20.09.2017 Aufrufe

Die Wirtschaft Köln - Ausgabe 04 / 2017

Mehr Wissen, besser entscheiden, erfolgreich unternehmen: Die Wirtschaft Köln bietet Ihnen mit exklusiven Einblicken in Branchen, Märkte und Betriebe sechs Mal jährlich einen spannenden Mix aus aktuellen Nachrichten der Kölner Wirtschaft, Unternehmensportraits und Interviews mit Entscheidern der Region.

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| Geld & Geschäft | Sonderthema: Recht & Steuern<br />

WENN DER SCHEIN DER<br />

SELBSTSTÄNDIGKEIT TRÜGT<br />

<strong>Die</strong> Selbstständigkeit bietet Stolperfallen bei Fremdleistungen<br />

Rund um die Themen Scheinselbstständigkeit, arbeitnehmerähnliche Selbstständige<br />

und Künstlersozialkasse tauchen immer wieder Missverständnisse auf. <strong>Die</strong>se werden<br />

nachfolgend näher beleuchtet und aus dem Weg geräumt.<br />

Wenn das Auftragsverhältnis zu einem<br />

Selbstständigen infrage gestellt und als<br />

sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis<br />

klassifiziert wird, kann dies zu<br />

Konsequenzen für die Beteiligten führen.<br />

Bei der Beurteilung des Status’ wird auf<br />

die Gesamtsituation des Einzelfalls abgestellt.<br />

Anhaltspunkte für eine Scheinselbstständigkeit<br />

können die folgenden<br />

Merkmale sein:<br />

1. Der Selbstständige beschäftigt<br />

keinen versicherungspflichtigen<br />

Arbeitnehmer<br />

2. <strong>Die</strong> Tätigkeiten werden auf Dauer<br />

und im Wesentlichen für einen<br />

Arbeitgeber erbracht (d. h. 5/6 der<br />

Umsätze)<br />

3. Erbringen von typischen Arbeitsleistungen<br />

unter Weisungsgebundenheit<br />

4. Keine Vermarktung der eigenen<br />

Tätigkeiten<br />

In diesem Fall müssen der Arbeitgeber und<br />

der Selbstständige die freie Unternehmertätigkeit<br />

nachweisen. Falls eine Scheinselbstständigkeit<br />

vorliegt, wird der freie<br />

Mitarbeiter wie ein sozialversicherungspflichtiger<br />

Arbeitnehmer behandelt mit allen<br />

dazugehörenden Verpflichtungen. <strong>Die</strong><br />

Verpflichtungen beinhalten unter anderem<br />

die Nachzahlung der Sozialversicherungsabgaben<br />

der letzten vier Jahre, bei Vorsatz<br />

auch bis zu 30 Jahren. Der „neue Angestellte“<br />

hat unter anderem einen Anspruch<br />

auf ein Nettogehalt in Höhe des bisherigen<br />

Honorars, Kündigungsschutz, Urlaubsanspruch<br />

und Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall.<br />

Für die Lohnsteuer haften Arbeitgeber<br />

und Arbeitnehmer für eine mögliche<br />

Nachzahlung als Gesamtschuldner.<br />

Arbeitnehmerähnliche<br />

Selbstständige<br />

Der Unterschied zwischen Scheinselbstständigen<br />

und arbeitnehmerähnlichen<br />

Selbstständigen liegt darin, dass Scheinselbstständige<br />

rechtlich gesehen keine<br />

selbstständigen Gewerbetreibenden<br />

sind, arbeitnehmerähnliche Selbstständige<br />

hingegen schon. Sie unterliegen der<br />

Rentenversicherungspflicht. Arbeitnehmerähnlicher<br />

Selbstständiger ist, wer<br />

1. keine versicherungspflichtigen<br />

Mitarbeiter beschäftigt<br />

2. auf Dauer und im Wesentlichen<br />

für einen Auftraggeber tätig wird<br />

(5/6-Regelung). Bei Existenzgründern<br />

wird in diesem Punkt<br />

in den ersten drei Jahren nach<br />

der Unternehmensgründung der<br />

Schwerpunkt auf das Anstreben<br />

der Zusammenarbeit mit mehreren<br />

Auftraggebern gelegt.<br />

Wenn der Freiberufler rentenversicherungspflichtig<br />

ist, muss der arbeitnehmerähnliche<br />

Selbstständige die Versicherungsbeiträge<br />

selbst abführen. Daher<br />

trifft den Auftraggeber keine Zahlungsverpflichtung.<br />

Künstlersozialkasse<br />

Vielen Unternehmern ist es nicht bewusst,<br />

dass sie für in Anspruch genommene<br />

Fremdleistungen ggf. Künstlersozialabgabe<br />

zahlen müssen. Künstler im<br />

Sinne des Künstlersozialversicherungsgesetzes<br />

ist, wer Musik, darstellende<br />

oder bildende Kunst schafft, ausübt oder<br />

lehrt. Zu den Künstlern gehören nicht<br />

nur Sänger und Journalisten, sondern<br />

z. B. auch Webdesigner und Lektoren. Abgabepflichtig<br />

sind neben den typischen<br />

Verwertern wie Werbeagenturen, Verlage<br />

und Kunsthändler auch Betriebe, die<br />

Werbung für sich selbst machen bzw. die<br />

bezogene Leistung für ihre Unternehmenszwecke<br />

nutzen.<br />

Dabei kann bereits bei einer einmaligen<br />

Beauftragung einer Werbeagentur<br />

eine Abgabe fällig werden, z.B. für das<br />

Gestalten und Setzen einer Homepage<br />

oder Broschüre. Von der Abgabe ausgenommen<br />

sind gelegentliche Nutzer von<br />

künstlerischen Leistungen, d.h. bis zu<br />

einem Gesamtentgelt von 450,00 Euro<br />

im Kalenderjahr muss keine Künstlersozialabgabe<br />

abgeführt werden. Außerdem<br />

entfällt die Abgabe, wenn eine Unternehmergesellschaft<br />

beauftragt wird (z. B. in<br />

Form einer UG, KG, OHG, GmbH o. Ä.).<br />

Wenn der Gesamtbetrag der in Anspruch<br />

genommenen Leistungen das Auftragsvolumen<br />

von 450,00 Euro übersteigt,<br />

muss der Erhebungsbogen unaufgefordert<br />

bis zum 31. März des Folgejahres<br />

bei der Künstlersozialkasse eingegangen<br />

sein. Der Abgabesatz wird jährlich<br />

neu festgelegt und beträgt z. B. im Kalenderjahr<br />

<strong>2017</strong> 4,8 % aller Entgelte, die an<br />

selbstständige Künstler gezahlt worden<br />

sind. Zum Entgelt zählen unter anderem<br />

auch Auslagen, Nebenkosten und Materialkosten,<br />

die vergütet worden sind. Bei<br />

der Beauftragung von Einzelunternehmern<br />

und GbRs sollten die Abgaben bei<br />

der Bemessung der Honorare berücksichtigt<br />

werden. W<br />

Gastautor: Herbert Schmitz, Leiter Corporate<br />

Services bei HMK Dipl.-Kfm. Hans-M.<br />

Klein + Partner mbB<br />

38 www.diewirtschaft-koeln.de

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