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Teil II - Homepage fir HR 2. Version 16.8.2004 - MultiMania

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1<br />

Meconopsis betonicifolia –Der himmelblaue Scheinmohn<br />

Lieblingsblume des Autors.<br />

<strong>Teil</strong> <strong>II</strong> der<br />

<strong>Homepage</strong> und Autobiographie<br />

von<br />

Regenwetter Albert und<br />

Heng I.<br />

Von<br />

Zolver.


Vorwort<br />

2<br />

Nachdem die Biographie von Albert Regenwetter als Vorarbeit nahezu<br />

komplett abgeschlossen ist und bereits ins Netz gesetzt werden konnte, wird<br />

hier der Versuch gemacht weitere Geschichten und zwar aus dem Schaffen<br />

und Leben dessen <strong>2.</strong> Sohnes zu veröffentlichen. Wie bereits eingangs zu<br />

lesen, hat dieser Sohn sich den Pseudonamen „Graf Heng I. von Zolver“<br />

zugelegt. Geschrieben und veröffentlicht hat er auch unter dem Pseudonym<br />

Henri Reger, eRHa, HaeR, <strong>HR</strong>, Rhinantus und manche andere: zum<br />

Beispiel unter dem Zeichen seines Totems „Flappeche Bier“..<br />

Was jetzt in Annäherung an eine Autobiografie folgt, möchte der Autor wo<br />

nur möglich als literarische Betätigung (an)erkannt sehen.<br />

*<br />

Es stehen zur Wahl:<br />

Entweder als Ouvertüre oder als Intermezzo zu lesen.<br />

Die meisten meiner Veröffentlichungen erfolgten in der Luxemburger<br />

Tagespresse, besonders in der kulturellen Beilage vom Luxemburger Wort,<br />

„die Warte“. In deren beiden veröffentlichen Anthologien wurden meine<br />

Beiträge berücksichtigt. Das erfolgte mit einem Prosabeitrag im Jahrbuch<br />

1958, und vorher bereits im Jahrbuch 1957 mit einer kurzen eigenen<br />

Biographie, gefolgt von einigen Gedichten. In „nos cahiers“ erschien 2001<br />

ein Beitrag zum Luxemburger Schrifttum mit dem Titel „Inke Dätsch – Eng<br />

Märechespaschtéit, farcéiert mat Wourechten“. Man wird auch in diesen<br />

Seiten ein Hörspiel finden, das ich mit dem bekannten Differdinger Musik-<br />

Dirigenten Camille Roilgen gemeinsam in einem Literatur – Hörspiel-<br />

Wettbewerb veröffentlicht hatte, was aber nie gesendet wurde. Dies war<br />

eine gemeinsame Arbeit mit meinem Kollegen Josy Moutschen aus<br />

Differdingen. Der Titel lautet: Melusina. Es behandelt die Geschichte von<br />

Graf Siegfried von Luxemburg und der schönen Melusina.<br />

Andere Schriften erschienen in Broschüren und Vereinszeitschriften. Die<br />

Vereinszeitschrift der AAT – Garten- und Teichfreunde Luxemburgs,<br />

gestaltete ich auch zum grössten <strong>Teil</strong> in ca. 70 Nummern mit eigenen Fotos<br />

von 1983 bis zum Jahr 2000. Zwei meiner Reiseberichte in englische Gärten<br />

nebst Bildern wurden in der Gartenpraxis (Ulmer) publiziert. Für den<br />

Ulmerverlag übersetzte ich das Buch „Mein Wassergarten“ ins<br />

Französische. Briefe an die Redaktion, von denen aber einige aus mir<br />

unbekannten Gründen nicht abgedruckt wurden und die ich hier aber<br />

veröffentlichen möchte um zu zeigen, dass auch nicht alle Briefe der<br />

Redaktion willkommen sind, oder den Vorstellungen der Redaktion<br />

entsprechen. Vier deutsche Theaterstücke übersetzte ich ins


Luxemburgische und machte dabei eine Anpassung an einheimische<br />

Bedürfnisse. Sie wurden landesweit aufgeführt und werden immer noch<br />

gefragt.<br />

3<br />

Mit meinem Kollegen Moutschen Josy beteiligte ich mich an einem Kursus<br />

für Dramaturgie, besonders Filmdramaturgie. Wir hatten die Absicht einen<br />

Roman für einen Film zu produzieren. Der Roman „Don José“ den ich in<br />

Angriff nahm blieb nach kurzer Zeit im Ansatz stecken und liegt als<br />

„inachevé“ in meinen Akten.<br />

Besonders stolz aber war ich auf meine Veröffentlichungen in „Jeune Poésie<br />

Européenne“. Die 1. Nummer erschien im Januar 1960. Diese Zeitschrift<br />

wurde von Suzel Etienne geleitet und sicherlich auch finanziert.<br />

In der Dezembernummer 1960 von Jeune Poésie Européenne erschienen<br />

nachfolgend 3 meiner Gedichte die bis dahin unveröffentlicht waren.<br />

Ich habe ihn besiegt,<br />

der mir den Mund verschloss,<br />

der meine glimmernden Kohlen in die Nacht gejagt<br />

der trübe Schleier vor meine reinen Sterne schob,<br />

der meine Sonnenblumen abgeknickt.<br />

Ich habe ihn besiegt,<br />

der die Sprossen meiner Leiter zerschmettert<br />

der die blauen Segel meines Bootes zerfetzt,<br />

der mein Spiegelbild im stillen See entstellt,<br />

der meine Spur im Wüstensand verdarb<br />

der meinen Aar der Schwingen beraubt.<br />

Ich habe ihn besiegt!<br />

Aber es war kein Sturm,<br />

kein Wind<br />

auch keine Luft.<br />

Es war nur heisser fremder Atem.<br />

Ich habe ihn besiegt.<br />

Dieses Gedicht entstand nach einer längeren Zeit des Schweigens und der<br />

Resignation. Mein Schweigen wurde bewirkt durch menschliche<br />

Unzulänglichkeiten, die mir im Umgang mit Gleichgesinnten viel zu<br />

schaffen machten. Die beiden anderen Gedichte entstanden anlässlich der<br />

damals bevorstehenden Feiertage.<br />

Negro Spiritual


4<br />

Schweigen!<br />

Süchtige Blicke flackern empor<br />

Sprühen zum Schein<br />

Flammen zum Licht<br />

Bis sie ein Schrei<br />

Zum Feuer entfacht.<br />

„Jesus!“<br />

Kehlen weiten sich mit Wucht<br />

Lippen wölben sich in Hast<br />

Dass aus der bedrängten Bucht<br />

Schnellt das Boot mit schwerer Last.<br />

„Jesus!“<br />

Schwankend strebt es durch die Brandung<br />

Krängt am letzten Riff vorbei<br />

Kommt im Sturme zur Entbindung<br />

Macht sich von den Ketten frei.<br />

„Jesus!“<br />

„Save our boat!”<br />

“Save our boat!”<br />

“Save our crew!”<br />

*<br />

Stille<br />

Stille.<br />

Schneebedeckte Laube<br />

Liegt im Glanz der Sterne:<br />

Fülle.<br />

Odem<br />

Heiliger Erwartung<br />

Webet Silberfäden<br />

Wiegt Erinnerung<br />

Göttlicher<br />

Geburt.<br />

Weihrauch<br />

Quellende Freude


5<br />

Dringt mit sanftem Klingen<br />

Tröpfelnd in das Herz.<br />

Stille.<br />

Posaunen der Freude<br />

Der glorreichen Liebe<br />

Durchzittern im Schalle<br />

Den englischen Gruss.<br />

Glockengeläute<br />

Freude<br />

Fülle.<br />

Liegt im Glanz der Sterne<br />

Schneebedeckter Laube<br />

Stille?<br />

Am 24. April 1961 schrieb Suzel Etienne folgenden schmerzhaften Brief an<br />

alle Redaktionsmitglieder, zu denen die damalig besten jungen<br />

Luxemburger Schriftsteller gehörten:<br />

Cher Monsieur,<br />

J’ai le grand regret de vous faire savoir que la revue « Jeune Poésie<br />

Européenne » cessera provisoirement, de paraître, le nombre des abonnés<br />

pour l’année 1961 ne permettant pas de couvrir les frais<br />

d’impression………<br />

*<br />

Vor kurzem habe ich meinen italienischen Freund Walter Nesti, der lange in<br />

meiner Nachbarschaft in Differdingen gewohnt hatte, über Internet wieder<br />

gefunden. Er war auch ein Mitarbeiter in dieser Zeitschrift. Seit über<br />

dreissig Jahren habe ich nichts mehr von ihm vernommen da er in seine<br />

Heimatstadt in Italien zurückgekehrt war. Seine Internetadresse lautet<br />

Walter Nesti. Er hat in dieser Zeit verschiedene Schriften publiziert.<br />

Spontan bot er sich an meine französischen Gedichte ins Italienische zu<br />

übertragen. Hier ein Resultat dieses freundlichen Angebotes.<br />

C'est l'heure<br />

Vous, les vilains de cette terre,<br />

Faites soigner les ulcères<br />

De vos âmes qui crachent la misère,<br />

C'est l'heure.<br />

Regardez ces mains qui clament vers le ciel,<br />

Ces coeurs qui se noient dans le fiel,


6<br />

Dans la vase de votre fosse de Daniel.<br />

C'est l'heure.<br />

Où notre vengeance vous fera trembler<br />

Sur les flots du sanglot, où sans pitié<br />

La barque de votre règne sera submergée.<br />

C'est l'heure.<br />

Où la tumeur de votre gloriole<br />

S'écrasera dans la fiole<br />

De votre majesté frivole.<br />

C'est l'heure.<br />

Vous, les vilains de cette terre,<br />

Entendez la prière de vos frères<br />

Qui vous haïssent de la haine d'un enfer.<br />

C'est l'heure.<br />

Résignez-vous, et au fond de nos coeurs<br />

L'angoisse et le pardon vous assurent une faveur;<br />

Sinon, les clameurs s'obstinent dans la révolte, car<br />

C'est l'heure.<br />

H. Reger<br />

*<br />

E’ l’ora<br />

di Henri Regenwetter – Traduzione dal francese di Walter Nesti<br />

Potenti bastardi della terra<br />

è l’ora di curare le piaghe<br />

delle vostre anime<br />

che sputano miseria<br />

è l’ora di contemplare le mani<br />

che si levano al cielo<br />

i cuori che annegano nel fiele<br />

nel fango della fossa di Daniele<br />

è l’ora in cui<br />

nel singulto dei flutti


7<br />

tremerete per nostra vendetta<br />

che impietosamente affonderà la barca<br />

del vostro regno<br />

Die Symphonie kann beginnen<br />

Meine Kindheit<br />

è l’ora in cui<br />

il tumore della vostra gloriola<br />

vi scoppierà nella testa<br />

della vostra vana arroganza<br />

è l’ora potenti bastardi della terra<br />

d’ascoltare le preghiere dei fratelli<br />

che v’odiano d’odio infernale<br />

è l’ora della vostra rassegnazione<br />

e allora nel fondo dei nostri cuori<br />

angoscia e perdono<br />

garantiranno un trattamento di favore<br />

poiché altrimenti il tumulto<br />

sfocerà in rivolta.<br />

*<br />

Eine Autobiographie beginnt normalerweise mit der Geburt der<br />

Hauptperson. Dazu ist im <strong>Teil</strong> I dieser <strong>Homepage</strong> bereits die Bemerkung<br />

gefallen, dass der erste Wind, vortrefflich als Petinger Wind bezeichnet,<br />

dem „Grafen Heng I. von Zolver“ gehörig um die Nase blies, noch bevor er<br />

sich überhaupt berechtigt fühlte diesen ehrwürdigen Titel zu tragen.<br />

Petinger Wind hat in lokaler Sicht eine ganz spezielle Bedeutung. Dazu fällt<br />

mir nur die Bezeichnung Hoffart ein, die anscheinend in einer Ortschaft wo<br />

viele Eisenbahner wohnen zu einer gewissen artspezifischen Kuriosität<br />

gewesen zu sein scheint. Ich möchte dazu aber sofort aufklärend bemerken,<br />

dass meine Familie mit mir nicht in Petingen, sondern in Rodingen wohnte<br />

und dass deshalb die mir scheinbar auch anhaftende Hoffart nicht in<br />

vollkommene Eitelkeit ausartete. Manch einer wird trotzdem bereits mit<br />

jenem Finger (den die Meisten auch benutzen, um gemütlich in der eigenen<br />

Nase zu stochern) jetzt auf mich zeigen und meine <strong>Homepage</strong> als ein<br />

Produkt doch vorhandener Eitelkeit entlarven wollen. Das schert mich sehr<br />

wenig und ist keinesfalls (m)ein Problem. Ich habe in meinem Leben immer<br />

wieder die Erfahrung machen müssen, dass meistens diejenigen die am<br />

wenigsten auf zu weisen hatten, am meisten neidig reagierten.


8<br />

Ausserdem schreibe ich weil dies mir gefällt und mir Spass macht. Ich habe<br />

keinesfalls Ambitionen von Schriftgelehrten begutachtet zu werden. Meine<br />

Leser sollen aus dem Volk stammen, einfach, gutgelaunt und<br />

aufnahmebereit für merkwürdige Ereignisse und verständlich formulierte<br />

Gedanken.<br />

Ich kam also in Petingen zur Welt, nur weil man mich als Zangengeburt ins<br />

Auge gefasst hatte und meine Mutter nur deswegen vorsichtshalber ins<br />

Spital eingeliefert wurde. Hiermit begannen allerdings alle Schwierigkeiten<br />

die ich später mit meiner Mutter oder vielleicht richtiger beschrieben, die<br />

Sie ihrerseits auch fürderhin mit mir hatte.<br />

Das Haus in welchem wir wohnten findet man heute noch in stark<br />

verändertem Zustand, gegenüber dem Hüttenkasino des Stahlwerkes:<br />

Minière et Métallurgie de Rodange, abgekürzt mit MMR bezeichnet. In der<br />

Dreiländerecke Frankreich, Belgien und Luxemburg geht es sprachlich hoch<br />

zu. Es ist auch nicht übertrieben sofort zu sagen, dass die Luxemburger<br />

überhaupt grammatikalisch gesehen besser französisch sprechen, besonders<br />

aber korrekter schreiben als die meisten Franzosen. Neben Luxemburgisch<br />

und Französisch verstehen und sprechen in diesem Dorf auch alle Leute<br />

sehr gut Deutsch. Diese Sprachenvielfalt führte natürlich zu einer Menge<br />

Eigentümlichkeiten wovon ich hier einige Kostproben geben will.<br />

Rodingen ist die deutsche Bezeichnung von Rodange. Réideng, wäre<br />

eigentlich eine echt luxemburgische Bezeichnung für diese Ortschaft<br />

gewesen; doch gebrauchte man eigenartigerweise diesen Namen nur für den<br />

Ortsteil Nidderréideng, nicht aber für den Ortskern selber, den man rundum<br />

den Bahnhof findet. Kam das durch die Verwechslungsmöglichkeit mit<br />

einer nahebei liegenden Ortschaft, die bereits Réideng hiess? Diese befindet<br />

sich etwa 10 km weit entfernt in östlicher Richtung, in Frankreich, aber hart<br />

an der Grenze und zu allem Überfluss trägt sie auch heute noch den<br />

luxemburgischen Namen „Déitsch Réideng“. Dort gab es früher ein<br />

herrschaftliches Schloss und rundherum reichlich Wasser, so dass man auch<br />

annehmen kann, dass sich hier schon sehr früh Siedlungen befanden. Die<br />

Ortschaft spielte im Mittelalter eine aussergewöhnliche Rolle. Dort wurde<br />

lange Zeit die Gerichtsbarkeit ausgeübt. Der Galgen stand auf dem heutigen<br />

nebenan liegenden „Galjebierg“ und in Réideng befand sich bereits eine<br />

Kirche wohin sich auch die Leute aus Beles und Zolver, sogar aus<br />

Ehlerange, in die Messe begaben. Es wäre also interessant der Vermutung<br />

nach zu gehen, ob es sich möglicherweise auch um diese Wohnstädte<br />

handeln könnte, die im ersten bekannten schriftlichen Schenkungsakt von<br />

Zolver erwähnt wurde, als „villam iuxta castellum celobrium“. Diese kurze<br />

Erläuterung erlaubte ich mir nur zur geografischen Positionierung die im<br />

ersten <strong>Teil</strong> bereits bildlich dargestellt wurde.


9<br />

Nicht weit vom Ortskern von Rodange, nahe der im Tal der Cronière (zu<br />

Deutsch Rohrbach) liegenden Grenzstadt Lasauvage befindet sich eine<br />

kleine aber anheimelnde und heute noch viel besuchte Siedlung.<br />

Geschrieben wird sie „Fonds de Gras“. Man findet sie sogar im Internet.<br />

Das Lesen dieses Namens aber bereitet manchem Intellektuellen, besonders<br />

den Reportern unserer Radio- und TV-Sendern, Kopfzerbrechen, denn wie<br />

ich auch weiter unten noch erläutern werde, spielt vermeintliche<br />

Besserwisserei eine Rolle bei der Annahme es würde sich bei diesem<br />

Namen um eine Französische Bezeichnung handeln. Daher sprechen sie<br />

diesen Ortsnamen falsch aus und zwar wie bei „foie gras“, also ohne das „s“<br />

zu betonen. Nur die Erklärung dass es sich um das ehemalige Besitztum der<br />

Familie Gras handelte, die mit scharfem „s“ ausgesprochen wird, verhilft<br />

zum besseren Verständnis. Die Familie Gras besass auch Erzgruben in der<br />

Nähe und auf einer topografischen Karte findet man auch die Bezeichnung<br />

„Graskopp“ was unverwechselbar an Gras und Weideland erinnert.<br />

Es ist eben eine Eigenart dieser Grenzbewohner sich ohne Probleme im<br />

Zweisprachenmix zu verständigen. So suchte ich einmal vergebens die<br />

Dachluke durch welche seine Eulen ein und ausfliegen könnten, als einer<br />

meiner Familienangehörigen mich in seinem Garten fragte: „Hues de meng<br />

Eilen gesin?“ Wenn ich diese Eilen aber anders schreibe, dann versteht man<br />

besser was er meinte: „Ailen sind Knoblauch, denn im Französischen<br />

bezeichnet man Knoblach mit ail, was phonetisch identisch ist mit „Eil“ zu<br />

Deutsch die Eule.<br />

Unsere Familie war also in Rodange kurz vor meiner Geburt in das Haus<br />

mit der Nummer 33 eingezogen. Mein Vater, der Zollbeamte war, wurde<br />

nämlich dienstlich von Niederkorn nach Rodingen versetzt, was für seine<br />

finanzielle Lage mit einem Vorteil verbunden war, wie das so immer<br />

praktiziert wurde, indem man die Versetzungen mit Vorteilen in<br />

Verbindung brachte, um sie schmackhafter zu machen. In Niederkorn<br />

mussten meine Eltern sogar wegen Geldmangels einmal die Tageszeitung<br />

für längere Zeit abbestellen, nur weil die Zollverwaltung und die<br />

Staatskasse es aber doch nicht so gut mit ihren Beamten meinten, wie die<br />

Regierung dies vorgab indem sie sich als christlich sozial zu bekennen<br />

pflegte. Wahrscheinlich betraf diese Einstellung nur die Gehälter der oberen<br />

Schicht!<br />

Der Start ins Familienleben meiner Eltern begann sogar auf Matratzen, die<br />

ebenerdig in der Mietwohnung lagen, weil das benötigte Geld für den Kauf<br />

eines Bettes eben nicht auf zu bringen war.<br />

Hinter dem oben erwähnten Kasino, in Richtung Norden, beginnt das lang<br />

gestreckte Gelände des Stahl- und Walzwerkes von Rodingen, das sich bis<br />

an die französische Grenze erstreckt, wo auch die Schlackenmühle für<br />

Thomasmehldünger und die „Fonderie“, lies Giesserei zu finden waren. Das


10<br />

Werk entwickelte sich also entlang der belgischen, bis an die französische<br />

Grenze, wo die Chiers, oder zu Deutsch die Korn, noch heute als Grenzbach<br />

zu verstehen ist.<br />

Hier möchte ich eine weitere Sprach orientierte Klammer öffnen, die mich<br />

seit meinem Denkvermögen immer wieder beschäftigt hat, und worin es<br />

wiederum um die Schreibweise oder Aussprache der Namen von zwei<br />

Ortschaften geht.<br />

Der Bach „Korn“ nennt man auf Luxemburgisch „Koar“ oder „Kuer“ und<br />

auf französisch Chiers. Dieser Name wurde abgeleitet von dem lateinischen<br />

„Chara“. Meines Wissens ist dieser lateinische Stamm erhalten geblieben in<br />

dem Ortschaftsnamen Bascharage, an welcher die Korn vorbei fliesst. An<br />

der Quelle (dem Kuerspronk) nennt sich die Ortschaft Oberkorn und etwas<br />

weiter Bach abwärts befindet sich die Ortschaft Niederkorn, womit die<br />

Verzwicktheit der Namengebung zunimmt, denn Bascharage besteht aus<br />

(Bas/ Nieder und chara/Korn) was eigentlich auch soviel wie Niederkorn<br />

bedeutet, hal aber nur im Französischen, denn der deutsche Name derselben<br />

Ortschaft ist Niederkerschen!<br />

Bis an den heutigen Tag wo ich diesem Phänomen ein wenig auf den Grund<br />

gehe und ihn öffentlich beleuchten kann, zeigen wenigstens mir die<br />

zuständigen Behörden mit welchem Intelligenzfaktor deren Beamten<br />

eingestuft werden können, besonders in punkte topografische Kartierung.<br />

Da steht der Turm von Pisa noch schiefer als bisher. Anstelle den beiden<br />

erst genannten Ortschaften ihren original deutschen und geografischen<br />

Namen zu belassen, und ihn auch in französischen Texten mit „k“ zu<br />

gebrauchen und zu schreiben, gab man sich extrem chauvinistisch<br />

französisch und unterdrückte einfach das angeblich exklusive deutsche k,<br />

mit dem Hinweis, dass es ein „k“ in der französischen Sprache überhaupt<br />

nicht gäbe. Es ging also darum dieses „k“ durch ein französisches „c“ zu<br />

ersetzen, sodass man heute noch an vielen öffentlichen Stadtschildern die<br />

falsch geschriebenen Ortsnamen Obercorn, und Niedercorn, lesen kann.<br />

Dummerweise war und ist das geistige Niveau dieser Leute, die unbedingt<br />

ihre eher geile Neigung zum Französischen manifestieren wollten, komplett<br />

daneben. Nur ein Quäntchen Verstand hätte gereicht um sich zu<br />

vergewissern, dass es im Französischen wohl den Buchstaben „k“ gibt, den<br />

die Académie française im Littré als „onzième lettre de l’alphabet“<br />

bezeichnet, und der sich in vielen Wörtern wieder findet, wie in „kanguroo“,<br />

„kantisme“, „kaolin“, „kilomètre“ sowie „kleptomanie“ und „kyste“ um<br />

nur einige zu erwähnen. Niemand kam auf eine andere mögliche Idee um<br />

die Übersetzungen Haute-Chiers oder Chiers-Basse ein zu führen, was<br />

absolut in Ordnung gewesen wäre. Damit sei dieses öffentliche Bekenntnis<br />

von geistiger Unvollkommenheit eigentlich abgehackt. Die meisten


Aushängeschilder der leider noch immer nicht korrigierten Geistesblitze<br />

befinden sich auch noch immer im Gebrauch.<br />

11<br />

Doch nun zurück zur Chiers in Rodange, wie sie auch dort geläufig genannt<br />

wurde. Sie war und ist heute noch zum grössten <strong>Teil</strong> am erwähnten<br />

Abschnitt eher eine Abwasserkloake, als ein Bach. Sie fliesst nämlich<br />

zwischen zwei Hüttenwerken und nimmt deren Abwässer auf. Wenn ich<br />

bedenke, dass es bereits Pläne gab die Mosel bis hierher zu kanalisieren und<br />

dass hierfür schon einige Bauwerke errichtet wurden, dann kann ich aus der<br />

Sicht von heute nur noch den Kopf schütteln.<br />

Nebenflüsse der Korn, die hier aus Belgien kommend einmünden, wie die<br />

meist nur knietiefe Messancy, sind dagegen noch mehr oder weniger<br />

saubere Fischgewässer, in und an denen wir Jungen sehr oft auftauchten.<br />

Besonders rundum den „Pont Noir“, gelegen zwischen Athus und<br />

Messancy, war unser Aktionsradius. Dies war ein herrlicher Bachabschnitt<br />

der vom Rangierbahnhof von Athus überdeckt ist, aber von den Anrainern<br />

über eine längere Passerelle durchquert werden kann. Hier besorgte ich mir<br />

die Kleinfische, die bereits damals in Bütten oder anderen Behältern<br />

schwammen, die für mich in unserm Garten aufgestellt waren. Es waren<br />

dies Ellritzen, Bitterlinge, Stichlinge und auch die berühmten Goujons<br />

(Groppen), welche die Einheimischen mit der Essgabel fingen, die sie an<br />

eine Rute befestigt hatten Die am Boden und unter Steinen versteckt<br />

lebenden Kleinfische wurden mit der Gabel regelrecht aufgespiesst.. Was<br />

mich dabei am meisten schockte, war der anschliessende Verzehr des rohen<br />

Fisches. Dies ebenfalls zu versuchen habe ich mir nie getraut. Man durfte<br />

sie eigentlich nur schlucken, wenn sich deren Kopf nach vorne im Mund<br />

befand, denn die seitlich und nach oben abstehenden Dornen hätten sich<br />

unweigerlich irgendwo auf dem Weg in den Magen eingebohrt. Nicht dass<br />

ich mich ekelte, aber zusehen wie der kleine aber noch zappelnde Fisch im<br />

Mund verschwindet und dann hinuntergewürgt wird, das bewegte mich<br />

zutiefst. Heute zweifele ich jedoch wieder ob ich nicht doch noch immer mit<br />

einem Bären auf dem Rücken herumlaufe und man die Fische, wie bei<br />

einem Zaubertrick, die Zuschauer täuschend, nur scheinbar mit<br />

schmatzendem Mund verschwinden liess.<br />

Es gibt wahrscheinlich nur wenige Meter an diesem Bachabschnitt, die ich<br />

nicht barfuss durchwatet habe. Das mir vertraute Gelände erstreckte sich<br />

über nahezu einen Kilometer, vom Zentrum der Grenzortschaft Athus bis<br />

hinter den Bahnhof in Athus.<br />

Meine erste wissenschaftliche Entdeckung machte ich eigentlich mit diesen<br />

Kleinfischen. Die Zinkwanne, und auch andere Behälter, die draussen in der<br />

Sonne standen, konnten unter dem im Freien angebrachten Wasserhahn<br />

immer wieder mit Frischwasser versorgt werden. Ein umgestülpter<br />

Blumentopf, und einige Steine erlaubten den Fischen sich zu verstecken.


12<br />

Puppen oder Eier von Ameisen aus dem Garten, Stubenfliegen und Stücke<br />

von Regenwürmern gehörten zum täglichen Speiseplan, der mir bis zum<br />

Winter zur Verfügung stand. Dann konnte ich folgende Beobachtung<br />

machen. Da das Wasser nur etwas 0,40 m tief war, froren die Fische<br />

manchmal über Wochen komplett ein, doch staunte ich weil die Fische<br />

dabei keinesfalls eingingen. Nein, sie bewegten sich langsam, wie im<br />

Zeitraffer Tempo, dauernd hin und her und erzeugten so um sich selber eine<br />

eisfreie Zone. Sie lebten sozusagen auf Sparflamme. Ich erklärte mir dieses<br />

Phänomen aber auch indem ich annahm, dass die schleimige Haut der Tiere<br />

ebenso dazu beitragen konnte rundum sich selber das Wasser vor dem<br />

Gefrieren zu bewahren. Erst später, als ich ein Auto besass, brachte ich<br />

dieses Verhalten mit dem bekannten Antigel in Verbindung. Inzwischen ist<br />

diese Fähigkeit der Fische und mancher anderer Meerestiere, besonders bei<br />

Meeressäugern wissenschaftlich belegt. Ob bei meinen Beobachtungen<br />

ebenfalls Glykoproteinen mit im Spiel waren, wie das bekannter Weise bei<br />

den Fischen im Polarmeer der Fall ist, wäre wohl eine interessante Studie<br />

für einen Doktoranden.<br />

Kehren wir jedoch noch einmal zurück zum Eisenhüttenwerk und zu<br />

Ereignissen die sich, chronologisch gesehen, sehr früh in meinem Leben<br />

abgespielt haben.<br />

Zauberhaftes Licht- und Schattenspiel<br />

Nachts belebte der Widerschein von Millionen von sprühenden Funken der<br />

Konverter, die hell tapezierte Wand, rechts neben meinem Kinderbett, das<br />

im Schlafzimmer meiner Eltern stand. Wie auf einer Kinoleinwand tanzten<br />

und tobten dort tausende Phantome, Geister, Kobolde und Gespenster der<br />

Licht- und Schattenwelt. Das Kinderbett im Schlafzimmer meiner Eltern<br />

war provisorisch und nur eine weitere Vorsichtsmassnahme geworden weil<br />

ich bereits einige Monate nach der Geburt eine doppelte Lungenentzündung<br />

mit mehr als 41° Celsius Fieber erwischte und meine Eltern sich ständig<br />

Sorgen machten um meinen Gesundheitszustand, den sie besonders auch in<br />

der Nacht überwachen wollten.<br />

Die Erinnerung an diese herrliche, zauberhaften Licht- und Schattenspiele,<br />

des Funken sprühenden Sydney Thomas Stahlwerkes, in der Sicht etwas<br />

abgeschirmt von einigen Tannen, ist tief in den Windungen meines Gehirns<br />

eingeprägt. Die vier mächtigen Tannen, so werden sie im Volksmund<br />

genannt, sind eigentlich Fichten, die damals beim Eingang des Parks<br />

wuchsen, wippten im leichtesten Windstoss hin und her und hauchten den<br />

über mein Bett hinweg geworfenen Schatten Seelen ein. Jedes Mal, beim<br />

Anblick von flackerndem Licht- und Schatten erinnere ich mich an dieses<br />

schmucke Kinderbett, mit der beidseitig hölzernen Reling die nachts<br />

geschlossen wurde, damit ich nicht aus dem Bett fallen konnte. Besonders<br />

bezaubernd und anheimelnd schaute sich dieses eindrucksvolle


13<br />

Schattenspiel an, wenn ein sanfter Wind durch die Fichten wehte. Doch bei<br />

Sturmwind huschten die Schatten ungestüm hin und her. Es schien, wenn<br />

ich es heute mit meinem geistigen Auge betrachte, als ob die<br />

Apokalyptischen Reiter immer wieder erneut vorbei galoppierten.<br />

Wahrscheinlich haben sich damals mein Sehsinn und meine<br />

Vorstellungskraft dermassen erweitert und verfeinert, dass ich heute immer<br />

wieder feststellen muss, wie sehr sich mein Wahrnehmungs- und<br />

Beobachtungsvermögen von dem anderer Menschen differenziert.<br />

Durch dieses gratis ablaufende, nahezu alltägliche Lichtspiel brauchten<br />

meine Eltern auch selten elektrisches Licht anzuzünden, wenn sie zu Bett<br />

gingen.<br />

Das Heimathaus<br />

Unser Haus war eher ein herrschaftliches Wohnhaus, worüber meine Eltern<br />

sehr stolz waren. Es war etwas in einem nahezu unsichtbaren Hügelchen,<br />

zurückgelegen von der Strasse gebaut worden und kaum 10 Jahre alt. Die<br />

Kellerräume waren ebenerdig vorne und nahezu völlig im Erdreich an der<br />

Rückseite des Hauses, so dass in ihnen nahezu völlige Dunkelheit herrschte<br />

und die schmale Luke kaum Licht in den Keller warf. Nur die schwarze<br />

Katze Micky machte davon Gebrauch. Hier fand ihr Wechsel aus dem und<br />

ins Haus statt, wenn nicht gerade das Küchenfenster oder eine Tür offen<br />

stand. Über dem zweiten Stockwerk mit den Schlafzimmern, befand sich<br />

noch eine bewohnbare Mansarde. Dann ging es noch eine Holzstiege höher<br />

bis unter das spitz zugeschnittene Dach in welchem ein kleiner eigentlich<br />

nur dekorativer Turm eingebaut war. Hier hatten die Tauben des Nachbarn<br />

ihr Klo eingerichtet. Mit einigen unterschiedlich langen und<br />

zusammengebundenen Eisenstangen, die der Nachbar über ein langes Seil in<br />

Bewegung und dabei zum Klirren bringen konnte, wurden die Tauben direkt<br />

an ihrem Sitzplatz mit Radau erschreckt, aber mit der Zeit gewöhnten diese<br />

sich an das Geräusch am Kamin und wir uns an ihren Mist auf der<br />

Haustreppe, wobei uns das Geräusch der Eisenstangen immer mehr störte.<br />

Im Innern war das Treppenhaus bis zum Speicher offen und ganz aus Holz<br />

gebaut. Nirgends gab es Betonböden. Alle Zimmer waren nahezu 4 Meter<br />

hoch. Mein Vater war ein Hüne. Wenn er gut gelaunt war, lies er uns Buben<br />

(mein Bruder, er wurde zwar François gerufen hiess aber offiziell Albert,<br />

war 4 Jahre älter als ich) einen nach dem anderen auf seinen Schultern<br />

turnen und sogar oben stehend konnten wir nicht bis an die Zimmerdecke<br />

reichen.<br />

Der grosse Doppelkeller war also auf dem Niveau der Strasse. Er konnte<br />

fast nicht ohne eingeschaltetes Licht betreten werden. Ich hatte immer<br />

Angst allein hinab zu steigen um Kohlen oder Briketts für die Ofen zu<br />

holen. Nur den stinkenden Käse, Fromage de Herve, den mein Vater<br />

während des Krieges in seinen beiden Koffern und in rauen Mengen mit


14<br />

nach Hause brachte, konnte ich ohne Licht finden, ich brauchte nur die<br />

Quelle des Duftes an zu steuern. Aber auch die Kartoffeln, die in die Küche<br />

getragen wurden, gehörten zur alltäglichen Pflichtarbeit und waren am<br />

starken Erdgeruch zu finden. Dass man auch von der Strasse her ebenerdig<br />

in den Keller gelangte, war ein beachtlicher Vorteil zumal wenn eine neue<br />

Ladung Kohlen, Briketts oder Holz angeliefert wurde. Die Briketts und das<br />

noch ungespaltene Holz wurden Raum sparend wie Ziegelsteine gestapelt,<br />

was stets die Aufgabe von uns Jungen war. Wenn Holz gebraucht wurde,<br />

durften wir dies sogar selber spalten. Das Beil war immer griffbereit in<br />

einem mächtigen Holzbock eingeschlagen. Es handelte sich bei diesen<br />

Holzscheiten um leicht spaltbare, unbrauchbar gewordene und auf Mass zu<br />

geschnittene Grubenstützen. Die Grubenarbeiter hatten eine Ration von<br />

Holz gratis zur Verfügung und je näher der Winter kam konnte man sie<br />

tagtäglich von der Arbeit nach Hause gehen sehen mit einem meterlangen<br />

Scheit Holz, in welches ein Keil als Griff getrieben war. So konnte man es<br />

besser auf der Schulter tragen und mit einer Hand festhalten. Es sei hier<br />

zusätzlich notiert, dass sich direkt angrenzend an die Ortschaft geologisch<br />

gesehen, das Plateau de Brie ausbreitet, das weit ins Französische reicht und<br />

bekannt ist durch sein ergiebiges Eisenerzvorkommen. Die Minette, wie das<br />

Eisenerz genannt wird, konnte man zuerst nur über Stollen abbauen, später<br />

aber auch im Tagebau. Die vielen kraterähnlichen Löcher oben auf dem<br />

Plateau rührten her von eingestürzten oder zum Einsturz gebrachten Stollen.<br />

Eine Traumlandschaft für spielende Linder, die keine Gefahr kannten, denn<br />

weitere Einsturze waren häufig, doch glücklicherweise kann ich mich nicht<br />

erinnern, dass irgend einem dort ein Leid zugestossen sei.<br />

Die Westseite unseres Hauses war an ein viel kleineres Nachbarhaus<br />

angebaut. Alle Zwischenwände waren nahezu schalldicht, doch konnte man<br />

noch gut vernehmen, wenn auf der anderen Seite etwas besonderes los was,<br />

das heisst wenn es dort etwas lauter her ging als normal. Auf unserm<br />

Parterre befanden sich 2 Eingangstüren. In der Mitte der einen an der<br />

Vorderfront, befand sich ein kleines Fenster, das man öffnen konnte. Die<br />

Franzosen bezeichnen solch ein Fenster wie auch das heute als „Spion“<br />

bekannte Guckloch mit „Vasistdas“, was in überzogenem Chauvinismus der<br />

sich in Sachen Sprache unfehlbar gebenden Académie Française aber mit<br />

einem „V“ geschrieben wurde, obschon es abgeleitet ist von „Was ist<br />

das?“. Diese Tür war sehr praktisch zum Betreten der kleinen Balkon-<br />

Terrasse die wir auf der Strassenseite benutzen. Dort stand unsere<br />

gemütliche Bank recht bequem und luftig im Schatten. Bei guter Witterung<br />

wurde sie sehr oft benutzt. Das erlaubte uns alles zu überblicken, was sich<br />

vor unserm Haus abspielte. Hier wurden alle Familienfotos geknipst, denn<br />

mein Vater war ein leidenschaftlicher Fotograf, der seine Glasplatten noch<br />

selber im Dunkel -Keller entwickelte. Ein kleiner Vorgarten im Hang war<br />

mit Strauchrosen und Farnen begrünt nebst einem Fliederbusch dessen<br />

Blüten mein Vater immer abschnitt um sie meiner Mutter zu<br />

Dekorationszwecken zu überreichen. Nur hatte die Tür wegen des seltenen


Benutzens die fatale Eigenschaft am Boden zu klemmen. Diese Bremse<br />

konnte nur mit etwas Kraftaufwand überwunden werden.<br />

15<br />

Die andere Haustür öffnete sich ebenfalls ins Treppenhaus, aber als<br />

Nebeneingang an der östlichen Giebelseite. Sie wurde am meisten benutzt.<br />

Hier befand sich auch der Zugang zum Garten. Rollladen vorne am Haus<br />

und Klappladen auf der Hinterseite dienten der Sicherheit. Jeden Abend<br />

wurden die beiden länglichen, bis an die Klinken herab reichenden Fenster,<br />

der Giebeltür mit Stahlplatten abgesichert und mit einem breiten Flacheisen<br />

zusätzlich verriegelt. Diese manuelle Absicherungsmethode anzubringen<br />

und wieder zu entfernen, war ein tagtägliches Pensum von uns Buben.<br />

Damit man diese bereits damals notwendigen Sicherheitsvorkehrungen<br />

verstehen kann betone ich, dass wir an der Westgrenze des Luxemburger<br />

Landes wohnten und wenn man nach Frankreich über die Grenze ging, wo<br />

sich nur ein eher symbolischer Schlagbaum als Absperrung befand, war man<br />

wohl im Land der Franzosen, aber zu sehen waren meistens nur<br />

herumlungernde Algerier, Marokkaner und Tunesier die alle arbeitslos zu<br />

sein schienen. Einheimische Franzosen waren wenige zu erkennen. Dazu<br />

war meine Mutter eine überaus ängstliche Person der es auch nicht leicht<br />

fiel viele Nächte ohne Schutz des Mannes zu sein, während dieser seinen<br />

Nachdienst ausübte.<br />

In die Gute Stube unseres Hauses kam man vom Hausgang her durch eine<br />

riesige Doppeltür, die selten geöffnet wurde, besonders aber dann wenn ein<br />

grosser Putztag bevorstand oder im Sommer wenn Kühlung per<br />

organisiertem Durchzug erreicht werden sollte. An diese grosse Doppeltür<br />

angelehnt stand auch das Fahrrad meines Vaters, wenn er zuhause war. Dies<br />

war von der englischen Marke Raleigh und recht solide, was dem Anspruch<br />

meines gewichtigen Vaters entsprach. Sogar der Gepäckträger war sehr<br />

stabil und wurde oft von uns benutzt um eine kurze Strecke als Aufsitzer<br />

mit dem Vater zu fahren. Rücktritt als Bremse, und eine kleine Übersetzung<br />

waren besondere Gadgets, die auch wir schnell zu nutzen wussten. Meine<br />

Mutter mag dieses Aufspringen auf den Gepäckträger nicht so sehr weil sie<br />

öfters danach Risse in unseren Hosen zu nähen hatte.<br />

Die gute Stube wurde nur selten benutzt. Es roch in ihr immer apart muffig<br />

und übertrieben säuberlich nach Bohnerwachs, den wir Buben nicht nur auf<br />

den Holzboden auftrugen, sondern von der Mutter auch besonders an den<br />

Möbel gebraucht wurde, welche anschliessend poliert werden mussten. Auf<br />

der grossen Fensterbank standen einige Asparaguspflanzen, aber auch<br />

Pflanzen die man im Volksmunde Zungen der Schwiegermutter nennt.<br />

(Schwéiermamms Zongen). Die Bezeichnung kam wahrscheinlich daher<br />

weil die Blattränder der Pflanzen messerscharf sind und man sich gerne die<br />

Finger daran verletzte, wenn man die Blätter vom Staub befreite. Nur zu<br />

feierlichen Anlässen wurde dort alles schön hergerichtet. Dort befanden sich


16<br />

um einen runden, aber weit ausziehbaren Tisch, 6 recht komfortable mit<br />

schwarzem Leder überzogene Holzstühle. Sie waren auf dem Sitz und am<br />

Rückenstück sehr dekorativ mit Kupfer- oder Messingnägel beschlagen. Es<br />

befand sich in diesem Zimmer ebenfalls eine Liege auf welcher wir<br />

manchmal herumturnen durften und wo mein Vater seine Siesta hielt. Es<br />

kam aber auch vor, dass wir uns dorthin zurückzogen, wenn wir uns<br />

schämten oder mit unserm kindlichen Leid allein sein wollten. Das lästigste<br />

an diesem Zimmer war das peinliche Staubwischen und das anschliessende<br />

Bohnern. Daran war das Hüttenwerk schuld, das sehr feinen Staub<br />

produzierte, welcher durch alle Fugen und Ritzen ins Haus eindrang. Unter<br />

dieser Liege (chaise - longue genannt) wurde der grosse hölzerne Kasten<br />

mit dem Staubsauger mitsamt Accessoires aufbewahrt. Den Staubsauger<br />

benannten wir nach seiner Marke Electrolux. Der „Lux“ musste nahezu<br />

jeden Tag in Gebrauch kommen, das verlangte die peinlich praktizierte<br />

Sauberkeit in unserer Familie. Die Tätigkeit mit diesem saugenden<br />

Ungetüm auf Gleitschienen hatten wir mit dem Tätigkeitswort „luxen“<br />

belegt. Dieses grösste aller Zimmer war also das Prunkstück, das<br />

Aushängeschild unseres Hauses. Kindtaufe, Kommunion, Weihnachten und<br />

einige Familienbesuche hatten dort Vorrecht.<br />

Der Architekt des Hauses muss entweder besoffen gewesen sein als er den<br />

Plan erstellte, oder aber er war ein absoluter Dummkopf, denn<br />

wahrscheinlich erst als der Rohbau fertig gestellt war merkte man, dass kein<br />

WC vorgesehen war. Man wusste alsdann keine bessere Lösung als einen<br />

<strong>Teil</strong> des grossen Esszimmers hierfür ab zu trennen. Da man die<br />

Seitenmauern des WC aber nicht bis unter die Decke hochgezogen hatte,<br />

befand sich nachher in der Ecke der schönen Stube eine Art grosser<br />

eingebauter eckiger Kasten, den man später als Schrank tarnte, indem<br />

ungeübte Anstreicher auf die blanken Gipswände so etwas ähnliches wie<br />

Holzpanelen aufmalten, sowie simulierte Türen eines Bücherschranks. Das<br />

wäre noch eine annehmbare Lösung gewesen, aber nur eine Täuschung fürs<br />

Auge. Wenn nicht gerade dann wenn hoher Besuch aufkreuzte, man beim<br />

Festessen besonders gut hat vernehmen können wenn und wie lange jemand<br />

pinkelte, wer und in welchem Ton dieser Winde von sich gab. Sogar das<br />

Rascheln der abgerissenen Zeitung war durch die dünne Trennwand<br />

erschreckend gut vernehmbar. Auch das anschliessende Ziehen des<br />

Wasserkastens, der hoch oben an der Seitenwand angebracht war, konnte<br />

akustisch nicht unterdrückt werden. Unsere Eltern hatten uns eingebläut<br />

niemals das WC zu benutzen, wenn die geladenen Gäste beim Festessen zu<br />

Tische sassen. Im Notfall verschwanden wir in unserm Garten und pinkelten<br />

gegen den Kaninchenschuppen. Das hatten wir auch lieber, da konnten wir<br />

wenigstens die Vorhaut unseres Wasserspeiers wie eine Blase mit Urin<br />

füllen und damit versuchen Rekorde im Weitpinkeln zu erstellen indem wir<br />

kräftig auf die pralle Blase drückten und versuchten den heraustretenden<br />

Strahl so dünn wie nur möglich zu halten. Meistens zielten wir auf den<br />

Starenkasten, der unter der Dachrinne des Kaninchenstalles aufgehängt war.


17<br />

In dieser Sportsparte zirkulierten übrigens die skurrilsten Gerüchte von<br />

Männern, denen es sogar gelungen sei auf diese Weise manche der<br />

damaligen Gaslaternen in der Strasse zum Erlöschen zu bringen. Erst später<br />

wurde es auch uns bewusst, dass dies kaum möglich war, da das<br />

Gasflämmchen der Strassenlaternen rundherum mit einer Glasscheibe<br />

absolut winddicht und somit auch vor einem gezielten Urinstrahl geschützt<br />

war.<br />

Ein Wort zur Beschneidung aller männlichen Geburten<br />

Spätestens hier fällt mir noch etwas ein, was mich in meinem späteren<br />

Leben sehr beschäftigt hat. Als Bube lernten wir schnell was Onanieren<br />

war, doch hatten wir da eher minder wissenschaftliche Bezeichnungen<br />

dafür. Was mich später beschäftigte, das war die Beschneidung durch<br />

welche während des Krieges die Juden schneller identifiziert werden<br />

konnten. Als mein Sohn zur Welt kam wurde keine automatische<br />

Beschneidung vorgenommen, obschon das bereits eine übliche, meines<br />

Erachtens aber äusserst unseriöse Handlungsweise der Ärzte war und<br />

vielerorts noch ist. Ich war lange der Meinung diese Praxis hätte sich erst in<br />

unsern Industriegebieten verbreitet, weil eben durch die Beschneidung aller<br />

männlicher Nachkommen man möglicherweise vermeiden könne, dass ein<br />

jüdisches Kind schnell als solches identifiziert werden kann. Die<br />

Erläuterungen die uns aber zu diesem Problem gemacht wurden entsprachen<br />

keinesfalls der Realität. Beschneidung ist in den seltensten Fällen eine<br />

hygienische Vorsorgemassnahme. Die einzigen positiven Seiten lagen eher<br />

bei einem zusätzlichen und willkommenen Verdienst der Ärzte. Es ist<br />

deshalb auch äusserst fraglich warum man eigentlichen einen Arzt, der<br />

unaufgefordert Jungen beschneidet, nicht wegen Körperverletzung vor den<br />

Kadi bringen kann. Negativ ist jedenfalls auch zu beurteilen der Umstand,<br />

dass die nervliche Empfindlichkeit der Eichel unbedingt nachlässt, dass man<br />

auf fremder Toilette sitzend sehr schnell Krankheitskeime auf die Eichel<br />

übertragen kann, die ansonsten durch eine Vorhaut eher geschützt bleibt.<br />

Natürlich war es auch eine Art Prävention die von welchen Gutgläubigen<br />

auch immer gefordert, um der Onanie Einhalt zu gebieten. Auf jeden Fall<br />

bin ich heute noch froh darüber, dass mir jene schreckliche Verstümmelung<br />

erspart geblieben ist. Dies hat sich erwiesenermassen seit dem weit<br />

spritzenden Wasserstrahl in frühester Jugend bis heute ins Alter keinesfalls<br />

nachteilig erwiesen. Ich finde es auch absolut unsinnig dieses eher an<br />

Verbrechen an der Menschheit grenzende Thema zu tabuisieren. Meine<br />

Erinnerung ist noch frisch wenn ich daran denke wie meine Frau, die genau<br />

wusste was es mit der Vorhaut auf sich hat, unserm befreundeten Arzt, der<br />

unsern Sohn zur Welt brachte eine Woche nach der Geburt sagte: „Wenn<br />

Du den Bub beschnitten hättest, dann hätte ich Dir den Hals umgedreht!“<br />

Das Treppenhaus


18<br />

Zurück zum Treppenhaus, dessen Holzstiegen und auch das Geländer uns<br />

Beiden lange Zeit als Rutschbahnen dienten. Von hier konnte man gerade<br />

aus in die Küche gelangen. Das Geländer war zwar beliebt als Rutschbahn,<br />

war aber viel zu steil, ergo zu schnell und führte meistens zu Verletzungen.<br />

Wenn man sich aber auf einen Teppich setzte, den man mit beiden Händen<br />

zwischen den Beinen festhielt, dann waren die Holztreppen zwar eine<br />

holprige Angelegenheit, doch recht lange beim Rutschen beliebt, zumal<br />

wenn die Witterung uns zwang im Haus zu bleiben.<br />

Die Küche war recht geräumig, mit einen schwarzem Abwaschbecken das<br />

aus einem Schieferblock gehauen war. Der Abfluss befand sich unterm<br />

Küchenfenster, der durch die Aussenmauer in die Kanalisationsröhre führte,<br />

die sich unter dem Kellerboden befand. Ausserdem befand sich in der<br />

Küche eine grosse Kochmaschine von der Marke Küppersbusch mit<br />

seitlichem Warmwasserkessel, und Backofen. Auch gab es damals bereits<br />

einen als Luxus bezeichneten Gasherd mit 2 Brennern. Von der Decke<br />

herunter hing eine Leuchte mit Porzellanschirm. Man konnte sie in der<br />

Höhe verstellen, was am Abend beim Lesen besonders günstig war. Die<br />

Abgas- oder Kaminröhre war mit Silberbronze gestrichen und war erst unter<br />

Decke an den Kamin angeschlossen. Diese lange Ofenröhre gab zusätzliche<br />

Wärme an das hohe Zimmer ab.<br />

Gehen wir aus der Küche in die normale und auch sehr gemütliche Stube.<br />

Dort ratterte manchmal tagelang die Nähmaschine meiner Mutter. Es war<br />

eine Singer mit Fussbetrieb. Auch lauschten wir dort gerne Radio. Wir<br />

hatten einen Telefunken und der stand in Augenhöhe auf einem Schrank.<br />

Besonders gerne hörten wir uns Hörspiele an, die bei Radio Beromünster<br />

auf Kurzwellen gesendet wurden, aber auch im Krieg wurde dieses Radio in<br />

Betrieb genommen. UKW Empfang gab es damals noch nicht. Es kam erst<br />

viel später. Im Krieg wurde nur mit der leisesten Lautstärke gehört.<br />

Besonders die Ankündigung der BBC - London mit ihrem dumdumdumdum<br />

hatte viel und merkwürdige Resonanz und musste absolut unterdrückt<br />

werden, damit kein Nachbar aufmerksam werden konnte. Mein Vater<br />

machte sich öfters die Mühe (wenn er zuhause war), und brachte den<br />

Apparat ins Elternbett, wo er dann unterm Bettzeug den „Feindsender“<br />

abhörte. Obschon man dies vor uns Buben verschweigen wollte, wussten<br />

wir genau was vor sich ging. Ich kann mich erinnern, dass ich meiner<br />

Mutter einmal anlässlich einer Tracht Prügel, damit gedroht hatte ich würde<br />

den Leuten erzählen, dass mein Vater den Engländer höre. Das hatte einen<br />

gewaltigen Schock ausgelöst. Ich glaube schon dass eine für mich<br />

vorteilhafte und auch nachhaltige Wirkung nicht ausgeblieben ist. Die<br />

gewählte Sendestation wurde stets schnellstens wieder gewechselt, denn<br />

genau das war es was die uns besuchenden Spitzel immer wieder ergründen<br />

wollten. Auch in Rodingen gab es die so genannten gefährlichen<br />

Nazianhänger, die zu allem fähig waren. Einige von diesen<br />

„Landesverrätern“, besonders jene die manchen, ihnen ungenehme Bürger,


19<br />

bei der SS angezeigt hatten, wurden von der Rodinger Volksjustiz gelyncht,<br />

als die „ewig siegreichen Truppen“ mit einem „strategischen Rückzug“, aus<br />

dem Luxemburger Land vertrieben waren. Doch aus dieser Zeit noch<br />

einiges später.<br />

In den beiden Wohnstuben gab es mehrarmige Deckenleuchten die einzeln<br />

oder global geschaltet werden konnten. Ein Feuer wurde in der<br />

Kochmaschine und bei kalter Witterung in der alltäglich gebrauchten<br />

Wohnstube unterhalten wo sich ein gewichtiger, gusseiserner Dauerbrenner<br />

mit ein er nahezu zwei Meter langen Ofenröhre befand. Die Marke hiess<br />

Oranier. Diese Ofenröhre diente weniger als Dekor, war dagegen eine<br />

exzellente und zusätzliche Wärmespende. In der besten Stube stand ein<br />

ähnlicher Dauerbrenner, ebenfalls mit langer Ofenpfeife. Dieser Ofen wurde<br />

aber nur selten unter Feuer genommen, so dass die Tür die sich zwischen<br />

den beiden Stuben befand zur Kältebrücke wurde, besonders im Winter.<br />

Wenn in diesem Ofen ein Feuer angezündet wurde, gab es zuerst eine<br />

höllisch beissende Dampfentwicklung, weil der Kamin kalt war und es<br />

etwas dauerte bis sich der Aufwind in Gang setzte. In Erkenntnis der<br />

Sachlage hat mein Vater dann immer als Vorbereitung etliche Zeitungen in<br />

der Ofenröhre verbrand bis der Aufwind mächtig zu heulen anfing. Wurde<br />

die Zwischentür zur Grossen Stube geöffnet, verflüchtete sich die gesamte<br />

Hitze von Küche und der „Kleinen“ Stube in die unbeheizte „Grosse“ Stube,<br />

was aber auch ein Vorteil hatte wenn einmal schnell aufgeheizt werden<br />

musste. Diese „Grosse“ Stube trug im täglichen Sprachumgang die<br />

Bezeichnung „Salle à manger“.<br />

Auf dem ersten Stock befanden sich drei Zimmer, davon zwei vom<br />

Treppenhaus aus zu erreichen. Ein grosses Fenster das viel Licht ins<br />

Treppenhaus schüttete, konnte man nur öffnen, wenn man auf einen Stuhl<br />

stieg um bis an den Griff zu reichen. Die Treppe war in zwei geteilt und<br />

ging in einem Zwischenabsatz nach oben. Bei diesem Absatz befand sich<br />

ein Fenster, das man nicht öffnen konnte und nur etwa 0,20 m über dem<br />

Treppenabsatz und etwa 0,60 m hoch war. Vor diesem kleinen Fenster lagen<br />

wir oft auf dem Bauch um ungesehen das Geschehen auf der Strasse zu<br />

überschauen. Von aussen waschen konnte man dieses Fenster nur wenn man<br />

auf der Terrasse auf eine Leiter stieg, was sehr umständlich und<br />

ausschliesslich eine Angelegenheit von uns Burschen war. In etwa 1,80 m<br />

Höhe begann dann das 2 grosse Doppelfenster, welches man zwar von<br />

Innen öffnen und beidseitig putzen konnte, aber nur indem man wiederum<br />

eine Leiter zu Hilfe nahm.<br />

Das Elternschlafzimmer, mit einer in drei <strong>Teil</strong>e geteilten Fensterwand, lag<br />

zur Strasse hin. Das Kinderschlafzimmer hatte ein Fenster auf der Südseite<br />

von wo man den kleinen Garten überblicken konnte und auf den geräumigen<br />

einstöckigen, daher recht geräumigen Kaninchenschuppen sah. Im dritten<br />

Zimmer, vom Elternzimmer aus zu erreichen und das auch ein Fenster auf


20<br />

den Hinterhof besass, befand sich neben einem Waschbecken, eine<br />

mannslange Badewanne aus weis lackiertem Zink, ein Gasofen zur<br />

Wasseraufbereitung mit eingebauter Dusche, sowie ein guter Ofen, der<br />

schnell Hitze von sich gab, wenn er in Anspruch genommen wurde. Das<br />

geschah in der Regel jeden Samstag, dann war nämlich Waschtag. Dies war<br />

also bereits eine recht luxuriöse Ausstattung, was „vor dem Krieg“ nur<br />

wenige Häuser auf zu weisen hatten. Meine Eltern waren besonders stolz<br />

auf diese Dienstwohnung, die mein Vater aber keinesfalls gratis benutzen<br />

durfte. Dabei muss ich in Erinnerung rufen dass mein Vater eine Uniform<br />

trug. Er war Douanier, also Zollbeamte, im Volksmund mit<br />

„Heckeschösser“ bezeichnet, im Dienste des Staates und sein Verdienst war<br />

recht mager, was wir ständig zu hören bekamen. Die Dienstkleider bezog er<br />

von einer „Organisation“ die sich „Kleidermasse“ nannte. Seine Stiefel oder<br />

Schuhe mit Ledergamaschen mussten manchmal herhalten, wenn ich mich<br />

zuhause verkleidete und meine Eltern zum Lachen bringen wollte. Dann<br />

zog ich auch den bis auf den Boden ragenden Uniformrock über und setzte<br />

die steife Kappe auf, unter welcher ich mich kaum noch orientieren konnte.<br />

Sogar den 5cm breiten Lederriemen mit Anhang, Gummiknüppel<br />

(matraque) und Revolver legte ich mir zweimal um den Bauch gewickelt,<br />

als Panzgurt um und stakste so, allen Zuschauern imponierend, durch die<br />

Küche.<br />

Mein „grosser“ Bruder hatte wahrscheinlich wenig Verständnis für solchen<br />

Schabernack. Jedenfalls kann ich mich nicht erinnern dass er zu den<br />

amüsierten Zuschauern gehörte.<br />

Feuersbrunst<br />

Er wollte sich auf intelligentere Art und Weise hervortun. So kam es dass<br />

an einem Samstag, dem Reinigungstag für alle, wir die Kopf- und<br />

Körperwäsche bereits über uns hatten ergehen lassen. Das war eine<br />

Beschäftigung meiner Mutter. Ich erinnere mich noch sehr genau, dass sie<br />

sich immer wieder etwas verärgert gab, wenn sie an unserm<br />

Geschlechtsorgan herum einseifte und schrubbte und dieses Organ sich zu<br />

unserm eigenen Erstaunen versteifte und aufrichtete. Sie war so gutgläubig<br />

zu meinen dieses Phänomen liesse sich einfach auf Befehl an und abstellen,<br />

wenn sie sagte: „Nujé, dach“.<br />

Doch zurück nun zur viel bedeutsameren Feuersbrunst. Also wir waren mit<br />

einem Spiel beschäftigt in der kleinen Stube. Zu diesem Zeitpunkt befanden<br />

sich die beiden Eltern oben allein im Badezimmer.<br />

Es war so um die Weihnachtszeit. In dieser kleinen Stube hatte mein Vater<br />

bereits einen festlich geschmückten Weihnachtsbaum errichtet, der fast bis<br />

an die Decke reichte und daneben lagen auch Funken sprühende<br />

Leuchtkörper (Spéitzmännercher). Wir beide amüsierten uns wie immer,


21<br />

wenn wir ohne Aufsicht waren, meist entgegen der Regeln die unsere<br />

Mutter mündlich verfasst hatte. Als mein Bruder unsere schwarze Katze<br />

Micki fangen wollte, um sie wie üblich zu ärgern, kam er auf den<br />

Gedanken ihr einmal ein solch Funken sprühendes Ungetüm vor die Nase zu<br />

halten. Er wusste wo die Streichhölzer lagen und hatte schnell so ein Ding<br />

angezündet. Die Katze machte sich sofort davon, konnte aber nirgends<br />

anders hinflüchten als unter dem langen Woll-Vorhang hindurch auf das<br />

schmale Fensterbrett. Mein Bruder verfolgte sie hartnäckig mit dem Feuer<br />

speienden Ding und geriet damit verhängnisvoll in die Maschen des<br />

Vorhangs, der sofort Feuer fing.<br />

Ich kann mich noch gut erinnern dass ich spontan in den Hausgang rannte<br />

und so laut wie ich konnte um Hilfe schrie: „Höllef, höllef, Feier! Feier!“.<br />

Mein Vater nahm sich nicht einmal die Zeit etwas anzuziehen. Er kam<br />

halbnackt die beiden Treppenstücke herunter gedonnert, riss das<br />

Doppelfenster auf, stiess die beiden Klappladen auf und riss in grosser Hast<br />

sämtliche Gardinen von der Mauer um sie brennend hinaus in den Garten zu<br />

werfen. Das war äusserst heldenhaft. Zum Glück waren nachher die Tapeten<br />

nur schwarz gesengt, die Decke aber bereits auf dem Punkt in Flammen zu<br />

geraten. Wenn diese ebenfalls Feuer gefangen hätte, wäre keine Rettung<br />

mehr für unser Haus möglich gewesen, denn die Decken sowie das ganze<br />

Treppenhaus bestanden nur aus Holzbalken, die mit Holzlatten und Friesen<br />

verkleidet und mit Gips beworfen waren.<br />

Ich weiss nur noch, dass mein Vater fast am ganzen Körper schmerzliche<br />

Brandwunden abbekommen hatte, an denen er noch jahrelang laborierte.<br />

Unsere Katzenmutter Micky hatte sich selbstverständlich irgendwohin<br />

verkrümelt und kam erst einige Tage später wieder zum Fressen. Dieses<br />

Feuer und besonders die tollkühne Leistung unseres Vaters, hatten uns<br />

Buben mächtig beeindruckt. Ich kann mich nicht erinnern, ob es damals<br />

Schelte oder sogar Hiebe gegeben hat. Ich glaube, es waren aber nur Worte<br />

der Warnung, solche gefährliche Spiele weiterhin absolut zu meiden.<br />

Der kleine Gemüsegarten<br />

Man konnte noch gerade so die Beete überblicken, wenn man durchs<br />

Küchenfenster in den Garten schaute. Öfters suchten wir den kürzesten Weg<br />

durch dieses Fenster um nach draussen und in den Garten zu gelangen.<br />

Jeder von uns beiden hatte es auch einmal gewagt vom Badezimmerfenster<br />

(ein Stockwerk höher) aus in den Garten zu springen, was allerdings wir<br />

selber daraufhin nicht mehr noch einmal als Leistung einstuften. Die<br />

Gemüsebeete, einiges Spalierobst, sowie die Blumenbeete besorgte mein<br />

Vater. Mich interessierten hauptsächlich die Ameisen, die über den<br />

geschotterten Gartenpfad von einem Beet ins andere wanderten. Wir


22<br />

mussten höllisch aufpassen, weil die Beete mit umgestülpten aber leeren<br />

Flaschen umrandet waren. Sie wurden später durch Ziegelsteine ersetzt. Um<br />

die Ameisen beobachten zu können besorgte ich mir eine alte Decke und<br />

legte mich glatt auf den Boden. Nur so konnte ich dem lustigen und emsigen<br />

Treiben ohne zu ermüden zusehen. Mich verblüffte diese gesellschaftliche<br />

Ordnung, die ohne ersichtliches Kommando reibungslos von statten ging.<br />

Mit einigen eingesammelt Ameisenpuppen fütterte ich meine Fische. Ich<br />

habe mich immer gefragt warum in unserm Haus immer so leidenschaftlich<br />

herum kommandiert wurde, wenn es in einem Ameisestaat doch scheinbar<br />

alles so geräuschlos ablief.<br />

Ich kann mich noch sehr gut erinnern, dass wir damals ein Starenhaus<br />

hatten, welches auch bewohnt war. Ich habe es an anderer Stelle bereits<br />

anlässlich unserer sportlichen (!) Aktivitäten erwähnt. Seit den<br />

Kriegsereignissen habe ich im Süden des Landes keine Stare mehr gesehen,<br />

gewiss weil dort das Nahrungsangebot von saftigen Beeren nicht dasselbe<br />

ist wie in den Weinbergen unserer Mosellandschaft. Man würde sie heute<br />

mit Emigranten vergleichen können und auch so bezeichnen.<br />

Mein Bruder konnte mich manchmal bis zur Weissglut ärgern. Da ich ihn<br />

aber nicht durch Schnelligkeit einholen konnte und dabei seine stärkeren<br />

Fäuste auch meiden wollte, ergriff ich manchmal irgendetwas um dieses an<br />

seinen Kopf zu schmeissen. So kam es auch dass ich gerade wieder einen<br />

Stock gefunden hatte als wir (nicht von ungefähr) rund um das Beet vor dem<br />

Küchenfenster rannten. Doch bevor mein gezieltes Geschoss ihn treffen<br />

konnte sprang er zur Seite und der Stock landete hinter ihm in der<br />

klirrenden Fensterscheibe. Da wurde es mir erst klar, dass man sich viele<br />

allzu spontane und unüberlegte Handlungen besser vorher durch den Kopf<br />

gehen lassen soll, um nachher erst die eventuell daraus resultierenden<br />

Folgen zu ergründen. Mein Bruder hatte mich absichtlich in diese Stellung<br />

gelockt und ich war prompt darauf herein gefallen.<br />

Die Erziehungsmethode meiner Mutter war einfallslos, stur und aus<br />

heutiger Sicht sogar des Menschen unwürdig.<br />

Das Wort Hiebe oder sogar Schläge, muss ich gebrauchen, wenn ich die<br />

Erziehungsmethode meiner Mutter unter die Lupe nehme. Der breite<br />

Riemen, also der Panzgurt meines Vaters, war schnell zur Hand wenn die<br />

Mutter, besonders mich züchtigen wollte. Mit diesem Riemen gab es Hiebe<br />

auf den blossen Beinspeck, dass ich mich krümmte und fast in den<br />

Erdboden verkriechen wollte vor Schmerzen. In ihrer Unfähigkeit uns<br />

Buben mit friedlichen Mitteln zu erziehen, kannte sie nur diesen Riemen<br />

und ich bekam einen heiligen Respekt davor. Sie liess mich in ihrer<br />

auftretenden Schwäche auch wissen, dass ich ein unerwünschtes Kind<br />

gewesen wäre und man mich besser hätte ertränken sollen bei der Geburt.


23<br />

Das ging soweit, dass ich meiner Mutter überhaupt nicht mehr traute und<br />

der Gedanke mich immer wieder verfolgte, meine Mutter wolle mich<br />

wirklich umbringen. Sie schien mich zu hassen. Was aber nur so schien,<br />

denn sie konnte auch Freude bereiten und sehr lustig sein. Sie war eben eine<br />

ungebildete und schwächliche Frau, die in komplizierten Fällen schnell<br />

verzweifelte. Sehr oft überkam mich dieser absurde Gedanke sie wolle mich<br />

umbringen, wenn ich nicht das essen wollte was mir nicht schmeckte, weil<br />

Zweifel mich peinigten ob mein Essen nicht doch vergiftet sei. Ich bin heute<br />

noch immer der Meinung, dass die Wohlstandsgesellschaft es absolut<br />

unterlassen hat und noch immer unterlässt den Eltern verständlich bei zu<br />

bringen wie man Kinder erziehen soll. Dabei hat sich bei der heutigen<br />

Generation vieles verändert. Man ist einsichtiger geworden. Aber es gibt sie<br />

noch immer die sturen sadistischen Väter oder Mütter, deren oberster<br />

Wunsch nur in der eigenen Befriedigung liegt und deshalb werden die<br />

Kinder mit extremen Dummheiten des alltäglichen Lebens gequält. Kein<br />

Wunder wenn dadurch jede friedliebende Anhänglichkeit verloren geht.<br />

Es genügt heute einen Führerschein aufzuweisen, aber keinen Beweis<br />

braucht man in der Hand zu haben, dass man sich vor der Ehe als zukünftige<br />

Eltern und Ehepartner entsprechend hat bilden lassen. Meine eigene<br />

Ehevorbereitung reduzierte sich diesbezüglich auf ein lächerliches Gefasel,<br />

vorgetragen von Leuten die Einführung anboten aber glatt keine Ahnung<br />

hatten wie eine fachgerechte Erziehung erfolgen soll.<br />

Qualvolle Erziehungsmethode die man nie vergessen kann.<br />

Dummerweise musste mein Bruder mich bald bei solchen Züchtigungen<br />

festhalten damit die Tracht Prügel auch ausreichend ausfiel, die ich<br />

selbstverständlich nicht länger freiwillig über mich ergehen liess. Dadurch<br />

verbesserten sich meine kollegialen Beziehungen zu meinem Bruder<br />

keineswegs. An ein Fortlaufen war in erster Zeit noch nicht zu denken.<br />

Natürlich fand ich mit zunehmender unmenschlicher Behandlungsmethode<br />

einige Notlösungen um dieser schrecklichen Tortur zu entrinnen. Manchmal<br />

wünschte ich mir auf der Stelle zu sterben, allein um mich zu rächen, denn<br />

ich ahnte dass allein nur noch das meine Mutter überhaupt schocken könnte.<br />

Nur dann würde sie aufhören gnadenlos auf mich los zu dreschen. Anstatt<br />

dass man mich noch öfter zur Strafe ins dunkle Verlies, im Keller oder in<br />

den dunklen Raum unter der Speichertreppe einsperrte, rannte ich alsbald<br />

selber die Treppen hoch in die Speicherräume, wo ich mich selber von<br />

Innen einsperrte, zu allem bereit, sogar über das Dach den Fluchtweg zu<br />

erweitern um diesen furchtbaren Züchtigungen zu entrinnen. Auch auf die<br />

Androhung meines Bruders und meiner Mutter hin, man würde die Tür<br />

aufbrechen, gab ich nicht mehr nach und beharrte darauf dass man mich in<br />

Frieden lassen soll. Wenn dann bei meiner Mutter nach kurzer Zeit sich das<br />

aufgestaute Adrenalin wieder verflüchtigt hatte und die spontane<br />

Angriffswelle meiner Angreifer abgeebbt schien, verliess ich meine sichere


Zufluchtstätte. Die Schlüssel zu den Speicheräumen hatte ich<br />

selbstverständlich und aus strategischen Gründen selber versteckt.<br />

24<br />

Mein Vater dagegen hatte selten Anlass sich mir gegenüber kritisch zu<br />

äussern, so kam es dass meine Mutter ihm sogar flehentlich verboten hatte<br />

mich auch nur anzurühren, denn das hätte mich das Leben gekostet. Er<br />

kannte seine Kräfte nicht und konnte sich kaum beherrschen, wenn er<br />

aufgeregt war. Einmal hatte er durch meine ungezügelten Rückäusserungen<br />

voller Wut zum Schlag ausgeholt, als ich mich gerade zwischen den Panelen<br />

der Stubentür aufhielt. Beim Ausholen zum Schlag traf seine Faust die<br />

Holzverkleidung die sich krachend von unten bis oben zu einem gähnenden<br />

Spalt auf tat. Zum Glück konnte ich vorher noch ausweichen. Manchmal<br />

wurde ich viel leichter gestraft indem ich nichts zum Essen erhielt oder man<br />

mir keine Spielzeit mit den Kameraden einräumte. Wo meine Mutter den<br />

Reserve-Käse und die Reserve-Butter aufbewahrte, war unschwer zu<br />

ergründen und mein Selbsterhaltungstrieb wurde bei Aufklärung einer<br />

heimlichen Selbstbedienung selbstverständlich mit einer weiteren Strafe<br />

gewürdigt. Spielkameraden konnte ich leider nur wenige aufbauen, denn ich<br />

musste immer in der Nähe meines Bruders bleiben. Dabei erlebte ich aber<br />

dass dieser Mensch nach meinen Begriffen sehr oft unbegreifliche<br />

Überlegungen anstellte. So kam es manchmal vor, dass ich meinem Bruder<br />

zur Hilfe eilte, wenn er im Streit lag und ein Anderer ihn verprügelte.<br />

Sobald es sich aber herausstellte, dass dieser Angreifer sich meiner Hiebe<br />

nicht mehr erwehren konnte, dann erfasste mein Bruder die Gelegenheit um<br />

sich urplötzlich gegen mich zu wenden und dann war es an mir um ab zu<br />

hauen. Auch das verbesserte meine genetischen Verbindungen zu meinem<br />

Bruder keinesfalls. Übrigens alle Spielsachen die im Hause waren, wie auch<br />

die meisten Kleidungsstücke gehörten zuerst ihm, dann erst musste ich mir<br />

die Gunst erkämpfen auch etwas Spielzeug mein Eigen nennen zu können.<br />

Auf dem Dreirad aber durfte ich in unserm kleinen Hof selten fahren, denn<br />

es war auf den abschüssigen Platten kaum möglich kurz vor der Treppe zu<br />

stoppen. Tretroller oder einfache Roller, Schlittschuhe oder Schlitten gab es<br />

nicht. Wir gebrauchten solche luxuriösen, oder besser gesagt wie meine<br />

Mutter meinte, gefährlichen Spielzeuge nur auf Pump. Wir bettelten so<br />

lange bei manch stolzem Besitzer solcher Spielsachen, bis dieser dann<br />

grossmütig zu kurzem Gebrauch einwilligte. Nur auf einem alten<br />

vierrädrigen Kinderwagen konnte ich sogar im dunklen Keller meine<br />

Runden drehen. Dabei lag ich auf dem Rücken auf dem niedrig gestellten<br />

Sitz und strampelte mich mit den Füssen mit grossem Erfolg, aber nur<br />

rückwärts rollend, voran.<br />

Die Schlittschuhe.<br />

Einmal hatte es tief gefroren. Es lag etwas Schnee und schnell wussten wir<br />

Schulkinder wo die besten Eispisten oder Schlittenstrecken zu finden waren.


25<br />

Natürlich waren wir immer vor Ort und lauerten darauf um auf den<br />

Spielgeräten anderer mitgenommen zu werden. Die grosse<br />

Wasseransammlung der Auen nahe der Schlackenhalde bei Rodingen war so<br />

eine vortreffliche Stelle für Schlittschuhfahrer. Es kamen solche die bereits<br />

Pirouetten drehen konnten, oder einen doppelten Lutz sprangen, aber es gab<br />

auch die erbärmlichen Anderen. Nach langem Feilschen erbarmte sich ein<br />

Schulkollege meiner Bitten und ich fixierte mir seine Schlittschuhe.<br />

Natürlich stand auch ich recht wacklig auf den Beinen, als man mich<br />

anstiess, damit ich eine kleine Strecke gleiten sollte, zum Probieren. Zuerst<br />

war es meine Sorge zwar mit Mühe aber aufrecht stehen zu bleiben, dann<br />

aber als ich in die Richtung blickte in welcher ich mein Können fortsetzen<br />

sollte, wurde mir plötzlich klar, dass ich überhaupt keinen Sinn hatte wie<br />

man sich zu einer Kehrtwendung anstellen sollte. Mir dämmerte es sehr<br />

schnell dass ich im Begriff stand mich immer mehr dem Rand der<br />

Schlackenhalde zu nähern, wo ich auch schon blankes, also nicht gefrorenes<br />

Wasser erblickte. Ich hatte mir kaum die missliche Lage vor Augen geführt<br />

als ich auch schon einsackte und als ich mich bereits am Ersaufen sah, stand<br />

ich plötzlich bis über den Nabel im Wasser und bis nahe an die Knie im<br />

Schlamm.<br />

Ich konnte mich recht mühsam heraus arbeiten, indem ich mich auf die<br />

Schlackenhalde zu bewegte. Dort verspürte ich auch schnell, warum das<br />

Wasser hier nicht gefroren war. Die frisch ausgegossenen Schlacken hatten<br />

noch Wärme gespeichert so dass sich am Fusse der Halde nur offenes<br />

Wasser befand. Als ich wie Poseidon aus dem Schlamm auftauchte konnte<br />

ich nur höhnisches Gelächter hinter mir vernehmen. Ich musste warten bis<br />

jemand mit dem Schlüssel herbei kam um die Schlittschuhe zu lösen, doch<br />

ans nachhause gehen, wollte ich keinesfalls denken, denn da hätte der<br />

Panzgurt wieder Tanzstunden hervorgerufen. Ich wagte mich also so nahe<br />

wie nur möglich an eine frische Schlackenbombe um mich daran zu<br />

trocknen. Dampf stieg auf, als die nassen Beinkleider immer näher an die<br />

unsichtbare Glut kamen. Meine Vorstellung schien zu funktionieren. Ich<br />

zog auch Schuhe und Strümpfe aus und dann sogar noch die Hose um diese<br />

erstens noch vom meisten Schlamm zu befreien dann aber besonders um sie<br />

zu trocknen. In der Nachbarschaft dieser ungewöhnlichen Heizquelle konnte<br />

ich mich barfuss und nur in Unterhosen unbeschadet von der herrschenden<br />

Kälte aufhalten. Als ich nach Hause ging, war alles schön trocken, aber<br />

kaum war ich eingetreten, wo meine Mutter mich bereits erwartete, da ging<br />

das Geschrei bereits los. Zuerst machte sie mir Vorwürfe warum ich so<br />

fürchterlich nach Gas stinken würde und als ich ihr alles brühwarm darlegte<br />

bemühte sie sich doch fürsorglich um mir eine reinigende Dusche zu<br />

verpassen und frische Kleider. Die Freude allein, dass nichts Schlimmes<br />

passiert war, konnte sie auch bewegen Verständnis zu zeigen für die<br />

Seitensprünge ihrer Buben, deren Hilfe im Haushalt sie sicherlich auch so<br />

langsam zu schätzen begann. Später erfuhr ich erst dass man sich bei diesen


26<br />

Schlackenbomben, die noch massig Gase abgaben, regelrecht hätte vergasen<br />

können.<br />

Natürlich ärgerte ich meine Mutter immer öfter mit neuer Ausgelassenheit.<br />

Das hatte manchmal aber auch unerwartete Folgen. Sie wusste sich dann<br />

nicht zu wehren und begann laut zu schreien und über mich zu schimpfen.<br />

Manchmal war sie so gereizt und überfordert, dann fiel sie wie in einen<br />

Wahnsinnszustand, wobei sie öfters einen Lachkrampf erlitt und eine Art<br />

Veiztanz aufführte. Bei solchen Zuständen lies sie mich besonders wissen<br />

dass ich eigentlich unerwünscht gewesen wäre und man mich wie schon<br />

erwähnt, bei der Geburt besser ertränkt hätte, so wie mein Vater es immer<br />

mit den jungen Katzen machte, die unerwünscht waren. Aus respektvollen<br />

Gründen, denn heute überblicke ich mit Abstand die damaligen Situationen,<br />

belasse ich es bei diesem Beispiel, wie meine Mutter ihre rhetorischen<br />

Beziehungen zu mir immer subtiler verfeinerte und unüberlegt zuspitzte.<br />

Dann tat mir alles wieder leid, doch ich konnte nicht ergründen warum man<br />

nur mir immer so aufsässig werden konnte.<br />

Diese schlechten Beziehungen waren auch die Gründe warum ich nach der<br />

Schulzeit fast nie sofort nach Hause ging und zuerst in den Wiesengrund<br />

abbog, wo neben dem Baskettballfeld der kleine Bach mich dann stundelang<br />

in seinen Bann zog. Ich lebte dort in einer paradiesischen Welt, kannte<br />

Libellen, Steckmücken, Wasserkäfer und Schnecken, sowie alles was sich<br />

im Wasser und am Ufer bewegte. Selbstverständlich habe ich immer Schuhe<br />

und Strümpfe ausgezogen und da die Natur mich damals schon mehr<br />

faszinierte als das zuhause, geschah es bei gutem Wetter fast regelmässig,<br />

dass meine Mutter sich auf den Weg machte um mich dort mit allem Drum<br />

und Dran abzuholen. Schuhe und Strümpfe waren trotz aller<br />

Vorsichtmassnahmen meist versaut und manchmal noch andere Sachen,<br />

wenn mein Darmverschluss den Anstrengungen, diese peniblen Geschäfte<br />

der Natur zu unterdrücken, nicht nachkam.<br />

Ich kann mich erinnern, dass ich nach dem Schultag nahezu niemals etwas<br />

richtig für den nächsten Tag gelernt habe, vielleicht nur die Fragen und<br />

Antworten im Katechismus. Ich begriff schnell die Zusammenhänge,<br />

schrieb immer recht schön und fleissig meine Aufgaben, zählte aber ohne<br />

alles auswendig zu lernen zu den 6 Besten von 21 Schülern in unserer<br />

Klasse.<br />

Ich werde Chorknabe oder Messdiener.<br />

Da meine Mutter, wie auch mein Vater tiefgläubige Menschen waren,<br />

glaubten sie dass ich als Messdiener meinen angeblich äusserst bewegten<br />

Lebenswandel ändern würde. Das kann ich natürlich nicht bescheinigen, nur<br />

musste ich feststellen, dass sich die Kluft in mir zwischen feinen Manieren<br />

und Ausreisserdasein nur noch weiter auftat. Anstatt einen Umweg um die


27<br />

ganze Kirche herum zu machen, kletterte ich stets über den Zaun um<br />

schneller in die Sakristei zu gelangen. Dieses Stahlgitter befand sich oben<br />

auf einer 2 Meter hohen Mauer. Er war oben mit spitzen, lanzenförmigen<br />

Enden versehen. Prompt wurde diese Abkürzung meines alltäglichen Weges<br />

zu meinem Problem. Eines Tages rutschte ich oben auf dem Geländer aus<br />

und geriet mit dem Hintern in eine dieser platt gehämmerten Eisenspitzen.<br />

Meine Mutter, die eine ausgezeichnete Näherin war, nahezu professionell<br />

eingerichtet, denn sie arbeitete sehr viel für fremde Leute, scherte sich nicht<br />

so sehr um das Loch in meiner Arschbacke, als um die kaputte Hose. Beide<br />

Risse mussten genäht werden.<br />

Wenn man mich also einmal nackt auf dem Bauch liegend auffindet, dann<br />

erkennt man mich an dieser Narbe in der unteren hinteren rechten<br />

Sitzfläche. Das ist aber nicht das einzige Loch das ich mir in meine<br />

Kinderzeit zuzog. Auch unter dem rechten Arm befindet sich ein Wundmal<br />

herrührend ebenfalls von den Eisenspitzen eines anderen Zaunes, der mich<br />

vor dem Kirschenklauen abhalten sollte. Der Arzt hatte meiner Mutter<br />

damals angedeutet besagte Spitze wäre bis nahe an die Lunge<br />

vorgedrungen, was ich aber niemals geglaubt habe. Auch trat ich einmal so<br />

unglücklich auf den abgebrochenen Bodenteil einer kaputten Literflasche<br />

dass mir das herausragende winklig abgebrochene Sockelende untern Enkel<br />

eine tiefe Wunde schnitt.<br />

Wenn ich mich zurückbesinne, muss ich selbstüberheblich feststellen, dass<br />

ich in den meisten Dingen des Alltags immer besser war als all die andern.<br />

So erklomm ich schnell den Posten als erster Messdiener und das brachte<br />

mir die sonderbare Ehre ein bei der Firmungsfeier den Bischofsstab<br />

während der Zeremonie zu halten. Dabei habe ich mich anständig gequält,<br />

weil ich nicht bei dieser Gelegenheit erforschen konnte ob dieser<br />

anscheinend aus purem Gold bestehende Zauberstab zerbrechen würde,<br />

wenn ich ihn ganz unabsichtlich fallen liesse.<br />

Sogar im Angesicht des Todes gingen mir die verrücktesten meist<br />

unchristliche Gedanken durch den Kopf, besonders weil es meine Pflicht<br />

war die Priester bei ihren Krankenbesuchen zu begleiten, wenn es um die<br />

letzte Ölspende ging. Genau diese Dienstleistungen an sterbenden oder<br />

dahin siechenden Menschen, ermöglichten mir einen Einblick nicht nur in<br />

das mir erfolglos scheinende Treiben des Geistlichen. Ich war gewohnt<br />

meine Taten immer von Erfolg gekrönt zu sehen manchmal auch spüren zu<br />

bekommen. Auch die Art und Weise wie andere Familien lebten fesselte<br />

meine Betrachtungen und ich muss gestehen dass ich in keiner der<br />

besuchten Häuser lieber gewohnt hätte als in dem eigenen. Meine<br />

Einstellung zur Religion hat sich dabei so intensiv geprägt, dass ich später<br />

noch einmal auf meine Eindrücke und mein diesbezügliches Studium<br />

zurückkommen werde.


28<br />

Baden Powell und seine Erziehungsmethode.<br />

Noch immer klingt in meinen Ohren der Lehrsatz: Scoutismus ist eine (auf<br />

religiöser Basis aufgebauten – dies war ein Zusatz bei den katholischen<br />

Pfadfindern – denn Powell war kein gläubiger Mensch) Erziehungsmethode<br />

die den Körper und Geist harmonisch entwickelt.<br />

Mein Bruder war schon vor dem Krieg bei den Pfadfindern als Mitglied<br />

eingeschrieben. Natürlich wollte ich auch schnellstens hin und so geschah<br />

es, dass ich bereits 1939 in die Wölflinge aufgenommen wurde. Das waren<br />

herrliche Stunden, wenn wir am Sonntag nach der Vesper in einem<br />

gespensterhaft, verdunkelten Raum eines baufällig scheinenden Gebäudes,<br />

selbst gemalte Motionfilme zu sehen bekamen. Diese waren vom grossen<br />

Chef Paul Colette eigenhändig auf Zelluloïd gemalt worden. Ich kann mich<br />

noch an einen recht spassigen endlosen Streifen erinnern der das neue<br />

Fussballfeld der „Chiers“ in Rodange zeigte, mitten in einem Spiel. Oben<br />

auf dem Dach der Tribüne sass „Podesta“ und schwenkte die Beine über den<br />

Köpfen der Zuschauer. Wer dieser dicke Podesta war, kann ich mich heute<br />

nicht mehr erinnern, möglicherweise der Architekt oder der Erbauer des<br />

Stadions. Es kann sich aber auch um einen gewichtigen Sponsoren<br />

gehandelt haben. In diesem endlos drehenden Filmstreifen wird der dicke<br />

Podesta von einem Steilpass derart knallhart gegen den Bauch getroffen<br />

dass er umkippt. Dann sieht man wieder ein Stück des Spiels, wiederum<br />

Podesta auf dem Dach und den Ball, der ihn trifft. Lachsalven waren<br />

natürlich die Folge und wir Wölflinge konnten nicht genug davon<br />

bekommen.<br />

Damals begannen die Strassen lebensgefährlich zu werden.<br />

Wieder einmal hatte ich fast vor lauter Beweglichkeit mein Leben lassen<br />

müssen, als mein Bruder mit seinen Freunden mit der Bahn nach Limpach<br />

zum Zelten fahren sollte. Ich wollte unbedingt bei der Abfahrt zugegen sein<br />

und rannte was ich konnte über die Strasse in Richtung Bahnhof. Damals<br />

herrschte noch überhaupt kein Autoverkehr, aber gerade in diesem<br />

Augenblick als ich über die Strasse huschte, kreischten schon die Bremsen<br />

eines Citroën, die Limousinen die wie Sportswagen ganz nahe am Boden<br />

lagen. Der Wagen brauchte immerhin 100 Meter bevor er zum Stillstand<br />

kam und selbstverständlich hatten alle Zuschauer auch festgestellt, dass ich<br />

der Anlass dieser Vollbremsung war. Mein Bruder der wahrscheinlich vom<br />

Bahnhof her den Vorfall beobachtet hatte, kam kreidebleich daher gerannt<br />

als ein Menschenauflauf sich zu bilden begann. Der Fahrer war<br />

ausgestiegen. Ebenfalls fassungslos zitternd wie ich. Er gab sich als<br />

französischen Arzt zu erkennen und meinte, dass er sich in einem<br />

Geschwindigkeitsrausch befunden habe. Mich treffe keine Schuld. Es war<br />

seine erste Ausfahrt, was man auch an der unwahrscheinlich langen<br />

Bremsspur feststellen konnte. Natürlich konnte meine Mutter sich nicht<br />

anders von der aufgestauten Nervosität befreien als mich in Anwesenheit


29<br />

vieler Gaffer wieder einmal ordentlich zu verhauen. Ich habe nie verstanden<br />

was ich dabei verschuldet hatte. Der Arzt hatte ja selber zugegeben, dass er<br />

einem Raserrausch verfallen war, doch meine Mutter konnte kaum den<br />

Raser verhauen. Erst etwas später änderte sich die Einstellung meiner<br />

Mutter, als alle Nachbarn den rasenden Arzt als schuldig erklärten. Von<br />

Entschuldigung aber war keine Spur zu hören. Die Erinnerung an solche<br />

Spots in meinem Leben bleibt natürlich ewig erhalten.<br />

Der friedliche Park.<br />

Spielplätze befanden sich genug im Park des Hüttenkasinos. Meine Eltern<br />

gingen da aus und ein. Der Junge aus diesem Kasino war ein gleichaltriger<br />

Freund meines Bruders und durchtrieben, wie magerer Speck voll<br />

Fettstreifen. Eines Tages, wir waren gerade recht schick angezogen um<br />

abzureisen, da gaben wir unserer Mutter zu verstehen, wir würden<br />

inzwischen im Park noch etwas gemütlich spazieren gehen. Ich war damals<br />

noch zu klein zu dem was jetzt geschah. Aber der Junge aus dem Kasino<br />

stachelte meinen Bruder an, über den Wasserhahn zu springen der etwa 1<br />

Meter hoch aus der grossen Rasenfläche ragte und wo man bei Bedarf die<br />

Bewässerungsanlage anschloss. Damit wir Buben den Hahn nicht ständig<br />

aufdrehten um mit dem Wasser zu spielen, hatte man das obere kreisrunde<br />

Ventil entfernt, sodass nur noch das Gewinde hervorstand, worauf man das<br />

Ventilrad befestigen konnte. Mein Bruder war ein aussergewöhnlich<br />

ehrgeiziger Mensch und wollte sich nicht sagen lassen, dass er diese Höhe<br />

nicht bezwingen könne und so spitzte sich zu, was fatalerweise uns immer<br />

wieder verfolgte, Pech! Er nahm einen Anlauf, sprang und prompt blieb er<br />

mit der etwas völligen, aber sehr schönen Hose am Stutzen hängen und riss<br />

sich den ganzen Hinterteil, Gott sei Dank nur von der Hose auf, so dass wie<br />

man zu sagen pflegte, Paris und ganz Versailles zum Vorschein kamen.<br />

Ein andermal wollte der Sohn der Kasinoleute uns seine Tüchtigkeit<br />

vorführen indem er mit der Sense arbeitete (es sollte eine freundliche Tat<br />

sein weil das gemähte Gras für unsere Kaninchen gedacht war) und prompt<br />

endete diese Vorführung sehr schnell. Mein Bruder wurde mit der spitzen<br />

Sense ins Bein geschnitten, was glücklicherweise nur schrecklich blutete,<br />

aber keine anderen Folgen hatte.<br />

Dann wieder geisterten wir mit dem Sohn des Hauses durch die Räume des<br />

Hüttenkasinos, wo sich auch ein grosser Festsaal, sogar mit einer Festbühne<br />

befand. In der Mitte dieses Saales stand ein aus edlen Hölzern gefertigter<br />

Billardtisch, an welchem man an der Seite mit einem im Holzrahmen<br />

eingebauten Zähler die Lochtreffer notierte. Ich musste zusehen wie mein<br />

Bruder und Mars (wie wir ihn kurz nannten, er hiess Marcel) mit den<br />

Queues hantierten und erschreckte mich ebenso wie diese als einer von<br />

ihnen die grüne Lauffläche des Billardtisches durchstossen hatte, wo<br />

alsdann ein gut sichtbares rechtwinkliges Loch entstanden war. Zu unserm


30<br />

totalen Schreck näherten sich die Stimmen von möglichen Besuchern. Es<br />

blieb uns kein anderer Ausweg. Wir stiegen hastig zum Fenster aus und<br />

liessen uns draussen über das Gestell der Kletterrosen nach unten. Niemand<br />

hat je erfahren, wer die Missetäter gewesen waren. Nur Schrammen von den<br />

Kletterrosen erinnerten uns noch lange an diese eigentlich feige Flucht. Man<br />

vermutete natürlich einen Täter in den Reihen der hausinternen Spieler zu<br />

finden. Die Reparaturkosten konnten sicherlich nicht an eine richtige<br />

Adresse gelangen und so wurden sie notgedrungen in den Konten der<br />

Gesellschaft wahrscheinlich als Nebenausgabe verbucht.<br />

Mein Vater, der Pfarrer Ley, sowie mein Schullehrer Gengler spielten sehr<br />

oft gemeinsam mit dem Hausherrn des Kasinos namens Rodesch Karten,<br />

meistens Whist. Und das gegen Einsatz von Geld. Das machte den Reiz aus,<br />

aber der Einsatz war keinesfalls hoch. Wenn schönes Wetter war fand dies<br />

im Freien statt. Das war sehr idyllisch. Dazu hatten sie einen besonderen<br />

grünen Kartenspieltisch mit kleinen Schubladen, in welchen die Jetons<br />

aufbewahrt wurden, sowie auch die verschiedenen Karten- und andere<br />

Spiele, wie z.B. Schach. Dieser Spieltisch wurde auf die grüne Wiese<br />

gestellt und die Stühle rundherum.<br />

Natürlich, wie bereits angedeutet, kannten wir und ich besonders nahezu<br />

alle Räume im Kasino, sowie auch alle Bäume im Park. Als leb- und gewiss<br />

auch herzhaftes Kind war ich gerne geduldet. Ich bin auf den Bäumen<br />

herumgeklettert ohne dass der „Jhang“ der die Gärtnerarbeiten besorgte<br />

etwas gegen mein Treiben hatte. Oben in manchen Bäumen hatten wir<br />

verschiedene Horste gebaut, die aber meist nur mit primitiven Mitteln<br />

zusammengehalten wurden. Der Jhang und ich waren eigentlich gute<br />

Freunde. Von ihm habe ich allerdings auch gelernt wie man knallig furzt.<br />

Übrigens war der Garagenbesitzer nebenan in dieser Hinsicht ebenfalls kein<br />

gutes Vorbild. Wenn er auf dem Flachdach seiner Garage ein Bein etwas<br />

komisch empor hob, wussten alle, die ihn dort oben beobachteten, dass er<br />

ein ungestörtes Furzkonzert veranstaltete.<br />

Leider konnten Jhang und ich nicht miteinander spielen. Er musste sich um<br />

die grossen Gemüsebeete, die Schweine, die Kaninchen und das Geflügel<br />

kümmern die das Material hergaben für die täglichen Speisen der<br />

Dauergäste von der Hütte. Er pflegte überhaupt alle Anlagen, Beete, Hecken<br />

und besonders die Blumenbeete zur vollen Zufriedenheit der<br />

Werksdirektion und des Hausmeisters.<br />

St. Nikolaustag<br />

Diesem Jhang aber gelang es mich und meinen Bruder einige Jahre lang zu<br />

überlisten. Er trat nämlich zur Begeisterung meiner Eltern, gemeinsam mit<br />

dem viel älteren, bereits erwachsenen Fräulein Renée aus dem Kasino bei<br />

uns auf und dies auf Bestellung meiner Eltern, als Engel und St. Nikolaus.


31<br />

Da er seine Ausrüstung über die Hüttendirektion bezogen hatte und in<br />

manch anderen Häusern der Ingenieure und Direktoren auftrat, besonders<br />

der Hüttenbosse, nutzte er diese Gelegenheit und die schöne Kleidung um<br />

auch uns Jungen zu beglücken. Das hat aber nicht lange gedauert. Jhang, er<br />

stammte aus Messancy, im nahen Belgien, liebte den Schnaps. In Belgien<br />

war der Schnapshandel streng geregelt und so kam es, dass damals die<br />

bereits grüne Grenze kein Hindernis war, wenn ein Belgier sich in<br />

Luxemburg mit dem benötigten Schnaps verproviantieren wollte. Damals<br />

wurde Schnaps in rauen Mengen geschmuggelt. Und als es wieder einmal so<br />

weit war, dass Jhang und die Renée in ihrer schmucken Kleidung als St.<br />

Nikolaus und Engel uns Buben Angst oder Respekt einjagen sollten, da<br />

zeigte sich bereits meine hoch entwickelte Beobachtungsgabe. Kaum hatte<br />

er sich vor mir aufgepflanzt mit seinem Sack über den Rücken und einigen<br />

Ruten unter dem Arm, da durchdrang auch schon der mir bekannte<br />

Schnapsgeruch meine Nasenlöcher und fuhr mir bis hoch hinauf an die<br />

Geruchsnerven. Ich bemerkte daraufhin kaum beeindruckt, kurz und<br />

respektlos: „t’ass de Jhang!“ Damit hatte der Spuk sofort ein Ende. Die<br />

beiden drehten sich schnellstens um und verschwanden in der tiefschwarzen<br />

Nacht. Es gab ab sofort für uns beide keinen Nikolaus und keine Engel<br />

mehr.<br />

Zu unserm Glück aber blieb der Beschenkungstrieb unserer Eltern erhalten<br />

und so konnten wir lange noch diesen unvergesslichen Tag geniessen, an<br />

welchem die kurze schmerzlose Episode meiner Detektivarbeit immer<br />

wieder aufgefrischt wurde.<br />

Überfall der Deutschen Armee<br />

Bereits 1939, als die Jahrhundertfeier in der Hauptstadt Luxemburg über die<br />

Bühne ging, an welche ich mich noch recht gut erinnere, besonders an das<br />

Feuerwerk, war der Furcht erregende Name Krieg in aller Munde. Unsere<br />

Familie war zu diesen Feierlichkeiten nach Luxemburg gereist und wir<br />

durften bei den Geschwistern unserer Mutter und der Grossmutter essen und<br />

schlafen.<br />

Um uns in Rodingen ein Bild machen zu können wie die Franzosen sich auf<br />

den Empfang der deutschen Truppen vorbereiteten, ging der sonntägliche<br />

Spaziergang meistens auf die Anhöhe der „Maus“, wo sich die beiden so<br />

genannten „Rote und Weisse Höfe“ befanden. Auf der anderen Seite der<br />

Strasse wucherte dichtes Gestrüpp und da hindurch verlief auch die<br />

französische Grenze. Hier hatten die Spahis Schützengräben ausgehoben<br />

und seit einiger Zeit ihre Stellungen bezogen. Man nannte sie so weil<br />

niemand die richtige Bedeutung dieser aus dem Persischen stammenden<br />

Bezeichnung kannte. Dort nannte man alle Reiter Spahi. Bei den Franzosen<br />

gebrauchte man aber die Bezeichnung Spahis für die im Norden Afrikas<br />

herangebildeten Militärs der Kavallerie, die als eine Art Miliz eingesetzt


32<br />

wurden. Es ist mir nicht so recht klar welche Seite ich als Gaffer bezeichnen<br />

soll. Auf jeden Fall wirkten die in feinen Sonntagskleidern dort<br />

vorbeispazierenden Einheimischen auf die Soldaten ebenso exotisch, wie<br />

die betrunkenen Soldaten im Schützengraben auf die Spaziergänger. Um<br />

noch exotischer zu wirken schwenkten diese massenweise ihre Flasche mit<br />

dem tagtäglich zur Ration gehörenden Pinard*). Vielleicht erinnert sich ein<br />

Leser an dieses Lied der Besoffenen, das von Marc Leclerc stammt.<br />

Ode au pinard<br />

Salut ! Pinard de l'intendance,<br />

Qu'as d'trop peu ou goût de rien,<br />

Sauf les jours où t'aurais tendance<br />

A puer l'phénol ou bien l'purin.<br />

Y'a même des fois qu'tu sens l'pétrole,<br />

T'es trouble, t'es louche et t'es vaseux,<br />

Tu vaux pas mieux qu'ta sœur la gnole.<br />

C'est sûr comme un et un font deux,<br />

Qu'les riz-pain-sel y vous mélangent<br />

Avec l'eau d'une mare à canards ;<br />

Mais qu'y fair', la soif vous démange.<br />

Manche wollten uns beeindrucken indem sie das Bajonett quer zwischen die<br />

Zähne nahmen. Die Wirkung dieser Bilder blieb nicht aus und jedermann<br />

stellte sich vor wie die Invasoren bei einem solch gruseligen Anblick<br />

schnell die Flucht ergreifen würden. Manch einer aber war der Überzeugung<br />

dass diese Manifestationen nur zum Schutz gegen die eigene Angst<br />

stattfanden. Nur zu gut konnten die Grenzbewohner sich an die<br />

schrecklichen Kriegsdenkmäler (1914-1918) in Verdun erinnern, die<br />

jedenfalls nicht weit von hier entfernt zu sehen sind und bereits von vielen<br />

Luxemburgern besucht worden waren. So auch von uns. Da konnte man<br />

sehen wie grausam Kriege sein können und dass es unverständlicherweise<br />

meistens nur unendlich viele Verlierer gibt die den Ausgang wie er auch<br />

immer sein wird, niemals erleben. Retten kann sich meistens nur derjenige<br />

der weit vom Schuss ist, der über Geld und Relationen verfügt.<br />

Es ging auf Ostern zu.<br />

Damals war ich noch nicht einmal 8 Jahre alt. Man erzählte uns die Glocken<br />

seien nach Rom gepilgert und wir Buben müssten an deren Stelle in den<br />

Strassen den Einwohnern mit Rasseln und Klappern die Gebetsstunden<br />

anzeigen. Das war recht mühsam, so früh am Morgen auf zu stehen, doch es<br />

machte Spass. Wir hielten die drei Tage durch, weil ja recht bald darauf an<br />

jeder Haustür gesammelt wurde. Das war ein wichtiges Element dieser<br />

Aktivität und wir klibberten damals keinesfalls für andere oder höher<br />

gestellten Leute, sondern es war abgemacht, dass alles als deren Verdienst<br />

gerecht unter den „Klibberjungen“ zu verteilen. Geld, hart gekochte Eier,


33<br />

mit und ohne Farben, Obst, wobei es sich meist um Restbestände von<br />

knaddrigen, welken Äpfeln handelte, Schokolade und Bonbons. Doch an<br />

diesem Tag geschah etwas recht Merkwürdiges. Nicht einmal hundert Meter<br />

von da wo wir unsere Sammelaktion begonnen hatten, befand sich ein<br />

Wirtshaus. Der Inhaber war uns nur als Herr Leonard bekannt. An diesem<br />

Tag hatte er noch am späten Morgen die Rollläden seiner beiden grossen<br />

Fenster nicht hochgezogen. Auch hatte er bereits eine kräftige Alkoholfahne<br />

als er uns bat in die ins Dämmerlicht gebadete Wirtsstube zu kommen, wo<br />

er zusätzliches Licht anzündete. Dann räumte er alle Schränke aus und füllte<br />

unsere Säcke mit Zigaretten, Zigarren. Streichhölzer, sowie eine Menge<br />

dieser dreieckigen Tüten voller „Eco“ - Tabak. Uns wuchsen Stielaugen<br />

dabei und dann erwischte er die beiden Zapfhähne und füllte alle Gläser die<br />

da standen mit Bier. Er liess das Bier einfach laufen bis dass die Hähne nach<br />

Luft schnaubten. Wir verstanden nichts mehr. Für uns stand die Welt<br />

regelrecht Kopf nicht nur weil das Bier das wir zum ersten Mal kosten<br />

konnten, uns sofort in die Birnen stieg. Dann luden wir die grossen Humpen<br />

alle in Körbe und stiegen hinter Herrn Leonard einhergehend, hinab auf die<br />

Kegelbahn. Herr Leonard machte es uns vor. Wer konnte mit einem<br />

Humpen die Kegel treffen? In kürzester Zeit war die Kegelbahn ein grosser<br />

Scherbenhaufen und Herr Leonard schleppte immer mehr Gläser und<br />

Flaschen, sogar gefüllte herbei. Rotwein, Weisswein floss in Strömen. So<br />

eine Schlacht hatten wir noch nie geschlagen und als Herr Leonard auf<br />

einmal in Tränen ausbrach und uns wieder auf die Strasse begleitete, da<br />

ahnte aber auch niemand von uns warum, wieso und weshalb dieses<br />

zerstörerische Theater geschehen war.<br />

Erfahren haben wir es erst richtig als wir älter waren. Herr Leonard war<br />

Jude. Bevor er sein Hab und Gut zurücklassen musste, denn er wollte vor<br />

der Invasion der Deutschen fliehen, hatte er mit uns Buben seine Wut am<br />

eigenen Hausrat ausgelassen damit seine Nachfolger nur noch ein<br />

Trümmerfeld vorfinden sollten.<br />

An dem Tag war es sehr spät, ja bereits gegen Mittag als wir mit dem<br />

<strong>Teil</strong>en fertig waren, denn niemand wagte es in so einem besäuselten<br />

Zustand nach Hause zu gehen. Doch dieser Zauber war schnell<br />

Gesprächstoff des ganzen Dorfes geworden und dauerte noch einige Tage<br />

an. Aber ich kann mich erinnern, dass man sich zwar heftig über das<br />

Benehmen von Herrn Leonard aufgeregt hat, weil er uns Alkohol zu trinken<br />

gegeben hatte, doch unsere Eltern befanden sich in dem Dilemma einerseits<br />

Mitleid für Herrn Leonard auf zu bringen auf der anderen Seite ihm aber<br />

eine gewisse Verantwortungslosigkeit zu unterstellen. Es wundert mich<br />

heute noch dass da nicht mehr Proteste in Richtung Wirt ausgesprochen<br />

wurden. Wahrscheinlich weil unsere Väter gratis mit Tabak und Zigaretten<br />

aus der Sammelaktion bedient wurden.


34<br />

Herr Leonard setzte sich in seinen Wagen und flüchtete über die belgische<br />

Grenze, wahrscheinlich mit der Absicht sich in Richtung England<br />

abzusetzen. Später erzählte man uns, dass er nicht sehr weit gekommen sei<br />

und bereits unterwegs in Belgien von den Deutschen erwischt und später<br />

erschossen oder im KZ umgekommen sei.<br />

Luxemburg wird von den Deutschen überfallen.<br />

Als mein Vater am 10. Mai 1940 von seinem Dienst an der Zollschranke an<br />

der luxemburgisch-französischen Grenze zurückkam, war sein Gesicht<br />

bleich wie ein Leichentuch. An unserm Haus war bereits ein <strong>Teil</strong> der<br />

Wehrmacht, meist Kradfahrer und Späher, vorbei gebraust. Er musste also<br />

zwischen den Fronten durch. So fuhr er über Umwege auf seinem Fahrrad,<br />

die Uniformjacke über die Lenkstange gehängt, als vor ihm ein Hund<br />

krepierte, getroffen von einem Schuss oder durch einen Splitter. Mein Vater<br />

und auch wir waren überaus glücklich, dass er heil zwischen den Fronten<br />

durchgekommen war. Von diesen letzten Minuten in ihrem Lande, die er<br />

mit der ins Ausland flüchtenden Grossherzogin Charlotte und ihrem<br />

Begleitpersonal verbrachte, kann man in dessen eigene <strong>Version</strong> weiter oben<br />

in diesen Seiten lesen.<br />

Die deutsche Armee war also bereits bis an die französische Grenze<br />

vorgestossen, indem sie einfach unser kleines Land überfallen und besetzt<br />

hatte.<br />

Alle Rodinger warteten gespannt auf die Reaktion der Franzosen, die in<br />

anderen Ortschaften des Südens unseres Landes anscheinend sehr heftig<br />

gewesen sein soll. Niemand fühlte sich mehr sicher, wusste aber nicht wie<br />

man aus dem Mittelpunkt des Geschehens kommen konnte. In der<br />

Garageneinfahrt etwas gegenüber unserem Hause, hatten die Deutschen eine<br />

riesige nahezu 4 Meter lange Kanone geparkt und das sollte seine Folgen<br />

haben. Da mein Vater sich bereits ausgemalt hatte, dass es recht bald zum<br />

Beschuss kommen würde, hatte er wohlweislich ein eisernes Bett und<br />

Decken herunter aufs Parterre geschleppt, wo wir uns für die kommende<br />

Nacht einrichteten.<br />

Die Dunkelheit brach herein. Plötzlich krachte es im Hinterhof unseres<br />

Hauses. Obschon die Fensterladen geschlossen waren, konnte man die<br />

Blitze eines Einschlags hell aufleuchten sehen. Dann musste es schnell<br />

gehen. Wir rannten in den Keller und ich kann mich noch erinnern, dass<br />

zwischen den Gebeten die laut und inbrünstig heruntergeleiert wurden, es<br />

über uns im Haus noch manche Einschläge gab. Wir schätzen diese später<br />

auf sieben Granaten, deren Splitter wir später fanden. Es war uns als ob wir<br />

die Zielscheibe der Franzosen geworden seien. Unser Nachbar erhielt noch<br />

viel mehr Einschläge. Die Geschosse galten alle der schweren Kanone die


35<br />

am Abend zuvor, unserm Haus gegenüber, abgestellt war. Der Beschuss war<br />

aber absolut unsinnig, und schien auch recht bald als das erkannt worden zu<br />

sein, denn es dauerte eigentlich nur kurze Zeit. Nur ein Volltreffer in die<br />

Garage blieb uns durch sein ungeheures Krachen speziell in Erinnerung.<br />

Dieser einzige Treffer war durch einen flachen Kanonen- oder<br />

Artillerieschuss direkt aus der Maginotlinie herüber gekommen und hatte<br />

horizontal gesehen drei Mauern der Garage durchbrochen. Die Kanone aber<br />

war klugerweise bereits vor dem Beginn des Beschusses anderswohin<br />

gebracht worden. Leider hatte es etwas gedauert bis die ganz sicher in Zivil<br />

herumlaufenden Dorfspione diese Information an die schussfreudigen und<br />

die Luxemburger Neutralität ebenfalls verletzenden Franzosen weiter<br />

geleitet hatten.<br />

Ich habe heute eigentlich in Erinnerung, dass ich zwar mit gebetet habe, das<br />

Ganze mir aber kaum Angst eingejagt hat. Es war nur ein weiteres Erlebnis,<br />

das ich komischerweise keinesfalls als gefährlich verspürte. Nur mein<br />

Bruder schrie im Dunkeln, er hätte einen Splitter abbekommen.<br />

Als vor Morgengrauen die Schiesserei aufgehört hatte vernahmen wir<br />

plötzlich eine Stimme von oben aus der Küche herunter. „Lebt ihr noch?“<br />

Es war unser Nachbar. Er war durch die entstandene Bresche in der Mauer,<br />

wo sich einst das Küchenfenster befand, eingestiegen.<br />

Wir wagten uns über den direkten Weg den Kellerausgang, hinaus auf die<br />

Strasse. Meine Eltern untersuchten meinen Bruder, wo denn der<br />

vermeintliche Splitter stecke. Auf unerklärliche Weise hatte sich ein<br />

Holzspan von circa 20 cm Länge schnurgerade zwischen Arm und<br />

Hemdsärmel eingenistet. Niemand konnte sich jedoch diesen eigenartigen<br />

Vorfall erklären. Persönlich jedoch zweifelte ich nicht daran dass mein<br />

Bruder sich diesen Span möglicherweise in Ungedanken selber unters Hemd<br />

geschoben hatte.<br />

Wir zogen sofort zu unserm zweiten Nachbarn um, in dessen<br />

gewölbeartigen Kellerräumen waren wir sicherer, denn zuerst dachten wir<br />

unser Haus könnte zusammenstürzen. Ich war aber dabei als man die<br />

Schäden in Augenschein nahm. Wir konnten uns beruhigen. Nahezu die<br />

halbe Wand unseres Schlafzimmers zum Garten hin, war zerstört und ein<br />

grosses Loch klaffte da wo vorher unser Bett sich befand. Die kluge<br />

Vorsehung unseres Vaters hatte uns beiden ganz gewiss das Leben gerettet.<br />

Als wir uns von der Innenseite näherten sahen wir erst richtig was sich<br />

abgespielt hatte. Zuerst hatten einige Granaten eine Öffnung in die mit roten<br />

Ziegeln gebaute Wand gesprengt, dann erst explodierten die nachfolgenden<br />

Geschosse wahrscheinlich auf dem Bett. Sämtliche Möbel waren total<br />

zerstört und in der Decke klaffte ebenfalls ein riesiges Loch. Wir konnten


36<br />

von Glück sprechen, dass bei diesen Explosionen kein Feuer ausgebrochen<br />

war.<br />

Das Hausdach unseres ersten Nachbarn hing kopflastig schräg über die<br />

Strassenseite. Dort waren wahrscheinlich noch mehr Granaten<br />

eingeschlagen als bei uns. Auf jeden Fall waren wir froh dass die<br />

Durchschlagskraft dieser Granaten eigentlich sehr gering war,<br />

möglicherweise handelte es sich nur um Mörsergranaten. La Force de<br />

frappe de la Grande Nation entpuppte sich eindeutig als pure<br />

Schaumschlägerei.<br />

Die Wirkung der einzelnen Geschosse würde ich heute einstufen wie einen<br />

Schlag mit einem Paket ungekochter Spaghetti auf den Kopf eines Feindes.<br />

Bis dahin waren die Deutschen uns zwar keinesfalls gleichgültig aber jetzt<br />

erst wurde uns klar dass diese die Schuld an unserm Unglück trugen und<br />

dies minderte keinesfalls den bei uns aufkommenden Hass.<br />

Evakuation<br />

Ich war damals noch keine 8 Jahre alt. Niemand von uns war ausgeschlafen<br />

mich aber überfiel wahrscheinlich zuerst der Schlaf, als wir einen Tag später<br />

mit dem Zug ausser Reichweite der Schusszonen gebracht wurden, denn<br />

man hörte immer wieder Gewehrschüsse oder Maschinengewehrsalven. An<br />

ein Wohnen in diesem zerschossenen Hause war nicht zu denken. Das war<br />

aber nicht die alleinige Ursache der Evakuation. Der ganze Süden des<br />

Landes musste aus der Zone eventueller Kampfhandlungen mit den<br />

Franzosen an der Maginotlinie. Viele Luxemburger entschlossen sich in den<br />

Süden Frankreich zu fliehen, die anderen wurden im Ösling und an der<br />

Mosel untergebracht. Nahezu die halbe Landesbevölkerung musste ihr<br />

zuhause verlassen. Einige Erinnerungen an diese Zeit hat mein Vater jedoch<br />

selber niedergeschrieben.<br />

Wir Buben freuten uns mächtig als wir zu Verwandten aufs Land kamen.<br />

Dort mussten wir zwar zur Schule gehen aber in Heffingen waren wenig<br />

einheimische Kinder und so hatten wir in unserer Schulklasse meistens nur<br />

evakuierte Kinder in einem Saal und diese über alle Schulklassen verteilt.<br />

Zuerst wurden wir beim Paten meines Vaters einquartiert. Er war ein<br />

einfacher Dorfbauer, bei dem wir auch prima verpflegt wurden, doch hatte<br />

das Rote Kreuz schnell eine Verpflegungsstelle eingerichtet, wo viele dort<br />

Evakuierte alsdann jeden Tag eine anständige Ration Buttermilch, Brot,<br />

Suppe und so weiter abholen konnten. Damals begann der Zauber bereits<br />

mit den Tickets, die man abgeben musste um eine Essens Ration zu<br />

erhalten. Da lernten wir eigentlich die wahre Mentalität vieler Menschen<br />

kennen, die auf Kosten anderer sich immer wieder Vorteile verschaffen<br />

wollten und sich mehr als nur einmal in die Schlange stellten, bis die<br />

unvermeidlichen Essengutscheine wieder Ordnung geschafft haben.


Nur eines möchte ich hier einfügen, was mir auch bereits sehr früh einen<br />

unvergesslichen Eindruck verschaffte, wie unanständig sich Menschen<br />

benehmen können.<br />

37<br />

Ich war damals mit meinem Vater einmal nach Rodingen gefahren von wo<br />

er aus unserm Haus notwendige Klamotten. Linnentücher und anderes<br />

Bettzeug und sonstiges Geschirr aus unserm Haus abholen wollte. Er hatte<br />

vom Roten Kreuz dazu eine spezielle Erlaubnis erhalten. Es war klar dass<br />

unser Heimathaus für jedermann offen stand und so entdeckte ich bei<br />

meinem Rundgang durch die Zimmer, auf dem eisernen Bett, in welchem<br />

ich am Abend vor den Explosionen schlafen sollte, den Mist eines<br />

menschlichen Dreckbocks der sich mit seinem ganz speziellen Duft im<br />

Zimmer wahrnehmbar machte. Mein Vater nahm sich ungeniert der Sache<br />

an und meinte dazu, dass dies kaum von einem deutschen Soldaten<br />

herrühren dürfte. Er tippte darauf, dass es sich um die Exkremente eines<br />

Rachesüchtigen handeln könnte, den er sicherlich einmal beim Schmuggeln<br />

erwischt hatte. Mein Vater hatte auch recht gehabt die Schränke keinesfalls<br />

mit den Schlüsseln zu verschliessen, um Diebstahl zu verhindern.<br />

Absichtlich hatte er sogar sämtliche Schranktüren etwas offen stehen lassen<br />

damit die Möbel wenigstens vor Vandalismus verschont blieben.<br />

Möglicherweise erweckten die offen stehenden Türen auch, dass bereits<br />

andere vorher die Schränke nach wertvollen Gegenständen durchsucht<br />

hatten.<br />

Der Schmuggler.<br />

Manchmal erzählte mein Vater was bei seinem Dienst passierte. Wie er den<br />

Schmugglern auf die Schliche kam und welche Methode die Zöllner<br />

entwickelt hatten um die Schmuggler zu entlarven. Das schien alles recht<br />

lustig und spannend zu sein. Meistens aber waren auch rein menschliche<br />

Gemeinheiten im Spiel. Dann erwähnte er auch dass sie öfters bereits<br />

telefonisch aus dem Ausland informiert wurden, wann ungefähr ein<br />

Lastwagen beladen mit Schmuggelware vorbei kommen würde. Da hatte<br />

vielleicht einer bereits seine Ware geladen und war ohne zu zahlen<br />

abgefahren. Sofort rächte sich der Geprellte indem er den Schmuggler<br />

anzeigte. So kam es dass mein Vater in den Reifen von Kraftfahrzeugen die<br />

unentdeckt bei ihm vorbei wollten, Kaffee entdeckte. In doppelten Böden<br />

vom Lkw waren es Lenkstangen, Pedalen und Felgen von Fahrrädern,<br />

goldene Uhren und sonstigen Schmuck in Verstecken unter der Motorhaube<br />

oder dem Armaturenbrett. Einmal aber musste er in Zivil hinaus, ohne<br />

Waffe. Er hatte den Auftrag einen belgischen Grenzgänger zu stellen. Ein<br />

Hüttenarbeiter der jeden Tag nach Frankreich zur Arbeit ging und dabei die<br />

luxemburgische Grenze überquerte. Der Mann war meinem Vater<br />

wohlbekannt weil es fast jeden Tag zu einem kleinen Plausch kam, wenn<br />

der Kumpel die Grenze passierte und zur Arbeit ging oder von dieser wieder


38<br />

nach Hause. Dabei benutzte er meistens Feldwege und die kannte mein<br />

Vater besonders gut, weil er nicht nur am Grenzübergang Dienst verrichtete<br />

sondern auch Felddienst besonders entlang der Landesgrenze.<br />

Als mein Vater an diesem Tag am späten Nachmittag wieder nach Hause<br />

kam, sah man ihm an, dass es sehr anstrengend gewesen sein musste. Meine<br />

Mutter hatte ganz besonders ein Auge für die Reaktionen die sich im<br />

Gesicht und im Benehmen meines Vaters wieder spiegelten. Er war<br />

aussergewöhnlich bleich, das fiel sogar uns auf. Dann berichtete er, dass er<br />

den Schmuggler genau da wo er ihn vermutet hatte, stellen konnte. Dieser<br />

aber habe ohne Hast, aber zu allem entschlossen, seinen Ballen Kaffee den<br />

er auf dem Rücken trug, niedergesetzt. Dann zog er einen Revolver und<br />

richtete diesen drohend auf meinen Vater: „Lieber Albert, wenn du noch<br />

einmal lebend zu deiner Frau und deine beiden Kinder zurückkehren willst,<br />

dann lass mich in Ruhe weiter gehen.“<br />

Es war meinem Vater bewusst, dass er auf der Verliererseite stand und<br />

deshalb willigte er sofort ein, nicht ohne aber den Gegenüber zu warnen:<br />

„Mein lieber Freund, du kannst ruhig weiter diesen Kaffee nach Hause<br />

schleppen. Es wird dein letzter sein. Tötest du mich, dann hast du zusätzlich<br />

einen Mord auf dem Gewissen, denn jedermann weiss wer du bist. Dann<br />

endest du für den Rest deines Lebens im Knast und du wirst bis zum Ende<br />

deines Lebens keine innere Ruhe mehr finden. Leider hast du dir auch nicht<br />

überlegt, dass du morgen wieder für dich und deine Familie zur Arbeit<br />

gehen musst. Wenn du dann bei mir an der Grenze vorbeikommst, muss ich<br />

dich verhaften lassen. Dummerweise hast du damit auch deinen Arbeitsplatz<br />

aufs Spiel gesetzt.“<br />

Auch dieser Schmuggler war von einem Neider, oder Spitzel angezeigt und<br />

vorher angemeldet worden.<br />

Wieder in Lebensgefahr.<br />

Die Zeit während der Evakuation in Heffingen war eigentlich sehr schön<br />

Auf dem Lande konnte man so erlebnisreich spielen, zumal unsere<br />

Bekannten eine riesige Holzwarenhandlung nebst Sägewerk besassen. Léon<br />

hiess nicht so mit dem Familiennamen, war aber ein Wagner, denn er stellte<br />

professionell Karrenräder her, sogar grosse mit einem Eisenreifen<br />

rundherum und da schauten wir ihm gerne zu bei der Arbeit in der Sägerei,<br />

beim Zuschlagen mit dem dicken Hammer, beim Schmieden der Radreifen,<br />

oder beim Bearbeiten der Radnaben. Dann spielten wir in den meterhohen<br />

Haufen von Sägemehl und Holzspänen. Es waren auch Kühe im Stall die<br />

gemolken wurden, das Eiersammeln bei den Hühnern, die frei herum liefen<br />

war wie ein alltägliches Osterfest. Die Hühner legten ihre Eier wo es ihnen<br />

gerade am gemütlichten schien. Und dazu grunzten mehrer Schweine im<br />

Stall die ebenfalls jeden Tag ins Schweinegatter gelassen wurden. Da


39<br />

wurde immer wieder Wasser vom Brunnen hineinlaufen lassen, damit sich<br />

die Schweine in der Suhle recht wohl fühlten. Man unterliess es keinesfalls<br />

uns die geschmacklichen Vorteile bei so einer Schweinehaltung zum<br />

Genuss an zu bieten. Rohfleisch wurde selten verzehrt, doch hatten<br />

verschiedene Metzger die Marktlücke schnell erkannt und boten jede<br />

Woche in ihrem schnell umgebauten Lieferwagen Frischfleisch, Wurst und<br />

Käse sowie sonstige eher städtische Esswaren an, wodurch sich der<br />

Speiseplan merklich erweitern liess. Unsere Mutter machte sich nützlich in<br />

der Küche, was aber bei der verschrobenen „Gued“ nicht selbstverständlich<br />

war, denn das bedeutete Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines<br />

Hauses mit festgefahrenen Sitten und Bräuchen. Die Arbeit meiner Mutter<br />

in der Nähstube war allerdings höchst willkommen, denn auf einem Hof<br />

gibt es immer wieder unreparierte Kleidungs- oder Wäschestücke. Mein<br />

Vater half bei der Grummet- und Heuernte, wenn er dienstfrei war und<br />

zugegen sein konnte.<br />

Eines Tages bot meine Mutter ihre Kochkunst an, die sie zum <strong>Teil</strong> von<br />

meinem Vater gelernt hatte. Sie hatte Gemüsesuppe mit geriebenen<br />

Kartoffelpfannkuchen vorgesehen. Erstaunlicherweise kannte die<br />

Bauernfrau so etwas Exotisches überhaupt nicht, wahrscheinlich weil es<br />

etwas Arbeit macht. Knurrend und etwas unwirsch meinte sie, was das<br />

denn für ein Frass werden würde.<br />

Als natürlich die Suppe vom Pätter mit grossem Genuss, sowie auch von<br />

uns geschlürft wurde und die „Gromperekichelcher“ schnell in der Runde<br />

gereicht wurden, da trat die „Gued“ hinter sich um das neue Zeug doch zu<br />

probieren. Ihr Kommentar zirkulierte lange in der Familie „Er schmeckt gar<br />

nicht schlecht, dieser Dreck!“<br />

An schönen Tagen spazierten wir durch den „Schwengsbösch“ hinab an die<br />

Weisse Ernz, in Richtung Fischbach wo der Oberförster Peitsch wohnte. Er<br />

war Förster am Hof und von der Armee her ein guter Bekannter meines<br />

Vaters. Als wir wieder einmal mit ihm rundum die herrlichen Fischteiche<br />

gewandert waren, überfiel mich eine unheimliche Hitze und ich wurde so<br />

matt, dass man mich aufs Sofa legen musste. Ich schien offensichtlich<br />

Fieber zu haben, und das beim blossen Anblick meiner Wangen. Ein Arzt<br />

wurde über Telefon bestellt und kam per Auto dorthin, was wir als ganz<br />

besonders luxuriös ansahen. Der Arzt konnte ja nicht ahnen welche Person<br />

in diesem hoch angesehenen Hause krank war. Er hatte bei mir schnell eine<br />

Blutvergiftung diagnostiziert. Sie war hervorgerufen worden durch einen<br />

Unfall den ich tags zuvor hatte als ich beim hinunter Rennen vom<br />

Wasserbehälter am Ortseingang von Heffingen nicht schnell genug bremsen<br />

konnte und ich mir beim Rutschen über die frisch geteerte Strasse tiefe<br />

Schürfwunden an meinem linken Oberbein zugezogen hatte. Es ging da aber<br />

noch die Rede von der Möglichkeit eines Starrkrampfes, was den baldigen<br />

Tod bedeutet hätte. Glücklicherweise überlebte ich auch diesen Angriff von


unliebsamen Mikroben auf mein Leben und konnte mich nach einigen<br />

Tagen wieder normal bewegen.<br />

Deportation des Vaters.<br />

40<br />

Bewaffnete Staatsbeamte konnten die Deutschen in unserm besetzten Land<br />

keineswegs gebrauchen. Ohne die notwendige Indoktrinierung hätten diese<br />

für das Reich gefährlich werden können. Damit begann die Leidenszeit, die<br />

mein Vater besonders in seinen oben aufgeführten Memoiren ausführlich<br />

behandelt.<br />

Vorbei war die schöne kameradschaftliche Zeit mit ihm zusammen. Vorbei<br />

die wunderbaren Familien-Spaziergänge in freier Natur, die ausführlichen<br />

Erläuterungen die er uns immer wieder geben konnte, wenn wir den Namen<br />

eines Tieres oder einer Pflanze kennen wollten. Besonders glücklich war er<br />

als sein Freund Hertges ihm ein für ihn und seinen besonderen Wissensdurst<br />

(in Punkto Botanik) stillendes Buch schenkte: „ Die Flora der Heimat“ das<br />

Dr. Edm. J. Klein, Professor der Botanik am Grossherzoglichen Gymnasium<br />

in Diekirch, im Jahr 1897 geschrieben hatte. Und genau der hundertste<br />

Jahrestag seit Erscheinen dieses Buch veranlasste mich 1997 in<br />

Zusammenarbeit mit Nicolas Rollinger diese Flora neu zu editieren. Nicolas<br />

Rollinger war ein hoch talentiertes und aufopferungsbereites<br />

Vorstandsmitglied der von mir gegründeten AAT (siehe im Internet). Er<br />

besorgte das Layout. Ich hatte mir persönlich ganz besonders die<br />

unzeitgemäss gewordene Nomenklatur der Pflanzen vorgenommen. Viele<br />

Namen entsprachen nicht mehr dem aktuellen Wissensstand. Sie musste<br />

allesamt geprüft werden. Ich versuchte auch die luxemburgischen also<br />

volkstümlichen Namen, insofern bekannt, zu ergänzen. Eine Neuausgabe<br />

dieser Flora ist übrigens seit kurzer Zeit in Bearbeitung.<br />

Ich habe meinen Vater immer geliebt, nahezu angebetet. Er war ein<br />

herzensguter Freund, auch zum Schmusen bereit und nicht nur mir ein<br />

leibliches Vorbild von Fröhlichkeit und ausstaffiert mit einem genialen<br />

Gedächtnis. So konnte er stundenlang Gedichte zitierten, wie das “Lied von<br />

der Glocke“, den „Zauberlehrling“ oder der „Taucher“ und besonders<br />

Auszüge aus der luxemburgischen Literatur. Den kompletten Rénert von<br />

Michel Rodange wusste er zu deklamieren und beherrschte dabei auch noch<br />

die verschiedenen dort verwendeten Landesdialekte. Natürlich hatte sein<br />

Wandererleben ihn dabei begünstigt. Leider konnten wir nie an den<br />

manchmal Tage dauernden Radtouren teilnehmen, die er mit seinen<br />

Freunden, dem Lehrer und dem Pfarrer durch unser schönes Land gemacht<br />

hat. Er kannte sich ausgezeichnet aus in der Geografie des<br />

Grossherzogtums. Strassen und Schleichwege waren ihm bekannt, worüber<br />

man nur staunen konnte. Ganz besonders aufmerksam hörten wir auch<br />

seiner sonoren Bassisten Stimme zu, wenn er seine eigenhändig zusammen<br />

gestellten Potpourris mit über 40 verschiedenen Melodien (siehe <strong>Teil</strong> I)


vortrug. Nicht nur deutsche Lieder waren ihm geläufig auch die besten<br />

Texte aus luxemburgischen Theater-, Revue- und Operettenstücken. Kein<br />

Wunder, dass er im Kirchenchor beliebt war und ihm oblag es auch<br />

verschiedene Psalme in der Vesper vor zu tragen. Besonders lag ihm der<br />

Vesper Psalm 116<br />

„Laudate Dominum omnes gentes<br />

Laudate eum omnes populi<br />

Quoniam con<strong>fir</strong>mata est super nos misericordia ejus<br />

Et veritas Domini manet in aeternum<br />

41<br />

Er trug den Psalm mit ganz besonderer Inbrunst von der Empore aus vor,<br />

mit oder ohne Orgelbegleitung. Er wurde sogar in manchen Vereinigungen<br />

Vortragsredner zu religiösen wie auch ethischen oder philosophischen<br />

Themen. Auch war er für seine Zeit bereits ein aussergewöhnlich vielseitig<br />

aufgeschlossener Mensch mit einem hohen literarisch orientierten<br />

Wissensstandard. In seiner Hausbibliothek konnte ich bereits in einer<br />

grossen Auswahl an Weltliteratur stöbern. Die Bücher hatte er als Mitglied<br />

der Deutschen Buchgemeinschaft erworben. Meistens Klassiker und<br />

hervorragende Romane. Dreizehnlinden von Friedrich Wilhelm Weber war<br />

ihm eine Quelle für Zitate. Besonders gerne zitierte er:<br />

Wonnig ist's, in Frühlingstagen<br />

Nach dem Wanderstab zu greifen<br />

Und, den Blumenstrauß am Hute,<br />

Gottes Garten zu durchschweifen.<br />

Man kann sich jetzt vielleicht gut vorstellen wie gesellig er war. Er war<br />

ausserdem ein ausgezeichneter Koch und schmähte keinesfalls gute Bissen<br />

und in seinem Keller, so kann ich mich erinnern, befand sich meistens ein<br />

Fässchen Rotwein, an dem er selber immer wieder für den Festtisch zapfte.<br />

Seine Lebensfreude und besonders seine ungebeugte Frömmigkeit<br />

begleiteten und stärkten ihn, in dem schwierigen Leben. Es war wie eine<br />

Überlebenspille, an welcher er zu zehren begann wenn Schwierigkeiten sich<br />

über seinem Kopf häuften.<br />

Nun sollte dies alles auf einen Schlag vorbei sein. Der Abschied meines<br />

Vaters hatte nicht wenige Auswirkungen auf mein weiteres Leben. Bevor er<br />

zum ersten Mal wegging sagte er zu meinem Bruder. „Hilf du der Mutter<br />

und pass gut auf deinen Bruder auf, damit der nicht aus der Reihe tanzt.“<br />

Das war natürlich Wind auf die Mühle meines Bruders, der sich immer<br />

mehr, nicht als Beschützer aber eher als Bewacher vorkam. Damit war<br />

sicherlich unbeabsichtigt und durch falsche Interpretation, das Kriegbeil<br />

zwischen uns beiden ausgegraben worden.<br />

Mein Vater hatte noch kurz vor seiner Abreise für einige Jahre ein Stück<br />

Ackerland mit andern Freunden gemeinsam gepachtet. 7 Ar Ackerland


42<br />

standen uns persönlich zur Verfügung und diese befanden sich etwa 2 Km<br />

weit weg von unserm Wohnhaus. Ein Bauer hatte das ganze Feld, was einst<br />

eine Wiese war, umgepflügt und dort sollten jetzt Kartoffeln, Bohnen,<br />

Karotten und noch vieles andere gepflanzt werden.<br />

Gartenarbeiten und Kaninchen im Stall<br />

Meine Mutter hatte ein schweres Gebrechen. Bei einem Oberschenkelbruch<br />

der sich noch vor ihrer Heirat ereignet hatte, wurde sie ärztlich nie richtig<br />

versorgt, besonders auch weil ihre Schwestern immer von Simulierung<br />

sprachen und es so weit kam, dass der Knochenbruch schlecht heilte. Sie<br />

konnte nie mehr normal gehen und musste immer daher humpeln. Ihr war es<br />

unmöglich dieses frische Ackerland zu bestellen.<br />

Dazu hatten wir auch noch ein halbes Dutzend Kaninchen im Stall, die<br />

keinesfalls in Kriegszeiten aufgegeben werden konnten und so begann man<br />

eine ungewöhnliche Last auf uns zwei Buben abzuladen, die keinesfalls von<br />

Butter war.<br />

Natürlich waren wir beide am Anfang hell begeistert um behilflich zu sein,<br />

um eine neue Beschäftigung zu haben. Da wir aber den Rat der Mutter<br />

unbedingt brauchten, setzten wir diese in den beim Nachbarn ausgeliehenen<br />

vierrädrigen Karren und brachten sie über die Landstrasse bis in diesen<br />

riesigen Garten, wo sie dann genau überwachen und beurteilen konnte wie<br />

und was gearbeitet werden sollte. Gute und fachliche Ratschläge holten wir<br />

bei erfahrenen Gärtnern und befreundeten Nachbarn, die uns beiden Jungen<br />

bedauerten, aber auch in jeder Lage meiner Mutter behilflich waren. Da<br />

unser ehemaliger Nachbar vor den Deutschen nach Frankreich geflohen<br />

war, stand dieses Haus leer und es wurde requiriert, als Wohnung für einen<br />

deutschen Zöllner, der fortan auf dem Bahnhof in Rodange Dienst machen<br />

sollte. Das hatte zum direkten Vorteil, dass wir nicht zur gleichen Zeit<br />

unsere Dienstwohnung für ihn räumen mussten.<br />

Die Beziehungen zu diesen neuen Nachbarn waren anfangs natürlicherweise<br />

äusserst zurückhaltend, ja kalt. Doch mit der Zeit wurden wir uns immer<br />

mehr bewusst dass ja auch sie von zu Hause fort und in die Fremde mussten<br />

und keinesfalls mit den Nazis kollaborieren wollten. Die Parole lautete,<br />

nicht auffallen, denn man wusste welches Schicksal bereits manchen ereilt<br />

hatte. Mitleid kam bei unsern Nachbarn auf und meine Mutter begann dies<br />

zu spüren und lies langsam ihr hartnäckiges Meiden von Begegnungen<br />

versanden.<br />

Hausarbeiten und kein Ende<br />

Das Gebrechen meiner Mutter hatte seine Auswirkungen auch auf uns<br />

beide. Mein Bruder und ich mussten ihr recht viel beistehen, besonders bei


43<br />

den Haushaltsarbeiten. Da waren die allwöchentlichen Waschtage. Es<br />

machte noch Spass das Feuer unter dem Waschkessel anzuzünden und zu<br />

bedienen. Auch standen wir neben unserer Mutter am grossen Waschtisch<br />

und schrubbten, besonders Strümpfe oder Pullover. Unsere Mutter hatte<br />

schnell herausgefunden dass genau diese Wollsachen, die mit viel Schaum<br />

gewaschen wurden unsere Hilfe stimulierten. Dann kam natürlich auch<br />

manch grosses Stück, wie die Linnentücher in unsere Hände. Wir hatten 2<br />

grosse Waschtröge zum Wässern der Wäsche. Der eine diente zum Bläuen<br />

der weissen Wäsche, das andere zum Spülen. Wir mussten uns schon schön<br />

anstrengen um diese mit Wasser voll gesogenen Wäschestücke über den<br />

Beckenrand zu ziehen. Dann wurde gewringt und langsam zeigte sich dass<br />

wir bereits begannen stärker zu werden als unsere Mutter.<br />

Im kleinen Garten hatten wir Wäscheleinen und zum Trocknen der Wäsche<br />

musste die Wäsche in grossen Körben nach oben und dann in den Garten<br />

gebracht werden. An die Leine reichten wir noch nicht aber der Mutter ein<br />

Wäschestück nach dem andern reichen, das gehörte zum Pensum.<br />

Es kam auch manchmal vor, dass einem von uns beiden die ganze Wäsche<br />

aufgehalst wurde, weil es der Mutter unmöglich war sich in den Keller zu<br />

bewegen. Wir haben diese Zeit mit Bravour durch gestanden. Erst als ich<br />

etwa 16 Jahre alt war, erhielten wir die erste elektrische Waschmaschine mit<br />

Wringer. Der alte Ofen diente zwar noch manchmal wenn<br />

Zwetschgenkonfitüre gekocht wurde, wo wir Buben uns beim Rühren<br />

gegenseitig ablösten. Auch das Einmachen von Sauerkraut und Einwecken<br />

von Bohnen wurde trotz der Abwesenheit meines Vaters nicht abgesetzt.<br />

Ein 80 Liter Fass war Standardmass für das Sauerkraut und bereits die<br />

Vorfreude auf einen Sauerkrautschmaus speziell mit Leberklössen,<br />

gekochter Mettwurst, Lyoner und Senf trieb uns an, das Schroten des selbst<br />

kultivierten Kohls mit Lust zu vollziehen. Die Bohnen wurden in<br />

Glasbokale eingeweckt. oder klein geschnitten in Flaschen gefüllt und<br />

ebenfalls eingeweckt. Dasselbe geschah auch mit Obst.<br />

Kartoffeln schälen, Schuhe putzen, die hölzerne Treppen sowie Stube mit<br />

Metallspänen säubern, waren ebenfalls gängige Arbeiten die wir zu<br />

verrichten hatten. Auch das alltägliche Säubern der Kochmaschine, das<br />

Spülen oder das Abtrocknen, mitsamt dem Wegräumen des Essgeschirrs,<br />

gehörten zu unseren alltäglichen Beschäftigungen. Meiner Mutter waren all<br />

unsere Spielkollegen fremde und potentielle Verführer. Sie trauten keinem<br />

und war immer nur darauf bedacht uns vor verdorbenen Einflüssen zu<br />

bewahren. Wir hatten nur wenige Familien, die uns so nahe befreundet<br />

waren, dass ein oder zweimal im Jahr wir gemeinsam ein Festessen<br />

veranstalteten. Bei uns gab es alsdann das bekannte Sauerkraut, bei den<br />

andern Bekannten waren Schalentiere eine Spezialität doch mussten diese<br />

damals noch immer vor dem Kochen von Unrat und den aufsitzenden<br />

Ablagerungen gereinigt werden. Heute wissen wir auch welchen Blödsinn


44<br />

wir immer wieder veranstalteten um mit einem silbernen Löffel, besonders<br />

vor dem Verzehr von Pilzen, die mein Vater gesammelt hatte, zu testen ob<br />

sich nichts Giftiges im Essen befand. Das geschah auch ganz besonders vor<br />

dem Verzehr von Miesmuscheln.<br />

Die Gartenarbeit war uns keinesfalls fremd aber besonders wenn Grünfutter<br />

für die Kaninchen benötigt war, dann mussten wir raus. Meistens zog nur<br />

einer allein davon, mit einem beim Nachbarn ausgeliehenen Handwagen<br />

und einer Handsichel. Die Wiese auf welcher wir „krauden“ konnten lag<br />

mindestens 1 km weg von unserm Hause. Mitleidige Menschen erlaubten<br />

uns dann auf ihrem Besitz alles Gras zu besorgen, sogar das Heu, das wir<br />

für den Winter hereinbringen mussten. Einer der Nachbarn hatte mehrere<br />

Dutzend Stallhasen. Er war ein erfahrener Kaninchenzüchter. Wir konnten<br />

zwar zuschauen, wenn er eines unserer Kaninchen bei den Bock liess, haben<br />

aber nie so richtig verstanden was da vor sich ging, wahrscheinlich weil<br />

Kaninchen dieses Geschäft in Sekundenschnelle erledigen. Ihnen waren<br />

Quickies kein Begriff, sie verstanden jedoch die notwendigen Spielregeln<br />

und praktizierten sie perfekt. Herr Weisgerber allein, so hiess der Mann,<br />

schlachtete unsere Kaninchen, wenn dieses notwendig war. Als Lohn<br />

konnte er den Pelz behalten. Es zog lange Zeit vorher noch immer ein<br />

Scherenschleifer durch die Strassen, der dann auch mit markanter Stimme<br />

rief „Pelzä, Pelzä“. Der schliff auch Messer und reparierte Regenschirme.<br />

Das notwendige Handwerkszeug hatte er auf seine fahrbare Schmiede<br />

montiert, die er auf einem Stellbock transportierte. Wenn er weiter fuhr<br />

nahm er den Riemen von dem grossen Rad, das er über ein Tretpedal antrieb<br />

und dann schob er den ganzen Kram auf diesem Rad rollend vor sich her.<br />

Der Nachbar bereitete die Pelze (seine Vorfahren müssen schon was davon<br />

verstanden nahmen, woher sonst hätte er den Namen Weiss Gerber) selber<br />

über einen Drahtbügel bis sie fast wie Leder aussahen. Er bot sich auch<br />

jedes Mal an, wenn es galt eine grössere Grasfläche abzumähen. Das Gras<br />

wenden, aufladen und heim karren oblag uns beiden. Wir taten es ohne<br />

Murren, denn wir hatten reelles Mitleid mit dem Gebrechen unserer Mutter.<br />

Es muss im Jahr 1944 gewesen sein, als wir im Hochsommer gegen Abend<br />

gerade dachten die täglichen Pflichten wären zu Ende, da erschien völlig<br />

ausser Atem ein Bekannter bei meiner Mutter: „Das Heu in der Wiese<br />

müssen Sie sofort heimholen, denn es wird ein Gewitter geben, sonst ist die<br />

ganze Arbeit futsch.“<br />

Die Deutschen Besatzer hatten aber ein Verbot erlassen, dass die Kinder am<br />

späten Abend nicht auf die Strasse durften und verboten war es auch Kinder<br />

mit solch schweren Arbeiten zu beschäftigen.<br />

Doch mussten wir an den Wintervorrat für die Kaninchen denken und so<br />

machten wir beide uns allen Geboten und Verboten zum Trotz mit dem 4


45<br />

Rad Wagen auf den Weg. Kaum waren wir in der uns zugeschriebenen<br />

Wiese angekommen, da begannen die Leute aus der Nachbarschaft eiligst<br />

uns zu helfen, denn die drohenden Gewitterwolken zeigten sich bereits über<br />

der nahen französischen Grenze. Unser Wagen wurde etwa 3 Meter hoch<br />

beschichtet und alles Material mit Seilen festgebunden. Wir liefen fast über<br />

die Hauptstrasse nach Hause, wenigstens wo es bergab ging. Etwa hundert<br />

Meter von unserm Haus entfernt hielt uns jedoch einer der SS-Leute, die in<br />

der Nachbarschaft wohnten an. Er notierte unsere Namen. Wir konnten dann<br />

schnell nach Hause und drückten gerade noch rechtzeitig den Wagen<br />

mitsamt Heu in den Kellerraum hinein, als draussen ein lang andauernder<br />

Wolkenbruch mit gewaltigem Platzregen niederging. Natürlich waren wir<br />

stolz auf unsere Glanzleistung, aber als wir der Mutter die Begegnung mit<br />

der SS berichteten, da begann die verängstigte Frau sich sofort grosse<br />

Sorgen zu machen. Was sollten die Folgen sein?<br />

Am andern Morgen klingelte bereits sehr früh ein SS- Mann an unserer<br />

Haustür. Er kam mit einem Vorladungsbefehl für meine Mutter. Sie müsse<br />

zur Kommandantur kommen um sich dort zu rechtfertigen. An diesem Tag<br />

wurde das Mittagessen nicht mit der üblichen Sorgfalt zubereitet. Meine<br />

Mutter entschloss sich kurzerhand der Nachbarin die ganze Sache an zu<br />

vertrauen. Dabei ging es natürlich nicht ohne Weinkrämpfe ab und die<br />

Nachbarin war offensichtlich recht betroffen, dass ihre Landsleute so mit<br />

uns Luxemburgern umsprangen. Sie entschloss sich kurzerhand und machte<br />

sich sofort auf den Weg um ihren Ehemann, der am Bahnhof Dienst<br />

verrichtete, davon in Kenntnis zu setzen, damit er sich als Fürsprecher<br />

einsetzen sollte. Er tat es und das mit Erfolg. Ab diesem Tag veränderten<br />

sich die Beziehungen zu unsern deutschen Nachbarn schlagartig, denn<br />

bereits am Nachmittag klingelte der Nachbar höchstpersönlich an der<br />

Haustür um meiner Mutter mitzuteilen, dass die Vorladung zu den Akten<br />

gelegt worden sei. Er hatte sich persönlich eingesetzt um im SS-Büro, das<br />

sich neben dem Bahnhofsgebäude befand, die recht beschwerliche Situation<br />

in unserer Familie zu erklären. Von diesem Tag an bekam „Heidi“, der<br />

Nachbarhund, der bisher auf tiefstem Rang der Freundschaft eingestufte<br />

Fox Terrier, manchmal auch einen Knochen dargereicht, was dessen<br />

Gereiztheit uns gegenüber wiederum entsprechend milderte.<br />

Als Musiker habe ich mich versucht<br />

In dieser Zeit liess sich mein Bruder als Musiker in der Rodinger Harmonie<br />

einschreiben. Stolz kam er nach Hause und zeigte seine silbern blinkende<br />

Boehmklarinette. Das ist eine so genannte Jupiter-Klarinette, die sich<br />

besonders eignet für Anfänger und sehr robusten Ansprüchen standhalten<br />

kann. Die Klarinette war nicht aus Grenadillholz wie die üblichen<br />

Klarinetten. Dies ist eine Art rotes Ebenholz – und so lautet auch der Name<br />

verschiedener Nutzhölzer, besonders Holz der westindischen Pflanzen Inga<br />

vera, oder Brya eberus, die zum Bau von Blasinstrumenten dienen. Diese


46<br />

Klarinette war dagegen komplett metallisch. Das was eine Seltenheit. Als<br />

er dann meiner Mutter noch erklärte, dass das gleiche Instrument noch<br />

einmal zur Verfügung stehe und es eigentlich eine gute Gelegenheit wäre<br />

dass mein Bruder und ich gemeinsam dieses exotisch anmutende Instrument<br />

erlernen sollten, war auch mein musikalisches Schicksal schnell besiegelt.<br />

Ich kann mich noch gut daran erinnern wie gut, oder eher schlecht ich das<br />

Instrument in den Proben beherrschte und wie ich an meinem ersten<br />

öffentlichen Konzert teilnahm. Es fand statt in der französischen<br />

Grenzortschaft Longwy und zwar auf dem Kiosk in dem herrlichen Park der<br />

Ortschaft. Der damalige Dirigent, Herr Bohneberger, kannte meinen Vater<br />

sehr gut, weil beide gemeinsam beim Militär waren. Mein Bruder und ich<br />

aber viel weniger, hatten angeblich hohes Interesse an diesem Instrument,<br />

das uns neben den alltäglichen Pflichten noch viele Etüden und Proben<br />

abverlangte die bald zeigten, dass wir beide keine begabten Musiker waren,<br />

besonders aber nicht genug Zeit aufbringen konnten für die unbedingt<br />

notwendigen Etüden.. Dazu hoffte man, dass ich obschon 4 Jahre jünger als<br />

mein Bruder, mit seinem Fortschritt mithalten konnte. Das einzige was mir<br />

Vorteile verschaffte war, dass ich bereits schnell Noten lesen konnte und<br />

fleissig die immer wieder zurückkehrende Solfegien - Melodien noch heute<br />

im Kopf habe, do,si,la,sol,mi.<br />

Tatwaffe, ein Instrument<br />

Es war in der Woche als ich mich auf meine erste Kommunion einstellen<br />

sollte. Die Musikprobe sollte keinesfalls ausfallen. Doch irgendeine<br />

Gereiztheit musste sich in meinem Innern zusammen brauen, denn während<br />

der Probe bekam ich plötzlich Streit mit einem anderen jungen Musiker, der<br />

eine Tuba als Instrument besass. Dass man aber ein solches Instrument auch<br />

als Waffe benutzen konnte erfuhr ich bei dem aufkommenden Gerangel und<br />

so geschah es, dass das metallene Instrument mir plötzlich gegen die Stirne<br />

fuhr, wobei mir schien rundum um mich Sterne tänzeln zu sehen. Natürlich<br />

weinte ich überm Nachhausegehen. Meine Mutter war stark verärgert<br />

besonders weil sie mich bereits sah, als Kommunionkind mit einem dicken<br />

blauen Augen und geschwollener Stirn. Ohne lange zu zögern wusste sie<br />

schnell wo der Junge namens Buisse wohnte und allsogleich nahm sie mich<br />

mit der Hand und humpelte mit mir sag und schreibe immerhin mehr als<br />

einen Kilometer weit um sich bei den Eltern des Rowdy zu beschweren.<br />

Völlig ausser Atem standen wir plötzlich vor der Tür seiner Eltern. Die<br />

Mutter öffnete und zu ihrem Unglück sprach diese Frau Französisch, was<br />

meine Mutter zwar verstand aber nicht gut sprechen konnte. Meine Mutter<br />

liess natürlich eine mächtige Tirade los, aber die Frau liess sich kaum<br />

erweichen. Sie antwortete forsch und knapp: „Si votre fils venait d’offenser<br />

mon fils alors je ne puis pas m’y mêler. Madame Regenwetter, je ne puis<br />

rien faire pour vous. Au revoir. »


47<br />

So was nennt man abblocken. Wie begossene Pudel traten meine Mutter und<br />

ich den Rückweg an. Doch am Tag der Feier, hatte sich die Beule gelegt.<br />

Nur ein wenig Azurblau blieb hartnäckig an meiner Stirne, was aber<br />

niemandem ernsthaft auffiel und so erkundigte sich auch niemand was<br />

wirklich geschehen war.<br />

Arbeit als Depositär<br />

Unser Nachbar war ein Depositär, das heisst er verkaufte Getränke, also<br />

selbst eingefülltes Bier, das in Fässern verschiedenen Kalibers direkt von<br />

der Brauerei angeliefert wurde. Sonderbarerweise war der Rollefax, so<br />

nannten wir denjenigen der das Bier in Fässern anlieferte, ein Stiefbruder<br />

von meinem Vater, aber der Taufpate von meinem Bruder. Er war in der<br />

Familie nur als „Franz, de Rollefax“ bekannt. Er lieferte das Bier direkt von<br />

der Brauerei, die sich in der Vorstadt von Luxemburg befand, die über 20<br />

km entfernt lag. Die Zugpferde waren belgische Brabanter mit kleinem<br />

Kopf auf mächtigem Hals. Sie hatten auch kräftige Schultern, die uns weit<br />

über den Kopf reichten. Gutmütig aber riesig stark um den schweren Wagen<br />

mit den vollen Bierfässern aus Luxemburg bis nach Rodingen zu ziehen.<br />

Wenn es kühl draussen war, dann dampften sie vor Anstrengung. Franz<br />

hatte meinem Bruder zu dessen Ersten Kommunion eine Taschenuhr<br />

geschenkt. Nähere Freundschaft wurde mit ihm nicht gepflegt. Zusätzlich<br />

sei bemerkt dass mir damals auch schon bekannt war wie ein Ardennerpferd<br />

aussieht. Auch das Ardennerpferd ist ein belgisches Zugpferd, aber man<br />

konnte es seltener auf den Strassen sehen. Ich lernte diese Rasse kennen bei<br />

den vielen Spaziergängen oben auf dem Berg bei den beiden Gehöften<br />

„Roter und Weisser Hof“.<br />

Der Nachbar verkaufte aber auch Limonadensaft oder Orangensirup. Er<br />

belieferte seine Kundschaft, meistens Wirtshäuser, mit einem kleinen<br />

Lastkraftwagen, der während des Krieges auf Holzkohlenfeuerung<br />

umgestellt war. Selbstverständlich ging mein Bruder und ich bei unserm<br />

Nachbarn ein und aus. Nur zu gerne hätten wir mehr Limonade getrunken.<br />

Vom Bier nicht zu sprechen und so kam es wie es kommen musste. Eines<br />

Tages und dabei spreche ich nur von mir allein, war ich zum<br />

Flaschenputzer, zum Limonaden- und Bierflaschenfüller avanciert. Man<br />

band mir eine bis zum Boden reichende lederne Schürze um, weil da enorm<br />

viel Nasses im Spiel war, steckte mich in ein paar Stiefel, die mir viel zu<br />

gross waren. Ich musste auf einem Holzsockel arbeiten um die zu<br />

säubernden Flaschen mit dem Hals nach unten auf Düsen und Bürsten einer<br />

komplizierten Maschine stellen zu können. Sie verschwanden dann mit viel<br />

Geknatter auf dem drehenden Karussell hinter einem Lederschutz, um recht<br />

bald wieder zum Vorschein zu kommen. Flaschen zur Säuberung einfüllen<br />

und die gesäuberten Flaschen herausnehmen, kontrollieren und in Kästen<br />

aufstapeln wurde recht bald zu einer Fertigkeit, die nicht so einen genauen<br />

Tastenschlag erforderte wie das Musikinstrument. Die ganze Maschinerie


48<br />

wurde elektrisch über Kurbelwellen angetrieben. Oben unter der Decke<br />

drehte sich die lange Welle mit den Antriebsrädern, von wo aus bis herunter<br />

zu den laufenden Maschinen lange Lederriemen die Geräte ankurbelten.<br />

Riemen ‚rauf, Riemen ‚runter, so wurde geschaltet. Die Antriebswelle lief<br />

dabei immer gleichmässig weiter.<br />

Nach getaner Arbeit erhielt ich natürlich immer zum Dank und als Entgelt<br />

eine Literflasche voll frisch sprudelnder Limonade, die aber erst am<br />

Sonntag auf den Tisch kam. Was aber noch interessanter zu bemerken ist,<br />

war der Umstand, dass ich mit dem Nachbarn in seinem Klapperkasten<br />

mitfahren durfte, wenn er seine Kunden besuchte, die auch in umliegenden<br />

Ortschaften zu finden waren. So lernte ich auch die Nachbarortschaften<br />

kennen und er lieferte sogar bis nach Lasauvage, was für mich bereits nahe<br />

am Ende der Welt, meiner Welt lag. Unterwegs durfte ich dann natürlich<br />

auf- und abladen und meine persönliche Flasche Limo anzapfen.<br />

´Arbeit als Milchmann<br />

Wenn ich mir das heute so überlege hätte ich eigentlich Geschäftsmann<br />

werden sollen, denn bald hatte ich einen weiteren Beruf erlernt. Jeden Tag<br />

kam der Milchmann an unserm Haus vorbei. Er hatte verschiedene Arten<br />

von Milch, blaue und fette, sogar Buttermilch. Ich habe nie richtig<br />

verstanden warum die blaue Milch auch weiss war, genau wie die fette. Nur<br />

eines hatte meinen Fleiss gepackt. Der Milchmann meinte dass ich<br />

eigentlich die richtige Hilfe für ihn sei. Ich weiss nicht mehr im Detail wie<br />

es dazu kam, dass ich mitten im Winter begann mit ihm Milch aus zu<br />

fahren, von Tür zu Tür. Ich läutete mit der grossen Glocke die am Wagen<br />

hing, strickte bei einem längeren Aufenthalt den Maulesel an Hausgeländer<br />

oder Pforten an und servierte alsdann wie ein professioneller, aber<br />

keineswegs wie ein Geschäftsmann, denn mein Gebieter musste mich öfters<br />

zurecht weisen, weil ich die „Schoppen“ viel zu schräg hielt und dadurch<br />

immer etwas mehr als das richtige Mass ausgegeben wurde. Das wurde<br />

noch komplizierter als sich beim Frost nicht nur an der eiskalten Kanne in<br />

der rechten sondern auch an dem Schoppen in der linken Hand bereits<br />

Eiskristalle bildeten. Dazu meinten manche Käufer der Händler hätte sicher<br />

Wasser zugegeben, denn Milch könnte nicht gefrieren. Dabei entging es mir<br />

nicht, dass das ganz sicher eine Möglichkeit gewesen wäre die<br />

Geschäftsresultate zu verbessern.<br />

Natürlich wurde am Abend abgerechnet und ich bekam einige Groschen ab,<br />

aber das wusste ich zu steigern, als ich mir immer die blinkenden<br />

Kupfermünzen herausklaubte, die ich alsdann behalten durfte. Sie dienten<br />

mir, denn beim Münzenwerfen waren sie besser zu erkennen. Es dauerte<br />

nicht lange dann wusste meine Klientel dass ich diese Kupfermünzen für<br />

meinen Gebrauch behalten durfte und meine Einnahmen nahmen von Tag<br />

zu Tag zug. Die Reaktion blieb nicht aus. Der Milchmann hatte schnell


49<br />

begriffen wie meine Geschäfte liefen und meinte, dass wir nicht mehr so<br />

weiter machen könnten. Trotzdem habe ich ihn sogar ersetzt als man mich<br />

eines Tages wissen liess der Chef liege im Bett und sei krank. Ich musste<br />

die ganze Tour allein machen. Und ich habe es einige Tage lang geschafft.<br />

Manchmal liess das Zaumtier auch etwas fallen, oder ich musste ihm den<br />

Hafersack vorbinden und diese Arbeiten wurden so langsam zur Routine.<br />

Der Mist wurde schön säuberlich mit Besen und Schippe aufgelesen.<br />

Meistens waren Abnehmer sofort zur Stelle, denn einen so billigen Mist<br />

fand man in einer Ortschaft wie Rodingen nicht jeden Tag und noch gar<br />

nicht auf der Hauptstrasse. Heute wünschte ich mir dass jeder Dreckskerl,<br />

der seinen Unrat einfach auf die Strasse wirft, verurteilt wird während einer<br />

bestimmten Zeitdauer die weggeworfenen Sauereien anderer Leute ein zu<br />

sammeln.<br />

Beim Nachlesen erinnere ich mich an einen oft zitierten Kalauer meines<br />

Vaters: „Manchmal lässt das Pferd auch etwas fallen und dann sagen die<br />

Leute, das bringt Glück!“<br />

Pimpfen und Hitlerjugend<br />

Inzwischen sprach man davon, dass mein Bruder ebenfalls zwecks<br />

Umschulung auf die Burg Staleck bei Bacharach am Rhein müsse, wenn<br />

und das war das Kruziale dabei, ich nicht sofort mich bei den Pimpfen<br />

einschreiben liess, was die Vorstufe der Hitlerjugend war. Doch zuerst<br />

noch wurde ich wegen meiner Intelligenz, in die Hauptschule nach Petingen<br />

versetzt, was den Horizont meiner Phantasien noch beträchtlich erweitern<br />

sollte.<br />

Mister und Misses Pig waren die ersten englischen Vokabeln die ich lernte<br />

und die Klebestunden mit dem mir bis dahin unbekannten Klebstoff UHU<br />

beim „Pechmetti“, hatten wohl etwas Schönes an sich, denn manchmal<br />

mussten wir mit der ganzen Klasse auf den Hiersberg nahe Petingen ziehen<br />

um dort dabei zu sein, wenn Herr Thill seinen eigenhändig gebastelten<br />

Rhönflieger hochzog. Dieser flog dann manchmal kilometerweit, sogar über<br />

den Wald hinweg bis ins Belgische und dann musste immer eine kleine<br />

Schar der Schüler hinterher rennen um dieses Leichtflugzeug wieder zurück<br />

zu bringen. Manchmal aber endete der Ausflug mit einer Bruchlandung<br />

gleich nach dem Start, so ähnlich wie die Gebrüder Wright dies auch fertig<br />

gebracht haben. Dem Biologieprofessoren Schmit verdankte ich recht viel<br />

meiner damaligen Kenntnisse auf diesem Gebiet, zum Beispiel wie man<br />

Schmetterlingsraupen beobachtet wenn sie sich ver- oder entpuppen. Das<br />

alles wurde zuhause experimentiert. Er hatte anscheinend eine Neigung zum<br />

Deutschtum, was ihm nach dem Krieg immer wieder vorgeworfen wurde.


50<br />

Wenn Fliegeralarm war, mussten wir meistens in die Kellerräume der<br />

Hauptschule, wenn dies aber kurz vor Mittag geschah, dann machten wir<br />

uns aus dem Staub und meistens legte ich mit einigen Freunden den Weg bis<br />

nach Rodingen zu Fuss zurück und dies wie wir gelernt hatten, über die<br />

kürzeste Strecke zwischen zwei Punkten und das ist eine Gerade, in unserm<br />

Fall war es die Eisenbahn.<br />

Manchmal lockten uns auch die bereits nett und lieb gewordenen Mädchen<br />

und dann machten wir gemeinsam einen Spaziergang ins „Paradies“ auf<br />

dem Prinzenberg, ein märchenhafter Lärchenwald nahebei, oder aber wenn<br />

es regnete, wagten wir uns in die offen stehenden und selten benutzten<br />

Unterstände, in denen es stock dunkel war und wo wir uns dann hindurch<br />

tasteten bis zum anderen Ausgang. In manchen dieser Unterstände hatten<br />

Anlieger Sitzgelegenheiten gestellt und die wurden dann auch von uns<br />

genutzt. Die meisten aber wurden als öffentliche Aborte missbraucht.<br />

Wieder gefährliches Spiel<br />

Mit unserm Leben hatten wir aber einmal gespielt, als wir uns im<br />

Unterstand der SS in Rodingen umsahen, die neben dem Unterstand in der<br />

Gendarmerie wohnte. Warum liess man auch die Tür zum Bunker offen<br />

stehen? Auch diese Leute hatten sich dort häuslich eingerichtet mit alten<br />

Sofas, Matratzen, Stühlen usw. Als aber eines Tages dicker Qualm aus den<br />

Luftschächten stieg, mussten wir natürlich zum Verhör, weil wir verdächtig<br />

nahebei wohnten, aber merkwürdigerweise wusste niemand von uns dass da<br />

ein Brand ausgebrochen war. Manche hatten uns wohl gesehen, aber<br />

glücklicherweise nicht erkannt, als wir durch den Wiesengrund, über die<br />

Eisenbahn zum Schein in Richtung Belgien davon gelaufen sind, um dann<br />

im grossen Bogen von einer ganz anderen Seite an den Ort des Geschehens<br />

zurück zu kommen. Später hörten wir selbstverständlich, dass man in Athus,<br />

im nahen Belgien, nach den Brandstiftern suchte. Man meinte sogar die<br />

belgische Untergrundbewegung „Armée blanche“ sei im Spiel gewesen.<br />

Schnell gereizt<br />

Mein Familienname war natürlich immer Gegenstand des Spottes gewesen.<br />

Kehrreime wie Regenwetter, Blitzkadetter, oder Regenwetter,<br />

Donnerwetter, Blitz schlägt ein, warfen ständig meine friedliebende<br />

Gemütlichkeit über den Haufen. In der Hauptschule war so ein<br />

halbwüchsiger Gartenzwerg, der mich eines Tages bis zur Weissglut<br />

aufheizte. In der Pause rannte ich hinter ihm her, rundum den Klassensaal,<br />

aber er war immer schneller um die Bänke herum, bis ich zu einer<br />

Holzschachtel griff und ihn warnte er solle aufhören mich zu beleidigen. Er<br />

aber benahm sich wie eine blutrünstige Bremse, oder eine Stech- oder<br />

Schmeissfliege und wurde immer lästiger. Ich täuschte einen Schuss vor, er<br />

verschwand sich duckend hinter der Bankreihe und genau in dem


51<br />

Augenblick, den ich bereits vorausgeahnt hatte dass er wieder auftauchen<br />

würde, traf ihn die Holzschachtel die ich mit voller Wucht geschossen hatte,<br />

überm linken Auge. Blut spritzte über die Bank und dazu kam nach der<br />

Pause die Klasse wieder ins Zimmer, was sofort einen richtigen Rummel<br />

entfesselte.<br />

Natürlich erzählte ich meiner Mutter schonungslos was geschehen war,<br />

denn ich ahnte bereits dass die Geschichte die üblichen Unannehmlichkeiten<br />

bereiten würde. Prompt wurde sie vor den deutschen Direktor<br />

„Quietschisaur“ geladen und ich musste mit ihr ins Büro kommen. Natürlich<br />

erklärte ich ausführlich was vorgefallen war, aber niemand wollte sich<br />

meines Leidens annehmen. Ich kann mich nur noch erinnern dass der<br />

Direktor zu meiner Mutter sagte. „Der Junge ist ein Rohling. Wenn er so<br />

weiter macht müssen wir ihn von der Schule nehmen.“ Dummerweise<br />

gehörte diese Aussage fürderhin auch zum Repertoire meiner Mutter, was<br />

ich ihr nicht verzeihen konnte.<br />

Im Erziehungslager<br />

Die Einheimischen bezeichneten es als Volksverdummung, doch die<br />

Okkupanten sprachen von Volksertüchtigung, Volkserziehung. Im Rahmen<br />

dieser Aktion kam ich mit der kompletten Schulklasse von der Hauptschule<br />

aus in ein Heim nach Capellen. Es war eine herrschaftliche Villa, mit<br />

grossem Bering, Park und Weiher.<br />

Es wäre langweilig auf die Schulung im grossen Festsaal einzugehen. Hier<br />

filtriere ich Randerscheinungen, die typisch Deutsch waren. Was die Pillen<br />

bewirkten, die man uns alle Tage in verschiedenen Formen und Farben<br />

verabreichte, das entzieht sich meiner Kenntnis. Die einen schluckten sie die<br />

andern taten nur so als ob und warfen ihre Ration ins Klo.<br />

Es gab eine gemeinsame Küche, einige Luxemburger Erzieher, aber auch<br />

Deutsche, besonders der Kapo beherrschte martialisch alle Bewohner. Er<br />

trug auch tagtäglich eine Uniform. Unter seiner Befehlsgewalt befand sich<br />

ein junger Mann aus dem Nachbardorf.<br />

Was wir dort lernen sollten war wie man auf Befehl gehorchen soll. Das<br />

geschah beim Sammeln im Hof, beim Sammeln zum Essen, beim Sammeln<br />

zum Studium oder beim Sammeln zum Sport.<br />

Während der Wintersaison war es sehr kalt dort und es lag Schnee. Wir<br />

wurden abgehärtet und liefen barfuss von dieser Villa aus bis zum<br />

Fussballfeld das sich in Richtung Steinfort, oberhalb Windhof befand,<br />

spielten dort kurz mit dem Ball und liefen dann wieder über die<br />

schneebedeckte Strasse zurück. Das war schon ein hartes Stück Arbeit und<br />

nichts für Kinder mit labiler Gesundheit. Die Wirkungen blieben nicht aus


52<br />

und so kam es dass wir alle zusammen mit Durchfall geplagt wurden.<br />

Wenige hatten das Glück das Klo aufsuchen zu können. Die meisten<br />

hockten sich draussen über ein Loch das sie in den Schnee gestossen hatten<br />

und so konnte man nahezu die ganze Belegschaft mit herunter gelassener<br />

Hose rundum die Villa nicht nur hocken sehen, sondern wie sie sich auch<br />

über das Darmgrimmen beklagten. Papier hatten wenige und so musste der<br />

Schnee herhalten, was ganz natürlich eine erbärmliche Sauerei ergab. Pablo<br />

Picasso hätte seine Freude gehabt beim Anblick vom Fenster herab auf<br />

diese Kreation in Scheiss und Weiss. Dem war den Aufpassern aber nicht<br />

so, denn die Strafen folgten auf der Stelle. Drill, und immer wieder in den<br />

Schnee fallen lassen.<br />

Fast jeden Abend gab es Krach auf den Zimmern, in welchen wir<br />

zweistöckig gelagert waren mit etwa 30 Schlafplätzen in eisernen Betten.<br />

Jeder musste seinen Spind militärisch einrichten und militärisch ging es<br />

auch her mit der Sauberkeit der Bekleidung und der Schuhe. Eine<br />

Pimpfenuniform war aber noch recht einfach zu pflegen. Doch zur Ruhe<br />

kamen wir immer erst sehr spät, nachdem man uns nahezu jeden Abend<br />

einen Hexensabbat aufbrummte. Dabei wurde die ganze Bude bestraft und<br />

es wurde im Spiel festgestellt wer der Schnellste im Bett, unter dem Bett,<br />

den Spind ausgeräumt oder wieder eingeräumt hatte, im Nachthemd oder in<br />

der Uniform da stand. Dieser Radau dauerte so lange bis der Letzte aller<br />

Spiele erkannt war und dieser erhielt dann eine saftige Strafe für alle.<br />

Wohlverstanden, wer der erste bei so einem Zauber fertig war konnte sich<br />

ins Bett legen und wurde nicht mehr belästigt.<br />

Eines Tages nahm der Sturmbannführer mich bei den Ohren und befahl mir<br />

sofort zu einem Frisör zu gehen, weil ich offensichtlich nicht mehr gut<br />

sehen könne. Das war ganz früh am Morgen und ein Frisör befand sich nur<br />

in Steinfort. Um mir jede Möglichkeit zu nehmen mir irgendwo von<br />

jemanden die Haare schneiden zu lassen, musste ich als Beleg dass ich<br />

wirklich in Steinfort war, dort beim Ortsgruppenleiter vorstellig werden, um<br />

mir eine diesbezügliche Bescheinigung abzuholen.<br />

Es war bereits Frühjahr geworden und der Schnee war weg. Das Wetter war<br />

gut und so machte ich mich zu Fuss auf den Weg nach Steinfort. Ich war<br />

aber kaum 1 Km in Richtung Steinfort marschiert, da hielt der Briefträger,<br />

der mit dem Fahrrad unterwegs war, neben mir an und er fragte: „Wohin<br />

gehst du denn?“ Ich trug ihm meinen Auftrag vor und der gute Mann ärgerte<br />

sich über diesen unmenschlichen Auftrag und meinte: „Ich habe soeben<br />

meine Tournee beendet. Komm mit zurück bis zum letzten Haus, dort stelle<br />

ich das Fahrrad ab und dann kannst du dich dessen bedienen, um nach<br />

Steinfort zu gelangen.“<br />

Nach einer halben Stunde war ich beim Frisör in Steinfort, liess meine<br />

Haare sehr kurz schneiden, um nicht gleich wieder in Zugzwang zu geraten,


53<br />

kaufte von meinem äusserst spärlichen Taschengeld meiner Mutter noch ein<br />

Haarnetz als Andenken, suchte alsdann noch den Ortsgruppenleiter auf um<br />

meine Bescheinigung zu erhalten und machte mich wieder zurück nach<br />

Capellen. Dort traf ich gegen Mittag ein. Ich stellte das Fahrrad wieder beim<br />

Ortseingang gegen den Giebel des letzten Hauses und begab mich<br />

schnellstens in Esszimmer, denn alle waren bereits bei Tisch und ich hatte<br />

einen riesigen Hunger.<br />

Als ich in den Essraum eintrat schrie der Sturmbannführer mich an: „<br />

Raus!“ Ich wusste zwar nicht warum, ging aber wieder hinaus, und klopfte<br />

vorsichtshalber an die Tür bei meinem zweiten Versuch noch etwas vom<br />

Essen zu erhaschen. Wiederum schrie er mich an: „Wer sind sie, wir kennen<br />

sie nicht.“ Als ich aber völlig erschreckt und sicherlich auch zitternd vor<br />

Aufregung dort stand meinte er: „Ah, jetzt sehe ich erst wer sie sind. Man<br />

hat ihnen die Haare also geschnitten, wo ist die Bescheinigung die sie<br />

abgeben sollen.“ Erst nach dieser Szene eines regelrechten Affentheaters<br />

durfte ich mich an meinen Platz setzen und verschlang regelrecht gierig<br />

einige Teller vom Eintopf des Tages. Von diesem lieben Briefträger erfuhr<br />

ich nichts mehr. Sollte er jedoch zufälligerweise diese Zeilen lesen, dann<br />

bedanke ich mich nachträglich für diese mir zuvorkommende<br />

Hilfsbereitschaft. Dieser Gestus einem fremden Jungen ein Fahrrad<br />

auszuleihen und dabei noch Gefahr laufen in Scherereien zu geraten, das<br />

durfte ich nimmer mehr vergessen.<br />

Eines Tages fiel uns allen ein nicht gewohnter aber stark riechender<br />

Moschusduft auf, der sich im ganzen Haus verbreitet hatte. Wir ahnten<br />

sofort dass da etwas auf dem Gebiet der Sexualität geschehen war. Wir<br />

konnten auch an der knallroten Gesichtfarbe des Kapos erkennen dass er<br />

darin verwickelt war, zumal der Geruch von ihm ausging und ihn umhüllte<br />

wie eine Stinkbombe. Wir waren uns bei der Deutung dieses Geruches also<br />

ziemlich einig. Er hatte gerade irgendwo im Heizungsraum oder sogar auf<br />

seinem Schreibpult eines der Dienstmädchen gerammelt, oder<br />

möglicherweise sogar vergewaltigt.<br />

Wir lernten auch mit Luftgewehr und Kleinkaliber schiessen. Wir mussten<br />

mit dem Luftgewehr nicht nur auf kleine Zielscheiben sondern auch auf<br />

Vögel zielen. Die beiden Bannführer schossen mit dem Kleinkaliber auf die<br />

hoch in der Luft kreisenden „Hühnerdiebe“. Sogar schoss der<br />

Sturmbannführer eine Schleiereule im Park. Ein Kollege und ich sollten<br />

dem toten Tier solange die Flügel gespreizt halten, bis völlige Erstarrung<br />

eingetreten sei. Es zeichnete sich aber recht bald ab, dass diese Operation<br />

weit in die Nacht hinein dauern würde und dabei wurden wir Zeuge von<br />

einem unerwarteten Vorfall.<br />

Wir standen neben dem überdimensionalen Schreibpult, worauf die Eule<br />

ausgelegt war. Die Rollladen des Büros waren nur zum <strong>Teil</strong> herunter


54<br />

gelassen und die Bannführer sassen mit den Kleinkalibergewehren hinter<br />

dem geöffneten Fenster im Dunkeln und beobachteten wie draussen immer<br />

wieder verdächtige Personen am Hausgitter vorbei patrullierten. Wir<br />

merkten, dass sich eine gewisse Angst bei den Herren breit machte. Auf<br />

einmal ergriff einer das Telefon und sprach mit seinem Gegenüber über den<br />

Vorfall. Etwa zehn Minuten später knatterten einige Motorradfahrer mit<br />

Beifahrerkasten herbei und der Spuk hatte sofort ein Ende. Wahrscheinlich<br />

war eine Polizeistreife als Verstärkung herbeigerufen worden.<br />

Wenn wir nicht im Freien mit dem Luftgewehr üben konnten, dann<br />

exerzierten wir im Lehrsaal. Da befand sich ein recht grosser Kamin. Über<br />

dem Kamin ein überdimensionales Bildnis von Adolf Hitler in SA-Uniform.<br />

Die kleine Zielscheibe die kaum 20cm x 20cm gross war stand vor diesem<br />

Bildnis, auf dem Kaminsims. Einige Schüsse trafen selbstverständlich das<br />

Bildnis, was nicht ohne Konsequenzen blieb und mich persönlich hätte es<br />

ebenfalls erwischen können. Ich kann nur sagen ich hatte eine sehr ruhige<br />

und sichere Hand. Ich traf meistens das Zentrum der Scheibe. Doch eines<br />

Tages wurde von Spiegelschiessen gesprochen und wir wurden gefragt wer<br />

denn wisse was Spiegelschiessen sei. Damals bereits hatte ich mehrere<br />

Bücher von Karl May gelesen und darin war einmal die Rede von so einem<br />

Schuss. Ich kündigte mein Wissen an und musste erzählen was ich gelesen<br />

hatte, doch dabei blieb es nicht. Man zwang mich vor dem Standbild also<br />

vor dem Hitler einen Spiegelschuss auf die Scheibe ab zu geben. Sich<br />

weigern war völlig zwecklos, das verstärkte noch den Zwang und so kam es<br />

dass ich noch aushandeln wollte, dass nicht mir die Verantwortung eines<br />

Bildschusses zugeschrieben werden könnte, doch auch dieser Fluchtweg<br />

wurde verbaut. Ich musste mit dem Spiegel zielen und schiessen und wie<br />

durch ein Wunder traf ich die Scheibe gerade noch so, dass die kleine<br />

Bleikugel ins Innere des Kastens fiel. Natürlich wurde ich darauf hin von<br />

den Kollegen als Old Shatterhand gefeiert aber ich muss bekennen wie leid<br />

es mir getan hat mein Wissen kund zu tun. Es war mir eine Lehre für mein<br />

zukünftiges Leben dass man seine Fähigkeiten nicht immer preisgeben soll.<br />

Ähnliches Theater in Schloss Schönfels<br />

Auch in Schönfels waren wir während unserer Lernzeit in der Hauptschule.<br />

Dort standen wir aber nicht unter deutschem Kommando. Unsere Lehrer<br />

hatten uns dorthin begleitet und wir erhielten dort auch Besuch von Leuten,<br />

die von sich behaupteten sie wären Radiästhesisten. Zu diesen Leuten<br />

gehörte der damals bestens bekannte Pendel Meyer, dem man sofort von der<br />

Nase ablesen konnte, dass er ein Scharlatan war. Mit seiner Uhr pendelte<br />

und fand er auch angeblich unterirdische Fluchtwege die von der Burg<br />

Schönfels nach oben in die Sandsteinfelsen führen sollten, wo sich zwar<br />

auch Klüfte befanden, die sich aber leicht erklären liessen. Bis heute wurden<br />

keine unterirdischen Gänge in Schönfels gefunden, obwohl es sehr nahe<br />

gelegen hätte wenn solche Tunnels existiert hätten. Ich habe diesen


55<br />

armseligen Don Quixote später im Leben noch öfters in Aktion gesehen,<br />

aber niemals hat es sich herausgestellt, dass seine Entdeckungen auf<br />

irgendwelcher Realität fussten. Heute bin vollends überzeugt dass es<br />

vielleicht möglich sein kann, dass solche spiritistischen Eigenschaften in<br />

einem Menschen vorhanden sind. Doch solch hochsensiblen Menschen<br />

dürften es weltweit nicht mehr als eine Handvoll geben. Die vielen<br />

gemeinsamen Teste die ich verfolgen konnte, ergaben immer wieder, dass<br />

diese Leute zwar von ihren angeblichen Fähigkeiten überzeugt waren, sie<br />

aber immer und zwar auch immer genau diametral entgegengesetzt deuteten<br />

als alle anderen Spiritisten, womit sie sich stets und in allen Tests bei der<br />

gleichen Arbeit, alle selber widersprochen und damit auch widerlegt haben.<br />

Dummerweise glaubt niemand diesem auf kontrollierten Experimenten<br />

aufgebauten Sachverhalt der nachvollziehbar ist, doch einzelne<br />

Scheinerfolge werden von gutgläubigen Leuten eher als Realität und als<br />

selbstverständlich verstanden<br />

Bei dieser Schulung in Schönfels wurde die ganze Klasse regelrecht von der<br />

Öffentlichkeit und vom Besuch der Familie in Klausur genommen, weil ein<br />

Fall von Diphtherie aufgetreten war.<br />

Wie man uns aber immer wieder hinters Licht geführt hat, das dürfte doch<br />

schon manchen Leser interessieren. Es wurde dort ebenfalls mit unsern<br />

Mägen experimentiert. Da gab es eines Tages Haferbrei, der wurde aus<br />

einem riesigen Hafen auf die Teller serviert und das schleimige Zeug roch<br />

bereits so scheusslich, dass niemand Appetit darauf hatte. Als wir aber in<br />

den Essraum hineingestürmt waren, war es keinem entgangen, dass auf<br />

einem Regal schöne verzierte und dabei noch überdimensionierte Schüsseln<br />

standen, bis zum Rand gefüllt mit einer nach Blaubeeren aussehenden<br />

Puddingmasse.<br />

Viele weigerten sich den Haferbrei zu essen und wollten nur das Blaubeeren<br />

Dessert zu sich nehmen. Doch man liess uns wissen, dass nur derjenige der<br />

Haferbrei gegessen habe, als Belohnung sozusagen auch vom Dessert etwas<br />

abbekommen kann. Das klang überzeugend, war es aber nicht, denn<br />

diejenigen die bereits soweit vorgeprescht waren und sich die<br />

Dessertschüssel vorgesetzt hatten, begannen das vermeintlich wohlbekannte<br />

Zeug zu schlürfen, doch schon kotzten sie über die Tische. Das löste eine<br />

Generalkotzrunde der ganzen Klasse aus. Wir rannten nach draussen, bis<br />

hinunter zur Mamer. Unterwegs immerzu nur kotzend und wieder kotzend<br />

weil man andere eben sah, die im Begriff standen zu kotzen. Die in allen<br />

Köpfen so wohlschmeckenden Blaubeeren waren nur eine Wunschspeise.<br />

Es handelte sich stattdessen um die schwarzen Beeren vom Holunder, die<br />

jedem von uns als Dessert unbekannt waren. Noch einige Tage danach<br />

revoltierten manche Mägen und manch einer dachte gerne zurück an die<br />

gute Hausmannskost von zuhause. Ich bin mir sicher dass heute noch alle


56<br />

Leidensgenossen sich an diese Episode im Schloss von Schönfels erinnern<br />

und kaum einmal wieder Holundergelee gegessen haben.<br />

Damals war Sport auch notwendig.<br />

Eine andere Episode aus diesem Krieg kommt mir in Erinnerung. Die<br />

sportliche Erziehung wurde gross geschrieben. So robbten wir eines Tages<br />

über das Fussballfeld der Chiers und unser Ertüchtigungslehrer schoss dabei<br />

mit einem gewichtigen Medizinball auf uns. Wenn jemand getroffen wurde,<br />

dann musste er aufstehen und ein Lied singen. Das Horst Wessellied stand<br />

damals in der Auswahl und da es mich auch traf, wollte ich dieses nicht<br />

singen, weil ich nur die Spottversion kannte: „Die Fahne hoch, die Hosen<br />

dicht beschissen, SA marschiert mit ziemlich feuchten Schritt…..“. Mich<br />

traf der Ball also auch und meine <strong>2.</strong> Wahl fiel auf das Lied „Panzer rollen in<br />

Afrika vor.“ Leider kannte ich nur die Melodie, aber die Worte waren mir<br />

unbekannt und weil ich mich energisch widersetzte, wurde mir aufgetragen<br />

dass ich das Lied am andern Tag dem SS-Hauptmann persönlich in seinem<br />

Büro auf der Hütte vortragen sollte.<br />

Zuhause angekommen erfuhr meine Mutter sofort von meiner Strafe. Sie<br />

konnte mir aber nicht weiterhelfen und so musste die Frau Nachbarin<br />

herhalten um mir den Text auf zu schreiben. Ich lernte und lernte.<br />

Über die Schelde, die Maas und den Rhein<br />

Stiessen die Panzer nach Frankreich hinein<br />

Husaren des Führers im schwarzen Gewand<br />

So haben sie Frankreich im Sturm überrannt!<br />

Es rasseln die Ketten, es dröhnt der Motor<br />

Panzer rollen in Afrika vor.<br />

Als am nächsten Tag die Stunde geschlagen hatte wo ich vortragen sollte,<br />

da geschah etwas völlig Unerwartetes. Ich kam reibungslos voran bis ins<br />

Büro des Obersten SS, der Oswald hiess. Auf seine Frage hin was ich denn<br />

ausgefressen hätte, meldete ich ihm, dass ich ihm ein Lied vortragen müsse.<br />

Kaum hatte ich die ersten Silben vorgesungen und war bis zu der Passage<br />

gekommen „Panzer rollen in Afrika vor.“ da schrie der SS - Mann mich an.<br />

„Raus, raus hier! Ab heute ist es verboten dieses Lied zu singen.“ Ich hatte<br />

natürlich absolut keine Ahnung was da vor sich ging, meine Mutter konnte<br />

mir auch nicht helfen, dagegen dann aber die Nachbarin, die uns aufklärte,<br />

dass die Invasion der Engländer in Afrika in eine verheerende Phase für das<br />

Afrikakorps kam. Damit kann dieser Tag rückwirkend historisch genau an<br />

ein Datum gebunden werden. Die Schlacht um El Alamein begann am 23.<br />

Oktober 1942 und kostete mindestens 100.000 deutschen Soldaten das<br />

Leben. Es war also an einem Samstag, den 24. Oktober 1942 an dem ich<br />

vorsingen sollte.


57<br />

Das Sterben in Afrika wäre noch viel schrecklicher gewesen, hätte<br />

Feldmarschall Rommel nicht vorher sich auf die Seite der Soldaten gestellt<br />

und gegen den Beschluss von Hitler gehandelt und aus menschlichen<br />

Gründen kapitulierte. Er wollte keinesfalls seine Armee sinnlos in den<br />

sicheren Tod schicken.<br />

Später konnte ich dann auch den Wut auslösenden Text verstehen Der<br />

Zusammenhang war einfach. Der SS-Mann hatte begriffen dass dieses Lied<br />

zum Gespött aller deutschen Menschen sein könnte.<br />

Ich lerne schwimmen<br />

Panzer des Führers ihr Briten habt Acht!<br />

Die sind zu eurer Vernichtung erdacht<br />

Sie fürchten vor Tod und<br />

Vor Teufel sich nicht!<br />

An ihnen der britische Hochmut zerbricht!<br />

Es rasseln die Ketten usw.<br />

Panzer rollen in Afrika vor!<br />

Als während des Krieges in Rodingen das Schwimmbad gebaut wird, da<br />

freuten sich natürlich alle Jugendlichen. Niemand aber jubiliert als die<br />

ersten Badenden ins eiskalte Wasser der Maragole tauchten, so hiess der<br />

Bach, welcher die Schwimmbecken speiste. Dieses Wasser kommt als<br />

Quelle und als Tiefen - Entwässerungswasser aus den Gruben rundum<br />

Rodange. Heute ist es im Begriff an zeitgemässe Bedingungen angepasst zu<br />

werden und die Instandsetzungen dauerten nahezu lebenslänglich, da es<br />

eigentlich ein Projekt war, welches über die Knie gebrochen wurde. Ich war<br />

natürlich einer der ersten der ins Bad wollte und ich fand auch Wege, wie<br />

man sich ohne zu zahlen Zutritt verschaffte.<br />

Dort lernte ich schwimmen. Das Schwimmbad hatte neben einem tiefen<br />

Becken, entlang der linken Seite einen Streifen der etwa nur 1,20 tief war.<br />

Dort übte ich und hatte meine eigene Methode. Mit einem Fuss ständig auf<br />

dem Boden, stiess ich mich ab und mit den anderen Gliedmassen machte ich<br />

Schwimmbewegungen. Natürlich kam ich gut voran aber es dauerte lange<br />

bis das Wasser mich duldete, denn immer wieder befiel mich die Angst ich<br />

könnte ertrinken, denn das war eines der ersten Unfälle, die sich dort<br />

ereigneten. Die Person konnte noch gerettet werden, doch das Angstgefühl<br />

lag wie Blei in meinen Knochen und verhinderte ein freies Schwimmen.<br />

Natürlich war ich im Prahlen viel tüchtiger. Ich konnte sogar sehr gut<br />

schwimmen wenn es ums Prahlen ging, doch immer wieder forderten die<br />

Kollegen mich heraus im tiefen Becken zu zeigen was ich wirklich könne.<br />

Eines Tages jedoch war die Angst gewichen und ich traute mich über Eck<br />

ins grosse Bassin. Nach einigen Tagen erweiterte ich meinen Aktionswinkel


58<br />

und beherrschte das Wasser immer besser. In Petingen gab es auch ein<br />

Schwimmbad das leider nur etwa einen Meter tief war, das Wasser war dort<br />

zwar viel wärmer, aber es zog uns nicht mehr dorthin, weil es dort meistens<br />

von Badenden überfüllt war. Dann kam das Springbrett an die Reihe, von<br />

wo ich natürlich so ins Wasser sprang, dass ich nahezu im<br />

Nichtschwimmerbecken landete. Von den unzüchtigen Ereignissen in den<br />

Kabinen, die mich wieder in andere Dimensionen des Lebens katapultierten<br />

will ich hier nicht berichten. Ich habe es miterlebt, war oft dabei, aber es hat<br />

mich nach heutigen Erkenntnissen niemals so beschäftigt wie viele andere.<br />

Aber man sollte sich bewusst sein, dass solche Anstalten nicht nur für<br />

sportliche Engel geschaffen sind.<br />

Mein Bruder hatte sich bereits frei geschwommen und er hänselte mich stets<br />

und forderte mich eines Tages heraus doch ein Stück Holz das im tiefen<br />

Becken schwamm ans Ufer zu bringen. Als ich das Holz ergriff, verlor ich<br />

sofort das Gleichgewicht und tauchte unter noch bevor ich nach Luft<br />

schnappen konnte. Mein Bruder sprang sofort ins Wasser, um mir zu helfen<br />

und mit einigem Wasserschlucken endete dieses Experiment. Doch es ging<br />

jeden Tag besser und noch bevor die Saison zu Ende war, hatte auch ich<br />

mich freigeschwommen. Ich war sogar so weit fortgeschritten, dass ich den<br />

weissen Teller, den der Bademeister an der tiefsten Stelle versenkte, wieder<br />

nach oben bringen konnte. Das sehr trübe Wasser war dort sicherlich mehr<br />

als 3 Meter tief.<br />

Auch vom hohen Sprungbrett mit dem Kopf voran ins Wasser springen,<br />

beherrschte ich bald sehr gut. Aber ganz besonders trainierte ich das<br />

Tauchen und anschliessend lange unter Wasser bleiben, was mein Vater<br />

bereits mit uns in der Badewanne experimentiert hatte. Wir sollten mit<br />

offenen Augen sehen welches Geldstück er in die Wanne hat fallen lassen.<br />

Das hat uns ermöglicht zu lernen unter Wasser mit offenen Augen zu<br />

schwimmen. Ich brachte es auch später fertig, wenn es galt im salzhaltigen<br />

Meereswasser die Fische zu beobachten. Leider hatte ich einmal das<br />

Unglück die Dreckansammlung im Meer zu sehen, die an der Spanischen<br />

Mittelmeerküste vorherrscht. Dort hatten Grundwellen die Abfallberge vor<br />

der Küste gründlich aufgewühlt und der Unterwasseranblick des<br />

schwimmenden Unrates der an die Küste getrieben wurde, war schrecklich,<br />

ja fürchterlich Ekel erregend. Damals habe ich mir geschworen nie mehr im<br />

Meer zu baden. Übrigens, mein Vater war während seiner Laufbahn als<br />

Soldat, auch eine Zeit lang Bademeister der Soldaten, im Schwimmbad das<br />

sich nahe der Kaserne, unter der hohen Brücke in Luxemburg-Stadt Grund<br />

befand.<br />

Bomber und Fliegeralarm.<br />

Bald lernten wir auch die Flugzeuge der Amerikaner, Briten und Franzosen<br />

kennen. Besonders die Spit<strong>fir</strong>e und auch die schweren Halifax - Bomber, die


59<br />

nahezu jeden Tag im Geschwader über uns hinweg flogen und silberne<br />

Streifen am Himmel zeichneten. Man nannte sie die fliegenden Festungen.<br />

Dann und wann hörten wir von einem Flugzeugabsturz oder von einem<br />

Abschuss, und es war uns nicht zu weit viele Kilometer zu laufen um so ein<br />

zerschmettertes Flugzeug in Augenschein zu nehmen. So einen<br />

abgeschossenen Jäger konnten wir im benachbarten Aubange näher in<br />

Augenschein nehmen. Den abgestürzten Bomber, in der Nähe von Limpach,<br />

habe ich nie gesehen. Die Bomber flogen so hoch, dass sie nicht von der<br />

rundum die Hütte aufgebauten Flak getroffen werden konnten. Das<br />

beeindruckte uns sehr, denn auch wir waren immer sehr erpicht zu hören<br />

und zu sehen, wie man den verhassten Deutschen heim ins Reich leuchtete<br />

und wie sie auf der ganzen Linie immer erfolgloser wurden. Die<br />

zerschlagene Armee begann eines Tages an unserer Haustür vorbei zu<br />

ziehen, heimwärts. Nach dem Motte „vorwärts Kameraden, wir müssen<br />

zurück“.<br />

In den letzten Tagen vor der Befreiung füllten sich auf einmal die<br />

Longwyerstrasse kilometerweit, das eine Mal mit Schafen, das andere Mal<br />

mit Rindern, die als Verpflegung hinter dem Tross hergetrieben wurden.<br />

Selbstverständlich verschwand da manches Schaf hinter dem Vorgartenzaun<br />

und wurde hinter das Haus getrieben.<br />

Dann traten die geschundenen und verletzten Soldaten auf, die den<br />

Anschluss an den Tross aufgegeben hatten und sich nur noch mühsam dahin<br />

schleppten. Das erinnerte mich an eine Passage des Gedichtes vom Kaiser<br />

Rotbart…. „Sie blieben bald ein gutes Stück, hinter dem Heereszug<br />

zurück“. Auf Fahrrädern ohne Pneu, nur so auf den Felgen daher kommend,<br />

radelten sie der noch fernen Heimat, oder dem Verderben entgegen. Bei<br />

einem Halt solcher Elendsfiguren konnte ich sehen wie notdürftig das<br />

Fussvolk ausgerüstet war. Nur zerschlissene Schuhsohlen waren an die<br />

blutunterlaufenen Füsse gebunden. Mancher Luxemburger erbarmte sich<br />

dieser armseligen Männern und reichte ihnen aus menschlicher<br />

Barmherzigkeit Leinenfetzen um die Verbände zu erneuern. Aber dies<br />

konnte niemals für alle reichen. Auch manche Wasserflaschen wurden<br />

wieder aufgefüllt. Erstaunlicherweise kam Mitleid auf.<br />

Der Tag der Befreiung.<br />

Noch immer zogen kleine Gruppen von Nachzügler an unserm Haus vorbei<br />

als es sich herumsprach die ersten Amerikaner seien bereits mit unserm<br />

Grossherzog in Petingen angekommen. Um nicht eingekesselt zu werden<br />

waren die noch vorbei ziehenden Soldaten gezwungen sich südlicher zu<br />

bewegen, doch dabei mussten sie näher an die französische Grenze.<br />

Folgender Text finden wir in der Geschichte von Petingen wieder.


60<br />

Am 9. September 1944 war es dann soweit. Aufgeschreckt durch den<br />

imminenten Vormarsch der Amerikaner verließen Gustav Simon und die<br />

Nazis das Land zum zweiten Mal. Am selben Tage überschritten die ersten<br />

amerikanischen Truppen bei Petingen die Luxemburger Grenze. Nahe<br />

Bertrange kam es zu einem Panzergefecht, wobei die deutsche Nachhut sich<br />

zurückziehen musste. Am 10. September 1944 wurde Luxemburg-Stadt<br />

befreit. Die Freude in der Bevölkerung war groß. Stürmisch wurden die<br />

amerikanischen Soldaten, sowie Prinz Félix und Erbgroßherzog Jean, die<br />

mitgekommen waren, gefeiert.<br />

Noch während in der Gegend von Petingen geschossen wurde, waren wir<br />

Buben bereits unterwegs um die Amerikaner und ihre Panzer auf der Strasse<br />

von Athus nach Petingen zu sehen. In den Strassengräben fast bei jedem der<br />

riesigen Strassenbäume, lagen tote deutsche Soldaten und viel kaputtes<br />

Kriegsmaterial. Beim Anblick eines toten Deutschen, dem nur noch der<br />

halbe Schädel geblieben war und dessen Gehirn zerfetzt im Strassengraben<br />

lag, erfasste mich jedoch das Grauen und ich rannte wieder nach Hause.<br />

Dabei kam ich am Hause des Pferdeschmieds in Petingen vorbei, wo eine<br />

kaputte Pak lag, neben dem toten Bedienungspersonal, das noch nicht<br />

weggeräumt war.<br />

So habe ich mein zwölftes Lebensjahr glücklich und noch lebend erreicht.<br />

Dann etwas später im September lancierte von Rundstedt die<br />

Ardennenoffensive, die von den Amerikanern als „The Bulge“ bezeichnet<br />

wurde. Damals prasselten so viele neue Eindrücke und Lebenserfahrungen<br />

auf mich herein, dass ich mich heute kaum an alle aussergewöhnlichen<br />

Ereignisse erinnern kann.<br />

Kontakt mit den Amis<br />

Lange Autoschlangen, Panzerkolonnen, Jeeps und sonstiges schweres<br />

Kriegsgerät rollte fast jeden Tag im Stopp and Go durch unsere Strasse. Ein<br />

Ereignis, dessen ich mich heute noch schäme fand statt auf dem Trittbrett<br />

eines Militär Lastwagens, der von zwei Militärs mit schwarzer Hautfarbe<br />

gefahren wurde. Die Autos standen oft im Stau. Natürlich nutzen wir diese<br />

Augenblicke um furchtlos auf das Trittbrett zu steigen und mit den Amis zu<br />

sprechen. Die wenigen Worte die wir beherrschten reichten zwar aus um<br />

uns einigermassen verständlich zu machen und was nicht mit Sprechen<br />

gelang wurde in der Sprache der Taubstummen erläutert. Chewing Gum war<br />

wahrscheinlich das erste Wort das wir perfekt beherrschten. Was war das<br />

doch eine begehrte Ware!! Sie hat sich bis heute gehalten. Leider wurde sie<br />

zum Markenzeichen der heutigen Jugend. Besonders im gebrauchten<br />

Zustand werden sie zum Ausdruck der unserer Jugend inne wohnenden


61<br />

Ästhetik. Es gibt kaum noch öffentliche Plätze die von dem ausgespuckten<br />

Unrat verschont bleiben.<br />

Schokolade folgte an zweiter Stelle. Einer der mir sehr sympathisch<br />

gewordenen Schwarzen Freunde zeigte mir eine Menge Taschentricks mit<br />

Spielkarten. Ich war dermassen verblüfft dass ich ihm meine Begeisterung<br />

ausdrücken wollte und so kam es dass ich mich unsterblich blamierte. Ich<br />

klopfte meinem neu gewonnenen Freund auf die Schulter und meinte ganz<br />

stolz in meinem kindlichen englisch: „You are an ass.“<br />

Natürlich kam der Amerikaner damit nicht so richtig zurecht, konnte aber<br />

ganz sicher aus meiner Mimik lesen, dass ich etwas Vortreffliches und<br />

Lobenswertes sagen wollte. Noch heute ärgere ich mich über dieses<br />

Missgeschick, denn in unserm Sprachgebrauch bedeutet ein As zu sein, dass<br />

man wie bei den Spielkarten das Atout ist. Im amerikanischen aber mit<br />

zwei ss geschrieben, bedeutet dieses Wort der Superlative soviel wie Esel<br />

oder Dummkopf, kann sogar soviel wie Arsch sein.<br />

Erst viel später in meinem Leben erfuhr ich, dass man nicht überall mit dem<br />

Kopf nickt um Ja zu sagen, Es gibt Länder in denen dasselbe Kopfnicken<br />

genau das Gegenteil bedeutet, nämlich Nein. Einige Tibeterstämme<br />

begrüssen ankommende Fremde indem sie Ihnen die Zunge herausstrecken.<br />

Bei diesem Volk bedeutet dies Freundschaft und nicht das was wir unter<br />

herausgestreckter Zunge verstehen.<br />

Zu unserer grossen Überraschung wurde eine Einheit nahe unserer<br />

Wohnung in einem Tanzlokal einquartiert. Es handelte sich um eine<br />

technische Abteilung die gleich hinter der Front Reparaturarbeiten an den<br />

Vehikel ausführte. Natürlich hatten wir bald mit mehreren Soldaten<br />

Freundschaft geschlossen. Und als man von der Bevölkerung aus begann<br />

den Soldaten die notwendige Kleiderwäsche zu machen, da lagen wir<br />

natürlich unserer Mutter ständig auf dem Wecker und drängten sie ebenfalls<br />

solche Gefälligkeiten zu machen zumal die Arbeit mit Viktualien belohnt<br />

wurde. Nachdem meine Mutter endlich nach langem Drängen unsererseits<br />

eingewilligt hatte, konnten wir die Marinesäcke von zwei lieb gewonnenen<br />

Amis mit nach Hause schleppen. Der eine hiess Paul F. Northam der aus<br />

Union im Staate Michigan stammte und der Name des anderen glaube ich<br />

mich zu erinnern. Er dürfte Ben Pershing geheissen haben und ich entsinne<br />

mich auch noch sehr genau, dass er ein Mitarbeiter von Walt Disney war<br />

und mit unwahrscheinlicher Fertigkeit uns die lustigsten Personnagen aus<br />

den Filmen von Walt Disney zeichnete. Wie gross war aber die<br />

Überraschung erst als ein gewisser Shoemaker sich plötzlich zu uns gesellte<br />

und mit uns in unserer Landessprache zu sprechen begann. Er selbst dachte<br />

er wäre noch immer in Frankreich, war aber hoch erfreut jetzt bereits mit<br />

Luxemburgern sprechen zu können und bald hatten wir mit Hilfe von<br />

Bekannten herausgefunden wo und in welcher Ortschaft nahe Verwandte


von ihm wohnten. Leider war dies im Ösling, wo eben die Rundstedt<br />

Offensive begonnen hatte.<br />

62<br />

Als dieser unerwartete Vorstoss der Deutschen über den Norden unseres<br />

Landes zog, da mussten die Einwohner aller Ortschaften fliehen und so<br />

geschah die Evakuierung in umgekehrter Richtung als bei Kriegsbeginn. In<br />

unser Haus nahmen wir weitläufige Familienangehörige aus Schieren und<br />

aus Echternach auf, solange bis eine leer stehende Wohnung eines<br />

flüchtigen Luxemburger Mitläufers frei gegeben wurde. Der Bäcker aus<br />

Schieren hatte natürlich reichlich Mehl, Butter und Margarine mitgebracht<br />

sowie auch eine Unmenge von Zigaretten aus seinem Geschäft. Eine<br />

Zigarettenmarke die heute nicht mehr bekannt ist: „Cachet bleu“. Weil die<br />

Zigaretten und überhaupt der Tabak rationiert waren hatte man schnell mit<br />

der Zigarettenmarke einen Kalauer in Umlauf gebracht: „Cachet donnez<br />

moi“.<br />

Als das Militär dann auch noch die Schulen und sogar das alte Spital<br />

belegen musste, wurde natürlich auch unsere Schulausbildung kräftig<br />

gestört und ich musste ab sofort nahe der belgischen Grenze in einem<br />

Privathaus zur Schule gehen.<br />

Die Amerikaner hatten ihre Feldküche einige Häuser neben dem unsrigen,<br />

in einem Wirtshaus mit Tanzsaal eingerichtet. Dort wurden die Mahlzeiten<br />

wie in einem Hotel zubereitet und da hatten wir bald wieder unsere Hände<br />

voll im Spiel. Die Säcke gefüllt mit gemahlenem Kaffee der im heissen<br />

Wasser gebrüht wurde, gab nach dem Essen der Mannschaft eine reiche<br />

Ausbeute frei. Dieser noch nicht komplett ausgelaugte Kaffeesatz wurde auf<br />

schwarzen Tortenpfannen aus Blech im Küchenherd getrocknet und an die<br />

Nachbarschaft verteilt. Anscheinend ein wahrer Genuss den wir nicht prüfen<br />

konnten, denn wir Buben durften noch nicht ran an diese Spezialität. Wir<br />

tranken nur aufbereitete Chicorée von der Marke Kornfrank. Übrigens kann<br />

ich hier einfügen, dass diese Kaffeeersatzmarke schöne Bilder von der<br />

Olympiade aus dem Jahr 1936 als Sammelobjekte anbot. Mein Bruder hatte<br />

im Laufe der Zeit das komplette Album zusammen gesammelt oder<br />

getauscht.<br />

Die Milchdosen, die anhand von zwei gezielten Schlägen mit einem<br />

Fleischerbeil geöffnet und dann in eine grosse Wanne geleert wurden,<br />

enthielten immer noch Restmilch. Das war normal, denn die beiden Löcher<br />

befanden sich nicht immer nahe am Rande der Büchse und so blieb fast<br />

immer ein Rest, zumal es eine ziemlich doofe Arbeit war diese Büchsen zu<br />

entleeren und zwar indem man in jeder Hand eine hielt. Es geschah auch<br />

dass dabei eine Büchse schneller leer wurde, dann rangierte der<br />

Diensthabende dennoch beide Büchsen gleichzeitig, schön geordnet in die<br />

ehemalige Sammelverpackung, die sich alsdann sofort und leicht nach<br />

Hause tragen lies. Auch diese Milchkisten wurde also nach Hause geschafft


63<br />

und mit dem herrlichen Weissmehl, was ebenfalls anfiel zu Torten, Kuchen<br />

oder Kleines Gebäck verarbeitet. Sogar Teichreste, sowie Dutzende von<br />

bereits aufgeklopften Eiern schleppten wir nach Hause und unsere Mutter<br />

wurde nicht fertig all diese Waren zu verarbeiten, also fand sich bald die<br />

ganze Nachbarschaft in unserm Kellerraum ein um an den ergatterten<br />

nahezu paradiesischen Genüssen teil zu nehmen. Auch andere Esswaren,<br />

sowie übrig gebliebenes Obst und Gemüse fanden den gleichen Weg in<br />

unsere Verteilerstätte.<br />

Unsere Mutter forschte währenddessen in ihrem Umkreis, ob sie sich als<br />

Wäschemacherin anbieten dürfe oder nicht, da sie glaubte sie käme dadurch<br />

in Verruf, weil mein Vater nicht zuhause war. Doch bis Weihnachten hatten<br />

wir es geschafft. Wir schleppten Wäschesäcke herbei und wieder zurück.<br />

Die beiden Amerikaner wurden alsdann zum festlichen Weihnachtsmahl<br />

eingeladen. Natürlich hatten sie sofort eingewilligt und die Taktik meiner<br />

Mutter beruhte darauf, dass es eben zwei Soldaten sein sollten. In ihrer<br />

Naivität dachte sie der eine würde schon auf den anderen aufpassen, damit<br />

die Kirche im Dorf bliebe und draussen keinesfalls der Eindruck entstehen<br />

konnte da wäre etwas, für den Dorfklatsch.<br />

Mein Bruder beherrschte die englische Sprache etwas besser als ich und<br />

Paul Northam konnte auch manchen uns nicht bekannten Ausdruck aus dem<br />

Deutschen verstehen oder selber zum Ausdruck bringen. Es wurde für die<br />

Amerikaner ein festlicher Abend in häuslichem Kreis, endlich wieder<br />

einmal auf sauberem Keramikteller Hausmannskost zu geniessen. Natürlich<br />

hatten sie manche Geschenke mitgebracht. Ich kann nur sagen, dass sich<br />

eine rege Freundschaft entwickelte. Doch der Winter war hart und diese<br />

Kompanie, obschon nur als Reparaturkolonne vorgesehen, musste plötzlich<br />

auch zur Entlastungen der Kämpfer in Bastogne eingesetzt werden und es<br />

fiel uns Jungen ganz besonders auf, wenn die Zurückkommenden aschgrau<br />

im Gesicht und nahezu sprachlos und zu keinem unserer Spässe aufgelegt<br />

waren. Manche Schlafstelle im grossen Tanzsaal blieb dann leer. Entweder<br />

war der Besitzer umgekommen oder in ärztlicher Behandlung.<br />

Als die Rundstedtoffensive zusammengebrochen war kam der Tag an dem<br />

wir Abschied nehmen mussten. Diese Kompanie rückte hinter der Frontlinie<br />

weiter, hinein nach Deutschland. Und so kam es, dass wir lange nichts mehr<br />

von unserm Amerikaner gehört und gesehen haben. Inzwischen hatten wir<br />

aber andere Hoflieferanten gefunden und auch deren Wäschesäcke<br />

schleppten wir hin und her.<br />

Doch nachdem mein Vater wieder zuhause angekommen war, da<br />

überraschte uns Paul Northam einmal und besuchte uns. Mein Vater konnte<br />

noch vieles in englischer Sprache artikulieren, da er ja bereits im Krieg<br />

1914-1918 mit den Amerikanern zusammen gelebt hatte.


64<br />

Lange nachdem der Krieg vorüber war erhielten wir Korrespondenz von<br />

Paul Northam und auch von Ben Pershing. Sie hatten alle beide den Krieg<br />

überlebt. Die Verbindung zu beiden Amerikanern reduzierte sich auf<br />

alljährliche Neujahrgrüsse doch im Mai 1990 meldete sich Paul, dass er<br />

nach Luxemburg kommen wolle um hier seine alten Freunde wieder zu<br />

finden. Auch die Eltern von meinem Kollegen Alois Schoos aus Rodingen<br />

hatten Paul manchmal zum Essen eingeladen und so wollte er auch<br />

unbedingt wieder bei dieser Familie vorbeischauen.<br />

Das Wiedersehen musste gefeiert werden, aber auch manchen Ort, den Paul<br />

während des Krieges gesehen hatte, wollte er wieder einmal besuchen. So<br />

fuhren wir auch nach Bastogne um das Mardasson zu sehen, das Denkmal<br />

an die Gefallenen dieses unmenschlichen Krieges. Auch sahen wir uns den<br />

Film an. Lois, die Frau von Paul, war entsetzt beim Anblick dieser<br />

schrecklichen Bilder und meinte anschliessend: „Wenn ich gewusst hätte<br />

dass du in so einer Gefahr gelebt hättest, dann wäre ich vor Angst<br />

umgekommen“. Wir besuchten, auf Wunsch von Lois, auch die schöne<br />

Stadt Bruges, besonders weil diese ihr als Stadt bekannt war, wo man das<br />

Klöppeln erlernen und zusehen kann wie gearbeitet wird.<br />

Ein anderer Ort in unserm Land, den Paul unbedingt in Friedenszeiten sehen<br />

wollte, war Clerf. Dort zeigte er uns bis wohin er in der Rundstedtoffensive<br />

mit seinen Leuten vorgedrungen war und von aus die deutschen Truppen<br />

beschossen wurden.<br />

Es war der Wunsch gewesen von Paul Northam, nach dem Tode seiner Frau<br />

noch einmal unserer Familie zu begegnen. Anlässlich meiner Kanadareise<br />

hatten wir bereits gemeint ein Treffen möglich zu machen und zwar in<br />

Montreal. Daraus wurde aber leider nichts. Dann dachte er es sollte uns<br />

möglich werden anlässlich eines Besuches bei unserem Sohn, der in Illinois<br />

wohnt, einen Abstecher zu machen. In einem seiner letzten Briefe mahnte er<br />

uns nicht länger warten zu wollen, da er das Nahen seines Todes ahnte.<br />

Nach seinem Kurzbesuch in Luxemburg fuhren wir gemeinsam in meinem<br />

Wagen in die Schweiz, wo ich ihnen verschiedene interessante<br />

Reisevorschläge gemacht hatte und anschliessend haben sie dann auch<br />

Norwegen besucht. Seine Frau Lois starb am 7 Januar 1995. Paul Hertel,<br />

sein Enkelkind, der Lehrer für Zierpflanzenbau und Biologie in Indiana<br />

geworden ist, teilte mir im Februar 2000 mit, dass Paul F. Northam bereits<br />

im Juli 1999 an einer Grippe gestorben war und er jetzt erst in den Papieren<br />

seines Grossvaters unseren letzten Brief gefunden habe.<br />

Die Zeit mit den amerikanischen Besatzungstruppen in Rodingen brachte<br />

noch viele andere Kontakte und interessante Begegnungen. Nur eine eher<br />

spassige Episode aus dieser Zeit möchte ich hier noch hinzufügen.


Die Luftballons.<br />

65<br />

Ich komme zurück auf die Zeit kurz nach der Befreiung. Auf einem<br />

Nebengleis im Bahnhof zu Rodingen parkten amerikanische<br />

Truppentransportwagen. Anscheinend war kein Begleitpersonal dabei und<br />

gerade dieser Umstand veranlasste die Jugend jede Fahrerkabine zu<br />

inspizieren, denn wenn dort Kaugummi oder Schokolade zu finden war,<br />

dann betrachteten wird dieses nicht als Diebstahl, sondern als bereits<br />

erhaltenes Geschenk, weil wir nahezu sicher waren, dass die Besitzer uns<br />

doch diese Genüsse nicht vorenthalten würden.<br />

In einem Handschuhfach wurden wir jedoch fündig. Da lagen einige<br />

Schachteln in welchen wir schön säuberlich verpackt ein Material<br />

vorfanden, das wir bis dahin noch nie gesehen hatten. Bei näherer<br />

Betrachtung stellten wir fest, dass es Luftballons sein müssten und wir<br />

begannen diese also gleich auf zu blasen und fliegen zu lassen. Doch die<br />

Dinger stiegen nicht in die Luft sondern wurden vom Wind weggefegt. Da<br />

wir zu mehreren mit dem Aufblasen beschäftigt waren häuften sich auch<br />

bald die auf der Strasse von der Luft umher getriebenen Luftballons. Einige<br />

nahm ich mir selbstverständlich mit nach Haus. Als meine Mutter diese zu<br />

Gesicht bekam, veränderte sich dieses zusehends und nun erst merkten auch<br />

wir, dass da irgendetwas nicht stimmte. Wir wurden natürlich nicht durch<br />

unsere Mutter aufgeklärt, doch diese Aufklärung erfolgte bereits am<br />

nächsten Tag. Dann klärten uns die älteren Spielkollegen auf, dass wir es<br />

mit Preservativen zu tun und diese aufgeblasen hatten. Dabei wurde uns<br />

auch verständlich was es bedeutete, wenn die GS uns ausforschten oder den<br />

Mädchen zuriefen – zigzig with me, Mademoiselle -.. Die hygienischen<br />

Zusammenhänge jedoch wurden uns erst im Erwachsenenalter etwas<br />

verständlicher beigebracht.<br />

Unmenschlichkeit in der Luxemburger Zollverwaltung<br />

Wir hatten wohl genau verstanden warum die Deutschen unsern Vater in<br />

andere Länder abkommandierten. Nach Traben - Trarbach, Flensburg,<br />

Herbesthal und Loben in Polen. Als er aber alsdann überglücklich, gesund<br />

aber erschöpft nach seiner Odyssee über Odessa bei uns zu Hause ankam<br />

waren wir unbeschreiblich geschockt von der zusätzlichen unmenschlichen<br />

Behandlung die den Heimkehrern widerfuhr. Es war ein Hohn denn sie<br />

wurden nicht offiziell empfangen, wie dies bei den Heimkehrern aller<br />

anderen Nationen der Fall die in Marseille ankamen. Man muss sich die<br />

ungeheuerliche Enttäuschung vorstellen. Alle Heimkehrer werden herzlich<br />

mit Musik und stürmischer Begrüssung empfangen. Doch gab es keine<br />

Empfangsdelegation (obschon der Transport bei der Luxemburger<br />

Vertretung in Moskau verschiedentlich angekündigt worden war) weder<br />

von Seiten unseres Staates noch vom Roten Kreuz in Marseilles. Es gab<br />

auch keine Empfangsdelegation weder unseres Staates noch vom Roten


66<br />

Kreuz am Bahnhof Luxemburg und was uns so unermesslich gemein<br />

vorkam, war der Umstand, dass mein Vater nicht einmal schnurstracks nach<br />

Hause fahren durfte, als er in Luxemburg angekommen war. Er musste noch<br />

bevor er sehnsuchtsvoll zu seiner Familie nach Hause fahren durfte vorerst<br />

zur Hauptdienststelle in Luxemburg, und diese hatte noch schnell einen<br />

drauf zu setzen. Obschon jedermann wusste, dass eine Deportation für die<br />

ganze Familie unsäglich schmerzhaft war, dauerte es nicht lange und mein<br />

Vater musste sich wieder von seiner Familie trennen um oben im Ösling,<br />

und zwar in Lieler Zolldienst zu verrichten. Aber nach den moralischen oder<br />

ethischen Auswirkungen hat niemand gefragt und mein Vater, wie andere<br />

auch, war vom Militär aus gewohnt stillschweigend und blindlings auch den<br />

beschwerlichsten Befehlen zu gehorchen. Die Auswirkungen der Affäre<br />

Eiffes lagen der Obrigkeit wahrscheinlich noch immer in den Knochen. Von<br />

Menschenwürde keine Spur. (Mehr dazu in dem Bericht meines Vaters<br />

siehe oben).<br />

Natürlich wurde in den Schulstunden wenig gelernt und bevor auch ich, wie<br />

mein Bruder ins Lyzeum nach Luxemburg ging riet der Lehrer Michel<br />

Gengler meine Mutter ich sollte noch einmal die siebte Klasse absolvieren.<br />

Es war keinesfalls dass die Lyzeumskandidaten sitzen geblieben waren. Es<br />

war nur eine Vorsichtsmassnahme um die auf uns zukommenden<br />

schwierigeren Lernprozesse besser bewältigen zu können.<br />

Die erste Liebe.<br />

Sie hiess Jeanny und war Dienstmagd im kleinen Bistro an der Ecke unserer<br />

Strasse. Ich habe sie kennen gelernt weil ich mit dem deutschen<br />

Metzgergeselle der in der Metzgerei Wiltgen gegenüber eine kleine<br />

Freundschaft geschlossen hatte. Ich konnte beim Schlachten zusehen auch<br />

durfte ich einmal eine Kuh niederstrecken. Das bewegt mich heute noch,<br />

wenn ich an die Szene denke, wo das sterbende Rind mir in die Augen<br />

schaute, bevor es tot zusammenbrach. Was aber am interessantesten war,<br />

das war die Zubereitung der verschiedenen Wurstarten. Leberwurst und<br />

herzhaft gewürztes Hackfleisch besonders für die „Weinzossiss“ waren eine<br />

beliebte Ware. Der Paté wurde beim Bäcker nebenan im Backofen gebraten<br />

und wenn alles schön fertig war, dann kam das Probieren der frischen<br />

Waren. Der Bäckergeselle lieferte die frischen Brötchen. Das Fleisch aus<br />

unserer Produktion war eine herrliche Ergänzung. Ich half also eine zeitlang<br />

in dieser Metzgerei. Am Abend natürlich wenn die beiden Gesellen, der<br />

Metzger und der Bäcker ihre Freizeit hatten, dann gesellte ich mich zu ihnen<br />

und wir sassen dann zusammen mit Jeanny auf einer der niedrigen<br />

Fensterbänke des Bistros.<br />

Der Metzgergeselle wollte unbedingt mit Jeanny anbündeln, und so kam es<br />

dass ich alles was er ihr sagen wollte ins Französische übersetzen musste.<br />

Jeanny stammte nämlich aus dem benachbarten Messancy in Belgien. Das


67<br />

war manchmal nicht einfach und so kam es dass ich einmal ganz nahe neben<br />

ihr sass und sie sich absichtlich an mich drückte um mir zu zeigen dass sie<br />

nicht viel von dem hielt was dieser Germane ihr alles vorquasselte. Ihre<br />

mollige Wärme wurde noch erhöht weil sie ein Pulloverchen trug, das nur<br />

knapp bis unter den Busen reichte und von da an bis an ihr flatteriges Kleid<br />

wo intimer Kontakt mit weiblichem Fleisch möglich war. Als ich diesen<br />

Kontakt zum ersten Mal verspürte durchfuhr mich plötzlich ein so heisses<br />

Gefühl von Zuneigung, oder waren es rein erotische Reize, dass ich es fast<br />

für unfassbar hielt. Mein Organ streckte sich ebenfalls und durch den<br />

ganzen Körper zog eine elektrisierende Welle, die mich in eine andere Welt,<br />

in eine Welt der erotischen Träumerei versetzte. Ich nutzte natürlich die<br />

Gelegenheit um mit meinem Fingern diese nackte Stelle an ihrem Körper zu<br />

streicheln, was ihr keinesfalls unangenehm erschien und es liebevoll<br />

duldete.<br />

Ich hatte mich unsterblich verliebt. Darauf hin plante ich was ich alles mit<br />

ihr zusammen im weiteren Zusammenleben unternehmen werde und so kam<br />

es dass der Metzgergeselle heftig mit einem Ausbruch von Eifersucht<br />

reagierte. An einem Tag an dem er mir dann in der Metzgerei seine Wut<br />

zum Ausdruck brachte und er immer heftiger zu schreien begann (hier kann<br />

ich seine physische Bereitschaft nur noch verstärkt untermalen, weil er bei<br />

jedem Ochsen der geschlachtet wurde ein grosse Kelle warmen Blutes<br />

trank), sah ich mich in höchster Gefahr und rannte so schnell ich konnte<br />

durch das grosse Holztor hinaus. Ich hörte nur noch wie eines der<br />

Schlachtmesser welches er vorher in die Hand genommen hatte hinter mir<br />

sich tief ins Holz der Tür bohrte, die ich wohlweislich um meine<br />

Fluchtmöglichkeit zu erweitern, hinter mir zugeknallt hatte. Dieser<br />

Messerwurf hätte mich ganz gewiss nieder gestreckt. Natürlich erzählte ich<br />

zuhause von dem Vorfall. Natürlich in einer verschlimmerten <strong>Version</strong>, und<br />

ich weiss nicht welche Wege begangen wurden aber es dauerte nur einige<br />

Tage und der Geselle wurde aus der Metzgerei entfernt.<br />

Das Mädchen aber blieb und regte mich immer mehr auf. Beim Zubettgehen<br />

konnte ich durch das Giebelfenster unseres Hauses noch über die Dächer<br />

dorthin schauen wo das Licht in ihrer Dachkammer brannte. Ich fühlte mich<br />

wie magnetisch zu ihr hingezogen. Ich gedachte sogar über die Dächer zu<br />

steigen um zu ihr zu gelangen. Die nächtlichen Träume endeten fast<br />

allnächtlich mit einer Ejakulation, die keinesfalls einem Orgasmus<br />

gleichkommt wie ich ihn heute kenne. Es schien mir nur dass ungenutzter<br />

und angestauter Samenüberschuss sich von selber entleerte. Natürlich waren<br />

die damit verbundenen Träume höchst erotischer Art. Meine Mutter<br />

wunderte sich über die vielen Flecken in der Bettwäsche und dachte sicher<br />

ich würde onanieren, doch konnte sie sich bei ihren Elternberatungen ins<br />

Bild setzen lassen, was in meinem Körper ganz natürlich vor sich ging.


68<br />

Doch möchte ich zuerst zurück zu meinem Vater. Mit seiner Versetzung<br />

waren verschiedene Begleitumstände verbunden. Eine Verbesserung im<br />

Grad denke ich mich zu erinnern war jedoch damit verbunden. Das bedeutet<br />

aber wiederum, dass er nach diesem Interim im Ösling als Succursalist in<br />

Differdingen eingestellt wurde und die ganze Familie zusätzlich dorthin<br />

umziehen musste. Im Ösling konnte man Vater persönlich seine Schichten<br />

legen wie es ihm genehm war, was es ihm alsdann auch erlaubte periodisch<br />

mit dem Zug nach Hause zu kommen.<br />

Mein Vater „lag“ also damals in Lieler. Dazu ist die Erläuterung nützlich<br />

dass man immer wieder davon sprach der Kollege soundso liegt an diesem<br />

oder jenem Grenzabschnitt. Die Zöllner lagen also da wo sie arbeiteten und<br />

das war auch meistens wortwörtlich zu nehmen, denn um sich an einem<br />

Grenzabschnitt als Zollaufseher zu betätigen, wäre es absolut unsinnig<br />

gewesen dies ständig im Stehen zu tun, da man ihn sofort entdeckt hätte.<br />

Die Zöllner lagen also sehr oft bei ihrer Arbeit und ich kann eigentlich sehr<br />

gut nach vollziehen wie so eine Schicht abgelaufen ist, denn kaum hatte<br />

mein Vater ein gutes Kosthaus gefunden dann waren wir Buben auch in<br />

dem Haus willkommen. Besonders in den Schulferien konnten wir zu ihm<br />

und er nahm uns mit in den Dienst. Wir beiden Brüder waren aber nie<br />

gemeinsam mit ihm zusammen, so dass jeder ganz persönlich nachholen<br />

konnte, was ihm während den Kriegsjahren verwehrt blieb, nämlich die<br />

Nähe des liebenswürdigen Vaters. Seine Kenntnisse, seine Beobachtungen,<br />

seinen Zeitvertreib waren es Wert mit zu erleben. Ich ging sogar mit ihm auf<br />

Schicht und manchmal auch auf Nachtschicht. Dann nahmen wir Molly den<br />

Mischling aus Wolfshund x Strassenköter mit auf die Tour, die immerhin 8<br />

Stunden dauerte und 10-15 Km ausmachte. Molly war ein sehr folgsamer<br />

Hund, der nie Laut gab wenn ein Fremder sich in gebührender Distanz<br />

aufhielt. Er war aber auch so wachsam, dass er auch niemand näher als<br />

einige Meter an ihn heran liess. Wenn im Dorf die Jäger zur Sauhatz<br />

bliesen, musste Molly als unerschrockener Sauhund mit von der Partie sein.<br />

Er rannte mit so einer Todesverachtung auf die Sau oder den Keiler los, dass<br />

sofort die Fetzen von dessen Fell flogen. Besonders die Ohren der Schweine<br />

hatten es ihm angetan. Auch wenn er im hohen Bogen durch die Luft<br />

geschleudert wurde, wuchs er noch weiter über sich hinaus, doch manchmal<br />

mussten seine Wunden gepflegt werden. Wie unerschrocken er sich auf<br />

jedes Wild stürzte, zeigte er auch nachts wenn ein Igel in der Hecke<br />

raschelte. Dann dauerte es nicht lange und er apportierte das stachelige Tier<br />

im Maul, an dem man am helllichten Tag die Blutspuren erkennen konnte.<br />

Niemals hat er einen Igel tot gebissen. Wenn man ihm den Befehl gab, dann<br />

liess er auch sofort los, stand still und konnte seinen sich stauenden<br />

Jagdtrieb meisterhaft beherrschen.<br />

Bei den gemeinsamen Wanderungen entlang der Our vertiefte sich ganz<br />

natürlich meine Liebe zur Natur. Es ist aber auch die freundschaftliche<br />

Aufnahme, die meinem Vater in der Familie X zuteil wurde. Aber man


69<br />

sollte ständig auf der Hut sein, weil unwahrscheinlich schnell Missbrauch<br />

einer Freundschaft zustande kommt. Das junge Mädchen im Haus hatte ein<br />

Auge auf mich geworfen, doch ich hatte sie vom ersten Tag an als eine sehr<br />

gute Freundin eingestuft. Von Zuneigung konnte ich damals nichts<br />

entdecken.<br />

Im Haus wohnte ebenfalls ein kräftiger Junge dem mein Vater eines Tages<br />

sagte: „Ich muss dich leider warnen, denn es ist bekannt geworden, dass du<br />

dabei bist, wenn Kaffee geschmuggelt wird. Ich kann es nicht verhindern,<br />

dass man dich eines Tages schnappt.“<br />

Mein Vater hatte beobachtet dass andere Personen in ihrem Büro verkehrten<br />

und sich klug machten wann und wo die Zöllner Dienst hatten. Als der Tag<br />

gekommen war an dem der Zoll zuschlagen sollte, vermerkte mein Vater im<br />

Dienstbuch ganz andere, das heisst vorgetäuschte Schichten als jene die<br />

wirklich vorgesehen waren. Prompt fielen die Späher auf diese Finte herein<br />

und in jener Nacht erwischte man einige Burschen der Dorfjugend, die am<br />

illegalen Schmuggel beteiligt waren. Da mein Vater genau wusste, dass er<br />

alle Unannehmlichkeiten mit der Familie R. vermeiden musste, war er zur<br />

perfekten aber auch strategischen Täuschung zuhause geblieben. Die<br />

angeforderte Verstärkung nahm auch den Sohn des Kosthauses fest.<br />

Da Lieler und die ganze Umgegend mir sehr gut bekannt war durch die<br />

Wanderungen mit meinem Vater, lag es ganz nahe, dass dies ein<br />

unvergessliches Erlebnis blieb und gut war für wiederholte<br />

Campingsaufenthalte mit den Pfadfindern aus Oberkorn.<br />

Wir ziehen um nach Oberkorn<br />

Zwei Jahre hatte ich bereits Latein gebrummt und fuhr jeden Tag mit dem<br />

Zug in die Stadt. Ich studierte mich auf der Sixta im Athenäum von<br />

Luxemburg. „Die as aus o, die x und is, es in pari syllabis“ und so weiter<br />

hingen mir zum Hals heraus. Die Geschichte mit dem Mädchen Jeanny hatte<br />

mich so vollkommen verwirrt und ins geistige Abseits manövriert, dass sich<br />

für mich beachtliche Schwierigkeiten abzeichneten um die Klasse zu<br />

meistern. Bereits in den ersten Klassen dieser Schule konnte ich meine<br />

Begeisterung für Literatur mit Gedichten glänzend hervor streichen und<br />

ganz besonders meine Deklamationen von Gedichten und meine Aufsätze in<br />

Deutsch und Französisch wurden gut benotet. Dazu hatten wir leider einen<br />

so abstossenden Lateinlehrer dass mir jeder Spass an dieser Sprache der<br />

Gelehrten verging. Prüssen hiess der Mann der bei den Prüfungen nicht bei<br />

einer Nullbenotung stehen blieb sondern auch noch Minuspunkte rechnete<br />

und wer Minuspunkte hatte konnte sicher sein, dass dies von ihm als<br />

Doppelnull bewertet wurde, wenn die Durchschnittnummer errechnet<br />

wurde. Er war meines Erachtens kein normaler Mensch. Er war ein<br />

bestialisches Genie, unfähig etwas freundlicher mit uns Studenten um zu


70<br />

gehen. Wir hatten ihn bereits auf Septima in Latein und als er dann auf Sixta<br />

wiederum unser Lateinprofessor wurde, da hatte bereits die Mehrzahl der<br />

Klassenkameraden den ekligen Geschmack auf der Zunge von dessen<br />

widerwärtigen Erziehungsmethode. Nur ein Beispiel wird genügen um<br />

diesen brutalen Pädagogen zu kennzeichnen. Als er für die erste Stunde<br />

Latein auf Sixta in den Klassenraum stürmte, schrie er hitzköpfig und noch<br />

auf dem Weg zum Pult: „Na hab ich euch wieder…“ Er schlug sein Heft mit<br />

den Namen auf und rief sofort jemanden an die Tafel, der nicht einmal Zeit<br />

genug hatte um über die Frage nach zu denken, da hatte dieser Pädagoge<br />

ihm bereits eine Null ins Heft geschrieben. Aus heutiger Sicht hätte man<br />

einen solchen Sadisten bereits unwiderruflich in die Wüste geschickt.<br />

Ich muss jetzt doch noch einmal zurück zu dem Mädchen in das ich mich<br />

verknallt hatte. Es beschäftigte mich sehr mit ihr zu plaudern und eines<br />

Abends traute ich mir sie zu einem Spaziergang ein zu laden. Durch die<br />

noch belebte Strasse folgte sie mir in grosser Distanz. In einer Nebenstrasse<br />

die ins grüne Gelände führt, konnten wir uns jedoch zusammen tun und<br />

gemeinsam, Arm in Arm schlendern. Ich muss sagen dass ich all meine<br />

Sinne zusammenhielt und so blieb es nur beim glücklichen Zusammensein,<br />

wenigstens was meine Beurteilung anbelangt, denn diese Glückseligkeit war<br />

nicht von langer Dauer. Bereits einige Wochen später, als ich gerade aus der<br />

Vesper kam, brach für mich die Welt der Liebe zusammen. Da spazierte<br />

Jeanny mit einem belgischen uniformierten Militär, Arm in Arm an mir<br />

vorbei und lachte mich verächtlich an. Doch da geschah das grosse Wunder,<br />

das mich bei fast allen Rückschlägen in meinem Leben schnell wieder zur<br />

Realität zurückkommen lies. In Bruchteilen von Sekunden hatte ich die<br />

Situation in ihrer kompletten Tragweite erkannt und ich lobte mir diese<br />

Begegnung bei welcher mir die Augen geöffnet wurden. Es war mir vollauf<br />

bewusst geworden dass ich nur ein Spielball gewesen bin und daraufhin<br />

reagierte ich absolut hervorragend. Der in mir sich entwickelnde Sinn für<br />

die Realität liess mich alle Schwärmerei vergessen und damit war diese<br />

Episode für mich abgeschlossen. Die Prügel meiner Mutter musste ich ja<br />

auch auf diese Weise schnellstens vergessen. Auch das hat zu meinem Sinn<br />

für Realismus beigetragen. In weiteren Lebensabschnitten kam diese<br />

äusserst gesunde Qualität meiner Einstellung noch öfters zum Tragen und<br />

half mir über manche fatale Situation hinweg.<br />

Zukunftspläne<br />

Es war mein intimster Wunsch gewesen Förster zu werden. Herr Peitsch<br />

war dabei mein Vorbild und ich hatte mich vermeintlich gut ins Bild setzen<br />

lassen, welche Studien erfordert seien um mich um einen solchen Posten zu<br />

bewerben. Dummerweise stellte sich bei den vorausschauenden<br />

Berechnungen heraus, dass ich erst ein Jahr nach dem nächstens anfallenden<br />

Examen für Forstbeamte mit meiner Schule fertig sein konnte. Nach<br />

intensiver Beratung kam mir eigentlich der Umstand dieses Umzuges nach


71<br />

Oberkorn in dem Sinne entgegen dass ich jetzt nach Esch an der Alzette in<br />

die Schule fahren sollte und nicht den langen Umweg über Petingen oder<br />

den Bahnhof von Esch/Alzette. Jetzt konnte am Mittag nach Hause fahren<br />

zum Essen während ich in der Stadt Luxemburg jeden Mittag bis zu meiner<br />

Tante „Meisch“ in den Rollingergrund gehen musste. Natürlich geschah<br />

dies zu Fuss und ich hatte auch mein Essen dabei, das nur aufgewärmt<br />

werden musste. Meine Mutter präparierte also mein Essen am Abend zuvor<br />

und das über 2 Jahre lang.<br />

Jetzt bestand für mich die Möglichkeit von der Sixta Latein sofort auf die<br />

Quarta Modern zu wechseln, was mir erlaubte ein Schuljahr zu<br />

überspringen. Mir fehlten aber die vorhergehenden zwei Jahre<br />

Englischstudium. Diese mir fehlenden Jahre nachholen und zugleich mich<br />

für das Examen auf Quarta (heute abgeschafft) vorbereiten war natürlich<br />

eine verlockende aber unerhörte Herausforderung. Meine Eltern zeigten sich<br />

bereit mir Nachhilfestunden in Englisch zu bezahlen. Ich liess mich also<br />

darauf ein diese nahezu unüberwindlich scheinende Barriere zu bezwingen.<br />

Ich begann ganz nebenbei auch massenweise englische Artikel in all<br />

möglichen Zeitungen und Zeitschriften zu lesen, so zum Beispiel „The<br />

Listener“ eine Zeitung der BBC sowie „Life“ und andere. Meine<br />

Fortschritte waren merkwürdigerweise so gut, dass sich die ganze Familie<br />

darüber freuen konnte. Doch auch hier stiess ich auf einen mir keinesfalls<br />

wohl gesinnten Pädagogen, den man ausgeklammert hatte um mir<br />

Nachhilfestunde zu geben. Er war unser Englischprofessor. Bei einem<br />

Aufsatz benutzte ich einmal eine Redewendung nebst ganz speziellem Wort<br />

der Umgangssprache. Der Professor aber sah dies nicht mit demselben<br />

geistigen Auge so wie ich es verstanden hatte. Für mich hatte ich etwas<br />

Neues hinzu gelernt und wollte es auch sogleich praktisch anwenden. Er<br />

aber wetterte um mich herum als ob ich ein Verbrechen begangen hätte. Er<br />

hätte lange überlegen müssen um sich zu erinnern, dass er diese<br />

Ausdrucksweise irgendwo bereits einmal gelesen hatte und ich mir<br />

keinesfalls hätte erlauben dürfen diese Expression zu gebrauchen ohne<br />

dabei die Angabe zu machen, woher ich dieses Wort hätte. Ich hätte also die<br />

Quellenangabe für das Zitat machen sollen. Prompt brummte er mir für<br />

meine angebliche Niedertracht eigene vortreffliche Wortfindungen vor zu<br />

täuschen, eine Ungenügend auf. Ich konnte dabei aber den Mund nicht<br />

halten und erwiderte sehr aufgeregt, woher er denn seinen umfassenden<br />

Wortschatz habe und ob er auch bei jedem gebrauchten Wort erklären<br />

würde in welchem Lexikon oder Buch er seine englische Sprache gelernt<br />

habe. Das hätte ich allerdings nicht sagen dürfen, denn als das<br />

Passageexamen über die Bühne ging brummte er als Examinator mir ein<br />

mündliches Nachexamen im Englischen auf, dem ich aber glücklicherweise<br />

etwas Positives entgegen zu setzen hatte. Den Fleiss eines Strebers.<br />

Während den Ferien hatte ich genügend Zeit weitere Nachhilfestunde zu<br />

nutzen und da der nächste Examinator eine andere Person war, schaffte ich<br />

es reibungslos in die nächste Klasse vor zu rücken. Drei Jahre Englisch in


einem Jahr zu bewältigen war zwar ein gewagtes Unterfangen aber die<br />

Beweggründe zu dieser Leistung waren bekannt. Ich wollte unbedingt in<br />

die Forstverwaltung.<br />

72<br />

Kaum hatte ich das Resultat des Nachexamens erfahren, pilgerte ich<br />

wiederum zu den hohen Stellen der Verwaltung in Luxemburg um meine<br />

Leistung vorzutragen und um in Erfahrung zu bringen, ob die<br />

Aufnahmebedingungen noch immer die gleichen wären. Ich erklärte alsdann<br />

was ich geleistet hatte und kurz darauf sollte mich der Schlag treffen.<br />

Anstatt mir für den Erfolg zu gratulieren teilte man mir mit, dass ich da eine<br />

grosse Dummheit gemacht hätte und ich unbedingt ein Jahr auf der<br />

lateinischen Sektion hätte aufholen müssen. Staatsförster müssen das<br />

Latinum bestanden haben. Aus war der Traum einmal Förster zu werden,<br />

aus war die Lust am Pauken, aus war die konkrete Vorstellung eines<br />

zukünftigen Berufes. Ich stand vor dem totalen Zusammenbruch. Sogar<br />

mein Sinn für Realität zündete diesmal nicht. Die Flucht nach Kanada oder<br />

in die belgische Kolonie des Kongo begannen meine Gedanken immer mehr<br />

zu fesseln. Ich wollte diese mich umgebende Gesellschaft, die mir immer<br />

unfreundlicher, sogar feindlicher vorkam, ab sofort meiden. Aber die<br />

Ereignisse folgten sich Schlag auf Schlag.<br />

Kurz bevor wir nach Oberkorn umgezogen waren, hatten wir eine Einladung<br />

uns an der Doppelhochzeit von zwei Kindern der Schwester meiner Mutter<br />

im Rollingergrund teil zu nehmen. Ein Sohn heiratete ein Mädchen aus<br />

Differdingen. Es war die Schwester meiner Frau Leonie. Leonie war damals<br />

erst vierzehn als wir uns zum ersten Mal sahen. Erst später erfuhr ich, dass<br />

Sie bereits beim ersten Anblick meiner Wenigkeit in mich verknallt war.<br />

Es war mir zwar der erstaunte Anblick ihres glänzenden Gesichtes<br />

aufgefallen, doch bot sich kaum eine Möglichkeit eine Freundschaft auf zu<br />

bauen.<br />

Ich hatte mein siebzehntes Lebensjahr gerade erreicht als das Examen<br />

vorüber war. Zum Glück habe ich in Oberkorn, bei den Pfadfindern neue<br />

Freunde gefunden. Und das grosse Jamboree in Bad Ischl war in<br />

Vorbereitung. Mir wurde die Leitung der Pfadfindergruppe St.Etienne<br />

anvertraut neben dem obersten Chef. Ich wurde also als Scoutsmaster neben<br />

dem Sektionsmaster geführt.<br />

Es begann eine sehr turbulente Zeit mit den Pfadfindern. Pfadfinderlager in<br />

Lieler waren selbstverständlich, dann Pfadfinderlager in Altrier, ein anderes<br />

in Eischen, dann zu Ausgrabungen und Zeltlager auf den Titelberg. Im Saal<br />

unter der Kirche in Oberkorn war unser Heim. Es wurden Theaterabende<br />

organisiert, Lagerfeuer, Burgbrennen und in der Freizeit stand in dem Saal<br />

ein zusammen gezimmerter Tisch zur Verfügung, worauf wir Tischtennis<br />

spielten, bis tief in die Nacht hinein. Nachtwanderungen, Grosse Rallyes,<br />

Sternebeobachtungen, Wetterstationen und die Sammlung von


73<br />

Vogelnestern, Gehölzarten, Mineralien sowie Scherben von Römertöpfen<br />

und auch Spangen und Münzen nahmen an Umfang zu. Manchmal musste<br />

ich auch die ganz Kleinen unterhalten. Dies geschah meistens mit<br />

spannenden aus dem Stegreif improvisierten Seriengeschichten. Die<br />

Pfadfinder in Oberkorn hatten einen guten Zulauf und auch unser<br />

öffentliches Auftreten fand Anklang bei den Einwohnern. Besonderen<br />

Erfolg hatten unsere Theatervorstellungen und Lagerfeuer. Eines der mir am<br />

besten in Erinnerung gebliebenen Theaterstücke war: „Den Hupello“. Ich<br />

kann mich aber auch an lustige Theaterstücke erinnern und zwar an eines in<br />

welchem man mir einen Bart angeklebt hatte. Dabei musste ich ein<br />

doppeltes Butterbrot essen. Dummerweise hatten sich auf einmal einige<br />

Barthaare bei meinem Zubiss verfangen und da begannen die Lachsalven im<br />

Saal, die ich natürlich köstlich ausnutzte um zu improvisieren. Immer mehr<br />

Haare lösten sich vom künstlichen Bart und ich hatte immer mehr Mühe<br />

diese Haare nicht zu verschlucken und dabei gelangen mir, angetrieben von<br />

den Geheul der Zuschauer, die Situation weidlich zu verlängern. Ich sah in<br />

der ersten Stuhlreihe die Spielschulschwester Mathilde, die in einen<br />

Lachkrampf gefallen war und vor mir auf dem Saalboden lag, ohnmächtig<br />

sich innerlich gegen die lustige Abwicklung zu wehren. Noch Monate nach<br />

dieser lustigen Vorführung war die Szene den Leuten noch in Erinnerung<br />

und mir begegneten nur noch lächelnde Leute. Manche sprachen mich<br />

erneut darauf an und wollten wissen ob ich den Bart denn nun wohl<br />

abgeschluckt hatte. Denkste de!<br />

Ich begann mich wieder wohl zu fühlen, da ein moralischer Erfolg nach dem<br />

andern sich einstellte. Alsdann begann ich meine Tagebücher zu führen<br />

worin ich fast jeden Tag Notizen machte. Das Erlebnis mit einem Mädchen<br />

zusammen zu sein war jedoch ständig wach. Ich dachte manchmal an das<br />

Mädchen das ich bei der Hochzeit gesehen hatte, das zwar in der Nähe<br />

wohnte aber es entstand kein Kontakt.<br />

Als ich dann auch noch die Pfarrbibliothek zu leiten begann, wobei mir der<br />

Pfarrer nahezu Narrenfreiheit liess um neue Bücher einzukaufen, da wurde<br />

ich zum Bücherwurm und frass mich durch sämtliche Lagen der Literatur.<br />

Ich konnte den Lesern, und ihre Zahl nahm ständig zu, mehr oder weniger<br />

den Inhalt eines Buches vermitteln. Ich konnte bestens beraten und diese<br />

Beschäftigung machte mir gewaltigen Spass, zumal da auch immer wieder<br />

Mädchen in meinem Alter auftauchten, die nicht nur schön waren und bei<br />

mir erotische Zuneigung hervorriefen. Nur war ich ganz besonders auf<br />

meiner Hut um eine feste Freundschaft zu schliessen. Ein Mädchen aus<br />

Oberkorn das ich besonders nett und auch liebenswürdig fand, liess mich<br />

wissen, dass es ihr unmöglich sei mich eventuell zu heiraten. Den wahren<br />

Grund hierzu konnte ich nie erfahren, aber ich nehme an dass sie ein<br />

physische Behinderung hatte, was ihren Standpunkt erklären könnte. Ein<br />

anderes Mädchen war eine Schulkollegin. Manchmal wurde ich eingeladen<br />

um ihr beim verfassen ihrer Aufsätze zu helfen. Es war eine bessere


Freundschaft aber keinesfalls eine Liebschaft. Es stellte sich dann auch<br />

heraus dass sie während einer Stagezeit für ihren Beruf, in Antwerpen<br />

einem anderen Schulkollegen den Vorzug gegeben hatte.<br />

74<br />

Bei meinen täglichen Zugfahrten jedoch begegnete mir ein anderes<br />

Mädchen, dessen Ausstrahlung mich wiederum in seinen Bann zu ziehen<br />

wusste. Sie fand einen Platz nahezu auf allen Seiten meiner Tagebücher.<br />

Solange ich aber in der Schule war, wollte ich mich nicht mehr festlegen,<br />

denn ich hatte die absolut jedermanns Geist verwirrenden Auswirkungen<br />

einer Liebschaft kennen gelernt. Der stärkste Wille kann wahrscheinlich<br />

nicht gegen diesen Naturtrieb ankommen. Genau in dieser Verfassung kann<br />

ich kaum noch einen freien Willen des befallenen Opfers erkennen, es sei<br />

denn man lässt sich nicht von dieser Spinne umgarnen.<br />

Die Sehnsucht steigerte sich demzufolge bis an den Tag wo ich wusste dass<br />

ich die Matura bestanden und das Schuldiplom in der Tasche hatte. Da erst<br />

nahm ich mir vor sie anzusprechen, denn das übliche freundliche „Moien“<br />

und „Äddi“ sollten jetzt auf mehr Kontakt ausgeweitet werden.<br />

Während dieser Zeit begann ich meine ersten Gedichte zu publizieren. In<br />

der Schule war ich als Schauspieler bekannt und wer sich die Gunst von<br />

Marcel Reuland, dem bekannten Schriftsteller und auch mein Professor in<br />

französischer Sprache, zu erobern verstand der hatte wirklich einen guten<br />

Trumpf in der Hand.<br />

So wurde ich schnell beim Professorenpersonal bekannt. Meine Schriften<br />

wurden überall mit grösserer Aufmerksamkeit gelesen. Ich fühlte mich<br />

bereits höher eingeschätzt als andere Zeitgenossen.<br />

Bei Marcel Reuland hatte ich einen Stein im Brett. Eine der drolligsten<br />

Begebenheiten mit diesem Professor ereignete sich in der französischen<br />

Grammatikstunde. Er hatte eine Frage gestellt und rief meinen Hintermann<br />

Armand Ronkar auf, ihm eine Antwort zu geben. Die Antwort, die Armand<br />

gab, war dummerweise so falsch dass der gute Mann sofort von seinem<br />

Stuhl aufsprang und zielstreberisch sich auf Ronkar zu bewegte. Unterwegs<br />

rief er noch: „Monsieur Regenwetter, dites lui ce qu’il fallait répondre.“ Ich<br />

kam überhaupt nicht zum Antworten, da hatte er mir bereits eine kräftige<br />

Handschelle verpasst. Ich schaute ihn verdutzt an und dann entschuldigte er<br />

sich bei mir mit : « Enfin c’était pas pour vous, c’était pour Monsieur<br />

Ronkar.“<br />

Eines jedoch möchte ich hier noch niederschreiben, was mir während der<br />

Schulzeit viel Freude bereitet hatte. Marcel Reuland belebte eine zeitlang<br />

das Schulfest mit einem Theaterstück. Diesmal stand auf dem Programm.<br />

„Luxembourg for ever“. Ein Stück in Luxemburger Sprache, das sich<br />

anlässlich des Luxemburger Nationalfeiertages auf irgendeiner Farm in


75<br />

Amerika abspielte. Bei der nun beschriebenen Szene war ich als Nigger,<br />

komplett geschwärzt und mein Kollege als Indianer komplett in Rot<br />

aufgetreten. Das Maquillage besorgte unser damaliger Zeichenprofessor. Er<br />

hatte auch die Kanone aus Karton und Sperrholz gebastelt. Während der<br />

laufenden Feierlichkeiten sollten der Indianer und ich einen Kanonenschuss<br />

abfeuern. Bei den Übungen tränierten wir den Schuss nur symbolisch indem<br />

ich abzählen sollte, 1, 2, 3 und dann sollte der Schuss fallen und um diesem<br />

Vorgang etwas Realität zu verschaffen sollen wir beide uns vor Schreck<br />

hinfallen lassen. Marcel Reuland meinte bis zur Hauptvorstellung hätte er<br />

schon eine Lösung um den Schuss hinter der Bühne abzufeuern.<br />

Als wir am diesen festlichen Tag vor dem mit Studenten gefüllten Saal auf<br />

der Bühne standen und uns allen bereits der Schweiss und bei mir die<br />

Schwärze sowie beim Indianer die Röte über die Wange tropfte, da nahte<br />

auch schon dieser ominöse Augenblick des Schusses. Um synchron zu<br />

bleiben zählte ich ab und nach 3 liessen wir beide uns wie besprochen<br />

rückwärts auf den Boden fallen. Doch von einem Knall oder Schuss war<br />

nichts zu vernehmen. Es blieb zuerst stumm im Saal, doch als ich dann<br />

Geistes gegenwärtig meinte: „Hast du wieder vergessen das Pulver in die<br />

Kanone zu geben?“ Da brach das Geheul im Saal aus. Hinter der Bühne<br />

hörte ich nur die Stimme von Professor Reuland: „Gut so, weiter so, ich<br />

lade noch einmal. Noch einmal, noch einmal.“<br />

Es wurde also noch einmal geladen und dann als ich von hinter der Bühne<br />

die Stimme von Marcel Reuland hörte: „ Ich bin bereit, schiessen“, begann<br />

ich zu zählen: 1, 2, 3. Wer da einen donnernden Knall von hinter der Bühne<br />

erwartet hatte wurde gewaltig enttäuscht. Es hörte sich so an wie „pätsch“<br />

und das war’s. Die Studenten im Saal grölten. Das Stück blieb eine kurze<br />

Weile an diesem Punkt hängen, bevor wir auf der Bühne wieder die Sprache<br />

gefunden hatten.<br />

Als wir uns nachher erkundigten was da eigentlich gepätscht hätte, zeigte<br />

uns der Professor einen Revolver auf den man früher einen Stopfen steckte,<br />

der mit einer Schnur befestigt war. Bevor unser Regisseur persönlich<br />

losdrückt musste ein Gehilfe ihm einen blechernen Eimer vor das Rohr<br />

halten, damit mehr Resonanz entstehe.<br />

In den darauf folgenden Vorstellungen hatte man eine dicke Trommel<br />

aufgestellt womit man den Schuss imitierte, was einigermassen der Realität<br />

entsprach.<br />

Seit diesem Theaterstück war an mir etwas hängen geblieben. Ich war bei<br />

den Kollegen ab sofort der Nigger oder der Bob und das bis ans Ende<br />

meiner Schulzeit und bei manchen darüber hinaus.


76<br />

Auch Herr Hallé war von meinen sprachlichen Kenntnissen begeistert. Als<br />

ich später Sekretär bei den Amitiés Françaises und er ebenfalls im Vorstand<br />

war hat er mehrere Male erwähnt dass er einige meiner Aufgaben so gut<br />

gefunden hatte dass er sich eine Kopie mit nach Hause genommen hatte in<br />

sein persönliches Archiv.<br />

Verlassen wir wieder die Erinnerungen an diese Schuljahre, die in mir<br />

immer wieder schöne Stunden wach rufen um den weiteren Verlauf meiner<br />

männlichen Reife zu verfolgen.<br />

Als Kirchensänger<br />

Wie es sich für eine katholische Familie passte, musste jeder der singen<br />

konnte in den Kirchenchor. Gerade zu dieser Zeit liefen die Proben an für<br />

die Passionsfestspiele in Differdingen. Man hatte eine grossartige<br />

Mannschaft zusammengestellt um die Passionsspiele unter freiem Himmel<br />

aufführen zu können.<br />

Die Bühne war das hügelige Gelände neben dem Fussballfeld der Red Boys.<br />

Tausende von Zuschauern strömten aus allen Ecken des Landes herbei. Die<br />

Sitzplätze befanden sich auf dem Fussballfeld. Der Chor in welchem ich<br />

mitsingen durfte hatte, für die Zuschauer unsichtbar, unter der Szene seinen<br />

festen Platz. Mikrofone übertrugen die Spiele und den Gesang in perfektem<br />

Ton. Alles in allem ein aussergewöhnliches Ereignis.<br />

Was mich persönlich aber am meisten bewegte, das war der Hauptakteur.<br />

Jesus, gespielt von Jim Pletschette, einem einheimischen Grubenarbeiter,<br />

dem man nachsagte er wäre ein ungläubiger Atheist! Er spielte jedoch seine<br />

Roller so perfekt dass man sich diesen Widerspruch kaum vorstellen konnte.<br />

Er hielt ganz besonders darauf während der Geisselung nackt am Pfahl<br />

angebunden zu sein und regelrechte Geisselhiebe einsteckte um dabei die<br />

gewaltigen Schmerzen zum Ausdruck bringen zu können.<br />

Zurück zu einer auf Sparflamme gelegten Liebschaft<br />

Ich musste im Auftrag des Pfarrers von Oberkorn Hostien dort abholen,<br />

wohin auch sie sich zu begeben pflegte. Nachdem ich aus dem Zug<br />

gestiegen war, verzögerte ich meine Schritte, damit sie zu mir aufholen<br />

konnte. Ich drehte mich um. Sie ging einige Schritte hinter mir und schaute<br />

mich mit strahlendem Gesicht an. Ich war sehr aufgeregt als ich sie bat ob<br />

ich sie eine Strecke begleiten dürfte. Ich war mir voll bewusst, dass auch sie<br />

diesen Augenblick herbeigewünscht hatte, denn sie willigte sofort ein und<br />

unser erstes Gespräch behandelte zwar Banalitäten, doch legte ich bereits<br />

die nächsten Möglichkeiten fest wann und wo wir uns treffen würden. Dies<br />

alles geschah gegen 13.30 Uhr an einem Nachmittag. Als ich dann 2 Tage<br />

später von andern Freunden vernehmen musste, dass ich eine neue


77<br />

Bekanntschaft gemacht hatte, da geschah in meinem Innern etwas durchaus<br />

Merkwürdiges. Ich war so enttäuscht über diese Klatscherei die Sie geführt<br />

haben musste wobei die Zuneigung zu ihr wie plötzlich vollständig und auf<br />

einmal abgebrannt erschien. Dieser plötzliche Wandel in meinem<br />

Gefühlleben, ausgelöst durch die Erfahrung dass sie nicht einmal die<br />

intimsten Momente zwischen uns beiden für sich bewahren konnte, störte<br />

mich so gewaltig, dass die einstige, mehr als tiefe Zuneigung sich radikal<br />

wandelte bis zum sofortigen Verzicht auf diese Freundschaft. Das konnte<br />

ich nicht ertragen und was sich in etlichen Jahren in mir als heimliche Liebe<br />

aufgebaut hatte löste sich ungewöhnlich rasch auf wie eine Gewitterwolke<br />

am Sonnenhimmel. Aus, fertig. Wer nicht die geringste Neigung zu<br />

persönlichen oder privaten Beziehungen pflegt, um diese auch privat zu<br />

behandeln, dem konnte ich nicht für eine eventuell gemeinsame zukünftige<br />

Beziehung glauben schenken.<br />

Eigenartigerweise zerbrach dies keinesfalls mein Herz. Gewiss es war ein<br />

Schlag für mich. Ich steckte ihn wiederum weg, wie einst die Prügel meiner<br />

Mutter und ich hatte bereits einmal anderswo geschlussfolgert, dass diese<br />

Prügel mich zu dem gemacht haben, zu einem Menschen der<br />

aussergewöhnlich hart sein kann im Einstecken, zumal wenn der Horizont<br />

der Ausweichmöglichkeiten weit offen stand.<br />

Ein eher glücklich zu bezeichnende Umstand half mir noch schneller über<br />

all diese schwierigen Stunden und Tage hinweg zu kommen. Auch die<br />

immer grösser werdende persönliche Entfaltungsspanne trug natürlich dazu<br />

bei, durch neue Bekanntschaften, neue Erlebnisse und Aufbruch in neue<br />

Welten der persönlichen Lebensgestaltung trugen zusätzlich dazu bei, diese<br />

Beziehung schnell zu vergessen.<br />

Der glückliche Zustand bestand darin, dass unsere Familie von Oberkorn<br />

wieder wegziehen musste um dann auf Differdingen Fousbann eine<br />

Dienstwohnung zu beziehen.<br />

Doch bevor dieser Umzug stattfand, war der grosse Tag gekommen an dem<br />

ich teilnehmen durfte am 7. internationalen Jamboree in Bad Ischl und das<br />

in dem noch vom Militär besetzten Österreich. Das freute mich ganz<br />

besonders weil mein Bruder bereits an dem vorigen internationalen Treffen<br />

in Moisson teilnehmen konnte.<br />

Ich weiss nicht welcher stümperhafte Pädagoge mich in eine wildfremde<br />

Pfadfindergruppe schleuste, nur kann ich hier bezeugen, dass dies wohl<br />

keine so gute Idee war, denn ich fühlte mich keinesfalls zu diesen gehörend<br />

und machte mich sozusagen selbständig. Ich war wenig gebunden und


78<br />

konnte mich entfernen wann und wohin ich<br />

wollte. Doch an den gemeinsamen Fahrten auf den Feuerkogel und an der<br />

Schifffahrt auf dem Wolfgangsee nahm ich selbstverständlich teil.<br />

Ich traf im „Weissen Rössel“ den Korrespondenten der Associated Press,<br />

dem ich bereits im Camp begegnet war. Dort trug er eine<br />

Pfadfinderuniform. Heute war er in Zivil. Und auch er erkannte mich wieder<br />

und wir kamen sofort in ein freundschaftliches Gespräch: „Weist Du wer<br />

dort in der Veranda sitzt?“ so fragte er mich. Natürlich konnte ich es nicht<br />

wissen. „Das ist Ralph Benatzki, der Schöpfer des Singspiels „Im weißen<br />

Rössl“, möchtest Du einige Worte mit ihm sprechen?“ Natürlich war ich<br />

begeistert. Benatzky stammte aus Tschechien. Er verstarb 6 Jahre nach<br />

diesem Treffen (16.10.1957).<br />

„Das wäre eine herrliche Gelegenheit um von diesem weltbekannten Mann<br />

ein Autogramm zu bekommen“, antwortete ich. Schon war der Kollege<br />

unterwegs und durch die Glastür hinein in die Veranda. Ich sah wie er mit<br />

dem Komponisten sprach, wie dieser an ihm vorbei in meine Richtung<br />

schaute und mich zu ihm winkte. „Von wo kommen Sie denn, junger<br />

Freund.“ „Aus Luxemburg“. „Ah, dann sind wir ja Nachbarn.“ Das verwirte<br />

mich zwar im ersten Augenblick, aber ich hatte bereits mein Notizbüchlein<br />

zur Hand und bat um ein Autogramm. „In Erinnerung an das Weiße Rössl<br />

am Wolfgangsee.“ So schnell und so knapp war unsere Unterhaltung. Da<br />

der gute Mann noch andere Leute bei sich am Tisch sitzen hatte<br />

verabschiedeten wir beide uns schnell und kehrten zu unsern Getränken<br />

zurück. „Der Herr Benatzky wird wohl nicht wissen wo Luxemburg liegt,<br />

wenn er meint wir wären dann Nachbarn. Er ist lebte ja in der Schweiz und<br />

bestimmt hat er Luxemburg mit Lichtenstein verwechselt.“ „Du kannst<br />

Recht haben“ meinte mein neuer Freund.<br />

Ich musste mit der Truppe weiter.<br />

Die Maultrommel auf der Plakette sowie der zum Sprung ansetzenden<br />

Gemsbock sollten mich später noch etwas beschäftigen.


79<br />

Am Abend traf ich ihn wieder, meinen Pfadfinderfreund, diesmal hatte er<br />

wieder die Pfadfinderuniform an. Wir sassen in einem rauchgeschwängerten<br />

Lokal mit vielen Gästen. Neben mir eine Ungarin, auch in<br />

Pfadfinderuniform. Diese schien sich an mir zu interessieren oder mich<br />

einwickeln zu wollen. Mein Korrespondent zog mich am Armzipfel hinaus<br />

zur Toilette und meinte dort: “Lass deine Finger von dieser Göre, die jeden<br />

anmacht. Sie treibt ein gefährliches Spiel.“<br />

Darauf hin schaute ich eben mehr zur meinen Linken und sprach mit der<br />

korpulenten Kellnerin die sich etwas Ruhe zu gönnen schien und soeben<br />

dort Platz genommen hatte. Wie es sich herausstelle aber anscheinend auch<br />

um dem interessanten Gespräch zu zu hören oder hauptsächlich um mich<br />

anzumachen. Mir wurde auf einmal klar welche Rolle ein Mann in einer<br />

Welt zu spielen scheint, die durch den letzten Krieg arm geworden war an<br />

Männern und so umschwärmten die bedürftigen, ja eher sollte man sie als<br />

lustgetriebenen Weibsbilder bezeichnen, besonders die Jugendlichen und<br />

damit die männlichen Gäste aus aller Welt. Aus dem Radio erklang immer<br />

wieder das Lied dieses Camps: Brüder auf nun hört die Melodie. Österreich<br />

ruft zum 7. Jamboree.<br />

Ein Pfadfinderkollege aus Oberkorn trat kurz in dieses Lokal ein, schaute<br />

sich um und als er mich erblickte sagte er mir er hätte einen Fahrer mit<br />

Auto. Ob ich nicht gerne mit ihm nach Bad Ischl fahren würde. Ich hätte<br />

dies wohl gerne getan, wollte aber zurück in den Camp, um dort zu<br />

schlafen.<br />

Plötzlich begann ein unheimliches Gewitter los zu brechen und die<br />

Wassermassen die damals über das weit ausgebreitete Campingfeld mit<br />

Hügeln und Tälchen niedergingen, verwandelten alle Zufahrtwege in grosse<br />

Seeflächen und mein Versuch an diesem Abend in unser Lager zurück zu<br />

gehen musste ich vergessen. Ich hatte keine Taschenlampe bei mir, nur<br />

etwas Licht vom Zeltlager erleuchtete die Schlammlöcher durch welche ich<br />

hoch wollte. Ich hatte Schuhe und Strümpfe ausgezogen und als das Wasser<br />

mir bis an die Hosenbeine reichte gab ich mein Vorhaben auf und ging<br />

zurück in die Kneipe, wo ich mir in der Toilette die Beine vom Schlamm<br />

befreite und dann wieder Strümpfe und Schuhe anzog.<br />

Mein Korrespondent sass noch immer am gleichen rustikalen Tisch. Die<br />

Ungarin war verschwunden, nur die korpulente Kellnerin lachte mir bereits<br />

zu als ich mich zu ihr setzen wollte. Der Mann von der Associated Press<br />

erblickte mich auch und fragte sofort: „Bist du nicht mit nach Bad Ischl<br />

gefahren?“ Natürlich erklärte ich ihm mein Vorhaben, dass ich aber sehr<br />

gerne auch Bad Ischl kennen lernen möchte und sofort erhob er sich, nahm<br />

mich beim Arm und wir verabschiedeten uns.


80<br />

In seinem Wagen fuhren wir in die Stadt. Wir kehrten ein in einem Lokal,<br />

was eher eine Bar war, wo eine Jodlerin die bei der Radiostation<br />

Blauweissrot angestellt war, ihre Lieder zum Besten gab. Eine kleine<br />

Kapelle unterhielt die Anwesenden mit flotter Ländlermusik. PS. Es kann<br />

auch sein dass der Sender Rot weiss Blau geheissen hat. Es gibt ihn heut<br />

nicht mehr, es könnte aber sein, dass der heutige Sender „Grün-weiss“ ein<br />

Nachfolger geworden ist.<br />

So geschah es dass mein Kollege die Jodlerin sofort interviewte und wir<br />

beide uns dabei näher kennen lernten. Ein schottischer Pfadfinder im Kylt<br />

kam auf uns zu und wollte die Jodlerin ebenfalls kennen lernen. Da er kein<br />

Deutsch und sie kein Englisch sprechen konnten, musste ich mich als<br />

Dolmetscher anbieten. Der Wirt hatte schnell mitbekommen was sich da in<br />

sehr kurzer Zeit abspielte, weil die Jodlerin immer länger wartete bis sie<br />

wieder einen Jauchzer von sich gab. Er redete mich an und als er erfuhr dass<br />

ich Luxemburger sei, da ging er kurz weg und kam mit seiner Frau zurück,<br />

die irgendwie Verwandtschaft in Luxemburg zu haben schien und mit mir<br />

sprechen wollte, über das bereits mehrmals von ihr bereiste Land. Das hätte<br />

eigentlich nicht passieren dürfen. Auf der Stelle bot der Wirt mir freies<br />

Getränk an, wenn ich in seinem Lokal als Dolmetscher behilflich sein<br />

wollte, denn es verkehrten so viele Ausländer hier, mit denen es ihm schwer<br />

fiel sich zu verständigen, zumal wenn sie besondere Wünsche hatten. Ich<br />

willigte ein. Er veranlasste die Kapelle einen Tusch auf mich zu spielen und<br />

kurz darauf spielte man den „Hämmelsmarsch“ in der Annahme unsere<br />

Nationalhymne zu spielen. Das hatte man so eingeprobt um bei den vielen<br />

Ausländern Eindruck zu schinden. Zum Spass setzte ich mich auch in die<br />

Kapelle und spielte eine dieser tausendmal heruntergeleierten Etüden aus<br />

meiner Klarinettistenzeit, aus purer Protzerei. Auch das schindete Eindruck<br />

und so geschah es, dass ich als einen der Ihrigen betrachtet wurde. Natürlich<br />

begeisterte das alles die anwesenden Gäste. In einem Nebenraum wurde mir<br />

alsdann aufgetischt, natürlich gratis. Zum Glück gab es nicht dieselben<br />

gekochten Kartoffeln im Essig, die man uns am Feuerkogel serviert hatte.<br />

Ich kann vieles Probieren und verweigere selten Hausmanns Kost. Doch<br />

diese Kartoffeln im Essig bekam ich nicht weg. Heute esse sehr gerne diese<br />

platten Kartoffelscheiben, gedünstet in Zwiebel, Lorbeerblätter und ein<br />

Schuss Essig darüber.<br />

In diesem Nebenraum sassen und assen auch manche Einheimische. Diese<br />

wollten alles Mögliche über unser Land erfahren und dann das Gespräch auf<br />

die Politik bringen. Es wunderte mich als der Wirt mich sofort beim Arm<br />

nahm und mir anriet mich nur gar nicht in ein solches Gespräch ein zu<br />

mischen, denn hier sassen, frühere Nazis, Tiroler Separatisten, echte<br />

Österreicher und was noch alles von Meinungsvertreter möglich war. „Sonst<br />

wird es auf einmal hier Mord und Totschlag geben“, meinte der gutgelaunte<br />

Wirt!


81<br />

Ich war gewarnt. Natürlich war ich begeistert von den aparten<br />

Bekleidungsstücken, die von den Einheimischen als Volkstracht getragen<br />

wurden. Einer in der Runde hatte einen Tirolerhut mit Gamsbart und genau<br />

so einen Gamsbart wollte ich haben. Bald hatte ich das Gespräch in diese<br />

Richtung gebracht und man erzählte mir als verfehlter Förster im grossen<br />

Eifer, wie in diesem Land gewildert wird, welches Wild noch in den Bergen<br />

geschossen werden kann und dann begannen die Jagdleute sich ihrer<br />

Trophäen zu rühmen. Einen der mir scheinbaren Angeber, der meines<br />

Erachtens sich am meisten hervortat mit seinen gesammelten Gamsbärten,<br />

den nahm ich mir aufs Korn und meinte: „Ich glaube Sie übertreiben wohl<br />

mit all diesen Gamsbärten.“ Da hätte man hören sollen was auf einmal los<br />

war. „Mit soviel Gamsbärten könnten sie doch einem Pfadfinder einen<br />

Gefallen tun und ihm einen verkaufen, doch werde ich wohl das Geld dafür<br />

nicht aufbringen können.“ Diese Aussage hatte einen unerwarteten Erfolg.<br />

Aller Augen waren jetzt auf den Gehetzten gerichtet. Jedermann stachelte<br />

ihn an sich doch endlich erweichen zu lassen. Er geriet immer mehr in die<br />

Bedrängnis. Dann sprang er auf: „Bleib hier Cowboy, ich fahre jetzt nach<br />

Hause und werde dir meine Sammlung zeigen.“ Gesagt getan. Sein Kollege<br />

hatte ein Motorrad vor der Tür stehen. Beide schwangen sich hinauf und los<br />

ging die Fahrt. Als sie nach geraumer Zeit zurückkamen, ich hatte bereits<br />

vermutet, dass dies nicht mehr geschehen würde, hatte ich bereits wieder<br />

meine Dolmetscherrolle spielen müssen, zwischen dem Schotten und der<br />

Jodlerin. Die Jodlerin wollte unbedingt wissen was er denn unter dem Kylt<br />

trage. Ich ahnte bereits Skandalöses, doch der rothaarige Schotte scheute<br />

sich nicht, erhob sich von der hölzernen Bank und hob seinen karierten<br />

Rock hoch und zu sehen war eine bunt karierte Unterhose aus denen<br />

kräftige Oberschenkel hervorstanden. Nahezu das ganze Lokal war auf den<br />

Beinen um sich zu überzeugen, dass die üble Nachrede, alle Schotten<br />

würden keine Unterhosen unter dem Kylt tragen, überhaupt nicht stimmte.<br />

Die Jodlerin küsste ihren neuen Freund und schmetterte einen separaten<br />

Jodler a capella, der uns allen in den Ohren schallte. Auch meinem Freund<br />

mit dem Gamsbart waren die Stielaugen wieder zurückgestellt und er zog<br />

mich hinein in die Räumlichkeiten, die nur der einheimischen<br />

Stammklientel reserviert war. Dort zog er drei verschiedene Gamsbärte aus<br />

seinem Jagdbeutel und meinte etwa so ähnlich: „Do, such dir einen raus,<br />

d’kannst ihn behalten. Du kriegst ihn umsonst, weil du so’n extra feiner<br />

Karl bischt.“ Die einheimischen gratulierten ihm für seine heldenhafte Tat<br />

und das Geschenk, das er mir machte. Ich war natürlich überaus begeistert.<br />

Ich kam nicht aus dem Staunen heraus und als ich meinen Pfadfinderhut<br />

mit dem Gamsbart schmücken wollte, da war er mir dabei behilflich. Er<br />

müsse an den Riemen festgebunden werden, damit er nicht leicht verloren<br />

geht oder geklaut werden kann. Noch immer schmückt diese, meine Bad<br />

Ischler Jagdtrophäe, die ich soeben ergattert hatte, mein Pult in meinem<br />

Büro und wenn ich ihn etwas näher in Augenschein nehme, dann


schmücken ihn auch noch einige herrliche Gräser aus der Puszta Ungarns,<br />

die mein Freund mir geschenkt hatte.<br />

82<br />

In dem Lokal war wahrlich etwas los, aber je früher es gegen Morgen ging,<br />

je öfter fielen mir die Augen fast zu und erst gegen 4 Uhr in der Frühe<br />

brachte mich der Wirt mit seinem Wagen bis vor die Tore des inzwischen<br />

zum Schlammboree gewordenen Campingfeldes. Er ging auch mit diesem<br />

Beinamen in die Weltgeschichte ein.<br />

Den beiden Liebhabern musste ich meine Adresse geben, damit ich die<br />

geschriebenen Liebesbriefe übersetzt weiter leiten konnte. Ich muss<br />

gestehen, dass ich diese Verantwortung leichtfertig übernommen hatte, was<br />

sich aber als immer schwieriger herausstellte. Denn das was der<br />

draufgängerische Schotte seiner Jodlerin schrieb, war alles als nicht galant,<br />

wenigstens in meinen Augen, und so kam es wie es kommen konnte.<br />

Erstens ohnmächtig die eher schlüpfrigen Nuancen bedeutungsgerecht zu<br />

übersetzen und dann die meist, aus meiner Sicht jedenfalls belanglosen<br />

Alltagsbemerkungen z.B. wie das Wetter sei, oder die Temperaturen<br />

draussen, trieben mich verführerisch dazu meine eigenen Gedanken und<br />

Bemerkungen in eher romantischen Art, in die Briefe an die Jodlerin<br />

einzuschmuggeln, was auf die Dauer aber immer unhaltbarer wurde, wenn<br />

die Jodlerin dann auf diesen Wortlaut antwortete und der Schotte überhaupt<br />

keine Ahnung hatte wovon sie schreibe. Eine solche Kupplerei wollte ich<br />

mir jedenfalls nie mehr aufhalsen, soviel hatte ich bei diesem Experiment<br />

gelernt. Doch der clevere Schotte hatte sich zu einem Deutsch Studium<br />

hinreissen lassen und die Jodlerin ihrerseits versuchte sich in englischer<br />

Sprache, sodass auf einmal der Briefwechsel von Liebesbezeugungen über<br />

eine Zwischenstation in meinem Dolmetscherbüro nicht mehr erwünscht<br />

war. Ich habe nie erfahren welches Ende diese Liebschaft genommen hat.<br />

Als ich an diesem frühen Morgen vor den Toren des Camp stand und mich,<br />

barfuss den Schlamm durchwatend, zu meinem Zelt vor arbeitete überfiel<br />

mich eine solche Müdigkeit dass ich, ohne mich auszuziehen, wie ein Sack<br />

auf meinen Schlafsack fiel und einige Stunden später fast nicht wach wurde<br />

als allgemeines Wecken war. Natürlich konnte ich mich immer wieder<br />

herausreden und behaupten ich wäre so lange bei meiner eigenen Truppe<br />

gewesen, was bei dem schlechten Wetter schnell als bare Münze verstanden<br />

wurde.<br />

Einen gewaltigen Eindruck auf mich machten am Tag des grossen als<br />

Abschluss geltendes Lagerfeuer die zumeist schottischen Dudelsackpfeifer.<br />

Eine regelrechte Heerschar von Musikanten hatte sich unsichtbar hinter<br />

einem der grossen Hügel aufgestellt, die wellenförmig die ganze Zeltstadt<br />

umgaben. Dann begannen sie zu spielen, was einen mächtigen Radau<br />

machte, ohne dass man wusste aus welcher Richtung diese doch<br />

unbekannten Töne aus den prall gepressten Dudelsäcken kamen. Plötzlich


83<br />

wippten über den Kamm des grossen oben abgeflachten Hügels die flachen,<br />

in schottischen Mustern aufleuchtenden Kepi mit Zipfel, auf und ab. Ein<br />

Raunen ging durch die tausend köpfige Zuschauerreihen. Dann folgten im<br />

nahezu berauschenden Takt die Köpfe der in breiter Front<br />

aufmarschierenden Bläser und so wie sich das Gelände hinter dem Hügel<br />

zeigte, wippten alsbald die noch weitaus vielseitig bunten Oberkörper im<br />

Takt wobei die Trommler mächtig ins Zeug hauten. Die vordersten Reihen<br />

der Musikanten folgten bereits dem wieder abfallenden Gelände, so dass die<br />

nahezu über ihnen nachrückenden Schotten wie aus einem unterirdischen<br />

Topf zu quellen schienen. Das Bild und der Ton waren kaum an Dramatik<br />

zu überbieten. Der Eindruck war unbeschreiblich. Es war als ob eine Armee<br />

sich aufbäumte um in die Schlacht zu ziehen. Furcht erregend und<br />

Beklemmung ausstrahlend, imposant, überwältigend, majestätisch, starr wie<br />

eine sich vorwärts bewegende multikolorierte und immer höher werdende<br />

Felswand oder Dampfwalze, die nahezu gerade auf meinen Standort zu<br />

marschierte. Das Gruseln befiel mich. Eine totale Hühnerhaut belegte mich<br />

und obschon ich die Sache realistisch ansehen und beurteilen wollte, fühlte<br />

ich plötzlich wie auch in meinem Innern die Eingeweide im Takt zu<br />

vibrieren begannen und genau diese Erfahrung am eigenen Körper liess<br />

mich im späteren Leben sofort verstehen wie so eine musikalische<br />

Vibrationstherapie auf die einzelne Organe sich auswirken kann, damit<br />

diese aus einem schlafähnlichen und damit krankhaften Zustand zum<br />

erneuten Funktionieren wachgerüttelt werden. Das war ein grandioses<br />

Schauspiel das ich niemals vergessen werde. Ich hatte bei diesem Anblick<br />

und bei diesem höllischen Spektakel nicht allein das Empfinden, dass solch<br />

ein Aufmarsch vor einer Schlacht viele Feinde bereits in die Flucht schlug<br />

oder zum Entsetzen brachte und so diese ganz gewiss vor dem<br />

nachfolgenden Kampf bereits moralisch geschwächt waren.<br />

Ich lerne Motorradfahren<br />

Heini war ein Eisenbahner. Er war auch Fischer und Kaninchenzüchter.<br />

Seine Frau war sehr korpulent und Mutter eines Kinder. Heini hatte auch<br />

eine komplett aus Leder bestehende Kleidung, die er anzog um auf dem<br />

Motorrad zufahren.<br />

Eines Tages wollt er mir das Motorradfahren beibringen. Das geschah<br />

ausserhalb Oberkorn auf einem Feldweg der parallel zur Seilbahn bis in den<br />

Wiesengrund führte. Dort mündete er durch ein rostiges Tor in einen Pferch.<br />

Es war im Hochsommer. Die Grannen der Gerste begannen sich zu neigen<br />

und die Zeit der Mahd nahte. Heine hatte mich auf dem Sozius bis dahin<br />

gebracht wo der Feldweg begann. Dann setzte er mich auf den Fahrersitz,<br />

sich selbst auf den Beifahrersitz und beim Geknatter des laufenden Motors<br />

gab er mir seine Anweisungen. „Kupplung langsam kommen lassen und<br />

dann langsam Gas geben.“ Ich zögerte keinen Augenblick, denn Heini war


84<br />

ja bei mir. Denkste! Es musste daran gelegen haben das ich nichts von<br />

alledem langsam gemacht hatte, als ich mich fest an der Lenkstange<br />

anhalten musste, weil das Motorrad wie ein bockiger Esel vorne hoch ging<br />

und mit mir davon brauste. Heini blieb hinter mir auf der Strecke liegen.<br />

Das Gleichgewicht hatte sich bald eingestellt, doch wie und wo schalten,<br />

wie bremsen? All das hatte ich noch nicht erfahren. Es war wirklich ein<br />

gutes Gefühl so zu brausen, aber nicht weit vor mir bemerkte ich die<br />

geschlossenen Pferche. Absteigen, auf keinen Fall. Wenden, aber wie? Das<br />

Ende des Feldweges kam schneller näher als mir lieb war. Und weil ich<br />

auch nicht wusste wie man den Motor abstellen kann, rettete mich der<br />

gesunde Menschenverstand. Ich bog ab in die Gerste. Die Halme verneigten<br />

sich auf beiden Seiten als ob sie mir Ehre erweisen wollten. Indem ich also<br />

eine Schneise durch die Gerste zog war ich wieder in Fahrtrichtung zu<br />

meinem Retter. Als ich endlich in seiner Nähe war um die nächsten<br />

Handgriffe zu erlernen, musste ich noch über den Graben am Wegesrand.<br />

Und genau da wo ich es nicht erwartet hatte blieb das Motorrad stecken. Der<br />

Motor versagte die Dienste.<br />

Kurz danach aber war es so weit, dass Heini mir alle notwendigen Griffe<br />

beigebracht hatte und bald fuhren wir beide gemeinsam und ich war mächtig<br />

stolz auf mich.<br />

Nahe am Tode vorbei<br />

Im Herbst desselben Jahres lud Heini mich ein, mit ihm, auf seinem neuen<br />

Motorrad, eine Spritztour zu machen. Es war kurz bevor die Dämmerung<br />

hereinbrach als wir auf der alten Strasse bei Dippach bergab in Richtung<br />

Luxemburg fuhren. Am Strassenrand lagen bereits die ersten Blätter die von<br />

den hohen Bäumen gefallen waren und es begann auch noch zu nieseln. Auf<br />

der ganzen Strecke überhaupt kein Verkehr. Wir fuhren in der Mitte der<br />

Chaussee.<br />

Das neue Motorrad war beachtlich schneller als der alte Kasten und Heini<br />

streckte in seinem Übermut alle Viere in die Luft. Doch dies wurde uns zum<br />

Verhängnis. Es musste ein abgebrochener Ast gewesen sein, der auf der<br />

Strasse lag, der den freihändigen Fahrer aus dem Gleichgewicht gebracht<br />

hatte. Wir näherten uns gefährlich dem Strassenrand wo die nassen Blätter<br />

sich ins Geschehen einmischten und ehe wir uns umgesehen hatten war es<br />

passiert.<br />

Ich spürte wie ich über die nasse Wiese rollte und konnte mich aufrichten<br />

ohne dass ich etwas gebrochen hatte. Das Licht am Motorrad brannte noch,<br />

der Motor drehte noch und Heini kroch zu seinem Lieblings Spielzeug und<br />

drehte den Zündschlüssel. Die Lenkstange war gebrochen und im ersten<br />

Augenblick bestand keine Aussicht auf Hilfe. Wir sassen tatenlos am


85<br />

Strassenrand, salbaderten über den Unfall, waren froh dass nichts<br />

Schlimmeres passiert war, denn die Lenkstange war beim Streifen eines der<br />

Strassenbäume abgebrochen.<br />

Im Halbdunkel näherte sich ein Licht auf der Strasse. Es war ein einsamer<br />

Fahrradfahrer auf dem Heimweg. Heini stellte sich mitten in die Strasse um<br />

den Radfahrer anzuhalten, um ihn zu bitten uns Hilfe zu schicken, doch<br />

dieser wechselte sein gemütliches Kurbeltempo in einen plötzlichen Sprint<br />

und raste in völliger Panik an Heini vorbei.<br />

Wer bleibt schon in der Dämmerung vor einem wildfremden Menschen<br />

stehen, der breitspurig im Wege stand, wie Heini sich fast immer gab, wenn<br />

er etwas zu sagen hatte, und dazu in seiner dunklen Lederkleidung um Hilfe<br />

bettelte. Der Reflex war absolut normal und weit und breit war keine Seele<br />

zu sehen.<br />

Dass das Motorrad noch funktionsfähig war wussten wir, doch ohne eine<br />

Lenkstange war es unmöglich zu fahren. In der Not frisst der Teufel<br />

Stubenfliegen. Heini begann nach einen auf dem Boden liegenden Ast zu<br />

suchen, den er in die beiden offenen Röhren stecken konnte. Mit etwas<br />

Glück konnte er das Ganze zusammenhalten und gleich ging es im ersten<br />

Gang los und wenn auch spät, wir kamen jedenfalls nach Hause. Meiner<br />

Mutter war es gleich aufgefallen, dass meine amerikanische Weste auf dem<br />

Rücken komplett voller grüner und brauner Streifen war. Diese rührten von<br />

meinem Gleitflug über die Wiese, doch den Unfall beleuchten, das konnte<br />

ich meiner Mutter nicht antun. Ich gab vor wir hätten uns bei einem<br />

plötzlich einsetzenden Regenguss unter einen Baum geflüchtet und die<br />

Streifen würden sicherlich von der Rinde des Baumes herrühren. Die gute<br />

Frau schluckte diese banale aber zu meinem Glück für sie plausible<br />

Erklärung und damit hatte sich’s.<br />

Ich muss aber einen weiteren Unfall hier beschreiben den Heini etwas später<br />

mit seinem neuen Motor mit Beiwagen hatte, als er an die Maas zum<br />

Fischen fahren wollte. Im Beiwagen hatte seine gewichtige Frau Platz<br />

genommen und dazu das Kleinkind auf ihren Schoss.<br />

Die Fahrt führte durch kleine Dörfer, doch Heini hatte so einen<br />

Rennfimmel, dass er das Motorrad mit dem schweren Beipack nicht richtig<br />

in eine Kurve lenken konnte. Ihm war Glück im Unglück hold, denn das<br />

Gefährt rannte so ungestüm auf einen eisernen Lampenmast drauf, dass das<br />

Gestänge des Seitenkarrens vom Motorrad glatt abbrach und Heini<br />

geradewegs in einem Misthaufen landete. Der Karren mit seiner Frau und<br />

dem Kind aber rannte auf dem einzigen Rad in einen Bauernhof und<br />

geradewegs durch die offen stehende Tür des Hausganges, wo er sich<br />

zwischen den Wänden festklemmte.


86<br />

Besoffen<br />

Umzug<br />

Militärzeit<br />

Angestellt<br />

Probleme mit dem Fortschritt.<br />

Vorschlagwesen<br />

Erneut verliebt<br />

Neubau eines Hauses<br />

Heirat<br />

Das Leben wird organisiert<br />

Die Kinder<br />

Neubau eines eigenen Hauses<br />

Ferien<br />

Geldprobleme<br />

Zukauf einer Parzelle um Nachbarn auszuschliessen.<br />

Prosa<br />

BETRÖFFT DE<br />

„GÖLLENEN REGULUS“<br />

DE MIR IWERRESCHT ASS GIN<br />

AM HAUS VUN DER NATUR<br />

Den 5.1.2001 am Kader vum Neijoersdronk.<br />

Usproch vum Henri Regenwetter.<br />

Leiw Frënn!<br />

Fir t'eischt soen ech Iech emol alleguerten Merci <strong>fir</strong> di grouss Eier,<br />

mat der Dir mir haut hei eng grouss Fréd macht.


87<br />

Vun den Goldhinnerchen hun ech zwar och zwou lieweg Zorten bei<br />

mir hanner dem Haus, am Dännebösch. Munchmol orchestreieren<br />

sie am Trapp eng schein lieweg an och fuerweg Pipsshow.<br />

Haut heieren ech nemmen mei bis 1<strong>2.</strong>000 Hertz an duer<strong>fir</strong> muss ech<br />

mech mat hirer Show eleng zefridde gin. Dé göllenen hei, dé kann<br />

ech elo all Dâg kucken.<br />

Wann der erlâbt, soen ech e puer Wieder zu menger kurzer<br />

Biographie. Wât wâr, wât ass an wât nach ka kommen.<br />

Schon mat 7 Joer sich ech als Wöllefchen, virum Krich zu Rodange<br />

bei de Scouten mat eraus an t'Natur kom. Lampech bei der Schuller<br />

Gare, war eng wonnerbâr a romantesch Platz <strong>fir</strong> ze Campeieren, <strong>fir</strong><br />

an der freier Natur ze spillen. Schon do konnt ech allerhand Planzen<br />

an Deiere kennen leieren. T'Upassung un meng Liewenskomeroden<br />

huet do ugefangen.<br />

Ech hun verschidde Stadien passeiert an sin dann zu Uerwerkuer als<br />

Patrullechef, durno als Scoutsmaster emmer mei an t'Liewen, mat<br />

Mönschen - an an der Natur era gezu gin. Esou guer nach nodém<br />

ech eng fest Arbecht op der Schmelz hât, hun ech mech a menger<br />

Freizeit freiwölleg zu Uewerkuer agesât, bis meng Elteren mat eis op<br />

Zolver geplönnert sin.<br />

T'Natur mat hieren villen Facetten, hat mech grëndlech gepâkt. Vill<br />

Frënn, dénen et selwegt gangen ass, ware berét mat mir duerch<br />

Deck an Dönn ze goen. Zwé vun mengen beschten Scoutsfrenn sin<br />

direkt an de Canada ausgewandert an hun hiert, wahrscheinlech net<br />

nemmen Trapper - Liewen do gemacht.<br />

Ech wollt zwar och emmer fort an t'Welt, hun mech awer do<br />

zreckgehâlen, an sin 1965 vum Aquariumsclub Diskus vun<br />

Deifferdeng als Delegeierten genannt gin an der Federatioun vun<br />

den Aquarianer, FELAT genannt.<br />

Ech war doduerch mat derbei wei am Eisebunnerkasino zu<br />

Bouneweg t'NATURA gegrennt ass gin. Vun Ufank un gouwen et<br />

awer Schwieregkéten do, an ech hun schon démols net verstânen,<br />

<strong>fir</strong>wât do sech direkt en ongleckleche Spaltpilz entweckelt huet, dén<br />

menger Ménung no, der Entwecklung vum Naturschutz an eisem<br />

Land neischt genotzt huet.<br />

Ech war bâl an all Versammlung vun der NATURA derbei an hun<br />

eifreg matgeschafft, ouni mech je vir- oder opzedrängen. Au<br />

contraire, ech hun emmer "speziell" Arbechten zougeschouschtert


88<br />

kritt! Do hun ech och festgestallt, dat an eisem Land Allmeigleches<br />

geschützt sollt gin, nemmen et huet kén spezifesch un t'Amphibien,<br />

un t' Klengfösch an virun allem un t'Wasserplanzen geduecht. Kén<br />

huet sech esou richteg duer<strong>fir</strong> agesât, ganz einfach, well déi net esou<br />

populär waren a muncherén sech virun enger Mouk schuddert!<br />

Virun 28 Joer hun ech mir en Härz geholl an hun t'AAT am Kader vun<br />

der FELAT gegrönnt. AAT ass d'Ofkierzung vun eisem démolegen<br />

Vereinsnumm, Amis des Aquario- et Terrariophiles du Grand-Duché<br />

de Luxembourg. Mir wollten t'Frenn sin vun den Aquarianer an<br />

Terrarianer. Et hécht also net "den AAT ass och do" oder "bei der<br />

AAT ass et flott", mé richteg ass ze soen, ech sin Member vun den<br />

AAT. AAT ass also eng Mehrzahl! Dat niewebei!<br />

Mam Henri Rinnen, mam Josy Braun, an mam Théo Peffer hun ech<br />

Radio- an och Televisiounsemissiounen gemacht. Wuelgemirkt, all<br />

Emissioun ass op dem Pobeier virberét gin. T'Froen an t'Äntwerten,<br />

dorobber hun ech gehâlen, well ech mir gesôt hun et wir unsönneg<br />

déi kurz Zeit ze verplemperen, <strong>fir</strong> nemmen irgend eppes do ze<br />

schwadronneieren.<br />

Des Sendungen waren inhaltlech gudd duerchduecht a gefiddert vun<br />

eisem aktivem Naturschutz! Wei iwer t'Nozucht vum Bitterling, vun<br />

den Ellercher, vu Fräschen a Mouken, am Aquarium an am<br />

Terrarium hun mir am ganze Land eppes ugekurbelt wat senges<br />

gleichen gesicht huet. T'Kâlwasseraquaristik huet ugezun.<br />

Mir hun konsequent Fräschenzenk opgericht, wat ueschtert t'Land<br />

nogemacht ass gin!<br />

Bref, Dir könnt e bedeitenden Dél vu mengem Lieweslâf noliesen an<br />

der Jubiläumsbroschür vun den AAT, dei virun e puer Joer eraus<br />

kom ass. Sie ass nach ze kreien.<br />

Ech hât eng Suerg, well t'NATURA net esou vill égen Initiativen<br />

ergreifen konnt - et waren nemmen e weineg Privatmemberen<br />

ageschriwen déi esou Saachen hätte kenne machen - do hun mir an<br />

dem Club e puer Aktiviteiten <strong>fir</strong> NATURA mat organiseiert, an esou<br />

guer exékuteiert. Mir wollten mam gudde Beispill <strong>fir</strong> goen, an als<br />

Memberverénegung vun der NATURA - der Dachorganisatioun, och<br />

Aktiounen am Numm vun der NATURA machen. Ech erennere un eis<br />

Aktiviteit <strong>fir</strong> t'NATURA - PLAKETTE an der Aktioun MEI NATUR EM<br />

T'HAUS, un eisen Asatz beim Ministère du Tourisme, am Num vun<br />

der NATURA, an der Jury fun dem "Concours: Schien Dierfer a<br />

Stied" mat zemachen.


89<br />

Den Dag fum HAUS VUN DER NATUR ass kom. Ech sin mam René<br />

Schmit hei iwer den Terrain gangen an hun bedauert, dat mir net dei<br />

démoleg Ruin ganz ofgerappt hun. Nemmen e puer Hâsteng an der<br />

Fassade hun als Virwand gedenkt, <strong>fir</strong> den Denkmalschutz eraus ze<br />

fuerderen - an hun beim Neibau ronderem déi puer Steng onnetz<br />

Millioune kascht - déi anerwärts hätte gudd Uwendung könne fannen.<br />

Am Hannerkap awer war bei verschidden Leid kén ânere Gedanken,<br />

wéi eng Brems ze (er)fannen <strong>fir</strong> t'Expansion vum Camping a<br />

Sportkomplex a Richtung Roeser! Do<strong>fir</strong> waren also nemmen dei<br />

"bescht" Argumenter, also déi puer Hâsteng gudd, déi démols jo och<br />

gezun hun!<br />

Ech wollt versichen meng praktesch Bauerfahrung, hei mat eran ze<br />

brengen dei ech selwer als Bauhär hât (well ech bei mengem Haus<br />

Architekt an Bauléder war). Dat ké Keller an dest Haus hei gebaut<br />

ass gin, war net déi lescht wirklech onduerchduechten Arbecht. Et<br />

hätten mam kompletten Ofreissen, an och bei aner nofolgenden<br />

Projetsen, wou ech op reell Komplikatiounen higewisen hun, vill<br />

Milliounen kenne gespuert gin. Op en Hoer wâr och nach e Gappené<br />

an de Sand gesât gin!<br />

Ech hât meng Grönn vir net op t'deck Tromm ze schloen! An menger<br />

Entwecklungszeit hât ech am Ömgang mat der Jugend an iwerhapt<br />

mat menger Emwelt esou vill Mönschekenntnis opgebaut, dat ech<br />

mir emmer gesôt hun, kritiseier neischt wat's de net selwer besser<br />

mache kanns, an dann awer och mache wölls. Bretz dech net mat<br />

vermengtlechem Besserwössen, mé mam Bessermachen. Dat hun<br />

ech och an eisem Klub emmer erem esou gesot, an hun och drop<br />

gehâlen, dat én iwer eppes kann diskuteieren, awer selwer nie<br />

engem aner seng freiwëlleg Arbecht soll kritiseieren, wann én net<br />

berét ass et selwer besser ze machen.<br />

Den Erfolleg ass net ausbliwen, an mat enger groussarteger Equipe,<br />

konnte mir bis haut eise Mätsch machen. Nemmen et ass gangen<br />

wei et emmer gét. Wann én am Liewen Succès huet, dann verquesst<br />

dén én oder dén aneren dat net.<br />

Ech hun all dei Joeren villes vum Vereinsliewen op eist Privatliewen<br />

geprafft. Menger Frâ a mengen 3 Kanner, soen ech hei <strong>fir</strong> all hirt<br />

Verstéesdemech en öffentlechen Merci. Sie hun mech emmer<br />

ennerstötzt, net nemmen wann Nout um Mann oder un der Frâ wâr.<br />

Mat Studierésen, Sortien an Virtrég konnt bâl e richtege<br />

Familjebetrieb opgebaut gin, dén haut nach virbildlech a kräfteg an<br />

der Matarbecht hei am Haus, beim Fest vun der Natur, beim<br />

Kürbisfest, beim Baurendag weider liewt. T'Frendschaft an


90<br />

t'Kollegialiteit ass dat wonnerbarst wat én an engem Verein ka<br />

fannen, wa keng Quierkäpp Möscht bauen.<br />

Eppes war mir, an ass och Iech secher bewosst. Hei am Haus sin<br />

zwéerlé Zorte Leid aktiv.<br />

Op der enger Seit dei Leit déi t'Vereiner an der Richt hâlen, an<br />

domadden och t'Verénegung Haus vun der Natur. Sie schaffen ouni<br />

bezuelt ze gin, am Asatz <strong>fir</strong> t'Sach, <strong>fir</strong> den Natur an Emweltschutz.<br />

Op der anerer Seit sin déi, déi onbedingt zu Höllef hu missen geruff<br />

gin, an déi <strong>fir</strong> hier Arbecht bezuelt gin (iwregens léschten sie eng<br />

unbedengt bewonnernswert Arbecht, dat well ech besonnesch hei<br />

erfier streichen).<br />

De Beweis ass domadden erbruecht gin, dat mam Naturschutz och<br />

Geld ka verdengt gin, an dat war é grousse Schrött no <strong>fir</strong>.<br />

Zesummen konnten grouss Projetsen attakeiert gin an et konnten<br />

wirklech och Sousen derbei verdengt gin. Domadden konnten mir eis<br />

déi bezuelten Matarbechter léschten.<br />

Nemmen zenter eis Regierung och NATUR- an EMWELTSCHUTZ<br />

wöllt machen, gesin ech eis Verénegungen am Clinch mat dem<br />

Emweltminister, dén am Fong t'Härzstéck, de Leader soll sin vum<br />

NATUR- an EMWELTSCHUTZ hei am Land.<br />

A Wirklechkét ass en awer zu engem Klompfouss gin, well déi Hären<br />

et net emol färdeg brengen <strong>fir</strong> hier wertvollst a böllegst Matarbechter<br />

ordentlech ze bezuelen. Eng Verpflichtung dei si awer agange sin. Et<br />

ass dese Moment muscht Loft hei am Haus. T'Vertrauen an de<br />

Management aus dem Ministerium ass verluer gangen.<br />

Wann mer net iwer 80 Milliarden Reserven op de Keip leien hätten,<br />

an eis Regierung finanziell um leschte Lach geng peifen, da geng<br />

ech jo nach Munches verstoen.<br />

Milliounen awer gi vergammelt, an t'Gesetzer sin anscheinend net<br />

mei <strong>fir</strong> all Mönsch do. Wann én Privatmann senge Leit keng Pei méi<br />

ka gin, dann ass hien faillite.<br />

Ech erwähnen dat alles, well ech perseinlech vun dem ganzer Misère<br />

esou frustreiert sin, net nemmen iwer eise Klub eraus, ma dobei<br />

nach e wéineg ganz privat. Ech könnegen an eisem nächsten<br />

Heckefräsch meng Bedenken un, ob ech iwerhâpt nach eng Minut<br />

mei lang mat esou Leit soll zesummeschaffen, déi engem seng


91<br />

Matarbecht, zum Wuel vun eisem Land wéder richteg konsidereieren<br />

nach de Léschtungen entspriechend respekteieren!<br />

Wât notzen eis bretzeg Feieren am Joer vum Volontariat. Am Platz<br />

dat mir wertvoll Arbechte machen, verplemperen mir eis t'Liewen<br />

mam Streiden <strong>fir</strong> dem Staat seng Scholden bezuelen ze können, dei<br />

hien eis hei opgelueden huet. Dar résuméiert sech an engem Sâtz. A<br />

Platz ze animeiren, frustreiren se eis!<br />

Dat fannen ech eng onbeschreiwlech Gemenghét, déi hieresgleichen<br />

sicht.<br />

Als Präsident von den AAT hun ech ni en Huesepâd an d'<br />

Administratioune getreppelt. Mein Komitee war emmer der Ménung<br />

mir sollten mat eisen Léschtungen beweisen wat mer können, an ech<br />

mengen weinstens, dat mir dobei réusseiert hun, nemmen ob se<br />

wirklech unerkannt si gin, dat stét an engem anere Buch!<br />

Ech gesin awer nach verschidden aner Aspekter, déi net ze<br />

vernoleissegen sin. Hei am Haus hun sech verschidden<br />

Verénegungen zesomme font, <strong>fir</strong> zesummen an déi selwecht<br />

Richtung ze schaffen.<br />

Ech gesin dobei verschidden Zich, mat verschidden Lokomotiven<br />

enner Damp, déi zwar op enger gemeinsamer Spur, dem Natur- an<br />

Emweltschutz fueren. Et ass eng normal brétspureg Bunn, an do<br />

drop fueren déi verschidden Zich all an déi selwecht Richtung. Môl<br />

ass, oder wöllt dén én un der Spötz sin, môl ass, oder wöllt den<br />

âneren un der Spötz sin.<br />

Et get heibannen Lokomotivführer, déi keinten an engem Owend drei<br />

verschidde Cheminots-Kâpen opsëtzen. Fun dém âneren<br />

Zugpersonal, dât aus enger voiture an die âner sprengt, schwetzen<br />

ech emol net. Lenks a riets lâfen dann och nach Schmuelspuerbunnen.<br />

Alles wöllt an dei selwecht Richtung. Et könnt vir, dat én<br />

Zuch dem Zichelchen oder den Zichelchen dem Zug (méschtens am<br />

Kalennerprogramm) am Wé ass. Et sin awer bis elo schon vill gudd<br />

Weichen agebaut gin, an der Zesummenarbecht, besonnesch bei<br />

eise Fester.<br />

Wéinie fueren mir allegueren op engem enzege Gleis, mat engem<br />

globale Programm?<br />

Mir leiden scho lang un enger ganz beiser Zivilisatiouns Krankhét,<br />

dei och mat Schold un dénen villen Zichelcher ass!


92<br />

Am Allgemengen get gesôt, t'Leit gengen emmer mei egoistesch gin.<br />

Do gesin ech de Problem net esou direkt. Dat gesin ech nach als<br />

t'Natur am Mönsch un. Ech gesin de Problem vill mei an engem<br />

gefeierlechen esouguer béisartegen Individualismus zwöschen<br />

Rivalen. Des Rivalitéit ass geint t'Gesellschaftsliewen gericht.<br />

Jidderén huet et haut licht eleng duerch t'Liwen ze kommen, ouni<br />

Kollegialiteit, ouni Frendschaft, ouni Menscheleift, grad dât wat eis<br />

Generatioun, besonnech nach duerch de Krich geprägt, nach gefillt<br />

huet. Mir hun et noutwendeg fonnt, dat mer zesumme stin, <strong>fir</strong> mat<br />

dénen aner zesummen Léschtungen ze brengen, déi mer eleng net<br />

färdeg brengen. Wei oft schon hun ech geziddert, wann an enger<br />

Versammlung op emol Én ganz nervös explodeiert ass a gesôt huet<br />

"elo gin ech hém", oder "dir macht jo dach nie wéi ech et gär hätt".<br />

Dese schlömmen, oft och aus Neid entstânenen Individualismus ass<br />

t'Gefor <strong>fir</strong> eis Verénegungen, an ech färten mir kreien dese Problem<br />

vun der Wuelstandsgesellschaft nach esou bâl net an de Greff, well<br />

dén Enzelen sech net mei selwer kontrolleiert kritt, oder net wöllt, an<br />

mengt sech durchsetzen ze missen! Et gett leider Organistiounen,<br />

déi d'Onzefriddenhét aam Vollek priedegen an dofunnen liewen!<br />

Jidderén wéss alles besser, awer net jidderén wöllt oder ass kapabel<br />

alles selwer besser ze machen. Déi Méscht färten genau dât, wât se<br />

awer selwer praktizéieren. Kritik!<br />

An elo de Schrack an t'Zukunft.<br />

Wa mer scho bei der Kritik sin, dann well ech hei nach<br />

erfierstreichen, dat mir als AAT schon e Strapp am Clinch mam<br />

Ministère de l'Environnement sin. Mir fillen eis mat engem Subside<br />

vun 40.000 Frang an engem Ausgabebudget vun 1.000.000 Frang<br />

awer och guer net chaperonneiert vun desem Ministère! Trotzdém<br />

hun mir durch vill freiwellegen Asatz, an mat der Höllef vun ville<br />

gudde Memberen, eis Publikatiounen eraus kenne gin, déi bei eise<br />

Memberen och gudd ukom sin. Trotz "Kuele"mangel an eiser<br />

Lokomotiv, konnten mir am Weidendall en Botanesche Gaart uléen,<br />

dén am Ufank guer net esou grouss geplangt war. Iwer 1 Millioun<br />

Valeur ass schon dragestach gin! Do sollten nemmen déi<br />

geschützten Wasser- an Uferplanzen, Fösch an Amphibien nogezillt<br />

gin, verbonnen mat enger sozialer Aktioun.<br />

Haut stin mir, nom plötzlechen Stieffall vum Neckel Rollenger, do<br />

glad ewech am Rén an mir gin schon e ganzt Joer do stoe geloss,<br />

opschon mir schon esou vill der scheiner Wieder heieren hun vun all<br />

déne Leid déi ouni sech ze schummen, glad ewech mat<br />

gesplecktenen Zongen schwetzen. T'Önnerstetzung ass esou minim<br />

gelâf, dat mir haut zu der Iwerzégung kom sin, dat wann an den


93<br />

nächste Meint sech neischt am Weidendall dét, dann ass dem<br />

Rollinger Neckel sein Liewenswierk an eis Natuschutzarbecht a<br />

grousser Gefor. Wou bleiwt do t'Ennerstetzung vum Volontariat?<br />

Eng Réunioun, déi am Kader vun dem zukünftegen<br />

Naturschutzgebidd Mamerdall sollt stattfannen, mat dénen<br />

verschiddenen Instanzen, mam Emweltminister, mam Fieschter, mat<br />

denen 2 Gemengen Koplescht an Kehlen, mat der Caritas, mat dem<br />

Schoulpersonal vun dem Lycee Technique agricole vun Ettelbreck,<br />

ass an t'Wasser gefall (weinst dém kaum hiwelegen Sommet zu<br />

Nice) an ass bis dato nach net erem nei fixeiert gin.<br />

Ech geseich hei eng Chance, dei am Kader vun den Arbechten vum<br />

Haus vun der Natur eventuell keint studiert gin. Et soll én net<br />

vergiessen, dat sech am Mamerdall eppes dét. Wuelverstânen, elo<br />

ass et nach t'Arbecht vun engem Jangeli. Geschwenn awer fiert do<br />

den Zuch brétspureg fort, well et ass geplangt <strong>fir</strong> zu Schensels en<br />

"Centre d'Accueil" ze schaffen, an wann mir dât als AAT net eleng<br />

packen, da sin all Chancen vergin, da machen aner Leid dât, wat mir<br />

mat der Société des Naturalistes, mat dem Musée d'Histoire<br />

Naturelle an mat dem UICN onbedengt wollten zesumme machen,<br />

nämlech Planzen an Deieren, déi a Gefor sin, do nozillen! "Eng<br />

station de reproduction de plantes, de poissons et d'amphibies en<br />

péril". Dât gött elo als Zukunfts - Programm vun den Botanesche<br />

Gärt an Zesummenarbecht mat private Leit weltweit ugesin. Mir hun<br />

jo neischt Gleichwerteges hei am Land. An des émoleg Chance<br />

sollte mer net verpassen. Ech mengen t'Haus vun der Natur wär do<br />

och gefrot. Iwer ons Somelöschten an mam Kraidergaart zu<br />

Wanseler an mat eisen internationale Verbindungen, an wann<br />

t'Verénegungen zesumme stengen, dann hätte mir eng virtrefflech<br />

Viraussetzung do <strong>fir</strong> des Aufgab ze iwerhuelen.<br />

Grad de Botanesche Gaard am Weidendall bidd en<br />

aussergeweinlecht Potential, mat nach net erkannten Aktiviteits -<br />

Meiglechkéten op dem Gebidd vum Naturschutz. Naturbeobachtung.<br />

Bekäschtegung op der Platz. Iwernuechtungen zu Huelmes oder<br />

Schendels! Hien leit iwregens op Staatsterrain, a fuerdert mech<br />

eraus hei nach eng perseinlech Lanz ze briechen, meng Ménung<br />

derzou ze soen mat där ech guer net eleng do stin. Ech well dobei e<br />

weineg aus der Schoul schwetzen!<br />

Wei mir an eiser Verénegung ugefangen hun eis mei mat de Planzen<br />

ofzegin, hun mir eis och mat der ganzer Problematik ausernén<br />

gesât, an sin zu der Iwerzégung komm, dat nemmen mat engem<br />

zolitten Wössensbagage, net nemmen op dem Botanesche Gebidd,<br />

mé och an der Praxis op dem Terrain hei eppes ze leschte wir. Mat


94<br />

eise Memberen hun mir Joere lang bei eisen Studiefahrten<br />

Botanesch Gärt, Privatgärt, Parken. Gärtnereien an<br />

Naturschutzgebidder ueschtert t'ganz Welt besicht an hun Kontakter<br />

geknäppt. Ennerwé hun mir et geleiert eis vun simplisteschen<br />

Idiologien lass ze leisen, déi net réalistesch sin. An Amerika,<br />

Kanada, Irland, Schottland, England, Frankreich, Belgien, Holland,<br />

Deitschland, Schweiz, Tschechien, Polen an esou guer a China sin<br />

mer Gärd besiche gangen an hun eist Wössen onhémlech erweidert.<br />

Wössen ass eng Viraussetzung <strong>fir</strong> all gudd Arbecht. Mir hun<br />

Frëndschaften mat Wössenschaftler a Fachleit gekneppt, an eis<br />

Arbechten hun iwerall e groussen Uklang fonnt.....Eng<br />

Gaardegesellschaft aus Dänemark huet am Weidendall gesôt an an<br />

hirem Rapport geschriwen, dat mir do wirklech e Musterbetrieb<br />

hätten an der Zesummenarbecht vum Naturschutz mat Caritas<br />

Acceuil.<br />

Haut ass den Nowues an onsem Comité weltweit ennerwé, och <strong>fir</strong><br />

hiert botanescht Wössen ze erweideren! Den Emile Becker, den<br />

Marco Franzen, an den Gilbert Weber, dén sech no senger Pensioun<br />

als richtege Wöllplanzen Spezialist entweckelt huet. Mir hun<br />

Kontakter opgeholl mat auslännesche Botanesche Gärt, mat<br />

Verénegungen, déi an déi selwecht Richtung gin. Enzel Leit hun<br />

sech am prakteschen Naturschutz spezialiseiert, t'Madame Delphine<br />

Remiche, den Lanners Robert, dén e grengen Daum kritt huet, an<br />

dén bâl all Nozucht réusseiert, zemol bei de Farnen. Och den Robert<br />

Thorn ass nach onermiddlech derbei mat sengem bâl<br />

Universalwössen, a sengen Erfahrungen an gudde Rotschlei. Hien<br />

huet zum Beispiel de rarste Far hei am Land, den "Hymenophyllum<br />

tunbrigense" dén nemmen op enger enzeger Platz an engem Schloff<br />

am Möllerdall virkennt, schon iwer 30 Joer an senger Pfleg, an wann<br />

ech dat hei erwähnen, dann hécht dât, et ass wahrscheinlech kén<br />

aneren op der ganzer Welt dén déi Léschtung bis elo färdeg bruecht<br />

huet! Do ass en profund Afillungsvermögen an t'Liewensuspröch vun<br />

enger Planz erfuerdert. A Klammeren weisen ech iwregens dorobber<br />

hin, dat hien elo geschwenn en Update fun sengem Buch LES<br />

SALAMANDRES eraus ka gin. Ech selwer hun bis elo e puer 100<br />

Osmunda regalis, de Kineksfar, aus de Sporen nogezielt, déi elo a<br />

ville Gärd an net nemmen am Weidendall wuessen! Ze bemirken ass<br />

dat nemme méi 1 énzeg Platz an eiser Emwelt bekannt ass, wou en<br />

nach virkennt.<br />

Fir dei Leit déi eis Kenntnisse an Fähegkéten emmer nach<br />

önnerschätzen, well ech mech nach e weineg weider bretzen, dat<br />

geheiert jo zu enger kurzgefassten Autobiographie! Folgend<br />

Memberschaften hun ech opgeholl, 1955 bei der amerikanescher<br />

National Geographic Society a sin et nach emmer. Vun 1972 un sin


95<br />

ech Member vun der Société des Naturalistes a sin an démselwegte<br />

Joer Matarbechter fun der NATURA gin. 1979 war ech schon bei der<br />

englescher Alpine Garden Society ageschriwen. Dat selwegt Joer<br />

sin ech an de Beirôt vun der Gesellschaft der Staudenfreunde an<br />

Deitschland genannt gin, vun dér ech virun e puer Joer mam Karl<br />

Förster Preis geeiert gi sin, an elo kurz nach eng aner och Göllen<br />

Unerkennung kritt hun, <strong>fir</strong> geléscht Dingschter. 1981 sin ech Member<br />

gin vun der Royal Horticultural Society, déi matt iwer 260.000<br />

Memberen weltweit aktiv ass. 1983 bei der Pteridological - eng<br />

internatiol Farngesellschaft mat Sötz zu Kew, mat hirer rieseger<br />

Sporelöscht, dann an der englescher Iris Gesellschaft. Och an der<br />

Schweizer Staudengesellschaft sin ech Member. Nach en etlech<br />

aner Gesellschaften lossen ech ewech, déi awer all Afloss haten an<br />

nach hun op t'Qualiteit vun eisen prakteschen Naturschutz -<br />

Arbechten.<br />

Ech war nie nemme passive Member. Et ass keng Fachpublikatioun<br />

an England op de Mart kom, dei ech net kâf, a grendlech studeiert<br />

hun. Dat selwecht ass mat deitschen Planzenmonographien<br />

geschidd. Ech hun mat munchen Autoren an Editeuren perseinlech<br />

ze di gehât, an hun z.B. mam NCCPG, dem National Council for<br />

Conservation of Plants and Gardens, hei am Land en<br />

aussergeweinlechen Virtrag konnten organiseieren iwer hir Arbecht,<br />

déi eis emmer e Virbild bleiwt. Mir hun t'Biographien vun den Plant<br />

Hunter gelies, an <strong>fir</strong> t'Lescht nach dem David Douglas sein Lieweslâf.<br />

Hien ass bekannt <strong>fir</strong> t'Douglas-Dennen. Dei fantastesch<br />

Liewensgeschicht, ass émoleg schein a spannend vun eisem<br />

Letzeburger Remy Claire geschriwen gin, an franseischer Sproch.<br />

Den Douglas war én fun dénen ville Planthunter, déi net nemmen<br />

den Botanesche Gärt an Europa zegdausend nei Planzen am<br />

gedrechenten Zoustand <strong>fir</strong> den Herbarium mat hém bruecht huet.<br />

Och Sômen an lieweg Planzen waren derbei!<br />

T'Wössen iwer t'Planzewelt ass och an eisem Klub bei eisen<br />

Studierésen regelrecht explodeiert! Et muss én dann och esou<br />

Sache gelies hun, da kritt én dé richtegen Weit-, oder Duerchbleck,<br />

wou eis Planzen hierkommen an wât sech an der Realiteit ronderem<br />

eis ofspillt!<br />

Meng Bibliothek ass séier aus allen Neit gebascht an do hun ech bâl<br />

1000 Titelen hei an t'Haus an t'Bibliothek geschenkt!<br />

Vill Leit wössen schon, dât wât ech elo nach beiflecken! Ech geng et<br />

ewesch lossen, wann et net zur Explikatioun vun eiser<br />

Grondastellung geng beidroen.


96<br />

Ech wollt nach soen, dat an Metteleuropa während der Eiszeit glad<br />

neischt wuesse konnt, an datt awer och all Planzen dei mir haut<br />

kennen, agewandert musse sin, iwer t'Loft, an de Fiederen vun de<br />

Vullen, iwer t'Fösch (vun dénen all Joeren Dausenden aus dem<br />

Ausland importéiert an ausgesât gin), Landdeieren, mam Zuch un de<br />

Waggonen, un an och an de Schöffer, de Flieger, nach emmer vun<br />

Planthunter, zwar nach vill mei schnell an vill mei emfangreich, wei<br />

an der Zeit vun de Kreizzich, oder fun de Völkerwanderungen. Ech<br />

kann Iech verroden, dat mat de Bespriechungen vun ca 1000 Fach-<br />

Publikatiounen ech darf mengen dat ech au courant sin, wât sech<br />

ronderem eis dét.<br />

Ech hassen é Popwuert dat wei e Kriebsgeschwir wuchert, an all<br />

dénen Diskussiounen, wou eis Planzen hierkeimen. Do ass a<br />

munche Käpp nach eng grouss Bildungslück!<br />

Hätte mir keng Gärt gehât, da wären vill Planzen net do. Firun 500<br />

Joer war et nach net deck hei an Europa. Et bestin Löschten mat<br />

nemmen 200 oder 300 Planzen drop. Hätte mir keng Gärtner a<br />

Baueren gehât, da wären mir nach arm wéi Japp a gengen Honger<br />

leiden. Am Lâf vun den 500 vergangene Joer ass de Planzereichtum<br />

an Metteleuropa richteg durchenén geworf gin, a vill Leit wössen net<br />

emol, dat t'Sonneblummen aus Amerika kommen. Wat sin dann 2400<br />

registreiert Planzenzorten an eiser europäischer Flora? A wofunner<br />

bei eis jiddefalls keng énzeg aus égener Krâft, do ass! Mir kann kén<br />

nosoen ech geif spannen, wann ech deser Realiteit an t'An kucken!<br />

An de Blue Mountains vun North Carolina sin eleng mei Bâmarten<br />

wei a ganz Europa. Wat hun mir dach eng armeseileg Flora, well hei<br />

t'natirlech Biergbarrière quiesch von West no Ost verlafen an eng<br />

Brems duerstellen <strong>fir</strong> eng vill méi rasant Entwecklung an eiser Flora.<br />

Sie léft an Europa vill mei lues of wèi an Amerika wou t'Birger vun<br />

Süd no Nord lâfen an dohannen de Beweis scho lang erbruecht ass,<br />

dat déi zeg honnert mol méi Zorten vu Planzen do och alleguerten<br />

aus dem Süden eropgewandert sin, oder egal wéi dese Wé vill mei<br />

séier gemacht hun!!<br />

De Planzereichtum an Europa ass also nach emmer am Floss sech<br />

ze verenneren, sech ze erweideren. Mir kréien, wann t'Klima sech<br />

verännert, eng gewalteg Planzevielfalt, dei t'Evolutioun net eleng an<br />

der Planzewelt am Gang hält. Et ass onsenneg iwerhapt un eng<br />

statesch Situatioun an der europäischer Flora ze denken. T'Natur<br />

eleng suergt schon der<strong>fir</strong>.<br />

Leider huet t'Natur och Reckschlei. T'Liewenskonditiounen stemmen<br />

net mei iwerall <strong>fir</strong> spezialiseiert Planzen, awer et gett Leit, wei bei eis<br />

am Klub, déi hun hiert Wössen op dé Punkt bruecht, dén é muss


97<br />

eréchen <strong>fir</strong> ze wössen wéi én schwiereg Planzen nozillt! An enner<br />

wat<strong>fir</strong>engen Bedingungen se am beschten hei wuessen. Vun den<br />

Wöllplanzen huet all Land, bedengt duerch t'Sproch an duerch den<br />

Nationalismus seng égen Flora - Dokumentatioun, awer t'Planz ass<br />

beileiwe keng Letzeburgesch, oder eng Franseisch. Ech perseinlech<br />

benotze duer<strong>fir</strong> leiwer eng Europäesch Flora.<br />

Op dém Gebidd bestin nach vill onrealistesch Virstellungen. Haut<br />

wou mer gesin dat all Mensch en Individuum ass, esou sin mer elo<br />

geschwenn op dem Punkt ze wössen, dat och all énzel Planz, als en<br />

Individuum mat individuelle Merkmaler ze gesin an ze verstoen ass.<br />

Schon am Gaard kenne mer esou individuell Differenze feststellen<br />

bei eise Gemeisplanzen, dat ass den Evolutiouns Potential.<br />

Nei Egenschaften hun t'Botaniker elo mam genetesche Schlössel<br />

erkannt an eis Floren mussen komplett revideiert ze gin. Et ass och<br />

noutwendeg hei ze soen, dat och t'Flora vun de Kultur- a<br />

Gardeplanzen wössenschaftlech färdeg nidder geschriwen ass gin. 6<br />

bedeitend Bänn sin zu Cambridge, no an no erschengen. "A Manual<br />

for the identification of plants cultivated in Europe, both out-of doors<br />

and under glass". Ca. 25.000 Taxons gin dodran opgefeiert (also 10<br />

mol méi wéi an der europäescher Flora, die zum Dél och mat dran<br />

ass) an kén kann desen Schnellzug ophâlen! Des wössenschaftlech<br />

an bedeitend Flora stét eis elo privat zur Verfügung. Domadden<br />

eriwregt sech all wéider Diskussioun an deser Richtung.<br />

Verzeiht mer wann ech am Eifer elo bâl e Virtrag hei gehâlen hun,<br />

nemmen eppes wollt ech ganz kurz nach mat op de Wé gin. Wat den<br />

NCCPG mecht, <strong>fir</strong> och freier Kulturplanzen, an Gaardeplanzen, déi<br />

reng dekorativ oder zu kulinareschen Zwecker gezillt si gin, eiser<br />

Nowelt ze erhâlen, hun mir iwerholl, an mir hun domadden en<br />

Pensum ugepakt, den net eleng ze bewältegen ass. Mir mussen do<br />

zesumme stoen a Prioriteiten schâfen. Mir sinn elo schon 10 Joer am<br />

Weidendall am Gang. Wat mir ronderöm eis heieren hun waren net<br />

emmer komerodschaftlech Bemierkungen! Nemmen bei dér Arbecht<br />

ass neischt Klengkareiertes gefrot. Wössen, an nach emol vill<br />

Wössen an eng kloer Asicht an t'Matière.<br />

Et gött kén Zreck mei. A wann mir och elo eréicht an den éischten<br />

10.000 Joer no der leschter Eiszeit sin, an wann des<br />

Zwöscheneiszeit sech un t'Statistik hällt, dann dauert et nach 90.000<br />

Joer ir mer nés an déi nächst Eiszeit erakommen. Mir hun nach Villes<br />

virun eis. Vun Natur aus göt et also emmer mei warm! An villes wat<br />

haut als Fakt durgestallt gett, ass nach kontrovers diskutéiert, an<br />

nach lang net bewisen. Normal ass, das eis Emwelt an engem<br />

normalen Zyklus mei warm gett an och normal seng Planzenvielfalt


98<br />

dobei changeiert. Ech färten awer net, dat ech emol wösse muss,<br />

wei Palmen hei geplanzt gin, awer dei Zeit schengt net aus ze<br />

bleiwen! Kucke mer nemme wat mir an eise Kuelegrouwen vu<br />

Planzenofdreck fannen, vu Planzen déi an den vireschten<br />

Zwöscheneiszeiten hei gewues sin!<br />

Ech prognostizeieren gären, dat wann op émol all déi Milliarde Vullen<br />

déi bis elo op hierem Flug no Süden an erem zreck zousätzlech net<br />

mei vun de Lukullen, regelrecht gefriess gin, dann brauch én net<br />

Prophét ze sin <strong>fir</strong> dé Potential vun neien Planze Somen ze gesin dei<br />

dobei an hieren Fiederen aus dem Süden mat iwer déi kâl Bierger<br />

heihinner kommen an eis Flora nach gewalteg veränneren können.<br />

Dann huelen ech och nach déi Légiounen vun Globetrotter, déi all<br />

Joer, esouguer ongewollt aus der ganzer Welt, an hirem Gezei, un<br />

de Schong, an den Hoer, an selbstverständlech och lieweg an der<br />

Täsch, allmeiglech Planzen, Somen, Deieren, Bakterien an och Viren<br />

mat hém brengen. Dann gesin a verstin ech wat Realiteit ass.<br />

E Gleck, elo sin ech erem bei de Vullen ukom, déi ech brauch vir<br />

iwer den Göllenen Regulus, den Dréih zum Enn ze fannen.<br />

Ech wollt zum Schluss nach eppes soen zu Erer leiwer Unerkennung<br />

<strong>fir</strong> meng Arbecht, déi ech nie ouni all déi gudd a begéschtert Frenn<br />

färdeg bruecht hätt, an ganz besonnesch hinnen soen ech hei och e<br />

grousse Merci. Ech huelen gären des Eierung och an hierem Num an<br />

Empfank an délen meng Fréd mat hinnen.<br />

Haut heich geeiert mat engem Göllenen Regulus, göschter mat<br />

enger Göllener Unerkennung aus Deitschland, mar wollt ech<br />

eigentlech meng Demissioun gin, net well ech schon iwer 60, net<br />

allze goldeg Joer aktiv sin, mé well ech geint onverständlech<br />

Mössstänn protesteiere wollt.<br />

Ech hun no engem Auswé gesicht. Ech schloen hei <strong>fir</strong>, mir sollten eis<br />

Nim NATURFRENN ëmänneren an SPORTSFRENN. Da klengt eis<br />

Sproch mei attraktiv!<br />

Bei esou enger scheiner Neijoeschfeier ass et dann net ubruecht <strong>fir</strong><br />

am Brulli ze piddelen, dén sech an engem senge "Goal" ugesammelt<br />

huet.<br />

T'SPORTSLEID amuseieren eist Vollek jo - an dat ass et <strong>fir</strong>wât mir<br />

all Dâg vill Seiten doriwer liesen.<br />

E Göllenen Bulldoozer an t 'Gölle Motorsé sie vergin. Ech well déi net<br />

onbedengt spasseg Traditiou'n awer och bei deser Gelegenhét


99<br />

fortsetzen an ech wollt als zukünftige SPORTSFREND <strong>fir</strong> t'eischt<br />

verschiddenen Foulspiller eng kollektiv Giel Kart weisen.<br />

Wann ech mech elo vleicht eppes méi an den Eifer geried hätt, dann<br />

hätt ech gleich och déi Rout Kart weise können. Ech hun se bei mir!<br />

Déi versuergen ech mer dann <strong>fir</strong> an e puer Joer!<br />

Vielleicht verstin déi sportlech Hären des sportlech Sproch besser,<br />

well an dém Milieu brauch keng Verénegung sech t'Bén stompeg ze<br />

lâfen <strong>fir</strong> iwer Wasser bleiwen ze können.<br />

Also, Dir leif SPORTSFRËNN, bei deser Geléenhét wönschen ech<br />

Iech méi e schéint Joer, wéi dat wat hannerun eis leit. Ech soen Iech<br />

merci <strong>fir</strong> t'gedöllecht Nolauschteren.<br />

Henri Regenwetter


100<br />

ENG NUECHT ENNERT DEM BUEDEM<br />

vun H. Reger<br />

Ech erwechen. Wei drolech ass dat? Ech hun gedrémt meng Frâ steng<br />

niewent mir, erwecht mech an rost iwer mech: "Verschlof dach deng Zeit<br />

net. Den Editeur wart op dein Roman aus der Minière."<br />

Ech furen an t'Lucht a kucken ronderem mech. Et ass deischter, naass a<br />

kaal. Herrgott wou leien ech nëmmen? Ech stoussen mat der Stir widder<br />

eppes Hardes. Endlech elo sin ech am Bild. Ech hun fest geschlof gehât. Elo<br />

wéss ech Beschéd. Ech sin jo guer net dohém a mengem Bett. Ech sin jo<br />

ganz déif ennen an engem Stollen vun der Minière. Ech sëtzen mech elo<br />

mol riecht dohinner an denken no.<br />

Eigentlech war ech fuerchtbar domm, datt ech geschter owend hémlech<br />

eleng an der Minière bliwe sin.<br />

Ech wollt emol eng Keier wessen wât d'Angscht wir, ech wéss et elo. Ech<br />

hiewe mech a lauschteren. Ronderem ass et ganz roueg. Ech sin an der<br />

Nuecht ganz eleng duerch de Stollen geschratt, do sin ech op émol vun<br />

Middegkét entschlof.<br />

Ech wéss wirklech net aus wât <strong>fir</strong>enger Richtung ech kom sin. Et ass gezielt<br />

gin dat et Stollen get an dénen net mei geschaft get an dèi sech Stonne weit<br />

enner dem Buedem hinzeien. An dësen? Hien schengt schon op ville Platzen<br />

agefall an och zougeschott. Dësen ass secher och net mei a Betrieb.<br />

Wuer<strong>fir</strong> sin ech dann eigentlech hei am Deischteren?<br />

Ech hat dach eng Karbidsluecht bei mir. Ech wéss net, ech sin haut esou<br />

verkuerbelt. Ech freieren, mei Kierper ass wie geriedert. Ech hu mech haut<br />

bestömmt erkâlt. Ech muss fort vun hei, eraus!<br />

Ech taschten no mengem Gäppchen, machen den Wasserkrunn op a wöll<br />

t'Ficksfeier aus menger Täsch huelen. Awer wou ass et? Ech fannen et net.<br />

Soll ech et vleicht verluer hun? Da muss et alt ouni Luecht goen. Ech<br />

dreinen de Wasserkrinnchen erem seier zou. De Karbid zischt nach virun.<br />

Ech taschte mech weider. Eng kâl Angscht klemmt lanscht mech erop. Et<br />

muss dach elo scho geschaft gin. Wuer<strong>fir</strong> heieren ech et net? Uewen<br />

stoussen ech un Zacken an op der Seit och un nass a spatz Maueren. Elo ass<br />

se do, t'Angscht, wien wéss wou ech mech verirt hun, wien wéss et?


101<br />

De Buedem ennert menge Feiss hällt op. Ech jeitzen esou hart ech kann,<br />

greifen mat den Hänn an t'Lucht a fâlen, fâlen.<br />

Ech erwechen haut <strong>fir</strong> t'zwét. Oder ass et iwerhâpt de selwechten Dâg? Ech<br />

leien an engem proppere Bett. Ech gesin direkt dass ech an engem Zömmer<br />

vun engem Spidol sin. Ech hun alles weih. Ech mengen ech hun Feiwer.<br />

Roderöm mech stét alles wie an engem Schleier.<br />

Bei der Fönster stét t'Krankeschwester an hanteiert un eppes. Ech muss<br />

mech bewegt hun, well elo dréint sie sech ëm. Et ass eng schein, jonk a<br />

frendlech Schwester. Aha, elo lacht sie mir.<br />

"Gudde Muerjen Här Direkter."<br />

Ech verstin neischt. Nén dat elo verstin ech nu guer net, et ass komesch an<br />

ech frôt: "Wouhir dann Direkter?"<br />

Elo erschrecken ech ereicht richteg, meng Stömm klengt wie verraschtene<br />

Blech. Sie ass ganz hés an esou guer mir ganz friem.<br />

T'Schwester huet et vleicht net gemierkt. T'Dir ass opgangen an eran könnt<br />

e Mann an engem weisse Kiddel. Et wärt den Dokter sin. T'Schwester gét<br />

him entgeint.<br />

"Den Här Direkter ass erwächt".<br />

"Dat ass schein, Här Direkter Dumont."<br />

Hien kënnt bei mech a pakt meng Hand un. "Wou konnt dir nëmmen esou<br />

onvirsichteg sin. En Zoufall huet gerwollt, dass et esou gudd ausgangen ass,<br />

mir wossten jo net dat dir schon aus Bern erem wirt."<br />

Ech hun hien ganz verwonnert ugekuckt a sôt: "Dir irt iech, Doktor, ech sin<br />

dach net Direkter."<br />

Meng Stömm war schuddereg an d'Schwetzen ass mir schweier gefall.<br />

"Wat sidd dir dann aneschter, Här Dumont."<br />

"Ech héchen jo guer net Dumont."<br />

"Wei dann?"<br />

"Ma ech sin dach de Schrëftsteller Henri Reger."


102<br />

Do lachen die Zwein, dat et mech scho bâl rose gemach huet.<br />

"Ah sou Här Direkter, dir sitt also den Henri Reger? Den Autör fun dénen<br />

berühmten Abenteuer Romanen?"<br />

En ass erem éscht gin, fillt mein Bols, wenkt der Schwester mam Kapp a <strong>fir</strong>t<br />

<strong>fir</strong>un: "Da musse mir emol ganz roueg leie bleiwen Här Henri Reger. Dir<br />

kritt e klengt Berouegungsmettel an da schloft dir ganz lang an da kommt<br />

dir eröm ganz an d’Reih."<br />

En huet mir nach eng Keier mam Kapp gewenkt, an du ass en aus gangen.<br />

Ech wéss net, et wor esou eppes Droleches an senger Stemm. Ech konnt net<br />

begreifen wou<strong>fir</strong> ech e Berouegungsmettel sollt kreien. Ech wéss net mei<br />

wou mei Kapp mir stét.<br />

"Schwester, wéss meng Frâ eppes fun deser Geschicht hei?"<br />

D'Schwester ass rou't am Gesicht gin, an si sot hallef schei: "Awer Här<br />

Direkter, dir huet jo guer keng Frâ."<br />

Dat ass mir awer elo ze bonnt gin, t'ass mir schon esou lues op de Sous<br />

gangen.<br />

"Ma dir wösst dach dat ech den Schreftstelle Henri Reger sin!"<br />

Si ass erschreckt iwer meng Oprégung a pâkt mech ganz gemiddlech beim<br />

Arm a sét: "Entschöllegt, wann ech gelifft, Här Henri Reger!"<br />

D'war eng ganz flenk Persou'n. Ech hat guer net gemierkt dat sie t'Spretz<br />

schon an der Hand hat, an ouni dat ech mech konnt wieren, do hat sie mir se<br />

schon gesât.<br />

Sie ass ausgangen. Kurz drop sinn ech ganz verkuerbelt gin, an.....?<br />

Ech erwechen haut schon <strong>fir</strong> t'drëtt.<br />

Et ass owend. Ech sin eleng an mengem Zömmer, et ass ganz gemiddlech.<br />

Ech hun gudd geschlof gehat. Mei Kapp war erem kloer. Meng Peng huet<br />

och nogeloss. De Kapp an t'Hänn hun ech awer nach verbonnen, meng<br />

Wonnen konnten awer net schlöm sin well si hun mech net gepengecht. Elo<br />

sin zwein Hären era kom mat der Schwester. Dén én ass en âle Man mat<br />

groen Hoer, et ass wahrscheinlech den Direkter vum Spidol hei, dat anert<br />

ass den Dokter vun haut de Mueren. Den âlen Här bekuckt mech a lacht mer<br />

frendlech, durno récht hien mer d'Hand a sét: "A soss Här Direkter, si mer<br />

erem gesonnt a monter?"


"Mais".<br />

103<br />

Hien ennerbrecht mech a sét: "Dir kennt vun Gleck schwetzen dat et net mei<br />

schlëmm gangen ass."<br />

"Entschellegt, ech hun de Mueren ereicht gesot, dat Iech en Irtum ënnerlaf<br />

ass."<br />

"Wat <strong>fir</strong>én Irtum?"<br />

"Ech sin de Schrëftsteller Henri Reger!"<br />

"Gesidd dir Här Professor!"<br />

Elo wosst ech also, datt den Här e Professor wir. Dén huet sech op mei Bett<br />

gesat a sot ganz gemittelech: "Ma sot emol Här Dumont, wei kommt dir<br />

iwerhâpt op de Gedanken dir wirt den Henri Reger?"<br />

Ech sin emmer mei opgeregt gin.<br />

"Här Professor, ech wärt dach secher wössen wien ech sin!"<br />

"Natirlech! Ma wösst dir dann och wou dir fonnt gin sitt?"<br />

"Wahrscheinlech an irgend engem Lach, ganz ennen an der Minière."<br />

"Dat stemmt, ma wei sidd dir dann do eranner kom?"<br />

"Dat ass ganz einfach. Ech wéss net op Dir meng Romane kennt. Ech sin<br />

nämlech elo én am Gang ze schreiwen, dén sech an enger Minière ofspillt.<br />

An do hat ech de Wonsch eng Nuecht eleng doennen ze bleiwen."<br />

"A sou, ma wei sidd dir dann doeranner komm.?"<br />

"Ech wollt <strong>fir</strong> t'eischt den Här Direkter vun der Minière em Erlabnis froen,<br />

an do hun ech heieren dat hien an t'Ausland verrést wir. Do sin ech gewuer<br />

gin dat eng Zuel Studenten aus der Schweiz an t'Minière afuere wöllten. Ech<br />

hun zoufälleg an demselwegten Hotel gewunnt, hei an Esch, an du sin ech<br />

ouni bemierkt ze gin, mat der Gesellschaft an de Bierg gefur, well 48 Leit<br />

gemellt wore gin, an der nemmen 46 um Rendez-vous waren. Ganz önnen,<br />

hun ech mech dann vun den Studenten getrennt an hun mech an engem<br />

Seitestollen verstoppt. A well ech mer virstellen kann dat net nogezielt ass<br />

gin beim Rausfueren, konnt ech eng Nuecht am Bierg bleiwen."


104<br />

De Professer huet all dat wat ech him do erzielt hun ganz andächteg<br />

nogelauschtert:" Dat ass jo eng ganz drolech Geschicht. A wat <strong>fir</strong> engem<br />

Hotel huet dir da gewunnt?"<br />

"Am Hotel Cresto."<br />

De Professer wennt sech un den Dokter a sét: "Sot emol Colleg, ech liesen<br />

jo ganz sélen e Roman, awer mir kennt et <strong>fir</strong> wie wann ech schon irgendwou<br />

esou eppes gelies hätt."<br />

Ech hun gelacht. "T'ass richteg Här Professer, ech hun nämlech schon eng<br />

Keier eng ganz ähnlech Geschicht geschriwen. Sou kennt et dass mir aner<br />

heiensdo op de Gedanke kommen dât ze erliewen, wât mir schreiwe<br />

wöllen."<br />

De Professer ass erem éscht gin.<br />

"Dir bleiwt also derbei dat dir den Henri Reger sidd?"<br />

"Ma sëcher!"<br />

"Dat ass jo ganz einfach, mir froen emol am Hotel Cresto op dir do<br />

gewiescht sidd. Sie mussen iech jo dann kennen."<br />

"Ma ech bieden iech esou guer drem, datt ech emol net eischter dorunner<br />

geduecht hun."<br />

Den Dokter ass aus gangen, an de Professer huet mat der Schwester<br />

geschwat. Gleich drop koum den Dokter erem eran.<br />

"An? An? Wie ass et dann elo, hat ech dann elo recht?"<br />

"En Här Henri Reger ass nie am Hotel Cresto gewiescht. Hënnt huet<br />

nemmen e Marcel Schmit do gewunnt an hien huet sech bis elo nach net hei<br />

am Haus gewiesen."<br />

"Richteg, ech hat mech als Marcel Schmit an t'Friemebuch aschreiwe<br />

geloss. Dir musst dat gudd verstoen. Als Schreftsteller huet én net gären<br />

direkt t'Reporter um Pelz."<br />

"A sou, hm, tja, hm!"<br />

De Professer huet mech scharf ugekuckt an du huet hien mat der Schwester<br />

geschwat.


105<br />

"Mir mussem dem gudde Mann haut nach eng Pikür gin, dass e roueg<br />

schleift."<br />

Ech richten mech op an mengem Bett. "Ech wöll keng Pikür mei. Ech sin<br />

dach bei klorem Verstand an ganz gesond. Ech verlangen dat dir dat gléwt.<br />

Ech gesin dat dir et net macht."<br />

De Professor huet de Kapp gereselt.<br />

"Ert Behuelen weist dat dir net roueg sitt. Dir muss hënnt nach gudd<br />

schlofen."<br />

Ech hun direkt a seier iwerluecht a sôt: "Ech sin wirklech midd. Ech wärt<br />

schon schlofen."<br />

"Awuer an gudde Nuecht, bis mar dann."<br />

En huet der Schwester nach eppes zougepespert, an du sinn si ausgangen.<br />

Ech wollt net mei entschlof gin, an do<strong>fir</strong> hun ech beschloss ganz roueg ze<br />

bleiwen an dann geif ech fleicht mar de Mueren entloss. T'Schwester huet<br />

mer nach eppes ze iesse gin. Ech hat de geien Honger.<br />

Dei Sach huet awer esou lues ugefangen mir Spass ze machen. Firun der Dir<br />

hun ech Stömmen heieren. Ech hat mer virgeholl op alle Fall wakreg ze sin<br />

an och ze bleiwen.<br />

T'Schwester an de Professor sin era kom. Ech hun t'Aen zougemach, grat<br />

wie wann ech geng schlofen. Ech hun gefillt wie sech de Professor iwer<br />

mech gebeckt huet, an mei Bols gezielt huet. An du sot en: "Et schengt wie<br />

wann en awer frei vun Feiwer wir."<br />

T'Schwester sôt: "Wei kann nemmen esou eppes meiglech sin? Vleicht eng<br />

Gehirerschütterung?"<br />

T'Äntwert war gepespert: "Wann en ausgeschlof huet, ass en erëm an der<br />

Reih."<br />

En ass ausgangen an t'Schwester huet sech bei t'Fenster gesat. Ech wollt<br />

nëmmen keng Spretz kreien duer<strong>fir</strong> hun ech mech roueg verhâlen. Ewell<br />

alleguer hun se behâpt ech wir den Dumont. Gleichen ech dém fleicht? Ech<br />

hun ganz e weineg geschlof an der Nuecht, well ech t'Schwester beobachte<br />

wollt.<br />

Haut de Mueren sin t'Dokteren erem komm.<br />

"Erem gesonnt a monter?"


"Ganz"<br />

106<br />

"Ech mengen Dir könnt haut erem op Äre Büro goen."<br />

"Jo ech wöll um 10 Auer verrésen."<br />

"Verrésen, wouhinner dann?"<br />

"Op Capellen"<br />

"Wat huet dir dann nach zu Capellen ze erledegen?"<br />

"Ma ech hun do dach meng Villa!"<br />

Den Dokter pëspert: "Den Schrëftseller Henri Reger ass <strong>fir</strong>u kurzem op<br />

Capellen wunne gangen."<br />

"Allez hopp, sitt verstänneg, ech sin den Henri Reger."<br />

T'Dir ass opgangen, an e Mann ass era kom, dén fum Professer als<br />

Ingenieur begreist ass gin.<br />

"Gudde Muergen Här Dumont."<br />

"Wât hécht dat da schon erëm ?"<br />

"Wéi war et dann zu Bern. Ass alles an t'Rei gangen. Wat hutt Dir dann<br />

eigentlech am Bierg gemacht?"<br />

Dat doen ass mir scho bâl ze bonnt gin: "Dir leiw Hären, ech muss iech<br />

soen, dat dir iech irt. Ech wöll op der Platz hei entloss gin oder ech ruffen<br />

t'Poliss. Ech sin den Henri Reger. Ech kenne kén Dumont. Ech si gesond.<br />

Dir macht mir meng Nerve hei futti!"<br />

Ech hat vergiess dat t'Schwester am Zömmer war an ech wollt schon aus<br />

dem Bett sprangen. Di zwéin Dokteren hun mech festgehâlen, an den<br />

Ingenieur sôt ganz traureg: "Dén armen Här Dumont! Elo ass hien ganz<br />

duerenén!"<br />

Ganz roueg sôt ech: "Dir leiw Hären, esou komme mir net weider, ech kann<br />

jo net zougin dat ech ëmmech wär, dén ech guer net kennen. Et gett dach<br />

nach Mettel <strong>fir</strong> ze beweisen wien ech sin. Ech hun allerdings op des kleng<br />

Rés keng Pobeieren matgeholl. Faxt menger Frâ, déi wahrscheinlech elo<br />

nach zu Pareis am Hotel du Printemps ass, well sie huet meng Pobeier nach<br />

an hirer Posch. Sot hir sie soll direkt heihinner kommen. Dann faxt Dir op


107<br />

Bern <strong>fir</strong> mat dem richtegen Direkter ze schwätzen. Et ass schued dat ech kén<br />

Ofdrock vun mengem Daum hun <strong>fir</strong> mat sengem ze vergleichen!<br />

T'Hären hun emol komesch aus der Wäsch gekuckt an du sot den Ingenieur:<br />

"Ma esou en Ofdrock ass do. Dir wesst jo dass t'Poliss nobei ass an och an<br />

eiser Gesellschaft gin Fangerofdreck geholl, wann mir én astellen, <strong>fir</strong> dat<br />

mir t'Leid erem kännen, wann se verschott gin."<br />

Ech si rose gin a jeitzen: "Himmelbombenelement, ech sin jo niemols an är<br />

Gesellschaft agetratt."<br />

De Professor huet mech bâl gefriess wei hien och gejaut huet:" Wann dir net<br />

roeg sidd dann musse mir iech erem eng Pikür machen."<br />

"Ech si jo schon erem ganz roueg."<br />

Si woren zefridden. "Abbé gudd mir machen alles wat dir wöllt. Mir Faxen<br />

Ärer Fra, wei dir sot. Wellt dir ons verspriechen iech ganz roueg ze<br />

verhâlen."<br />

Ech hun gesin datt mir wieder neischt iwreg bleiwt a soen:" Menget wegen."<br />

E ganzen Dag ass eriwer gangen. Ech hun kén Wuert geschwât, an déi<br />

verschidden Schwesteren hun mech gudd serveiert. Endlech ass net eiweg.<br />

Do koumen déi zwéin Dokteren, an den Ingenieur eran an de Professor sot:<br />

"t'Madame Reger ass ukom."<br />

Mir fällt e Stén fum Härz: "Wou ass se dann?"<br />

T'Dir ass opgangen an eran könnt eng Frâ am Réskléd. Et war guer net mein<br />

Jeanny, awer eng schlank blond Persoun, mat engem éschte Gesicht.<br />

"Kennt dir dén Här hei?"<br />

"Dat do ass jo guer net meng Frâ, dat ass jo eng Hondsfriem!"<br />

"Sidd Dir t'Madame Reger?"<br />

"Jeanny Reger!"<br />

"Huet dir och Pobeieren bei iech?"<br />

"Wann ech gelifft." Sie weist hinnen de Pass. Et wor just dé selweschte den<br />

ech menger Fra virun enger Woch mache geloss hun. Ech hun en un dem<br />

grousse roude Fleck erkannt, well en op dem Stempelkösse geléen huet.


108<br />

Den Ingénieur liest: "Jeanny Reger, gebueren Weller, bestuet, gebuer den<br />

13.10.1972 zu Arel, wunnt bei Capellen, an der Villa Bel'Air.<br />

Ganz opgeregt sôt ech: "Darf ech déi Pobeieren gesin."<br />

"Wann ech gelifft", sét den éleren Här gereizt an e récht mir de Pass.<br />

"Dir Hären, hei ass eng Fälschung oder e Verbriechen virkom. Des Persoun<br />

ass guer net meng Fra."<br />

"Erlâbt iech awer keng Frechhéten." Ass t'Frâ lass gefuer. Awer de<br />

Professer huet hir eppes an t'O'er gepespert. Bestemmt sot en hier, dat ech<br />

verreckt wir. Ech konnt mir awer net mei höllefen wéi se soten: "Mir hun en<br />

Telegramm aus dem Schweizer Hotel kritt, dat dir virun 4 Dég do fort<br />

gefuer sitt. An nach mei, mir sin fun den Noper gewuer gin dat dir eng<br />

Stonn ir dir an t'Minière agefuer sidd nach dohém wart."<br />

De Professor ass dem Dokter an t'Ried gefall a frôt t'Frâ: "Wou ass den Här<br />

Henri Reger, dann momentan?"<br />

"Ma dohém an eiser Villa Bel Air zu Capellen."<br />

T'Kreiche koum mer bâl. "Wou ass den Ofdrock vun mengem Daum dann?"<br />

Den Ingenieur sôt:" Dén hun ech och komme geloss, nëmmen dé kenne mir<br />

net kontrolléiren, well dir ären Daum blesseiert hut."<br />

No enger klenger Iwerléung koum mir dann du e Gedanken. Ech sôt:" Darf<br />

ech mam Ingenieur eleng schwätzen?"<br />

"Jo, mir bleiwen awer hei banne." Sôt den Professer.<br />

Ech hun si awer esou weit kritt, dat sie ausgangen sin. Mir zwein waren<br />

ganz eleng. Ech wollt e Moment him virschloen dat dei Frâ hinnen soll soen<br />

wou ech mein Muttermal hätt, awer dann hätt ech mech missen ausdoen.<br />

Ech hun mech geneiert. "Här Ingenieur, ech schwieren, ech sin den Henri<br />

Reger. Gléft mer et dach!"<br />

Den Ingenieur war erfeiert, pâkt mech matt zwein Hänn fest un a sét:"<br />

Leiwen Här Dumont, kommt dach zou iech. Dir wösst dach dat mir iech<br />

brauchen. Mir können iech net verleieren."<br />

Ech hun agesin, dat mat dém neischt unzefänke war.<br />

"Losst mech emol eleng, ech wöll schlofen...."


109<br />

Hien ass ausgangen. Elo war ech emol richteg eleng. Ech iwerléen mir emol<br />

de Fall. Hei muss net nëmmen eng Ähnlechkét virleien, mais och irgend e<br />

Vebriechen. Mat Gewallt ass neischt ze machen. Ech hun décideiert <strong>fir</strong> des<br />

Nuecht nach richteg gudd ze schlofen an dann ze iwerléen.<br />

Wei ech erwächen do gesin ech dat ech an engem ganz aneren Zömmer sin.<br />

Trueljen virun der Fenster. Am Eck setzt e Wieschter am weisse Kiddel.<br />

Wei hien gesin huet dat ech erwecht sin, do ass en aus gangen an huet mir<br />

eppes z'Iesse bruecht. Ech hun giess an nogeduecht. Eng Stonn mei speit<br />

koum de Professer, mat engem Nervendokter eran.<br />

"Gudde Muergen, wei gét et dann hei? Wösst dir dann elo endlech wien dir<br />

sidd?"<br />

"A wé mengt dir dann dén ech wär?"<br />

"Ma den Här Direkter Dumont"<br />

"Da wärt ech dén jo alt sin, wann dir dat esou sot!"<br />

De Professer muss lachen. Hien äntwert erlieschtert; "Dott sei Dank, da sitt<br />

dir elo erem op der Keier!"<br />

"Ganz."<br />

"Wöllt dir dann elo eppes schaffen?"<br />

"Jo, ech wöll esou seier wéi méiglech an de Büro! Wat ass dann eigentlech<br />

lass? War ech krank? Wat <strong>fir</strong>én Dag hun mir dann eigentlech haut?"<br />

"Samschdeg, Här Dumont."<br />

"Dat ass awer drolech ech sin dach en Denschdeg hei ukom. Et ass mir grad<br />

wie wann ech déi ganzen Zeit gedrémt hätt."<br />

" Wât hudd der dann gedrémt?"<br />

"Ma ech hu gedrémt ech wir den Schreftstelle Henri Reger, der Deiwel huel<br />

déi Romaner." Sie hun alleguerte gelacht.<br />

"Darf ech opstoen?"<br />

"Ma gewëss!"<br />

"An och an de Büro goen?"


"Selbstverständlech!"<br />

110<br />

Elo ass et mer ereicht beigefall, dat ech mein Schaffkostüm ugedoen hat an<br />

dat déi aner Kléder nach am Hotel Cresto waren. Fänken ech elo awer erem<br />

un vom Hotel Cresto ze schwetzen, dann ass et erem aus.<br />

"A meng Sâchen?" Frot ech du ganz luesseg.<br />

"Äre Chauffeur kent elo gleich domadden, mir hun schon virgesuergt!"<br />

Dat war gudd, well ech wosst je guer net wou dé Büro wir, an dann wär ech<br />

erem eragefall. Zeng Minutte sin erem gangen du koum de Chauffeur.<br />

Ech hâr jo keng Ahung wei de Mann héche geng an hien huet mech och<br />

gemoschtert an du sot hien. "Awer Här Direkter, wat sidd dir changeiert, dir<br />

sidd jo op émol vill mei goereg gin!"<br />

Ech wollt de Mann ëmärbelen, hien ass den Eichten dén gezweifelt huet un<br />

sengem Direkter senger Echthét. Awer ech well fort fun hei. Wann et dann<br />

dach un der Dâglicht keim, dat ech den Direkter net sin, dann hätte se mir<br />

och nach net gegléwt dat ech den Henri Reger sin. Ech sot zum Chauffeur:<br />

"Ech war zimlech krank, méi léiwe Fritz." Ech hun drop gebaut dat hien<br />

esou geng héchen well an de Romaner d'Chauffeure bâl emmer Fritz<br />

héchen. Hien höllt mech awer erem an sét: "Gusti, Här Direkter. Nach<br />

emmer Gusti. De Fritz dat war mein Virgänger!"<br />

"Natirlech, Gusti."<br />

De Mann huet de Kapp geresselt: "Ech brengen iech dé brongen Kostum aus<br />

dem Büro, Här Direkter."<br />

"Merci Gusti, dât huet Dir gudd gemâcht."<br />

Elo hun ech awer bestëmmt e Verbriechen begangen, well ech hun de<br />

Costume ugedoen, grad wie wann et mein wir, an hien huet mir gepasst.<br />

De Gusti huet op geotemt:" Elo kännen ech iech erréicht erëm, Här<br />

Direkter." Nëmmen hien ass viru gefuer: "Wou ass dann Är göllen Auer?"<br />

Wat sollt ech äntwerten: "Déi wärt mir wuel gestuel gi sin oder se leit<br />

irgendwou an der Minière!"<br />

"An den Diamante Réng?"<br />

"Och gestuel."


111<br />

Hien gow emmer mei niddergeschloen: "An Äre portefeuille?"<br />

"Alles ass fort!"<br />

Et ass mir ëmmer mei witzeg gin, an ech hun mech ëmmer méi iwer sein<br />

verzweiwelt Gesicht gefrét.<br />

"Här Direkter, wat ass iech dann eigentlech geschitt?"<br />

"Eppes ganz droleches, Fritz."<br />

"Gusti, Här Direkter, nach emmer Gusti!"<br />

Ech hun hien net bekuckt an hien huet d'Dir op gemacht. Am Korridor huet<br />

den Här Professor op mech gewart an hien huet eis bis op t'Stross begléd.<br />

"Ech sin richteg fro dat dir erem aus dem Spidol eraus kennt goen."<br />

"Ech och".<br />

Ech kucken nach eng Keier zreck op dei vergittert Fensteren an dann fällt<br />

mir e Stén vum Härz.<br />

Op der Stross wollt de Gusti e puer Schreck hanner mir bleiwen. Dat gong<br />

jo net well ech jo net wosst bei wat <strong>fir</strong>én Auto ech sollt goen. Fortlâfen war<br />

hei nach onmeiglech.<br />

Ech hun ugefangen ze hippen.<br />

"Gusti, wann der mech wöllt steipen, ech kann nach net gudd goen."<br />

Ech muss agestoen wei fro' dat ech war, dat t'Leit -ech hu jo kén kannt- stoe<br />

bliwe sin an sie mir Moie gesôt hun.<br />

De Büro war eppes wonnerbares. Déi Ugestallt stungen Spaleier am Gank.<br />

An ech hun missen jidderengem t'Hand gin. En éleren Här ass mir entgeint<br />

kom, ech hu schon gefart hien hätt mech erkannt, nëmmen hien huet mir eng<br />

Mapp gerécht.<br />

"Hei ass t'Post, et sin Sâche derbei déi presséieren!"<br />

"Lost mech emol gemälleg drun goen. Kommt an 2 Stonnen erëm."<br />

Mein Sekretär, hien konnt nëmmen esou eppes sin, huet mech erschreckt<br />

gekuckt. Elo muss ech schon mein eischte Fehler gemach hun. Dén aneren<br />

Ech, dén huet fleicht alles ëmmer direkt erledegt. De Gusti huet mech awer


112<br />

aus der Patsch gerappt. Hien huet dem Sekretär an t'Ouer gepespert, dat ech<br />

et awer heieren hun. "Den Här Direkter ass nach beniwelt."<br />

"Här Direkter, hei ass och dén neien digitalen Telefon, den mer bestallt<br />

hâten, ir dir op Bern gefuer sidd."<br />

Si sin allebeid ausgangen an ech hun t'Dir zougemach. Et war ganz<br />

gemiddlech hei bannen. Um Dösch stung Asti Spumante, dén ech direkt<br />

eraus geschott an ugesât hun. Ech hun mir direkt och eng CD-Zigarr an de<br />

Bâk gestach. Fir t'éischt elo e Plang entwerfen, esou duecht ech, wéi ech hei<br />

eraus kommen. Mei Bleck fällt op dén neien Telefon. De Plang war séier<br />

färdeg. Mein Herz huet geklappt vun Oprégung. Ech huelen den Hörer erof.<br />

"Allo Zentral"<br />

"Hei ass t’Zentral, hei sin Techniker. Dir könnt direkt wielen Här Direkter.<br />

Alles ass schon ugeschloss."<br />

433299 drecken ech op de Knäppercher. Dat ass meng Haustelefonsnummer<br />

zu Capellen. Ech hun gezidderd an konnt den Hörer knaps hâlen.<br />

"Allo hei ass bei Henri Reger."<br />

Elo hat ech erreicht richtege Grond <strong>fir</strong> ze erfeieren. Firwât telefoneieren ech<br />

dann eigentlech op Capellen. Wat wollt ech dann do machen? Meng Frâ an<br />

ech sin op t'Rés gangen nodém mer déi nei Villa kâf an nach juste era<br />

geplönnert waren. No mengen Berechnungen hätt jo eigentlech kén därfen<br />

an der Villa sin. Vleicht war et awer och schon eis nei Botzfra déi meng Frâ<br />

vleicht schon engageiert hat. Ech huelen all mein Courage zesummen a<br />

froen: "Ass den Här Henri Reger dohém?"<br />

"Jo, wöllt Dir mat him schwetzen?"<br />

Ech kreien e Schock. „Waat gelift?"<br />

Drolech t'Médchen huet meng daddereg Stemm verstanen. Gleich drop<br />

heieren ech eng kräfteg Männerstömm.<br />

"Hei Reger!"<br />

"Hei och!"<br />

Et war mir esou bouffdeg erausgerutscht. Ech wosst dat et Blödsin war, wat<br />

ech elo gesot hun, awer et war ganz automatesch eraus kom. Radio an<br />

Spiritismus sin e Kannerspill gin. Ech schwetzen mat mir selwer um<br />

Telefon. Dé greisten Ableck vun der Menschhétsgeschicht. Meng Stömm


113<br />

ass mir friem, nujé wat <strong>fir</strong>e Mönsch kennt seng ége Stömm. Vun der anerer<br />

Seit kennt et ganz grob eriwer:<br />

"Wât hécht dât, hei och?"<br />

Ech sin der je esou rose gin a bröllen an den Telefon: "Hei ass Henri<br />

Reger."<br />

"Wât hécht dat, hei ass Henri Reger? Wien sidd dir? Wât wöllt dir fu mir?<br />

Et gött nemmen én Henri Reger, dat sinn ech, dé berühmten Schröftsteller<br />

Henri Reger! Färdeg!" Hien huet agehangen.<br />

Et war mir wei wann ech eng widder t'Bölls kritt hätt. Ech hu mech<br />

geschummt. Ech sin jo guer net den Henri Reger. Ech sin dach den Direkter<br />

Dumont. Sin ech geckeg, ech sin geckeg, elo sin ech richteg geckeg. Ech<br />

muss fort vun hei, nëmmen schnell fort vun hei. Ech drecken op t'Schell um<br />

Dösch. "Mein Auto! Ech muss an enger Stonn zu Metz sin." Op enger<br />

Enveloppe hat ech eng Adress gelies, <strong>fir</strong> all Fäll!<br />

"Gudd, gét an t'Rei Här Direkter."<br />

Ech hun an de Breiwer gebliedert dei um Dösch louchen,<br />

Amtsgeheimnisser. Op emol flitt t'Dir op an eran kénnt én ausser<br />

Otem...wien ass et?. Ech kommen haut de Mueren wirklech net aus dem<br />

Schreck eraus. Et sin ech selwer, esou weit ech mech vu Fotoen hir kennen.<br />

Nëmme e böschen mei jonk, eppes mei grouss an méi deck.<br />

"A wien sidd dir dann do? Wât macht dir an mengem Büro. Wei kommt dir<br />

iwerhapt hei eranner. Wât gét iech un an menge Breiwer ze stöberen?"<br />

E Moment wollt ech soen, ech hätt den neien Telefon just ausprobeiert. Ech<br />

sin do awer richteg rose gin.<br />

"Wéi kommt dir iwerhâpt hei era geschneit? Ech verbidde mir den Toun do.<br />

Ech lossen iech én Zock hei eraus geheien."<br />

Méiglecherweis huet hien op émol gemengt ech wir én neien aus dem<br />

Verwaltungsrôt, an do ass hien mei frendlech viru gefuer.<br />

"Wien sidd dir dann, wann ech froen darf?"<br />

Ech stinn op, der Deiwel huel den doten. Dat konnt ech schon der<br />

Gesellschaft net undin, well ech wor dach <strong>fir</strong> de Moment den Här Direkter<br />

Dumont. "Ech sin den Direkter Dumont!"<br />

"Wât, wien sidd dir?"


114<br />

Et huet mer erëm Fréd gemacht hien un der Nues ze zeien. Elo wollt ech<br />

alles erliewen.<br />

"Heiert dir do, wien sidd dir..."<br />

Ech fâlen him an t'Ried: "Beleidegt mech net. Wien sidd dir iwerhâpt?"<br />

Mein strengen Tounfall huet en nach mei durchenén bruecht.<br />

"Ma ech sin den Direkter Dumont!"<br />

Ech hun de Kapp gerëselt:"Dir sidd vleicht den Schröftsteller Henri Reger.<br />

Wei kënnt dir dann den Direkter Dumont sin, wann ech et sin?"<br />

Hien wollt op t'Dir lass. Ech war awer schon dertöschent<br />

"Woumadden kënnt dir da beweisen dat dir den Direkter Dumont sidd?"<br />

Hien huet op t'Schell gekuckt an du sôt en: "Well der wirklech mei Pass<br />

gesin?" Ech hun mech richt virun hien gestallt a hun rispostéiert: "Dât ass<br />

nëmmen eng Fatz Pobeier, nëmmen ech hun 6 Zeien, die geschwuer hun<br />

wien ech sin. De Professor, den Nervendokter, den Assistent am t'Schwöster<br />

am Spidol, eisen Ingénieur Hémes, an de Chauffeur Gusti!"<br />

Hie sturkt mech un, awer nemmen eng Sekund, an do fänkt hien un ze<br />

jeitzen, esou hârt ewei e kann: "Höllef, höllef e Vereckten!"<br />

D'Dir ass opgeflun an eran stiermt eng helle Wull Leit a bekucken eis zwein<br />

verwonnert. Mir hun eis wirklech geglach. An t'Leit hu gemengt am hellen<br />

Dag t'Männercher ze gesin:<br />

"Bannt dén do hien ass é Geckechen!"<br />

"Nén, fesselt dén do, hien ass verreckt. Mir huet den Nervendokter virun 2<br />

Stonnen bewiesen, dat ech gesond sin."<br />

Nodém se e weineg gezeckt hâten, hun se mech gepâckt an hun mech an<br />

t'Niewenzömmer geschléft, wou ech nach heieren hun wat den Direkter sôt.<br />

"Scheckt den Nervendokter mam bloe Wôn, an t'Police <strong>fir</strong> en of ze huelen."<br />

Ech war scho besser opgeluegt, well hei och Zigarre stungen. Op emol<br />

heieren ech eng Fraleitsstömm, déi vun mengem Jeanny: "Losst mech direkt<br />

eran!"


115<br />

"Den Direkter ass elo net ze spriechen!"<br />

"Fir mech ass en emmer ze spriechen, ech sin dach seng Frâ."<br />

"Seng Frâ??. Dir sidd...."<br />

"Natirlech, ech sin dach t'Madame Dumont."<br />

Ech sin fu Fréd am Zömmer ronderöm gesprongen wéi e Geck. Sie hat<br />

irgend wei alles duerchkuckt. Sie huet sech no der Situatioun gericht. Den<br />

Sekretär ass bei den Direkter gangen a sôt: "Eng Frâ ass dobaussen."<br />

"Ech sin elo net ze spriechen!"<br />

"Et ass Är Frâ!"<br />

"Meng Frâ?...Dir wösst dat ech net bestued sin, huet dir se net mei all?<br />

Weist mir die Frâ emol?"<br />

Elo muss den Knallefffet do sinn. Meng Frâ ass an sein Büro komm. Ech<br />

hun t'Dir e weineg opgemacht an hun gelûust a gelauschtert.<br />

"Henri!" sie stirzt sech op den Direkter.<br />

An dém Ableck koumen Männer iwer de Gank an gin an de Büro vum<br />

Direkter.<br />

"Wou ass dé Geckegen?"<br />

Ech hun t'Dir opgemacht an sin och an de Büro gangen. Hei ass en. Alles<br />

ass paff. Meng Frâ hängt sech ëm mein Hals, den Dokter an den Professor<br />

aus dem Spidol kucken mech an dann den Direkter. Ech sin déjenegen dén<br />

nach am rouegste bliwen ass. Ech gin op den Dokter duer: "Här Dokter, dir<br />

wöllt mech an t'Geckenhaus feieren, well ech elo gesot hun, ech wier<br />

den Här Dumont. Göschter huet dir mech agespart well ech behâpt hun ech<br />

wir den Henri Reger. Dir Här Dokter huet mech forceiert ze behâpten ech<br />

wir den Här Dumont. Wén sin ech dann elo eigentlech?"<br />

Fir t'eischt war alles roueg. Dokter a Professer waren verléen, de richtegen<br />

Dumont huet neischt verstanen, d'Beamten waren virwörtzeg, meng Frâ huet<br />

viraus gesin an ech war elo esou richteg frou iwer dei herrlech gedreinte<br />

Klatz.<br />

De Professer ass op mech durkom a sôt:"Wien sidd dir dann elo eigentlech<br />

richteg?"


116<br />

"Dât wéss ech leider selwer net mei. Bis göschter war ech iwerzécht de<br />

Schröftsteller Henri Reger ze sin. Dir huet mir awer kloer gemacht dat ech<br />

den Direkter Dumont wier."<br />

"Dann hun mir eis eben geirrt!"<br />

"Sôt dat nemmen net, dir Hären. Beweiser waren do wei t'Madame Jeanny<br />

Reger - ech hun menger Frâ en Zéche gin - mech net kannt huet an ech sie<br />

och net. Dat ass dach drolech dat sie sech mat hierem Pass ausweise konnt.<br />

Du hun ech awer vun hei an t'Villa Belair op Capellen telefoneiert, an do<br />

hun ech mam Schreftsteller Henri Reger perseinlech geschwât."<br />

Den Dokter ass nervös gin, an den Direkter Dumont sôt:"Do ass eppes<br />

aneschter derhannert. Vleicht e Verbriechen!"<br />

De Professor wollt et eraus fannen: "Könnt dir eis schwieren, dat dir den<br />

Henri Reger sidd?"<br />

Ech soen iech, dat ech scho selwer zweiwelen. Meng Frâ huet sech<br />

ageschallt. "Mei Verstand dén ass nach ganz kloer, ech kann schwieren dat<br />

ech Jeanny Reger sin an dât doen ass mein Mann!"<br />

"Pardon dir Hären, dös Frâ huet nach virun e puer Minute behâpt si wir dem<br />

Här Dumont seng Frâ." Ech hun bâl hârt gelacht.<br />

Si stungen alleguerten esou verdaddert do a wossten net aus an net an. Ech<br />

hun t'Jeanny mam Arm geholl a sôt:"Losst mer emol op Capellen<br />

telefoneieren."<br />

Do huet kén sech gemellt.<br />

"Dir musst iech geirrt hun" sot den Direkter. Nodém all déi di vierwötze<br />

kom waren eraus bugseiert waren ass et ganz gemiddlech gin. Dat ech<br />

selwer den Direkter, den Direkter ech, a meng Frâ, dem Direkter seng<br />

Frendin, oder mir dem Direkter seng Frenn wiren. Lauter verstänneg<br />

Sachen, die mir awer net verstânen hun.<br />

"Dir sidd ouni Erlabnis an t'Minière gefuer, an Dir huet iech weint Spionage<br />

schölleg gemacht, well dir hut an mengen Pobeieren um Büro gelies."<br />

"An Dir huet mech gehönnert op Capellen an meng Villa ze fueren, nom<br />

Richtegen zu kucken. Dir huet dénen Deiw, die menger Frâ a mir de Pass<br />

geklaut hun gehollef Zeit ze gewannen."<br />

No deser klenger, awer frendlecher Dispute sin mir an de Casino iesse<br />

gangen. Den Direkter an mir zwein sin gudd Frënn gin. Hien huet esou guer


117<br />

gesôt dat seng Gesellschaft <strong>fir</strong> de Schued geng opkommen dén bei dem<br />

spannende Krimi entstanen ass. De Gusti huet eis op Capellen gefouert.<br />

T'Villa war miserabel zougericht. T'Dire stungen iwer all op. T'Schief<br />

duerchwullt an t'Better verwullt. T'Perserteppecher an t'Sölwergeschirr<br />

waren verschwonnen. Ech wollt grad der Poliss telefoneieren, do war se<br />

schon do. Den én huet mech mam Coli geholl an én aner huet meng Frâ<br />

ewöscht. "Hun mer iesch elo!"<br />

Ech wollt mech wieren: "Ech verbidde mer...."<br />

"Roueg, mer wössen alles, den Här Henri Reger huet matdéle geloss dat<br />

während hien op der Rés wier, Deiw gengen an senger Villa hausen. Dir<br />

huet jo alles schein nonén gemacht." Wén hinnen telefoneiert hat konnt ech<br />

net erausfannen. Vleicht war et t'Schwester aus dem Spidol?<br />

Ech wollt nach eng Keier eppes soen, kruet awer t'Keier net: "Roueg, net<br />

gemault, matkommen, an den Auto mat hinnen, wann se net wöllen, dan<br />

Handschellen undin!"<br />

Mir sinn allebeid an den Auto gestouss gin an konnte ereischt zu Schrasseg<br />

erëm eraus.<br />

De Schluss vun der Geschicht ass langweileg. Fir dei déi virwötzeg sin<br />

schreiwen ech awer nach de Schluss. Mir hâten eis Villa dei ganz eleng an<br />

engem klengen Böschelchen leit, eréischt kâf. All eis Sachen hâte mir seier<br />

nemmen dohinner gefouert, well mir sin duerno e puer Wochen op eng Rés<br />

gangen déi mir gewonnen hâten. Kén huet eis do kannt. Op eiser Rés waren<br />

mir <strong>fir</strong> d'eischt zu Pareis wou mir am Hotel du Printemps gewunnt hun wéi<br />

ech en Spronk op Esch gemach hun, <strong>fir</strong> an dem Bierg ze bleiwen.<br />

Am Hotel hâten zwé Brigangen, eng Frâ an e Mann, die letzeburgesch<br />

geschwât hun, eis belauschtert an sie hun eis t'Päss geklaut an du sin si an<br />

eis Villa wunne gangen. Mir waren jo fort! An et huet kén sie kannt.<br />

Meng Frâ wor zu Versailles wei de Fax geschriwen ass gin. Dommerweis<br />

hat ech t'Faxnummer vun Capellen ugin an esou ass et kom dat dem Brigang<br />

seng Frâ sech als meng Frâ ausgin huet. Wéi ech aus dem Direkter sengem<br />

Büro ugeruff hun waren si grad am gang alles an hieren Plönnerwon ze<br />

pâken.<br />

Meng Frâ hât Angscht wei se neischt fun mir heieren huet an do ass se zu<br />

Esch eraus geklommen aus dem Pareisser Zuch an huet am Hotel Cresto an<br />

der Zeitung iwer mein Virfall an der Minière gelies.


wetter<br />

118<br />

Alles ass opgeklärt gin. Esou guer t'Deiw sin an der Belsch mat dem<br />

Plönnerwon gepëtzt gin.<br />

Göschter krut ech e Breif vum Direkter Dumont. En huet eis agelueden op<br />

Esch <strong>fir</strong> mat him an aller Rouh d'Minière ze besichen. Meng Frâ war<br />

begéschtert:" Ech well awer och emol gäre gesin wouss du dech erem<br />

gedriwen hues."<br />

Wann ech nach eng Keier eleng verrésen, lossen ech mir de Pass irgendwou<br />

a Spigelschreft hin tätoweieren, well ech wöll net nach eng Keier an de Fall<br />

kommen, wou ech net mei wess wien ech sin.<br />

Concours littéraire - nos cahiers - 2000<br />

Par e’mail à nos.cahiers@isp.lu<br />

Nos cahiers<br />

2, rue Christophe Plantin<br />

L-2988 Luxembourg<br />

De la part et avec les compliments de l‘auteur<br />

44, rue du Bois<br />

L-4421 SOLEUVRE<br />

Inke Dätsch.<br />

Eng Märechespaschteit, farceiert mat Wourechten.<br />

Den Här É Lef an den Här Zwé Lef waren trei Noper zenter eiwegen Zeiten. Si<br />

hun sech emmer gudd verdroen an villes matenén ennerholl. Egal wou eppes<br />

gezielt ass gin, sie waren emmer virop mat derbei.<br />

Wei <strong>fir</strong>u kurzem dén neien Duden, dén <strong>fir</strong> alles mei verstänneg ze schreiwen,<br />

onmossech Oprou bei de Schreiwer er<strong>fir</strong> geruff huet, hâten och dei zwein Hären<br />

sech én Exemplâr vun dësem wichtege Buch besuergt, <strong>fir</strong> mat der Welt mat virun<br />

ze goen. Sie wollten ”in” bleiwen. Den Här É Lef hât sech schon en etlech Dég<br />

zimlech deif an dât Studium gekneit. Vleicht ze deif?<br />

Et war op engem scheine Sonndeg Mueren, do ass den Här É Lef flang durch<br />

de Gaard gerannt, eriwer bei den Här Zwé Lef. Hien war ganz opgeregt, an huet<br />

mam neien Duden, dén roud Deckelen huet, an der Lucht geweitscht. Et hätt én<br />

gemengt hien hätt eng Fâkel an der Hand, wei én Olympionikki, um Wé <strong>fir</strong> op<br />

Sydney.


”Wéss Du dat mir diskrimineiert gin”, rifft hien dem Noper schon bei senger<br />

Terrassendir entgeint. D’Dir stung grouss op, <strong>fir</strong> kill Mueresloft an d’Haus ze<br />

lossen. Vun dobannen huet én klassesch Uergelmusek heieren. En Zéchen vun<br />

hirer musikalescher Bildung, mat där d’Leit an desem Haus gelieft hun. Ganz<br />

secher geingen se awer ofstreiden, dat se dât och no baussen weilten weisen.<br />

119<br />

”Elo hun ech eraus fonnt, dat mir zwein aus der Reih danzen!”<br />

”Ech kommen net richteg no” sét den Här Zwé Lef, dén nach an der Robe de<br />

Chambre war. Hien koum buerfeiss aus der Kichen an huet, iwerdéms en nach e<br />

Maufel ofschleckt, sech grad de Mond ofgebotzt.<br />

”Beroueg dech dach e weineg. Komm setz dech emol gemiddlech hei an de<br />

Schied, dann süffelen mer den Apéritif zesummen.”<br />

Si setzen sech an kamoud a frösch ugestrache Terrassestill. ”Ei, wât schein roud<br />

Pillemen, doranner sötzt é gudd möll,” mengt den Här É Lef.<br />

Den Här Zwé Lef wollt hien schon erëm huelen, an hien beleieren, et wäre<br />

‘Pimmelen’, an keng ‘Pillemen’. Hien kruet sech âwer nach um Bidong gerappt.<br />

Sein Noper wär schon opgedreint genug, huet e gemengt. Déi verschiddenarteg<br />

Ausdrocksweis koum net eleng doduerch well hier Elteren net aus der selwechter<br />

Geigend vum Land waren!<br />

D’Still, an den ronnen Dösch, waren an der Moudefuerw <strong>fir</strong> Gaardemiwelen<br />

gepinselt. Ultramarin blo! Esou blo dat é gudd huet miss kucken, <strong>fir</strong> zwou<br />

schwârz Boujellien ♣ ) ze gesin, dei driwer gelâf sin. Wuel verstanen, et ass bei<br />

dér bloer Fârw em d’Gaardekonscht gangen! Dât sollt kengesfalls én Zéchen no<br />

baussen sin, wât<strong>fir</strong>en Klibbchen se gestemmt hâten, bei de Chamberwahlen. Dei<br />

Zeiten waren eriwer, wou d’Leit nach drei Birken <strong>fir</strong>un d’Hausdir geplanzt hun, <strong>fir</strong><br />

op sech opmierksam ze machen, an ze weisen zu wém se gengen hâlen. Duerno<br />

sin Trauerwedden am Kläppchen an de Moud kom, bis d’Noper gemengt hun,<br />

d'Proprietären hätten de Bockel voller Schold, duer<strong>fir</strong> gengen se en Zéchen fun<br />

Trauer setzen. Sie hun dât âwer nëmmen weint déne ville Blieder gesôt, dei am<br />

Hierscht vum Wand bei hier Dir gejôt gin. Just elëng dât war et wât se am<br />

Hannerkapp hâten, well mat der Wourecht wieren se net ukom. Egal, dorobs hin<br />

sin keng Trauerwedden mei gesât gin.<br />

Nén, dât wollten dës Leit ganz secher net, sech iwerhapt nach zu irgend enger<br />

Farw bekennen, well hinnen esou eng gefierwten Mentaliteit scho lang geint de<br />

Strech gangen ass. Sie waren och mat hirem Noper derselwechter Ménung, <strong>fir</strong><br />

en ongeblimmelt Optrieden, well nëmmen esou d’Leit an der Gesellschaft net mei<br />

ausenâner divideiert gin, an sech och net mei geint énaner opsteppele lossen.<br />

Firdrun sin sie ongewollt zu fanatesche Streidereien verfeiert gin. Doduerch<br />

♣ ) Och nach Séjomessen, Séchmunnessen oder Pissmummessen genannt.


waren der och vill net mei frou mat dém Aneren. Hannerlöschteg gollt lang<br />

genuch wât t'Reimer schon ausgenotzt hun: divide et impera!<br />

d’Madame Zwé Lef huet ”e scheine gudde Moie” gewönscht. Sie war, wei eng<br />

Fé, an engem weissen, leftegen Négligé, an huet dénen zwein Hären énzock e<br />

Pernot fils an én Campari orange zerveiert, well sie hir Préférenzen zenter langer<br />

Zeit schon kannt huet. Sie selwer huet sech entschöllegt a sot d’Coiffeuse keim<br />

nach <strong>fir</strong> hier Bigoudien ze setzen, ir se gengen fort fueren. Wei dei Zwé geprosst,<br />

an dei eischt Schlippchen gekippt hâten, huet den Här Zwé Lef gefrot:<br />

”Wann ech elo richteg verstin, hues du den Duden schon am Fong studeiert an<br />

du hues dobei eppes opgelammelt. Ziel emol wât schon alles ugebrannt ass.”<br />

Den Här É Lef hât et schweier gelueden an huet deif Otem geholl: ”Ma da<br />

lauschter elo mol gudd no. Du an ech, mir Zwein danzen aus der Reih, mir gin op<br />

der ganzer Lin benodélgt.”<br />

”Wei ass dann dât, du mechs mer et jo schein spannend,” äntwert den Här Zwé<br />

Lef.<br />

”Ma heier der emol un, wât mir hönnt am Drâm agefall ass. Eis nächst Noper<br />

héchen Drei Zeng, Veier Zeng, Fof Zeng, Siech Zeng, Siewen Zeng, Uech Zeng<br />

an Non Zeng. Vun den Aristokraten der Neng, der Acht an der Siewen, an nach<br />

mei weit no uewen, schwetzen ech guer net. Den Zeng, an alleguerten dei no eis<br />

kommen si Famill mat him, an hun den Nonumm Zeng.”<br />

No enger kurzer, awer deiwer Otempaus ass e <strong>fir</strong>u gefuer: ”Wât hât ech hönnt<br />

eng Nuecht. En Alpdrâm soen ech der. Ech perseinlech schreiwen dât Wuert elo<br />

nëmme mei nach mat p wei bei Alpen, dât wirkt vill mei erdreckend wei mat b bei<br />

Album, dât nom neien Duden esou guer och nach richteg soll sin. Ech hun also,<br />

<strong>fir</strong> erem op meng Ried zreck ze kommen, vill ze vill an dém neien<br />

Schreiwallesrichtegduden studeiert. Den Doudschwéss ass mir op émol<br />

ausgangen, wei et mir opgefall ass, dat mir zwein Daboen eleng doremmer lafen,<br />

ouni dé wertvollen Familjennum Zeng.”<br />

”Dât ass jo allerhand. Dât ass mir mol nach nie opgefall”, äntwert du den Här<br />

Zwé Lef. ”Nëmmen ech froe mech <strong>fir</strong>wât huet dén neien Duden dât dann net<br />

geännert, wei se schon amgâng waren alles nei a mei richteg ze schreiwen oder<br />

ze vereinfachen?”<br />

Et war é Moment ganz roueg. Et huet kén eppes gesot. Sie hun allen zwein<br />

nogeduecht. Nëmmen dei lescht Täkt vun enger Toccata, waren am Radio nach<br />

ze heieren. Dei zwou schwârz Boujellien sin <strong>fir</strong>un iwer den bloen Dösch gelâf.<br />

Den Här Zwé Lef huet gemengt hien misst d' Situatioun entspânen a sôt: ”Oder si<br />

hun vleicht och dén neisten Geschäftstrick probeiert <strong>fir</strong> Reklam gemach ze<br />

120


kreien. Mach nämlech de Kritiker en decken, säftegen Ubass un de Krépchen, da<br />

gin se wei Bluddsöffer drop. Dér, dei mam Fanger op dech weisen, gët et der jo<br />

vill mei, wei dér dei eppes Guddes vun dir schreiwen, an dech luewen wëllen. Da<br />

schwetzt a schreiwt op émol d’ganz Welt vun Dir an Denger Famill. Kanns de<br />

dech nach erenneren, do war dach emol én, dén sech en Minimobil op d’Seit lée<br />

geloss huet. Wât gouf dât dach eng immens a gratis Reklam. E Gedéssems ouni<br />

Enn. Nie hätt hien dei selwer könne bezuelen. Esou guer d’Maori, am deifsten<br />

Hannerland vun Neuseeland, hun driwer geschwât!”<br />

”Ech gléwen net un dé Bobbes. Esou e Schwindel wir dach direkt opgeflunn!<br />

Dorems gét et jo âwer guer net an eisem Fall. Ech fille mech perseinlech zwar<br />

och fatzeg geelcht, an net manner op d’Seit geluegt. Mé ech hun elo t'Nues voll.<br />

Villes wât kromm an derniewt war, ass an dém neisten Duden riet gebeit gin.<br />

Esou guer den Här Stengel, dé Stâches, bis dohinner <strong>fir</strong> mat ‘e’ geschriwen,<br />

huet eng extra Wurscht gebrode kritt. Hien ass elo den Här Stängel gin, a get an<br />

Zukunft <strong>fir</strong> mat ‘ä’ geschriwen.”<br />

”Dât dârf dach net wouer sin!”, äntwert den Här Zwé Lef verwonnert. ”Ass dén da<br />

mei wei mir aner? Virwât hun se da grad him dei Extrawurscht gebroden?”<br />

”Hien huet einfach stramm drop gehâlen. Seng Virfueren wieren keng Steng<br />

gewiescht, mé Stangen, an dât ass geschriwe ginn, grad esou wei<br />

Bounestangen. Hien huet och schon an sengem neie Pass stoen, hie wier fun elo<br />

un den Här Stängel. Esouguer mein Computer huet dât schon bekäppt!”<br />

”Dât gött et dach net. Wât Sachen ziels du mer do,” äntwert den Här Zwé Lef. Et<br />

huet én un sengem Toun gemierkt dat hien schon e Bësselchen mei opgerégt gin<br />

ass. En ass viru gefuer: ”Ech war bis elo mat Dir éns, dat dei Borschten eis<br />

vleicht iwersinn hätten. Ma elo geif ech dach âwer bâl gäre behâpten sie hätten<br />

eis glad ewech ignoreiert. Dât wir, wei’s du séss, eng fauschtdeck<br />

Diskriminatioun. Nemme do ass secher neischt mei ze redetten.”<br />

Dén Här É Lef wollt nött, dat sein Nôper erem Wasser sollt ze zeien, an huet<br />

versicht en ze iwerzégen: ”Mengs de et wär wirklech neischt mei ze änneren?<br />

Doranner sin ech guernet denger Ménung. Haut gött jo geint, an <strong>fir</strong> alles<br />

protesteiert. Firwât sollten mir net och protesteieren. Wann én et net versicht,<br />

dann ass én es selwer schold, wann alles beim Âle bleiwt.”<br />

”A wuer wölls Du dann iwerhapt protesteiere goen? Fir esou eppes ass kén<br />

Affekot ze begéschteren. Et stin keng Sousen um Spill, an et ass zimlech<br />

schweier hei én ze fannen, dén <strong>fir</strong> eis dei richteg Ligen erfönnt an opdöscht, oder<br />

d’Paragrafen ömbeien kann. Et ass dach eng Kalamiteit dat esou guer<br />

vermengtlech intelligent Leit eischter eng Hatt voll Ligen gléwen, wei e Grapp voll<br />

Wourechten.”<br />

121


Den Här É Lef huet keng Rou gin, hien ass riecht drop lass gângen. ”Ech<br />

mengen mir sollen et nawell probeieren. Wann emol dobaussen fun eis geschwât<br />

get, da fannen mer bestemmt nach vill mei Onzefriddener, an da wärts de gesin,<br />

da gin mir schon gelauschtert. Mir missten emol eng Keier richteg op d’deck<br />

Tromm schloen! Vleicht d’Roud Breck, esou weit wei brét, a bis an den Dall erof,<br />

voll mat déne rouden Duden hänken. Da gengs de mol gesin, wât am Echerbierg<br />

é Gewulls an de Kornischonge lass gét. É Reporter geng dén aner nidder<br />

treppele <strong>fir</strong> mei no derbei ze sin. Nëmmen dât ass eng Utopie, vergiess dëse<br />

Râteschwanz erem seier! Dobei hu mir jo och keng Memberkârten <strong>fir</strong> ze<br />

verkâfen. Denk net mei drun! Ech froen mech elo nach just wou den Duden<br />

dohém, dât hécht wou hien eraus komm ass?”<br />

Den Här Zwé Lef moschtert hien mat engem zimlech schiefen A, a streckt sein<br />

Arm iwer den Dösch. Hien greift no dem roude Buch: ”Weini hues du dé Mûscht<br />

iwerhâpt kâf? Dât ass jo d'Amoss • ) vun dengem Misère, déns de mir hei<br />

opdöschs? Réch mir emol dât blöd Steck heihinner.”<br />

122<br />

Dei zwou schwârz Boujellien lâfen nach emmer iwer den blôen Dösch.<br />

Den Här Zwé Lef erwöscht d’Buch, dât sein Noper bis dohinner nach emmer fest<br />

an sengen schwéssegen Hänn hât. Et huet e ganz kurzen, jo âwer och nëmmen<br />

e Brochdél vun engem Moment geschengt, wei wann é Bouquet mat roude<br />

Rousen iwer dem bloen Dösch geng schwiewen. Dât war secher âwer nëmmen<br />

eng idyllesch Fatamorgana, an duer<strong>fir</strong> och erëm seier <strong>fir</strong> ze vergiessen. Den Här<br />

Zwé Lef sturkt op dei eischt Seit, a liest zimlech hârt a ganz patétesch, wât um<br />

rouden Deckel geschriwe stét: ”Duden. Die deutsche Rechtschreibung. Die<br />

neuen Regeln. Die neuen Schreibungen. Gültig für Deutschland, Österreich und<br />

die Schweiz.”<br />

D’Uegelmusek war um Ënn. De Speaker hât t'Pärdskurss aus der Walküre, vum<br />

Richard Wagner ugekönnegt, an die eischt Täkt hun schon <strong>fir</strong> scheinen Remmi<br />

Demmi gesuergt. Den Här Zwé Lef ass agedosch, an sôt wei en erem koum:<br />

”Ech hun déne Pärd den Hals ëmgedreint."<br />

Hien huet mam Nuesefanger op die eischt Seit gewisen, an ass viru gefuer: " Mé<br />

hei geseis de et jo erem, fun Lëtzebuerg ass keng Riets. Eist Land ass, alt erem<br />

an wei ëmmer vum Noper verstouss gin. Ké Wonner, eise Kulturminister huet<br />

secher gepennt, wei doriwer débatteiert ass gin. Dé schengt jo âwer och guer net<br />

an eiser Kultur dohém ze sin?”<br />

Den Här É Lef huet den Kulturminister e weineg besser kannt. Sein Papp war de<br />

Monni vun him sengem Edem senger Tatta. Hien wollt et net mat der Famill<br />

verdirwen an huet duer<strong>fir</strong> net esou streng jugeiert, wei hien sôt:<br />

• ) Aus dem franzeichen 'Amorce' ofgelét. Hei ass de Polfer, den Ausleiser vum Schoss gemengt.


”Oder hien war grad dén Ament am Ausland. Vleicht an Indien, <strong>fir</strong> Proffen ze<br />

rekruteieren, well se dér jo um Géssekneppchen net genuch hun. Et schengt wei<br />

wann d’Inder mei raffineiert wären, wei d’Jongen a Médercher hei am Land. Dei<br />

sollen jo elo och eng Green Card kreien, wei deiseit der Musel. Vleicht ass des<br />

Green Card en ausgezéchent Mëttel geint all dei blo, rout an schwarz Karten, dei<br />

bis elo jidder kluge Mönsch, den Ömstänn an der Noutwendegkét entspriechend,<br />

aus der Täsch zaubere konnt! Nëmmen wann mer schon reklameiere gin, wât<br />

soen, wei plädeieren mer dann? Hues du der dât schons iwerluegt? Mir musse<br />

dach kenne soen wât mer genau wöllen, wann mer schon net mei mat eisen Nim<br />

zefridde sin.”<br />

Op deser Plaz möscht sech den Erzieler, dén d’Personagen jo aus dem Ef Ef<br />

kannt huet, kurz an d’Geschicht mat an, <strong>fir</strong> eppes mei Verstéssdemech dran ze<br />

brengen, wât dénen zwé hiert Lëtzebuergescht ubelangt. Et darf én jo net<br />

vergiessen, dat hien (den Erzieler) zwar onsichtbar, âwer dach emmer am<br />

Hannergronn derbei ass, wei dât och an engem Krimi de Fall ass. Wann et op<br />

émol spannend a gefeierlech gött, da vergiessen d’Leit jo dommerweis emmer<br />

dat dei mat der Kamera, dei mam Geliets, den Régisseur an nach vill âner mei,<br />

jo och derbei sin. Esou lossen t’Leit sech glâd ewech gären veräppelen! An<br />

nawell färten se sech den Hönner aus der Box.<br />

Den Erzieler potert weider: ’Den Här Zwé Lef huet esou e Möschler vun<br />

Lëtzebuergesch geschwât. Seng Mamm war aus dem Gronn, an sein Papp vun<br />

doawen, aus dem Issleck. No der Schull huet hien lang op der Hadir, an duerno<br />

op der Arbed geschafft. Hien huet duer<strong>fir</strong> emol net brauchen t'Schmelz ze<br />

wiesselen. Do sin all Dâg Arbechter aus déne verschidden Geigenden vum Land<br />

zesumme kom, an jidderén huet <strong>fir</strong> eng kurz Zeitchen nach sein Patois, oder<br />

Jargon, dât héscht sein ‘Duerfakzon’ geschwât. Dât war âwer net <strong>fir</strong> rose lang. Et<br />

ass seier ugangen mat dem Gebabbels, dem babyloneschen<br />

Sprochenduerchenén. D’Dialekter aus dem ganze Land sin op der Schmelz, an<br />

och bei dénen dei an de Minett wunne gânge sin, no alle Régele vun der<br />

Konscht gemöscht an gemixt gin. Et ass also net nëmmen Stôl am Minett<br />

fabrizeiert gin. Do wâren, an fonktioneieren och nach emmer dei rengsten<br />

Kulturfabriken. Als sougenannt Nieweprodukt ass e Sprochemix fabrizeiert gin,<br />

woubei och eise Noper hier Sprôchen kräfteg mat gemöscht hun! Am Ufank hätt<br />

én könne schreiwen, ‘Di zwin ischt Jâr woar alles nasch wi dohoam’. Duerno hun<br />

se wei all Mönsch geschwât, an och geschriwen: ‘No den zwé eischte Joer wâr<br />

net mei alles wei dohém.’ Jidderengem sein hausmâcher Jargon ass wei an<br />

engem Sprochekonverter ageschmolt, an uschleissend mat all âneren Idiomen<br />

kompakt verwalzt gin. Eraus koum en Lëtzebuergescht, dat net mei op ze<br />

poleiren ass, an genau dât ass et wât d’Personagen hei schwätzen an och<br />

verstin.<br />

Domadden hât den Erzieler dem Här É Lef e bëschen Zeit geloss, <strong>fir</strong> schârf no ze<br />

denken, ir dén seng wuel iwerluechten an och duerchduechten Explikatioune<br />

konnt virdroen. Dén ass och op der Dôt lass gefuer.<br />

123


”Ma dât ass ganz einfach. Fir net mei aus der Reih ze danzen, wöll ech ”Én<br />

Zeng” héschen an du gengs den ”Zwé Zeng” gin. Eis direkt Noper, besonnesch<br />

den Drei Zeng an den Veier Zeng gengen dann net mei mat engem schiefen A<br />

op eis erof kucken, obschon mir emmer nach virun hinnen opgezielt gin. Ech wöll<br />

neischt Besseres âwer och neischt Mannerwerteges sin, wei meng Noper.”<br />

”Dât ass richteg” äntwert den Här Zwé Lef. ”Âwer Én Zeng, Zwé Zeng, klengt dât<br />

net e weineg komesch?”<br />

124<br />

Den Här É Lef war seier do, mat senger Äntwert.<br />

”Komesch? Wât hécht hei komesch? Et gött geint vill aner, nach bedeitend mei<br />

komesch Sachen protesteiert. Kuck, jidderén an eiser Reih ass Famill mat den<br />

Zeng. Mir zwein eleng sin Famill mat de Lef. Weit a brét fönns du âwer dén Num<br />

net mei, bei den Zuelebridder. Bei der Famill Zwan Zeg héchen d’Noper jo Én an<br />

Zwan Zeg oder Zwé an Zwan Zeg. Dann Én an Dresseg oder Zwé an Dresseg.<br />

Dât gét esou weider bis Én an Non Zeg an Zwé an Non Zeg. Ké wéss wou dei<br />

ausgefâle Lef hierkommen, an kén wéss wien se sin. ‘Lef’, wât ass dât da schon?<br />

D’Gebridder Grimm hun sech och net besonnesch ugestrengt an hierer<br />

Etymologie an 24 Bänn, soss keinte mer do noschloen wou d‘Lef hier kommen.<br />

Da fannen ech Zeng âwer villeg mei schein, an d’Kanner geroden net esou licht<br />

duerchenén. Kuck emol beim Rechnen, wei einfach wir et dach ze soen: Én Zeng<br />

an Én Zeng ass Zwé an Zwan Zeg, well Ént an Ént ass dach Zwé. Dât ass<br />

d'Logik! Hun ech recht oder ass et wouer?”<br />

Den Här Zwé Lef muss lachen iwer dém en äntwert: ”É Lef an É Lef ass bis elo<br />

och nach ëmmer Zwé an Zwan ‘Zeg’ gin. Nëmmen, grad dobei fällt mir op émol<br />

dé rengste Kuddelmuddel op, well eng Zuel mat ‘hannen Lef’ bei eng Zuel mat<br />

‘hannen Lef’ derbei gezielt, dach net eng Zuel mat ‘hannen Zeg’ ka gin. Kuck,<br />

t'Regel ass dach dat nëmmen eppes mat ‘hannen Zeng’ an nach eppes mat<br />

‘hannen Zeng’, zesummen gezielt get, eng Zuel mat ‘hannen Zeg’ erauskönnt!<br />

Dât liecht dach awer dém Dommsten an. Et mist dach och alles logesch<br />

duerchduecht sin. Mat där Ëmennerung do keinten awer dach nach ganz<br />

komesch Verwiesselungen virkommen.”<br />

Den Här É Lef ennerbrecht en: ”Wourunner denks du besonnech? Hues de iren<br />

eng <strong>fir</strong> ze lachen op der Pan?”<br />

Den Här Zwé Lef schmunzt a sét: ”Ma stell der emol <strong>fir</strong>, ech geng op<br />

d’Knippchen zu Arel goen, a stelle mech perseinlech do <strong>fir</strong>: ‘Zwé Lef’. Dann<br />

kanns de scho roueg matgoen <strong>fir</strong> ze gesin, dat dei mir direkt 2 Patt Leffe - Beier<br />

brengen. Wann dât keng Verwiesselung ass!”<br />

Hien wibbelt fu lachen, besonnech sein Bâkespeck. Den Här É Lef muss och<br />

lachen, hat âwer gleich Eng <strong>fir</strong> hannendrop.


”Dât wär jo awer och nach guer net esou derniwt. Ech wär scho behölleflech a<br />

geng gären én mat drenken. Nëmmen dât do hate mer och am Bistro zu<br />

Shanghai. Den Menn huet den Daum an d’Luecht gehâlen, zesummen mat dem<br />

Nuesen- an dem Möttelste Fanger, an huet ‘Pi tschou’ geruff. Dât war net<br />

geneitzt. ‘Pi tschou’ hécht Beier op Chinésech. Ma prompt kruet hien 7 Humpen<br />

serveiert, am Plaz vun dénen drei, dei hien wollt bestellen. Si hun eis âwer gudd<br />

geschmâcht.”<br />

125<br />

”A wei ass dann dât meiglech?” wöllt den Här Zwé Lef wössen.<br />

”Ma well a China villes chinesesch ass, an én Daum an der Luecht, dât bedeit<br />

net Ént, weis Du mengs, ma âwer Fönnef. A nach eppes, wanns du dé klengen<br />

Fanger eleng an d’Lucht hälls, hécht dât dats du dén da bass dén verluer huet,<br />

dén eng an d’Köscht kritt huet.”<br />

Den Här Zwé Lef huet iwerdéms nervös am Duden gebliedert. Hie rëselt de Kapp<br />

a mengt: ”Dât do ass âwer spassech.”<br />

Hien hällt kurz op mat bliederen, liest a sét: ”Ech hun elo d’Äntwert fonnt, op<br />

Deng Fro, wou den Duden dohém ass. Hien könnt aus dem Bibliographischen<br />

Institut & F.A. Brockhaus AD zu Mannheim, an wann ech hei richteg liesen, dann<br />

hun ech och nach e gudden Ophänker fonnt, <strong>fir</strong> nach besser reklameieren ze<br />

können.”<br />

Wei hien '&' gelies an betount huet ass esou guer dem Erzieler onkloer bliwen.<br />

”Dât ka mer jo nach schein gin, elo sin ech âwer gespânt wei én âle Präbbeli”,<br />

sét den Här É Lef.<br />

”Ma hei stét ausdrecklech geschriwen, dat den ‘Nachdruck, auch auszugsweise,<br />

verboten’ ass. Domadden hun se sech âwer ganz schein an d’Brenniesele<br />

gesât.”<br />

”Du bass haut âwer allerhand gudd drop. Ech kommen bâl net mei no.”<br />

”Ma dann iwerlé dach emol. Wann kén eppes aus dém gescheite Buch darf<br />

nodrecken, dann kann jo och kén dât Buch gebrauchen. Vleicht nëmmen <strong>fir</strong> mam<br />

Bleistefft ze schreiwen. Et darf jo kén eppes nodrecken, wei et an dém Buch stét!<br />

Dât stét schwarz op weiss hei gedreckt. Esou eppes Verecktes. Sin dei dann<br />

nach weis, <strong>fir</strong> iwerhapt esou eppes an de Verkâf ze gin. Et muss é jo richteg<br />

färten. Dât ass jo dé rengste Schwindel. Ech hun jo emmer gesot. Dât klengt<br />

Gedrecks, jé nodém wei én et liest, a fu wât e schwätzt, kann eng Knaschterei<br />

sin.”<br />

”Weis emol hier.”


Den Här É Lef kuckt op der bannenzecher Deckelseit a mengt iwerzécht:<br />

”Menger wärrech, du hues Recht, ma elo hun mir schon zwou zolid Tuten <strong>fir</strong> eis<br />

Reklamatiounen dran an ze pâken. Dât Buch ass 1. net <strong>fir</strong> Lëtzebuerger ze<br />

benotzen an <strong>2.</strong> et darf och nach kén e Wuert drecken, wât an desem Buch<br />

gedreckt stét! ”<br />

Hien huet e kurzen Ament iwerluegt ir e viru gefuer ass: ”Dât ass jo <strong>fir</strong> aus der<br />

Köscht ze sprangen. Elo ass och bei mir d’Hâptsicherung durchgebrannt. Elo<br />

fueren ech énzock mat reklameieren, op Mannheim.”<br />

Hien huet âwer nach én Ableck gezëckt a sôt: ”Mengs de nött, mir sollten nött<br />

âwer e Schoulmeschter froen, dat dén eis behölleflech ass. Oder vleicht e<br />

Schoulinspekter.”<br />

Den Här É Lef huet guer net gezëckt, wei hien geäntwert huet: ”Démno wou dei<br />

hier Tantièmen asäckelen, ass et meiglech dat sie mat dem Duden op guddem<br />

Fouss stin, an dann hun mir schon verluer ir mir emol richteg ugefangen hun<br />

mam Protesteieren. Wa schon, dann misst et âwer e Mathematiker sin. Oder<br />

nach besser wär e Philosoph. Dei sin ausgezéchent an der Logik. Sie kënnen vill<br />

mei scharf denken, an sech och vill mei geleiert ausdrecken. All Mönsch mengt<br />

sie hätten ëmmer Recht, well et muss én och gudd oppassen, dér Mettien ♠ ), dei<br />

mengen eppes vun der Sproch ze verstoen, lâfen der masseg doremmer.<br />

”Mengs de dann mir hätte besser énzock de Prozess ze machen, oder mengs de<br />

mir sollten nëmmen op Mannheim protesteiere fueren.?”<br />

”Wann ech mer dât esou richteg iwerléen, da geng ech nawel gären selwer émol<br />

op Mannheim fueren. Do war ech nach nett. Ech wir der<strong>fir</strong>, wa mer schon<br />

dergeint sin, dat mer emol als eischt mam Protesteieren probeieren.<br />

Prozesseieren könne mer nach durno. Solle mir dât dann elo môl uleieren?”<br />

”Mir ass et egal, ech sin décidéiert. Ech fueren stracks mat. Ech sin och der<br />

Ménung, dat mir önner dér Ongerechtegkét op ké Fall nach mei lang sollen<br />

leiden. Op émol ass Moss driwer gewuess, an eis Kanns Kanner droen eis et no,<br />

dat mir neischt ennerholl hun, esou lang wei et nach Zeit war. Da misste mir eis<br />

âwer schein schummen.”<br />

Iwrem Geschwätz hâten dei zwein hieren Apéritif hanner d'Kollisknäpp gekippt.<br />

Den Här Zwé Lef kuckt op d’Auer. ”Ma, ech sin haut de Metteg op d’Iessen<br />

agelueden. Ech mengen dât do léft eis elo och net mei fort. Et huet nach Zeit bis<br />

mar. Da kucken ech am Internet weini d’Zich fueren, wât d’Billetsen kaschten, an<br />

wou mir zu Mannheim önner Dag könne kommen.”<br />

126<br />

♠ ) ‚Mettien’ huet an desem Zesummenhank neischt mat Mettwurscht ze din.


”Ech kann dât jo och kucken, an emol duerch Mannheim surfen. Ech sin haut de<br />

Mëtteg heihém. Mir sin jo och am Internet. Ech mailen emol doremmer, an da<br />

kann ech Dir schon fleicht haut den owend munches möndlech downloaden.”<br />

Allen zwein waren Tonnen zefridden, an zimlech löschteg opgeluecht.<br />

”Ofgemacht”, sôt den Här É Lef.<br />

127<br />

”Ofgemét", sét den Här Zwé Lef, "an Gudden Peiti!”<br />

”Tsälwecht. Scheine Sonndeg nach. Passt önner Wé gudd och iech op!”<br />

Si réchen sech d’Hänn. Den Här É Lef seng Hand war nach emmer schwésseg.<br />

Hien ass, mam roude Duden enner dem Arm, duerch de Gard erem zreck an<br />

seng Villa gângen. Den Här Zwé Lef huet d’eidel Glieser vum Apéritif geholl, huet<br />

d’Dir vun der Terrass zougespart, an ass a sengem Bungalow verschwonnen.<br />

Dei zwou schwârz Boujellien sin nach emmer iwer den bloen Dösch gelâf. Et<br />

huet och net lang gedauert, do sin den Här an d’Madame Zwé Lef mam Auto<br />

erausgefuer.<br />

Geint der Nuecht, koumen se erem hém. Op der Stross schon huet én fun<br />

hinnen, wei mat engem Zauberstâf d’Garagepârt opgemât. Sein Noper den Här É<br />

Lef hât schon an senger Schlofkummer mat der Nues widder der Fönster<br />

gelauert. Hien ass gleich eriwer gedosch komm. Et ass em net seier genug<br />

gangen, an en huet, wei d’Halogen-Luchten ugange sin, schon op der Pelouse<br />

geruff:<br />

”Ech hun alles an der Rei. D’Billjéen ♥ ) <strong>fir</strong> den Zug, drei Zömmer an engem<br />

gudden Hotel, vis-à-vis fum Institut. ”Zum Neuen Duden” hécht en. An dei 4<br />

Hären, dei den Duden an d’Welt gesât hun, den Här Prof. Dr. Dr. h.c. Günther<br />

Drosdowski, den Dr. Wolfgang Müller, den Dr. Werner Scholze-Stubenrecht an<br />

och den Dr. Matthias Wermke hun mir versprach eis en Denschdeg de Mueren<br />

um 9 Auer ze empfänken. Sie gengen am Haff vum Institut op eis warden. Dobei<br />

sot én vun den Professeren, wei mir matenâner am Internet gechat hun, si<br />

gengen eise Problem gudd verstoen, an sie wiren souwiesou schon am Gang<br />

nach erem Ännerungen vun den Ännerungen ze präpareieren. Dei wiren schon<br />

an der praktescher Phase vun den Tester ukom. Ganz besonnesch hätten sie en<br />

A an zwein Oueren <strong>fir</strong> Zifferen an Zuelen, an sie gengen och mei dax op d’Stross<br />

goen, <strong>fir</strong> dem Vollek nach mei op de Mond ze kucken. Ass dât dan net schon e<br />

groussen Plus <strong>fir</strong> eis Sach? Dât geseit ganz a guer nött schlecht aus. Do léft<br />

dach schon eppes Positives!”<br />

♥ Hien hätt dât Wuert net wei den Här Zwé Lef geschriwen, dén nach bis virun senger Pensioun op der<br />

franseischer Grenz, net weit vum Märtesbierg gewunnt huet. Et hätt én och kaum dé feinen Ennerschéd an<br />

der Aussproch erausheieren, vleicht mat den Oueren vun engem Här Karajan. Gesin hätt én et âwer<br />

bestömmt op engem Sonogramm. Den Oszillograf hätt dén echt lëtzebuerger ‘j’ schein eraus moduleiert.


Den Här Zwé Lef wollt nach froen <strong>fir</strong>wât hien dann 3 Zömmeren réserveiert hätt,<br />

mé en ass guer net zu Wuert kom. Ofgesin dofunner, seng Erwârdungen sin lues<br />

a lues ömmer mei geklommen.<br />

”An elo hât ech bâl nach eppes Wichteges vergiess. Ech hun och nach dem Här<br />

‘Honnert’ telefoneiert. Ech kennen hien gudd. Et ass e feinen Här, dén a ville<br />

wertvolle Wieder dran ass. Ech hun him gesot dat mir op Mannheim gengen<br />

protesteieren fueren. Du gléws net wei frou hien wâr, well ech him duer<strong>fir</strong> ugeruff<br />

hun. Och hien wollt schon op Mannheim fueren, well sein Numm him scho lang<br />

net mei gét. Besonnesch, sot hien, wir et schrecklech ze heieren wann d’Kanner<br />

him genge noruffen: ‘Honnert, an d’Box gedonnert’! ”<br />

”Ma dât gléwen ech gären, dat hien d’Box scho schleiche voll huet! Elo verstin<br />

ech och, dann ass et och <strong>fir</strong> hien, wous du dât drett Zemmer réserveiert hues.”<br />

Den Här Zwé Lef hât domadden versicht emol erem eppes ze soen. Hien huet<br />

sech gewonnert, dat hien dé kurze Genoss hât. Hien wollt nach mei.<br />

Den Här É Lef ass him awer ze<strong>fir</strong> kom: ”Dât ass Klâss, dât ass häwi!” Hien reiwt<br />

sech genösseg d’Hänn. ”Ass dât dann net phantastesch, elo sin mer schon zu<br />

drëtt. A wéss de wei hien sech wöllt emdéfe lossen. Hien huet mir schon eppes<br />

verlaude geloss. Ë mengt ‘Zengzeng’ oder ‘Nengannon Zeg an Ént’ wire net<br />

schlecht. Nëmmen dât iwerlét hien sech nach mei gené am Zuch. Hien wöllt jo<br />

net d’ganz Mathematik op d’Kopp dreinen. Ech mengen et wier elo och Zeit <strong>fir</strong><br />

schlofen ze goen. Mach dei Gelömps prett, de Rescht besprieche mer am<br />

Zuch.”<br />

Den Här Zwé Lef wollt schon erem eppes soen. Ma den Här É Lef huet en net zu<br />

Wuert komme geloss. Hien hât, wei et schengt, âwer och nach guer net wölles <strong>fir</strong><br />

énzock an de Juck ze goen.<br />

”Ma mir fällt elo nach esou eppes ganz Blödes an, wât mech schon lang geuest<br />

huet. Dât ass e Wuert aus dem Här Grzimek sengem Deierebuch: ‘É Lefant’.”<br />

128<br />

Hien huet dât esou, wei bei der Zuel É Lef betount.<br />

”Kanns du der virstellen dat et Leit gött dei soen ‘hien huet Feiss wei én É<br />

Lefant‘, oder, ‘hien mecht aus enger Meck én É Lefant‘, oder ’hien huet É<br />

Lefantemaneieren‘. Dann hun ech och schon mei schlëmm Wieder heieren wei<br />

‘du É Lefantekouh‘ an och du ‘É Lefantekallef‘. Dât ass alles net flott <strong>fir</strong> no ze<br />

lauschteren. Do sinn mir É Lef schein matten dran. Dât ass reng<br />

Diskriminatioun.”<br />

Wann hien deck opgerégt, an e weineg aus dem Konzept gerôde ass, huet hien<br />

emmer mei distingeiert geparleiert, wei dei an der Chamber, <strong>fir</strong> d'faiblen ze


cacheieren. Sie sin no kurzer Zeit allebeid âwer schlofe gang, esou weit wei dât<br />

bei der ganzer Oprégung nach meiglech war!<br />

Um Meindeg muerend stungen se schon mat Zeiten op der Gare zu Lëtzebuerg.<br />

Kriddelech Leit hun fu Lâtscheburg geschwât, well én duerch d’Strosse lâtschen<br />

muss, <strong>fir</strong> dem Knätschgum an den Hondsdrecker aus de Feiss ze goen. Dat<br />

selwegt ass an der Prowënzhâptstaat nach ze verstoen. Do entsuergen t'Leit an<br />

d'Muppen, obschon hinnen scho lâng d'Zänn gewise gin, nach ëmmer<br />

routinegemeiss, also wei freier gewinnt, alles wât hinnen an de Muppen uewen<br />

oder ënnen entfällt, an t'Baach dei scho lâng ënner der Strôss léft.<br />

Dei zwein hun nach op den Här ‘Honnert’ gewârt. Dén koum a leschter Minutt um<br />

(net mam!) BTB vum Kriech-bierg. Den freieren Kirchbierg war och vun den<br />

Awunner selwer schon e gudde Strapp op Kriech-bierg emgedéwt gin. Dei hâten<br />

op émol d’Nues voll, an och deck d’Flemm, well do neischt, âwer och glat neischt<br />

mei gelâf ass.<br />

”Dât war elo âwer ganz schein löfteg um Bus-Trett-Bried ze kommen" sôt hien<br />

ausser Otem, "ma ech hätt keng aner Meiglechkét gewosst <strong>fir</strong> den Zug nach ze<br />

kreien.” An et gléwt secher kén, wei wouer dât wâr.<br />

Dei Drei hun sech én dém aneren hurteg virgestallt, sin nach mei seier op den<br />

Quai Nummer 11 gelâf, sin nach just an den Zuch <strong>fir</strong> op Treier gesprongen, a<br />

schon ass dé gefuer.<br />

”Dât wâr âwer knapps, sôt de Blech” mengt den Här ‘Honnert’, wei den neien<br />

Interregio aus der Gare eraus gefuer ass, a Richtung Kueblenz.<br />

Et huet emol kén hien gefrot <strong>fir</strong>wât en ‘sôt de Blech’ gesôt hât. Önnerwé hun dei<br />

Drei masseg matenâner an iwerenâner débateiert an sie hun sech emmer mei<br />

deif an e gringen a gielen Ierger eran diskuteiert.<br />

Op Mannheim koumen sie ereischt geint der Owend. Sie waren komplett op- an<br />

duerchgedreint, wei wann se sech en zolitten Joint verpasst hätten. Sie louchen<br />

mat Zeit flâch, net ënner mé op dem Diwi. Am Hotel ”Zum Neuen Duden” war<br />

keng Televisioun. An dem Tirang vu sengem Nuetsdösch huet âwer jidderén dén<br />

Neien Duden fonnt. Kén vun dénen Drei huet dât Steck ugereiert. Dât war <strong>fir</strong> sie<br />

keng Bibel mei!<br />

Wei se dén aneren Mueren, wou den Rendez-vous war, zesummen an den Haff<br />

vun dem Institut getreppelt sin, wâren do 4 erwuesse Männer, zwémol mat Glatz<br />

an zwémol mat groen Hoer, emkrést vun ‘zeg’ Kanner. D’Kanner sin am Krés<br />

ronderem gesprongen an hun derbei gesongen. Dei 4 Hären hun sech op emol<br />

matenâner emgedreint an hun eis 3 Häre gesin.<br />

”Die Luxemburger kommen, weitermachen!”<br />

129


Sie hun virun matgedanzt an och matgesongen, esou wei wann se nach seier<br />

eng ugefangen Arbecht weilte färdeg machen. Dei Drei sin emmer mei no kom,<br />

mat hierem immensen Ierger am Getreips, dén ennerwé, an och owes nach<br />

virum Schlofegoen un Dimensioun zougeholl, an an der Nuecht âwer och net dei<br />

Boun nogelôs hat. Sie hun gudd heieren wât d’Kanner am Krés gesongen hun,<br />

wei dei ronderöm d’Dr. Dr. Professeren mam honoris causa gedanzt sin. Dei<br />

geleiert Hären hun an derselwechter komescher Sproch mat gesongen, an hun<br />

ganz secher praktesch an spilles un hirem neisten Neien Duden geschafft.<br />

De Kanner hiert Sangen war wei Ofzieles. Wei dei Drei dât, esou guer<br />

matenâner, spatz kruten, huet et si och matenâner wei ë Blötz getraff.<br />

”Inke, zwinke, rinke, Finke, funke, Rabe, Schwabe, Dicke, dora, dätsch!”<br />

Minutten drop, soutzen dei drei geschockte Lëtzebuerger an engem Taxi <strong>fir</strong> op<br />

d’Gare vun Mannheim, an enzock op Hém lass. Sie waren bléch em d’Nues an<br />

sôten mat enâner: ”Bei dér rasanten Entwecklung, sin eis Chancen Null.”<br />

130<br />

Den Här Honnert mengt: ”Dir Hären, elo ass et gesch...itt!”<br />

Den Här Zwé Lef huet deif Otem geholl a sôt: ”E Gleck dat dén Duden do zu<br />

Lëtzebuerg net ze benotzen ass”.<br />

An den Här É Lef hannendrop: ”Ech ka mer net virstellen, dat ech an Zukunft soll<br />

Inke Dätsch héchen!”<br />

* * *<br />

Nowuert: Den Erzieler wollt, als Leier dei aus deser Geschicht ka gezu gin, och<br />

nach Eng uewen drop nélen.<br />

‘Fir de klengen Fanger gewiesen ze kreien ♦ ), wanns de protesteieren oder<br />

reklameieren gés, brauchs de net bis op Mannheim ze fueren. Zu Lëtzebuerg, do<br />

zielen d’Kanner grâd esou. Fir ze rechnen huelen se eng Maschin!’<br />

♦ ) Wât dât bedeit, ass nozeliesen op der Seit 6.


131<br />

De Siegfried an t’Melusina<br />

En Spill <strong>fir</strong> t’Gehéier<br />

Geschriwen <strong>fir</strong> den<br />

Prix Marcel Reuland 1960<br />

Ausgeschriwen vun RTL<br />

***<br />

Text<br />

Henri Regenwetter<br />

Musek<br />

Camille Roilgen<br />

Berodung<br />

Josy Moutschen<br />

N.B. Dräi aner Stëcker sin ugeholl gin.<br />

Dat heie Stëck nët.<br />

Et gouf och nie gesendt.<br />

PS. Hei hannendrun mein démolegen Kommentar<br />

zu dësëm Concours an dén ausgewielte Stecker.<br />

De Concours ass nie mei erneiert gin.


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STUDIENREISEN UND STUDIENFA<strong>HR</strong>TEN<br />

Nahezu alle hier aufgeführten REISEN und FA<strong>HR</strong>TEN fanden statt<br />

unter meiner Leitung und Organisation. Dass diese Fahrten eine<br />

unübertroffene Wissensquelle darstellten kann nicht bestritten<br />

werden. Sie haben mein Leben und meinen Umgang mit Pflanzen<br />

komplett revolutioniert.<br />

Dieser <strong>Teil</strong> meiner Autobiografie wird laufend mit entsprechenden<br />

Bildern begleitet.<br />

30.9.73 - Studienfahrt in das Tropische Aquarium der Universität in<br />

Nancy – Aquariumsfreunde Diskus Differdingen.<br />

08.09.74 - Studienfahrt in den Zoo von Antwerpen mit Besichtigung<br />

der technischen Anlagen. Aquariumsfreunde Differdingen.<br />

23.06.75 - Erneute Studienfahrt ins Tropische Aquarium der<br />

Universität in Nancy, sowie Besichtigung der systematischen<br />

Pflanzensammlung neben dem Aquarium. Aquariumsfreunde<br />

Differdingen gemeinsam mit der damaligen AAT. (Amis des Aquario-<br />

et Terrariophiles du Luxembourg).<br />

Dann erfolgten nebst Wanderungen im eigenen Land unter dem<br />

Banner der „GRING SCHOUL“, organisierte Studienreisen im Namen<br />

von NATURA und AAT – Garten- und Teichfreunde Luxemburgs.<br />

STUDIENREISE 1981 6. Juni - 14. Juni - 24 <strong>Teil</strong>nehmer<br />

Voyages Emile Weber - Canach<br />

Sissinghurst - Coke’s Cottage - Borde Hill - Blenheim Palace - Oxford<br />

- Botanischer Garten von Kew - Great Comp - Hever Castle - Coton<br />

Manor - Coventry - Bressingham Gardens - Vann (Privatgarten mit<br />

Gartenteil von Jeckyll) - Wisley Gardens<br />

STUDIENREISE 1983 20. August - 27. August - 27 <strong>Teil</strong>nehmer<br />

Voyages Emile Weber - Canach<br />

Palmengarten in Frankfurt - Alpiner Garten der Gärtnerei CARL<br />

Joachim in Pforzheim - München - IGA - Weihenstephan -<br />

Sichtungsgarten - Zoo Hellabronn - Botanischer Garten von St.<br />

Gallen - Alpine Gärtnerei Sündermann in Lindau - Insel Mainau -<br />

Benwihr - Haut Chitelet - Botanischer Garten der Universität Nancy -<br />

STUDIENFA<strong>HR</strong>T 1984 23 Juni 1984 - 56 <strong>Teil</strong>nehmer<br />

Reisebüro Frisch<br />

Gärtnerei Jourdan Limal und Botanischer Garten in Lüttich


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STUDIENFA<strong>HR</strong>T 1985 24. Juni 1985 - 50 <strong>Teil</strong>nehmer<br />

Emile Weber - Canach<br />

Gärtnerei Jourdan in Limal und Botanischer Garten im Domaine de<br />

Bouchot in Meise<br />

STUDIENREISE 1985 16 Juli bis 28. Juli - - 45 <strong>Teil</strong>nehmer<br />

Emile Weber - Canach<br />

Great Dixter (Christopher Lloyd) - Wakehurst Place - Wisley Gardens<br />

- Nottingham - Newstead Abbey Japanischer Garten - Edinburgh (In<br />

einem Guesthouse) - Botanischer Garten von Edinburgh - Balmoral -<br />

Kildrummy Castle - Crathes Castle - Dundee - Empfang im<br />

Glamiscastle - VIPbesichtigung - Edzell Castle (Barockgarten) -<br />

Carnell Garden - Logan Botanic Garden - Loch Ness - Inverness -<br />

Subtropischer Garten in Inverewe - Lake District - Windermere -<br />

Seven Hall (Topiary) - Coventry - Empfang in Leamington Spa - Park<br />

- Windsor - Marlborough - White Horse - Bath - Wells - Hillier<br />

Arboretum -<br />

STUDIENFA<strong>HR</strong>T 1986 22 Juni - 23 Juni<br />

Demi-Cars - Keispelt<br />

Höhenpark Killesberg - Blühendes Barock im Park der Residenz in<br />

LUDWIGSBURG - WILHELMA Botanisch-zoologischer Garten - 75<br />

Jahre Odenwälder Pflanzenkulturen (Gärtnerei Kayser und Seibert).<br />

STUDIENFA<strong>HR</strong>T<br />

Jahrestagung der GDS in Mallnitz/Österreich. In dem schönen<br />

Städtchen haben die Mitglieder der alpinen Gruppe des GDS, neben<br />

der Kirche im Dorf, einen herrlichen alpinen Garten errichtet. Eine<br />

mustergültige selbstlose Arbeit, die der Verbreitung der Liebe zur<br />

Natur dienen soll..<br />

STUDEINEREISE 1987 18. Mai - 29. Mai 1987 - 45 <strong>Teil</strong>nehmer<br />

Emile Weber – Canach<br />

Batesman’s - Schloss Windsor - Savill Garden - Valley Garden -<br />

Chelsea Flowershow - Avebury Circle - Cheddar Gorge - Wells -<br />

Dartmore National Park - Tresco Abbey Garden - Land’s End -<br />

Trengwaington Garden - Stonehenge - Hillier Arboretum - Hampton<br />

Court - Leonardslee Garden - Führung durch die Universität von<br />

Cambridge - Botanischer Garten in Cambridge - Kew Gardens -<br />

Wisley - Sheffield Park - Gärten der Royal Horticultural Society -<br />

STUDIENFA<strong>HR</strong>T 1987 19. Juni - 21 Juni. - 6 <strong>Teil</strong>nehmer<br />

Jahrestagung der GDS in Dortmund - BUGA


154<br />

Romberg - Westfalenpark - Deutsches Rosarium - Privatgärten der<br />

Dortmunder Regional-Gruppe - Gärtnerei Georg Arends - Führung<br />

durch den Botanischen Garten der Universität Bochum.<br />

STUDIENREISE 1988 18.08 - 28.08 - 15 <strong>Teil</strong>nehmer<br />

Jahrestagung der GDS in CELLE -<br />

Hannover - Herrenhausen - Berggarten - Braunschweig -<br />

Botanischer Garten - Lüneburger Heide Lönsklause in Borstel -<br />

Heidegärtnerei Westerman in Bispingen - Vogelparadies Walsrode -<br />

Garten der Schmetterlinge in Friedrichsruh - Rosenschule Kordes -<br />

Kleinflottbeck (Botanischer Garten der Universität Hamburg) -<br />

Schloßgarten in Oldenburg (klassischer englischer Garten) - Bremen<br />

Botanischer Garten - Gärtnerei Karl Wachter - Gärtnerei Hagemann -<br />

Botanischer Garten in Köln.<br />

STUDIENFA<strong>HR</strong>T 1989 07.07. - 09.07 - 4 Personen<br />

Jahrestagung der GDS in Weinheim<br />

STUDIENFA<strong>HR</strong>T 1989 23.06 - 35 Personen<br />

Arboretum und Rosarium in Bokrijk<br />

STUDIENREISE 1989 15. Juli - 1. August- 42 <strong>Teil</strong>nehmer<br />

Emile Weber – Canach<br />

Rotterdam - Hull - University Botanical Garden in Hull - York -<br />

University Botanical Garden of Durham - Hadrians Wall - Edinburgh -<br />

Scone Palace (Earl of Mansfield) Pinetum - Royal Botanic Gardens<br />

in Edinburg - Balmoral - Besichtigung des Parks - Whisky Distillery<br />

Glenfiddish - Cruickshank Botanical Gardens (Aberdeen) - University<br />

Botanical Garden (Dundee) - University Botanical Garden (St.<br />

Andrews) - Younger Botanical Gardens - Glasgow - Glasgow Botanic<br />

Gardens - Liverpool (Kathedrale) - Holyhead - Irland - Dun<br />

Laoghaire - Dublin - Glasnevin Botanical Gardens - Malahide Castle<br />

Talbot Botanical Gardens - Mount Usher Gardens - Tullamore - Birr<br />

Castle - Galway - Killarnay - Connacht-Bucht - Garnish Island (Bantry<br />

Bay) Ilnacullingärten - Waterford (Kristallschleiferei) - J. F. Park in<br />

Wexford (Arboretum) - Tal y Cafn (Wales) Wanderung - Botanischer<br />

Garten von Bodnant - Portmeiron - Gwyllt Gardens - Besichtigung<br />

einer Schiefergrube - Harlow Car Gardens (Harrogate) - Arboretum<br />

Trompenburg in Rotterdam.<br />

STUDIENFA<strong>HR</strong>T 1989 1.10.89 - 18.10.89 - 6 <strong>Teil</strong>nehmer<br />

Privatautos -<br />

Herbstwanderungen in den Alpen des Wallis.<br />

STUDIENFA<strong>HR</strong>T 1990 16.6.90 - 20.6.90<br />

Jahrestagung der GDS in Luxemburg.


155<br />

350 <strong>Teil</strong>nehmer angemeldet<br />

Ausführlicher Bericht im AAT-INFO Nr. 27 - September 1990.<br />

STUDIENREISE 1991 04.05. - 20.05.90 - 43 <strong>Teil</strong>nehmer<br />

Voyages Siehl<br />

Ost - Kanada - Montreal - Botanischer Garten - Quebec - Kan-a-<br />

Mouche (Vollpension im kanadischen Urwald; wir wohnen in<br />

Blockhütten - Hydravion - Ottawa (Botanischer Garten) - North Bay<br />

(Sudbury) - Baie Georgienne - Midland - St. Marie des Hurons - Port<br />

Severn, - Toronto - Niagarafälle - 335 Meter hohes<br />

Drehturmrestaurant im 553 hohen Turm - Chinatown - Montreal -<br />

STUDIENFA<strong>HR</strong>T 1991 24.09 - 29.09 – 6 <strong>Teil</strong>nehmer<br />

Privatautos -<br />

Nationalpark in Zernez - Engadin - Graubünden - St. Moritz -<br />

Wanderungen im Kanton Wallis (Schweiz)<br />

STUDIENREISE 1992 21.05 - 06. 06 - 21 <strong>Teil</strong>nehmer<br />

Weber – Canach<br />

Scotney Castle - Brighton - Leonardslee Gardens - Knoll Gardens -<br />

Abbotsbury Gardens - Swannerie - Exbury Gardens - ISLE OF<br />

WIGHT - Privatgarten Harrison in Northcourt - Ventnor Botanical<br />

Garden - Cichester - Exeter - Castle Drogo - Wanderung durch die<br />

Lydford Gorge - St. Yves - Trellissick Garden - The Trebah Gardens -<br />

Tresco Abbey Gardens of der Insel Tresco - Trengwaington Gardens<br />

- Schloss Tintangel - Rosemoor Gardens - Bristol - The Tropical Bird<br />

Gardens mit der Clematis Sammlung - Badminton (Besichtigung<br />

unter der Führung von der Duchess of Beaufort). - Bath - Swansea -<br />

Clyne Gardens - Dyffryn Botanic Garden - Cardiff - Wisley Gardens<br />

der Royal Horticultural Society - Cliveden Gardens in Maidenhead -<br />

Hatfield House (Haus u. Gärten der Marquis und Marquise von<br />

Salisbury - Oxford - Oxford Botanic Garden - Hidcote Manor Garden<br />

- Stratford -upon-Avon (Shakespeare) - The Beth Chatto Gardens -<br />

STUDIENFA<strong>HR</strong>T 1992 25.6. 30.6. - 4 <strong>Teil</strong>nehmer<br />

Jahrestagung der GDS in Coburg - Privatauto –<br />

Bayreuth - Privatbesuch bei Fritz Köhlein in Bindlach- Coburg -<br />

Rennsteiggarten in Oberhof -<br />

Garten von Karl Wienke in Suhl (Autor des Buches “Mein<br />

Wassergarten” (Parey) - Garten Krekel - Garten L.Anschutz -<br />

Wildstaudengärtnerei Monika und Wolfgang Urban in Grub am Forst<br />

- Mietgarten Klaus Kaiser - Botanischer Garten in Hof - Privatbesuch<br />

beim Leiter des Gartens, Herrn Fuchs. - Privatgarten von Martel und<br />

Hermann Hald in Pfedelbach - Gärtnerei Simon in Marktheidenfeld -


156<br />

STUDIENFA<strong>HR</strong>T 1992 15.09-15.10 - 6 <strong>Teil</strong>nehmer (organisiert<br />

gemeinsam mit Marco Franzen)<br />

Nationalparke in Kalifornien, Nevada, Utah und Arizona<br />

San Francisco - Monterey Bay Aquarium - Stanford University -<br />

Muirwood National Park - Botanical Garden of San Francisco -<br />

Yosemite Village - Arch Rock - Yosemite Falls - Yosemite Park -<br />

Glacier Point - Mariposa Grove - Tioga Road - Tuolumne Meadows -<br />

Tioga Pass - Sequoia & Kings Canyon National park - Three Rivers -<br />

Giant Forest - Grant Grove / General Sherman & General Grant -<br />

Crystal Cave - Moro Rock - Mineral King - Eagle Lake Trail - Cedar<br />

Grove - Kings Canyon - River Trail - Death Valley - Stove Pipe Wells<br />

- Sand Dunes - Furnace Creek - Dantes View - Artists Drive -<br />

Badwater u.s.w. Shoshone - Las Vegas - Zion National Park -<br />

Springdale - Zion Canyon Scenic Drive - Virgin River - Kolob Canyon<br />

Road - Bryce Canon/Wanderung u. Mauleselritt - Navajo National<br />

Monument - Kayenta - Monument Valley - Betatakin - Keet Steel -<br />

Mexican Water - Canyon de Chelly National Monument - Hopi Indian<br />

Reservation - Hubbel Trading Post - Walpi First Mesa - Mishongnovi<br />

Second Mesa - Oraibi Kykotsmovi Third Mesa - Tuba City - Grand<br />

Canyon National Park - South Rim - Rafting auf dem<br />

Stillwater/abschnitt - Flug über den Canyon (unbedingt letzter Flug<br />

vor Sonnenuntergang buchen) - Jushua Tree National Park - Cotton<br />

Wood Visitor Center - Cholla Cactus Garden - Pinto Wye Junction -<br />

Jumbo Rocks - Keys View - Hidden Valley - Yoshua Tree Village -<br />

Los Angeles -<br />

STUDIENFA<strong>HR</strong>T 1993 03.06 - 13.06. - 4 <strong>Teil</strong>nehmer<br />

Jahrestagung der GDS in Bad Schmiedeberg verbunden mit<br />

Vorbereitungsfahrt der Studienreise nach Polen..<br />

Hannover - Herrenhausen - Berggarten - Magdeburg - Heidehotel in<br />

Lubast - Dubener Heide mit Pferdekutsche - Pretzsch -<br />

Elbdeichwanderung - Unter vielen Vorträgen heben wir jenen über<br />

den Schutz der Alleebäumen hervor - am 6.6. begann die<br />

Prospektionsfahrt durch Polen. Sie enthielt im Prinzip dieselben<br />

Ziele welche auch angefahren wurden anlässlich der definitiven<br />

Reise.<br />

STUDIENREISE 1993 21.08 - 07.09. - 46 <strong>Teil</strong>nehmer<br />

Kurban Tours Voyages Siehl - Kanada -<br />

Westkanada - Paris - Montreal - Calgary - Drumheller - Tyrell<br />

Museum /Saurier - Huttersekte - Kootenay National Park Banff -<br />

Vermillon Pass - Marble Canon - Paint Pots - Kootenay Viewpoint -<br />

Radium Hotsprings - Golden - Revelstoke - Giant Cedar (Thuja!)<br />

Yoho Park - Takakkaw Falls - Emerald Lake - Kananaskis - Lake<br />

Minnewanka - Lake Louis - Canon Johnston - Moraine Lake - Jasper<br />

- Athabasca Gletscher - Lac Maligne - Mount Robson Provincial Parc


157<br />

- Reaguard Falls - Wells Gray Provincial Park -Spahats Creek -<br />

Helmcken Falls (61m) - Clearwater - Kamloops - Croisière sur le Lac<br />

Okanagan - Visite d’une station de viticulture - Wanderung in der<br />

Osoyoo-Wüste - Cathedral Provincial Park - Manning Park - The<br />

Hope Slide - Fraser river - Vancouver - Vancouver Island - Victoria -<br />

Butchart Gardens - Toronto - Montreal - Paris Orly - Paris Orly ! -<br />

Luxemburg<br />

STUDIENFA<strong>HR</strong>T 1993 25.09. - 0<strong>2.</strong>10 - 16 <strong>Teil</strong>nehmer<br />

Leitung Irène und Nico Leners<br />

Bergwanderungen in GALTUR<br />

St. Anton - Tschafeln - Friedrichshafener Hütte - Zeinisjochhaus -<br />

Furka - Verbella - Samtal und Samtalhütte -Medrigalm - Ascherhütte<br />

- Bieltalbach - Silvretta-Stausee - Zeinisbach - Kopsee -<br />

Aus gesundheitlichen Gründen nicht teilgenommen<br />

STUDIENREISE 1994 07.05 - 21.05 - 23 <strong>Teil</strong>nehmer<br />

Polen - Leitung hatte der polnische Professor Kosmitzki<br />

Hannover - Herrenhausen - Braunschweig , Botanischer Garten -<br />

Potsdam - Gärtnerei Karl Förster - Schloss und Park Sanssouci -<br />

Park Charlottenburg - Berlin (Führung) - Botanischer Garten Berlin<br />

Dahlem - Posen - Wielkopolska - Palmiarnia in Posen - Nationalpark<br />

- Zerkower Schweiz - Kalisch - Gostyn - Bootsfahrt auf den Auen der<br />

Warte - Rogalin (Schloss und Museum) - Kloster Glogowko-Gostyn -<br />

Schloss Rokosowo - Schloss Kornik - Heimat-Museum Koszuty<br />

(Abendessen) - Pepowo (Pferdezucht) Kutschenfahrt , absoluter<br />

Höhepunkt (6 Stunden) - Besuch in Smolice bei Herrn Stanislas<br />

Schmidt (Botanisches Institut) - Brody - Gruben - Cottbus - Dresden -<br />

Weimar - Erfurt - Bad Homburg - Plamengarten in Frankfurt -<br />

STUDIENFA<strong>HR</strong>T 1994 23.06 - 22 <strong>Teil</strong>nehmer<br />

Botanischer Garten Haut Chitelet -<br />

STUDIENFA<strong>HR</strong>T 1994 09.09 11.09 - 4 Personen<br />

Jahrestagung der GDS in Konstanz am Bodensee -<br />

Separates Programm:<br />

Alpine Staudengärtnerei Sündermann - Lindau am Bodensee<br />

Alpenpflanzenspezialist Gärtnerei Eschmann in Emmen (Zürich) -<br />

Blumeninsel Mainau.<br />

STUDIENREISE 1994 10. 09. - 17.09 - 13 Personen<br />

Leitung Irène und Nico Leners<br />

Bergwanderung in Tirol<br />

Breitspitze - Niederelbehütte - Jamtalhütte - Wiesbadnerhütte -<br />

Leutkirchenhütte - Nicht teilgenommen.


158<br />

STUDIENFA<strong>HR</strong>T 1995 21.05 - 50 <strong>Teil</strong>nehmer<br />

Organisation gemeinsam mit Mady Molitor und Greenfingers<br />

Gemeinsam mit ICOMOS und Greenfingers -<br />

Parc de M. et Mme SIMON bei Temploux - Château de Flaville<br />

(vicomte et vicomtesse Olivier de Spoeberch) - Jagdschlösschen der<br />

Familie Henry Delwart (Russel Page) - Château de Crupet - Croisière<br />

sur la Meuse de Dinant vers le Château der Freyr -<br />

STUDIENFA<strong>HR</strong>T 1995 09.06 11.06 - 4 <strong>Teil</strong>nehmer<br />

Jahrestagung der GDS in Hildesheim<br />

Hildesheim - Privatgärten - Kayser - Gärtnerei und Imkerei Hauch<br />

(dort machten wir Bekanntschaft mit dem “Honigbaum” Euodia<br />

hupehensis. Wir heben dies ausdrücklich hervor, weil inzwischen<br />

mehrere Mitglieder den Versuch anstellen, diesen Baum in ihrem<br />

Garten zu haben.- Garten Elbrächter - Botanischer Garten in<br />

Braunschweig - Wassergarten Lange - Neuer Botanischer Garten der<br />

Universität in Marburg -<br />

STUDIENREISE 1995 09.08 - 0<strong>2.</strong>09 - mit 42 Einschreibungen<br />

ausgebucht<br />

Organisationsgruppe unter Leitung von mir, Marco Franzen und<br />

Roger Feipel.<br />

China / Luxemburg - Zürich - Beijing - Tian An Man - Verbotene Stadt<br />

- Sommerpalast - Himmelstempel - Lamatempel Yong He Gong -<br />

Grosse Mauer in Muttianyu - Tal der 13 Minggräber - Busfahrt nach<br />

Chengde - Sommerpalast (Kleine Potala) - Tempel des Ewigen<br />

Friedens - Peking Oper - Spital/Moxibustion und Massage - Flug<br />

nach Xian - Grosse Pagode der Wildgans (Foto) - Gesänge und<br />

Tänze der Dinastie Tang - Grosses Museum - Die Tönerne Armee -<br />

Flug nach Shanghai - Garten des Mandarin Yu - Tempel des<br />

Jadebuddha - Bund und Nankinstrasse - Nationalzirkus - Zugfahrt<br />

nach Changzou -Künstlermusiker/Gesänge und Musik - Suzhou -<br />

Gärten: Meister der Netze - Liu Yuan - Garten des einfachen<br />

Verwalters - Broderien - Seidenfabrik - Taotempel - Schifffahrt auf<br />

dem Kaiserkanal - Busfahrt nach Hangzhou - Westsee - Tempel<br />

Ling Yin - Tempel des General Yue Fei - Seidenmuseum -<br />

Teeplantage - Pagode des 6 Harmonien - Flug nach Guilin (60 km<br />

Flußfahrt) - Grotte der Rohrflöte - Flug nach Guanzhou - Denkmal<br />

des Artzes Sun Yat-sen - Tempel der Ahnen der Chenfamilie - der<br />

offene Markt - Zugfahrt und anschließend Busfahrt nach Hongkong<br />

Park und freie Besichtung - Taifun - Zürich<br />

Die Ereignisse vor Schluss dieser Fahrt, bei welchen ich aus<br />

Responsabilitätsgründen mich verantwortlich fühlte um einen<br />

sterbenskranken Reiseteilnehmer aus der Republik China nach


159<br />

Hongkong zu fliegen, veranlassten mich die Organisation von<br />

zukünftigen größeren Studienreisen ab zu geben.<br />

STUDIENREISE 1996 04.06. - 15.06. - 13 <strong>Teil</strong>nehmer<br />

Jahrestagung der GDS-Jahrestagung in Hamburg<br />

Hildesheim - Kiel - Botanischer Garten der<br />

Christian/Albrechts/Universität - Molfsee/Freilichtmuseum - Hamburg<br />

- Botanischer Garten Flottbeck - Staudengärtnerei Jürgen Peters -<br />

Arboretum Thiensen - Baumschule und Rhododendronzüchter<br />

Hachmann - Privatgarten des Medeziners Dr. Jürgens -<br />

Irisausstellung im Botanischen Garten - Puttgarden - Mons Klint -<br />

Lustschloß Liselund - Kopenhagen - Wasserschloß Frederiksborg -<br />

Schloss Fredensborg – Botanischer Garten in Kopenhagen -<br />

Roskilde - Lübeck - Botanischer Garten der Universität von Göttingen<br />

- Botanischer Garten der Philipps Universität in Marburg -<br />

Privatgarten Michael von Heydwolff - Heidelberg - Bonsai Zentrum -<br />

Gärtnerei German - Speyer<br />

STUDIENREISE 1997 03.07 - 10.07 - 11 <strong>Teil</strong>nehmer<br />

Jahrestagung der GDS in Würzburg<br />

Wilhelma Stuttgart - Botanischer Garten Würzburg - Veitshöchheim -<br />

Nürnberg - Fränkische Schweiz - Staudensichtungsgarten in<br />

Weihenstephan - München - Botanischer Garten - Zoo in Basel -<br />

Weinkellerei Hansi in Benwihr - Le Haut Koenigsbourg - Jardin<br />

Botanique de l’Université de Nancy.<br />

STUDIENREISE 1998 28.06. - 29.06 GDS-Tagung und<br />

anschließend<br />

1998 30.06 - 09.07 Schottlandfahrt – 45 <strong>Teil</strong>nehmer.<br />

Jahrestagung der GDS in Aachen.<br />

Weiterfahrt nach Schottland<br />

Ada-Hofman (Botanischer Wassergarten) - Trompenburg<br />

(Rotterdam) - Harlow Car - Little Spa - Branklyn Garden in Perth -<br />

Botanischer Garten der Universität Dundee - St. Andrews -<br />

Botanischer Garten in Edinburgh - Braemar - Balmoral - Craiglevar<br />

Castle - Crathes Castle - Aberdeen - Edzell castle - Glasgow - Ayr -<br />

Culzean castle - Logan Botanical Garden - Dumfries - Fort Williams -<br />

Loch Ness - Inverness - Inverewe - Carlisle - Knutsfort Tatton - Arley<br />

Hall Gardens - Het Loo – Aachen - Luxemburg.<br />

Studienreise – Mit dem eigenen Auto nach Schottland.<br />

Mittwoch, den 24. Mai bis Mittwoch, den 6. Juni 2000 inkl.


160<br />

4 Reiseteilnehmer.<br />

Programm: England – Wales - Schottlandfahrt<br />

Tag der Anfahrt - Mittwoch - 24. Mai –<br />

Fahrt nach Calais. Shuttleüberfahrt. Weiterfahrt KEW gardens<br />

B&B in Strathire, Haslemere Tel.: 0044 01428 642466 Fax: 0044<br />

1428 656 708<br />

Donnerstag - 25. Mai<br />

Fahrt nach London - Chelsea – Flowershow zurück nach Strathire<br />

Freitag - 26. Mai<br />

Fahrt über Windsor – White horses – Avebury – Bath (Mittag)<br />

Weiterfahrt nach Wales – Cardiff – Swansea –<br />

B&B The White House Hotel - Swansea Tel.: 44 1792 473856 Fax.:<br />

44 1792 455300<br />

National Botanic Garden of Wales –<br />

Samstag - 27. Mai<br />

Fahrt nach Powys Castle – Welshpool Powys –-<br />

B&B - The Lion Hotel, Harlech GWYNEDD Tel.: 0044 1766 780 731<br />

Besuch in Portmeiron<br />

Sonntag - 28. Mai<br />

Ness Botanic Gardens - University of Liverpool<br />

B& B - The Acer Hotel, Carlisle - Tel.: 0044 01228 531562 Fax:<br />

0044 1228 591005<br />

Montag - 29. Mai<br />

Castle Douglas – Castle Threaf<br />

Hotel KINGSMILL - CULCABROCK Road INVERNESS - Tel.:<br />

0044/1463-237166 Fax.: 0044/1463-225208<br />

Dienstag - 30. Mai<br />

Nordwestecke Schottland<br />

Mittwoch - 31. Mai<br />

Nordküste über die A9 nach Tain –<br />

Donnerstag – 1. Juni<br />

Fahrt an die Nordostküste.<br />

Freitag – <strong>2.</strong> Juni<br />

Fahrt nach Edinburgh<br />

B&B - Delta House J.H. Cuthbert – Tel. & Fax. 0044 131 6652107 .<br />

Samstag – 3. Juni<br />

Fahrt über die Ostküste südlich des Firth of Forth nach York<br />

B&B - Ivy House Farm - York Road - Kexby York Tel.: 44 1904<br />

489368<br />

Sonntag – 4. Juni<br />

Fahrt über Coventry – Oxford - Rosengarden St. Alban – Wisley<br />

B&B in Haslemere siehe oben.<br />

Montag - 5. Juni<br />

Wisley – Gardens Surrey<br />

B&B in Haslemere siehe oben<br />

Dienstag - 6. Juni


Isle of Wight – South<br />

B& B in Haslemere siehe oben<br />

Mittwoch - 7. Juni<br />

Shuttle - Calais – Luxembourg<br />

161<br />

Besuch beim Sohn Mike in Champaign – Illinois 2001<br />

Flug nach Champaign am 24. August 2001<br />

Rückflug Luxemburg am 7 Oktober 2001<br />

BRIEFE AN DIE REDAKTION<br />

Veröffentlichte und auch nicht veröffentlichte.<br />

Streik? (21.7.1998)<br />

Laut Duden “ist Streik die gemeinsame meist gewerkschaftlich<br />

organisierte Arbeitsniederlegung von Arbeitnehmern zur<br />

Durchsetzung bestimmter wirtschaftlicher, sozialer, arbeitsmäßiger<br />

Forderungen”.<br />

Hätten die Staatsbeamten aber, wie das bei einem Streik üblich ist,<br />

bloß ihre Arbeit niedergelegt, wäre dies wahrscheinlich niemandem<br />

aufgefallen und so mussten sie, fatalerweise um auf sich<br />

aufmerksam zu machen, zu verwerflichen Mitteln greifen. Sie<br />

mussten erreichen, dass andere bei ihrer tagtäglichen Arbeit um den<br />

Erwerb viel niedriger Löhne empfindlich gestört werden.<br />

Ausnahmsweise waren diese plötzlich übereifrigen Diener des<br />

Staates (oder des Volkes) heute Morgen bereits um 6.00 Uhr auf<br />

ihrem Streikposten. Normalerweise kann man froh sein, wenn man<br />

sie in ihrem Büro etwas nach 9.00 Uhr erreichen kann.<br />

Wie Gangster die in einer Bank Privatleute als Geisel nehmen um<br />

Geld zu erpressen, so schrecken diese vor Nichts zurück und<br />

nehmen das arbeitsame Volk als Geisel, blockieren den nationalen<br />

Verkehr, behindern nicht nur jene Leute die einer privaten<br />

Beschäftigung nachgehen, sondern verantwortungslos alle die in<br />

Aufopferung einem Beruf nachkommen wollen, sei es als<br />

Pflegehelfer oder Krankenschwestern, um nur einen Berufsstand<br />

hervorzuheben. ”Huet Dir se nach all an der Schiebel”?<br />

Mein Gott, das nennt sich Beamte, die für den Staat, für eine Nation<br />

arbeiten sollen.


162<br />

Ist unser Staat, sind unsere Medien bereits unwiderruflich erpressbar<br />

geworden? Diese Erpresseraktionen werden keinesfalls von der<br />

Polizei geahndet Im Gegenteil die Polizei und deren Vorgesetzte<br />

leisten zusätzliche Handlangerdienste, leiten den Verkehr vor den<br />

Blockaden einfach um und sind indirekt den Streikenden bei ihrer<br />

sträflichen Tat behilflich, sei es um blutige Zusammenstöße zu<br />

vermeiden, sei es in ihrem ureigenen Interesse.<br />

Es dürfte gut möglich sein, dass sogar die Tageszeitungen sich nicht<br />

mehr trauen so einen Leserbrief, aber die Stimme aus dem Volke,<br />

wie diesen zu veröffentlichen, weil die Folgen nicht abzusehen sind.<br />

Dürfen die Leidtragenden sich dies jedoch ohne Sprachorgan<br />

gefallen lassen? Die Medien vermeiden aus wohl bekannten<br />

Gründen, objektive und notwendigerweise vehemente Kritiken. Wo<br />

bleibt die Sensationspresse, denn Futter gibt es genug?<br />

Das ganze Spektakel ist ja globale Volksverdummung, wenn man<br />

bedenkt, dass ein Gewerkschaftsboss seine Gewerkschaft in aller<br />

Öffentlichkeit auf die Seite der Streikenden Beamten bringt,<br />

insgeheim aber den Flughafenlotsen verbietet zu streiken, weil er<br />

gerade an diesem Streiktag auf Findel landet!<br />

Dass der Streit der bereits seit einem Jahr um die absolut<br />

notwendige Rentenreform auf komplette Unverständlichkeit der<br />

Öffentlichkeit stößt, schert die raffgierigen und geltungsbedürftigen<br />

Anpeitscher wenig. Sie verteidigen ihre Pfründe die, einmal<br />

abgesehen davon ob diese ehrlicherweise für die geleistete Arbeit<br />

auch wirklich verdient sind und dabei 2 bis 3x die Renten eines<br />

vergleichbaren Beamten in anderen Sektoren übertreffen. Hier, nur<br />

hier hapert es an der sozialen Gerechtigkeit! Darüber hinaus werden<br />

diese Renten bislang noch aus Steuergeldern finanziert, die andere<br />

Leute bezahlen, denn in den Rentenkassen der Staatsbeamten<br />

herrscht gähnende Leere. Man wäre geneigt mit Lafontaine zu sagen<br />

“Eh bien, dansez maintenant!”.<br />

Komplette Anarchie ist das was solche menschenverachtende<br />

Streiks zur Folge haben können. Sie sind aus keiner Not, weder aus<br />

sozialer Ungerechtigkeit, noch aus wirtschaftlichem Bedürfnis<br />

entstanden. Kein Leistungsprinzip zwingt diese Leute sich mit soviel<br />

Dünkel an ihren Mitbürgern zu reiben. Was würden die G.- Bosse<br />

sagen, wenn man ihnen einmal so rein zufällig eine Fuhre Beton vor<br />

die eigene Haustür absetzen würde mit einem Schildchen versehen:<br />

Streikblokade?<br />

Ich möchte anonym bleiben, und das aus traurigen aber wohl<br />

bekannten Gründen.


Henri Regenwetter<br />

Zolver,<br />

163<br />

BTB och nach anescht. (26 05 1999)<br />

Perseinlech vertrieden ech keng privat an och kengen aner Leids<br />

Interessen bei desem Projet. Perseinlech hun ech mir awer eng égen<br />

Ménung gemacht. Hei ass se:<br />

Fir t’allereischt kucken ech die wichtegst Verkeiersplatzen an zwar<br />

nom Zärensytem vun der Auer.<br />

Op 9 - 11 Auer vun der Staater Gare aus gekuckt hun mir<br />

verschidden Punkte wou vill Verkeiersopkommen ka sin an stark<br />

Drockzeiten entstinn.<br />

Wat ech als interessant ugesin ass, dat bei menger Idi eng Onmass<br />

vun Verkeier ass der Staat eraus geholl ka gin, wat den BTB net<br />

kann an fleicht och net well!.<br />

Vun den Haptbunnen op dem Geessekneppchen, bei den Stadion<br />

Josy Barthel, dann op der âner Seit vum Rollengergonn dei<br />

verschidden Lyceen, dann bis op de Glacis an den Theater. Wien op<br />

de Geessekneppche wëllt klemmt an déi direkt Voiture schon aus<br />

den verschiddenen Himmelsrichtungen gesin!. Wien op de<br />

Lampertsbierg muss an déi direkt Voiture asw. Do sin vill<br />

Meiglechkeiten vir eng rationell Organisatioun gin!<br />

Ech klammeren gären den Stabiliteitsproblem vun der Rouder Breck<br />

domadden aus! Sie ass genug verschampeleiert!<br />

Op 1 Auer bis op 2 Auer hun mer dann den Kirchbierg,<br />

t’Ausstellungshallen, dann de Findel.<br />

Mein Virschlag gét dohinner von den Bunngleiser dei bestinn ze<br />

profiteieren an zwar vun der<br />

Peitenger Streck, vun der Areler Streck, dann vun der Nordstreck<br />

aus dem Uelzechtdall erop, dann vun der Treirer Streck an vun der<br />

Beteburger – Metzer Streck. Vleicht Uschloss nach zu Moutfort an<br />

nach do virgesin <strong>fir</strong> den Bunnuschloss direkt op Saarbecken ze<br />

realiseieren, wat jo duerchaus Zukunftsmusek ka sin!<br />

Wann mer de BTB baussend Hollerech un die 2 Strecken<br />

uschleissen an op de Geessekneppchen fueren an weider, wann et


164<br />

noutwendeg a meiglech ass bis bei den Stadion (dann hale mir<br />

t’Raudien aus der Staat), dann mat enger Breck iwer den<br />

Rollengergonn (virun 50 Joer sin schon am Rollengergronn Parzellen<br />

opkaf gin <strong>fir</strong> Pilliers ze setzen!!) op de Lampertsbierg an vun do erof<br />

op d‘ Dummeldenger Streck mat Ofzweigung erop op de Kirchbierg<br />

bei t’Halen an t’Parlamentsgebeier, dann weider en Uschloss bei<br />

Cents <strong>fir</strong> op de Findel an vun do aus weider op t’Gare.. Dann hun<br />

mir e Kréssverkeier ronderem t’Staat, den a beid Richtungen op<br />

villen wichtege Platzen ausschödde kann, dât grad an den<br />

Drockzeiten, ouni de Verkeier an der Staat ze belaschten! Esou guer<br />

kann och t‘ Gare immens entlascht gin well all die Leid dei iwer des<br />

Strecken an t’Staat eran wellen brauchen net mei bis op t’Gare ze<br />

fueren.<br />

Ech schecken e graffen Plang vun mengen Iwerléungen hei mat.<br />

Henri Regenwetter, Zolver.<br />

PS. Wann én äntwere wöllt, dan sot wanneg gelift derbei wém seng<br />

oder wat<strong>fir</strong> Interesse Dir vertrött! Well do sin mer jo elo am pickechen<br />

Drot gelannt!<br />

Häggis und Highlands in Zolver? 14.10.1999<br />

Zuerst einige Zeilen zur Aufklärung. Auf nahezu jeder schottischen<br />

Speisekarte findet man Häggis, der nur äusserlich etwas gemeinsam<br />

hat mit dem Saumagen in der Pfalz. Beide sind mit (nach<br />

Geheimrezepten hergestellten) Füllungen, das heisst schmackhaft<br />

staffierte Mägen. Sie gehören zu den kulinarischen Extravaganzen<br />

der jeweiligen Küche.<br />

Ich traf vor etlichen Jahren in Schottland einen “sehr rauhen” speziell<br />

nach Glenfiddish duftenden, und auf dem Dorfplatz Dudelsack<br />

pfeiffenden (?!) Kyltträger. Zu welchem Clan er gehörte interessierte<br />

mich damals noch wenig. In seinem Dudelsack aber musste ein<br />

erbarmungsloser Teufel “gepfiffen” haben. Deshalb lud ich ihn<br />

kurzum ein zu einem, mein Ohr balsamierenden Drink, Ich gab dabei<br />

freundlich an, von ihm erfahren zu wollen woher die Bezeichnung<br />

Häggis komme.<br />

Nach einem tiefen Blick ins Glas, legte er ganz jovial seine nicht<br />

mehr ganz zitterfreie Hand auf meinen Arm und begann zu erklären,<br />

indem er zuerst inbrünstig, ja fast theatralisch tief Atem holte und<br />

genüssig das von mir spendierte Bier ansetzte. Er musste ein<br />

wahrhaft guter Kenner der einheimischen Fauna sein. Die Häggis<br />

seien kleine, äusserst flinke Nagetiere, die in den Highlands sich


165<br />

wohl fühlen, erklärte er mir und versuchte mich mit einem<br />

vielsagenden, aber ehrlich scheinenden Blick zu überzeugen. Im<br />

Laufe der Evolution hätten sich die Häggis auf die sehr<br />

abwechslungsreiche und hügelige Landschaft (Highlands)<br />

spezialisiert. Häggis die nur bergauf rennen, hätten vorne kürzere<br />

Beine. Jene die nur bergab rennen...ich ergänzte ihn ... haben vorne<br />

längere Beine. Er winkte mit einem Finger zustimmend und<br />

schmunzelnd fuhr er fort: “Jene die nur am Hang aus dem Tal hinaus<br />

oder hinein rennen, haben zur besseren Stabilität entweder die<br />

beiden linken oder die beiden rechten Läufer kürzer....” Er kannte<br />

noch weitere, hoch spezialisierte Varianten, die er mir im<br />

anschliessenden Gespräch der Vollständigkeit halber, nicht<br />

verschwieg.<br />

Nach der kurzen Erläuterung zum nachfolgenden Text komme ich<br />

nun zu dieser ominösen Sache der Highlands und den Häggis in<br />

Zolver.<br />

Die zoologische Eigenart, der schnellen Anpassungsfähigkeit<br />

besagter Häggis, kam mir am letzten Sonntag urplötzlich wieder in<br />

Erinnerung, als ich mit meiner Frau Arm in Arm zum Wahlbüro<br />

schritt. Ich bekenne, dass besagte Bürgersteig - Strecke mir seit den<br />

umfassenden und bereits Äonen dauernden<br />

“Verschönerungsarbeiten” am Dorfkern, nicht mehr unter die Schuhe<br />

gekommen ist. Also, meine Frau und ich erreichten einen gewissen<br />

Punkt des soeben wieder einmal fertig gestellten Bürgersteigs, als<br />

ich mich zu ihr wandte um einige Worte mit ihr zu wechseln. Man<br />

kann sich nicht vorstellen wie verblüfft ich war, als auf einmal der<br />

Kopf meiner rechts neben mir gehenden Frau bis in die Höhe meiner<br />

Stirn herauf ragte. Im normalen Zustand bin ich etwas mehr als nur<br />

einen Kopf “höher” als sie. Ich traute meinen Augen nicht und<br />

begann sofort nach der Ursache dieses Phänomens zu forschen.<br />

Hatte ich da nicht bereits etwas in meinen unterschiedlich hoch<br />

aufsetzenden Füssen verspürt? Damit kam ich schnell zu des<br />

Rätsels Lösung. Ich begutachtete mir einmal genau den zur Strasse<br />

hin geneigten, ja unmässig abfallenden Bürgersteig, und schon<br />

schossen mir die Häggis in den Kopf.<br />

An dieser Baustelle wurde sicher mit einer Libelle gearbeitet, die<br />

vielleicht etwas gebrochen war und deren Ersatzglas man auch noch<br />

zu aller Unbill mit dem Boden einer Colaflasche verwechselt hatte.<br />

Wahrscheinlich hatte der Baumeister entweder etwas schief auf das<br />

eine oder zu tief in ein anderes Glas geschaut.<br />

Ich bedaure jedenfalls die Anwohner, besonders die Pensionäre des<br />

Altersheim, die über diese abschüssige Hanglage zur Busstation


166<br />

gehen und noch nicht von den wegweisenden Evolutionssprüngen<br />

der Häggis vernommen haben. Sie müssen sich in absehbarer Zeit,<br />

genau wie die Häggis in Schottland, den Highlands am Zolverknapp<br />

umgehend anpassen, noch bevor das erste Glatteis dieses Produkt<br />

höchster bautechnischer Kunst ganz besonders in die<br />

kunstentehrende Bedrängnis bringt, mit dem Hintern der Passanten<br />

unflätig in Kontakt zu kommen.<br />

Besichtigungen vor Ort sind absolut gratis.<br />

Henri Regenwetter<br />

Si tacuisses philosophus mansisses. 13.03.2000<br />

(wurde nicht gebracht, weil Bedenken vorlagen der Artikel stamme<br />

von der Redaktion).<br />

Durch Zufall wurde ich Zeuge der Diskussion im Forum vom letzten<br />

Sonntag. Da bemühte sich der Vertreter einer Glaubensgemeinschaft<br />

im Büsserkleid das historische Mea Culpa der Kirche ausführlich zu<br />

erläutern, um den geladenen Gästen Rede und Antwort zu stehen.<br />

Die Unausgewogenheit der Besetzung in der Diskussionsrunde aber<br />

erinnerte mich an eine englische Fuchsjagd.<br />

Die “Jäger” zeigten nicht den Deut einer Bereitschaft die<br />

Beteuerungen und Entschuldigungen des “Gejagten” für alle<br />

Vergehen der Vergangenheit, die im Namen einer<br />

Glaubensgemeinschaft geschahen, entgegen zu nehmen. Ein laut<br />

denkender Philosoph und der Präsident der Gesellschaft “Pour la<br />

libre conscience” entpuppten sich keinesfalls als objektive<br />

Gesprächspartner. Sie entlarvten sich selber mit populistischen<br />

Hetztiraden an die Adresse nicht nur des Vertreters einer anderen<br />

Gesinnung sondern an die Adresse jeder anders denken<br />

Gemeinschaft.<br />

Mit ausgeklügelten Manövern wurde die Drecksschleuder bedient<br />

von den beiden Vertretern der angeblichen “libre conscience”, was ja<br />

soviel wie Toleranz auf der ganzen Linie bedeutet. Mit<br />

unmanierlichen Zwischenrufen wurde gezielt geschossen. Eine Farce<br />

ersten Ranges. Alte Leichen wurden von ihnen ausgegraben und wer<br />

da geglaubt hatte der Aufbruch in eine sich wandelnde Gesellschaft,<br />

ins neuen Jahrtausend würde gekennzeichnet sein von<br />

Kompromissbereitschaft, von Toleranz und friedlichem<br />

Nebeneinander, der wurde eines Schlimmeren belehrt. Genau das<br />

was sie der Kirche (in Zukunft mehr Toleranz für Andersdenkende


167<br />

aus zu üben) nicht zu tun, vorwarfen, exerzierten die beiden<br />

Antagonisten: Populismus. Die beiden legten vor dem<br />

aufmerksamen, vorurteilsfreien Zuhörer ihre Masken ab und<br />

verkündeten genau das Gegenteil dessen was sie für sich selber in<br />

Anspruch nehmen und öffentlich als ihr ureigenes Bestreben<br />

vortäuschen.<br />

Die Situation des Mannes im Büssergewand degradierte zum “Rufer<br />

in einer Wüste”. Immer mehr wurde mir die Parallele zu einem<br />

Drama, das sich vor 2000 Jahren ereignet hat, in Erinnerung<br />

gerufen. Da sassen sie, die Philister, spiessbürgerlich, engstirnig,<br />

kompromisslos, erbärmliche Vertreter einer nicht unbedeutenden<br />

Volksschicht. Da argumentierten, urteilten und verurteilten sie<br />

selbstgerecht, genau wie vor 2000 Jahren, die Pharisäer.<br />

Bei diesem Forum kamen mir die Worte von Schiller in Erinnerung:<br />

“Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen<br />

Nachbarn nicht gefällt!”<br />

R.H.<br />

Mit freundlichen Grüssen.<br />

Henri Regenwetter.<br />

Ich bitte aus bestimmten Gründen den Namen nicht zu erwähnen,<br />

Der Gréngewald ist noch zu retten! 26 07 2000<br />

Nun erst recht plädiere ich persönlich, dass die kürzeste Trasse<br />

gewählt und auch jene Lösung studiert wird, die am wenigsten Natur<br />

verbraucht. Es handelt sich um die “Direttissima” durch das<br />

Alzettetal und zwar <strong>2.</strong>stöckig wie ich bereits vor einem Jahr<br />

vorgeschlagen hatte, in meinem Leserbrief an die Redaktion<br />

(Bringen wir es auf den Punkt). In der Schweiz habe ich diese<br />

elegante Lösung vor kurzem wieder gesehen, also ist es machbar.<br />

Zug / BSB / Autobahn 2-3 spurig unten und 2-3 spurig oben. In<br />

Amerika bin ich noch (bis 6 Spuren) übereinander gebaut, gefahren.<br />

In der Schweiz wurden die Seitenwände mit Kletterpflanzen begrünt<br />

und damit war die Autobahn nur mit geübtem Auge zu sehen.


168<br />

Wenn ich allein die Kosteneinsparungen bei den Infrastrukturen<br />

bedenke (Wasserabfuhr – Beleuchtung – Telefon – Zubringer? –<br />

Benzinverbrauch – Abgase – usw.), dann scheint diese Lösung auf<br />

Anhieb das Beste aller möglichen Übel zu sein!<br />

Die Lösung der Verkehrsfrage wurde von der vorherigen<br />

Regierungsmannschaft von hinten aufgesattelt und gezäumt. Anstatt<br />

die Umgehungsstrasse von Luxemburg Stadt als prioritär an zu<br />

sehen, wurde gewollt oder ungewollt die brutalste ja bereits<br />

unmögliche Situation heraufbeschworen.<br />

Versuch eines konstruktiven Diskussionsbeitrages. 26 07 2000<br />

Ich möchte noch einmal meine Überlegungen bei der Diskussion um<br />

die Ost- Westvariante zur Nordstrecke vortragen. Bereits in einem<br />

ausführlichen Brief an die Redaktion (Bringen wir es auf den Punkt)<br />

hatte ich die “Direttissima” angesprochen.<br />

Bei der neu entfachten Diskussion (sie fand bereits in einem<br />

Sommerloch statt!!) vermisse ich jetzt erst recht die Überlegung über<br />

die kürzeste Strecke nach zu denken die von Luxemburg nach<br />

Mersch führt. Die N7 ist 17 km lang. Die kürzeste Strecke zwischen 2<br />

Punkten ist bekanntlich eine Gerade, die etwa bei 15 km liegen<br />

dürfte, und das auf einer bereits verbauten Landschaftsstrecke!<br />

Im Klartext! Wenn man auf der gleichen Strecke wie die Eisenbahn,<br />

eine dreispurige und dazu zweistöckige Autobahn, mit einem<br />

zusätzlich modernisierten BTB- Netz baut, dann würden gegenüber<br />

allen andern Varianten eine Menge technische, finanzielle,<br />

fortschrittliche sowie auch ökonomische Vorteile entstehen, die nicht<br />

angezweifelt werden können.<br />

Wir haben in unserm Land das bedeutendste Stahlwerk der Welt,<br />

gewiss ein Atout bei solch einem Bauvorhaben. Wir haben in unserm<br />

Land bedeutende Betonwerke die eine schnelle Zulieferung von<br />

normbaren Beton - Fertigteilen gestatten. Ich sehe mal von der<br />

Beschäftigungsstrategie ab, die sich als Nebenprodukt an anderen<br />

nationalen Produktionsstätten auswirkt.<br />

Wir haben in unserm kleinen Land nur noch wenig naturbelassene<br />

Strecken. Warum weiter darauf bestehen eine Landschaft mit 4-6<br />

spurigen Autobahnen zu umzingeln, wenn sich schon die Reue über<br />

das beabsichtigte Vergehen an der Natur im Busen sammelt? Heute<br />

sind wir uns einig, dass man absolut sparsam mit dem<br />

Landschaftsverbau umgehen sollte! Diese Lösung wäre insgesamt<br />

die sparsamste! Ihr lieben Parteisprecher. Wo bleibt Eure Einstellung


169<br />

zur Nachhaltigkeit, von der Ihr uns vor den Wahlen so viel zu<br />

erzählen wusstet?<br />

Doppeldecker - Autobahnen sind keine Neuheit. Man findet sie in<br />

vielen Berg - Ländern, so der Schweiz und besonders auffallend<br />

rundum Los Angeles.<br />

Vom Kostenpunkt der notwendigen Infrastrukturen (sowie deren<br />

späteren Unterhalt) her wird man wohl jene der Ost- und<br />

Westvariante stark reduzieren können, denn diese werden an einem<br />

und demselben Bauwerk verlegt! Wasserabfluss, ein Problem bei<br />

beiden Varianten, wird sicher einfacher und billiger zu lösen sein –<br />

(nur einmal Oberflächenabwasser). Vom ästhetischen Standpunkt<br />

aus gesehen, habe ich in der Schweiz Autobahnwände komplett und<br />

sehr schön mit Kletterpflanzen begrünt gesehen. Eine wahrhaft<br />

maximale Anpassung an die Natur.<br />

Experten werden einer Direttissima wohl noch mehr Vorteile<br />

abringen. Ohne vom einmaligen Weichbild des Alzettetales zu<br />

sprechen, das mit etwas mehr Einsicht, Klugheit und Verstand<br />

erhalten werden kann.<br />

Henri Regenwetter.<br />

Un t’Madame Transportministerin. 27. Januar 2001<br />

Et ass schon e Strapp hier, do huet Dir op eng parlementaresch Ufro<br />

hin, adresseiert un Iech “Eng Kéier ze séier” agestanen dat Dir iech<br />

bis dohinner guer keng Rechenschaft ofgeluegt huet, op déi Plakate -<br />

Campagne (niewt de Strossen) déi jo schon Joere lang léft, <strong>fir</strong><br />

t’Automobilisten ze beleieren, och efficace ass.<br />

Bis elo kënne mer awer net emol den Uschein vun engem Erfolleg<br />

feststellen. An ass et och net e weineg schappech dat Dir iech<br />

bemeie musst <strong>fir</strong> festzestellen ob déi Plakaten iwerhapt eppes<br />

daachen. Dat misst dach eng logesch Folleg vun dénen Aktioune sin.<br />

Oder si mer do alt erem engem Automatismus verfall, dat alles<br />

„Bestens“ ass wât mer machen?<br />

Naiv, provokativ oder och vielleicht philosophesch Verkeierskonscht<br />

geheiert an en eidele Musee <strong>fir</strong> den Zeitgéscht. Ech hun nach ni en<br />

Autofuerer gesin, dén hannert der Plakat sech vun Erer Campagne


170<br />

beaflosse geloss huet, an seng Fuerweis geännert huet. Oder huet<br />

Dir dat schon an Uecht geholl? Är gudd gemengten Campagne sin<br />

glad ewech ouni Wierkung! Et gét net duer dat é soe kann et geng<br />

Eppes gemacht gin! Dat Eppes muss och Erfolleg hun. Wert huet et<br />

nëmmen <strong>fir</strong> all déi, déi dodrunner verdingen, nëmmen daat kann jo<br />

net den Hannergedanken vun Ärer Beleierungs - Campagne sin!<br />

Leieren sollen t’Chauffeuren ir se d’Erlabnes kreien op t’Stross lass<br />

geloss ze gin.<br />

An 10 Joer weit iwer 500 Doudeger, an vill mei wei 10000 Invaliden<br />

ass eng traureg Bilanz déi net aus den An verluer darf gin! Mé daat<br />

gött haut als selbstverständlech geschleckt. Déi kleng awer<br />

märderesch Kricher op der Stross gin leider weider an leien an Ären<br />

Hänn! Wann nëmmen e puer vun eisen Zaldoten am Asatz am<br />

Kosovo gestueren oder Kreppel gi wiren, da wär t’letzeburger Welt<br />

ze kleng. Dat ass t’onverschimt Wourecht!<br />

Huelt déi Sousen an stellt (wann der keng liewech „Verkeierspolizei“<br />

fannt) e puer maansgrouss uniformeiert Dummien op. Lost se hin an<br />

hier wibbelen an reckelen. Dir wärt gesin, dat déi Method wei<br />

Wonner wirkt, zemol wann och emol <strong>fir</strong> déi ganz schlau Rowdien an<br />

och Rowdinnen ofwiesselnd lieweg Männer, mam elektronesche Bic<br />

do stin!<br />

Kaft Eren Polizisten PC, déi sech matenaner verbanne lossen, well<br />

no engem Protokoll ass beim selwechten Delinquent mat Secherhét<br />

dén nächste Protokoll schon e puer Km weider virprogrammeiert, dat<br />

ass t’Praxis! An den USA ass dat doen scho lang. Ech sin e puer<br />

Meint do gefuer an war beandrockt iwer t’Disziplin op der Stross.<br />

Inspireiert iech bei hinnen. Dat ass efficace. Dir kritt och domadden<br />

eng Iwersiecht wien de Matbierger mam schlechte Beispill eppes<br />

virmescht oder provozeiert! Dat dingt och bei der Afeierung vum<br />

Punktesystem. T’Vollek leid jo onverständlecherweis dodrenner, dat<br />

wann aner mei seier fueren engem seng égen Nerven dat net<br />

verquessen. Da reiberen mer alt hannendrun, mat der<br />

Entschöllegung: “an déi Aaner” !<br />

A wann en Accident geschidd ass, an t’Justice huet de Schöllege<br />

festgestallt, da soll de Staat sech och mellen an nodréiglech e<br />

seftege Protokoll machen. Well de Staat vertrett t’Allgemenghét déi<br />

a Gefoer ass!<br />

Dat meng Idi mat den Dummien wirkt kann ech mat engem Beispiel<br />

beléen. Ech hun bei Foetz gesin wei en Automobilist op emol lues<br />

bei den rosarouden “drei-véierels” Strossendummi mam Fendel,


171<br />

gefuer ass. Hien ass esou guer eraus geklommen… awer ganz kurz<br />

nemmen!<br />

Ech wöll awer och nach e Wuert soen iwer de Fuertraining op der<br />

Piste zu Colmar-Bierg. Wéi bei all Aktiviteiten entstinn och Nodéler.<br />

Ech geng mengen dat et secher eng Hatt voll Absolventen gett, déi<br />

den Test gepackt hun, an sech elo zougin an duer<strong>fir</strong> mengen, sie<br />

wieren besser Fuerer wei den normalen Tutebatti dén mam Hutt op,<br />

schéin gemitterlech am Auto fiert.<br />

Dir Madame Minister, sidd eis reell wirksam Mossnahmen schölleg, a<br />

belidd Iech net selwer mat Alibiexperimenter! Dir sidd dénen<br />

Liewegen an verstännege Fuerer dât schölleg. Dir huet all déi bis elo<br />

inkrimineiert waren op Erer Seit an braucht net ze färten, déi normale<br />

Leid wärten niemols vun engem Polizeistaat schwätzen, wann Dir<br />

eppes <strong>fir</strong> hir Secherhét macht! Gewalt kann nemmen mat gleiche<br />

Möttelen begeint gin.....Dir gidd justement ausgelacht, wann der<br />

sôt.....“Lues, soss get et eng mat der Posch“!.<br />

E Papp dén eng gesond Famill a gesond Enkelkanner huet, déi sech<br />

iwer déi lamentabel Zoustänn irgeren!<br />

Henri Regenwetter<br />

BSE – Hysterie. (16.0<strong>2.</strong>2001<br />

Endlich hält da einer der überreagierenden Gesellschaft den Spiegel<br />

vors Gesicht. Mar. K. hat in seinem Leitartikel den blanken Nerv<br />

getroffen, doch wenige Leser werden wohl richtig abwägen können,<br />

wie haarsträubend krass die Abwegigkeit ist. Dieses, fast an<br />

Paranoia grenzende, gesellschaftliche Übel, ist bedenklich und kann<br />

absolut gefährlich werden für das Zusammenleben in der<br />

Gesellschaft. Sich ausschließlich in Schuldzuweisungen zu<br />

verkrampfen, kann in ein noch vielleicht besser einleuchtendes Licht<br />

gerückt werden. Ich möchte kurz hier den Gipfelpunkt dieser<br />

Perversion vor Augen führen.<br />

Obschon hierzulande (und auch in Deutschland) noch kein einziger<br />

von BSE- befallener Menschen bekannt und dazu auch noch kein<br />

einziger daran gestorben ist, hat diese Gesellschaft die Gelegenheit


172<br />

genutzt, um dummerweise sich selber um den Genuss vom geliebten<br />

Verzehr von Rindfleisch zu bringen. Das unrealistische Lamentieren<br />

erfolgt in den schlimmsten Tonarten und unverständlicherweise<br />

gegen die selbst produzierten und selbst zu verantwortenden<br />

Folgeerscheinungen. Es macht vermeintlich selbst befriedigenden<br />

Spaß, wie Don Quixote, gegen den mysteriösen Feind zu Felde<br />

ziehen zu können. Dabei wird die Situation aufgebläht, bis zu<br />

irrationalen Denkprozessen und Handlungen.<br />

In den Fällen aber, wo es keine simulierten, sondern reelle Tote oder<br />

Krüppel gibt, in denen man durch ein persönliches Fehlverhalten<br />

inkriminiert ist, nämlich im alltäglichen Verkehr auf der Strasse, da<br />

hüllt man sich in unverantwortliches Schweigen und verbleibt<br />

beharrlich in einem scheinbar unempfindlichen Mitmachen! Niemand<br />

will spontan sein Fahrzeug auf Kandare zäumen, um ab sofort sich<br />

konsequent an die Vorschriften im Straßenverkehr zu halten, um da<br />

gegen die reelle Gefahr anzugehen. Schizophrener geht’s nimmer.<br />

Henri Regenwetter<br />

Wir tanzen um den Rententisch. 1.4.2001<br />

In der Verfassung steht geschrieben, daß in unserm Staat alle<br />

Bürger gleichermaßen zu behandeln seien. Keine Diskriminierung<br />

einer Gesellschaftsgruppe! Wie ist es trotzdem möglich, daß auf der<br />

einen Seite die Privatbeamten in mühsamer Kleinarbeit viele<br />

Milliarden in einer gut durchdachten Rentenkasse<br />

zusammengetragen haben um anständige Renten zu erhalten, auf<br />

der anderen Seite die Staatsbeamten (wie die Grille in der Fabel)<br />

überhaupt erst spät begannen Beiträge zu zahlen, die<br />

augenscheinlich auch noch in keine Rentenkasse geflossen sind. Ist<br />

ein Fabelwunder geschehen, wenn die Ameise (Privatbeamte) sich<br />

vor der Rente der Grille wundern muß? Werden die Renten der<br />

Staatsbeamten wirklich aus Steuergeldern finanziert? Sieht man dies<br />

auch so am Rententisch, daß die Privatbeamten doppelt zur Kasse<br />

gebeten werden? Eine ehrlich gemeinte Antwort wäre erwünscht.<br />

Daß frappante Ungleichheit besteht, geht aus einem einfachen<br />

Beispiel hervor. Ein Arzt der bei den Privatbeamten seinen (Höchst)<br />

Beitrag bezahlt hat erhält nur 2/3 von jener Rente die der<br />

Gemeindebeamte bezieht.


173<br />

Will man tatsächlich im Teufelskreis tanzen, um die heutigen<br />

Beschäftigten mit jenen Beiträgen zu bezahlen, die durch eine auf<br />

etwa 750000 Einwohner aufgestockte Einwohnerzahl aufgebracht<br />

werden sollen. Deren Renten wiederum können ihrerseits auch nur<br />

noch durch eine auf 1.000.000 aufgestockte Einwohnerzahl bezahlt<br />

werden. Und wir tanzen immer nur so weiter im Teufelskreis um den<br />

Rententisch und werden keinen Deut klüger.<br />

Warum nicht durch konsequente Einsparungen das erreichen, was<br />

man nach Aufstockung der Bevölkerungszahl zusätzlich für sich<br />

aufdrängende Neuinvestitionen ausgeben muß. Das sind Ausgaben<br />

für Schulen, Geschäftshäuser, Industriezonen, Lyzeen, erweiterte<br />

Autobahnen. Diese Kosten, die durch den eventuellen Zuwachs der<br />

Population auf 750000 über uns hereinbrechen, und dazu die<br />

Lebensqualität aller Bewohner im höchsten Masse verschlechtern,<br />

gehen ganz sicher weit über die Beitragsmasse hinaus, die über den<br />

Populationszuwachs, den Rentenkassen zufließen müßte. Ich<br />

schlage deshalb vor all diese auszugebenden Milliarden in einen<br />

Rentenfonds zu stecken, anstelle sie zum Einbetonieren unseres<br />

Landes zu benutzen. Darüber sollte man jedenfalls nachdenken.<br />

Henri Regenwetter<br />

Strom sparen aber wie? Ein Vorschlag.<br />

(veröffentlicht am 7.4. 2001)<br />

Es gehört zu den Naturschutzaufgaben, auch auf das Stromsparen<br />

nicht nur hin zu weisen. Sicherheit und Lebensqualität spielen ganz<br />

besonders bei den Beleuchtungen in der Nacht eine Rolle.<br />

Lichtverschmutzung heißt das Schlagwort nach dem in Amerika<br />

geprägten Begriff „Light Pollution“. Diese Nachtbeleuchtungen haben<br />

ganz sicher eine Menge bisher noch nicht erforschte Nachtteile auch<br />

auf alle Lebewesen. Weltweit wird die weitere Entwicklung gebremst.<br />

Natürlich machen manche den Fehler immer wieder nur andere als<br />

die vorgeschlagenen Lösungen zu fordern, ohne mit einem<br />

„akzeptablen“ Variantenvorschlag aufzuwarten. Meistens liegt diese<br />

Variante bei Akzeptanz NULL. Solche Forderungen sind zwar<br />

marktschreierisch, sind bei Mitgliederwerbung erfolgreich, real<br />

gesehen aber glatt erfolglos und im Endeffekt für die ganze


174<br />

Gesellschaft ohne Vorteil. Es gibt vortreffliche Beispiele die ich aber<br />

hier nicht anführen will.<br />

Beim Stromsparen schaut man sofort auf die Großverbraucher.<br />

Hierzulande gehören zu diesen die Autobahnen. Ich kenne die<br />

bisher guten Gründe warum man Autobahnen beleuchtet. Im Falle<br />

eines Unfalles kann der nachfolgende Verkehr sich in Sichtweite auf<br />

das vor ihm liegende Gefahrengebiet einstellen. Weitere<br />

Karambolagen können vermieden werden und somit auch viel<br />

menschliches Leid.<br />

Es gibt nebenbei bemerkt, so viele Autofahrer die ihre<br />

Fahrzeuglichter nicht anzünden, wenn sie durch einen Tunnel fahren.<br />

Sie verstehen dummerweise nicht, dass es bei dieser Vorschrift<br />

absolut um Sicherheit, nicht aber um die eigenen Sichtverhältnisse<br />

geht.<br />

Die heutige Technik lässt aber bereits zu, dass man z. B. nach 2<strong>2.</strong>00<br />

Uhr oder erst nach Mitternacht streckenweise alle Lichter der<br />

Autobahn ausschaltet, was ja auch auf den Landstrassen der Fall ist,<br />

dort aber anders zu bewerten ist. Geschieht ein Unfall auf der<br />

unbeleuchteten Autobahn, kann ich mir vorstellen, dass an diesem<br />

Abschnitt, die bis zum Entstehen des Unfalls ausgeschalteten<br />

Straßenleuchten, automatisch über Sensoren eingeschaltet werden<br />

und auch bleiben so lange das bewegungslose Objekt vorhanden ist,<br />

was zusätzlich den nachfolgenden Verkehr bereits von weitem<br />

darauf hinweisen würde, dass man sich an der beleuchteten Stelle<br />

einer Unfallstelle nähert.<br />

Wer lässt sich seine technischen Lösungen patentieren?<br />

Es darf natürlich nicht sein, dass jetzt sofort, wie das bei der<br />

Wasserwirtschaft der Fall ist, wo man den Regennutzern vorhält, sie<br />

würden die Produktion und den Trinkwasserhaushalt ökonomisch<br />

ungünstig verändern, die Stromproduzenten auf die Barrikaden<br />

gehen und sich ärgern, weil nicht mehr soviel Strom verbraucht wird.<br />

Ich denke die Umwelt gehört allen Mitbürgern und auch allen<br />

Lebewesen, nicht nur den Aktionären.<br />

Henri Regenwetter


175<br />

Logik beim Rentendösch? (30 07 2001)<br />

Schon de Betonminister huet zu senger kurzer Zeit (é Gleck)<br />

gemengt eist Land keint 1,500.000 Awunner verkraften. Elo mengen<br />

t’Leit alleguerten (?) besonnesch dei rondöm den Rentendösch, mir<br />

missten bei 700000 usetzen. Mengen se da wirklech alleguerten dât?<br />

Elo ass endlech och é Schöllege fonnt gin, op dé ka geklappt gin,<br />

well et esou weit huet misse kommen. De Mann an t’ Frâe mat der<br />

klenge Renten sin Schold drun, well sie elo mat vill Gedéssems en<br />

etlech Grimmelen bei kreien. Duer<strong>fir</strong> mussen 300000<br />

Friemsprocheger an t’Land. Elo muss eist Land bradeiert gin. Dât<br />

ass Logik !<br />

Wien erklärt mir, <strong>fir</strong>wât t’Rentendöschler dât net schon <strong>fir</strong>um<br />

Rentendösch (an och virun de Wahlen) behâpt hun, well et jo eng<br />

Zort Leit an eisem Staat gött die nach emmer vill mei an hierer Rent<br />

kreien, an dât scho Joere lang. Bis elo huet nach kén sech getraut ze<br />

behaapten grad dei Hären wire schold, wa mer elo missten 300000<br />

Friemsprocheger (dât Wuert Auslänner ass schon ze vill vergraff) an<br />

t’Land lakkelen.<br />

Nedu Jean Claude, op de Standpunkt könnt et un!<br />

Henri Regenwetter<br />

Robbery (20.11.2002)<br />

Könnte als zeitgemäße Bezeichnung stehen für moderne<br />

Raubritterei.<br />

Die Reaktion auf einen Beitrag „Wie Banken unser Geld verdienen“<br />

war so positiv, dass ich mich stimuliert fühle weitere raubritterische<br />

Fälle hier anzuprangern.<br />

Fall 1.<br />

Seit Jahren erleichtert mich der Staat monatlich um Steuern! Nicht<br />

nur ich weiß dass ich jeden Monat mehr zahle als notwendig. Das<br />

weiß auch die zuständige Verwaltung. Um diesen Missstand<br />

nachträglich beheben zu können, verlangt man von mir eine<br />

rechtzeitige (!) Steuererklärung. Seit Jahren erfolgt diese prompt<br />

bereits im März, wenn ich im Besitz aller notwendigen Unterlagen<br />

bin. Im Jahr 2000 dauerte es bis November, im Jahr 2001 ebenfalls,<br />

solange und in diesem Jahr ist bis dato noch keine Rückzahlung<br />

erfolgt, wurde nicht einmal angekündigt. So gesehen arbeitet der<br />

Staat nahezu 2 Jahre mit meinem Geld, bevor er mir das<br />

zurückerstattet was mein ist, und mir quasi unrechtmäßig abverlangt


176<br />

wurde. Diesbezügliche Nachforschungen wurden jedes Mal<br />

abgewimmelt mit der stereotypen Antwort: „Ihre Steuerkarte ist noch<br />

immer nicht in unsern Händen. Sie müssen noch warten.“<br />

In diesem Jahr wollte ich diesem scheinbar unausrottbaren<br />

bürokratischen Missstand zuvorkommen. Ich erreichte, dass mir<br />

besagte Steuerkarte bereits vorlag bei der Abgabe meiner<br />

Steuerklärung. Ich dachte ich könnte damit die amtlichen<br />

Unzulänglichkeiten ausräumen. Außerdem bat ich beiliegend<br />

schriftlich um eine schnellere Bearbeitung. Denkste! Im Juli lieferte<br />

man mir am Telefon den Beweis dass meine Vermutung, mit einer<br />

stereotypen Ausrede abgespeist zu werden, mit der mir bereits<br />

bekannten Antwort: „Ihre Steuerkarte ist noch immer nicht<br />

eingetroffen.“!!! Auf meinen Hinweis hin, ich hätte bisher<br />

unverständlicherweise immer bis Ende des Jahres auf mein Geld<br />

warten müssen, erfolgte die schockierende Antwort: „Dann werden<br />

sie in diesem Jahr wohl auch bis Dezember auf die Rückzahlung<br />

warten müssen.“ Robbery - modernes Raubrittertum.<br />

Fall <strong>2.</strong><br />

Als die größte Firma in Luxemburg mich frühzeitig in die Rente<br />

entließ, wurde nicht nur mir für geleistete Dienste ein „generöser“<br />

Zuschuss zugesichert. Durch eine raffiniert ausgeklügelte und<br />

eingefädelte Klausel jedoch, fühlt besagte Firma sich seit langem<br />

nicht mehr verpflichtet diesen Zuschuss zu zahlen. Nun haben<br />

ehemalige Nutznießer endlich die Nase voll und den Mut gefasst um<br />

die Firma für dieses Tun vor Gericht zu zitieren. Am 19. November<br />

wurde dieser Fall vor Gericht in Esch und im Laufe des kommenden<br />

Jahres ebenfalls vor Gericht in Luxemburg behandelt. Unmut ist ein<br />

äußerst zahmer Ausdruck für das Gefühl was in einem hochkommt<br />

bei solch einem Kuhhandel. Robbery – modernes Raubrittertum!<br />

Fall 3<br />

Man erinnert sich, dass dieselbe Firma vor Jahren kurz vor dem<br />

finanziellen Bankrott stand. Ein eisiger Schrecken erfasste damals<br />

die Belegschaft und schnell hatte sich Solidarität gebildet, nicht nur<br />

bei der Belegschaft. Diese, sowie auch der Staat, nahmen eine<br />

enorme pekuniäre Belastung auf sich. Mit einer ungeheuren und<br />

länger andauernden Finanzspritze die sich aus diesem<br />

Solidaritätsakt ergab kam die Firma aus der morastigen Talsohle<br />

heraus. Längst verkündet sie wieder schwarze Zahlen und mausert<br />

sich an die Weltspitze. Aber dieser unehrbare Multi hat noch niemals<br />

daran gedacht die von ihren treuen Mitarbeitern finanzierten und<br />

einst so blutnotwendigen Geldspenden zurück zu zahlen. Undank ist<br />

eben der Welt Lohn. Ich kann dies hier nicht einfach, global der<br />

ganzen Firma ankreiden, das wäre zu simple. Ist es nicht angebracht<br />

die jeweilig inkriminierten Bosse nebst den damaligen Vertretern der<br />

Angestellten und Arbeiterschaft, einer höchst unanständigen


177<br />

Ehrlosigkeit zu bezichtigen, so als wären sie Raubritter oder deren<br />

Vasallen.<br />

Henri Regenwetter<br />

Orakel und Debakel 10 02 2003<br />

Seit Menschengedenken hat der „Homo sapiens“ viel eher der<br />

Wahrsagerei Glauben geschenkt als die vor offene Augen dargelegte<br />

Realität als solche erkannt. Die weltweiten Reaktionen zum aktuellen<br />

Irakproblem macht dies wiederum offensichtlich. Doch lassen Sie<br />

mich zwecks Erklärung meiner Ansicht etwas ausholen.<br />

In jahrelanger Öffentlichkeitsarbeit habe ich folgende Erfahrung<br />

machen können. Ich merkte schon früh- und rechtzeitig dass man<br />

grob gesehen die Volksmassen und auch deren Meinungen in 2<br />

Verhaltungsgruppen einteilen kann. Wohl selten findet man bei einer<br />

sportlichen Auseinandersetzung eine Meinungsgruppe die sich<br />

ausschließlich mit dem Schiedsrichter beschäftigt. Bereits vor dem<br />

Spiel sind die Meinungen in zwei Lager geteilt und das ist im<br />

alltäglichen Leben genau so.<br />

Da gibt es diejenigen die handfeste Ideen vortragen, egal ob diese<br />

gut oder schlecht zu bewerten sind, Es gibt dann auch diejenige<br />

Gruppe die schnell feststellt, dass die von den andern vorgetragene<br />

Idee nicht das eigene Denkprodukt ist. Diese schmähliche,<br />

erniedrigende Feststellung führt natürlich zu einer psychischen<br />

Reaktion. Ein unerfülltes Erfolgsdenken führt zur negativen<br />

Beurteilung, sogar bis zur Verurteilung der vorgetragenen Idee. Man<br />

braucht nur in den Medien zu lesen und zu hören wie Antagonismus<br />

in der Öffentlichkeit, besonders auffällig beim Sport und in der Politik<br />

geschürt wird.<br />

Kurz gesagt ich bin der Meinung, dass Frustration entsteht weil man<br />

nicht selber auf die so genannte Idee gekommen ist was (einem<br />

inneren Zwang gehorchend) dazu verleitet doch zu zeigen dass man<br />

zu einem ebenbürtigen Denk- oder besser gesagt Reaktionspotential<br />

fähig ist. Nur so kann der verärgerte „Verlierer“ bewusst oder<br />

unbewusst sich selber in ein wirkungsvolles Licht positionieren nach<br />

dem Prinzip: „Wenn ich jetzt Nein sage, kann ich immer noch<br />

weiterhin mitreden“. Und genau das geschieht tagaus tagein in<br />

unseren gesellschaftspolitischen Auseinandersetzungen. Das nennt<br />

man dann Politik!<br />

Bei einer wichtigen Entscheidung in einem Gremium machte ich mir<br />

das Wissen um diese auffällige Schwäche des Menschen zu Eigen


178<br />

und in Anbetracht einer vorhersehbaren scharfen Reaktion von<br />

einem Entscheidungsteilnehmer riskierte ich einmal den Coup und<br />

wagte genau das Gegenteil vorzuschlagen was ich mir gewünscht<br />

hätte dass es geschehe. Wohlweislich taktisch, machte ich aber so<br />

ganz nebenbei (als Anstoß sozusagen) auf meine gespielte<br />

Abneigung aufmerksam und vermerkte dass dies aber für mich keine<br />

gute Lösung sei. Wie erwartet trat genau das ein was ich<br />

vorhergesehen hatte. Meine eigene aber verheimlichte Einstellung<br />

wurde prompt als bessere Alternative diskutiert, was mir natürlich zur<br />

gewünschten Erfüllung meiner Vorstellung verhalf.<br />

Menschenkenntnis?<br />

Die Sache hatte natürlich ein Nachspiel, denn ich konnte mich nicht<br />

enthalten und musste einmal so richtig bekannt machen was sich in<br />

besagtem Gremium bei besagter Entscheidungssuche abgespielt<br />

hatte. Ich verriet meine angewandte Taktik. Prompt warf man mir ein<br />

dreckiges Spiel vor, worauf ich natürlich auf die ständigen ebenso<br />

dreckigen Antiideen aufmerksam machte und forderte die<br />

Antagonisten auf endlich doch einmal auch mit konkreten<br />

verwertbaren Ideen aufzuwarten.<br />

Genau diese rein natürlichen Verhaltungsweisen spielen sich<br />

augenblicklich ab in der weltweiten, bereits zum Selbstläufer<br />

gewordenen Massenentrüstung gegen einen eventuellen (bis zu<br />

diesem Zeitpunkt keinesfalls beschlossenen) Krieg. In Anbetracht der<br />

eigenen Unfähigkeit, der seit 12 Jahren grassierenden Ideenlosigkeit<br />

in der UNO eine wirkungsvolle Lösung in dieser Kriegsproblematik<br />

anbieten zu können, überwindet man die eigene Frustration und<br />

wendet sich vehement gegen einen ungenehm starken Gegner,<br />

dessen Reaktionen man keinesfalls zu befürchten hat. Damit ist man<br />

auch in der ersten Front dabei! Wohlgemerkt ich plädiere keinesfalls<br />

direkt für einen Krieg, denke aber zurück an den Diktator im<br />

Nachbarland dem man das Handwerk bereits hätte legen müssen als<br />

er mit der gewaltigsten, bisher nicht geahnten Rüstungsmaschinerie<br />

begann den verheerenden <strong>2.</strong> Weltkrieg vorzubereiten. Alle<br />

Warnungen, fußend auf Realität und Wahrheit wurden verdrängt und<br />

ersetzt durch blindes Vertrauen in prophetisch skandierte Parolen.<br />

Es wäre nie zur Katastrophe gekommen, wenn das Zögern und die<br />

Unentschlossenheit einem Diktator gegenüber nicht stattgefunden<br />

hätten. In der Irakfrage grassiert ebenso fatale Unwissenheit sowie<br />

Verdrängung der Realität.<br />

Ich möchte aber ausdrücklich hier hervorheben, dass ich persönlich<br />

die besondere Einstellung der Kirchen keinesfalls in dasselbe<br />

Verhaltensmuster einreihen möchte da diese immer wieder das


179<br />

Märtyrertum und den bekannten Schlag auf die Wange hinzunehmen<br />

bereit waren.<br />

Wenn aber gleichzeitig und weltweit die Linken zu den gleichen<br />

Protestaktionen aufrufen und schlimmste Wahrsagerei betreiben,<br />

indem sie warnen vor unmenschlichen Folgen (worin sie ja beste<br />

Erfahrung aufzuweisen haben) dann sollte man sich überlegen wer<br />

sich denn bei der grassierenden schwarzweiß Malerei auf der Seite<br />

der Guten befindet und wer zu den Bösen gehört. Diejenigen, die aus<br />

der Geschichte gelernt haben oder diejenigen die aus einfachem<br />

Opportunismus heraus geblendet sich gegen alles wenden was eine<br />

gewisse Ordnung in der Welt herbeiführen könnte. Niemand kommt<br />

auf die Idee wahr zu nehmen dass es im Irak hauptsächlich um die<br />

Befreiung eines geknechteten Volkes geht, so wie einst auch die<br />

Amerikaner uns Europäer in letzter Minute vor einen irren,<br />

unmenschlichen Diktator befreiten.<br />

Eine mich bedrückende Frage sei noch gestellt. Sind all diese<br />

Antagonisten wirklich so feine nette Leute für die sie sich ausgeben?<br />

Kann man ihnen die Ehrlichkeit auf dem Gesicht ablesen? Diesen<br />

Glauben habe ich längst verloren wenn ich mir erlaube zu beurteilen<br />

wie viele Manifestationen bisher nicht gelaufen sind gegen die vielen<br />

tausend Verkehrstoten auf unsern Strassen, die Drogentote, die<br />

Diebstähle, Mord und Totschlag, Betrug, Schwindlereien, Hehlereien,<br />

Kinderschändungen und noch viele mehr der alltäglich passierenden<br />

Übel- und Untaten. Leider verpufft gerade in dieser zuletzt<br />

aufgeführten Problematik den potentiellen Antagonisten der Wille des<br />

Manifestierens, in Anbetracht zwar starker aber unpersönlichen<br />

Gegnern.....zu denen sie meist selber gehören.<br />

Ein Sprichwort meint vortrefflich: „Du choc des idées jaillit la lumière“.<br />

Aber wenn eine Idee auf Ideenlosigkeit stößt, die aus purem<br />

Opportunismus oder Antagonismus entstanden ist, dann fliegen zwar<br />

Funken, wem aber wird dabei das wahre Licht aufgehen?<br />

Henri Regenwetter<br />

Wer Bäume nicht ehrt.....<br />

Eine nicht allzu ernst zu nehmende Zuschrift. (6.3.2002)<br />

Ich reihe mich als Fürsprecher ein in die Reihe der Weltverbesserer<br />

in diesem Forum für Leser, weil man Wehrlosen an den Stamm will.<br />

Straßenbäume sollen weg, so schrieb man hier des Öfteren, weil sie<br />

so manchem ‚geschickten’ Autofahrer, trotz angemessener


180<br />

Fahrweise im Wege stehen. Den Test im Slalom Fahren habe man<br />

bereits vorausschauend, vorbildlich und vorsorgend ‚con brio’<br />

bestanden. Sei aber unwirksam.<br />

Leider wird in den Wortgefechten nie genau definiert ob diejenigen<br />

Bäume gemeint sind die auf der linken Straßenseite stehen oder jene<br />

die auf der rechten Straßenseite wachsen. Ich höre den Aufschrei<br />

der potentiellen Antwortschreiber schon...dieser Gedanke sei doch<br />

komplett hirnrissig. Eben nicht! Man sollte schon differenzierter<br />

argumentieren, wozu ich mich ernsthaft bemühe.<br />

Bei allen bisher gelesenen und sicher auch ehrlich gemeinten<br />

Überlegungen hindern die absolut friedfertigen Bäume gleich viel.<br />

Woran, wird zwar nicht explizit erklärt, egal ob sie nun auf der<br />

rechten oder auf der linken Straßenseite wachsen. Man argumentiert<br />

auch keinesfalls aus rationellen Überlegungen heraus! Dabei ist das<br />

Hindern der Bäume ja nur ein passives Hindern. Bäume sind eben<br />

berechenbar, sie regen und bewegen sich ja kaum. Sie spielen nicht<br />

Verstecken. Sie tauchen nie urplötzlich auf, stehen schön in Reih<br />

und Glied. Sie rasen und überholen nicht unanständig. Sie wachsen<br />

nur da im Verantwortung bewusstem Abstand, weil einst Napoleon<br />

vorbildlich seine Truppen in deren Schatten marschieren lassen<br />

wollte. Sie spenden Schatten, markieren besonders im Winter den<br />

Straßenrand damit jeder den rechten Weg findet und nicht „über<br />

Bord“ gehen kann mit seinem Gefährt. Sie verhindern manchen Sturz<br />

in den Abgrund, auf die Eisenbahn oder in den See. Sie filtern die<br />

Abgase, bremsen den Sturm und blenden die gleißende Sonne ab.<br />

Oh, es gäbe noch mehr solche lebenserhaltende Vorteile auf zu<br />

zählen doch das führt in die Mühle der Zwiespältigen die Baum als<br />

Mörder sehen.<br />

Mich ärgert diese Attacke der Ängstlichen auf den absolut wehrlosen<br />

Begleiter des Menschen. Chateaubriand stand auf meiner Seite als<br />

er schrieb: Bäume gingen der Menschheit voraus, ihnen werden<br />

Wüsten folgen. Der Straßenbaum besonders, ist ein beispielhafter<br />

und durchaus berechenbarer Wegbegleiter des Homo sapiens.<br />

Bisher aber immer wieder übersehen von Betrachtern (mit<br />

unsichtbarem Schlitz im Ohr) sind jene unberechenbaren<br />

Verkehrsteilnehmer, die zwischen dem eigenen Gefährt und den<br />

Bäumen auf der linken Straßenseite zirkulieren. In der<br />

Umgangssprache werden sie als ´die Andern’ bezeichnet. Deren<br />

Wesensart ist keinesfalls friedlich, wehrlos und berechenbar. Doch<br />

diesen will man nicht an den Kragen, so liest sich jedenfalls die<br />

Betrachtungsweise. Wohlweislich geschieht dies, denn schließlich<br />

fährt man selber auch auf der linken Straßenseite, natürlich vom<br />

Verkehrsteilnehmer auf der anderen Seite aus gesehen. Man hält


181<br />

sich kaum an ungefährliche Abstände, wie das die Bäume tun. Die<br />

entgegen kommenden Autos mindern auch nicht Schneegestöber,<br />

sondern klatschen einem den Schneematsch quasi direkt ins<br />

Gesicht.<br />

Als potentieller Schlichter in dieser vermutlich unlösbaren<br />

Problematik mache ich folgende Überlegungen. Gegenverkehr hat<br />

demzufolge und reell gesehen etwas Gutes an sich. Der friedfertige<br />

Raser rennt statistisch gesehen seltener auf seiner linken Seite in<br />

einen Baum, weil da eben die entgegen kommenden Autos<br />

dazwischen sind und einem eventuellen Aufprall eine ganz andere<br />

Dimension verleihen. Die Bäume auf der linken Straßenseite sind<br />

also weitaus weniger gefährlich. Doch halt, ist dies nicht noch<br />

lebensgefährlicher? Besteht da nicht vielleicht doch die beste Lösung<br />

darin den Verkehr auf der linken Straßenseite gänzlich zu verbieten.<br />

(In England natürlich auf der rechten Seite). Wäre Einbahn auf<br />

Landstraßen die Lösung? Oder bleibt uns nur den Zeitpunkt ab zu<br />

warten an dem die Autos Stossstange an Stossstange fahren<br />

müssen, dann hört der ganze Spuk auf!<br />

PS.: Wahrscheinlich jedoch gibt es noch schlummernde Napoleons<br />

die alsbald aus der Versenkung auftauchen. Sie zaubern mit der<br />

rechten Hand aus gähnendem Jackett haufenweise Pläne für die<br />

dritte Spur. Schließlich haben ja die Versicherungen, Bau<strong>fir</strong>men<br />

sowie die Experten und Ärzte, Sanitätsdienst, Krankenhäuser und<br />

nicht zu guter Letzt auch die Polizei eine Daseinsberechtigung.<br />

Henri Regenwetter<br />

Dem Matzet Jäng an t’Logbuch 29 03 2002 (Wurde nicht<br />

veröffentlicht)<br />

Wei ech Dein Noruff an dem Wort gelies hun, do ass mir opgefall dat<br />

eppes ganz Wesentleches aus Dengem Lieweslâf net beschriwen<br />

ass gin Ech versichen dat hei nozehuelen.<br />

Wei ech 1948 op Uerwerkuer kom sin an bei de Scoutsgroupe<br />

St.Etienne den Posten als Gruppeschef iwerholl hun, do has Du 11<br />

Joer. Ech gesin mech nach bei Dengen Elteren dohém <strong>fir</strong> si ze<br />

iwerzégen, dat t’Scouten keng Reiberband wären an de Jong och net<br />

bei hinnen verduerwe geng gin.


182<br />

Du bass an eis Reihe kom an hues do e Bagage <strong>fir</strong> t’Liewen<br />

zesumme gedroen, den Dir ganz secher emmer erem gehollef huet<br />

bei villen Schicksalsschlei op de Bén ze bleiwen.<br />

Du bass Patrullechef gin an kruets den Num „flenk Gazell“ an Du<br />

hues dech erausgeschielt als en Mönsch dén <strong>fir</strong> all Facette vum<br />

Scoutismus an och vum komerodschaftlechen an och<br />

gesellschaftleche Liewen ze begeschtere war. Mir hun zesummen zu<br />

Uewerkuer enner der Kirch „gehaust“. Nuetspiller an<br />

Nuetswanderunge gemach, verbonnen mat Stäre kucken an<br />

Deierespueren liesen leieren, Schlofen eleng an dem Bösch, selwer<br />

eppes guddes <strong>fir</strong> sech kachen, oder ganz primitiv ausgerüst op dem<br />

Weekend campeieren gangen. Fotoe machen, Planze sammlen an<br />

Deieren dat waren e puer vun Dengen leiwsten Freizeitstonnen. Wat<br />

eng B.A. war, huet kén Dech brauchen ze froen. Du hues se stänneg<br />

virgeliewt. Démols konnst Du nach lâfen dat én sech huet misse<br />

wonneren wei schnells Du erem wars <strong>fir</strong> nemmen neischt ze<br />

verpassen. Eis Campsen waren all Joer en Erliewnes<br />

sonnergleichen. Um Tetelbierg hu mir zesummen verschidde<br />

reimesch Pötzer bis op de Fong ausgegruewen an den Nobbes,<br />

awer och den Usch waren immens Kollegen an emmer mat derbei.<br />

Sie zwein sin no deser wonnerbarer Pioneierzeit vun elauter<br />

Begéschterung an de Canada ausgewandert. Anerer aus eise<br />

Reihen hun, grad weis Du, bewiisen an fueren <strong>fir</strong>un mat<br />

perseinlechem Asatz sief et am Volontariat oder mat amtleche<br />

Chargen die se ugeholl hun am Dingscht vun der Gesellschaft..<br />

En markant Erliewnes dat mer zesummen hâten bleiwt an eiser<br />

Erennerung a soll beispillhaft weisen wei Deng Astellung an<br />

Höllefsberétschaft war. Mir hun eng 1. Klassrés am Möllerdall<br />

gemach. Eise Camp war op der Schanz an beim Scheissendömpel<br />

sollt jidderén sein égent warmt Möttegiessen brutschen. Ech soutz<br />

op engem Fiels iwer dem Scheissendömpel an hun no mengen<br />

Spaghettien gekuckt. Op émol heieren ech e märderescht Ruffen aus<br />

dem Bösch erop. Wei ech erof kucken, ass et mer schwarz virun den<br />

An gin. Ech gesin den Gast quiesch duerch de Bösch rennen, a<br />

herzbriechend jeitzen an hannenerun him en riesege schwarzen<br />

Damp. Fir eischt hun ech gemengt hien hätt Feier gefangen.<br />

Nemmen du hun ech ereischt richteg gesin dat dat kén Damp war<br />

mé Harespelen. Hien hât wahrscheinlech beim Holz sammelen an en<br />

Harespelsnascht getreppelt. Den Gast huet gejaut „Höllef, Bier, Bier,<br />

höllef“.<br />

Meng eischt Reaktioun war pur eng wonnerbar Intuition. „Laf an de<br />

Scheissendempel an t’Wasser.... jidderén höllt sein Scoutshut mat,<br />

mir kommen höllefen.“


183<br />

Mat eisen bréden groussen Scoutshitt bass och Du, den Nobbes an<br />

die aner op de Schwarm Harespelen lassgangen an mir hun se<br />

ausenaner gedriwen iwerdém mir och op den Scheissendempel<br />

lassgerannt sin <strong>fir</strong> dem Gast ze höllefen. Dén war an Töschenzeit<br />

schon bis iwer de Bauch am kâle Wasser an mir konnten du mat<br />

eisen Hitt den Harespelsschwarm verdreiwen. Du hues dichteg<br />

matgemacht <strong>fir</strong> dem Gast t’Liewen ze retten.<br />

Den Gast war iwerall vun den Harespelen gestach, besonnech beim<br />

Kolli vum Hiem, beim Usatz fun de kuerzen Ärm an just enner de<br />

Boxebén. Mei wie 70 Stech hun mir eraus geholl. Am Ufang hu mir<br />

nach de Fehler gemach an hun se teschent 2 Fangere geholl <strong>fir</strong> se<br />

eraus ze zeien. Dobei hu mer awer ereischt gemierkt dat an de<br />

Göftblosen nach Göft war an mir ereischt t’Injektioun gemach hun<br />

wei mir se wollten erauszeien. De Gast huet all Keier erbärmlech<br />

gejaut. Mir hun én dém âner eis Stech alleguerten gepleischtert an<br />

natirlech war de Rescht vun dém Dag nemmen nach mat kâlen<br />

Opschlei verbonnen. T’Touristen op der Breck wossten net wat<br />

geschitt war, bis op én dén eis geroden huet Zocker op t’Wonnen ze<br />

reiwen. A well én vun eis t’Salz mam Zocker verwiesselt hat <strong>fir</strong><br />

matzehuelen, hun mir dat Mëttel och direkt probeiert. T’Kalt Wasser<br />

huet wonnerbar verhönnert dat de Gast eis net an t’Gette gang ass<br />

vun all déne Stech.<br />

Owes soutzen mir zwar e weineg geschwollen awer schon erem<br />

monter zesumme beim Lagerfeier an hun alles durchdiskuteiert. Et<br />

ass kén hém gefuer. Dat hun mir och bei villen aneren Gelegenhéte<br />

gemach, iwer Religioun, Psychologie an iwer Natur, dem Baden<br />

Powell sei Liewenslâf. An dénen 8 Joer wou mir zu Uewerkuer<br />

zesumme konnte schaffen huet ganz secher Deng grouss<br />

Begéschterung derzou beigedroen, dat och die aner Scoutsbridder<br />

die wonnerbar Jongenzeit bis haut nach net vergies hun. Deng<br />

grouss Begéschterung ass op all Kollegen iwer gesprongen. Ech<br />

kann leider net beurtélen op dat haut och nach esou ass.<br />

Mir hun eis am Liewen sporadesch erem gesin an emmer erem hun<br />

ech musse feststellen, dats Du an Dengem Liewen nach vill mei<br />

schlemm Stëch hues missen aushâlen. Mais Du an Deng trei Frâ, Dir<br />

huet als beispillhaft a villseiteg engageiert Leit mat grousser<br />

Standfestegkét all Prouw bestanen. Ech betounen gären nach eng<br />

Keier, den Scoutismus war <strong>fir</strong> Iech dohém eng groussarteg Schoul <strong>fir</strong><br />

t’Liewen.<br />

Dein freiere Scoutsmaster.<br />

„Flappeche Bier“


184<br />

Wie Banken Geld verdienen. (1710.2002)<br />

Der Ausdruck „verdienen“ ist geläufig. Man denkt dabei an eine<br />

Entschädigung für geleistete Dienste, in Form von Lohn, Gehalt,<br />

Honorar oder dergleichen.<br />

Bei Geldüberweisungen bieten die Banken ihre Dienste an. Über<br />

Homebanking wollte ich neulich eine Rechnung im Ausland<br />

begleichen. Betrag 95 Euro. Nachdem die elektronische Anweisung<br />

gemailt war lies mich meine Bank 2 Tage später wissen, die<br />

Überweisung hätte nicht erfolgen können, weil meine Angaben<br />

unkorrekt oder nicht vollständig wären. Auf mein Konto erhielt ich<br />

eine Rückzahlung, aber nur in Höhe von 85,66 Euro. Ohne meine<br />

Einwilligung hatte die zwischengeschaltete ausländische Bank mir<br />

9,44 Euro abgezockt. Verdient hat sie meines Erachtens das Geld<br />

keinesfalls, denn die genaue Adresse des Geldempfängers war bei<br />

der Überweisung angegeben. Auch Angaben über die Bank des<br />

Empfängers. Es wäre also ein leichtes gewesen das Geld an den<br />

richtigen Mann zu bringen. Dann erst hätte man von einer<br />

Dienstleistung sprechen können.<br />

Meine Hausbank klärte mich auf. Die Bank im Ausland hätte sich<br />

selbst über mein Konto bedient.<br />

Ich hätte den Fall noch für normal gehalten, wenn die Bank im<br />

Ausland sich um ein solch hohes Honorar (elektronisch in<br />

Sekundenschnelle) verdient gemacht hätte. Geld verdienen kann<br />

man, wie jetzt zu erfahren ist, auch beim Nichtstun. Man braucht nur<br />

den Kunden wissen zu lassen: „Wir konnten den Auftrag nicht<br />

ausführen“. In dieser Bank hätte aber ganz sicher jemand zum<br />

Telefon greifen können um z.B. die richtigen Angaben an der<br />

angegebenen Empfangsadresse in Erfahrung zu bringen. Da dies<br />

aber nicht geschehen ist, kann ich diese neuartige Abzockmethode<br />

nur anprangern.<br />

Verdient gemacht hat sich die ausländische Bank also keinesfalls um<br />

diese 9,44 Euro. Verdient hat sie nur in den Bereich einer<br />

skrupellosen Handlung gestellt zu werden. Wenn solche Praktiken<br />

geläufig werden, dann werden in Zukunft noch viele Überweisungen


185<br />

einfach zum Absender zurückfließen, nicht bevor man sich mit einer<br />

entsprechenden Summe selber bedient hat. So einfach kann Geld<br />

verdient werden!<br />

Der Gedanke von Unredlichkeit wäre mir nicht gekommen, wenn ich<br />

nicht anschließend mit denselben Angaben meine Rechnung über<br />

die Postbank bezahlt hätte und zwar auch mit Homebanking und<br />

diesmal mit Erfolg.<br />

Henri Regenwetter<br />

.<br />

Steuerhydra (10 Januar 2003)<br />

Diese Bestie ist allgegenwärtig. Ihre Saugnäpfe sind bei Hinschauen<br />

zwar nicht sichtbar wohl aber empfindlich spürbar. Ihre Existenz in<br />

der Luxemburger Steuerlandschaft kann nicht geleugnet werden.<br />

Don Quixote, als untaugliches Vorbild, hat zwar vergebens versucht<br />

gegen Windmühlen anzurennen, doch in der griechischen Mythologie<br />

haben markante Helden es fertig gebracht der neunköpfigen Bestie<br />

den Kopf abzuhauen. Immer wieder aber geht es gegen den<br />

Übermächtigen. David gegen Goliath und heute wagt sich „Niemand“<br />

mit einem sehr spitzen Stift einem übermächtigen Polyphem das<br />

Auge auszustechen.<br />

Wenn der Staat Steuerschulden anhäuft gegenüber seinen Bürgern,<br />

dann ist dies nicht mehr ein Kavaliersdelikt sondern eine bereits seit<br />

Jahren andauernde, unverzeihliche soziale Ungerechtigkeit. Vor<br />

kurzem bekamen die Rentner noch einen Obolus zum<br />

Jahresschlussverkauf, doch bevor dieser Obolus in den Taschen der<br />

Empfänger landete, schröpfte der Staat bereits ungemein und<br />

gehörig ab. Hie im Rückstand um ausstehende Schulden<br />

zurückzuzahlen, dort beflissen diesen Schuldenberg noch zu<br />

vergrößern durch weiteres unrechtmäßig gewordenes Abschröpfen.<br />

Die Schulden des Staates an seiner Bevölkerung sind anscheinend<br />

bis in die Milliarden Euro gewachsen und wenn heute jemand klagt<br />

unsere Wirtschaft würde nicht mehr so recht funktionieren, dann<br />

sollte er einmal darüber nachdenken was mit diesem Geld<br />

geschehen wäre, wenn es rechtzeitig unter die Verbraucher<br />

gekommen wäre. Geschäftsleute denkt einmal darüber nach!


186<br />

Wer es aber wagt in eigener Person in den Kulissen dieses<br />

mächtigen Apparates zu forschen, wer denjenigen sucht ausfindig zu<br />

machen der die Verantwortung trägt, dass dieses Übel über uns<br />

hereingebrochen ist, dem wird kein Name offenbart. Alles Nobodies,<br />

Inkognito, Kannitverstaan.<br />

Dieses skandalöse Disfunktionnement, das sich keinesfalls hinter<br />

Gesetze verstecken kann, schreit zum Himmel. Mein Freund musste<br />

seinen Betrieb schließen, Mitarbeiter entlassen, weil einerseits die<br />

Steuer-Verwaltung (beinahe hätte ich Steuer-Vergewaltigung<br />

geschrieben) einfach so aus dem hohlen Bauch heraus geschätzte<br />

Mehrwertsteuern verlangte, auf der anderen Seite aber weder die<br />

meinem Freund geschuldeten Steuernachlässe zurückzahlte, noch<br />

auf dessen Schulden vergütete.<br />

Wie viele Leute werden zu Grab getragen ohne vorher noch selber in<br />

den Genuss ihrer zurückgezahlten Steuern zu kommen. So ergeht es<br />

den ehrlichen, den braven Leuten. Auf der anderen Seite aber<br />

schmunzeln diejenigen, die dem Staat ein Schnippchen geschlagen<br />

und ihre Steuerschulden einfach nicht bezahlt haben.<br />

Weltweit wird augenblicklich den Schurken nachgestellt. Was aber<br />

geschieht in Luxemburg?<br />

Nein, man kann nicht geduldig zusehen, wie die Gutmütigkeit vieler<br />

Bürger missbraucht wird. Es ist an der Zeit dass dieses System der<br />

Besteuerung geändert wird. Anstelle dass der Bürger im Voraus<br />

automatisch geschröpft wird, wäre es weitaus gerechter, wenn man<br />

es gar nicht auf eine Rückzahlung an den Bürger ankommen lässt,<br />

sondern erst nach Vorlage der Steuererklärung festlegt, was der<br />

hilflose Wicht dem Vater Staat anschließend noch zu entrichten hat.<br />

Damit würde die entstandene persönlich Last zu einer Last, die<br />

verteilt wird auf alle Staatsbürger und die mit perfekteren Mittel<br />

eingetrieben werden könnte. Ich schlage vor, dass man polizeilich<br />

und gerichtlich gegen das automatische Abzocken vorgeht,<br />

wenigstens solange wie die aufgelaufenen Schulden noch nicht<br />

getilgt sind!<br />

In Anbetracht der durch dieses Schreiben möglich gewordenen<br />

persönliche Unsicherheit unterschreibe ich diesen offenen Brief mit<br />

einem hellenischen Pseudonym, aber ich bin sicher dass die Liste<br />

derjenigen, die sich in ähnlicher Weise vom Staat geprellt fühlen<br />

einige Seiten dieser Zeitung füllen würde.<br />

Niemand.


187<br />

Pisa ass nach lâng keng Pizza. . ( 28.<strong>2.</strong>2003)<br />

Ech well hei guer kén pisacken. Och net de Spriecher vum Heierlei,<br />

wann ech hien op eng pisa - esch Defizienz opmierksam machen.<br />

Hien huet deser Dég gemengt t’Scouten an t’Guiden hätten hiert Fest<br />

zu Nei Haischen. Betount huet hien dât wéi wann en „aus dem<br />

Haischen“ wir oder presseiert mat enger Zeitung am Grapp geng<br />

iwer den Haff goen, bei dât Haischen. Dobei wossten opmierksam<br />

Nolauschterer secher dat t’Betounung op Nei sollt leien.<br />

Elementart Wössen ass besonnesch gefrot fu Leit die virun e Mikro<br />

vum elektronesche Wantergart geloss gin. „Kuckt emol bei eis eran“<br />

rôden sie eis, vergiessen awer dat mir mierken wann hieren Hummer<br />

de Kapp an net den Nôl trëfft. Sie hun och vergiess dat sie eigentlech<br />

do sin <strong>fir</strong> Norichten matzedélen. Hier perseinlech Usichten derzou,<br />

meiglecherweis emol net an hierem Gaard gewuess, sin guer net<br />

erwönscht an hänken nawel gäre schief, wie den Turm zu Pisa.<br />

Duerch desen aktuellen Ustouss muss ech nach beiflecken dat die<br />

Onmass vun „Pisaner Gesäng“ an den Medien én esou lues mief<br />

machen. Dem Ezra Pound seng „Cantos“ (zum Dél am Prisong zu<br />

Pisa geschriwen) sin <strong>fir</strong> muncherén gewëss besser ze verstoen.<br />

Hiren Auteur ass bâl 40 Joer dout. Sein Wierk e Klassiker.<br />

T’Pisastudie Nr.1 get dât nie, obschon sie sech mat Schoul - klassen<br />

beschäftegt. Opgepasst, et fonktionneiert wie bei der Evolutioun vun<br />

engem Virus. Pisa Nr. 2 ass nämlech schon am Gang herrlech an<br />

t’Knäpp ze dreiwen, secher <strong>fir</strong> elo ze weisen dat net grad alles wat<br />

mat Pisa Nr. 1 zesummen hängt, schief stét. Wahrscheinlech awer<br />

nemmen <strong>fir</strong> de Beweis ze erbrengen, dén schon emol als<br />

widderluecht erwisen ass. Mir zerrieden einfach alles an domadden<br />

gin mir endlech vleicht dér onendlecher awer peinlecher Diskussioun<br />

erem lass.<br />

Pisa huet e gesôt, a Pizza gouf e verstanen.<br />

Henri Regenwetter<br />

Hin- und her gerissen durch ungenügend Wissen (14.4.2003)<br />

Ich hoffe und wünsche es mir inständig, dass viele mitgelaufene<br />

Demonstranten jetzt auch wissen, dass 200.000 Familienangehörige<br />

im Irak in den 12 letzten Jahren wie vom Erdboden verschwunden<br />

sind und man viele von ihnen vielleicht noch lebend in den


188<br />

Gefängniszellen unter einer betonierten Strassendecke im<br />

Grundwasser des Tigris vermutet. Die Zahl der Opfer in diesem Krieg<br />

steht ganz sicher in keinem Vergleich zu den vorangegangenen viel<br />

tausendfachen Gräueltaten des Regimes. Ich hoffe, dass weitere<br />

ehemalige Demonstranten besonders die Studenten und ihre Lehrer,<br />

die das ernüchternde Pisaerdbeben erlebt und jetzt auch erfahren<br />

haben, dass Millionen Kurden aus Kirkuk und Mossul aus ihrer<br />

angestammten Heimat vertrieben wurden und seit Jahren viele von<br />

den Schergen Saddams verfolgt in Naturhöhlen und Erdlöchern<br />

vegetieren mussten. Erinnerungen an die Deportationen im letzten<br />

Weltkrieg werden wach. Tausende die sich gegen Saddam<br />

auflehnen wollten starben unter dessen reell existierenden<br />

Giftgaswolken. Ich hoffe dass spätestens jetzt unter den<br />

Nachdenklichen ein Besinnen stattfindet und manch einer muss sich<br />

heute die Frage gefallen lassen ob er heute, nach besserer Einsicht,<br />

noch immer bereit wäre zu demonstrieren für einen fortgeführten,<br />

vorgegaukelten und imaginären Frieden unter Saddams<br />

Schreckensherrschaft. Ungewollt wurde Saddam in der<br />

Schlussphase seines grausamen Treibens von so genannten<br />

friedliebenden Menschen aufgemuntert, sein grausames Spielchen<br />

gnadenlos weiter zu führen. Wie unermesslich schrecklich.<br />

Die einstigen Verbrecher an der irakischen Nation haben sich jetzt<br />

klammheimlich abgesetzt, sind untergetaucht und das irakische Volk<br />

musste absolut unnützerweise die Konsequenzen eines durch<br />

Saddam allein verschuldeten Waffenganges der einzigen Weltpolizei,<br />

die dazu imstande war, über sich ergehen lassen. Das Wohlergehen<br />

des Volkes war ihm und seiner Bande völlig schnuppe. Vergeblich<br />

ließ er auf jene zielen, die nicht auf die Befreier zielten.<br />

12 Jahre haben die UN diesem unseligen Drama tatenlos<br />

zugeschaut. Der 11 September jedoch hat die Menschheit in ihren<br />

Grundfesten erschüttert und aufgerüttelt. Wer hätte denn gewollt mit<br />

einem Protestgang zu bewirken, dass ein Überleben dieser<br />

Ausgeburt der Unmenschlichkeit noch hinaus gezögert werde. Die<br />

UNO ist ein zusammen gewürfelter Haufen von Politikern die macht-<br />

und tatenlos zuschauten wie das irakische Volk dahinsiechte,<br />

ausblutete. Diese Einstellung und ihre eigene Unfähigkeit wurden im<br />

jetzigen Augenblick wiederum unter Beweis gestellt. Es würde mich<br />

nicht wundern, wenn jetzt jede Hilfe von Seiten der<br />

Völkergemeinschaft UNO vom irakischen Volk trotzig abgelehnt<br />

würde, weil es sich allzu lange im Stich gelassen fühlte. Es wäre<br />

auch hoch interessant im Detail die persönlichen Interessen zu<br />

erfahren die jeder einzelne Vertreter in diesem höchsten Gremium<br />

vertritt und verteidigt. Um die Unfähigkeit der UNO zu beweisen


189<br />

verweise ich auf die vielen Dutzend weiterer Länder die weltweit<br />

noch den Drangsalen eines Krieges ausgesetzt sind.<br />

Die Berichterstattung hat uns manches bei- und in bittere Erinnerung<br />

an den letzten Weltkrieg gebracht. Bluff, Lügen, Unterstellungen,<br />

Verdrehungen der Tatsachen, falsche Anklagen, Grausamkeiten und<br />

immer wieder in Ermangelung von ungetricksten Berichten wurden<br />

Blutlachen, wie in Krimis mit schlechtem Geschmack, vor Augen<br />

geführt. Ob diese von Tieren oder von Menschen stammten wurde<br />

niemals hinterfragt, nur Tod und menschliches Elend suggeriert.<br />

Gefälschte Zeugenaussagen, die klassischen Eigenschaften einer<br />

unehrlichen Berichterstattung geprägt von Sensationslust und<br />

Gewaltschilderungen waren und sind noch immer an der<br />

Tagesordnung.<br />

Nachdem Saddams Berater Amir el Sadi (der mit einer deutschen<br />

Frau verheiratet ist und abwechselnd in Bagdad und in Hamburg<br />

lebte) sich in einem strategischen Schachzug den Siegermächten<br />

ergeben hat, ist man verleitet dessen Aussagen absoluten Glauben<br />

zu schenken, dass in Wirklichkeit keine Massenvernichtungswaffen<br />

(mehr?) im Irak zu finden sind. Das Gezeter wird jetzt erst recht<br />

weiter gehen, dass die Amerikaner diese Schreckenswaffen nur als<br />

Vorwand benutzt hätten um den Waffengang zu rechtfertigen. Um<br />

die menschlichen Schicksale kümmern sich dabei nur noch sehr<br />

wenige. Die ergreifenden Freudenschreie, die in Tränen<br />

ausbrechende Iraker weil sie nun endlich von diesem Moloch befreit<br />

sind, dürfte doch endlich zur realitätsbezogenen Besinnung führen,<br />

dass diese Wohltat an einem kulturell so hoch stehenden Volk,<br />

schon eine äußerst humane Berechtigung hatte. Die lang ersehnte<br />

Freiheit kann zwar nicht all die geschlagenen Wunden heilen, wird<br />

aber allen Irakern das wunderbare Gefühl geben endlich auch einmal<br />

unter demokratischen Verhältnissen für all mögliche Wünsche<br />

demonstrieren zu können und dass das Morden der eigenen<br />

Herrscher ein Ende gefunden hat.<br />

Die Berichterstattung im Fernsehen war eine Gewichtsklasse für<br />

sich. Wer zappen wollte und die verschiedenen Sprachen versteht,<br />

der hat ganz sicher, wie es auch mir passierte, manchmal daran<br />

gezweifelt von welchem Krieg auf den einzelnen Kanälen berichtet<br />

wurde. Jetzt wissen wir welche menschenverachtende<br />

Massenvernichtung in den letzten 20 Jahren unter der<br />

Regimeherrschaft Saddams stattgefunden hat. Auf welcher Seite<br />

die Lügner und Betrüger sitzen, konnte jeder Zuschauer mit eigenen<br />

Ohren ganz krass erfahren. Ich erinnere dabei an die theatralische<br />

Kriegsberichterstattung des irakischen Kommentators zur täglichen<br />

Lage.


190<br />

Erbärmlich tendenziös waren dabei leider die meisten persönliche,<br />

besserwisserische und stümperhaften, Kommentare mancher der<br />

europäischen Sprecher. In diesem Kontext haben die Sendungen in<br />

Luxemburger Sprache beispiellos dazu beigetragen ganz unobjektiv<br />

und bewusst in rhetorischer Hetze gegen die Amerikaner zu<br />

schwelgen. Man hat sogar den Versuch unternommen die jetzige<br />

Regierungsriege in Verruf zu bringen. Es war immer wieder<br />

erstaunlich die unwidersprechbaren Beilagen von diversen<br />

Sprechern zu vernehmen, wenn den Korrespondenten im Irak (wie<br />

oft geschehen) der Stoff ausgegangen war. Erfreuliche Ereignisse<br />

wurden zumeist in Wort und Bild unterdrückt und nicht auf allen<br />

Kanälen gesendet. Dann musste die Phantasie der Leute am<br />

Schaltpult herhalten um die Zuhörer zu berieseln mit bereits<br />

archivierten Bildern, mit übertriebenen rein persönlichen Füllsel, mit<br />

Dämonisierung der Soldaten, je nach moralischer Einstellung und<br />

ohne jedes Verantwortungsgefühl der Sprecher. Kein Wunder dass<br />

bedeutende Leute wie der nicht unumstrittene Peter Scholl Latour die<br />

deutsche Berichterstattung mit der in schlimmsten Zeiten verglich.<br />

Es ist tragisch feststellen zu müssen wie man geistig in ein ganz<br />

besonders simplistisches Denkschema gepresst werden sollte, in<br />

welchem die amerikanischen Soldaten für alles beschuldigt werden<br />

können. Wie einfach wäre es doch gewesen den Irak ohne Gefecht<br />

zu öffnen um den Soldaten widerstandslos die Möglichkeit zu geben<br />

die schier unrealisierbare Aufgabe eines Häufleins von Inspektoren<br />

schnellstens zu vollziehen. Dazu haben keine Demonstranten<br />

aufgerufen. Hat General Amir el Sadi dies je versucht???<br />

Ich erinnere an die vielen Tausend Deserteure, welche im letzten<br />

Weltkrieg trotz allgegenwärtiger Polizeimacht ein Versteck gefunden<br />

hatten in ganz Europa. Sogar deren nicht ungefährliche Ernährung<br />

und seelische Betreuung wurde nicht aufgedeckt!! Manche Politiker<br />

der EU waren aber unfähig diesen simplen vergleichenden<br />

Gedankengang zu vollziehen. Sie hätten sich dabei vorstellen<br />

können wie viel tausendfach einfacher es doch sei eventuelle<br />

chemische oder bakterielle Massenvernichtungswaffen im<br />

Wüstensand zu verstecken. Die Zukunft wird uns womöglich die<br />

wahre Sachlage vermitteln, warum man weltweit potentielles<br />

zusätzliches Leiden der Iraker in Kauf nehmen wollte.<br />

Ein Wort noch zu den Drei, die jetzt in St. Petersburg allen Ländern<br />

Europas zeigen wollten, dass für diese neue europäische Achse die<br />

Kleinstaaten Europas absolute Quantité négligeable sind. Mit einem<br />

Zynismus sondergleichen betonen diese drei Machthaber immer<br />

wieder, dass die UNO allein für den Wiederaufbau im Irak zuständig


191<br />

sei. Einer von ihnen aber widersetzt sich selber mit denselben<br />

markigen Worten noch immer den Wünschen derselben UNO für die<br />

er vorgibt ein zu treten und zwar in Tschechenien. Nachtigall ich hör<br />

dir tapsen. Da wird Augenwischerei auf höchster Ebene betrieben<br />

und es werden Geschäfte gewittert. Und wiederum zeigt es sich,<br />

dass diese UNO, wie auch die EU absolut unzuverlässig und fast<br />

immer handlungsunfähig sind. Sie müssen sich die Kritik gefallen<br />

lassen auch jetzt wiederum unvorbereitet gewesen zu sein um im<br />

Irak das Heft überhaupt noch nicht in die Hand genommen zu haben<br />

für die Nachkriegszeit. In allen Ecken war man überrascht und<br />

erstaunt über den schnellen und relativ harmlosen Verlauf dieser<br />

Polizeiaktion. Manchmal klang unterschwellig im ganz besonderen<br />

Unterton der Betrachtungen die Meinung durch als ob man den<br />

Amerikanern diesen schnellen Erfolg überhaupt nicht gönne. Wer<br />

erinnert sich dabei noch an den millionenfachen Exodus und die<br />

Hunderttausende von Toten und Verletzten, die von so genannten<br />

Experten mit Feuerzeichen an die Wand georakelt wurden. So einen<br />

kurzen Feldzug in 3 Wochen hätte keiner sich vorgestellt. Und das<br />

erklärt auch die Häme mancher Ansager. Weder politische noch<br />

ökonomische Hilfe von Seiten der UNO wurde vorsorglich<br />

bereitgestellt oder eingeleitet. Das spricht Bände und muss<br />

wahrscheinlich in aller Träg- und Zerstrittenheit erst durchdiskutiert<br />

werden, womöglich bei Kaviar, Trüffeln und deutschem Sekt! Schämt<br />

euch, ihr scheinheiligen Welt Verbesserer. Dieser Krieg hat mir das<br />

letzte Vertrauen in eure ganz sicher nur auf dem Papier existierende<br />

Repräsentativität genommen. Ich muss mir weiter zuhören wie die<br />

indoktrinierten Sprecher der jeweiligen Regierungen (wer hat ihnen<br />

bloß den Posten am Mikrofon beschaffen?) immer nur die Alliierten<br />

für alle Nebenerscheinungen dieses Befreiungskampfes<br />

verantwortlich machen. Wassermangel, Elektrizitätsmangel,<br />

Ordnungsmangel, Schuld an den Banditen die nicht vor<br />

Plünderungen zurückschrecken. Schuld am Ärztemangel, die vor den<br />

Invasoren geflohen sind. Macht nur weiter so mit den erbärmlichen<br />

Verteufelungen und Schuldzuweisungen. Die globale Anarchie wird<br />

uns möglicherweise dann recht bald einholen und wir werden<br />

alsdann schutzlos vom wahren Geist der so manipulierten und<br />

vermeintlichen friedliebenden Massen eingeholt.<br />

Henri Regenwetter<br />

Eine schöne Bescherung. 26 12 2003 (nicht veröffentlicht)<br />

Luxembourg per Hubschrauber. Alle Ortschaften des<br />

Grossherzogtums seien abgelichtet, das verspricht man. Wenn man


192<br />

aber dabei angibt es seien nur 470 Luftbilder zu sehen, dann müssen<br />

sich noch etliche Ortschaften in der Luft aufgelöst haben, denn es<br />

gibt in Luxemburg mindestens 100 weitere Ortsnamen, die hier nicht<br />

aufgeführt werden.<br />

Ja, das ist meine Weihnachtsbescherung, die ich kurz vor den<br />

Festtagen im Bücherladen selbst aussuchte. Es war das letzte<br />

Exemplar das ich erwischte, selbstverständlich noch schön im<br />

Celluloideinband, also keine Möglichkeit bietend den Inhalt zu<br />

bemustern. Ich musste den Blindflug wagen. Am <strong>2.</strong> Weihnachtstag<br />

also packte ich den Schmöker auf den Tisch und begann die Bilder<br />

von Rol Schleich und seinem Team zu bewundern. Hell begeistert<br />

musterte ich die ersten Bilder. Endlich, fast wie der liebe Gott,<br />

konnte ich gemächlich herabschauen auf all die Dörfer und Städte<br />

unseres Landes. Zu über 90% all dieser Ortschaften habe ich einen<br />

Bezug, bin schon mal vorbei gekommen, sei es bei Wanderungen,<br />

sei es bei Verwandtenbesuchen, bei der Ausübung meiner<br />

Vereinstätigkeiten, sei es in meiner Funktion als Juror bei dem<br />

nationalen Wettbewerb „Schein Dierfer a Stied“.<br />

Ich versenkte mich ins Detail. Da wohnten Verwandte, da Bekannte,<br />

dort schaute ich mir die ökologische Verschandelung - lies die<br />

planlose Zersiedelung - an, dort den Verlauf eines natürlichen<br />

Wasserlaufes und wieder auf einem anderen Bild die geplante<br />

Streckenführung der vorliegenden Strassenbauprojekten. Zu all<br />

diesen Betrachtungsmöglichkeiten muss ich bekennen, dass ich<br />

wirklich noch nie so intensiv alle, aber auch alle Bilder gründlich,<br />

auch unter die kritische Lupe genommen hatte.<br />

Meine totale Begeisterung für dieses Buch erlitt leider Schiffbruch als<br />

ich auf den letzten Seiten meinen Wohnort „Zolver“ suchte. Ich fand<br />

zwar ein Bild, leider aber war es das von Beles (Belvaux). Den<br />

„Zolver Knapp“, ein Eckpfeiler der Luxemburger Geschichte, bekam<br />

ich nicht zu Gesicht. Dabei verspricht das Buch keinesfalls mit<br />

Bescheidenheit, dass es alle Ortschaften des Grossherzogtums<br />

zeigt. Da wurde auf einmal mein Suchen gezielter, kritischer. Die<br />

Ortschaft Rodange (ich konnte das Haus meiner Kindheit nicht<br />

ausmachen) erscheint etwas fern im Nebel und vorne im Bild eine<br />

grosse Industriebrache, ohne Relevanz. Da vermisste ich den Fonds<br />

de Gras, den man immer noch falsch wie „foi gras“ betont, mit dem<br />

berühmten Titelberg auf dem ich einen <strong>Teil</strong> meiner Kindheit verbracht<br />

habe. Auch Kirchberg, mit speziell der Coque vermisse ich, Cents<br />

und gegenüber das Gebiet mit den Militärfriedhöfen, die<br />

Industriezone von Contern sowie Weimerskirch hätten ebenfalls<br />

besser vertreten sein können. Ob da überhaupt ein „Dreh“ buch mit<br />

Ansicht und Blickwinkelführung erstellt worden war?


193<br />

Vergeblich suchte ich die Partie vom Findel auf welchem der<br />

Golfplatz liegt, mit dem oberen <strong>Teil</strong> von Kirchberg. Ich hoffte<br />

ebenfalls einen Blick herab auf Berg und die Satellitenstationen<br />

werfen zu können. Wurde die Station aus strategischen Gründen…?<br />

So könnte man weiter fahren beim Niederschreiben von<br />

Verbesserungswürdigen Zutaten. Nun, ich habe meine Bescherung<br />

jetzt. Und was wäre wenn ich wie man es dem Leser versprochen<br />

hat, eine Vergrösserung von Zolver bestellen und daraufhin ein Foto<br />

von Beles erhalten würde?<br />

Trotzdem gratuliere ich für die Glanzleistung diese Initiative erfasst<br />

zu haben, die bisher eine Lücke in der geographischen Erfassung<br />

unseres Landes schliesst und zeigt, dass wir ein bewundernswertes<br />

Land als Heimat haben, das es unbedingt unter allen Aspekten zu<br />

schützen würdig ist. Im zweiten Anlauf lässt sich manches verfeinern!<br />

Henri Regenwetter<br />

Poesie<br />

Die Warte - Jahrbuch 1957 - Kleine Anthologie<br />

Auf Siegberath -<br />

Phantasie in vier Bildern.<br />

Küste<br />

Ebbe<br />

Sonne<br />

Wind.<br />

Ein Kiel ruhet tief im Sand.<br />

Der Fischer lehnt an des Bootes Wand.<br />

Zerschmettert das Ruder,<br />

Zersplittert der Mast,<br />

Zerfetzt alle Segel,<br />

So ließ es der Sturm zurück.<br />

Im Dünengras spielet ein leichter Wind.<br />

Die Möwen zieh'n stumm.<br />

Zwei Wolken am Himmel<br />

Eilen seltsam vom Meer über's Land.


194<br />

Am Horizont gleitet ein Schiff,<br />

Es streben die wuchtigen Maste,<br />

Die Segel gebläht, in das blaue Firmament.<br />

Über die Wellen<br />

Gleitet ein trauriger Blick,<br />

Dem sich gesellen<br />

Gedanken ans Meer und ans Glück.<br />

Bald rauschen die Wellen<br />

Und laden zum Tanz.<br />

Nur einmal hinaus noch<br />

In untüchtigem Boot<br />

Als trauriger Schiffer<br />

Ohne Ruder<br />

Ohne Mast<br />

Ohne Segel.<br />

Da regt sich die Flut.<br />

****<br />

Küste<br />

Sonne<br />

Wind.<br />

Näher rollen die Wellen,<br />

Wühlen nun steter im heißen Sand.<br />

Bald steigen sie höher empor,<br />

Lechzen am Boot,<br />

Umzittern den Kiel,<br />

Verleihend den Planken wild sprühenden Glanz.<br />

Schon funkeln die ehedem traurigen Augen<br />

Mit jeglicher Welle schlägt höher das Herz<br />

Und eisern Hände<br />

Verkrampft in die Loten<br />

Erwarten voll Sehnsucht<br />

Das Rauschen der Flut.<br />

Es bebt schon das Boot,<br />

Das Holz sauget gierig am nass,<br />

Das Wasser rauscht<br />

Es brauset die Flut<br />

Die Brandung tobt unter den Füssen dahin.<br />

Im Dünengras tanzen die Wellen.


195<br />

Die Möwen schrei'n,<br />

Ein erfreuender Schrei voller Sturm.<br />

Zwei Wolken steh'n seltsam über dem land.<br />

Siegberath<br />

Ohne Ruder<br />

Ohne Segel<br />

Ohne Mast,<br />

Schaukelt den einsamen Fischer ins Glück.<br />

****<br />

Meer<br />

Mondlicht<br />

Wind.<br />

Grundige Wellen.<br />

Wolken sich bälkend über dem Land.<br />

Als dunkeler Streifen<br />

Die Küste versunken im Meer.<br />

Die Finsternis steigt aus den Wassern.<br />

"Schneller der Wind<br />

Höher die See",<br />

Ergellen den Glanz seiner Augen.<br />

Die glücklicher strahlen auch<br />

Ohne Ruder<br />

Ohne Segel<br />

Ohne Mast,<br />

Auf Siegberath!<br />

Schon wiegt ihn das Meer<br />

In den betörenden Symphonien der Nacht.<br />

Sturm<br />

Peitschende Brecher<br />

Schlagen keck über die Loten,<br />

Es kränget und trimmet<br />

Es kracht in den Schotten,<br />

Der Fischer starrt glücklich hinaus.<br />

Die Faust am zerbrochenen Steuer,<br />

Lauscht wie ein Wiegenlied<br />

Den rollenden Donner,<br />

Sieht wie ein Feenbild<br />

Der Blitze gleißende Schnelle.<br />

Glücklich, zufrieden im wütenden Element<br />

Sehnsüchtig erflehend die Macht


196<br />

Des Gewitters,<br />

Des Sturmes,<br />

Der Nacht.<br />

****<br />

Der Tag bricht an.<br />

Küste<br />

Ebbe<br />

Sonne<br />

Wind.<br />

Die Siegberath zerschmettert im Sand.<br />

Kein Ruder<br />

Kein Mast<br />

Keine Segel.<br />

Kein Fischer lehnt an des Bootes Wand.<br />

So ließ es der Sturm zurück.<br />

Henri Regenwetter<br />

*<br />

Bambusrohr<br />

Vorbild<br />

Schatten spendest Du im Hain.<br />

Lispelnd, schwebend auf der Brise.<br />

Beugst graziös Dich noch im Sturm.<br />

Dienend selbst<br />

Nachdem erstarrt<br />

Des Lebens Saft.<br />

*<br />

Tritt ein.<br />

In den Garten mein.<br />

Labe Dich,<br />

Ergötze Dich<br />

Schaue, staune,<br />

Wundre Dich.<br />

Pflanzen wollen Freunde sein.


197<br />

Spendest Schatten einst im Hain,<br />

Lulltest uns beim Träumen ein<br />

Beugtest Dich dem stärksten Sturm.<br />

Menschen Hand liess Dich erstarren<br />

Nach dem Tod noch dienst ihm würdevoll.<br />

*<br />

Blauer Rittersporn<br />

Allzu kurz nur recken sich die blauen Pauker<br />

Solisten gleich, im Chor der farbenfrohen Bläser.<br />

Sie überragen aller Beete höchste Form.<br />

Allzu kurz nur sind mir dieser Muse Küsse<br />

Ich lausche, staune, wage kaum zu schwärmen<br />

Vom Glück, umarmt von deren blauen Woge.<br />

Aufstrebt sie bis hin zum Dach der Welten<br />

Sich schmiegend an azurne Ammen<br />

Lechzend der Wolken Nass, das ihre Dürste stillt.<br />

Allzu kurz nur trommeln mir die blauen Pauker<br />

Ihr Notenblatt zu rasch vergilbt.<br />

Die Noten tropfen,<br />

von Immen hoch geschwängert.<br />

Rhapsodie in Rittersporn.<br />

HaeR 18.7.99<br />

*<br />

Dem geschiedenen Freund.<br />

(Frinn Nürnberg)<br />

Ach Freund,<br />

Dein Schritt ist nun verhallt,<br />

In dumpfer Nacht;<br />

Wo die Sterne nach Dir riefen,<br />

Wo bald Dein Schritt<br />

Wie Harfenton im Traum erklingt,<br />

Wo die blutende Saite wieder singt,


198<br />

Wo der verschüttete Jugendquell<br />

Kristallklar von neuem sich ergiesst,<br />

Wo Erdenglück in andrer Fülle fliesst.<br />

Ach Freund,<br />

Dein Blick ist nun verblasst,<br />

In dumpfer Nacht;<br />

Wo die Sterne hoffnungsvoller glänzen<br />

Wo Finsternis der ew'gen Sonne weicht,<br />

Wo Gold der Ackererde gleicht,<br />

Wo Deine Augen sich<br />

An Gottes Herrlichkeit erbauen.<br />

Ach Freund,<br />

Verstummt Dein Mund,<br />

Verklungen Dein frommes Lied,<br />

In dumpfer Nacht;<br />

Wo die Sterne leise flüstern,<br />

Wo Künstlerhände Orgellieder beten,<br />

Wo Engelstimmen Deine Lieblingsweisen singen.<br />

Wo nicht die Seelen für den Frieden ringen,<br />

Dahin o Freund, führt Dich der Weg,<br />

Der Dich von Deinem Leiden löste.<br />

Zeige ihn mir<br />

Wenn einst in dumpfer Nacht<br />

Die Sterne nach mir rufen,<br />

Damit ich wieder zu Dir finde.<br />

Henri Regenwetter<br />

*<br />

Den Banausen<br />

Hat jemand sich ein Licht gestellt,<br />

Das seine dunkle Nacht erhellt,<br />

Erwachen oft und leider,<br />

Im Freundeskreis, die Neider.<br />

Da reget sich ihr feiner Sinn,<br />

Führt sie zu dem Bekenntnis hin,<br />

In allen was sie nicht verstehen,


199<br />

Nur Eitelkeit und Trug zu sehen.<br />

Ihr fühlet nicht in euch die Kunst<br />

Der Musen Murmeln, ihre Gunst,<br />

Die Sterne, die im Innern kreisen<br />

Und euch die schöne Bahn nicht weisen.<br />

Gedichte sind gezeugte Kinder,<br />

Der Seele trübe Spiegelbilder<br />

Und nur die elend Bilderlosen<br />

Können mit solchem Schmähen tosen.<br />

H. Reger<br />

Das Untergehölz: Auch uns gehört der Sonne Licht<br />

Das sich in euren Kronen bricht,<br />

Doch wenn euch Riesen es gesegnet<br />

Nur Dämmerlicht nach unten regnet<br />

*<br />

Auch uns durchdringt des Lebens Lust<br />

Wir schmachten an erschlaffter Brust<br />

Ihr hohen Stämme tragt die Schuld<br />

Dass welk wir stehen, ohne Huld.<br />

Die Ungleichheit sei abgeschafft<br />

Denn uns gebührt dieselbe Kraft<br />

Und sind wir einmal alle gleich<br />

Dann gibt es weder arm noch reich<br />

Die Buchen: Glaubt ihr das wäre jedem recht?<br />

Wer wäre Herr dann und wer Knecht?<br />

Quellen sich nur ins Meer ergießen<br />

Wenn Bäche ineinander fließen.<br />

Nur einer wird was viele Schaffen<br />

Nie sollte dieser Geist erschlaffen.<br />

Denn strömt die Ader hin und her<br />

Ergießen Ströme sich ins Meer.<br />

Hier schöpft die Urkraft ihre Mengen<br />

Um Feld und Wälder zu besprengen.<br />

Aufs Neue fließt die Wunderquelle<br />

Führt aller Kraft in ihrer Welle.


200<br />

So fügt sich’s auch in diesem Wald<br />

Man strebt nach Dasein und Gestalt<br />

Des Lebens Sinn nur liegt im Streben<br />

Das darf es keine Gleichheit geben:<br />

Wo läge denn des Efeus Ziel,<br />

Wenn ihm nicht unser Stamm gefiel?<br />

Das Untergehölz: Und doch nennt ihr es Parasit.<br />

Wir kommen nur zu dem Fazit<br />

Euch singt man stets das Hohelied<br />

Wir sind unnützes Kettenglied.<br />

Die Buchen: Wer ist es der solch Hymnen singt?<br />

Ein Streben, das in jedem klingt<br />

Und allen ist dies Gut gegeben:<br />

Zu schaffen, wirken, so zu leben,<br />

Dass jeder Schritt hallt voller Wonne<br />

Ob in dem Schatten, in der Sonne.<br />

Henri Regenwetter<br />

Nur darin fließt des Lebens Saft<br />

Was die Ungleichheit strebend schafft.<br />

*<br />

Die Mühle<br />

Sie klapperte einst,<br />

doch heute nicht mehr<br />

Der Bach rauschte einst<br />

Heut fliesst er gebändigt daher.<br />

Heut weckt sie Nostalgie<br />

Man spricht von Romantik,<br />

Auch das alles stimmt nicht mehr<br />

Sie sind restauriert<br />

Die geballten Kräfte von Wasser<br />

Und Erfindungsgeist des Menschen.<br />

Ihr Alterungsprozess wurde gebremst<br />

Restauriert.<br />

Ich wünschte, der menschliche Geist<br />

Könnte ebenfalls restaurieren,<br />

was Herz als Mühle und Blut als rauschenden Bach<br />

zu einem ebenso kraftvollen Produkt macht.


201<br />

Symbole.<br />

Bäche<br />

Räder,<br />

Rauschen.<br />

Klappern<br />

Ewig, so der Mensch dies will.<br />

Lebenssaft<br />

Der Puls des Lebens<br />

Schlaget länger<br />

So ein Gott das will.<br />

Das wünschen Ihnen<br />

von ganzem Herzen<br />

Henri und Lony.<br />

Symbolik<br />

Bäche,<br />

Räder,<br />

Rauschen,<br />

Klappern,<br />

Ewig.<br />

So der Mensch es will.<br />

Lebenssaft<br />

Der Puls des Lebens<br />

Strömet<br />

Rauschet<br />

Immer länger.<br />

Ist des Menschen emsig Ziel..<br />

Wünsche für das kommende Jahr 2000<br />

Henri und Lony Regenwetter.<br />

Bad Urach 1999<br />

*<br />

Doktor Schiwago<br />

Wie einen Schiffbrüchigen


202<br />

Lotste man Dich an den saugenden Fängen der Charybdis vorbei<br />

Hinaus in die sanft sich kräuselnde friedliche See.<br />

Du flohest die glühende Morgensonne<br />

Die drohend den freien Himmel zu entflammen sich erdreist<br />

Um Dich zu erquicken in den kühlen Gefilden des Abends.<br />

Die erschlafften Segel<br />

Blähten sich allsogleich und Pegasus beflügelte die Bugwellen<br />

deines Flosses<br />

Als Nagaika Dein Heimatgestade zu peitschen.<br />

Du warst vielen fremd,<br />

Doch jene die Dein blutbeflecktes Antlitz geschaut,<br />

Nahmen Dich auf, wie einen alten Freund und Du wardst ihnen zum<br />

Held.<br />

Dein Name kam in aller Mund.<br />

Von Millionen Kehlen besungen strömte er zurück durch des Äthers<br />

Wellen<br />

Um an den rauen Giebeln Deiner Penaten zu zerschellen.<br />

Ein Glücksstrahl flammte in unsern Augen,<br />

Als irrsinnig abgeschossene Pfeile die säuselnden Lüfte teilten,<br />

Die man Dir nachjagte um Deine Sternengeburt zu verhindern.<br />

H. Reger.<br />

(LuxWort)<br />

*<br />

Erlahmte Schwingen<br />

Mit Rosenfingern Musen flocken,<br />

Der Sonne Strahl in unser Herz,<br />

Und froher Klang der Windesglocken<br />

Entführt uns Gaukler himmelwärts.<br />

Gehorchend jenen Zaubertönen,<br />

Verkläret sich der Seele Blick,<br />

Entfliehet den mondänen Strömen<br />

Und weitet sich am Sonnenblick.<br />

Doch ist's als ob die Zauberkräfte<br />

Bemessen seien zu dem Flug,


203<br />

Als ob der Sehnsucht Traumessäfte,<br />

Gebrauet seien zum Betrug.<br />

Kaum lauschen wir den Nektarlippen,<br />

Kaum ist des Herzens Bild umrahmt,<br />

Heult schon die Brandung aus den Klippen,<br />

An denen unser Flug erlahmt.<br />

Noch wuchtiger der Sog der Wellen,<br />

Zieht uns ins Meer des Leid's zurück,<br />

Aus allen Buchten Nebel quellen,<br />

Verschleiernd uns den letzten Blick.<br />

H. Reger<br />

(LuxWort)<br />

*<br />

Gitarre<br />

Hüpfet lustig meine Finger<br />

Auf den Saiten voller Schwung,<br />

Wenn erklingen Liebeslieder,<br />

Macht das Herz ein Freudensprung.<br />

Schwinget Töne, liebe Saiten,<br />

nach der Herzens wahrer Lust,<br />

Dass sie Freude mir bereiten,<br />

In der wohl beschwingten Brust.<br />

Süsser Zauber, Weiheklänge<br />

Rauschen voller Jugenddrang<br />

Der Gitarre Lustgesänge<br />

Weben himmlisch reinen Klang.<br />

Sie berauschen meine Se