen Freund.<br />
(Frinn Nürnberg)<br />
Ach Freund,<br />
Dein Schritt ist nun verhallt,<br />
In dumpfer Nacht;<br />
Wo die Sterne nach Dir riefen,<br />
Wo bald Dein Schritt<br />
Wie Harfenton im Traum erklingt,<br />
Wo die blutende Saite wieder singt,
198<br />
Wo der verschüttete Jugendquell<br />
Kristallklar von neuem sich ergiesst,<br />
Wo Erdenglück in andrer Fülle fliesst.<br />
Ach Freund,<br />
Dein Blick ist nun verblasst,<br />
In dumpfer Nacht;<br />
Wo die Sterne hoffnungsvoller glänzen<br />
Wo Finsternis der ew'gen Sonne weicht,<br />
Wo Gold der Ackererde gleicht,<br />
Wo Deine Augen sich<br />
An Gottes Herrlichkeit erbauen.<br />
Ach Freund,<br />
Verstummt Dein Mund,<br />
Verklungen Dein frommes Lied,<br />
In dumpfer Nacht;<br />
Wo die Sterne leise flüstern,<br />
Wo Künstlerhände Orgellieder beten,<br />
Wo Engelstimmen Deine Lieblingsweisen singen.<br />
Wo nicht die Seelen für den Frieden ringen,<br />
Dahin o Freund, führt Dich der Weg,<br />
Der Dich von Deinem Leiden löste.<br />
Zeige ihn mir<br />
Wenn einst in dumpfer Nacht<br />
Die Sterne nach mir rufen,<br />
Damit ich wieder zu Dir finde.<br />
Henri Regenwetter<br />
*<br />
Den Banausen<br />
Hat jemand sich ein Licht gestellt,<br />
Das seine dunkle Nacht erhellt,<br />
Erwachen oft und leider,<br />
Im Freundeskreis, die Neider.<br />
Da reget sich ihr feiner Sinn,<br />
Führt sie zu dem Bekenntnis hin,<br />
In allen was sie nicht verstehen,
199<br />
Nur Eitelkeit und Trug zu sehen.<br />
Ihr fühlet nicht in euch die Kunst<br />
Der Musen Murmeln, ihre Gunst,<br />
Die Sterne, die im Innern kreisen<br />
Und euch die schöne Bahn nicht weisen.<br />
Gedichte sind gezeugte Kinder,<br />
Der Seele trübe Spiegelbilder<br />
Und nur die elend Bilderlosen<br />
Können mit solchem Schmähen tosen.<br />
H. Reger<br />
Das Untergehölz: Auch uns gehört der Sonne Licht<br />
Das sich in euren Kronen bricht,<br />
Doch wenn euch Riesen es gesegnet<br />
Nur Dämmerlicht nach unten regnet<br />
*<br />
Auch uns durchdringt des Lebens Lust<br />
Wir schmachten an erschlaffter Brust<br />
Ihr hohen Stämme tragt die Schuld<br />
Dass welk wir stehen, ohne Huld.<br />
Die Ungleichheit sei abgeschafft<br />
Denn uns gebührt dieselbe Kraft<br />
Und sind wir einmal alle gleich<br />
Dann gibt es weder arm noch reich<br />
Die Buchen: Glaubt ihr das wäre jedem recht?<br />
Wer wäre Herr dann und wer Knecht?<br />
Quellen sich nur ins Meer ergießen<br />
Wenn Bäche ineinander fließen.<br />
Nur einer wird was viele Schaffen<br />
Nie sollte dieser Geist erschlaffen.<br />
Denn strömt die Ader hin und her<br />
Ergießen Ströme sich ins Meer.<br />
Hier schöpft die Urkraft ihre Mengen<br />
Um Feld und Wälder zu besprengen.<br />
Aufs Neue fließt die Wunderquelle<br />
Führt aller Kraft in ihrer Welle.
200<br />
So fügt sich’s auch in diesem Wald<br />
Man strebt nach Dasein und Gestalt<br />
Des Lebens Sinn nur liegt im Streben<br />
Das darf es keine Gleichheit geben:<br />
Wo läge denn des Efeus Ziel,<br />
Wenn ihm nicht unser Stamm gefiel?<br />
Das Untergehölz: Und doch nennt ihr es Parasit.<br />
Wir kommen nur zu dem Fazit<br />
Euch singt man stets das Hohelied<br />
Wir sind unnützes Kettenglied.<br />
Die Buchen: Wer ist es der solch Hymnen singt?<br />
Ein Streben, das in jedem klingt<br />
Und allen ist dies Gut gegeben:<br />
Zu schaffen, wirken, so zu leben,<br />
Dass jeder Schritt hallt voller Wonne<br />
Ob in dem Schatten, in der Sonne.<br />
Henri Regenwetter<br />
Nur darin fließt des Lebens Saft<br />
Was die Ungleichheit strebend schafft.<br />
*<br />
Die Mühle<br />
Sie klapperte einst,<br />
doch heute nicht mehr<br />
Der Bach rauschte einst<br />
Heut fliesst er gebändigt daher.<br />
Heut weckt sie Nostalgie<br />
Man spricht von Romantik,<br />
Auch das alles stimmt nicht mehr<br />
Sie sind restauriert<br />
Die geballten Kräfte von Wasser<br />
Und Erfindungsgeist des Menschen.<br />
Ihr Alterungsprozess wurde gebremst<br />
Restauriert.<br />
Ich wünschte, der menschliche Geist<br />
Könnte ebenfalls restaurieren,<br />
was Herz als Mühle und Blut als rauschenden Bach<br />
zu einem ebenso kraftvollen Produkt macht.
201<br />
Symbole.<br />
Bäche<br />
Räder,<br />
Rauschen.<br />
Klappern<br />
Ewig, so der Mensch dies will.<br />
Lebenssaft<br />
Der Puls des Lebens<br />
Schlaget länger<br />
So ein Gott das will.<br />
Das wünschen Ihnen<br />
von ganzem Herzen<br />
Henri und Lony.<br />
Symbolik<br />
Bäche,<br />
Räder,<br />
Rauschen,<br />
Klappern,<br />
Ewig.<br />
So der Mensch es will.<br />
Lebenssaft<br />
Der Puls des Lebens<br />
Strömet<br />
Rauschet<br />
Immer länger.<br />
Ist des Menschen emsig Ziel..<br />
Wünsche für das kommende Jahr 2000<br />
Henri und Lony Regenwetter.<br />
Bad Urach 1999<br />
*<br />
Doktor Schiwago<br />
Wie einen Schiffbrüchigen
202<br />
Lotste man Dich an den saugenden Fängen der Charybdis vorbei<br />
Hinaus in die sanft sich kräuselnde friedliche See.<br />
Du flohest die glühende Morgensonne<br />
Die drohend den freien Himmel zu entflammen sich erdreist<br />
Um Dich zu erquicken in den kühlen Gefilden des Abends.<br />
Die erschlafften Segel<br />
Blähten sich allsogleich und Pegasus beflügelte die Bugwellen<br />
deines Flosses<br />
Als Nagaika Dein Heimatgestade zu peitschen.<br />
Du warst vielen fremd,<br />
Doch jene die Dein blutbeflecktes Antlitz geschaut,<br />
Nahmen Dich auf, wie einen alten Freund und Du wardst ihnen zum<br />
Held.<br />
Dein Name kam in aller Mund.<br />
Von Millionen Kehlen besungen strömte er zurück durch des Äthers<br />
Wellen<br />
Um an den rauen Giebeln Deiner Penaten zu zerschellen.<br />
Ein Glücksstrahl flammte in unsern Augen,<br />
Als irrsinnig abgeschossene Pfeile die säuselnden Lüfte teilten,<br />
Die man Dir nachjagte um Deine Sternengeburt zu verhindern.<br />
H. Reger.<br />
(LuxWort)<br />
*<br />
Erlahmte Schwingen<br />
Mit Rosenfingern Musen flocken,<br />
Der Sonne Strahl in unser Herz,<br />
Und froher Klang der Windesglocken<br />
Entführt uns Gaukler himmelwärts.<br />
Gehorchend jenen Zaubertönen,<br />
Verkläret sich der Seele Blick,<br />
Entfliehet den mondänen Strömen<br />
Und weitet sich am Sonnenblick.<br />
Doch ist's als ob die Zauberkräfte<br />
Bemessen seien zu dem Flug,
203<br />
Als ob der Sehnsucht Traumessäfte,<br />
Gebrauet seien zum Betrug.<br />
Kaum lauschen wir den Nektarlippen,<br />
Kaum ist des Herzens Bild umrahmt,<br />
Heult schon die Brandung aus den Klippen,<br />
An denen unser Flug erlahmt.<br />
Noch wuchtiger der Sog der Wellen,<br />
Zieht uns ins Meer des Leid's zurück,<br />
Aus allen Buchten Nebel quellen,<br />
Verschleiernd uns den letzten Blick.<br />
H. Reger<br />
(LuxWort)<br />
*<br />
Gitarre<br />
Hüpfet lustig meine Finger<br />
Auf den Saiten voller Schwung,<br />
Wenn erklingen Liebeslieder,<br />
Macht das Herz ein Freudensprung.<br />
Schwinget Töne, liebe Saiten,<br />
nach der Herzens wahrer Lust,<br />
Dass sie Freude mir bereiten,<br />
In der wohl beschwingten Brust.<br />
Süsser Zauber, Weiheklänge<br />
Rauschen voller Jugenddrang<br />
Der Gitarre Lustgesänge<br />
Weben himmlisch reinen Klang.<br />
Sie berauschen meine Se