Sozialrecht + Praxis - Ausgabe April 2017
Monat für Monat das Wichtigste aus Sozialrecht, Versorgungs- und Behindertenrecht, Rente, Rehabilitation, Gesundheit, Pflege ... Herausgeber: Sozialverband VdK Deutschland e.V.
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Recht<br />
241<br />
durch die Klägerin und entsprechenden<br />
Antrag noch korrigiert werden<br />
(§ 99 Abs. 3 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz,<br />
SGG) – Antrag auf Beitritt zur<br />
gegenüber der Beigeladenen zu 2 bestehenden<br />
Schuld.<br />
Es fehlen für eine endgültige Beurteilung<br />
auch ohne eine solche Anschlussberufung<br />
notwendige tatsächliche<br />
Feststellungen zum erforderlichen<br />
Umfang der Hilfen und zur richtigen<br />
Höhe der Kosten des Schulbegleiters.<br />
Entgegen anderer, falscher Pressemeldungen<br />
nach der mündlichen Verhandlung<br />
zum Ergebnis dieses Rechtsstreits<br />
hat das LSG jedoch zu Recht<br />
angenommen, dass der Beklagte im<br />
Rahmen der Eingliederungshilfe<br />
(§§ 53 ff. SGB XII) die Kosten für einen<br />
Schulbegleiter (hier in der „Inklusionsklasse“<br />
einer Regelschule) durch<br />
Schuldbeitritt und Zahlung an die<br />
Beigeladene zu 2 zu übernehmen hat,<br />
weil die Klägerin als wesentlich geistig<br />
behindertes Kind aufgrund der Behinderung<br />
ohne zusätzliche Unterstützung<br />
durch einen solchen Begleiter die<br />
individuell auf seine Fähigkeit und<br />
Fertigkeiten abgestimmten Lerninhalte<br />
nach den bindenden Feststellungen<br />
des LSG nicht verarbeiten und umsetzen<br />
konnte; dies hat unterstützende<br />
Leistungen einer Schulbegleitung erforderlich<br />
gemacht.<br />
Bei diesen Unterstützungsmaßnahmen<br />
handelte es sich nicht um den<br />
Kernbereich allgemeiner Schulbildung,<br />
für den allein die Schulbehörden<br />
die Leistungszuständigkeit besitzen.<br />
Im Rahmen des Nachrangs der<br />
Sozialhilfe außerhalb des Kernbereichs<br />
ist lediglich Voraussetzung,<br />
dass eine notwendige Schulbegleitung<br />
tatsächlich von anderen nicht übernommen<br />
oder getragen wird. Gegen<br />
wen im schulischen Kernbereich ein<br />
Anspruch des behinderten Menschen<br />
bestehen würde, ist nicht Gegenstand<br />
des sozial hilferechtlichen Verfahrens<br />
gegen den Beklagten. Gleiches gilt für<br />
die Frage nach einer vorrangigen Verpflichtung<br />
einer anderen juristischen<br />
Person außerhalb des Kernbereichs;<br />
diese wäre Gegenstand eines eventuellen<br />
Verfahrens des Beklagten gegen<br />
einen denkbaren Schuldner nach<br />
Überleitung des aus dem Schulrecht<br />
resultierenden Anspruchs auf sich<br />
(§ 93 SGB XII).<br />
Aus den Entscheidungsgründen<br />
1. Tatbestand<br />
Im Streit ist die Übernahme von Kosten<br />
für einen Schulbegleiter im Wege<br />
des Schuldbeitritts für das Schuljahr<br />
2012/2013 in Höhe von 18 236,30<br />
Euro.<br />
Die Klägerin ist 2002 mit einem<br />
Down-Syndrom geboren, aus dem eine<br />
Sprach- und motorische Entwicklungsverzögerung,<br />
eine Störung der<br />
Kommunikation sowie eine Schwäche<br />
der Feinmotorik resultieren. Ein Grad<br />
der Behinderung von 100 und die<br />
Merkzeichen „G“ und „H“ sind festgestellt;<br />
sie ist der Pflegestufe I nach<br />
dem Sozialgesetzbuch-Elftes Buch/Soziale<br />
Pflegeversicherung (SGB XI) zugeordnet.<br />
Zunächst absolvierte die Klägerin zwei<br />
Grundschuljahre in der L.-Schule<br />
<strong>Sozialrecht</strong>+<strong>Praxis</strong> 4/17