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Immobilia 2011/10 - SVIT

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Immobilienrecht<br />

Jus-News<br />

Wann ist Provision geschuldet?<br />

Ein Mäklervertrag kommt durch übereinstimmende Willensbekundung zustande und bedarf<br />

keiner besonderen Form. Ob der Mäkler einen Anspruch auf ein Honorar hat, hängt vom<br />

Zusammenhang zwischen der Mäklertätigkeit und dem letztendlichen Abschluss ab.<br />

Beat Rohrer* <br />

Ausgangslage. Die Liegenschaftenmäklerin<br />

Beatrice K. hatte im Jahre 2007 an<br />

einem privaten Anlass Anna M. kennengelernt,<br />

welche Eigentümerin einer Liegenschaft<br />

in Z. war. Anna M. fragte Beatrice<br />

K. beiläufig, ob sie sich zutraue,<br />

einen Käufer zu finden, der für das Grundstück<br />

2,8 Mio. CHF zu bezahlen bereit sei.<br />

Beatrice K. erklärte, sie würde das gerne<br />

versuchen. In der Folge bot sie das Grundstück<br />

verschiedentlich Interessenten aus<br />

ihrem Kundenkreis an und führte mit Wissen<br />

von Anna K. auch Besichtigungen<br />

durch. Ein schriftlicher Mäklervertrag<br />

wurde nie abgeschlossen.<br />

Im Frühsommer 20<strong>10</strong> führte sie Gustav<br />

S. durch die Liegenschaft, der von seiner<br />

Tochter Helga W., einer Architektin,<br />

begleitet wurde. Das von ihm unterbreitete<br />

Angebot lag allerdings unter dem von<br />

Anna M. genannten Mindestpreis, weshalb<br />

kein Kaufvertrag zustande kam. Im<br />

August 20<strong>10</strong> wurde die Liegenschaft an<br />

Lorenz Z. verkauft. Dieser übte nach einigen<br />

Monaten ein vertraglich vorbehaltenes<br />

Rücktrittsrecht aus. Als Helga W. davon<br />

erfuhr, wandte sie sich an Beatrice K.,<br />

um nunmehr nicht mehr das Interesse<br />

ihrer Eltern, sondern ihr eigenes am Kauf<br />

der Liegenschaft kundzutun. Im August<br />

<strong>2011</strong> verkaufte Anna M. – ohne die Beteiligung<br />

von Beatrice K. – die Liegenschaft<br />

an das Ehepaar Helga und Ivan W.<br />

Ist ein Mäklervertrag zustande gekommen?<br />

Voraussetzung für das Zustandekommen<br />

eines Vertrages ist bekanntlich<br />

eine gegenseitige und übereinstimmende<br />

Willenskundgebung (Art. 1 Abs. 1 OR), die<br />

alle vertragswesentlichen Punkte umfasst<br />

(Art. 2 Abs. 1 OR). Das Gesetz schreibt für<br />

die Gültigkeit des Mäklervertrages keine<br />

besondere Form vor (Art. 412 ff. i.V.m.<br />

Art. 11 Abs. 2 OR). Er kann auch konkludent,<br />

durch wissentliche Duldung oder<br />

stillschweigende Genehmigung der Tätigkeit<br />

einer insbesondere berufsmässig<br />

handelnden Mäklerin zustande kommen.<br />

Durch den Mäklervertrag erhält die<br />

Mäklerin den Auftrag, gegen eine Vergütung,<br />

die Gelegenheit zum Abschluss<br />

eines Vertrages nachzuweisen oder den<br />

Abschluss eines Vertrages zu vermitteln<br />

(Art. 412 Abs. 1 OR). Charakteristisch für<br />

den Mäklervertrag ist dessen Entgeltlichkeit,<br />

wobei die Höhe des Mäklerlohnes<br />

nicht zu dessen «Essentialia» gehört, der<br />

vom Konsens der Parteien zwingend erfasst<br />

sein muss. Der vereinbarte – oder<br />

mangels entsprechender Vereinbarung<br />

übliche – Mäklerlohn ist geschuldet, sobald<br />

der Vertrag infolge des Nachweises<br />

oder infolge der Vermittlung der Mäklerin<br />

abgeschlossen worden ist.<br />

Anspruch auf Mäklerlohn. Die Provision<br />

der Vermittlungsmäklerin ist bereits dann<br />

geschuldet, wenn diese den Käufer bloss<br />

mitbewogen hat, den Vertrag abzuschliessen.<br />

Der Abschluss braucht nicht die unmittelbare<br />

Folge der Mäklertätigkeit zu<br />

sein; es reicht aus, wenn dieser lediglich<br />

zu einer entfernteren Ursache des Entschlusses<br />

des Käufers geworden ist. Es<br />

muss nur dargetan werden, dass überhaupt<br />

ein psychologischer Zusammenhang<br />

zwischen den Bemühungen der<br />

Mäklerin und diesem Entschluss besteht.<br />

Der ursächliche Zusammenhang zwischen<br />

Vermittlung und Abschluss genügt;<br />

der Zeitpunkt des Abschlusses ist bedeutungslos.<br />

Eine scharfe Begrenzung des<br />

Zusammenhanges würde Miss bräuchen<br />

zum Nachteil des mäklers Tür und Tor<br />

öffnen.»<br />

Die Mäklerin hat auch dann Anspruch auf<br />

den vollen Lohn, wenn die Auftraggeberin<br />

die von ihr in Gang gebrachten Verhandlungen<br />

selbst an die Hand nimmt und<br />

es erst ihr gelingt, den Vertrag auf der Basis<br />

der von der Mäklerin angeknüpften Beziehungen<br />

abzuschliessen. Der psychologische<br />

Zusammenhang bleibt trotz des<br />

Abbruchs der Verhandlungen bestehen.<br />

Er kann selbst dann vorliegen, wenn die<br />

Mäklerin an den Verhandlungen nicht bis<br />

zuletzt teilgenommen hat und der Geschäftsabschluss<br />

durch einen anderen,<br />

nachträglich gestellten Mäkler beeinflusst<br />

worden ist.<br />

Ein rechtlich erheblicher Zusammenhang<br />

ist dagegen in der Regel nicht gegeben,<br />

wenn der Vertrag nicht mit dem von<br />

der Mäklerin bearbeiteten Interessenten<br />

zustande kommt, sondern mit einem unabhängigen<br />

Dritten. In diesem Fall fehlt<br />

es an der erforderlichen aktiven Einwirkung<br />

der Mäklerin auf den Willensentschluss<br />

der Vertragspartei. Besteht jedoch<br />

zwischen dem ersten Interessenten<br />

und dem Dritten ein besonders enger<br />

menschlich-sozialer Zusammenhang und<br />

bildet der kontaktierte Interessent mit<br />

dem nachmaligen Käufer gewissermassen<br />

eine Personen-Einheit, darf nach der<br />

allgemeinen Lebenserfahrung davon ausgegangen<br />

werden – so die Praxis des Bundesgerichts<br />

–, dass die Tätigkeit der Mäklerin<br />

auch auf diese Person ausgestrahlt<br />

hat. Diese Voraussetzung ist beispielsweise<br />

erfüllt, wenn der Bearbeitete und der<br />

Dritte der gleichen Familie angehören. Eine<br />

scharfe Begrenzung des Zusammenhanges<br />

auf die Person des Bearbeiteten<br />

erschiene unbillig und könnte Missbräuchen<br />

zum Nachteil des Mäklers Tür und<br />

Tor öffnen, z. B. dadurch, dass einzig<br />

zwecks Umgehung der geschuldeten Provision<br />

pro forma eine Person, die dem ursprünglich<br />

Interessierten nahesteht, den<br />

Kaufvertrag abschliesst.<br />

Festzuhalten ist, dass die Nachweismäklerin<br />

die Beweislast dafür trägt, dass<br />

sie der Auftraggeberin<br />

die späteren<br />

Vertragspartner als<br />

Interessenten genannt<br />

hat, aber<br />

auch dafür, dass<br />

die Auftraggeberin<br />

und der Interessent<br />

aufgrund dieser<br />

Mitteilung zusammengekommen sind<br />

und den Vertrag abgeschlossen haben.<br />

Dieser Beweis ist für die Mäklerin nicht<br />

immer leicht zu erbringen. Immerhin<br />

spricht eine tatsächliche Vermutung zu<br />

ihren Gunsten: Sind Bemühungen nachweisbar<br />

unternommen worden, die objektiv<br />

betrachtet geeignet sind, den Abschluss<br />

des Hauptvertrages begünstigt zu<br />

haben, darf mangels anderer Anhaltspunkte<br />

angenommen werden, dass diese<br />

Bemühungen tatsächlich den Vertragsschluss<br />

zur Folge hatten.<br />

Herabsetzung des vereinbarten Mäklerlohnes.<br />

Die Provision bestimmt sich im<br />

Liegenschaftshandel in der Regel nach<br />

einem Prozentsatz der effektiv bezahlten<br />

Verkaufssumme und nicht nach dem tatsächlichen<br />

Aufwand des Mäklers. Auszugehen<br />

ist von den ortsüblichen Ansätzen.<br />

Analog zur Vorschrift von Art. 27 Abs. 2<br />

28 | immobilia Oktober <strong>2011</strong>

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