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<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 207 · F reitag, 6. September 2019 11 *<br />
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Berlin<br />
Ein Besuch mit Folgen<br />
Richard Grenell, US-Botschafter in Berlin, verurteilt das Treffen zwischen Michael Müller und dem Teheraner Bürgermeister mit scharfen Worten<br />
VonAnnika Leister<br />
Erst hat das für Freitag geplante<br />
Treffen des Regierenden<br />
Bürgermeisters Michael<br />
Müller (SPD) mit seinem<br />
Teheraner Amtskollegen Pirouz<br />
Hanachi für scharfe Kritik von jüdischenVereinen<br />
und Oppositionsparteien<br />
gesorgt. Jetzt findet auch der<br />
US-Botschafter in Berlin, Richard<br />
Grenell, klareWorte.Den „roten Teppich“<br />
für Hanachi auszurollen, der<br />
den Revolutionsgarden nahe stehe<br />
und zur Zerstörung Israels aufrufe,<br />
sei unvertretbar,sagte Grenell der Jerusalem<br />
Post. Er sei nicht sicher, ob<br />
die Idee, Hanachi einzuladen, aus<br />
Berlin oder dem Auswärtigen Amt<br />
komme.Aber Hanachi „sollte auf der<br />
Sanktionsliste der USA und EU stehen,<br />
nicht auf Berlins VIP-Liste.“<br />
Claudia Sünder, Sprecherin des<br />
Senats, teilte am Donnerstag mit,<br />
dass Müllers Treffen mit Hanachi<br />
vom Auswärtigen Amt geprüft und<br />
gutgeheißen wurde. „Selbstverständlich<br />
wird der Regierende Bürgermeister<br />
das Treffen auch dazu<br />
nutzen, das Existenzrecht des Staates<br />
Israel zu unterstreichen und Berlins<br />
besondere Beziehung zu Israel<br />
hervorzuheben“, so Sünder. Der Besuch<br />
sei eine Chance, imGespräch<br />
die gelebte Weltoffenheit und Toleranz<br />
der Metropole Berlin und die<br />
hierfür wesentlichen freiheitlich-demokratischen<br />
Werte deutlich zur<br />
Sprache zu bringen.<br />
Das Auswärtige Amt teilte der<br />
<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> auf Nachfrage mit,<br />
Soll man ihn empfangen? Die Geister scheiden sich an Pirouz Hanachi.<br />
„Der den Revolutionsgarden nahestehende<br />
Bürgermeister sollte auf der Sanktionsliste<br />
der USA und der EU stehen,<br />
nicht auf der VIP-Liste Berlins“<br />
Richard Grenell, US-Botschafter in Berlin, im Gespräch mit der Jerusalem Post<br />
IMAGO<br />
dass es sich bei dem Treffen zwischen<br />
Müller und Hanachi um eine<br />
kommunalpolitische Reise handele.<br />
„Das Auswärtige Amt hatte keine<br />
Einwände gegen ein Treffen zwischen<br />
den Bürgermeistern.“ Die<br />
Bundesregierung unterhalte weiterhin<br />
diplomatische Beziehungen und<br />
Gesprächskanäle mit dem Iran.<br />
Dazu gehöre die „Ausgestaltung von<br />
Beziehungen auf verschiedenen Feldern<br />
und Ebenen“, zum Beispiel in<br />
Wissenschaft und Kultur.<br />
Müller will sich am Freitagmittag<br />
im Roten Rathaus mit Hanachi treffen.<br />
Hanachi war laut iranischer<br />
Nachrichtenagentur ISNA Mitglied<br />
der Revolutionsgarden und nahm<br />
noch im Maidieses Jahres am antisemitischen<br />
Al-Quds-Marsch in Teheran<br />
teil. Der Iraner soll sich laut Terminankündigung<br />
auf Müllers offizieller<br />
Webseite auch ins Gästebuch<br />
der Stadt eintragen. DiePresse ist zu<br />
dem Termin eingeladen, um Fotos<br />
zu machen. Angemeldet ist nach Informationen<br />
der <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong><br />
außerdem eine dreiköpfige Verwaltungsdelegation<br />
aus dem Iran und<br />
der iranische Botschafter Mahmoud<br />
Farazandeh. Die Exiliranische Gesellschaft<br />
hat für Freitagmittag eine<br />
Demonstration mit 50 Teilnehmern<br />
direkt vor dem Roten Rathaus angemeldet.<br />
Auch Müllers Koalitionspartner,<br />
die Grünen, halten wenig von dem<br />
Fototermin. Einen Eintrag in das<br />
Gästebuch der Stadt fände sie „unglücklich“,<br />
sagte Grünen-Fraktionschefin<br />
Antje Kapek der <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong>.<br />
„Auch von gemeinsamen Lächelbildern<br />
würde ich dringend abraten.“<br />
Umso wichtiger sei, in dem<br />
Gespräch konsequent auf alle Themen<br />
zu dringen, für die das weltoffene<br />
Berlin stehe,soKapek.<br />
CDU-Landeschef KaiWegner forderte<br />
am Donnerstag die Absage<br />
nicht nur des Fototermins, sondern<br />
des Treffens mit Hanachi. Berlin sei<br />
eine tolerante und weltoffene Stadt.<br />
„Unsere Toleranz muss aber gegenüber<br />
Islamisten enden“, so Wegner.<br />
„Antisemitische Hetzer dürfen in<br />
Berlin nicht hofiertwerden.“<br />
Jüdische Gemeinde ist irritiert<br />
Zwischen den Bürgermeistern ist<br />
laut Senatskanzlei ein Arbeitsgespräch<br />
geplant. Teheran sei seit 27<br />
Jahren Mitglied im Städtenetzwerk<br />
Metropolis und Teil des Vorstands.<br />
Müller ist als Regierender Bürgermeister<br />
von Berlin derzeit Präsident<br />
des Netzwerks. „Das Netzwerk und<br />
seine Foren arbeiten demokratisch,<br />
dienen dem internationalen Dialog<br />
und nicht zuletzt auch der kritischen<br />
Auseinandersetzung“, sagte Sünder.<br />
Der Fototermin mit dem Teheraner<br />
Bürgermeister finde im Rahmen der<br />
Begrüßung vordem Arbeitsgespräch<br />
statt und gebe Gelegenheit für Auftaktbilder,<br />
hieß es von der Senatskanzlei<br />
weiter.<br />
Die Jüdische Gemeinde Berlin<br />
zeigte sich bereits am Mittwoch insbesonderevon<br />
dem Fototermin „irritiert“,<br />
er stehe in klarem Gegensatz zu<br />
sonstigen politischen Bekun-dungen<br />
des Senats. Das American Jewish<br />
Committee Berlin bezeichnete es als<br />
„fatales Signal an all jene,die sich tagtäglich<br />
gegen Antisemitismus engagieren“.<br />
Dass Berlin offiziell einen<br />
Vertreter des Regimes empfange, das<br />
die Zerstörung Israels fordere, „können<br />
wir nicht akzeptieren“.<br />
Elio Adler, Vorstandsvorsitzender<br />
der „Werteinitiative“ für deutsch-jüdische<br />
Positionen, veröffentlichte<br />
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am Donnerstag einen Brief an Müller,<br />
indem er kritisierte, dass Bilder<br />
vondem Besuch produziertwürden,<br />
die das iranische Regime als Legitimierung<br />
und Respektsbekundung<br />
benutzen könne. „Ihnen sollte bitte<br />
bewusst sein, dass durch diesen Besuch,<br />
anstelle einer Stärkung der demokratischen<br />
Opposition, das Mullah-Regime<br />
weiter stabilisiertund legitimiertwird“,<br />
so Adler.<br />
Annika Leister<br />
würde kein Foto mit einem<br />
Antisemiten wollen.