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Sozialrecht + Praxis - Ausgabe April 2017

Monat für Monat das Wichtigste aus Sozialrecht, Versorgungs- und Behindertenrecht, Rente, Rehabilitation, Gesundheit, Pflege ... Herausgeber: Sozialverband VdK Deutschland e.V.

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Sozialpolitik<br />

211<br />

Bei Versicherten mit schweren Kieferanomalien<br />

ist die kieferorthopädische<br />

Behandlung der zahnärztlichen Behandlung<br />

als Sachleistung zuzuordnen,<br />

sodass eine Erhebung von Versichertenanteilen<br />

nicht in Betracht<br />

kommt 9 . Dies gilt sowohl für Kinder<br />

als auch für über 18 Jahre alte Versicherte,<br />

die bei schweren Kieferanomalien<br />

einen Anspruch auf kieferorthopädische<br />

Behandlung haben (vgl. die<br />

noch folgenden Ausführungen).<br />

2.2. Leistungsausschlüsse<br />

Seit 1. Januar 1993 ist § 28 Abs. 2<br />

Satz 6 SGB V zu beachten. Danach<br />

gehört nicht zur zahnärztlichen Behandlung<br />

die kieferorthopädische Behandlung<br />

von Versicherten, die zu<br />

Beginn der Behandlung das 18. Lebensjahr<br />

vollendet haben. Das gilt<br />

nicht für Versicherte mit schweren<br />

Kieferanomalien, die ein Ausmaß haben,<br />

das kombinierte kieferchirurgische<br />

und kieferorthopädische Behandlungsmaßnahmen<br />

erfordert. Nach den<br />

Ausführungen zu dieser Vorschrift im<br />

Gemeinsamen Rundschreiben der Arbeitsgemeinschaft<br />

der Spitzenverbände<br />

der Krankenkassen vom 9. Dezember<br />

1982 liegen nach der Intention des<br />

Gesetzgebers schwere Kieferanomalien<br />

insbesondere bei a) angeborenen<br />

Missbildungen des Gesichts und der<br />

Kiefer, b) skelettalen Dysgnatien und<br />

c) verletzungsbedingten Kieferfehlstellungen<br />

vor.<br />

Nach Auffassung des BSG im Urteil<br />

vom 9. Dezember 1997 10 sind die<br />

Ausnahmen vom Ausschluss kieferorthopädischer<br />

Leistungen für Erwachsene<br />

bei schweren Kieferanomalien<br />

keiner ausgedehnten Auslegung zugänglich.<br />

Durchgreifende verfassungsrechtliche<br />

Bedenken gegen den Ausschluss<br />

bestehen nach Ansicht des<br />

BSG im Übrigen nicht.<br />

Zu a) zählen zum Beispiel das Vrouzon-Syndrom,<br />

Treacher-Collins-Syndrom,<br />

Goldenhar-Syndrom, Binder-<br />

Syndrom, Nager-Syndrom, die hernifaciale<br />

Mikrosomie, alle medialen,<br />

schrägen und queren Gesichtsspaltformen,<br />

alle Lippen-, Kiefer-, Gaumenspaltformen,<br />

alle Formen von craniomaxillofacialen<br />

Dysosten, die durch<br />

angeborene Fehlbildungen oder Missbildungen<br />

verursacht sind.<br />

Zu b) heißt es im Gemeinsamen<br />

Rundschreiben, dass skelettale Kieferfehlstellungen<br />

auch unabhängig von<br />

angeborenen Missbildungen auftreten.<br />

Schwere Formen dieser Dysgnathien<br />

erfordern chirurgische Korrekturmaßnahmen<br />

in Form von<br />

Kieferosteotomien gemeinsam mit<br />

kieferorthopädischen Behandlungsmaßnahmen<br />

fußend auf einem einheitlichen<br />

kieferchirurgischen und<br />

kieferorthopädischen Therapiekonzept.<br />

Zu diesem skelettalen Dysgnathien<br />

zählen die Progonie, Mikrogenie,<br />

Latarognathie, alle Formen<br />

skelettal bedingter Diskrepanzen der<br />

Zahnbogenbreite oder Kieferbreite.<br />

Zu c) gehören skelettale Fehlstellungen<br />

der Kiefer und der stomatognathen<br />

Systeme, die durch Unfälle<br />

verursacht worden sind und die<br />

zur Behandlung chirurgisch-operative<br />

Korrekturmaßnahmen gemeinsam<br />

<strong>Sozialrecht</strong>+<strong>Praxis</strong> 4/17

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