20.09.2017 Aufrufe

Die Wirtschaft Köln - Ausgabe 04 / 2017

Mehr Wissen, besser entscheiden, erfolgreich unternehmen: Die Wirtschaft Köln bietet Ihnen mit exklusiven Einblicken in Branchen, Märkte und Betriebe sechs Mal jährlich einen spannenden Mix aus aktuellen Nachrichten der Kölner Wirtschaft, Unternehmensportraits und Interviews mit Entscheidern der Region.

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| Geld & Geschäft | Sonderthema: Recht & Steuern<br />

PER PROKURA<br />

„DIE MASCHINE“<br />

Industrie 4.0 wirft neue Rechtsfragen der Smart Factory auf<br />

Zukünftig werden autonome Produktionsmaschinen selbstständig Nachschub bestellen.<br />

<strong>Die</strong> Digitalisierung macht auch vor der Industrie nicht halt. Künstliche Intelligenz,<br />

Big Data, Cloud Computing und das Internet der Dinge digitalisieren die Produktion.<br />

Was eine Reihe neuartiger rechtlicher Probleme und Fragen aufwirft.<br />

<strong>Die</strong> Platinen an der Produktionsstraße gehen<br />

zur Neige. Der Fertigungsroboter fordert<br />

selbstständig Nachschub im Lager an,<br />

der per Drohne geliefert wird. Zudem meldet<br />

er, dass zeitnah eine Wartung durchgeführt<br />

werden muss, weil seine Sensoren<br />

abweichende Muster registrieren. Produktionsmaschinen<br />

werden durch selbstlernende<br />

Algorithmen und unternehmensübergreifende<br />

Vernetzung intelligent.<br />

Informationen über den Produktionsfortschritt<br />

und den Maschinenstatus werden in<br />

Echtzeit ausgetauscht, analysiert und der<br />

Produktionsprozess wird – teilweise autonom<br />

– angepasst und optimiert. Auf diese<br />

Weise wird der Grad der Automatisierung<br />

gesteigert, während die Fertigungs- und<br />

Logistikprozesse in einem Unternehmen<br />

von einer zentralen zu einer dezentralen<br />

Steuerung fortentwickelt werden.<br />

Können Softwareagenten wirksam einen<br />

Vertrag schließen? Wer ist in einem integrierten<br />

und (teil-)autonomen Wertschöpfungsnetzwerk<br />

wofür verantwortlich? Und<br />

wem stehen letztlich die Daten zu, die das<br />

Gold der vierten industriellen Revolution<br />

darstellen sollen?<br />

Vertragsschluss<br />

durch Softwareagenten<br />

Zukünftig werden autonome Produktionsmaschinen<br />

selbstständig Nachschub bei<br />

Zulieferbetrieben bestellen. Wenn Maschinen<br />

aber nicht mehr nur rein tatsächliche<br />

Handlungen vornehmen, sondern auch Erklärungen<br />

abgeben, durch die ein Vertrag<br />

zustande kommen kann, stellt sich die Frage,<br />

wie dies rechtlich zu bewerten ist.<br />

Bei der sog. Machine-to-Machine Communication<br />

(M2M) ist unklar, wer durch einen<br />

solchen Vertrag überhaupt verpflichtet<br />

wird, da Menschen zunächst nicht beteiligt<br />

sind. Zumindest im aktuellen Recht fehlt<br />

einer Maschine eine eigene Rechtspersönlichkeit.<br />

Auch fehlt ihr ein Vermögen, aus<br />

dem sie etwaige Verpflichtungen bezahlen<br />

könnte. Dennoch wird vorgeschlagen, zukünftig<br />

selbstlernenden IT-Systemen eine<br />

Foto: Nataliya Hora / Fotolia.com<br />

eigene Rechtspersönlichkeit zuzusprechen<br />

und sie mit eigenen Vermögen auszustatten.<br />

<strong>Die</strong>ser Vorschlag geht fehl. Denn eine<br />

Maschine dürfte nicht interessieren,<br />

ob sie ihr Vermögen erhält. Dann würden<br />

die gängigen Sanktionsmechanismen aber<br />

nicht greifen können.<br />

Es ist also davon auszugehen, dass auch<br />

zukünftig im M2M-Bereich letztlich ein<br />

Mensch verantwortlich bleiben muss. Eine<br />

ähnliche Situation besteht gegenwärtig<br />

im Onlinehandel: Shopsysteme versenden<br />

automatisch Erklärungen, durch die ein<br />

bindender Vertrag zustande kommt. Dabei<br />

kann der Verwender durch Programmierung<br />

von Rahmenbedingungen (Lagerbestand,<br />

Altersfreigabe etc.) die Hoheit über<br />

die automatisierten Erklärungen behalten,<br />

weshalb ihm auch entsprechende Fehler<br />

zugerechnet werden. Autonome Systeme,<br />

die mit künstlicher Intelligenz ausgestattet<br />

sind, führen aber nicht mehr einfach<br />

nur Befehle aus, sondern können ihr Verhalten<br />

optimieren und anpassen. Damit<br />

lässt sich ihr Verhalten nicht mehr exakt<br />

vorhersagen. <strong>Die</strong>se Autonomie ist fast menschenähnlich,<br />

weshalb die Idee naheliegt,<br />

die Regelungen über die Stellvertretung<br />

anzuwenden und dem Verwender als Vollmachtgeber<br />

die Erklärung der Maschine<br />

zuzurechnen. Zum Problem wird es, wenn<br />

diese Vertretungsmacht überschritten<br />

wird: Das Gesetz sieht für diesen Fall nämlich<br />

vor, dass der Stellvertreter persönlich<br />

haftet, also sanktioniert wird. Sanktionen<br />

sind bei Maschinen, wie oben dargestellt,<br />

aber nicht Ziel führend.<br />

Letztlich muss man also auch die aus<br />

der Risikosphäre des Verwenders herrührenden<br />

Erklärungen und diesbezüglichen<br />

Fehler eines autonomen Systems<br />

stets dem Verwender zurechnen, um den<br />

Rechtsverkehr insoweit zu schützen. Unter<br />

Umständen kann der Verwender eine<br />

fehlerhafte Erklärung anfechten und sich<br />

so vom geschlossenen Vertrag wieder lösen.<br />

Dann wird er aber regelmäßig den<br />

Schaden ersetzen müssen, der dem anderen<br />

entstanden ist, weil er auf die Wirksamkeit<br />

der Erklärung des autonomen<br />

Systems vertraut hat.<br />

Verantwortung in dezentralen<br />

Wertschöpfungsnetzwerken<br />

(WSN)<br />

Zum Monitoring und zur Steuerung der<br />

Produktionsprozesse übermitteln Produktionsanlagen<br />

Informationen wie<br />

36 www.diewirtschaft-koeln.de

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