Waffenmarkt-Intern Ausgabe 0319
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03/2019 · 112 Blackout<br />
Blackout – wenn der Ernstfall eintritt<br />
Die zunehmende Gefahr eines Blackouts ist in aller Munde. Spontan ist<br />
man geneigt, das Thema als Panikmache abzutun – oder auf den staatlich<br />
organisierten Katastrophenschutz zu verweisen. Doch was, wenn<br />
nicht nur die Gefahr tatsächlich ernst zu nehmen ist, sondern auch der<br />
Staat dem Risiko nicht wirklich gewachsen ist? Wie würde sich ein<br />
Blackout dann auf ein typisches Waffenfachgeschäft und dessen Inhaber<br />
auswirken?<br />
Ein langanhaltender, flächendeckender Stromausfall<br />
Ein Blackout ist mehr als ein Stromausfall, wie wir ihn hierzulande kennen.<br />
Auch wenn in einer Großstadt wie Berlin in ein paar Straßenzügen gleichzeitig<br />
der Strom ausfällt, ist das längst kein Blackout! Ein Blackout ist vielmehr<br />
ein plötzlich auftretender, flächendeckender, über mehrere Tage hinausgehender<br />
Stromausfall – der aufgrund der komplexen Vernetzungen<br />
unserer hoch technisierten Gesellschaft recht schnell auch einen weitgehenden<br />
Infrastrukturausfall nach sich zieht.<br />
Es gab bisher noch keinen Blackout in Deutschland. Das macht es schwer,<br />
sich überhaupt die Möglichkeit eines solchen Ereignisses vorzustellen. Um<br />
die Ernsthaftigkeit der Gefahr plausibel zu machen, möchte ich zunächst auf<br />
einige der zugrunde liegenden Risiken eingehen.<br />
Risikofaktoren für einen Blackout<br />
Es gibt eine ganze Reihe von Risikofaktoren, die einen Blackout hervorrufen<br />
könnten. Ich bleibe bewusst erst einmal beim Konjunktiv; auf die Wahrscheinlichkeit<br />
komme ich noch zu sprechen. Zudem möchte ich mich auf<br />
drei Beispiele beschränken, die – jedes für sich – die Bedrohung unserer<br />
Versorgungssicherheit deutlich machen:<br />
1. Klimawandel, Wirbelstürme, Hochwasser, trockene Sommer oder schneereiche<br />
Winter: Die Auswirkungen von Naturereignissen haben sich erst in<br />
den zurückliegenden Wochen wieder gezeigt, als in einzelnen Regionen<br />
so viel Schnee fiel, dass sie auf Hilfe von außen angewiesen waren – nicht<br />
nur, aber auch, weil in Teilen der Strom ausgefallen war. Allein das Technische<br />
Hilfswerk (THW) war mit fast 10.000 Helfern im Einsatz.<br />
Zuvor führte der lange, heiße Dürre-Sommer 2018 wegen der hohen<br />
Wassertemperaturen der Flüsse zur Drosselung oder Abschaltung beispielsweise<br />
von Kernkraftwerken. Und davor hatten etwa Sturmtief<br />
Burglind oder Orkan Friederike Anfang 2018 hunderttausende Haushalte<br />
in Europa von der Stromversorgung abgeschnitten.<br />
2. Braunkohle- und Kernkraftwerke produzieren fast rund um die Uhr<br />
Strom. Solaranlagen hingegen brauchen zur Stromproduktion Sonne<br />
und Windräder Wind, sie stehen deshalb nur zeitweise zur Verfügung.<br />
Mit Blick auf die beschlossene Energiewende brauchen wir deshalb<br />
künftig neue Technologien für die Stromspeicherung sowie zusätzliche<br />
Stromleitungen zwischen Energieerzeugern und -verbrauchern. Hierfür<br />
werden insbesondere drei Nord-Süd-Trassen benötigt, deren Bau sich<br />
seit Jahren verzögert – und die nach aktueller Planung 2025 fertiggestellt<br />
werden sollen. Das wäre an sich nicht weiter problematisch, wenn<br />
nicht bis zum 31. Dezember 2022 auch die letzten Atomkraftwerke abgeschaltet<br />
werden würden, die eigentlich erst durch den Netzausbau entbehrlich<br />
werden sollen. Trotz der offenen Fragen wurde im Januar 2019<br />
beschlossen, darüber hinaus den Kohleausstieg zu forcieren: Ebenfalls<br />
bis 2022 soll die installierte Leistung der Kraftwerke zunächst um rund<br />
30 Prozent und dann binnen 20 Jahren auf Null sinken.<br />
3. In Sicherheitskreisen gilt die Cybersicherheit als eine der größten sicherheitspolitischen<br />
Herausforderungen der Zeit. Auch wenn man nicht<br />
sonderlich computeraffin ist, ist es kaum möglich, nicht regelmäßig von<br />
erfolgreichen Cyberangriffen zu hören; die Veröffentlichung der Daten<br />
von 1.000 Politikern und Personen des öffentlichen Lebens rund um den<br />
Jahreswechsel ist nur das aktuellste Beispiel regelmäßiger Vorfälle.<br />
Längst haben Politik und Behörden einen groß angelegten Angriff auf<br />
die Stromversorgung in Deutschland als reale Gefahr erkannt und internationale<br />
Cybertruppen ausgemacht, die in der Lage sind, gezielt einzelnen<br />
Straßenzügen oder ganzen Landstrichen den Strom abzuschalten<br />
– und das ist kein Science-Fiction-Szenario, sondern bereits erlebte<br />
Realität, auch für deutsche Kraftwerke!<br />
Großstörungen in Deutschland<br />
Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass es bisher noch keinen Blackout<br />
in Deutschland gab. Allerdings konnte man bei zwei Großstörungen in den<br />
Jahren 2005 und 2006 zumindest in einigen Regionen ansatzweise ein Gefühl<br />
dafür bekommen, welche Mechanismen zu einem Blackout führen können<br />
und welche Auswirkungen ein Blackout haben kann.<br />
Ähnlich wie Anfang dieses Jahres in Süddeutschland, Thüringen und Sachsen,<br />
erlebte 2005 das Münsterland sein ganz eigenes Schneechaos. Damals<br />
führten starke Schneefälle letztlich zu einem Ausfall, der als größter Stromausfall<br />
der jüngeren deutschen Geschichte gilt. 250.000 Menschen waren<br />
betroffen, viele hatten bis zu drei Tage, manche gar über fünf Tage keinen<br />
Strom. Das sogenannte Münsterländer Schneechaos machte die Verletzlichkeit<br />
der Infrastruktur deutlich und dient bis heute als Paradebeispiel –<br />
auch wenn seine regionale Begrenzung es im Gegensatz zu einem echten<br />
Blackout erlaubte, dass dort von außerhalb massiv Hilfe geleistet werden<br />
konnte; so waren etwa zwei Drittel aller deutschen Großnotstromaggregate<br />
vor Ort im Einsatz.<br />
Theoretisch ist ein Blackout gar nicht möglich: Das im Übertragungsbetrieb<br />
geltende (n-1-)Kriterium, Redundanzanforderungen und weitere Sicherheitsvorkehrungen<br />
sollen dies verhindern. Dass all diese Maßnahmen jedoch<br />
auch Grenzen haben, zeigte sich anhand der Macht der Kettenreaktion<br />
ein Jahr später. Als im November 2006 ein Kreuzfahrtschiff von Papenburg<br />
aus in die Nordsee überführt werden sollte, wurde eine Hochspannungsleitung<br />
abgeschaltet. Der Vorgang erfolgte geplant und nach einer positiven<br />
Simulationsrechnung, die Lastflüsse verteilten sich auf andere Leitungen.<br />
Durch eine unerwartete Änderung des Stromflusses im System wurde je-<br />
www.wm-intern.de<br />
Bilder: © Robert Bahnemann, © Kopp-Verlag