Sozialrecht + Praxis - Ausgabe April 2017
Monat für Monat das Wichtigste aus Sozialrecht, Versorgungs- und Behindertenrecht, Rente, Rehabilitation, Gesundheit, Pflege ... Herausgeber: Sozialverband VdK Deutschland e.V.
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Recht<br />
249<br />
b) Erforderlichkeit und Eignung<br />
der Hilfe<br />
Die gegenüber der Klägerin erbrachte<br />
Hilfe ist auch geeignet zur Erreichung<br />
der Eingliederungsziele (§ 53 Abs. 1<br />
Satz 1 SGB XII) und der Sache nach<br />
erforderlich (zur quantitativen Erforderlichkeit<br />
später). Die Erforderlichkeit<br />
und Eignung der Hilfe verlangt<br />
eine am Einzelfall orientierte, individuelle<br />
Beurteilung, ein individualisiertes<br />
Förderverständnis (vgl. BSGE 110,<br />
301 ff. Rd. Nr. 21 = SozR 4-3500 § 54<br />
Nr. 8; SozR 4-3500 § 54 Nr. 6 Rd.<br />
Nr. 22), das einer Kategorisierung der<br />
in Betracht kommenden Hilfen oder<br />
Maßnahmen nach abstrakt-generellen<br />
Kriterien entgegensteht. Damit verbietet<br />
sich eine Differenzierung danach,<br />
ob eine Hilfe (ganz oder teilweise)<br />
pädagogischen Charakter hat.<br />
Nach den bindenden Feststellungen<br />
des LSG (§ 163 SGG) konnte die<br />
Klägerin dem Unterricht, insbesondere<br />
in den lernintensiven Fächern<br />
Deutsch und Mathematik, nicht folgen.<br />
Sie beschäftigte sich mit sich<br />
selbst, sobald sie den Anschluss verpasst<br />
hatte, oder störte Mitschüler.<br />
Durch die bewusste Fokussierung ihrer<br />
Aufmerksamkeit auf das zu bearbeitende<br />
Thema mithilfe einer<br />
„1:1-Unterstützung“ durch die Schulbegleitung<br />
konnte hingegen ein Lernfortschritt<br />
erzielt werden. Die Schulbegleitung<br />
hat insbesondere die Aufmerksamkeit<br />
der Klägerin auf die<br />
gerade zu erledigende Aufgabe gelenkt,<br />
sie im Vorfeld dabei unterstützt,<br />
die erforderlichen Arbeitsunterlagen<br />
bereitzulegen und diese entsprechend<br />
dem auf sie angepassten<br />
Lernziel zu benutzen. Dass zur Erfüllung<br />
dieser Aufgabe gegebenenfalls<br />
pädagogische Kenntnisse und Fertigkeiten<br />
notwendig waren und zur Anwendung<br />
kamen, zum Beispiel indem<br />
der Klägerin eine von der Lehrerin<br />
gestellte Aufgabe durch die Schulbegleitung<br />
nochmals in einer für sie besser<br />
verständlichen Art und Weise erklärt<br />
worden ist, ist qualitativ für die<br />
Beurteilung der Erforderlichkeit und<br />
Eignung der Hilfe ohne Bedeutung.<br />
Das Ergebnis wird geradezu gestützt<br />
durch die Ausführungen des Beklagten,<br />
der eine Bestimmung des Kernbereichs<br />
pädagogischer Tätigkeit für<br />
die jeweilige Schulform nach landesrechtlichen<br />
Schulvorschriften und die<br />
Schulziele nach Maßgabe der für die<br />
Schulform geltenden allgemeinen Bildungspläne<br />
fordert. Lässt man unberücksichtigt,<br />
dass, wie ausgeführt, ein<br />
solches Verständnis bereits dem<br />
Wortlaut und der Systematik der für<br />
die Beurteilung des Hilfebedarfs der<br />
Klägerin allein maßgeblichen sozialhilferechtlichen<br />
Vorschriften widerspricht,<br />
bleibt bei einer derartigen Argumentation<br />
außer Acht, dass die Klägerin<br />
gerade nicht nach dem<br />
allgemeinen Bildungsplan der Regelgrundschule,<br />
sondern zieldifferent,<br />
das heißt nach einem auf sie individuell<br />
abgestimmten Bildungs- und<br />
Kompetenzplan, wenn auch im Klassenverbund<br />
mit nichtbehinderten<br />
Kindern, unterrichtet wird. Ob nach<br />
dem Landesrecht Baden-Württemberg<br />
die Förderung und Unterrichtung<br />
behinderter Kinder an einer Re-<br />
<strong>Sozialrecht</strong>+<strong>Praxis</strong> 4/17