Berliner Kurier 20.04.2019

12 BERLIN BERLINER KURIER, Sonnabend, 20. April 2019
Wie treulos wardie
Treuhand wirklich?
Linke will mit U-AusschussZerschlagung von DDR-Betrieben nach 1989 durchleuchten
Von
MIKE WILMS
Berlin – Die Treuhand ist
schuld am wirtschaftlichen
Rückstand des Ostens. Um
diese Behauptung zu belegen,
will die Linke im Bundestag
einen neuen Untersuchungsausschuss.
Er soll 30 Jahre
nach der Wende das Wirken
der früheren Superbehörde
neu aufrollen. Der Vorstoß
kommt kurz vor wichtigen
Landtagswahlen im Osten.
Die Treuhand-Anstalt wurde
gegründet, um Staatsbetriebe
zu privatisieren und für den
„Aufbau Ost“ sorgen. Hat sie in
Wahrheit einen „brutalen Ka-
pitalismus“ über die neuen
Bundesländer gebracht? Dietmar
Bartsch, Fraktionschef der
Linken, hat dazu eine klare
Meinung. Er sagt: „Das Treuhand-Trauma
ist nicht überwunden.“
Verheerende politische
Fehler, die nach der Wende
gemacht wurden, müssten
endlich aufgearbeitet werden.
Der Schaden, den die Treuhand
angerichtet habe, sei „bis heute
eine wesentliche Ursache für
den ökonomischen Rückstand
des Ostens“. Und auch für den
„politischen Frust vielerorts“.
Bartsch findet, es sei „höchste
Zeit“, dass sich der Bundestag
erneut mit der Treuhand befasst.
Das sei eine Frage des Respekts
gegenüber Millionen
Ostdeutschen, die in der Nachwendezeit
ihre Arbeit verloren
hätten. In dem Linken-Antrag
heißt es, die parlamentarischen
U-Ausschüsse der 90er-Jahre
seien unzureichend gewesen.
Ein Großteil relevanter Akten
sei nicht oder zumindest nicht
öffentlich vorgelegt worden.
Der neue Untersuchungsausschuss
müsse klären, inwieweit
die Arbeitsweise der Treuhand
die Herstellung gleichwertiger
Lebensverhältnisse zwischen
Ost und West langfristig gehemmt
habe. Untersucht werden
müsse auch, warum „überlebensfähige
Treuhandunternehmen“
geschlossen und Jobs
vernichtet worden seien. Matthias
Höhn, der Ostbeauftragte
der Linksfraktion betont, ohne
eine schonungslose Aufarbeitung
des „Treuhand-Desasters“
sei eine echte Vollendung der
Deutschen Einheit unmöglich.
Die Linke kann den U-Ausschuss
aber nicht auf eigene
Faust einrichten. Sie benötigt
Unterstützung
anderer Frakeinen
Ausschuss
tionen: Für muss ein Viertel der Abgeord-
Bartsch will
neten stimmen.
deshalb jetzt mit Union, SPD,
FDP und Grünen reden.
Der Ost-Beauftragte des Bun-
des, Christian
Hirte (CDU),
lehnt einen neuen U-Ausschuss
ab: Die Ursache der Probleme
in der ostdeutschen
Wirtschaft liege
vor allem in der
Zeit vor 1989.
Mitarbeit:
A. Hoenig
Dietmar
Bartsch
(Linke)
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