Quality Engineering 02.2020
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Die Teilnehmer des Roundtables<br />
von links im Uhrzeigersinn:<br />
Olaf Günnewig, Matthias Fleßner,<br />
Heiko Wenzel-Schinzer, Jens Hansen,<br />
Markus Strehlitz und Sabine Koll (beide<br />
Redaktion <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong>),<br />
Ingomar Schmidt Bilder: Ulrich Pfeiffer<br />
Dr. Jens Hansen: Der Markt ist gewachsen, weil die<br />
Technik sich etabliert hat. Aber ich würde in dieses Bild<br />
noch eine Stufe null einbauen. Es gibt wahnsinnig viele<br />
Anwender, die noch gar nicht wissen, was die Computertomografie<br />
kann und welche Anwendungen mit ihr<br />
bedient werden können. Und diese Gruppe ist aus meiner<br />
Sicht die größte.<br />
:: Was ist denn der Auslöser, in CT zu investieren?<br />
Dr. Olaf Günnewig: Ich sehe den Trigger ganz deutlich<br />
bei den modernen Werkstoffen. Und bei den modernen<br />
Produktionsverfahren wie zum Beispiel der additiven<br />
Fertigung. Die CT ist momentan der Goldstandard für<br />
die Prüfung in der additiven Fertigung. Wichtig ist dabei,<br />
die CT nicht als alleiniges Verfahren zu sehen – sondern<br />
in Kombination mit anderen Verfahren wie zum<br />
Beispiel dem Ultraschallverfahren oder der Koordinatenmesstechnik.<br />
Dr. Ingomar Schmidt: Bei uns ist der Einstieg die Koordinatenmesstechnik<br />
– also dimensionell an den Bauteilen<br />
zu messen, zum Beispiel im Kunststoff-Spritzguss. Und<br />
dann entdecken die Kunden, dass sie mit CT ja auch in<br />
die Teile hineinschauen können.<br />
Hansen: Häufig muss sich die CT noch beweisen gegenüber<br />
der etablierten Messtechnik. Wir müssen die Kunden<br />
oft überzeugen, dass CT die gleiche Messtechnik erlaubt<br />
wie etwa ein Koordinatenmessgerät.<br />
Die Diskussionsteilnehmer<br />
:: Matthias Fleßner, IP Manager, Volume Graphics<br />
:: Dr. Ingomar Schmidt, Leiter Vorentwicklung,<br />
Normung und Schutzrechte, Werth<br />
:: Prof. Dr. Heiko Wenzel-Schinzer, Geschäftsführer<br />
und Chief Digital Officer, Wenzel<br />
:: Dr. Jens Hansen, Sales Development Manager,<br />
Carl Zeiss Industrielle Messtechnik<br />
:: Dr. Olaf Günnewig,<br />
Leiter Business Development, Diondo<br />
Wenzel-Schinzer: Eigentlich mag ich diese Diskussion<br />
nicht. Wir versuchen nachzuweisen, dass die eine Technik<br />
so gut ist wie die andere. Aber das müssen wir nicht.<br />
Die CT kann viel mehr. Und wir müssen uns auf das<br />
Mehr konzentrieren.<br />
:: Was ist denn das „Mehr“? Wann ergibt der Einsatz<br />
von CT Sinn?<br />
Fleßner: Es ist natürlich sehr stark vom Einzelfall abhängig,<br />
ob die Nutzung der CT Sinn ergibt. Wenn die Bauteile<br />
innenliegende Strukturen haben, kommt man an<br />
dem Einsatz von CT nicht vorbei. Auch bei sehr komplexen<br />
Teilen wird CT interessant. Oder wenn man gleichzeitig<br />
noch eine Materialanalyse durchführen möchte,<br />
um Defekte zu erkennen.<br />
Günnewig: Die CT lässt sich mittlerweile auch inline<br />
einsetzen, was vor einigen Jahren noch undenkbar war.<br />
Man kann jetzt eine CT-Anlage zum Beispiel mit einem<br />
Industrieroboter kombinieren und dann prüft man automatisch<br />
jeden Zylinderkopf, der aus der Produktion<br />
kommt. Man erkennt somit neben der Geometrie auch<br />
innenliegende Fehler. Das hat gewaltige Vorteile. Das reduziert<br />
etwa die Gefahr, dass ein Motor im Betrieb auseinander<br />
reißt, weil ein großer Lunker nicht erkannt<br />
wurde. Mit CT kann man außerdem Werkstoffstrukturen<br />
sehen. Daran hat auch die Industrie ein starkes Interesse,<br />
weil der Anteil der modernen Werkstoffe steigt.<br />
Ich rede hier zum Beispiel von Verbundwerkstoffen oder<br />
hybriden Materialien.<br />
Fleßner: Mit der CT kann man ja auch an Messaufgaben<br />
komplett anderes herangehen als mit anderen Sensoren.<br />
Es lässt sich viel mehr aus den Messdaten herausholen<br />
als bei taktiler Messtechnik. Üblicherweise entwickelt<br />
der Konstrukteur das Teil nach seiner Funktion und<br />
muss sich dann entsprechende Toleranzen überlegen.<br />
Bei der CT ist das virtuelle Teil mit seiner gesamten Geometrie<br />
verfügbar. Dadurch lässt sich simulieren, ob es<br />
einer bestimmten Belastung auch wirklich standhält. So<br />
erhält man – mit einer deutlich geringeren Anzahl von<br />
geometrischen Messgrößen – eine Tolerierung, die viel<br />
näher an der wirklichen Funktion des Bauteils ist. Das<br />
führt auch zu weniger Ausschuss. Denn bei der konventionellen<br />
Methode müssen die Toleranzen sehr eng gewählt<br />
werden, um auf der sicheren Seite zu sein. Dank<br />
CT ist ein Toleranzmanagement möglich, das nicht nur<br />
den Qualitätsprüfer und den Fertiger, sondern auch den<br />
Konstrukteur miteinbezieht.<br />
Wenzel-Schinzer: Dadurch müssen wir bei der Aufklärung<br />
schon beim Konstrukteur anfangen. Dieser muss<br />
verstehen, welche Möglichkeiten die CT eröffnet. Es<br />
gehört aber schon viel Verständnis zur CT. Die Technologie<br />
ist daher zum großen Teil noch ein akademisches<br />
Thema.<br />
Schmidt: Wir sind aber schon auf einem guten Weg. Die<br />
Kunden verstehen die Technik, auch ohne promoviert zu<br />
sein. Die Bedienkonzepte sind ausgreift, die meisten<br />
Schritte laufen automatisch ab – beispielsweise das<br />
<strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>02.2020</strong> 23