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Berliner Zeitung 09.08.2019

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<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 183 · F reitag, 9. August 2019 – S eite 18 *<br />

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Sport<br />

Operation wacklige Knie<br />

Bayerns Wunschspieler Leroy Sané hat offenbar einen Kreuzbandanriss erlitten –was die Münchner beim geplanten Kaderumbau in arge Bedrängnis bringt<br />

VonMaik Rosner,Rottach-Egern<br />

Streng geheim ging es zuletzt<br />

im scheinbar unendlichen<br />

Ablösepoker um Leroy Sané,<br />

23, zu. Erst recht seit seiner<br />

Verletzung am rechten Knie,die sich<br />

der Flügelspieler am Sonntag im<br />

Community Shield, dem englischen<br />

Supercup, gegen den FC Liverpool<br />

zugezogen hatte. Wie Sanés Verein<br />

Manchester City am frühen Donnerstagabend<br />

nun aber bestätigte,<br />

handelt es sich dabei um eine Beschädigung<br />

des vorderen Kreuzbandes,laut<br />

Bild und kicker ist dieses angerissen.<br />

Wie der Klub weiter mitteilte,<br />

werde Sané in der kommenden<br />

Woche operiert. Er dürfte<br />

monatelang ausfallen, voraussichtlich<br />

bis mindestens zurWinterpause.<br />

Offen blieb zunächst, wie der FC<br />

Bayern auf die Schocknachricht reagiertund<br />

ob nun vorerst Abstand genommen<br />

wird von der angestrebten<br />

Verpflichtung. Dass der Transfer zumindest<br />

in diesem Sommer platzt,<br />

wird nun wahrscheinlicher. Bayerns<br />

Sportdirektor Hasan Salihamidzic<br />

beließ es bei einer Mitleidsbekundung<br />

und Besserungswünschen.<br />

Die Diagnose wurde nur wenige<br />

Minuten nach dem Ablauf der Transferfrist<br />

in England offiziell. Verkäufe,<br />

wie von Sané, sind in der Premier<br />

League weiterhin möglich, allerdings<br />

mit dem Nachteil, keinen Ersatz<br />

mehr verpflichten zu können.<br />

Der von City just aus Turin geholte<br />

João Cancelo ist das kaum, weil er im<br />

Gegensatz zu Sané rechts spielt und<br />

zudem schwerpunktmäßig in der<br />

Defensive. In Deutschland darfnoch<br />

bis zum 2. September auf dem Sommerbasar<br />

geshoppt werden.<br />

Doch für die Münchner mit ihren<br />

bisher 17 Feldspielern sind auch<br />

diese noch gut drei Wochen knapp<br />

bemessen, zumal sie sich „noch einige<br />

Transfers“ vorgenommen haben,<br />

wie Vorstandschef Karl-Heinz<br />

Rummenigge unlängst ankündigte.<br />

Es ist ein Schlussverkauf mit hohem<br />

Handlungsdruck, durch den Rabatte<br />

oder gar Schnäppchen kaum zu erwarten<br />

sind, eher im Gegenteil. Nun<br />

steht offenbar auch noch der angestrebte<br />

Königstransfer von Sané vor<br />

dem Aus, den die Bayern zunächst<br />

vollziehen wollten, ehe sie sich näher<br />

mit den weiteren angestrebten<br />

Zukäufen beschäftigen. Allein<br />

Fällt erst mal auf unbestimmte Zeit aus: LeroySané.<br />

schon, weil erst einmal feststehen<br />

sollte, wie viele Millionen das Gesamtvolumen<br />

für den deutschen Nationalspieler<br />

verschlingt und wie<br />

viele danach noch guten Gewissens<br />

ausgegeben werden können. Nun<br />

spitzt sich der anhaltende Transferstau<br />

bei den Münchnernweiter zu.<br />

Der ohnehin an Wendungen reiche<br />

Krimi erlebt jedenfalls gerade<br />

eine weitere spektakuläre Volte, an<br />

deren Ende statt der geheimen<br />

Übergabe der Geldkoffer im Dunkel<br />

der Nacht auf einer Brücke über<br />

Manchesters Fluss Irwell nun eine<br />

Pointe zu stehen scheint, die den FC<br />

Bayern in ernsthafte Bedrängnis<br />

Interessiert: Der FC Bayern<br />

ist offensichtlich an einer<br />

Verpflichtung vonHakim<br />

Ziyech, 26, interessiert. Ajax<br />

Amsterdam will den Marokkaner<br />

aber wohl erst nach erfolgreicher<br />

Qualifikation für<br />

die Königsklasse gehen lassen.<br />

Der Flügelstürmer soll<br />

35 Millionen Euro kosten.<br />

ZIYECH IM VISIER<br />

Eliminiert: Im Gespräch ist<br />

auch StevenBergwijn. Der<br />

Niederländer wäre sofortzu<br />

haben, weil er mit Eindhoven<br />

in der Qualifikation zur<br />

Champions League schon<br />

ausgeschieden ist. Der<br />

Linksaußen hat in der vergangenen<br />

Saison 14 Tore geschossen.<br />

Terminiert: Problem bei all<br />

diesen Spielern: Sie sind<br />

nicht da, obwohl die Zeit<br />

drängt. Am Montag tritt der<br />

FC Bayern im DFB-Pokal<br />

bei Energie Cottbus an<br />

(20.45 Uhr), nur vierTage später<br />

empfängt er Hertha BSC<br />

zumAuftaktspielder Bundesliga(Freitag,20.30<br />

Uhr).<br />

WITTERS/BARRATT<br />

bringt beim Kaderumbau. Denn dieser<br />

hing zuletzt an den teuren Bändern<br />

Sanés und damit wohl am<br />

sprichwörtlichen seidenen Faden.<br />

Diese Redewendung geht passenderweise<br />

zum Nervenspiel um Sané<br />

auf das gefährlich baumelnde<br />

Schwert zurück, das der griechische<br />

Tyrann Dionys über seinem Sitz an<br />

der Tafel anbringen ließ, ehe er seinem<br />

Höfling Damokles seinen Platz<br />

anbot. Der Untertan beneidete den<br />

Herrscher um dessen Macht, und<br />

dieser wollte der Erzählung nach Damokles<br />

die Lehreerteilen, welche Risiken<br />

mit seiner Position verbunden<br />

sind. Umgelegt auf den FC Bayern<br />

und Sportdirektor Hasan Salihamidzic<br />

heißt das: Eingleichwertiger und<br />

sofort einsatzfähiger Ersatz für Sané<br />

dürfte kaum aufzutreiben sein. Damokles<br />

verließ das Mahl übrigens erschrocken,<br />

als er das Schwert über<br />

sich erblickte.<br />

Wenn sich der Nebel in diesem<br />

Transferthriller weiter gelichtet hat,<br />

dürfte unabhängig vomAusgang der<br />

Eindruck bleiben, in welch missliche<br />

Lage sich die Münchner durch den<br />

offensichtlich nicht besonders gut<br />

vorbereiteten Kaderumbau gebracht<br />

haben. Von diesem sprachen sie<br />

schon vor Jahren für die Zeit nach<br />

dem Flügelduo Franck Ribéry und<br />

Arjen Robben. Nach vollmundigen<br />

Ankündigungen und dem öffentlichen<br />

Werben um Nachfolger folgte<br />

zuletzt die Kehrtwende zum großen<br />

Schweigen, um nicht auch noch<br />

Sanés angestrebten Transfer zu gefährden.<br />

Im Gegensatz zu anderen<br />

Profis seiner Preisklasse jenseits der<br />

100 Millionen Euro, jedenfalls vor<br />

seiner Verletzung, ist Sané bei seinem<br />

Arbeitgeber aber kein Superstar,nicht<br />

einmal Stammspieler.<br />

Auch Boateng verletzt sich<br />

Bei diesem Transfervorhaben kam<br />

nun noch Pech hinzu neben jenem<br />

Risiko, das Gehaltsgefüge der Bayern<br />

aus dem Gleichgewicht zu bringen,<br />

mögliche Folgeforderungen von<br />

Spielernwie RobertLewandowski für<br />

die angedachte Vertragsverlängerung<br />

inklusive. Ganz abgesehen davon,<br />

dass Sané nach dem 80 Millionen<br />

Euro teuren Verteidiger Lucas<br />

Hernández, 23, der zweite Rekordeinkauf<br />

nacheinander wäre, der mit einer<br />

Knieverletzung samt langer Absenz<br />

zu den Münchnernüberläuft.<br />

Hernández ist nach seiner OP im<br />

MärzimTrainingslager am Tegernsee<br />

gerade erst in die Teameinheiten eingestiegen,<br />

aus denen sich Innenverteidiger<br />

Jérôme Boateng am Donnerstag<br />

wegen Schmerzen im<br />

Sprunggelenk vorerst verabschiedete,<br />

nachdem er umgeknickt war. Bei<br />

Hernández ist derweil unklar, wann<br />

er spielfit sein wird.Wenn man so will,<br />

läuft die inzwischen geheime Kommandosache<br />

Kaderumbau der Bayern<br />

unter dem Codenamen Operation<br />

wackelige Knie. Diese dürften<br />

wohl zunehmend auch die Münchner<br />

Klubführung befallen –weitere<br />

Pointen nicht ausgeschlossen.<br />

Ihre besten Tage<br />

Vor20Jahren startete Hertha BSC in das Abenteuer Champions League –was aus den Cracks von damals geworden ist<br />

VonMichael Jahn<br />

Michael Hartmann ist verdutzt,<br />

als man ihn auf das anstehende<br />

Jubiläum hinweist. „Was, das<br />

soll schon zwanzig Jahre her sein?<br />

Unglaublich, wie die Zeit vergeht“,<br />

sagt der 45-Jährige, der derzeit die<br />

U19 von Hertha BSC trainiert.<br />

Schließlich erinnert ersich an seine<br />

besten Tage als Flügelstürmer bei<br />

den Blau-Weißen: „Das war schon<br />

eine Riesending, als wir vor zwanzig<br />

Jahren in die Champions League eingezogen<br />

sind. Es war die erfolgreichste<br />

Zeit von Hertha und für alle<br />

ein großes Erlebnis.“<br />

Am 11. August 1999 kamen 42 500<br />

Zuschauer ins Olympiastadion, um<br />

Hertha im ersten Qualifikationsspiel<br />

für die Gruppenphase der europäischen<br />

Königsklasse gegen Anorthosis<br />

Famagusta aus Zypern zusehen.<br />

Der sensationelle dritte Platz in der<br />

Bundesligasaison 1998/99 hatte die<br />

Mannschaft nach Europa gebracht.<br />

Hertha siegte unter Trainer Jürgen<br />

Röber mit 2:0 gegen Famagusta und<br />

Fans von Hertha BSC im Jahr 1999 IMAGO IMAGES/CAMERA 4<br />

im Rückspiel auf Zypern reichte ein<br />

0:0, um endlich im Kreis der ganz<br />

Großen anzukommen. Danach folgten<br />

in Gruppenphase eins die namhaften<br />

Gegner Galatasaray Istanbul,<br />

AC Mailand und Chelsea London.<br />

Michael Hartmann gehört aus der<br />

Mannschaft, die beim 2:0 gegen Famagusta<br />

bei der Premiere auf dem<br />

Rasen stand, zu denjenigen ehemaligen<br />

Profis, die noch heute sehr aktiv<br />

im Fußballgeschäft tätig sind. Aber<br />

was machen die anderen Cracks von<br />

einst?<br />

Gabor Kiraly, die Torwart-Legende,hat<br />

erst in diesem Sommer im<br />

Alter von 43Jahren seine großartige<br />

Karrierebeendet –nach 107 Länderspielen<br />

für Ungarn. Er betreibt sein<br />

eigenes ,großes Sportzentrum in seiner<br />

Heimatstadt Szombathely.<br />

Hendrik Herzog, 50, ist der Hertha<br />

treugeblieben und arbeitet seit vielen<br />

Jahren als Zeugwart der Profimannschaft.<br />

Kjetil Rekdal, 50, der<br />

norwegische Nationalspieler (83<br />

Einsätze), lebt in Hamar und arbeitet<br />

nach zahlreichen Trainerjobs als TVtreibt<br />

eine Fußballschule in Bochum.<br />

PalDardai, 43, erholt sich von<br />

seinem Job als Cheftrainer von Hertha,<br />

den er vonFebruar 2015 bis Mai<br />

2019 innehatte, am Balaton. René<br />

Tretschok, 50, leitet eine Fußballschule<br />

in Wolfen. Michael Preetz, 51,<br />

ist seit 2009 Manager und Geschäftsführer<br />

von Hertha BSC. Ali Daei, 49,<br />

ist mit 149 Länderspielen und 109<br />

Toren der Rekordspieler im Fußball<br />

Kommentator.Andreas Schmidt, 45,<br />

ist stellvertretender Aufsichtsratschef<br />

der Hertha und Finanzberater<br />

in Berlin. Eyjölfur Sverrison, 51, war<br />

bis Ende 2018 U21-Nationaltrainer<br />

in seiner Heimat Island und züchtet<br />

Pferde auf der Vulkaninsel. Andreas<br />

Thom, 53, arbeitet als Individualcoach<br />

bei Hertha. Kostas Konstantinidis,<br />

46, ist Scout in seiner Heimat<br />

Griechenland. Dariusz Wosz, 50, bedes<br />

Iran. Lange arbeitete der populäreMann<br />

als Trainer,imMoment ist<br />

er aber ohne Verein. UndIlija Aracic,<br />

48, war bis vorwenigen Monaten Co-<br />

Trainer beim VfB Stuttgart, im Augenblick<br />

ist auch er ohne Job.<br />

Böses Foul vonHagi<br />

Für Michael Hartmann, der Herthas<br />

U19 auch schon zur Deutschen<br />

Meisterschaft führen konnte,endete<br />

das Abenteuer Champions League<br />

erst mal schmerzhaft im ersten<br />

Gruppenspiel bei Galatasaray Istanbul.<br />

Beim umkämpften 2:2 zog er<br />

sich einen Mittelfußbruch zu. „Georghe<br />

Hagi hatte mich böse erwischt“,<br />

erinnert sich Hartmann an<br />

die hektische Schlussphase, „Kostas<br />

Konstantinidis bekam die Rote Karte<br />

und danach wurde es unfair.“<br />

Erst später, inder zweiten Gruppenphase<br />

gegen den FC Porto, den<br />

FC Barcelona und Sparta Prag, kam<br />

Hartmann nach über acht Wochen<br />

Pause wieder zum Einsatz. „Gegen<br />

diese Gegner hatte uns ein wenig das<br />

Spielglück verlassen“, sagt Hartmann<br />

nun. „Wir waren wirklich ein<br />

sehr gutes Team.“<br />

Noch schneller als Hartmann erwischte<br />

es Kjetil Rekdal, damals einer<br />

der „Köpfe“ des Teams. Beim 2:0<br />

gegen Famagusta im Spiel eins zoger<br />

sich einenWadenbeinbruch zu,„den<br />

dritten innerhalb von zwei Jahren“,<br />

sagt Rekdal nun am Telefon. „Ich<br />

dachte schon ans Aufhören.“ Doch<br />

zwei Monate später, beim legendären<br />

1:0-Sieg gegen den AC Mailand,<br />

war Rekdal wieder der umsichtige<br />

Abwehrchef. Er sagt: „In der ersten<br />

Gruppenphase waren wir sehr stark,<br />

in der zweiten Phase haben wir enttäuscht,<br />

da ging uns die Luft aus.“<br />

Rekdal war damals schon ein gestandener<br />

Nationalspieler,„aber mit seinem<br />

Verein in der Champions<br />

League zu spielen, war etwas ganz<br />

Großes!“<br />

Nach 14 Auftritten (inklusive<br />

Qualifikation) war für Hertha im<br />

März2000 Schluss in der Champions<br />

League.Rund 40 Millionen Mark waren<br />

der Lohn und viel Anerkennung<br />

in Fußball-Europa.

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