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Berliner Zeitung 06.09.2019

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12 * <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 207 · F reitag, 6. September 2019<br />

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Berlin<br />

Vereint für den Neubau<br />

Der Regierende Bürgermeister Michael Müller und Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher erkunden gemeinsam neue Wohnquartiere in der Stadt<br />

VonUlrich Paul<br />

Vor wenigen Wochen lagen<br />

sie noch im Clinch über<br />

den Stadtentwicklungsplan<br />

Wohnen und die<br />

Frage, obgenug für den Wohnungsneubau<br />

getan wird. Am Donnerstag<br />

gingen der Regierende Bürgermeister<br />

Michael Müller (SPD) und Stadtentwicklungssenatorin<br />

Katrin<br />

Lompscher (Linke) auf Tour,umsich<br />

ein Bild vom Stand des Neubaus der<br />

landeseigenen Wohnungsunternehmen<br />

zu machen.<br />

Hakenfelde in Spandau ist die<br />

erste Station. Rund um Mertensund<br />

Goltzstraße im Nordwesten der<br />

Stadt sind innerhalb von zweieinhalb<br />

Jahren 1024 Mietwohnungen<br />

für die landeseigene Degewo und die<br />

Wohnungsbaugesellschaft Mitte<br />

(WBM) entstanden: die Pepitahöfe.<br />

Wie groß die Wohnungen hier sind,<br />

fragt der Regierende Bürgermeister.<br />

Bevor ein anderer antworten kann,<br />

zählt die Stadtentwicklungssenatorinauf,<br />

wie viele Wohnungen in welcher<br />

Größe entstanden sind. Die<br />

fünf- bis sechsgeschossigen Gebäude<br />

mit ihren hellen Fassaden<br />

gruppieren sich um grüne Höfe. Gebaut<br />

wurden die Wohnungen von<br />

der privaten Kilian Immobiliengruppe<br />

und der MHMI Immobilien<br />

Verwaltung –termingerecht und im<br />

veranschlagten Budget. Einer der<br />

Wohnblöcke sei sogar früher fertig<br />

geworden, sagt Jürgen Kilian, Chef<br />

der Kilian Immobiliengruppe. Fast<br />

alle Unterkünfte sind bereits belegt.<br />

Nur acht Wohnungen sind noch zu<br />

haben. Dass die Nachfrage so groß<br />

ist, liegt auch an den niedrigen Mietpreisen.<br />

Die günstigsten Wohnungen<br />

kosten 6Europro Quadratmeter.<br />

Die Durchschnittsmiete liegt bei<br />

8,96 Euro je Quadratmeter Wohnfläche<br />

kalt.<br />

Günstige Mieten<br />

Nächste Station ist das Projekt Waterkant<br />

in Spandau. Auf dem Areal<br />

der Wasserstadt Oberhavel errichtet<br />

die Wohnungsbaugesellschaft Gewobag<br />

am östlichen Ufer der Havel<br />

bis zum Jahr 2025 insgesamt 2000<br />

Wohnungen, weitere 500 werden<br />

von der Wohnungsbaugesellschaft<br />

Mitte beigesteuert. DieGewobag hat<br />

mit dem Bau von 362 Wohnungen<br />

begonnen. Sie sollen im Oktober<br />

nächsten Jahres fertig sein. Die Mieten<br />

beginnen bei 6Euro jeQuadratmeter.<br />

ImSchnitt werden die neuen<br />

Wohnungen für 9,25 Euro je Quadratmeter<br />

vermietet. WerGlück hat,<br />

bekommt dafür eine Wohnung mit<br />

traumhaftem Blick auf die Havel. Die<br />

„allergrößte Herausforderung“ hier<br />

sei die Verkehrsanbindung, sagt Gewobag-Chefin<br />

Snezana Michaelis.<br />

Bisher fährt hier nur der Bus direkt<br />

ins Viertel, die nächste U-Bahnstation<br />

ist ein Kilometer entfernt.<br />

Die Verkehrserschließung ist das<br />

Problem vieler Neubauviertel, die<br />

am Rande der Stadt entstehen. Das<br />

Auf Tour:Katrin Lompscher und Michael Müller,hier in den Pepitahöfen. BLZ/MARKUS WÄCHTER<br />

ist auch der Politik klar.„Es muss was<br />

passieren“, sagt die Stadtentwicklungssenatorin.<br />

Es sei wichtig, sich<br />

vor Ort zu informieren, wie die Zusammenarbeit<br />

der Beteiligten funktioniere,<br />

sagt Müller. Nötig sei, dass<br />

alle Partner mitspielen: Nicht nur die<br />

Senatsverwaltung für Stadtentwicklung,<br />

sondern genauso die Ressorts<br />

für Umwelt und Verkehr sowie die<br />

Denkmalschutzbehörde.Möglicherweise<br />

müssten Projekte aus der Clearingstelle,<br />

inder Problemfälle beraten<br />

werden, noch schneller zur Entscheidung<br />

in den Senat gebracht<br />

werden. „Wir müssen einfach vorankommen“,<br />

sagt Müller. Das Ziel,<br />

30 000 landeseigene Wohnungen in<br />

dieser Legislaturperiode (2016 bis<br />

2021) zu errichten, sei ambitioniert,<br />

so Müller. „Aber man kann es erreichen<br />

oder zumindest sehr nah rankommen.“<br />

Unddas müsse weiter engagiertverfolgt<br />

werden.<br />

50 000 Wohnungen geplant<br />

Tatsächlich sehen die aktuellen Planungen<br />

vor, dass die sechs landeseigenen<br />

Unternehmen 26 149 Wohnungen<br />

bis 2021 fertigstellen. Die<br />

Pläne für den Bau von 30 000 Wohnungen<br />

haben sie damit nicht aufgegeben.<br />

Begonnen werden soll bis<br />

2021 sogar der Bau von 31 566 Wohnungen.<br />

Ein Teil davon wird jedoch<br />

erst nach dem Ende der Legislaturperiode<br />

fertig. Geplant sind mittlerweile<br />

insgesamt rund 50 000 Neubauwohnungen.<br />

Mehr und mehr der günsti-<br />

gen Wohnungen kommen in die Vermietung.<br />

Während im vorigen Jahr<br />

3279 Wohnungen der landeseigenen<br />

Gesellschaften fertiggestellt wurden,<br />

sollen es in diesem Jahr 5000 sein.<br />

Wasdie Senatsmitglieder beruhigen<br />

dürfte: Der geplante Mietendeckel<br />

werde nach jetzigem Stand<br />

nicht dazu führen, dass der Neubau<br />

der landeseigenen Unternehmen reduziertwird,<br />

sagt Gesobau-Chef Jörg<br />

Franzen. Der Regierende Bürgermeister<br />

bezeichnet den Referentenentwurf<br />

für den Mietendeckel als einen<br />

Zwischenstand. Zu den sensiblen<br />

Punkten gehöre die geplante<br />

Möglichkeit zur Absenkung der<br />

Miete, wenn die Wohnkosten mehr<br />

als 30 Prozent des Einkommens ausmachen<br />

–aber auch, dass es bisher<br />

keine Differenzierung der Miet-<br />

Obergrenze nach Lage gebe. Darüber<br />

soll also noch geredet werden.<br />

Über weitere Stationen für ein<br />

Studierenden-Wohnhaus der Gesobau<br />

in Gesundbrunnen und ein Projekt<br />

der Howoge in Lichtenberg erreicht<br />

der Tross am Ende ein Bauvorhaben<br />

für gemeinschaftliches Wohnen<br />

der Stadt und Land in Neukölln.<br />

Lompschers Fazit: „Die Neubau-Aktivitäten<br />

kommen auf Touren. Was<br />

wir sehen, hat eine hohe Qualität.“<br />

Ulrich Paul erwartet, dass<br />

der Neubau bald für Entlastung<br />

auf dem Markt sorgt.<br />

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Yoga im<br />

Regierungsviertel<br />

Klima-Initiative Extinction Rebellion kündigt Aktionen an<br />

VonElmar Schütze<br />

Der Herbst steht ganz im Zeichen<br />

der Proteste gegen die zögerliche<br />

Klimapolitik der Bundesregierung<br />

und anderer Regierungen weltweit.<br />

Am 20. September ruft die<br />

Initiative „Fridays for Future“ zu einem<br />

bundesweiten Klimastreik auf –<br />

in fast 250 deutschen Städten gibt es<br />

dazu bereits Anmeldungen. Zwei<br />

Wochen später beginnt die Initiative<br />

Extinction Rebellion, die Rebellion<br />

gegen das Aussterben, mit einer Aktionswoche<br />

in Berlin. Dabei seien<br />

unter anderem ein Camp im Regierungsviertel<br />

sowie Podiumsdiskussionen,<br />

Bürgerversammlungen aber<br />

etwa auch Yoga-Stunden geplant,<br />

hieß es am Donnerstagnachmittag.<br />

Kurz nach dieser Ankündigung besetzte<br />

eine Gruppe die Warschauer<br />

Straße in Friedrichshain –eine Dreiviertelstunde<br />

später wurde die Blockade<br />

friedlich geräumt.<br />

Extinction Rebellion hat seine<br />

Wurzeln in Großbritannien, versteht<br />

sich aber als eine weltweite soziale<br />

Bewegung. Mit Mitteln des zivilen<br />

Ungehorsams setzt sich die Gruppe<br />

als klassische Graswurzelbewegung<br />

gegen das mögliche Aussterben der<br />

Menschheit als Folge der Klimakrise<br />

aber auch das Massenaussterben<br />

von Tieren und Pflanzen und der<br />

Vernichtung von Lebensraum ein.<br />

Im April 2019 war sie nach eigenen<br />

Angaben in 49 Ländernmit 331 Ortsgruppen<br />

vertreten.<br />

In Berlin wurde Extinction Rebellion<br />

im Aprilerstmals einer größeren<br />

Öffentlichkeit bekannt. Recht vollmundig<br />

kündigten sie unter anderem<br />

eine Besetzung der Oberbaumbrücke<br />

an und verkauften dies als zivilen<br />

Ungehorsam und sprachen davon,<br />

Berlin lahmlegen und die<br />

Menschen „in ihrem Alltagsablauf<br />

aktiv stören“ zu wollen. Tatsächlich<br />

setzten sich einige Aktivisten auf die<br />

Brücke, wosie sich schließlich von<br />

der Polizei wegtragen ließen<br />

Ob in der Aktionswoche vom 5.<br />

bis zum 13. Oktober Ähnliches geplant<br />

ist, wurde am Donnerstag<br />

nicht gesagt. Am 7. Oktober sind<br />

auch Aktionen unter anderem in Paris,<br />

London und NewYorkgeplant.<br />

Längst bekannt sind die Pläne<br />

von„Fridays for Future“ am 20. September.<br />

Von 9bis 14 Uhr wird am<br />

Brandenburger Tor geklimastreikt,<br />

für 12 Uhr ist eine Kundgebung vorgesehen.<br />

Ab 15 Uhr wird inder Waldemarstraße<br />

in Kreuzberg zueiner<br />

Demonstration für Klimaschutz,<br />

mehr Platz auf den Straßen für radfahrende<br />

und spielende Kinder und<br />

gute Luft im Kiez aufgerufen.<br />

Am Donnerstag erklärten sich Akteure<br />

von Extinction Rebellion mit<br />

„Fridays for Future“ solidarisch.<br />

Mansehe sich selbst als „kleinen Teil<br />

einer ganz großen Bewegung“.<br />

Rebellion gegen das Aussterben: Sitzblockade auf der Warschauer Straße. RND/STERNBERG

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