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ZAP-2018-16

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Strafverfahren/Strafvollstreckung/Strafvollzug Fach 22, Seite 931<br />

Notwendige Verteidigung – Update <strong>2018</strong><br />

aufgrund sprachbedingter Verständigungsschwierigkeiten nicht in der Lage war, alle Möglichkeiten<br />

einer angemessenen Verteidigung auszuschöpfen (LG Frankfurt/M., Beschl. v. 30.6.<strong>2018</strong> – 5/17 Qs 26/17).<br />

Auch bei einer erforderlichen ausführlichen Auseinandersetzung mit widersprüchlichen Angaben von<br />

Zeugen und/oder Mitangeklagten ist die Hinzuziehung eines Dolmetschers unzureichend (LG Kiel StV<br />

20<strong>16</strong>, 485).<br />

Hinweis:<br />

Neben etwaigen Verständigungsschwierigkeiten sollen bei ausländischen Angeklagten im Rahmen der Prüfung<br />

des § 140 Abs. 2 StPO auch mögliche aufenthaltsrechtliche Konsequenzen in die Erwägungen einzubeziehen<br />

sein (LG Hof, Beschl. v. 25.11.2015 – 4 Qs 153/15). Dem wird man insbesondere in Fällen, in denen im<br />

Fall der Verurteilung eine Ausweisung droht, zustimmen können (zu aufenthaltsrechtlichen Folgen eines<br />

Strafverfahrens, BAHR, in: BURHOFF/KOTZ, Handbuch für die strafrechtliche Nachsorge, Teil H Rn 97).<br />

V. Umfang der Beiordnung<br />

Hinsichtlich der Reichweite der Beiordnung sind zwei Konstellationen weiterhin umstritten. Zum einen<br />

besteht Uneinigkeit darüber, ob sich die Verteidigerbestellung auch auf das Adhäsionsverfahren<br />

erstreckt (dafür: LG München StV <strong>2018</strong>, 153, dagegen: OLG Celle JurBüro 2017, 197).<br />

Praxishinweis:<br />

Da sich die Ansichten hierzu von Gerichtsbezirk zu Gerichtsbezirk unterscheiden können, empfiehlt es<br />

sich, den Beiordnungsantrag von vornherein ausdrücklich auch auf das Adhäsionsverfahren zu erstrecken.<br />

Zum anderen wird in der Rechtsprechung nach wie vor nicht einheitlich beurteilt, ob eine im Strafbefehlsverfahren<br />

gem. § 408b StPO erfolgte Beiordnung nur bis zur Einspruchseinlegung oder darüber<br />

hinaus auch für die auf den Einspruch folgende Hauptverhandlung gilt. Das OLG Oldenburg hat sich<br />

nunmehr insoweit der zuvor bereits von den OLG Köln (StV 2010, 68) und Celle (StV 2011, 661)<br />

vertretenen Auffassung angeschlossen und eine Wirkung der Verteidigerbestellung auch für die auf den<br />

Einspruch folgende Hauptverhandlung bejaht (StV <strong>2018</strong>, 152).<br />

VI. Mehrere Pflichtverteidiger<br />

In den allermeisten Verfahren, insbesondere in jenen vor den Amtsgerichten, wird die Bestellung eines<br />

Pflichtverteidigers genügen, um eine ordnungsgemäße Vertretung des Angeklagten zu sichern. Die<br />

Bestellung eines zweiten Pflichtverteidigers kommt nach der Rechtsprechung daher nur in eng<br />

begrenzten Ausnahmefällen in Betracht (KG StV 2017, 155).<br />

Hinweis:<br />

Ein solcher Ausnahmefall ist erst gegeben, wenn für die Mitwirkung eines zweiten Verteidigers ein unabweisbares<br />

Bedürfnis besteht (KG a.a.O.).<br />

Dies kommt insbesondere in Umfangsverfahren in Betracht, in denen sich die Hauptverhandlung über<br />

einen längeren Zeitraum erstreckt und sichergestellt werden muss, dass auch bei einem vorübergehenden<br />

Ausfall eines Verteidigers weiterverhandelt werden kann, oder wenn der Verfahrensstoff so<br />

außergewöhnlich umfangreich ist, dass er nur bei arbeitsteiligem Zusammenwirken zweier Verteidiger<br />

beherrscht werden kann (LG Dessau-Roßlau StV 20<strong>16</strong>, 488; KG a.a.O.).<br />

In derartigen Fällen soll es allerdings grundsätzlich zulässig sein, nach Abschluss des Tatsachenrechtszugs<br />

die Bestellung des zweiten Pflichtverteidigers zurückzunehmen, da es dann nicht mehr notwendig<br />

sei, den Fortgang der Hauptverhandlung zu sichern. Ein Bedürfnis für die weitere Mitwirkung des<br />

zweiten Verteidigers soll dann nur ausnahmsweise vorhanden sein (KG, Beschl. v. 10.7.2015 – 1 Ws 44/15).<br />

<strong>ZAP</strong> Nr. <strong>16</strong> 22.8.<strong>2018</strong> 855

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