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Waffenmarkt-Intern Ausgabe 0319

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03/2019 · 32 Termine<br />

rühmten Sprung in der Schüssel, und Sie<br />

wissen, dass Vorsicht die Mutter der Porzellankiste<br />

ist.<br />

Zahllose Redensarten lassen sich nicht allein<br />

im Alltagsleben verorten, sie sind im<br />

Zuge der Ausübung vieler alter, zum Teil<br />

heute auch längst wieder vergessener Berufe<br />

aufgekommen. So haben sich die Suhler<br />

Ausstellungsmacher ausgehend von der<br />

Frage: „Wie kann man Handwerk und Alltagsleben<br />

in vergangenen Zeiten den kleinen<br />

und großen, wissbegierigen und an Erfahrung<br />

reichen Museumsbesuchern vermitteln?“,<br />

an die Aufarbeitung von Sprichwörtern,<br />

Redewendungen und geflügelten Wörtern gemacht. „Gerade intergenerative<br />

Veranstaltungen leben von Redensarten. Jüngeren und älteren<br />

Museumsbesuchern bieten sie eine ideale Grundlage, um ins Gespräch zu<br />

kommen. Durch die bildhafte Sprache wird vieles anschaulicher und somit<br />

verständlicher“, erklärt Peter Arfmann, der Leiter des Waffenmuseums Suhl.<br />

Da sich in der Literatur für eine Redensart oft mehrere Bedeutungen finden<br />

lassen, hat sich die Projektleiterin Doris Eckhardt mit Dr. Rolf-Bernhard Essig,<br />

„dem Indiana Jones der Sprachschätze“, zusammengetan. Er begleitet<br />

die Vorbereitung, den Aufbau und das Rahmenprogramm der Sonderausstellung<br />

als Kurator. Mit an Bord ist einmal mehr auch der Suhler Künstler<br />

Stefan Neidhardt, der bereits für die Ausstellung „Die Waffen der Frauen“<br />

wesentliche Skulpturen geschaffen hat. Insbesondere für alle, die keinen<br />

Geldscheißer daheim haben, wird sein Exponat „Goldesel streck dich!“ in<br />

Szene gesetzt.<br />

Gemeinsam wollen die Beteiligten einen aktiven Beitrag zur Erhaltung der<br />

Sprache unserer Vorfahren und des Dialektes leisten. Oberstes Ziel des Projektes<br />

ist dabei eine anschauliche, leicht verständliche Vermittlung der Museumsinhalte,<br />

deren multisensorischer Anspruch zum Beispiel durch Objekte<br />

zum Anfassen, Hörstationen oder Filme erfüllt wird. Darüber hinaus wird<br />

es Aktionen mit Kindergärten und Schulen, Senioren, dem Regionalfernsehen,<br />

der Kinderzeitung, dem Institut für germanistische Sprachwissenschaften<br />

der Universität Jena und der Suhler Werkstätten gGmbH (eine anerkannte<br />

Werkstatt für behinderte Menschen) geben, die eine interaktive<br />

Ausstellungsgestaltung gewährleisten. Durch verschiedene Tafeln, im Gästebuch,<br />

in Ausstellungsbereichen, die ständig aktualisiert werden, und bei<br />

den verschiedenen Rahmenveranstaltungen hat zudem jeder Museumsbesucher<br />

die Möglichkeit, seine Ideen einzubringen und die Ausstellung selbst<br />

mitzugestalten.<br />

Mag sein, dass Ihnen hier die eine oder andere Patronenhülse begegnet –<br />

Worthülsen hingegen gehören nicht zum Fundus des Waffenmuseums,<br />

denn „jeder“ meint hier tatsächlich auch jeden, weil die Suhler in ihrem barrierefreien<br />

Museum sowohl altersgerechte als auch intergenerative Führungen<br />

und Veranstaltungen anbieten. Sie versuchen auf dem Weg der Inklusion<br />

Schritt zu halten und wollen darüber hinaus so ganz nebenbei für bisher<br />

Museumsuninteressierte ein Ort des unterhaltsamen Lernens, Erfahrungsaustausches<br />

und Gespräches werden.<br />

Bleibt eigentlich nur die Frage, weshalb ausgerechnet ein Waffenmuseum<br />

auf die Idee kommt, sich der Vermittlung von nationalen wie internationalen<br />

Redensarten anzunehmen. Ist das nicht der richtige Moment, um noch ein<br />

wenig aus dem Nähkästchen zu plaudern – jenem Utensil, in dem Frauen<br />

früher oft geheime Dinge versteckten,<br />

weil nur sie selbst<br />

es benutzten, aber niemand<br />

sonst?<br />

Um seinen Gesprächspartnern<br />

nicht auf den Leim zu<br />

gehen – was zurückgeht auf<br />

den Singvogelfang mit Leimruten,<br />

der auch im Thüringer<br />

Wald eine lange Tradition hat –,<br />

hält Peter Arfmann es für<br />

sinnvoll, die Herkunft und Bedeutung<br />

der Redewendungen<br />

zu kennen. Vor allem<br />

aber sucht er den Dialog und<br />

will mit seinem Ausstellungskonzept „den Nagel auf den Kopf treffen“, er will<br />

also alles richtig machen bzw. mitten ins Schwarze treffen. Genau damit ist<br />

im Grunde schon alles gesagt: Der Ursprung dieser Aussage liegt im<br />

Schießsport. Zielscheiben wurden früher mit einem mittig eingeschlagenen<br />

Nagel aufgehängt. Traf der Schütze den Nagel, d. h. in die Mitte, prallte der<br />

Pfeil davon ab, denn er hatte den Nagel auf den Kopf getroffen. Heutige Zielscheiben<br />

haben eine andere Aufhängung, die Stelle des einstigen Nagels<br />

ziert ein schwarzer Punkt. Trifft der Schütze die Mitte, trifft er heutzutage<br />

also „ins Schwarze“. – Welches Sinnbild könnte besser zu einer (Sonder-)<br />

Ausstellung in einem Waffenmuseum passen?<br />

Viele Redensarten lassen sich in der Ausübung alter Handwerksberufe verorten,<br />

wie beispielsweise der bereits erwähnten Porzellanherstellung oder<br />

im Instrumentenbau, wo der Ton die Musik macht, wo manchmal andere<br />

Seiten aufgezogen werden müssen und wo ein Organist die Möglichkeit hat,<br />

alle Register zu ziehen. Der Bekleidungsproduktion entlehnt sind Formulierungen<br />

wie „der spinnt“, „sich verzetteln“ oder „nach Strich und Faden“ –<br />

das kann einem natürlich Jacke wie Hose sein, nur am Rockzipfel sollte man<br />

vielleicht nicht unbedingt hängen, und Schürzenjäger haben ja ohnehin ihren<br />

eigenen Kopf. Wer auf diesen nicht gefallen ist, weiß, dass aus der Holzverarbeitung<br />

bekannt ist: Wo gehobelt wird, fallen Späne. Einige Menschen<br />

stehen unter dem Pantoffel, sie können auch aus selbigen kippen, und manche<br />

haben den Ruf, ein Pantoffelheld zu sein. Es ist dabei allerdings überhaupt<br />

nicht schwer, auf dem Holzweg zu sein, den bereits Martin Luther in<br />

seiner Sprichwörtersammlung erwähnte.<br />

Was sich das Waffenmuseum Suhl jedoch zunutze macht, ist der vielleicht<br />

nicht unbedingt allgemein bekannte Umstand, dass zahllose Redensarten<br />

im Bereich der Jagd-, Sport- und Militärwaffen angesiedelt sind. In der Museumsarbeit<br />

reicht es einfach nicht aus, lediglich die Dauerausstellung in<br />

Schuss zu halten. Da braucht es schon ein wenig mehr, um die Botschaft,<br />

das Lied sozusagen, zu einem Gassenhauer zu machen. Es bedarf immer<br />

der Menschen, die etwas von der Pike auf gelernt und somit auf der Pfanne<br />

haben, denn nur die können wie aus der Pistole geschossen verkünden,<br />

dass sie eine zündende Idee haben.<br />

Das ist schon ziemlich starker Tobak, was die Ausstellungsmacher da vorhaben,<br />

wobei ihnen wahrscheinlich bewusst ist, dass einst ein Jäger den Teufel<br />

zum Narren hielt, indem er diesem, der noch nie ein Gewehr gesehen hatte,<br />

jenes als Pfeife anbot. Der Teufel konnte nicht widerstehen, bekam eine Ladung<br />

Schrot aus der Waffe und wunderte sich über den „starken Tabak“, der<br />

ihm aus dieser „Pfeife“ entgegenkam, was den Jäger sichtlich freute. In genau<br />

www.wm-intern.de<br />

Bilder: © Waffenmuseum Suhl

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