Waffenmarkt-Intern Ausgabe 0319
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03/2019 · 114 Blackout<br />
Blackout im Waffenfachgeschäft<br />
Was bedeutet das nun für Sie als Inhaber eines Waffenfachgeschäftes? Zunächst<br />
einmal haben Sie bei einem Stromausfall die gleichen Probleme wie<br />
jeder andere Einzelhändler: Elektrische Türen öffnen oder schließen nicht<br />
mehr. Das Licht fällt aus, das heißt, fensterlose Läden etwa in Einkaufszentren<br />
sind dunkel – und auch die Klimatechnik funktioniert nicht mehr. Das<br />
elektronische Kassensystem samt angeschlossenem Warenwirtschaftssystem<br />
und EC-Terminal versagt seinen Dienst, ebenso wie ein online angebundenes<br />
elektronisches Waffenhandelsbuch. Und der guten Ordnung halber<br />
möchte ich darauf hinweisen, dass auch die Wasserversorgung sowie<br />
Abwasserentsorgung Ihrer Kunden- und Personaltoilette ausfällt. Im Normalfall<br />
wäre das der Moment, in dem Sie den Laden schließen würden.<br />
Kleine Geschäfte ohne elektrische Türen, mit lichtdurchlässigen (Schau-)<br />
Fenstern und der Bereitschaft, Barzahlung zu akzeptieren, könnten zunächst<br />
noch geöffnet bleiben. Doch Vorsicht: Die Nachfrage nach Ihren Produkten<br />
steigt im Krisenfall massiv an, aufgrund des schwindenden Bargelds<br />
in den Geldbörsen Ihrer Kunden könnten Sie gedrängt werden, „anschreiben“<br />
zu lassen, und die Bereitschaft Ihrer Kunden, sich abweisen zu<br />
lassen, dürfte abnehmen. Es wäre übertrieben, Parallelen zum Lebensmittelhandel<br />
zu ziehen, wo die Sorge, sich selbst und ihre Familien nicht mehr<br />
ernähren zu können, die Menschen angesichts fehlender Vorräte erfahrungsgemäß<br />
sehr schnell zu Tumulten, Diebstahlversuchen und Plünderungen<br />
treiben dürfte. Aber auch Ihnen muss klar sein, dass Sie mit Ihren Waren<br />
schnell in den öffentlichen Fokus rücken.<br />
Dies bekommt dadurch zusätzliche Brisanz, dass der Stromausfall auch<br />
zum Ausfall Ihrer stromabhängigen Sicherheitstechnik führt. Alarmanlage,<br />
Videoüberwachung, Objektbeleuchtung, elektrische Zutrittssicherungssysteme:<br />
Alles, was nicht notstromversorgt ist, fällt aus – und wie gesagt,<br />
selbst Ihre elektrischen Türen und Rollläden lassen sich im Zweifelsfall<br />
nicht mehr schließen. Sofern Sie nicht über eine USV-Anlage oder ein Notstromaggregat<br />
verfügen, können Sie sich nur noch auf die mechanische<br />
Absicherung Ihres Geschäftes – insbesondere von Türen und Fenstern, je<br />
nach baulichen Gegebenheiten auch von Dach und Keller oder der Grundstückseinfriedung<br />
– verlassen.<br />
Dank der inzwischen flächendeckend verbreiteten IP-Telefonie genügt darüber<br />
hinaus der Ausfall Ihres Routers, damit ab dem Moment des Stromausfalls<br />
keine Festnetztelefonie mehr möglich ist. Und leider ist es im Mobilfunkbereich<br />
nicht viel besser: Nur wenn Ihr Handy direkt mit einer sogenannten<br />
Basisstation kommuniziert, ist Ihr Netz bis zu zwei Stunden notstromversorgt,<br />
sofern es nicht vorher wegen Überlastung zusammenbricht;<br />
befindet sich Ihr Laden etwa an einem städtischen Verbraucherschwerpunkt,<br />
an dem sogenannte Mikrozellen unterhalb der Basisstationen eingesetzt<br />
werden, gibt es gar keinen Notstrom. Das bedeutet: Sie können im Fall<br />
der Fälle auch keinen Notruf absetzen und erhalten selbst bei Bedarf keine<br />
polizeiliche Unterstützung.<br />
Auswirkungen im privaten Bereich<br />
Lassen Sie uns bei unseren abschließenden Überlegungen davon ausgehen,<br />
dass Sie Ihren Laden rechtzeitig geordnet schließen konnten und gesichert<br />
verlassen haben. Sie sind sicher zu Ihrem Auto gelangt – Selbstschutz<br />
ist schließlich Ihr Metier. Ihr Auto war nicht in einem Parkhaus eingeschlossen<br />
und ausreichend betankt. Kreuzungs- und Straßenblockaden sowie<br />
Verkehrsunfälle aufgrund fehlgesteuerter Ampeln haben Sie auf Ihrer Heimfahrt<br />
ebenso wenig behindert wie ausgefallene Verkehrsleitsysteme, Verkehrsbeeinflussungsanlagen<br />
und Tunnelsteuerungen – Sie sind gut nach<br />
Hause gekommen und Ihre Lieben ihrerseits auch. Ganz abgesehen davon,<br />
dass ich hier vom Best Case ausgegangen bin: was dann?<br />
Um es kurz zu machen: Bei einem langanhaltenden Stromausfall werden<br />
große Teile der Bevölkerung keinen Strom, keine Heizung, kein Wasser, keine<br />
Lebensmittel, keine Medikamente, keine Hygienemittel, kein Bargeld,<br />
keine Informationen und keine Kommunikationsmöglichkeiten haben, sie<br />
werden immobil sein, Abwasser und Müll werden sich aufstauen. Bei einem<br />
zugleich flächendeckenden Stromausfall wird es auch keine Hilfe von außen<br />
geben, während die staatlichen Einsatzkräfte an ihre Grenzen geraten.<br />
Das ist der Blackout, den ich meine.<br />
Wenn Ihnen die Risikofaktoren, die ich angeführt habe, und meine Ausführungen<br />
zur Wahrscheinlichkeit plausibel erscheinen, dann nehmen Sie sich<br />
wenigstens die Vorsorgeempfehlungen des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz<br />
und Katastrophenhilfe (BBK) zu Herzen. Diese sind zwar nicht<br />
sonderlich weitreichend, aber bei der Krisenvorsorge gilt: Jede wie auch<br />
immer geartete Vorbereitung ist besser als keine Vorbereitung! (Zu finden<br />
unter: https://www.bbk.bund.de/DE/Ratgeber/VorsorgefuerdenKat-fall/<br />
Pers-Notfallvorsorge/Pers_Notfallvorsorge_node.html)<br />
Der Autor Tobias Greilich …<br />
… ist freier Journalist und Fachbuchautor. Sein Fokus liegt auf Themen der öffentlichen Sicherheit und<br />
Versorgungssicherheit, nachdem er viele Jahre für internationale Organisationen wie die Organisation für<br />
Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Krisengebieten tätig war. Er hat ein wirtschaftswissenschaftliches<br />
Studium absolviert, war unter anderem Bereichsleiter bei einem Elektrotechnik-Unternehmen<br />
und ist beratend tätig.<br />
www.wm-intern.de<br />
Bilder: © WM-<strong>Intern</strong>, Tobias Greilich, © Inosys, © Steffen Munzert