Sozialrecht + Praxis - Ausgabe April 2017
Monat für Monat das Wichtigste aus Sozialrecht, Versorgungs- und Behindertenrecht, Rente, Rehabilitation, Gesundheit, Pflege ... Herausgeber: Sozialverband VdK Deutschland e.V.
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Sozialpolitik<br />
229<br />
Gleichwohl kann bisher noch keinesfalls<br />
von bekämpfter Armut gesprochen<br />
werden. Die durchschnittlichen<br />
Rentenzahlbeträge neuer Erwerbsminderungsrenten<br />
lagen 2015 bei den<br />
Männern in den alten Bundesländern<br />
bei 702 Euro, bei Frauen bei 640 Euro.<br />
In den neuen Bundesländern erhielten<br />
Männer 643 Euro, Frauen 717<br />
Euro.<br />
Auch wenn hier jetzt aktuell mit dem<br />
sogenannten Erwerbsminderungs-<br />
Leistungsverbesserungsgesetz noch<br />
mal nachgebessert werden soll, halten<br />
wir die aktuell geplante Regelung für<br />
unzureichend. Denn die Zurechnungszeiten<br />
für Erwerbsminderungsrenten<br />
sollen erst ab 2018 und dann<br />
nur schrittweise bis 2024 weiter angehoben<br />
werden.<br />
Erhöhung der Zurechnungszeit<br />
Damit die Menschen, die heute eine<br />
Erwerbsminderung erfahren, überhaupt<br />
profitieren können, muss die<br />
weitere Erhöhung der Zurechnungszeit<br />
auch heute und wie im Jahr 2014<br />
in einem Schritt erfolgen. Daneben<br />
sollte sich die Koalition nun endlich<br />
durchringen, auf die systemwidrigen<br />
Abschläge von bis zu 10,8 Prozent zu<br />
verzichten. Mehr als 34 Abschlagsmonate<br />
mussten sich die Neurentner<br />
2015 durchschnittlich anrechnen lassen,<br />
obwohl der Gang in die Erwerbsminderungsrente<br />
keine freiwillige<br />
Entscheidung ist.<br />
Lassen sie mich auch etwas zum Argument<br />
der Gegner der Abschaffung der<br />
Abschläge sagen. Diese meinen, dass<br />
die Abschläge bleiben müssten, da<br />
sonst massenhafte Ausweichreaktionen<br />
der Versicherten weg von anderen<br />
Rentenarten, zum Beispiel der Altersrente,<br />
in die Erwerbsminderungsrente<br />
folgen würden.<br />
Aus der <strong>Praxis</strong> der VdK-Kreisgeschäftsstellen<br />
betrachtet, ist diese Argumentation<br />
absurd. Jeder, der schon<br />
einmal selbst ein Verfahren – ob als<br />
Kläger oder als Bevollmächtigter – geführt<br />
hat, weiß, wie hoch die (medizinischen)<br />
Hürden sind, die überwunden<br />
werden müssen, um eine Erwerbsminderungsrente<br />
zu bekommen. Je<br />
nach persönlichem Gusto bekommt in<br />
diesem Land niemand eine Erwerbsminderungsrente.<br />
Bestandsrentner<br />
Betonen möchte ich, dass es dem VdK<br />
äußerst wichtig ist, dass auch die Bestandsrentner<br />
an den Verbesserungen<br />
teilhaben können. Daher fordert der<br />
VdK: Auch die 1,7 Millionen Bestandsrentnerinnen<br />
und Bestandsrentner<br />
müssen an den Besserungen beteiligt<br />
werden. Nur dann kann sich der<br />
Gesetzgeber wirklich auf die Fahnen<br />
schreiben, etwas gegen die Armutsgefährdung<br />
dieses Personenkreises unternommen<br />
zu haben.<br />
Als weitere Personengruppen, die besonderer<br />
Unterstützung bedürfen,<br />
sind aus Sicht des VdK die Gruppe der<br />
Geringverdiener zu nennen. Nach Angaben<br />
der Bundesregierung betrug<br />
2014 die Niedriglohnschwelle zehn<br />
Euro Bruttostundenlohn – damit sogar<br />
noch um Einiges höher als der ak-<br />
<strong>Sozialrecht</strong>+<strong>Praxis</strong> 4/17