Verfahrenstechnik 6/2018
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BETRIEBSTECHNIK I ACHEMA<br />
Sinnvoll kombiniert<br />
Druckentlastung bei Verarbeitung, Lagerung und Transport<br />
umweltschädlicher Medien<br />
Brom, Chlor, Ammoniak – drei Beispiele, die repräsentativ für eine Vielzahl<br />
von schwierigen Prozessmedien sind und Anlagenbetreiber vor besondere<br />
Herausforderungen stellen. Schnell ist man dabei auch beim Thema<br />
Dichtigkeit. Denn nicht nur aufgrund gesetzlicher Auflagen besteht ein<br />
großes Interesse daran, dass die genannten Medien nicht (unkontrolliert)<br />
an die Umwelt abgegeben werden.<br />
Dichtigkeit und Druckentlastung – kein<br />
Widerspruch im Normalbetrieb, wenn<br />
die richtigen Anforderungen an den Lieferanten<br />
gestellt werden. Egal ob Ammoniak-<br />
Wasser-Dampf, Brom oder Chlor: Die Anlage<br />
muss dicht sein, es darf nichts (unkontrolliert)<br />
entweichen. Solange der als zulässig<br />
definierte Druckbereich der Anlage nicht<br />
überschritten wird, sollen die eingesetzten<br />
Druckentlastungssysteme weder ansprechen,<br />
noch sollen sie Schwachstellen darstellen,<br />
über die die Prozessmedien austreten.<br />
Dass bei solchen Ansprüchen der übliche<br />
Standard von Sicherheitsarmaturen nicht<br />
mehr zur optimalen Lösung führt, ist offensichtlich.<br />
Kurzfristig können die Anforderungen<br />
an diese Dichtigkeiten unter Umständen<br />
auch durch eher kostengünstige Armaturen<br />
sichergestellt werden.<br />
Aus diesen und weiteren Gründen ist es<br />
wichtig, dem jeweiligen Hersteller von Sicherheitsequipment<br />
möglichst exakt die Prozessbedingungen<br />
und Anforderungen zu<br />
beschreiben. Im Idealfall wird das im Rahmen<br />
eines Vor-Ort-Termins erledigt. Das<br />
spart Abstimmungen, reduziert möglichen<br />
Informationsverlust, und der Druckentlastungs-Experte<br />
kann sich ein umfassendes<br />
Bild machen.<br />
Den Anzugsmomenten kommt neben<br />
dem eingesetzten System eine besondere<br />
Bedeutung zu, weil sie sowohl innerhalb<br />
der Verarbeitung, als auch bei der Lagerung<br />
und dem Transport einen entscheidenden<br />
Einfluss auf die Dichtigkeit haben.<br />
Anforderungen im Prozess<br />
Was mit dem Prozessmedium in Kontakt<br />
kommt, muss aus den entsprechenden Materialien<br />
(z. B. Hastelloy, Nickel, Tantal) gefertigt<br />
sein, oder zumindest beschichtet/<br />
ausgekleidet sein. Aufgrund der hohen<br />
Kosten kann eine Kombination von verschiedenen<br />
Entlastungseinrichtungen sinnvoll<br />
sein, um dauerhafte Dichtigkeit, wenig<br />
Stillstand durch Wartungsarbeiten und Wirtschaftlichkeit<br />
unter einen Hut zu bringen.<br />
Häufig werden Sammelleitungen von<br />
mehreren Armatur-Einbaustellen genutzt,<br />
da ohnehin alles im gleichen Auffang-<br />
Behälter landet. Besonders wegen der Aggressivität<br />
der genannten kritischen Medien<br />
wie Chlor gilt es sicherzustellen, dass<br />
das Prozessmedium auch von hinten die<br />
Druckentlastungseinrichtung(en) nicht in<br />
ihrer Funktionsfähigkeit einschränkt.<br />
Ähnlich wie bei der Verarbeitung sind<br />
auch Lager- und Transportbehältnisse der<br />
Aggressivität der gelagerten Medien wie<br />
Brom dauerhaft ausgesetzt. Glas, Blei, Monel<br />
und Nickel sind deshalb die bevorzugten<br />
Materialien für diese Behälter. Vor allem beim<br />
Transport sind Temperaturunterschiede<br />
nicht nur möglich, sondern kaum auszuschließen.<br />
Auch diese müssen vom Behälter<br />
und den jeweiligen Sicherheitseinrichtungen<br />
bewältigt werden können, ohne<br />
dass die Dichtigkeit abnimmt.<br />
Berstscheibe und/oder Ventil?<br />
Dauerhafte Dichtigkeit auf hohem Niveau,<br />
Temperaturbeständigkeit und Korrosionsfreiheit,<br />
außerdem eine einfache Installation<br />
und lange Lebensdauer: So könnte<br />
man die Anforderungen zusammenfassen,<br />
die bei kritischen, umweltschädlichen,<br />
korrosiven und anderweitig schwer zu behandelnden<br />
Medien prozessunabhängig<br />
an die Druckentlastungssysteme gestellt<br />
werden müssen.<br />
Mit Berstscheibe und Sicherheitsventil<br />
sind die zwei beliebtesten und gängigsten<br />
Konzepte der Druckentlastung genannt.<br />
Wenn die Ansprüche hoch sind, hat sich die<br />
Kombination der beiden Schutzkonzepte<br />
bewährt. Eine hochwertige Berstscheibe<br />
aus Nickel oder Tantal ist günstiger als ein<br />
ausgekleidetes Sicherheitsventil. In-situ-Tests<br />
verlängern außerdem die Wartungsintervalle<br />
der Sicherheitsventile und ersparen dem<br />
Betreiber die zugehörigen (De-)Montagekosten.<br />
Die Berstscheibe kann dauerhaft<br />
die gewünschte Dichtigkeit sichern.<br />
An Behältern zur Lagerung und dem<br />
Transport sowie an Einbaustellen im Produktionsprozess<br />
werden eine Berstscheibe<br />
und darüber ein Sicherheitsventil installiert.<br />
Nutzen verschiedene Einbaustellen<br />
die gleiche Abblaseleitung, wird teilweise<br />
eine weitere Berstscheibe hinter dem<br />
Sicherheitsventil installiert, da sich das<br />
Medium bei der Entlastung an einer Einbaustelle<br />
über die Abblaseleitung(en) verteilt<br />
und dann über das Auslassteil des<br />
Sicherheitsventils in selbiges eintritt. Wurde<br />
das Sicherheitsventil nicht entsprechend<br />
Autor: Michael Hüske, Vertriebsleiter Prozesssicherheit<br />
Region DACH, Rembe GmbH Safety +<br />
Control, Brilon<br />
60 VERFAHRENSTECHNIK 6/<strong>2018</strong>