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4* <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 207 · F reitag, 6. September 2019<br />
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Politik<br />
NACHRICHTEN<br />
Staat kann Unterhalt meist<br />
nicht zurückholen<br />
DerStaat kann sich den Unterhaltsvorschuss,den<br />
er für Kinder vonAlleinerziehenden<br />
zahlt, in den meisten<br />
Fällen nicht zurückholen. Die<br />
Quote der Fälle,indenen dies möglich<br />
ist, liegt bei 39 Prozent, wie Bundesfamilienministerin<br />
Franziska Giffey<br />
(SPD) am Donnerstag in Berlin<br />
sagte.„In 61 Prozent der Fälle ist ein<br />
Rückgriff nicht möglich gewesen“,<br />
betonte die Familienministerin. Dies<br />
war zumeist wegen des zu geringen<br />
Einkommens des Unterhaltspflichtigen<br />
der Fall. In diesen Fällen sei der<br />
Staat „Ausfallbürge“ für Zahlungen,<br />
die die Elternnicht leisten könnten,<br />
betonte Giffey.Insgesamt wirdder<br />
Unterhaltsvorschuss für gut 800 000<br />
der insgesamt 2,1 Millionen Kinder<br />
gezahlt, die in Alleinerziehenden-<br />
Familien leben. Kurz vorder Gesetzesreform2017<br />
hatte die Zahl noch<br />
bei 414 000 gelegen. Dort, wo der<br />
Rückgriff möglich ist, kommt er nur<br />
in einem Drittel der Fälle tatsächlich<br />
zustande: In 13 Prozent aller Vorschusszahlungen<br />
wurde der vorgestreckte<br />
Betrag komplett erstattet, in<br />
22 Prozent nur teilweise.In90Prozent<br />
der Fälle handelt es sich bei den<br />
Unterhaltspflichtigen um die Väter.<br />
Durchdie Reformwar der Kreis der<br />
Anspruchsberechtigten deutlich<br />
ausgeweitet worden. Seither wirder<br />
für Kinder bis zu 18 Jahren gezahlt,<br />
davor hatte die Altersgrenzebei<br />
zwölf Jahren gelegen. (AFP)<br />
Familienministerin Franziska Giffeyäußerte<br />
sich in Berlin zu den Zahlen. DPA<br />
Die Deutschen fürchten<br />
sich weniger<br />
DieDeutschen sind im Durchschnitt<br />
deutlich optimistischer und weniger<br />
vonÄngsten geplagt als in den vergangenen<br />
Jahren. DieStimmung sei<br />
insgesamt so gut wie seit 25 Jahren<br />
nicht mehr,heißt es in der Auswertung<br />
der repräsentativen, vonder<br />
R+V-Versicherung in Auftrag gegebenen<br />
Umfrage „Die Ängste der Deutschen“<br />
vomSommer dieses Jahres,<br />
die am Donnerstag in Berlin vorgestellt<br />
wurde.Besonders die Ängste<br />
vorTerroristen und der Politik von<br />
US-Präsident Donald Trump plagen<br />
heute weniger Menschen als voreinem<br />
Jahr.InOstdeutschland sind<br />
alle Ängste aber weiter verbreitet als<br />
in Westdeutschland. (dpa)<br />
Erdogan will nicht auf<br />
Atomwaffen verzichten<br />
Dertürkische Präsident Recep<br />
Tayyip Erdogan hat Unverständnis<br />
darüber geäußert, dass die Türkei<br />
keine Atomwaffen haben sollte.„Einige<br />
(Länder) haben Raketen mit nuklearen<br />
Sprengköpfen. Nicht nur<br />
eine oder zwei. Aber (sie sagen), ich<br />
sollte keine Raketen mit nuklearen<br />
Sprengköpfen haben. Dasakzeptiere<br />
ich nicht“, sagte er am Mittwoch in<br />
einer Rede bei einem WirtschaftsforuminSivas.ObErdogan<br />
damit andeuten<br />
wollte,dass er die Türkei mit<br />
Atomwaffen ausrüsten wolle,blieb<br />
unklar.Das Nato-Mitglied Türkei hat<br />
sowohl den Atomwaffensperrvertrag<br />
als auch den Kernwaffenteststopp-<br />
Vertragratifiziert. Erdogan verwies<br />
darauf, dass fast alle Industrieländer<br />
Atomraketen hätten. DieUSA und<br />
Russland hätten zwischen 12 500<br />
und 15 000 nukleareSprengköpfe,<br />
sagte er.Auch auf Israels Arsenal bezogersich.<br />
„Zurzeit führen wir unsereArbeiten<br />
weiter“, sagte Erdogan<br />
ohne weitereErklärung. (dpa)<br />
Merkels Dilemma<br />
SPD und FDP fordern von der Kanzlerin bei ihrem Chinabesuch eine deutliche Haltung zu Hongkong<br />
VonMarkus Decker<br />
Die Menschenrechtsbeauftragte<br />
der Bundesregierung,<br />
Bärbel Kofler<br />
(SPD), hat vor dem Besuch<br />
der Kanzlerin in China, der am<br />
Freitag beginnt, die Situation der<br />
Menschenrechte im Land kritisiert.<br />
„InBezug auf bürgerliche und politische<br />
Rechte hat sich die Lage in<br />
China in den letzten Jahren deutlich<br />
verschlechtert“, sagte sie der <strong>Berliner</strong><br />
<strong>Zeitung</strong> (Redaktionsnetzwerk<br />
Deutschland). „Besonders ist dies<br />
spürbar für die kritische Zivilgesellschaft,<br />
für Menschenrechtsanwälte,<br />
Journalisten und Blogger.“<br />
Die Meinungsfreiheit werde immer<br />
weiter eingeschränkt, beklagte<br />
Kofler. Auch der Umgang mit Minderheiten<br />
wie der tibetischen Minderheit<br />
oder den Uiguren und anderen<br />
Angehörigen muslimischer<br />
Gruppen mache ihr „große Sorgen“.<br />
In Xinjiang, der Heimat der Uiguren,<br />
seien Hunderttausende Menschen<br />
gegen ihren Willen in Umerziehungslagerneingesperrt.<br />
In manchen Regionen werde das<br />
sogenannte Sozialkreditsystem getestet.<br />
Dabei werde das im Rahmen<br />
einer umfassenden Überwachung<br />
beobachtete Verhalten aller Bürger<br />
bewertet. Für erwünschtesVerhalten<br />
solle es Punkte geben, für unerwünschtes<br />
Verhalten Punktabzug,<br />
zum Beispiel für das Überfahren einer<br />
roten Ampel, aber auch für regierungskritisches<br />
Handeln.<br />
Plädoyerfür Deeskalation<br />
In Bezug auf Hongkong appellierte<br />
die SPD-Politikerin an alle Seiten,<br />
„durch Deeskalation und einen gesamtgesellschaftlichen<br />
Dialog zu einer<br />
Entspannung der Lage beizutragen“.<br />
Dabei müssten die im Hongkonger<br />
Basic Law verbrieften Rechte<br />
gewahrtbleiben.<br />
Kofler betonte zugleich mit Blick<br />
auf die Merkel-Visite, ihr sei „sehr<br />
wichtig, dass es auch weiterhin einen<br />
regelmäßigen und direkten Austausch<br />
mit der chinesischen Regierung<br />
gibt“. Bilaterale Gespräche wie<br />
im Rahmen des Besuches der Kanzlerin<br />
oder andere bestehende Formate<br />
wie der Rechtsstaatsdialog<br />
oder der Menschenrechtsdialog<br />
seien„Foren, in denen die Bundesregierung<br />
neben der Bandbreite der<br />
Beziehungen zu China auch speziell<br />
die Menschenrechtslage ansprechen<br />
kann und wird“.<br />
Der FDP-Außenpolitiker Alexander<br />
Graf Lambsdorff forderte Merkel<br />
unterdessen auf, bei ihrem Besuch<br />
Angela Merkels Besuch in China könnte zu einer heiklen Mission werden.<br />
Demokratie: Angela Merkel führtamFreitag<br />
Gespräche mit dem chinesischen Ministerpräsidenten<br />
Li Keqiang sowie am Abend mit<br />
Staatspräsident Xi Jinping.Noch ist unklar,<br />
ob und wie sie die Proteste in Hongkong ansprechen<br />
wird, die seit Wochen anhalten. Die<br />
Demonstranten dortwenden sich gegenden<br />
wachsenden Einfluss Chinas in der Sonderverwaltungszone.<br />
REISEPLAN<br />
Wirtschaft: Eigentlich sollte es bei dem Besuch<br />
um Wirtschaftsfragen gehen. Die Kanzlerin<br />
wird daher voneiner großen Wirtschaftsdelegation<br />
begleitet. Außerdem nimmt sie an<br />
Sitzungen des Beratenden Ausschusses der<br />
Deutsch-Chinesischen Wirtschaft sowie des<br />
Deutsch-Chinesischen Dialogforums teil. Auf<br />
ihrer zweiten Station Wuhanbesucht sie Firmen<br />
und die dortigeHuazhong-Universität.<br />
Gefahr gebannt?<br />
IMAGO IMAGES<br />
klar Stellung zur Position Hongkongs<br />
zu beziehen. „Gerade jetzt muss die<br />
Bundeskanzlerin mit Nachdruck die<br />
Einhaltung der chinesisch-britischen<br />
Erklärung von 1984, die Wahrung<br />
der vertraglich zugesicherten<br />
Bürgerrechte und die Achtung des<br />
Prinzips ‚Ein Land, zwei Systeme‘<br />
anmahnen“, sagte Lambsdorff der<br />
Deutschen Presse-Agentur.<br />
Angst vorMassaker wie 1989<br />
Sollte China gegenüber den friedlichen<br />
Demonstranten in Hongkong<br />
gewaltsame Maßnahmen wie 1989<br />
auf dem Platz des Himmlischen Friedens<br />
(Tian'anmen-Platz) ergreifen,<br />
müsse Deutschland das gemeinsam<br />
mit den europäischen Partnern verurteilen,<br />
sagte der stellvertretende<br />
Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion<br />
weiter.<br />
Merkel wird bei ihrer dreitägigen<br />
Reise von einer großen Wirtschaftsdelegation<br />
begleitet. Sie wird inPeking<br />
und auf ihrer zweiten Station<br />
Wuhan Firmen besuchen. In Wuhan<br />
will sie an der dortigen Huazhong-<br />
Universität mit Studierenden sprechen.<br />
Merkel war zuletzt im Mai2018<br />
in China.<br />
EinTreffen der Kanzlerin mit Anführernder<br />
Proteste in Hongkong ist<br />
laut Regierungssprecher Steffen Seibert<br />
nicht geplant. Kurz vor Beginn<br />
der Reise hatten diese Merkel um ein<br />
Treffen gebeten. Er könne nichts<br />
Neuesüber die Reisepläne der Kanzlerin<br />
mitteilen, so Seibert.<br />
In einem offenen Brief, der der<br />
Bild-<strong>Zeitung</strong> vorliegt, warnt der Studentenführer<br />
Joshua Wong vor einer<br />
Eskalation der Gewalt. „Uns steht<br />
eine diktatorische Machtgegenüber,<br />
die keine freiheitlichen Grundrechte<br />
zulässt und immer mehr gewalttätige<br />
Maßnahmen anwendet, mit<br />
Tendenz zu einem neuen Massaker<br />
wie amTian’anmen-Platz.“ Auf die<br />
Frage, obdie Kanzlerin auf diesen<br />
Brief antworten werde, hieß es, sie<br />
antworte grundsätzlich nicht auf offene<br />
Briefe.<br />
Seit Monatenkommt es in Hongkong<br />
immer wieder zu Protesten, die<br />
oft mit Zusammenstößen zwischen<br />
einem kleinen Teil der Demonstranten<br />
und der Polizeiendeten. DieProtestbewegung<br />
befürchtet steigenden<br />
Einfluss der chinesischen Regierung<br />
auf Hongkong und eine Beschneidung<br />
ihrer Freiheitsrechte.<br />
Markus Decker glaubt, dass<br />
die Menschen in Hongkong mit<br />
Recht Angst haben.<br />
Der britische Premierminister hat eine empfindliche Niederlage erlitten, doch seine Brexit-Pläne sind noch nicht vom Tisch<br />
VonKatrin Pribyl, London<br />
AmMittwochabend hat das britische<br />
Unterhaus das No-No-<br />
Deal-Gesetz angenommen und<br />
Neuwahlen abgelehnt.<br />
Wie sieht am Tagdanach die Lage im<br />
Königreich aus?<br />
Das Gesetz, das diese Woche<br />
durch das Parlament gehen dürfte,<br />
könnte Boris Johnsons Handlungsspielraum<br />
erheblich einschränken.<br />
Der Premier hätte dann bis zum 19.<br />
Oktober Zeit, einen neuen Deal mit<br />
der EU auszuhandeln oder das Parlament<br />
von einem No-Deal-Brexit<br />
zu überzeugen. Schafft er weder das<br />
eine noch das andere, muss er in<br />
Brüssel offiziell um eine Verschiebung<br />
der Scheidungsfrist auf den<br />
31. Januar 2020 bitten.<br />
Wasalso passiertjetzt?<br />
Der Premier hatte zunächst vor,<br />
mithilfe von Brexit-Hardlinern im<br />
Oberhaus den Gesetzentwurf zu<br />
stoppen. Diesen Plan hat die Regierung<br />
mittlerweile aufgegeben. Die<br />
Gesetzesvorlage dürfte die Zustimmung<br />
im House of Lords erhalten.<br />
Um zu verhindern, dass das Gesetz<br />
in Kraft tritt, könnte Johnson Queen<br />
Elizabeth II. bitten, ihre Bestätigung<br />
zurückzuhalten. Die Monarchin<br />
folgt stets dem Willen des Premiers,<br />
sie mischt sich nicht in die Politik<br />
ein. So ein Vorgehen wäre allerdings<br />
höchst umstritten.<br />
Ist die Gefahr eines No-Deal-Brexit gebannt?<br />
Nein, der Austritt ohne Abkommen<br />
bleibt die rechtliche Default-<br />
Option. Lediglich zwei Alternativen<br />
gibt es: Entweder die Briten einigen<br />
sich mit der EU auf einenVertrag, der<br />
dann von Brüssel und vom Parlament<br />
in London gebilligt werden<br />
muss. Oder das Königreich bläst das<br />
Projekt Brexit ab und verbleibt in der<br />
EU. Diese Option ist allerdings äußerst<br />
unwahrscheinlich.<br />
Welche Möglichkeiten hat die Regierung<br />
noch, um ihren harten Brexit-<br />
Kurs durchzusetzen?<br />
Boris Johnson fordert Neuwahlen<br />
noch in den nächsten Wochen, er<br />
peilt den 15. Oktober an. Am Mittwochabend<br />
hat das Unterhaus zwar<br />
einem vorzeitigen Urnengang eine<br />
Absage erteilt, doch die Labour-Partei,<br />
die sichbei der Abstimmung enthielt,<br />
wird vermutlich ihre Meinung<br />
ändern. Bislang besteht Oppositionschef<br />
Jeremy Corbyn darauf, keine<br />
Neuwahl zu unterstützen,bis klar ist,<br />
dass die Gefahr eines No-Deal-Brexits<br />
gebannt ist. Die Opposition fürchtet,<br />
Johnson könnte den Wahltermin<br />
nach einer Abstimmung nachträglich<br />
auf einen Termin nach Halloween<br />
verschieben, um doch noch einen<br />
Brexit ohne Abkommen zu erreichen.<br />
Könnten noch vor dem 31. Oktober<br />
Neuwahlen stattfinden, wie Boris<br />
Johnson fordert?<br />
Ja, auch wenn sich der Premierminister<br />
beeilen muss aufgrund der<br />
Zwangspause, die er dem Parlament<br />
auferlegt hat. Daswahrscheinlichste<br />
Szenario ist, dass er wartet, bis das<br />
No-No-Deal-Gesetz die Königliche<br />
Zustimmung erhalten hat, was bis<br />
Montag passieren sollte, und dann<br />
das Unterhaus abermals über Neuwahlen<br />
abstimmen lässt. Er benötigt<br />
eine Zweidrittelmehrheit.<br />
Warum pocht Boris Johnson überhaupt<br />
so vehement auf Neuwahlen?<br />
In den Umfragen liegt der Premierminister<br />
vor dem altlinken Oppositionschef<br />
der Labour-Partei, Jeremy<br />
Corbyn. Deshalb malt sich<br />
Johnson gute Chancen aus. Zudem<br />
steckt er in einem Dilemma: Dievöllig<br />
zerstrittene konservative Partei<br />
kann sich auf keinen Kompromiss<br />
einigen, nun hat Johnson auch noch<br />
die Mehrheit im Parlament eingebüßt.<br />
Sollte es zu einer Neuwahl bis<br />
zum 15. Oktober kommen, dürfte der<br />
Premier mit seiner Kampagne auf die<br />
europaskeptischen Wähler abzielen.<br />
Erreicht Johnson damit tatsächlich<br />
eine Mehrheit, ist es unwahrscheinlich,<br />
dass sich die Abgeordneten aus<br />
den eigenen Reihen länger gegen einen<br />
ungeordneten Brexit wehren.<br />
Dann, so Johnsons Plan, könnte er<br />
tatsächlich behaupten, den Willen<br />
desVolks auszuführen –und das noch<br />
bis zum 31. Oktober.<br />
Wettergott<br />
im Weißen<br />
Haus<br />
Donald Trump beruft sich auf<br />
manipulierte Hurrikankarte<br />
VonKarlDoemens, Washington<br />
Mit der Wahrheit hat es Donald<br />
Trump nie so genau genommen.<br />
Die Faktenchecker der Washington<br />
Post haben inzwischen<br />
mehr als 12 000 falsche oder irreführende<br />
Aussagen des US-Präsidenten<br />
gezählt. DieFälschung einer offiziellen<br />
Wetterkarte aber bereichert die<br />
Liste nun um einen ebenso beispiellosen<br />
wie bizarren Vorgang.<br />
Seit Tagen schon ist Trump vergrätzt,<br />
weil er von seinen Behörden<br />
eines Irrtums überführt wurde. Am<br />
Sonntag hatte er eine Warnung vor<br />
Hurrikan „Dorian“ getwittert und<br />
behauptet, neben Florida würden<br />
laut aktuellen Prognosen auch die<br />
Bundesstaaten South Carolina,<br />
North Carolina, Georgia und Alabama<br />
viel härter als erwartet getroffen.<br />
Doch leider stimmten die Details<br />
nicht. Kurz darauf schickte der<br />
Nationale Wetterdienst einen Tweet<br />
hinterher: „Alabama wird KEINE<br />
Auswirkungen von‚Dorian‘ sehen.“<br />
Am Montag zeichnete sich ab,<br />
dass der Hurrikan wohl auch Florida<br />
verschonen würde. Damit hätte der<br />
absurde Vorgang eigentlich abgeschlossen<br />
sein können. Im Fernsehen<br />
liefen längst Bilder von den Verwüstungen,<br />
die „Dorian“ auf den Bahamas<br />
angerichtet hat. DochTrump gab<br />
keine Ruhe.AmMittwoch zeigte er im<br />
Oval Office eine alte Wetterkarte des<br />
Nationalen Hurrikan Centers vom<br />
vergangenen Donnerstag. Der prognostizierte<br />
Zerstörungspfad des<br />
Sturms ging über die Bahamas bis<br />
nach Florida und war weiß eingekreist.<br />
Doch irgendjemand hatte den<br />
Gefahrenweg mit schwarzemFilzstift<br />
Donald Trump mit der –leicht modifizierten<br />
–Wetterkarte<br />
AP<br />
um eine Beule nachWesten erweitert,<br />
sodass nun auch die Golfküste von<br />
Alabama in dem Gebiet lag. „Das war<br />
die ursprüngliche Karte“,behauptete<br />
Trump.<br />
Dummerweise zeigen die vom<br />
Weißen Haus selbst bei Flickr veröffentlichten<br />
Fotos der offiziellen Unterrichtung<br />
des Präsidenten durch<br />
die Meteorologen, dass der schwarze<br />
Bogen damals nicht auf der Karte<br />
war. Damit stellt sich die Frage, wer<br />
zum Filzstift gegriffen hat. „Ich weiß<br />
es nicht“, antwortete Trump vor Reportern<br />
wenig überzeugend auf die<br />
Frage, ob dieKarte verändertworden<br />
sei. Undsetzte noch einen drauf.„Ich<br />
habe bessere Karten als diese“, behauptete<br />
er. Auf denen seien verschiedene<br />
Modelle dargestellt: „In<br />
allen Fällen wurde Alabama zumindest<br />
leicht, in einigen Fällen ziemlich<br />
stark getroffen.“ Die Wahrscheinlichkeit<br />
habe 95 Prozentbetragen.<br />
Damithatte sich Trump endgültig<br />
ins Unterholz begeben. Tatsächlich<br />
hatten die Meteorologen die Wahrscheinlichkeit<br />
für irgendeinen Kontakt<br />
des Hurrikans mit der US-Küste<br />
nämlich nur auf 60 Prozent beziffert.<br />
Alabama wurde nach Recherchen<br />
vonAPgar nicht als mögliches Gefahrengebiet<br />
genannt. „Trump versucht,<br />
seine eigene Realität zu schaffen“,<br />
kommentierte die Washington Post.<br />
Dasist beunruhigend undimkonkretenFallauchillegal.<br />
Nach amerikanischem<br />
Gesetz ist das Verändern offizieller<br />
Wettervorhersagen strafbar.Es<br />
droht eine Geldbuße oder eine Gefängnishaft<br />
vonbis zu 90 Tagen.